Mord Im Kloster

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1986 freyermuth.com

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Mord

im Kloster

Szenen einer 46 Millionen Mark teuren Filmproduktion: Umberto Ecos Bestseller Der Name der Rose lieferte die Vorlage, Bernd Eichinger war der Produzent, Jean-Jacques Annaud der Regisseur, Sean Connery der Star. Gedreht wurde im Kloster Ebersbach und in Roms Cinecittà. Ein Drehbuch-Bericht Weiter>

Von Gundolf S. Freyermuth

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mord im kloster

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Inhalt 1. Aussen / Nacht - Das Kloster in den Bergen über Rom ................3 2. Innen / Tag - Restaurant „Il Paradiso“ bei Cinecittà ................. 12 3. Innen / Nacht - Lobby des Münchner Hotel Vierjahreszeiten ..... 15 4. Innen / Tag - Büro im Kloster Ebersbach ............................... 18 5. Aussen/ Dämmerung - Kloster in den Bergen über Rom ........... 23 6. Innen / Tag - Skriptorium des Kloster Ebersbach ..................... 27 7. Aussen / Tag – Das Kloster in den Bergen über Rom ................. 28 8. Innen / Nacht - Film-Kantine in den Hügeln über Rom ............. 37 9. Innen / Nacht - Bar des Hotel Savoy in Rom .......................... 41 1o. Innen/Tag - Hotelsuite mit Dachgarten in Rom...................... 46 11. Innen / Tag - Restaurant „Il Paradiso“ bei Cinecittà ............... 51 12. Innen / Nacht - Lobby des Münchner Hotel Vierjahreszeiten .... 56 13. Innen / Tag - Klosterschenke in Ebersbach .......................... 59 Impressum ....................................................................... 62

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Kapitel

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Aussen / Nacht - Das Kloster in den Bergen über Rom Ein Personenwagen quält sich durch Schlamm und Schotter, Schlaglöcher und Pfützen. Rechts des Weges die Konturen von Weinstökken, links eine dunkle Strauch- und Graslandschaft. Dann, hinter der Bergkuppe, angestrahlt von Zehntausenden Watt, eine neue, eine alte Welt: In der tiefen Senke liegt eine Benedektiner-Abtei des 14. Jahrhunderts, komplett mit Kirche und Pferdestall, mit Dormitorium und Friedhof, mit Badehaus und Aedificium, einem fast fensterlosen, 30 Meter hohen Bibliotheks-Turm. REPORTER (OFF) Das Kloster in der Einöde ist ein ökonomischer und ästhetischer Wahnsinn, eine millionenschwere Architektur-Attrappe aus Hartplastik und Beton - sichtbares Gegenstück zur MittelalterBesessenheit seiner Schöpfer. Der Wagen hält, der REPORTER steigt aus.

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REPORTER Am Anfang der ein Professor der sich nach Beschäftigung lang gehegten vergiften.

langen Reihe von Kloster-Fans stand für Zeichentheorie aus Bologna, 30 Jahren wissenschaftlicher mit Mittelalterlichem endlich den Wunsch erfüllte, einen Mönch zu

DIE KAMERA FÄHRT ÜBER DIE SZENERIE: In der Schlammwüste vor den Klostermauern lodern drei Scheiterhaufen: An Pfähle gefesselt harren ein BAUERNMÄDCHEN und ZWEI MÖNCHE ihrer Verbrennung als Ketzer. Dunkle Trostlosigkeit liegt über der Landschaft aus struppigen Sträuchern und blattlosen Bäumen. REPORTER (OFF) Ein Mord gab den anderen, und 1981 erschien Umberto Ecos erster Roman Der Name der Rose, eine ungewöhnlich spannende Mixtur aus mittelalterlicher Geistes- und moderner Kriminalgeschichte. Allemal so clever wie Sherlock Holmes das Geheimnis um den Hund

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von Baskerville löst, klärt Ecos Held, der detektivische Mönch William von Baskerville, die mysteriöse Mordserie in einem norditalienischen Kloster des Jahres 1327. Während Mönch William für den Sieg der Rationalität über den (Aber-) Glauben kämpft, gibt sich sein Watson-Gehilfe, der Novize Adso von Melk, verbotenen Gefühlen zu einem schönen Bauernmädchen hin. Vor den drei Verurteilten auf den Scheiterhaufen taucht auf: seine böse Eminenz, der GROSSINQUISITOR BERNARDO GUI alias F. Murray Abraham. Um ihn herum stehen seine Henkershelfer, dahinter die Mönche des Klosters. REPORTER (OFF) Wenn dann der brutale Großinquisitor Bernardo Gui das Mädchen der Hexerei und der Morde anklagt, wird die Handlung zum Wettrennen um Leben, Liebe und Tod. Die Auflösung des MordRätsels, mehr sei nicht verraten, hängt mit der theologischen Frage zusammen, ob die Komödie

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und das Lachen, ein fröhliches Leben überhaupt, gottgefällig oder des Teufels sind. In einigem Abstand wogt, gespenstisch beleuchtet vom Flackern der Fackeln, die klumpige Masse der verlumpten, schlammverdreckten Dorfbewohner, scheue, fremdartige Gesichter. Gestalten, wie aus einem Film, der nach dem Atomkrieg spielt. REPORTER (OFF) Der nächste, den die Liebe zum Mittelalter erfasste, war Regisseur Jean-Jacques Annaud. Auf dem Flug in die Karibik las er 1983 eine kleine, nichtssagende Notiz über die französische Ausgabe von Ecos Erstlingswerk - und witterte sofort eine Gelegenheit. Bald gehörten ihm die Filmrechte. Regisseur JEAN-JACQUES ANNAUD, in Lebensrettungs-Weste und grünem Pullover, läuft zwischen Schauspielern und Technikern hin und her. Den 200 Statisten - sie stammen aus abgelegenen süditalienischen Dörfern - ist die Arbeit für den Film fremd. Sie sind unsicher, reden laut oder lachen, so dass immer wieder Aufnahmen verdor-

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ben sind. Mit vier Kameras, die diese Massenszene zugleich filmen, kämpft Annaud gegen die Tücken von Technik und Personal. REPORTER Annaud ist Spezialist für die Rekonstruktion ferner Epochen. Sein Oscar-prämierter Film Am Anfang war das Feuer zeigt das Leben in der Steinzeit so realistisch, dass er im französischen Geschichtsunterricht vorgeführt wird - als wär’s eine Wochenschau von damals. ANNAUD (IN DIE KAMERA) Einen Film zu machen, ist nicht wie Herumbumsen, das ist wie Heiraten. Da gehen Jahre eines Lebens drauf. Mittelalterliche Dörfler und Mönchen waten, mit nackten Füßen in Riemensandalen, bis weit über die Knöchel im eiskalten Schlamm.

