Temperatur-regelung Von Rührkesselreaktoren

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dynamic systems

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

Weissbuch

dynamic systems AG· Streulistrasse 17·CH-8032 Zürich·Switzerland Tel. +41–44–422 52 50·Fax +41–44–422 52 30·Web www.dynamic-systems.net

2

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

Haftungsausschluss Der Autor übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen.

Revisionen Revision

Datum

Autor

1.0

8 Okt 2008

H. Musch

1.1

21 Okt 2008

H. Musch

dynamic systems AG

Kommentare Verbesserungen der Lesbarkeit, Korrektur der Abbildungen 4 und 12.

Stand 21.10.2008

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

3

Inhalt Symbole ...................................................................................................5 1 Einleitung .............................................................................................6 2 Der Rührkessel ......................................................................................7 2.1 Aufbau ..................................................................................................... 7 2.2 Wärmeträgerkreislauf .................................................................................. 7 2.3 Dynamisches Rührkesselmodell .................................................................... 7 2.3.1 Modell des Wärmeträgerkreislaufs ....................................................... 8 2.3.2 Modell der Regelventile ..................................................................... 9 2.3.3 Modell des Rührkesselreaktors ............................................................ 9

3 Regeltechnische Aufgaben ...................................................................12 4 Kaskadenregelung ...............................................................................13 4.1 Aufbau ....................................................................................................13 4.1.1 Vorteile der Kaskadenregelung ..........................................................13 4.2 Regelung der Vorlauf-Temperatur ................................................................14 4.2.1 Split Range Control .........................................................................14 4.2.2 Kompensation der Ventilkennlinie .....................................................14 4.2.3 Begrenzungen ................................................................................15 4.2.4 PID-Regelung .................................................................................15 4.2.5 Vorlauftemperatur-Dynamik und die Rolle des Kreislaufvolumens ............15 4.2.6 Störgrössenaufschaltung ..................................................................19 4.2.7 Kompensation der Nichtlinearität ......................................................21 4.3 Regelung der Innentemperatur ...................................................................21 4.3.1 Perfekte Regelung? .........................................................................22 4.3.2 Internal Model Control (IMC) ............................................................23 4.4 Innentemperatur-Regelung mit Sollwertaufschaltung .....................................23 4.4.1 Verhalten bei Sollwertsprüngen .........................................................24 4.4.2 Verhalten bei Sollwertrampen ...........................................................32 4.4.3 Robustheit .....................................................................................35 4.5 Situationsanalyse .....................................................................................35 4.5.1 Erweiterungsmöglichkeiten ...............................................................35

5 Praktische Erfahrungen ........................................................................39 5.1 Regelung bei kleinem HKK-Volumen ............................................................39 5.2 Temperaturregelung bei grossem HKK Volumen ..............................................40 5.3 Regelung bei ungünstig ausgelegten Ventilen ...............................................40 5.3.1 Einfluss des Stellorgans ...................................................................40 5.3.2 Wirkung der Störgrössenaufschaltung .................................................40

6 Schlussfolgerungen ..............................................................................43 6.1 Regelstrukturen ........................................................................................43 6.2 Weitere Empfehlungen ...............................................................................43 6.2.1 Konstruktion der Wärmeträgerkreisläufe ..............................................43

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4

6.2.2 Wahl der Regelventile ......................................................................43 6.2.3 Durchfluss im Wärmeträgerkreislauf ....................................................43

7 Literaturangaben .................................................................................44

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5

Symbole A

Fläche (m2)

cp

Wärmekapazität (J/kg K)

F RL

Rücklaufrate ( m ⁄ h )

F VL

Vorlaufrate ( m ⁄ h )

k

Wärmedurchgangskoeffizient (J/m2K)

m

Masse (kg)

n

Anzahl

Q

Wärmeleistung (W)

TI

Innentemperatur (°C)

TM

Temperatur des Wärmeträgers (°C)

