Foto: Universal
KULTUR ❚ FILM
Die Volltünte Gnadenlos, entlarvend, komisch: Sacha Baron Cohen als Brüno Dieser Mann ist eine stetige Grenzüberschreitung. Sacha Baron Cohen ("Borat") inszeniert grandiose Komik und legt gleichzeitig gesellschaftliche Defizite frei. Er gibt als Brüno die gnadenlose Karikatur eines Homosexuellen: tuntig, affektiert, analfixiert bis zum Exzess. Weit lächerlicher aber sind das tumbe Hinterwäldlertum und die Hilflosigkeit jener, die es mit diesem schmerzbefreiten Komiker und seinen modischen wie sexuellen Eskapaden zu tun bekommen. Nicht die Schwulen werden in diesem Feuerwerk der Situationskomik vorgeführt, sondern der Rest der Welt. Cohen benutzt die Figur des schwulen österreichischen Modejournalisten nicht, um die globale Homophobie anzuprangern. Brüno zeigt mehr: Dieses fleischgewordene Klischee einer Volltunte würde alles dafür geben, berühmt zu sein. Frei nach Andy Warhols Credo, dass jeder Mensch danach lechze, 15 Minuten Ruhm zu erlangen. Brüno
Itty Bitty Titty Committee Jede Generation braucht ihre eigene Revolution Ob es Ideale und Ziele gibt, für die man als Frau - auch stellvertretend für andere - noch kämpfen muss und ob man das eher innerhalb der bürgerlichen Institutionen macht oder in Form einer radikalen Gegenbewegung - all dies sind Fragen, die dieser Film (USA 2007) auf witzige und auch selbstironische Art stellt. Die Story, angelegt wie ein klassisches Hollywoodmärchen (unscheinbares Mädchen wird zu einer schönen und selbstbewussten Frau - der Kampf für die gemeinsame Sache führt nach Intrigen und Enttäuschungen zum Happy End), transportiert eine politisch engagierte und komplexe Standortbestimmung des westlichen Feminismus und zeichnet ein knallbuntes Bild der queer-feministischen Aktivistinnen. (los) "Itty Bitty Titty Committee", USA 2007, Do 2.7., 20:30 Uhr, Pupille - Kino an der Uni e.V., Mertonstraße 26-28, Frankfurt, 2,50 EUR
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JULI 2009
strebt nicht nur nach einem Viertelstündchen im Rampenlicht: Er will der größte Österreicher seit Adolf Hitler werden. Hierfür ist er bereit, alles zu opfern - auch seine (sexuelle) Identität. Der Besuch beim Homo-Heiler offenbart jedoch die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens... In Zeiten, in denen Spielerfrauen sich nicht scheuen, ihre Krebserkrankung nebst Chemo in der Bild-Zeitung zu vermarkten oder Boris Becker seine Hochzeit als Mittel der eigenen Verkaufsförderung missbraucht, hält Brüno/Cohen lediglich den Spiegel vor. Auch, wenn er zuweilen den Bogen seiner Albernheiten überspannt: die Realität ist noch weit absurder! (sm) "Brüno", Mocumentary USA 2009, Regie: Larry Charles. Mit: Sacha Baron Cohen, Richard Bey, Ron Paul. Kinostart: 9.7., bruno-film.de
Kunst für Jedermann "Keith Haring" von Christina Clausen
Foto: Keith Haring Foundation
Für Christina Clausens Dokumentation über einen der wichtigsten schwulen Künstler des 20. Jahrhunderts stand der Mann selbst nicht mehr zur Verfügung: Keith Haring erlag Anfang 1990 mit gerade mal 31 Jahren den Folgen von Aids. Doch sein Werk, die leicht zu erkennenden bunten Strichmännchen, sind aus der Alltagskunst nicht mehr wegzudenken. Clausen lässt neben Harings Familie eine ganze Reihe seiner Wegbegleiter und Freunde, von Kenny Scharf über David LaChapelle bis zu Yoko Ono, zu Wort kommen und zeigt Haring selbst auch immer wieder in Aktion beim Erschaffen seiner Kunst: schnelles Bemalen von U-Bahn-Stationen oder kunstvolles Verzieren von Häuserfassaden, aber auch in frühen Experimentalfilmen. Sein Anspruch, Kunst für jedermann zu machen und diesen auch für jedermann frei zugänglich zu machen, wird mit dieser Dokumentation anschaulich transportiert. Der gleichermaßen informative wie unterhaltsame Film spart auch Harings Erkrankung nicht aus, die ihn zu einem der Vorstreiter der aggressiven Act-Up-Bewegung werden ließ. (fb) "Keith Haring", Doku F/I 2008, Regie: Christina Clausen, Filmstart: 23.7., in Frankfurt in Originalfassung am Do, 29.7., 18 Uhr, Do, 30.7. - So, 2.8., 22 Uhr, im Mal seh'n Kino, Adlerflychtstr. 6, in Stuttgart im Atelier am Bollwerk, Hohe Str. 26
Foto 20th CenturyFox
DVD-Tipps L - Word, Season 5 Die Erfolgsserie um die (hauptsächlich) lesbische Freundinnenclique aus L.A. lief im deutschen TV-Sender pro7 leider nur für kurze Zeit - Fans müssen daher auf die DVD-Kollektionen zurückgreifen. Am 3. Juli erscheint die fünfte von insgesamt sechs Staffeln als DVD-Box. In den auf vier Discs verteilten 12 Folgen muss unter anderen Tasha sich wegen ihres Lesbischseins vor einem Militärtribunal verantworten ("Top-Gun"-Darstellerin Kelly McGillis in einer Gast-Rolle als Colonel Gillian Davis; Anfang 2009 hatte McGillis ihr lesbisches Coming Out), Marinas Lokal "Planet" bekommt Konkurrenz, Shane setzt ihre "Womanizer"-Fähigkeiten ein - und nicht nur da wird die Story mit noch mehr sexy Vibes als in den Staffeln zuvor in Szene gesetzt. (bjö) "L - Word Season 5", Serie, USA/CA 2008, 4-DVD-Box, Twentieth Century Fox
Foto: Edition Salzgeber
Gay Fun Shorts Vorweg: Nicht alle der elf Kurzfilme sind wirklich spaßig, nicht alle Akteure knackig-jung. Hier geht's auch mal melancholisch oder gar gruslig zu. Zu den Highlights dieser Sammlung zählen ein finnischer Bärenringkampf, eine australische Soap-Parodie mit lauter hassenden Frauen, ein multisexueller Orgasmus aus Frankreich, eine unglückliche Wrestler-Liebe in Island, ein Zombie im Coming-out aus den USA und ein englisches Mauerblümchen, dem in der Disco ein Zauberring vor die Füße fällt. Sehr abwechslungsreich! (to) "Gay Fun Shorts", 2003 -2008, teilweise OmU, Edition Salzgeber
Foto: Pro-Fun Media
Poster Boy Senator Jack Kray steht zur Wiederwahl an und punktet bei seiner ultrakonservativen Wählerschaft mit homophoben Tiraden. Mutter und Sohn sollen dazu die perfekte Familie mimen. Doch Sprössling Henry lebt selbst heimlich schwul und verliebt sich auf einer Studentenparty ausgerechnet in Anthony, einen Aktivisten, der eine wichtige Kundgebung des Politikers zum Platzen bringen will ... - Sehenswerter Indie-Streifen mit präzisen Schauspieler-Leistungen. (to) "Poster Boy", USA 2004, Regie: Zak Turner, OmU, Pro-Fun Media