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REPORTER (OFF) Was Herumbumsen im Filmgeschäft heißt, weiß Annaud genau. Als Twen war der 42jährige einer der fünf höchstbezahlten Werbefilmer der Welt, für seine über 500 Spots kassierte er alle Preise, die es in dieser Branche gibt. Die KAMERA erfasst einen Mann in Cowboystiefeln, Jeans und Krempenhut: Executive Producer THOMAS SCHÜLY. Der Reporter tritt zu ihm. REPORTER Guten Tag, Herr Schüly. Sie haben einst das Geld für die Filme Ihres Freundes Fassbinder aufgetrieben. Jetzt riskieren Sie hier einen Haufen Geld - 15 Millionen Dollar. Thomas Schüly macht eine wegwerfende Handbewegung, der man ansieht, dass er sich durchaus Größeres vorstellen kann.

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SCHÜLY In den USA wäre das eine Billig-Produktion. Für Europa sind wir natürlich ‘ne große Sache. REPORTER Warum wollten die Amerikaner die Filmrechte nicht? AUFNAHMELEITER Quiet, Silenzio, Ruhe. SCHÜLY (flüsternd) Weil die einfach viel zu blöd sind, die haben ja gar nicht gemerkt, was sie da hätten haben können. ANNAUD Roll. Die Anordnung des Regisseurs wird über Walkie-Talkie weitergegeben. Im Hintergrund fängt der gigantische Bibliotheks-Turm Feuer.

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Aus den winzigen Fenstern in dreißig Meter Höhe fliegen Fetzen brennenden Papiers. Die Mönche entdecken das Feuer, laufen schreiend den Weg hinunter zum Kloster. Der Großinquisitor und seine Henker sehen sich plötzlich allein mit der Masse der Dörfler, die leise und traurig vor sich hinsingen. Gui alias F. Murray Abraham will zu den Scheiterhaufen stürmen. Doch seine Stiefel stecken unverrückbar im Schlamm. Abraham stockt unmerklich, schaltet dann schnell: Die Kamera erfasst ihn nur bis zur Körpermitte, also schlüpft er aus den Stiefeln und spielt in Strümpfen weiter. ABRAHAM (zu seinen Henkershelfern) Verbrennt die Hexe, verbrennt die Hexe! Die Dorfbewohner, Verwandte und Freunde des Mädchens, nehmen eine drohende Haltung ein. Ihr Trauergesang geht in Schreien über. Einer der Zerlumpten hebt einen schweren Stein auf.

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DORFBEWOHNER Steinigt sie, steinigt sie ... Die Menge stürmt auf den Großinquisitor zu, will ihn angreifen. Abraham dreht sich um - und bricht in Lachen aus: Der Schlamm ist gespickt mit Dutzenden von linken und rechten Schuhen, eine Parade von Stiefelschäften. Und hinter ihnen liegt majestätisch das Kloster, von einem elektrischen Mond erleuchtet.

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Innen / Tag - Restaurant „Il Paradiso“ bei Cinecittà Hinter der Fensterfront fällt schwerer Regen. Der Gastraum ist halb leer. An einem Ecktisch sitzen der Reporter und Jean-Jacques Annaud, ein quirliger, dünner, hochaufgeschossener Mann mit langen, schwarz-grauen Lockenhaaren. REPORTER Bevor Sie das Kloster in die römische Einöde gebaut haben, sind Sie monatelang vergebens durch Europa gereist auf der Suche nach einem geeigneten Drehort. Heißt das, dass Ihr Kloster nach Hollywood-Manier jetzt bigger than life ist, eine Filmkulisse, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat? ANNAUD Nein, nur dass es heute so etwas nicht mehr gibt. Viele Kloster sind Ruinen, andere wurden im Laufe der Zeit modernisiert und sehen nicht mehr aus wie im 14. Jahrhundert.

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Ein Kellner bringt zwei Teller mit Pasta, von denen in der Kühle des Raumes heißer Dampf aufsteigt. ANNAUD Aber bevor wir Millionen für eine Kulisse ausgaben, mussten wir absolut sicher sein, dass so ein Bau nirgends existierte. Damit nicht eines Tages irgend jemand auftaucht, vielleicht ein netter Journalist aus der Türkei, sich unser teures Kloster anguckt und sagt: Ja, klar, genau wie das bei mir um die Ecke. REPORTER Wie war es mit den Vorbildern, die Eco für sein Buch-Kloster hatte? ANNAUD Die hat er mir gezeigt. Er ist mit mir durch Norditalien gefahren, was sehr witzig war. Denn wo wir hinkamen, ist er immer gleich in Begeisterung ausgebrochen: Ja, genau das ist

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es, genau das Richtige für dich! Die modernen Anbauten hat er schlicht übersehen. Als Romancier kann man das natürlich. Die lässt man beim Schreiben einfach weg.