T RL

Rücklauftemperatur (°C)

T VL

Vorlauftemperatur (°C)

V

Volumen (m3)

w

Sollwert

y

Messwert, Istwert

u

Reglerausgang, Stellgrösse

3

3

u VS Ausgang der Vorsteuerung ρ

Dichte (kg/m3)

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1

6

Einleitung

Rührkesselreaktoren werden in der Chemie- und Pharma-Produktion häufig eingesetzt. Umso mehr erstaunt es, dass die Temperaturregelung von Rührkesselreaktoren keineswegs als gelöst betrachtet werden kann. So haben wir in zahlreichen Betrieben Phänomene wie Dauerschwingungen, deutliches Überschiessen bei Rampenfahrweise und unterschiedliches Regelverhaltens je nach Temperatur und Füllgrad beobachtet. Wir nehmen dies zum Anlass, die Problematik der Innen- und Vorlauftemperaturregelung in diesem Weissbuch näher zu analysieren und verschiedene Lösungen vorzuschlagen. In Kapitel 2 wird ein detailliertes dynamisches Rührkesselmodell erläutert, welches für die Simulationsversuche in diesem Dokument verwendet wurde. Das Modell kann von unserer Homepage heruntergeladen und für eigene Simulationen genutzt werden. Während Kapitel 3 die Anforderungen an die Regeltechnik zusammenfasst, widmet sich Kapitel 4 der Analyse und Synthese der Regelkreise. Es werden verschiedene Ansätze der Temperaturregelung dargestellt und deren Vor- und Nachteile erläutert. Einige Ergebnisse aus der Praxis werden in Kapitel 5 erläutert. Diese demonstrieren den Erfolg unserer Lösungsansätze. Kapitel 6 fasst die Ergebnisse zusammen und gibt Empfehlungen für die konstruktive Auslegung von Wärmeträgerkreisläufen ab.

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7

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2

Der Rührkessel

2.1

Aufbau

Der klassische Aufbau eines Rührkessels ist ein Behälter aus senkrechter zylindrischer Zarge und gewölbtem Boden, ein meist gewölbter Deckel, ein Rührwerk, Zu- und Abflüsse sowie ein Doppelmantel oder Rohrschlangen für das Temperieren (Abbildung 1). In der chemischen Industrie dominiert der aus Stahl gefertigte Rührkessel mit wenigen Kubikmetern Inhalt als Vielzweckreaktor. Er wird häufig chargenweise betrieben, aber auch mit kontinuierlichem Zu- und Abfluss in Reihe mit anderen Apparaten oder als Rührkesselkaskade. Rührkessel werden auch in Grössen von wenigen Litern als Labor- oder Technikumsgerät eingesetzt.

2.2

Wärmeträgerkreislauf

Die Temperierung von Rührkesseln erfolgt durch Einleiten von Dampf, Kühlwasser und Wärmeträgermedien in die Halbrohrschlangen bzw. in den Doppelmantel. Bei grossen Mehrzweckanlagen dominiert die Temperierung mittels Wärmeträgermedien unterschiedlicher Temperatur, welche durch eine zentrale Versorgung bereitgestellt werden.

2.3

Dynamisches Rührkesselmodell

Als Grundlage für die regeltechnische Analyse und Synthese wurde ein dynamisches Modell für einen typischen 6m3-Rührkessel mit Halbrohrschlangen einschliesslich des Wärmeträgerkreislaufes entwickelt. Das Modell beruht auf folgenden Annahmen: •

Der Kesselinhalt ist ideal durchmischt, d.h. es bestehen keine Temperaturgradienten. T

Medium 120 °C Medium 20 °C Medium –20 °C T RL Medium 120 °C

T VL, F VL

Medium 20 °C Medium –20 °C

M Abbildung 1: Rührkesselreaktor mit Halbrohrschlangen und Wärmeträgerkreislauf

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Die Trombenbildung kann vernachlässigt werden, d.h. die Wärmeaustauschfläche zwischen dem Inhalt und der Wand hängt nur vom Füllgrad ab.



