Aller guten Dinge sind 3...
Deswegen: Herzlich Willkommen zum 3. Monatsbericht! Es hat sich viel getan. Ich bin mittlerweile über 3 Monate in Santiago und finde es nach wie vor super! Die Temperaturen werden immer höher, die Sonne scheint wie nie zuvor und vor 3 Wochen wurde beschlossen, dass der 31. Oktober offizieller Feiertag ist. Heißt also: Diesen Freitag Schulfrei, was ich natürlich gleich zu einem kleinen Ausflug in die wunderschöne Hafenstadt Valparaiso nutzen werde.
Es hat sich aber noch mehr getan. Ich hab angekündigt, ein bisschen was über den Nationalfeiertag, den Dieciocho, zu schreiben. Außerdem gibt es diesmal ein bisschen was über die Gemeinde zu lesen und natürlich wieder jede Menge Anekdoten über das, was ich hier sonst so gemacht habe und mache. Mit dem Dieciocho fang ich auch gleich mal an: Der 18. September (Dieciocho de Septiembre) ist in Chile der Nationalfeiertag, der an den Beginn der chilenischen Unabhängigkeit 1810 erinnert. Im Vergleich zu Deutschland ist der Nationalfeiertag hier nicht nur irgendein freier Tag den man so genießt, sondern ein Tag, den man mit der Familie richtig feiert. Schon Wochen vorher werden Flagge und Wappen von Chile überall verkauft. Mit überall mein ich das diesmal ohne Übertreibung auch richtig ernst: An den Ampel gehen Straßenverkäufer lang und bieten immer Ware feil. Anlässlich des Nationalfeiertages dann natürlich auch Flaggen und Wappen. Nicht sehr verwunderlich, weil bis jetzt hab ich noch nichts gesehen, das bei Straßenverkäufern nicht verkauft wurde. Gebettelt wird an der Straße natürlich auch: Die ehrlichste Methode war bis jetzt, das ein Mann ans Autofenster kam und sagte: „Passen Sie mal auf junger Mann: Für 500 Pesos trinke ich heute Abend für Sie einen auf Chile mit.“ Zur Anmerkung: 500 Pesos sind nichtmal 1 Euro.
Aber wieder zurück zum Dieciocho. Wir wurden von Miguel eingeladen, mit ihm und seiner Familie den Tag zu verbringen. Dankend nahmen wir die Einladung an und so hat Miguel uns mit nur einer Stunde Verspätung bei uns abgeholt. Bei ihm wurde dann mit ihm, seiner Frau und den Eltern und Bruder seiner Frau traditionell gegrillt. Wobei auch das Grillen an sich ein anderes ist. Da denk ich also blauäugig, Grillen wäre international das gleiche, und wurde wiedermal eines
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besseren belehrt. Hier heißt grillen, dass man alles auf den Grill haut und dann zusammen isst. Es gibt einen kleinen Salat und sonst nur Fleisch. Es wird auch nicht zusammen draußen gegrillt, sondern es wird alles fertig gegrillt und sich dann zusammen zum Essen gesetzt. Also wie ein normales Essen.
Der Vergleich mit Deutschland (oder besser: Wie ich Grillen kenne): Der Grill steht neben dem Esstisch und es werden reichlich Soßen aufgefahren. Dazu dann Kartoffelsalat, Nudelsalat und noch 2 andere Salate und Brot satt. Und dann dauert das Grillen auch ganz gut mal eine Stunde oder länger, in der man schnackt und hin und wieder was auf den Grill nach legt. Je nach Lust und Laune. Hier ist das Grillen aber eher wie eine normale Mahlzeit angelegt. Zumindest, wie ich das bis jetzt kennen gelernt habe. Sobald ich was anderes erfahre, werde ich mich natürlich korrigieren ;-) Und eine kleine Anmerkung zum Fleisch: In Deutschland ist das Fleisch meist in irgendeiner Soße eingelegt. Hier nicht. Und trotzdem ist das Fleisch super lecker! Zum Abschluss des Dieciocho hat Miguel uns dann in eine Disco gefahren, die er für sicher hält. Die Disco war ziemlich teuer, aber in der Tat wurden wir nicht ausgeraubt. Ist wohl auch keine Selbstverständlichkeit hier. Doch so schön die Disco war, etwas stört, obwohl es doch ganz angenehm war. Undzwar waren wir keine 5 Minuten in der Disco, da wurden wir von einem Sicherheitsmann gefragt, ob wir nicht vielleicht in den VIP-Bereich wollen würden. Normalerweise kostet der VIP-Bereich 5000 Pesos (6 €) mehr. Aber da wir wie die Vorzeigedeutschen aussehen, wird angenommen, wir hätten Geld ohne Ende. Und da man im VIP-Bereich generell mehr ausgibt... Nunja. Mit uns ging deren Rechnung leider nicht ganz auf. VIP-Bereich war ganz gut, aber übermässig viel Geld haben wir nicht in der Disco gelassen. Deutschland wird hier in Chile als DAS Land gesehen. Als würden in Deutschland „Milch