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Innen / Nacht - Lobby des Münchner Hotel Vierjahreszeiten Schicke Menschen Münchner Machart in gepflegtem Ambiente. An einem Ecktisch sitzen der Reporter und UMBERTO ECO, ein bärtiger Mittfünfziger, umgeben von zerwühlten Zeitungen. Eco wirkt ebenso seriös wie wild - ein Boheme-Professor, der von dem Erfolg seines philosophischen Thrillers ein wenig überrascht wurde. REPORTER Sie sind so fröhlich. Haben Sie keine Angst, dass Ihr Buch bei der Verfilmung allzu sehr verstümmelt wird? ECO Ach, der Annaud hat sich Jahre damit auseinandergesetzt, er hat sich durch eine ganze Bibliothek von Fachbüchern gelesen. Mit demselben Arbeitsaufwand hätte er Professor für mittelalterliche Philologie an der Sorbonne werden können. Die Chancen stehen also gut, dass er keinen Film wie Excalibur drehen wird ...

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REPORTER Ist der ungeheure Aufwand an “echtem” Mittelalter nicht übertrieben? ECO Die Authentizität der Dinge im Film ist das Gegenstück zu den theologischen Diskussionen im Roman. Genauso wie ich eine Collage aus Texten hergestellt habe, macht Annaud eine Collage aus realen Objekten. Sein Werk wird also mittelalterlicher werden als meins. REPORTER Warum diese Liebe zum Mittelalter? ECO Das Mittelalter ist der Ursprung Europas. Deshalb verhalten wir uns dieser Zeit gegenüber ganz anders als etwa gegenüber der Antike. Die ist vergangen, die können wir konservieren und restaurieren - in den Gebäuden des Mittelalters

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aber leben wir noch, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. All die komplexen Probleme, mit denen wir uns heute herumplagen, sind damals entstanden, das moderne Banksystem und die Idee der Demokratie, die Universitäten wie die Gewerkschaften, die Nationalstaaten mit ihren Armeen ebenso wie der Klassenkampf. Das Mittelalter hat für uns niemals aufgehört. Die KAMERA FÄHRT ZURÜCK. Eco und der Reporter verschwinden hinter den schicken Menschen, die die Lobby bevölkern. REPORTER (OFF) Um die Visionen der Welten-Bauer Eco und Annaud auf die Leinwand zu bringen, bedurfte es eines weiteren, eines dritten Besessenen. Der deutsche Produzent Bernd Eichinger hat, mit viel amerikanischem Geld, dafür gesorgt, dass das Film-Kloster in den Bergen über Rom steht. Und er fand das echte Gemäuer für die Innenaufnahmen - im hessischen Ebersbach.

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Innen / Tag - Büro im Kloster Ebersbach Hinter den Fenstern fällt dichter Schnee. Der improvisierte Arbeitsraum atmet die Atmosphäre absoluter Vorläufigkeit. Die Einrichtung ist im Mischmasch-Stil gehalten. Die beiden Schreibtische und die kleine Sitzecke erinnern an die Zeit, als das Kloster noch als Gefängnis und Irrenanstalt diente. Dazwischen Ikea-Regale. Über dem rissigen Putz sind neue Elektroleitungen verlegt worden. Unrasiert und übernächtigt sitzt der 36jährige Produzent BERND EICHINGER in hellen Jeans und - Schnee egal - Turnschuhen an seinem Schreibtisch. Aus einem Plastikbecher schlürft er seinen Morgen-Tee. REPORTER Als wir nach den Dreharbeiten zur Unendlichen Geschichte zuletzt miteinander sprachen, wollten Sie sich eine Weile ausruhen. War wohl nichts? EICHINGER Nee.

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REPORTER Statt dessen scheinen Sie die Beststeller-Liste zu verfilmen. Nach Ende nun Eco. EICHINGER Sieht so aus. Stimmt aber nicht. Ich habe Ecos Roman sofort gelesen, als er auf Deutsch rauskam. Da war das noch ein unbekanntes Buch. REPORTER Und was gefiel Ihnen daran so sehr? EICHINGER Die Authentizität, mit der das Mittelalter wiedergegeben wird. Eco erzählt aus dem Denken des Mittelalters heraus. Das ist das Spannende ... Eichinger fängt den ungläubigen Blick des Reporters auf.

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EICHINGER Also, ich geb’ mal ein Beispiel. Wenn ich einen Film machen würde über Schwarze, die zum ersten Mal Weiße sehen, dann würde ich immer bei den Schwarzen anfangen und den Zuschauer in ihren Lebensstil reinziehen. Und wenn dann die Weißen kommen, empfindet der Zuschauer mit den Schwarzen, was für ‘ne merkwürdige Erscheinung diese Weißen sind. So ähnlich ging mir das mit Ecos Roman. Ich schaue nicht als aufgeklärter Mensch auf’s Mittelalter, ich sehe alles mit den Augen der Leute, die damals lebten. Das Telefon klingelt, Eichinger nimmt den Hörer ab. Das Ferngespräch des Turnschuh-Tycoons überlappt mit der Stimme des Reporters. REPORTER (OFF) Als Bernd Eichinger die Rechte an Ecos Roman kaufen wollte, waren sie schon vergeben. Doch

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Annauds französischer Produzent bekam das Geld nicht zusammen ... EICHINGER (ins Telefon) Dann sind wir drei Millionen short ... REPORTER (OFF) ... und Eichinger bot an, sich zu beteiligen. EICHINGER (ins Telefon) Eben. Ich will ‘ne Million haben. Er hängt auf und spricht wieder in die Kamera. EICHINGER Ich flog damals nach Paris, und die Franzosen fingen an, mir ihre Probleme zu erklären. Ich hab’ gleich gemerkt, das Projekt ist total verknackst, das klappt mit denen nie und nimmer. Also habe ich gesagt: Wie viel hat es Euch bis

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jetzt gekostet? Und dann habe ich denen ihr Geld gegeben und gesagt: So, das ist jetzt mein Projekt. Und die haben Jean-Jacques Annaud angerufen, und als der zugestimmt hat, war’s geschehen. Die KAMERA FÄHRT ZURÜCK, aus dem Raum, in den Schnee, aus den Konturen des Klosters. REPORTER (OFF) Das war im Januar ‘85. Ein dreiviertel Jahr später rollten 15 Laster mit handgefertigtem Mittelalter, mit hölzernen Stehpulten und schweren Deckenleuchtern, mit einer kompletten Kirchen- und einer ebenso kompletten Küchenausrüstung, mit Badezubern und handgeschriebenen Bibeln über den Brenner in Richtung Taunus. Während Dutzende von Handwerkern begannen, das Kloster Ebersbach ins Mittelalter zurück zu hämmern ...

