Pekings Power Paar

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Zhang Xin und Pan Shiyi sind das Vorzeigepaar des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwungs im Reich der Mitte. Mit ihrer Immobiliengesellschaft Soho China errichten sie avantgardistische Bauten, die auch den Wandel des Landes dokumentieren.

PEKINGS POWERPAAR

TEXT Tilo Bonow PRODUKTION Oliver Haake FOTOS Thái-Công Quách

P Stadtentwicklung und Eheglück: Zhang Xin und Pan Shiyi präsentieren in ihrem Showroom in Peking „Jianwei Soho“, eines ihrer Prestigeviertel für die Hauptstadt.

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an Shiyi steht am Fenster

und schaut 31 Stockwerke hinab. Dann richtet er den Blick auf und deutet gen Westen, in die Betonwüste Pekings. „Dort drüben“, sagt er stolz, „bin ich Zhang zum ersten Mal begegnet. Sie war sehr beeindruckt von meiner ersten Baustelle in Peking. Es war die größte, die sie bis dahin gesehen hatte.“ Zhang Xin zitiert vom anderen Ende des 680 Quadratmeter großen Penthouse ihren Mann herbei. Im holzvertäfelten, begehbaren Kleiderschrank posiert sie vor ihm in einer weißen Seidenbluse. Sie sucht ein Outfit für das Shooting, und der Fotograf wartet bereits im Salon. „Kennst du die noch?“, fragt sie mit einem verschmitzten Lächeln. „Die habe ich zur Eröffnung von Jianwei Soho getragen.“ So heißt einer der Bauten der Immobiliengesellschaft Soho China, die sie 1995 gegründet haben: ein aus sechs Wohn- und Geschäftstürmen bestehendes Viertel Downtown Peking. Zur Eröffnung richtete der Couturier Valentino gemeinsam mit dem Juwelier Bulgari eine Fashion-Show aus. Der meterhohe Wohnraum mit den modernen, weißen Möbeln ergibt eine puristische Kulisse. Die in China üblichen Orgien aus Marmor

und Gold sind nicht zu finden. Die angrenzende Dachterrasse bezeichnet Zhang Xin als den „Hof in den Himmel“. Rang, 6, und Shao, 4, die Söhne, würden sie eher als MiniDisneyland beschreiben. Es gibt einen kleinen Pool und Spielgeräte; im Haus haben die beiden unzählige Kinderbücher, ein Klavier samt Musiklehrerin sowie eine immer lächelnde, geduldige Nanny nebst Bodyguards. Personal ist an allen Ecken im Einsatz: Hier werden die Panoramafenster gewienert, dort auf Knien die weißen Marmorfliesen gewischt. Klack. Kaum hat der Fotograf einige Aufnahmen im Kasten, gibt Zhang Xin ihm mit einem deutlichen, freundlichen Blick zu verstehen, dass die Zeit drängt. Zhang Xin und Pan Shiyi gehören zu der ersten Generation von Selfmade-Millionären in China. Sie halten die Balance zwischen östlicher und westlicher Kultur, sie sind mediengewandt und stilbewusst. Das amerikanische Intellektuellen-Magazin „New Yorker“ nennt das Paar die „Trumps of Beijing“, und die „Business Week“ titelt über einem Porträt „Stars of Asia“. In ihrer Heimat sind Zhang Xin und Pan Shiyi Idole: Für Chinas neue Mittelschicht verkörpern sie das Ideal der modernen Familie, die Big Business und privates Glück harmonisch vereint. Die Aufgaben in der Firma Soho China sind klar verteilt. Pan Shiyi kümmert sich um Finanzen und Beziehungen zur Regierung, während Zhang Xin sich auf Design und Ästhetik konzentriert. „Ich will das Bewusstsein der Mittelschicht für Lifestyle stärken“, so ihr Anliegen. Im Team entwickeln Zhang Xin und

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Orientlook kontrastiert mit Sachlichkeit: In Purpur und Glanz erstrahlt das Bad des Clubhauses. Im kubischen „Kofferhaus“ kann das Bett spurlos im Boden versinken. Biennalesieger und Luxushotel: „Commune by the Great Wall“ sind zwölf Häuser, erbaut von Toparchitekten Asiens. Im Bambushaus dominiert der Baustoff in der Fassade und im Wohnraum: als Bodenbelag und Raumteiler.