und Honig fließen“ oder jeder mit dem BMW am Wochenende zu seiner Freizeitvilla fahren. Das soll nicht heißen, dass alle Chilenen neidisch auf uns sind und uns deswegen ans Leder wollen. Die Chilenen sehen eben nur das „chilenische“ Deutschland. An der „Deutschen Schule Santiago“ tragen die Schüler Schuluniformen mit dem Adler als Wappen und SchwarzRot-Gold am Ärmelbund. Und jeder, der auf die Deutsche Schule geht, zahlt 300 €. Pro Monat. Deutschland genießt ein extrem hohes Ansehen hier. Alles was aus Deutschland kommt, ist gut. Die Autos, das Bier, die Medikamente. So stand ich auch einmal in der Apotheke an der Ecke (hier stehen wirklich an jeder Ecke Apotheken...) und da wurde mir eine Salbe für 15000 Pesos (18 €) angeboten. Die sei wohl die beste UND AUSSERDEM komme sie aus Deutschland! Ich hab mich dann für das chilenische Produkt entschieden. 5000 Pesos (6 €). Das gleiche in grün. Oder eben chilenisch. Nur eben nicht aus Deutschland. Geholfen hat sie trotzdem ;-) Genug aber über solche Anekdoten und kommen wir zur Gemeinde: Die Versöhnungsgemeinde wurde am 9. Juli 1975 gegründet. Damals gab es einen Streit in der lutherischen Kirche in Chile über die Verantwortung und die Aufgaben der Kirche und die Menschenrechte. Und auch hauptsächlich, ob die rein deutsche Lutherische Kirche sich öffnen solle. Dies führte zu einem Bruch in der Kirche, woraufhin viele deutsche Gemeinden sich der „Lutherischen Kirche in Chile“ (ILCH) zu wandten.
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Die Versöhnungsgemeinde allerdings blieb als deutsche Gemeinde bei der überwiegend spanisch-sprechenden „evangelisch-lutherischen Kirche in Chile” (IELCH). Die Gemeinde hält jetzt in der Kirche, die sie erst seit 1999 besitzt, jeden Sonntag einen Gottesdienst. Abwechselnd auf Deutsch und auf Spanisch. Hin und wieder werden auch zweisprachige Gottesdienste angeboten, in denen die Predigt in beiden Sprachen gehalten wird. Ebenso sind wichtige Ereignisse, wie etwa Konfirmationen und Taufen zweisprachig. Im Moment hat die Gemeinde circa 160 Mitglieder und trägt sich nur durch die Mitgliedsbeiträge und Spenden der Mitglieder. Denn jede Ausgabe, die die Gemeinde tätigt, wird von der Gemeinde selbst getragen. Deswegen werden auch verschiedene Aktionen von der Gemeinde organisiert, wie zum Beispiel das „Sushi and Wine“, das letzten Freitag war. Reis, Wein, Fisch und andere Sachen wurden gespendet und 10.000 Pesos Eintritt pro Person bezahlt. Kleine Sachspenden wurden verlost, große Sachspenden wurden versteigert. Der komplette Gewinn ging an die Gemeinde und von dort direkt weiter an die Schule, wo das Geld letztendlich eingesetzt werden soll. Das Problem: Irgendjemand musste das Sushi vorbereiten und so trafen sich die Praktikanten (also auch ich), Enno und Familie und noch ein paar Freiwillige zum Sushi machen. Insgesamt haben wir fast 5 Stunden Sushi gemacht. Gegessen wurde das ganze von den über 100 Leuten in nichtmal 20 Minuten... Aber ich hab natürlich
nicht nur Sushi