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Aussen/ Dämmerung - Kloster in den Bergen über Rom Zwei dunkle Gestalten gehen übers Set, steigen ein paar Stufen der massiven Kirchentreppe empor. Die KAMERA FÄHRT auf sie zu. REPORTER (OFF) ... begann ein weiterer, ein vierter Besessener in den Bergen über Rom mit dem seit einem Vierteljahrhundert größten Filmbau in Europa: Dante Ferretti, Schöpfer authentischphantasievoller Sets für Pasolini und Fellini. Die Kamera hat Production Designer DANTE FERRETTI und den Reporter erreicht. FERRETTI Ich habe den Auftrag angenommen, obwohl ich mitten in der Arbeit zu Fellinis Ginger und Fred war. Drei Monate habe ich gleichzeitig an beiden Filmen gearbeitet. Ein Wahnsinns-Schlauch!

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Ferretti schüttelt sich fast wohlig. Niemand käme je auf die Idee, der gedrungene, quirlige, witzige Mann könnte etwas anderes sein als Italiener. FERRETTI Im März 1985 haben wir begonnen, nur sechs Monate hat es gedauert. So etwas ist der Traum eines Filmarchitekten ... Der Wind pfeift durch die Kloster-Kulissen. Die beiden Männer gehen die Stufen des Kirchenportals hinunter und die leichte Anhöhe hinauf in Richtung des Aedificiums, das furchterregend-außerirdisch in den dunklen Himmel ragt. FERRETTI Alles sollte greifbar, wahr, realistisch sein. Nur der Turm nicht. Den wollte ich irreal, mysteriös. Er ist der wichtigste Bau des Films. Er symbolisiert für mich die gesamte Kultur der damaligen Welt. Aber diese Kultur war nicht verfügbar. Niemand durfte die Bibliothek

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betreten. Der Turm verbarg alles Wissen der Menschheit. REPORTER Was geschieht mit der Kulisse nach dem Ende der Dreharbeiten? FERRETTI Pfuuhhh! Seine Geste bedeutet: Was wir sehen, wird in die Luft gejagt. FERRETTI Es gibt kein Copyright auf Filmbauten. Wenn wir das Kloster stehen ließen, würden hier die Billig-Filmer drehen. Und wenn wir Pech hätten, kämen sie damit noch vor uns in die Kinos. REPORTER Das Mittelalter der Star, ein gigantischer, böse drohender Kloster-Turm der Superstar - als

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diese Dinge feststanden, fehlten nur noch die Menschen, um die schöne alte Welt zu bevölkern. Das Drehbuch, eine der 16 Fassungen, machte die Runde. Und die Story vom detektivischen Mönch landete beim erfolgreichsten Geheimagenten der Filmgeschichte. Genauer: bei seinem Darsteller.

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Innen / Tag - Skriptorium des Kloster Ebersbach Ein Mönch steigt eine breite Treppe empor in eine große Halle des Gemäuers, die mit handgefertigten Stehpulten aus massivem Holz als Skriptorium hergerichtet ist. Andere Mönche schreiben an ihrem Lebenswerk: eine Bibel nach der anderen. WILLIAM VON BASKERVILLE alias Sean Connery, ein Mönch, dessen Name ebenso wie seine detektivische Begabung an Sherlock Holmes erinnern, schreitet in den Raum. An seiner Seite geht sein junger Helfer ADSO VON MELK alias Christian Slater. CONNERY (belehrend, zu Adso von Melk) Sogar die Heiligen haben sich der Komödie bedient ... (hebt die Stimme in scharfem Ton) ... und wir könnten das jetzt aufnehmen, wenn dahinten der Scheisslärm aufhören würde! Die KAMERA FÄHRT auf eine Gruppe erregter Statisten, die den Reporter umringen.

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Aussen / Tag – Das Kloster in den Bergen über Rom Neben der plumpen Bretter-Kutsche der Inquisition qualmt ein kleines Feuer. Den alten Steinboden aus neuem Beton bedecken in unregelmäßigen Abständen weiße Salzflächen - Schnee der Szenen von gestern. Der Wind trägt das Gequäke eines halben Dutzend WalkieTalkies durch die Luft. REPORTER (OFF) Vor ungefähr einem Jahr betrat Sean Connery nach längerer Abwesenheit sein Büro in Los Angeles - “das einzige Büro, das ich auf der Welt unterhalte”, wie der sparsame Schotte mit weiteren Wohnsitzen auf den Bahamas, in französischen Nizza und im spanischen Marbella betont. Connery fragte, ob es gute Drehbücher zu lesen gebe. Eines der Skripts, die auf ihn warteten, war eine frühe Fassung von Der Name der Rose. Die Geschichte funktionierte. Connery wollte den Film machen. Er flog nach München, traf Bernd Eichinger, schloss einen Vertrag.

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William von Baskerville alias SEAN CONNERY, gehüllt in seine graue Mönchskutte, doch mit schweren Plastik-Stiefeln anstelle der Mönchs-Sandalen, verlässt die Kloster-Kulisse. In seiner Begleitung ist der Reporter. CONNERY Gute Drehbücher sind so irre selten. Aber ich war vorsichtig. Aus der Geschichte konnte leicht ein schlechter Film werden - wenn man versucht hätte, es billig zu machen oder wenn die Substanz der Geschichte verloren gegangen wäre. REPORTER Was interessierte Sie an der Kloster-Story? Sind Sie religiös? CONNERY Nein, nicht im geringsten. Mein Vater war katholisch, meine Mutter protestantisch, kein Mensch hat sich drum gekümmert. Nur weil meine Frau es mal wissen wollte, habe ich überhaupt

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herausgefunden, dass ich protestantisch getauft wurde. Eine laute Hupe ertönt. Die rote Warnlampe auf dem Klosterbrunnen in der Mitte des Hofes blinkt nicht mehr. Für heute sind die Dreharbeiten beendet. REPORTER Und heute? CONNERY Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Vor kurzem habe ich das alte Gemäuer besichtigt, in dem mein Gegenspieler, der Großinquisitor Bernardo Gui, einst wirkte. Ich konnte gar nicht schnell genug wieder rauskommen. Es ist beeindruckend, dass ein Gebäude so lange existiert, 1200 Jahre. Aber richtig ergreifen tut’s mich nicht.