Die Wärmeleitung in der Kesselwand erfolgt nur in Richtung Inhalt.

2.3.1 Modell des Wärmeträgerkreislaufs Wie Messungen gezeigt haben, wird der Durchfluss des Wärmeträgers im Kreislauf F VL primär von der Kreislauf-Pumpe bestimmt. Er ist im Temperaturbereich -15°C – 120 °C fast konstant. Auf eine Kompensationen der erhöhten Viskosität des Wärmeträgers bei tiefen Temperaturen kann daher meist verzichtet werden. Ist der Abstand zwischen der Temperaturmessung und den Wärmeträgerventilen kurz, reagiert die Vorlauftemperatur T VL schnell auf eine Beimischung F Sole von heissem oder kaltem Wärmeträger. In diesem Fall wird die dominante Zeitkonstante nur von der Geschwindigkeit der Stellantriebe und von der Trägheit der Temperaturmessung bestimmt. Daher kann die Vorlauftemperatur an der virtuellen Mischstelle M mittels Mischrechnung bestimmt werden:

c p ρF VL T VL = c p ρ ( F RL T RL + F M1 T M1 + F M2 T M2 + F M3 T M3 )

(1)

F VL = F RL + F M1 + F M2 + F M3

(2)

Bei konstanter Förderleistung der Kreislaufpumpe reduziert sich die Rücklaufmenge F RL um die Menge des zugeführten Wärmeträger:

F RL = F VL – F M1 – F M2 – F M3

(3)

Fasst man die Gleichungen (1)-(3) zusammen, dann erhält man:

F VL T VL = ( F VL – F M1 – F M2 – F M3 )T RL

(4)

+ F M1 T M1 + F M2 T M2 + F M3 T M3 und nach der Vorlauftemperatur aufgelöst:

( F VL – F M1 – F M2 – F M3 ) T VL = ------------------------------------------------------- T RL F VL

(5)

F M1 T M1 + F M2 T M2 + F M3 T M3 + --------------------------------------------------------------F VL F M1 F M2 F M3 T VL = T RL + -------- ( T M1 – T RL ) + -------- ( T M2 – T RL ) + -------- ( T M3 – T RL ) F VL F VL F VL

(6)

Gemäss Gleichung (6) ist die Wirkung der Medienzuflüsse F M proportional zur Temperaturdifferenz T M – T RL und somit nicht konstant. Es handelt es sich also um eine nichtlineare Regelstrecke.

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Das Rohrleitungsvolumen zwischen der Mischstelle M und dem Rührkessel kann je nach Konstruktion einige wenige bis mehrere hundert Liter betragen. Befinden sich die Wärmeträgerventile weit vom einem kleinen Rührkessel entfernt, kann das Rohrleitungsvolumen das Volumen des Reaktorinhalt durchaus übertreffen. Die regelungstechnischen Konsequenzen dieser Konstellation werden in Kapitel 4 ausgiebig diskutiert. Im Reaktormodell wird das Verzögerungsverhalten, welches durch das Rohrleitungsvolumen verursacht wird, durch eine Serienschaltung von drei Verzögerungselementen erster Ordnung approximiert. Das Symbol V p bezeichnet dabei das gesamte Rohrleitungsvolumen des Wärmeträgerkeislaufs (ohne die Halbrohre des Reaktors):

F VL dT ------ = ------------------- ( T in – T ) dt 0.333V p

(7)

2.3.2 Modell der Regelventile Bei linearen Ventilen ist der Durchfluss näherungsweise proportional zum Ventilhub. Da die Ventile immer mit Stellantrieben (und hoffentlich auch mit einem Stellungsregler) versehen sind, besteht eine kleine Verzögerung zwischen Reglerausgang und der effektiven Wirkung im Prozess. Diese Verzögerung wird mit einem Verzögerungselement erster Ordnung abgebildet:

