Weil Wir Menschen Sind

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  • Words: 432
  • Pages: 4
© Uwe Fengler

Weil wir Menschen sind

„Warum musstest Du ihm nur so etwas schenken?“ Sie stand mit vor der Brust verschränkten Armen, die Beine übereinander geschlagen an einer freien Wand neben dem Kühlschrank in ihrer kleinen Küche. „Er ist doch noch ein Kind!“, fügte sie leise hinzu. Er saß am Küchentisch, hatte die Hände gefaltet auf dem Tisch liegen. Dies machte er immer, wenn er sich zum ruhig bleiben zwingen musste. „Ich verstehe Deine Aufregung nicht“, sagte er nach einer kurzen Zeit des Schweigens, „es ist doch nur ein Spielzeug, und sieh doch, er freut sich

darüber!“ Tatsächlich klatschte ihr Sohn vor Freude in die Hände, als der Panzer sich vor ihm auf dem Boden im Kreis drehte und wie von selbst plötzlich stehen blieb, mehrmals rot aufblinkte, und seine Kanone auf ein vermeintliches Ziel richtete. Sie kannten sich erst 2 Monate. Sie hatte bei diesem Mann schon ziemlich schnell ein sehr gutes Gefühl gehabt. Jetzt verschlug es ihr die Sprache. Ihr Sohn saß in der Küche auf dem Boden und freute sich über ein Kriegsspielzeug. Was sollte sie ihm erklären, wenn er morgen auf der Straße fragen würde, warum er so ein Auto noch nie gesehen habe? Er wurde doch erst im nächsten Monat 4 Jahre alt. „Verstehst Du mich nicht, mit diesem Gerät“, sie schüttelte entschieden den Kopf, Spielzeug wollte sie es auf keinen

Fall nennen, „werden Menschen umgebracht. Ich finde es entsetzlich, wenn mein Sohn mit so etwas spielt – und sich auch noch darüber freut!“ Er war inzwischen auch aufgestanden, stand zwischen Stuhl und Tisch, beide Hände tief in den Hosentaschen vergraben. „Es ist nun einmal so, es gibt Kriege. Das ist schrecklich, aber es wird sie immer geben, weil wir Menschen sind. Menschen, die Kriege führen. Und wenn ich ihm statt des Panzers etwas anderes mitgebracht hätte, es würde nichts daran ändern, dass es immer wieder Kriege geben wird.“ „Aber Krieg ist kein Spiel!“ Ihre Stimme klang nun ganz fest und sicher. „Und ein Panzer ist kein Spielzeug; das ist meine Meinung und wird sie immer bleiben. In diesem Sinne will ich auch mein Kind erziehen. Wenn Du das nicht verstehen kannst, dann ist hier bei mir nicht der

richtige Platz für Dich!“ Als er schließlich gegangen war, saß sie längere Zeit am Küchentisch und schaute fast regungslos ihrem Sohn zu. Sie wusste genau, dass der Panzer morgen nicht mehr da sein würde. Es würde ihr sicherlich eine Ausrede einfallen, falls ihr Sohn danach fragen sollte. Und eines Tages würde sie ihm erklären müssen, dass es Kriege gibt und wozu Menschen fähig sind. © Uwe Fengler

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