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REPORTER Wird William von Baskerville nächstes Jahr einen Oscar einheimsen, den ersten für Sean Connery? CONNERY Niemals. Ich bezahle nämlich keinen Presseagenten, und ohne den kriegt man keinen Oscar. Sean Connery und der Reporter steigen den Hang empor, hinauf zum Nomadenlager der Film-Gesellschaft auf der windigen Anhöhe. CONNERY Aber ein Presseagent wäre für jeden Preis ein viel zu hoher Preis. REPORTER In den meisten Ihrer Filme sieht man Sie als Detektiv, auf der Suche nach einer Wahrheit. Hat das etwas mit Ihn...

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CONNERY Überhaupt nicht. Das hat nichts mit mir zu tun. Die Wahrheit zu suchen, halte ich für vollkommen vergeblich. Auch in diesem Film ist das ja nur eine neben anderen Ebenen ... REPORTER Als da wären? CONNERY Drei. Natürlich ist es zunächst einmal ein Thriller. Aber genauso zeigen wir sehr viel vom damaligen Zustand der Welt, der sich ja bis heute nicht sonderlich geändert hat ... REPORTER ... ? CONNERY Nun, zumindest in Europa.

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REPORTER ... ??? Sean Connery und der Reporter haben das Nomadenlager der Film-Gesellschaft erreicht: eine Wagenburg aus Wohnmobilen, Kleinbussen und Luxus-Limousinen, geparkt im Niemandsland zwischen dem Kloster und dem stahlblauem Himmel, auf den der Wind weiße Wolkenwatte verteilt. CONNERY Okay, ich hab nur Spaß gemacht, natürlich ist die Gesundheitsfürsorge heute besser. Nicht allen Leuten fallen mehr die Zähne aus dem Mund. Aber an den großen Spannungen hat sich kaum etwas geändert. REPORTER Können Sie das ...?

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CONNERY Also, ich glaube nicht an die EG und solche unsinnlichen Dinge, die kein Mensch kapieren kann. 200, 300 Millionen Europäer unter einen Hut bringen zu wollen, das ist ein schlechter Scherz. Bei uns ist das nicht anders als in Afrika, Nationen sind wie Stämme. Kein Mensch kann den Leuten ihre Nationalität wegnehmen. REPORTER In der Klostergesellschaft geht es aber ziemlich kosmopolitisch zu. Sie spielen einen englischen Mönch, ihr Schüler stammt aus Deutschland, der Großinquisitor ist Italiener, der Bibliothekar Spanier... CONNERY Ja, und alle bringen sich gegenseitig um, nicht wahr? So richtig reizend. Damals wie heute, wo die Bulgaren ihre Spione mit präparierten Regenschirmen durch London schicken, damit sie

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die vergiftete Spitze irgend einem Typen an der Bushaltestelle rein jagen. Die Methoden haben sich ein wenig geändert, aber sonst? REPORTER Sie sprachen von drei Ebenen im Film, die dritte ist? CONNERY Nun, die Vater-Sohn-Geschichte: William erzieht Adso von Melk, er hilft dem Novizen, die Welt zu verstehen. Sean Connery geht zu seinem Trailer, öffnet die Tür und winkt dem Reporter kurz zu. Die Kamera sucht ihm zu folgen, bis sie an die sich schließende Tür stößt. REPORTER (OFF) Die Rolle des Lehrers spielte Sean Connery auch für den Darsteller des jungen Adso. Ihn zwingt die Handlung zu einer leidenschaftlichen Szene:

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Am nächtlichen Küchenfeuer wird der unerfahrene Novize von einem Bauernmädchen verführt - sie ist die “Rose”, deren Namen wir nie erfahren.

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Innen / Nacht - Film-Kantine in den Hügeln über Rom An den Holztischen des kahlen, grell erleuchteten Raums sitzen Techniker, Kleindarsteller und Komparsen. Fast alle haben ihr Essen beendet. Allmählich leert sich die Kantine. REPORTER (OFF) Das liest sich vergnüglicher, als es für den 16jährigen Christian Slater zu spielen war. Einige Abende, bevor die Szene gedreht wurde, kam der junge Schauspieler zu Sean Connery. SLATER Die Liebesszene war ein schwerer Brocken für mich. Das Seltsamste, was mir je in meinem Leben passiert ist. Solange ich denken kann, habe ich es gehasst, mich auszuziehen. Und jetzt sollte ich vollkommen nackt sein, zusammen mit diesem Mädchen!

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CHRISTIAN SLATER sitzt an einem Tisch in der äußersten Ecke, neben ihm der Reporter. Slater, Teenager aus New York, hat ein sehr weißes, offenes Gesicht, dessen Kindlichkeit durch den kombinierten Tonsur-Pagen-Schnitt noch verstärkt wird. Er zögert und grinst unsicher. SLATER Also bin ich zu Sean gegangen und habe ihm gesagt, dass ich ziemlich nervös sei. Er ist ja ein erfahrener Schauspieler, der schon verdammt oft mit irgendwelchen Mädchen nackt gespielt hat. Er musste wissen, was man da macht. Und Sean sagte: Einfach ganz ruhig atmen und alles geschehen lassen - was immer dann passiert, passiert eben. REPORTER Und?

