Tobias Schmid
Klasse 4r
03.03.09
Deutsch Aufsatz
1.c) Fenster Oft schaute er aus dem Fenster, als wäre dahinter all seine Hoffnungen und Träume versteckt. Es schien als würde seine Seele durch dieses Fenster hinaus fliegen. Hinweg über das stürmische Wasser, in eine Welt voller Freude. Es schien als würde sie solange in die Unendlichkeit fliegen, bis er einschlief oder der Aufseher ihn mit kräftiger Stimme schroff anschrie, er solle wieder an die Arbeit. Die wenigen Tage die er nun schon auf See war kamen ihm wie Jahre vor. Vor zehn elend langen Tagen der Arbeit und Erschöpfung waren sie losgefahren und niemand wusste genau wie lange es noch gehen würde bis sie endlich ankamen. Er war einer der wenigen die nicht von amerikanischen Wohltätern gratis in die Freiheit gefahren wurden. Er war kein Schriftsteller, kein Politiker und auch sonst keine berühmte Person. Nur ein normaler Jude der zu spät gemerkt hatte was sich anbahnt und deshalb seit bald vier Jahren auf der Flucht war. Als ihm der Kapitän der Seemöwe angeboten hatte ihn nach Amerika zu fahren, hatte er gedacht es sei wieder einer seiner fantasievollen Träume. Da sich der Kapitän aber auch nach langem schweigen nicht in Luft aufgelöst hatte begann ihm zu dämmern was für eine Chance sich für ihn offenbarte. Ihm waren Tränen der Freude und der Erleichterung über die Wangen geflossen. Der Jude sah den Kapitän als Wohltäter. Der Kapitän sah den Juden als unbezahlte Arbeitskraft. Dass er auf dem Schiff arbeiten musste war dem Gejagten egal. Doch nach zehn Tagen von mühsamster Arbeit kamen in ihm langsam Zweifel auf. War dies die richtige Entscheidung? Vielleicht hätte er in seinem Versteck bleiben sollen. Doch nun war es zu spät. Er war auf dem Weg nach Amerika. Weit weg von dem besetzen Calais wo es nur so von Deutschen wimmelte. Weit weg von allen Sorgen. Seite 1 von 3
Tobias Schmid
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03.03.09
Und er spürte wie sein Blick einmal mehr zum Fenster glitt. Und einmal mehr versank er in seinen Träumen. Doch dieses Mal wurde er nicht von dem Schreien des Aufsehers aus der Welt der Hoffnungen gerissen. Dieses Mal war es das kalte Leder eines Gürtels, welcher mit einer enormen Wucht die Haut auf seinem Rücken aufriss. Als er sich umdrehte, sah er hinter sich das wutverzerrte Gesicht, des stämmigen Mannes, welchen er gleichermassen fürchtete und hasste. Er hörte den Schreien nicht mehr zu. Er spürte auch nicht wie das Blut seinen Rücken hinunter tropfte. Er spürte nur noch die enorme Wut welche sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Er nahm den Besen, auf dem er sich gerade noch abgestützt hatte, und schlug damit so fest er konnte auf den Aufseher ein. Er traf ihn so fest, dass der sonst standfeste Felsen durch den Raum flog, als wäre er so leicht wie eine Feder. Es dauerte wenige Augenblicke bis er merkte, dass der Aufseher nicht wegen Verletzungen einen Moment am Boden blieb sondern weil er etwas aus seiner Jacke nahm. Als er endlich Begriff was für einen metallenen Gegenstand der Aufseher umschloss war es schon zu spät. Im nächsten Moment bohrte sich das Blei in sein Bein. Der pochende schmerz in seinem Bein und das hämische Grinsen des Aufsehers waren alles was er noch sah bevor er in die Ohnmacht fiel. Als er die Augen wusste er erst nicht wo er war. Nachdem er sich umgeschaut hatte wurde ihm klar, dass er sich wohl auf der Krankenstation des Schiffes befinden musste. Es war ein hell ausgeleuchteter fensterloser Raum. Er war der einzige der hier lag. Noch bevor er sich länger umschauen konnte, kam der Kapitän ins Zimmer. Von seinen Worten verstand er nur die hälfte, da der Schmerz ihn immer wieder an den Rand der Bewusstlosigkeit führte. Er begriff jedoch, dass der Kapitän nicht gekommen war um ihm gute Besserung zu wünschen sondern um ihm zu sagen, dass diese Tat ihn noch sehr viel kosten würde. Dies untermalte der Seemann, indem er mit voller Wucht auf die Wunde schlug. Kurz nachdem der Kapitän den Raum verlassen hatte, kam der Aufseher in den Raum. In der rechten Hand hielt er zwei Seite 2 von 3
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03.03.09
Krücken. Er drückte sie dem vor Schmerz halb Bewusstlosen Juden hin und schrie, er solle aufstehen und wieder an die Arbeit. Als dieser keine Reaktion zeigte nahm er den Griff seiner Pistole und schlug damit auf die Stelle, wo vor ein paar Tagen eine Bleikugel eingedrungen war. Da der Flüchtling nicht noch mehr Schmerzen ertragen wollte nahm er die Krücken und stemmte sich mit grosser Anstrengung auf die Beine. Er folgte dem Aufseher in den Maschinenraum. Es war früh am Morgen. die ersten Sonnenstrahlen schienen schwach durch die kleinen Bullaugen. Alles war still und friedlich. Für einen Moment keimte in ihm die Hoffnung auf, er könne auf seine Pritsche liegen, aus dem Fenster schauen und Einschlafen. Doch der Aufseher hatte andere Pläne. Er wies auf das Seil, welches vom Flaschenzug herunterhing. Dem Flüchtling wurde klar, dass das Schiff in den wenigen Tagen in denen er Bewusstlos war den halben Atlantik überquert hatte. Sie würden in wenigen Stunden in New York eintreffen. Und nun musste die ganze Fracht, welche zusammen mit den Flüchtlingen über den Ozean transportiert wurde abgeladen werden. Damit der Kran im Hafen die Fracht an Land bringen konnte musste zuerst die Fracht auf das Deck geschaffen werden. Für genau dies hatte der Aufseher den gejagten Juden aus dem Krankenzimmer geholt. Aus Angst vor weiteren Schlägen arbeitete dieser als wäre der Teufel persönlich hinter ihm. Das Schiff kam am frühen Nachmittag desselben Tages in New York an. Als erstes wurde eine mannshohe Holzkiste von Bord getragen. Hinterher eine wunderhübsche weinende junge Dame. Itzhak Pfefferberg starb noch auf dem Schiff an den blutenden Wunden, welche der Aufseher im zugefügt hatte, nachdem er zusammengebrochen war. Das letzte was er sah waren die Augen seiner geliebten. Er schaute in ihre Augen, als wäre dahinter all seine Hoffnungen und Träume versteckt. Es schien als würde seine Seele durch dieses Fenster hinaus fliegen.
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