gemacht, sondern auch viel in der Schule gearbeitet. Besonders lustig war ein Elternabend von meiner Gruppe. Jenifer, die Educadora und Chefin meiner Gruppe bat mich, mich bei dem Elternabend kurz vorzustellen, damit die Eltern mich mal kennen lernen würden. Sie selbst sei schon öfter gefragt worden, ob ich denn wirklich ein Mann sei und warum in aller Welt ein Mann in einem Kindergarten arbeitet. Und dazu noch einer von den reichen Deutschen... Die meisten Zweifel konnte ich im Gespräch klären. Als ich erzählte, ich wohne direkt an der Autobahn in der Nähe der Metro, wurde sogar gefragt, ob das nicht zu gefährlich für mich wäre. Schon komisch irgendwie... Vorausgesetzt ich hab die Damen richtig verstanden. Denn zwar ist mein Spanisch noch etwas holprig, aber wenn die Chilenen sich anstrengen, dann versteh ich doch schon eine Menge. Zur Hilfe kam mir auch die Freundin von Christian, Maria, die in der Schule als Sekräterin arbeitet und gleichzeitig auch noch Mutter von einem der Kinder ist, die bei mir in der Gruppe sind. Von daher konnte sie mir bei der Beantwortung von Fragen zum Zivildienst und einem freiwilligem sozialem Jahr helfen. Da fehlten mir einige Fachbegriffe, aber mit ihrer Hilfe lief das echt gut. Besonders spannend war, als eine Großmutter eines Kindes zum dritten Mal nachfragte, ob ich das als Ersatzdienst mache, also mich vor dem Militär drücken würde. Als da die Unklarheiten geklärt waren, applaudierte sie mir und andere Eltern fielen in den Applaus ein.
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Ansonsten wird sich in der Schule viel verändern: Es steht ein Neubau an, der tatsächlich demnächst los gehen soll. Der Computerraum, den die Schule von der deutschen Botschaft gespendet bekam, wird zu dem Zweck leider abgebaut werden müssen, damit die Kindergartengruppe von Malte Stock in den Raum kann. Dann wird der Raum, in dem seine Gruppe bis jetzt war vergrößert und ein zweiter Stock drauf gebaut. Meine Gruppe wird dann neben die Gruppe von Malte ziehen und der Computerraum wieder aufgebaut. Bis das aber so weit ist, werden laut Plan noch 4 Monate ins Land ziehen. Nicht ganz so lange dauert die Renovierung von unserem Departement. Unser Vermieter kam vorhin rein und meinte, morgen früh würden Handwerker kommen und unsere Fenster rausnehmen und neue einsetzen und gleichzeitig bei der Gelegenheit den Fußboden mit neuen Fließen auslegen. Einige werden vielleicht denken, dass nichtmal 24 Stunden Vorwarnzeit etwas kurz ist, aber ich bin froh, dass der Vermieter überhaupt gekommen ist. Beim letzten mal hat er die Gitterstäbe von den Fenster losgeflext. Ich hab das erst gewusst, als er um halb 12 im Garten stand und mit der Arbeit anfing. Von daher ist das schon ganz gut, dass wir das wenigstens seit heute Abend schon wissen. Obwohl das alles vielleicht ganz kurzfristig gedacht ist, habe ich schon festgestellt, dass die Chilenen scheinbar garnicht so kurzfristig und spontan mit großen Sachen sind. Meist ist sowas schon länger geplant, nur das genaue Datum steht noch nicht fest. Ist ja auch nicht so wichtig ;-) Klappen tut trotzdem alles. Irgendwie.
Genau wie der Bus: Es gibt keinen Fahrplan. Man weiß, dass der Bus kommt, nur nicht wann. Und es klappt trotzdem. Erstaunt mich immer wieder. Nur vielleicht etwas längere Wartezeiten muss man dann in Kauf nehmen. Stört aber im allgemeinen auch nicht weiter. Wenn man pünktlich sein will, hat man entweder Glück, oder eben nicht ;-) Meist muss man aber auch nicht mehr als 10 Minuten warten. Ist also alles halb so wild :-) Und bevor ich mich jetzt hier in endlosem Lob von diesem Land ergehe, möchte ich noch kurz den kleinen auf dem Foto vorstellen. Das ist unser Hund, den wir nach dem alkoholischem getauft haben. Ihn haben wir spontan aufgenommen und er lebt mittlerweile schon seit knapp einem Monat bei uns und wird uns hoffentlich noch lange erhalten bleiben.
Liebe Grüße und bis zum nächsten Monatsbericht! (Der auf jeden Fall kommt. Vielleicht sogar pünktlich zum 20. Vielleicht auch nicht ;-) )
Mirko
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Nationalgetränk „Pisco“