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SLATER (grinst verlegen) Na, so war’s dann auch. Wobei Jean-Jacques eine tolle Idee hatte. Jede Aufnahme fing immer angezogen an, dann hat das Mädchen erst sich und dann mich ausgezogen. Wir haben also nie nackt auf dem kalten Boden gelegen. So konnten wir einfach unseren Gefühlen ihren Lauf lassen. REPORTER Haben Sie Umberto Ecos Roman gelesen? SLATER Oh, Gott, ja. Ich dachte, das hört nie auf. Es ist dreitausendunddrei Seiten lang. Ich habe einen guten Monat gebraucht, aber irgendwie habe ich es geschafft. Es ist ja nicht so, dass ich nicht lesen könnte. Ich lese ziemlich gut, weshalb ich es wohl auch nie mache, denn ich sage mir, wo ich’s kann, brauche ich es ja auch

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nicht mehr wirklich. Auf jeden Fall war das Drehbuch dann viel angenehmer zu lesen. Er macht eine entschuldigende Geste, steht auf, geht. REPORTER (OFF) Slater stammt aus einer Show-Familie. Mit fünf Jahren stand er zum ersten Mal auf der Bühne. Mit 9 Jahren ging der Kinderschauspieler mit einer Musical-Produktion auf Tournee, mit 14 drehte er seinen ersten Film.

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Innen / Nacht - Bar des Hotel Savoy in Rom Abgesessene grüne Veloursessel, die meisten von älteren Ehepaaren oder einsamen Geschäftsreisenden im besten Alter besetzt. REPORTER (OFF) Seine große Liebe, die “Rose”, wird von Valentina Vargas gespielt. Sie ist sechs Jahre älter als ihr Partner, aber als Schauspielerin noch unerfahrener. Es ist ihre erste große Rolle. In einer Ecke der Bar wartet ein schwarzlackierter Flügel auf seinen Pianisten. An einem runden Tisch in der Mitte des Raumes sitzt der Reporter vor einem Glas Weißwein. REPORTER (OFF) Die 22jährige schwarzhaarige Schönheit aus Chile wird seit Wochen von den Fotografen der Vogues und Playboys diverser Länder umschwärmt. Ihren dunklen Teint und ihre ausgeprägten Gesichtszüge

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verdankt sie einer bunten Völkermischung: je ein Viertel russisch, spanisch, französisch und indianisch. Durch die Tür zwischen Lobby und Bar kommt VALENTINA VARGAS. Sie trägt eine karminrote Wolljacke, über die dichte lange Haare fließen wie schwarze Tinte. Ihre Gesichtszüge, die sich an den hohen Backenknochen festzuhalten scheinen, sind müde, die leicht geschlitzten Augen fast geschlossen. REPORTER (OFF) Seit sechs Jahren lebt Valentina Vargas in Paris. Sie hat dort eine Schauspielschule besucht, Tanz- und Gesangsunterricht genommen und zwei Pop-Platten in Englisch und Spanisch besungen. Sie hat gemalt und geschrieben. Nichts ließ sich richtig an. Der Reporter steht auf, winkt Valentina Vargas.

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REPORTER (OFF) Als sich ihr die Chance für die erste große Filmrolle bot, stürzte sie sich mit großem Eifer in das Mittelalterprojekt - obwohl sie keine feste Zusage erhalten hatte. Sie hungerte ihr Gewicht herunter, ließ ihre Haare wachsen. Stück für Stück verwandelte sie sich in das namenlose Mädchen aus dem Mittelalter. Von soviel Energie beeindruckt, gab ihr Annaud schließlich die Rolle. Valentina Vargas und der Reporter geben sich die Hand. REPORTER Miss Vargas, was faszinierte Sie so an dieser Rolle? Valentian Vargas leise Stimme klingt verloren. VARGAS Alles. Ich stamme aus einer wohlhabenden Familie. Meine ganze Erziehung lief darauf

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hinaus, mich ordentlich und sauber zu machen. Und dieses Mädchen ist so arm, sie ist so dreckig und so hungrig, in jedem Sinne ... REPORTER Die “Rose” ist eine leidende Gestalt. Sie muss ihren Körper bei den Mönchen gegen Brot eintauschen - für eine moderne junge Frau nicht gerade eine begeisternde Situation, die zur Identifikation einlädt ... VARGAS Nun, vielleicht geht es mir ein bisschen wie ihr. Nicht was Geld betrifft. Aber in der Liebe. Ich bin sehr leidenschaftlich - wie dieses Mädchen. Und da gibt es so viele Zwänge, mit denen ich nur sehr schwer zurecht komme. Valentina Vargas steht unvermittelt auf und verabschiedet sich von dem Reporter mit einem Wangenkuss.

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VARGAS Machen Sie mich mysteriös, ja? Der Reporter nickt. Sie geht. Als hätte er nur darauf gewartet, schließt der Barkeeper hinter ihr die Tür zur Lobby. Ein melancholischer Pianist nimmt an dem Flügel in der Ecke Platz und beginnt sein müdes Spiel. Es klingt wie in einem Film über alte Männer.

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Innen/Tag - Hotelsuite mit Dachgarten in Rom Die Mittagssonne taucht den Raum in ein grelles Licht. Die Tür zur großzügigen, grünen Terrasse steht offen. Aus der Häuserschlucht dringt Hupen und Quietschen der Bremsen von der Via Veneto hoch. REPORTER (OFF) Der päpstliche Großinquisitor, dem die “Rose” zu mysteriös ist und der das Mädchen deshalb als Hexe verbrennen möchte, wird von einem Mann gespielt, der Übung im Menschenverderben hat: Für die Rolle des Salieri erhielt F. Murray Abraham den Oscar. Abraham, dessen Gesicht von der Tonsur wie von einem Schein des Bösen überdacht wird, hat große Mühe stillzusitzen. Er hampelt auf dem Sofa herum und steckt mit seiner Motorik den Reporter an, der bald seine Fragen mit wilden Gesten begleitet. REPORTER Der böse Salieri war gut für Ihre Karriere ...