Big Business und Rollenspiel: Für die Klatschpresse inszeniert sich Chinas Vorzeigepaar als weltgewandte Prinzessin und schlauer Bauernbursche.

nicht. Allein durch Mund-zu-MundPropaganda fanden sich so viele Interessenten, dass es in kurzer Zeit lange Wartelisten gab. An der Chinesischen Mauer,

Pan Shiyi kommerziell erfolgreiche, architektonisch hochwertige Büro- und Wohnkomplexe, in denen chinesische Kinohelden mit Geschäftsleuten und Diplomaten aus aller Welt Tür an Tür wohnen. Sechs Bürogebäude, 20 Hochhäuser mit Läden und Apartments, mehr als 130 Villen sowie eine Shopping-Mall im Zentrum von Peking hat Soho China bisher gebaut. Allein für die Wohn- und Geschäftshochhäuser gibt die Firma ein Verkaufsvolumen von etwa einer Milliarde Euro an. 2000 Euro pro Quadratmeter kosten die Immobilien im Schnitt; an Klientel für die Träume aus Glas, Stahl und hochwertigem Design mangelt es

knapp eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt, liegen zwölf mondäne Villen im Hügelland. Die „Commune By The Great Wall“ ist ein Prestigeprojekt des Paares (siehe auch A&W 1/2003). Auf der Biennale von Venedig 2002 erhielt es den Sonderpreis für die „Förderung des künstlerischen Aspekts in der Architektur“. Soho China beauftragte zwölf Toparchitekten aus China, Japan, Singapur, Thailand und der Republik Korea, jeweils ein Haus zu realisieren. Das Investitionsvolumen betrug 20 Millionen Euro. Es entstanden, unter anderem, eine Villa ganz aus Bambus; ein dekonstruktivistischer, bewohnbarer „Flughafen Terminal“; ein kubistisches Manifest; ein überdimensionaler „Schrankkoffer“, in dem Betten und Küche in Böden

sowie Wänden hinter Klappen verschwinden können. Das Panoptikum zeitgenössischer asiatischer Architektur wird als Hotelanlage von der Kempinski-Kette vermarktet. Eine Villa für acht Personen kostet pro Nacht ab 1000 Euro. Als Zhang Xin und Pan Shiyi „Commune by the Great Wall“ 2002 ins Leben gerufen haben, erwirtschaftet Soho China rund 13 Millionen Euro Gewinn. Ein Kritiker warf dem Paar damals vor, „3-Sterne-Häuser zum 5-Sterne-Preis mit 10-Sterne-Gewinn“ zu erbauen. Pan Shiyi reagierte: Er brachte ein elegantes Buch heraus mit allen kritischen Veröffentlichungen. Dazu stellte er Erläuterungen zu Soho Chinas architektonischen Ideen. „Der Band war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, und die euphorische Medienresonanz gab den Projekten gewaltigen Schub“, erklärt er. Der Big Player wird in der Einöde Nord-WestChinas, im Dorf Gansu, geboren. Er erzählt: „Meine Familie hatte zeitweise so wenig Geld, dass meine Geschwister und ich manchmal um Essen bettelten.“ Seinen Hochschulabschluss macht er an der Fachakademie des staatlichen

Ölministeriums in der Stadt Langfang bei Peking; danach bekommt er von dieser Behörde einen von 40 000 Bürojobs zugeteilt. „Nach den Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens und den verschiedenen Reformbewegungen merkte ich, dass mein Job keine Zukunft haben würde“, erklärt Pan Shiyi. 1989 geht er auf die Insel Hainan, um dort mit einigen jungen Kollegen die Immobiliengesellschaft Vantone zu gründen. 1992 zieht er nach Peking, um ein Tochterunternehmen aufzubauen. Dieses vermarktet das erste Bürogebäude der Stadt, in dem man Raum auch kaufen, statt, wie bisher, nur anmieten kann. Burmesisch-chinesischen Wurzeln entstammt Zhang Xin. Vater und auch Mutter arbeiten als Übersetzer für die Regierung in Beijing. Nach der Scheidung der Eltern zieht sie mit der Mutter nach Hongkong. Sie studiert Wirtschaft an den namhaften britischen Universitäten von Sussex und Cambridge. Nach dem Abschluss kehrt sie in die Heimat zurück und arbeitet für Banken, darunter für das US-Haus Goldman Sachs. Im Sommer 1993 beginnt sie als Analystin an der Wall Street. „Ich merkte bald, dass ich nicht glücklich

sein werde in Manhattan. Man redete schlecht übereinander, schaute auf die Armen herab und verehrte die Reichen“, sagt sie. „Ein Unterschied zu Hongkong ist auch, dass hier der Konkurrenzkampf die Menschen zu kurzsichtigen Mäusen macht, an der Wall Street verwandeln sie sich in Wölfe und Tiger.“ Zhang Xin gilt für ihre Fans in China als „hai gui“, eine „Meeresschildkröte“. Ein glückbringendes Wesen, das aus dem Wasser ans Land zurückkehrt: vom Westen über den Ozean in die östliche Heimat. Pan Shiyi ist für seine Landsleute „tu bie“, eine segenbringende Landschildkröte. Ein bodenständiger Typ, der die Kultur Chinas verinnerlicht hat. Das Paar spielt die ihm zugewiesenen Rollen perfekt: Zhang Xin präsentiert sich als die internationale Business-Lady, als Prinzessin aus dem Westen. Pan Shiyi kokettiert mit den ländlichen Wurzeln und spielt den Bauernburschen. So ist die Klatschpresse zufrieden – und Soho China boomt. ■ Mehr im Register ab Seite 182

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