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ABRAHAM Ach, ich lebe noch in demselben Haus, bin mit derselben Frau verheiratet. Allerdings bin ich Professor geworden. REPORTER (OFF) Als Lehrer am Brooklyn College bemüht sich Abraham, den eigenen Schul-Abschluss nachzuholen, während er selbst die Kunst des Straßentheaters unterrichtet. Denn seit 16 Jahren spielt Abraham in einer Gruppe, die Slumbewohner darüber aufklärt, wie sie öffentliche Gelder zur Sanierung ihrer verfallenen Wohnungen erhalten können. REPORTER Engagiertes Straßentheater und ReaganBegeisterung, wie geht das zusammen?

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ABRAHAM Ich ein Ronald-Reagan-Fan? Wie kommen Sie auf diesen Quatsch? Ich kann seine Politik nicht ausstehen. Der Mann war mal ein Kollege, ein Schauspieler, und jetzt kürzt er die Kulturausgaben und steckt alles in die verdammte Rüstung! REPORTER In der Frankfurter Allgemeinen steht, Sie seien ein “glühender Vertreter eines harten ReaganKurses”. Und: “Es schickt sich glücklich, dass Ecos Roman ein Ost-West-Märchen vom Schlage ‘Rambo’ nicht einmal im Keim in sich trägt.” ABRAHAM Irre. Mann, so was liebe ich. Das muss ich meinen Freunden erzählen - wenn ich nach dem Artikel noch welche habe. Aber genau deshalb geben viele Schauspieler keine Interviews mehr. Denn Ihre Kollegen lieben es, einen

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misszuverstehen oder sich eben schlicht etwas auszudenken. REPORTER (bemüht, das Thema zu wechseln) Das ist Ihr erster Film seit dem Erfolg in Amadeus. Warum ausgerechnet jetzt ein mittelalt ... ABRAHAM Weil der Film ein sehr aktuelles Thema im historischen Gewand behandelt. Bernardo Gui repräsentiert für mich den Missbrauch der Macht durch religiöse Führer, wie wir es in der gegenwärtigen Politik immer wieder erleben. Die Hexenverbrennung ist ja eine sehr ernste Szene, allein diese beiden von der Folter verstümmelten Mönche, die unter fürchterlichem Leiden sterben! Und ich stürme also zu dem Scheiterhaufen und rufe: Verbrennt die Hexe, verbrennt die Hexe.

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Beim Sprechen krümmt Abrahams die Finger, ballt die Faust suggestiv vor seinem Gesicht mit der Mönchstonsur und den glattrasierten Schläfen. In seiner Mimik ahnt man die Nähe des Grausigen zum Grotesken. REPORTER Khomeini, Ghaddafi - die moderne Inquisition? ABRAHAM Zuallererst denke ich bei Inquisition und Machtmissbrauch mal an den Papst. REPORTER Der hat doch keine Macht mehr? ABRAHAM Na, dafür missbraucht er sie ganz gut.

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Innen / Tag - Restaurant „Il Paradiso“ bei Cinecittà Das Restaurant hat sich fast geleert. Jean-Jacques Annaud verspeist sein Dessert. ANNAUD Tja, der Vatikan hat uns plötzlich verboten, in den Katakomben zu drehen. Weil Ecos Buch gotteslästerlich sei und nie hätte geschrieben werden dürfen. Nun müssen wir diese Kulisse in kurzer Zeit nachbauen. REPORTER Es wird doch Katakomben geben, die nicht dem Vatikan gehören? ANNAUD Wenn Sie jemanden in Rom treffen, der eine kleine Privatkatakombe hat, rufen Sie mich an, ruhig mitten in der Nacht. Aber egal, wir bauen uns eben eigene Katakomben. Die Kirche wird uns

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nicht hindern, den Film zu drehen. Was hat der Vatikan davon? Ein paar Feinde mehr. REPORTER Ich glaube, die wenigsten Menschen verstehen genau, was ein Regisseur so treibt. Was halten Sie für Ihre wichtigste Tugend, gerade bei diesem Film? ANNAUD Geduld und Sturheit. Ich muss dafür sorgen, dass keine faulen Kompromisse gemacht werden. Niemand, der einen fertigen Film sieht, bedenkt ja, in wie hohem Maße die äußeren Umstände wichtig waren, die gerade zufällig an einem Drehtag herrschten. Da sagt man mir übers Walkie-Talkie, die Kamera sei kaputt, die Make-up-Leute so gut wie im Streik, weil es in ihren Räumen so kalt ist, das Gebiss eines Schauspielers hat jemand geklaut, tausend Sachen. Also, wenn ich jetzt warte, bis alles

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perfekt ist, dann bedeutet das, dass 160, 200 Leute ein paar Stunden herumstehen. Das ist teuer. Da wird der Produzent nervös und drängelt. Weil - in seinem Kopf macht das natürlich klick-klick: die Geldmaschine. Der sagt dann: das Gebiss sieht man doch gar nicht, dreh einfach. Aber ich darf das nicht tun. Denn die wichtigste Aufgabe eines Regisseurs ist es, die Bilder zu beschützen. REPORTER Sie haben Ecos Kloster nachgebaut, Sie haben es mit Menschen bevölkert, die aus den Gemälden eines Breughel oder Bosch herabgestiegen sein könnten. Aber die Filmhandlung haben Sie - im Vergleich zu Ecos Roman - kräftig modernisiert. ANNAUD Nein, das stimmt nicht. Nennen Sie mir ein Beispiel!

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REPORTER Die Rolle Bernardo Guis wurde ausgebaut, damit der Held William auch einen richtig bösen Gegenspieler hat. Sie haben am Ende eine Parallelhandlung konstruiert, den berühmten Kino-Wettlauf gegen die Zeit, ein beliebtes Spannungselement seit Stummfilmtagen. Und Sie haben die Liebesgeschichte zwischen Adso und dem Mädchen, die im Buch eine Nebenrolle spielt, in bester Hollywood-Manier vergrößert. ANNAUD Die Liebesgeschichte haben wir nicht ausgebaut. Alles außer der Schlussszene steht schon bei Eco. Aber wir mussten andere Elemente des Buches weglassen, der Film hätte sonst 20 Stunden gedauert. Da haben sich die Proportionen ein wenig verschoben. REPORTER In Richtung Unterhaltung ...

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ANNAUD Sicher, aber der Film bietet Entertainment mit einem Plus. Denn die intellektuelle Aussage ist dieselbe geblieben. Wie die Menschen damals befinden wir uns in einer Zwischenzeit, einer Periode des Übergangs von einer alten Welt zu einer neuen Ordnung. Der alte Glaube, der so lange die Menschen einte, ist zerfallen - damals die Religion, heute der Fortschrittsglaube. Im 13. Jahrhundert ging es aufwärts. Aber im 14. Jahrhundert änderte sich das Klima, es kam zu Missernten. Arbeitslosigkeit und Inflation breiteten sich aus, und die Leute sagten: Wir haben doch zu diesem Gott gebetet, an ihn geglaubt, und nun das! Vielleicht ist er nicht auf unserer Seite? Vielleicht ist er auch gar nicht so mächtig? Vielleicht sollten wir uns lieber mit dem Teufel anfreunden, zu ihm beten? Und so kam es zum großen Zweifel, zu den Häresien und zur Gegenwehr der Kirche, zur Inquisition.

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Innen / Nacht - Lobby des Münchner Hotel Vierjahreszeiten Ein Kellner serviert Umberto Eco einen Whisky on the rocks. REPORTER Wohl niemand kann heute noch einen 007-Thriller lesen, ohne Sean Connery oder Roger Moore vorm geistigen Auge zu haben. Haben Sie Angst, dass die Verfilmung die Art und Weise beeinflußt, wie Ihr Roman gelesen und verstanden wird? Eco schüttelt nachdenklich sein Glas. In das Klirren der Eiswürfel hinein spricht er. ECO Die Gefahr besteht. Deshalb habe ich in den ersten Jahren nach der Veröffentlichung auch sechsmal Nein gesagt, zu so renommierten Regisseuren wie Marco Ferreri und Michelangelo Antonioni. Aber jetzt hat das Buch genügend Zeit

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gehabt. Es hat sein Publikum gefunden, drei Millionen Leser. REPORTER Zehnmal mehr Menschen werden den Film sehen ... ECO Machen wir uns nichts vor, von denen hätte eh kaum einer das Buch in die Hand genommen. Und wenn, ich selbst habe viele Bücher erst gelesen, nachdem ich ihre Verfilmung gesehen habe. Das hat mir nicht geschadet, und das hat den Büchern nicht geschadet. REPORTER Wurde Ihr Buch in der Bearbeitung sehr verändert? ECO Ich beobachte mit Vergnügen den Kampf zwischen dem Roman und der Phantasie des Regisseurs.

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Er muss etwas auslassen, das eine oder andere verlieren, dafür aber auch Neues hinzugewinnen. Es ist klar, dass er nicht allen Teilen des Buches Rechnung tragen kann. Das ist bei Interpretationen so, auch bei wissenschaftlichen. Deshalb wollte ich nicht das Drehbuch schreiben. Man kann nicht sein eigenes Werk interpretieren. REPORTER Also, die Veränderungen stören Sie nicht? ECO Nun, man muss sich schon was einfallen lassen, um 30, 40 Seiten philosophischer Diskussionen in ein, zwei Bilder zu packen. Und Veränderung muss ja nicht heißen, dass etwas schlechter wird... Ich warte ab, bis ich den Film sehe. Er steht auf.

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Innen / Tag - Klosterschenke in Ebersbach Die Gaststube ist leer. Bernd Eichinger und der Reporter treten ein und setzen sich an einen Ecktisch. REPORTER Haben Sie mit Eco über die Veränderungen an seinem Buch gesprochen? EICHINGER Ja. REPORTER Gab es Ärger, wie bei der Unendlichen Geschichte? EICHINGER Bis jetzt keine Spur. Ich glaube, Eco hat da eine etwas gesündere Einstellung als etwa der Michael Ende. Eco versteht, dass ein Film einen anderen Rhythmus haben muss als ein

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Roman. Mit einem Buch kann man sich wochenlang beschäftigen. Aber wenn im Kino das Licht ausgeht, dann dürfen Sie die Leute zwei Stunden lang nicht mehr loslassen. Bumm, bumm. Sonst ist es aus. REPORTER Also viel Action, nach dem Motto: Das Kino ist ein primitiver Ort? EICHINGER Nein, gerade nicht. Es geht nicht um Krawall. Der ermüdet nur. Sondern um Rhythmus. Sie müssen erzählen können. Denn eins ist mal klar - das Simple hat keineswegs den großen Erfolg. Aus normalen Unterhaltungsromanen lassen sich nur kleine Filme machen. Weil in den Dingern nichts Gescheites drinsteht. Für einen großen Film brauchen Sie mehr, etwas Besonderes, sonst werden Sie die Leute nie von der Glotze weg- und ins Kino rein locken.

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REPORTER Wie viele Zuschauer müssen denn kommen, damit es sich für Sie gelohnt hat? EICHINGER Mindestens 25 Millionen. Und so was schaffen Sie nur mit einem richtigen Film-Ereignis. Er lächelt wie ein Schuljunge beim Monopoly, der noch nicht weiß, ob der nächste Wurf ihn ruinieren oder retten wird.

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Namensnennung-Keine

DRUCKGESCHICHTE

kommerzielle Nutzung-

„Mord im Kloster“. Reportage-Drehbuch über die Verfilmung von Umberto Ecos Der Name

Keine Bearbeitung 2.0

der Rose. In: STERN, 39/1986, S. 44-64.

Deutschland Lizenzvertrag

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Gundolf S. Freyermuth ist Professor für Angewandte Medienwissenschaften an der ifs

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