F max 1 F = ---------- ---------------- u 100 T l s + 1

(8)

Für die Zeitkonstante T l kann ein Wert im Bereich 5-10s gesetzt werden. Werden gleichprozentige Ventile eingesetzt, besteht eine ausgeprägte Nichtlinearität, da bei Ventilhüben im Bereich 0-70% des Maximums nur sehr geringe Durchflussänderungen erzielt werden (siehe Abbildung 2). Wie in Abschnitt 4.2 ausgeführt wird, kann diese Nichtlinearität kann mit einem Kennlinienblock des Leitsystems häufig ausreichend kompensiert werden.

2.3.3 Modell des Rührkesselreaktors Um ein möglichst wirklichkeitsgetreues Bild vom dynamischen Verhalten eines Rührkesselreaktors mit Halbrohrschlangen zu erhalten, wurde die Reaktorwand und die Halbrohrschlange in eine Reihe von Wärmespeichern eingeteilt, welche mit dem Wärmeträger Energie ( Q W, i, Q p, i ) austauschen (Abbildung 3). Eine Energiebilanz für den Reaktorinhalt führt zu folgender Gleichung: nS

1 d ----- T I = ------------ F in ρc p ( T in – T I ) + Vρc p dt

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∑ i=1

nS ( Z1 ) Q w, i

+

∑ i=1

nS ( Z2 ) Q w, i

+

( Z3 )

∑ Qw, i

+ QR ,

(9)

i=1

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100 90 80

Durchfluss (%)

70 60 50 40 30 20 10 0 0

10

20

30

40

50 60 Hub (%)

70

80

90

100

Abbildung 2: Durchflusskennlinie eines gleichprozentigen Ventils

Kesselinhalt

Reaktorinhalt

TI Q W, i Q L, i Q p, i

Abbildung 3:

Reaktorwand

T w1

T w2

T w3

T w4

T L1

T L2

T L3

T L4

T p1

T p2

T p3

T p4

Wärmeträger

FL

Halbrohr

Zonenmodell für einen Rührkesselreaktor mit Halbrohren ( Zk )

wobei die Terme Q w, i den Wärmeaustausch jeder Wandzelle mit dem Reaktorinhalt beschreiben. Die Grösse dieses Wärmeaustausches hängt von der Temperaturdifferenz, der Austauschfläche sowie vom Wärmedurchgangskoeffizienten ab.

AW Q W, i = k WI ------ ( T W, i – T I ) nS

(10)

Man beachte, dass die Wärmeaustauschfläche A W eine Funktion des Füllstand ist:

AW = f ( V ) .

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(11)

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11

Bei kleinen Füllständen ist die aktive Wärmeaustauschfläche durch die Wölbung im Kesselboden bezogen auf den Inhalt meist deutlich grösser als bei hohem Füllstand. Ähnliche Gleichungen gelten für die Temperatur der Reaktorwand, den Halbrohrwandungen sowie für den Wärmeträger:

dT w, i 1 ------------ = --------------------- ( Q L, i – Q W, i ) dt mS cp ⁄ nS

(12)

A Q L, i = k LW ----- ( T L, i – T W, i ) nS

(13)

dT p, i –1 ------------ = ------------------------ Q p, i dt ( mc P ) ⁄ n S

(14)

Ap Q p, i = k LW ----- ( T L, i – T p, i ) nS

(15)

dT L, i 1 ----------- = ------------------------------ [ Fρ c c p, c ( T L, i – 1 – T L, i ) – Q L – Q p, i ] dt ρ c c p, c V p ⁄ n S

(16)

Das Simulationsmodell wurde als Matlab/Simulink S-Funktion programmiert und mit Messdaten verifiziert. Es kann auf unserer Homepage aus dem Bereich Publikationen heruntergeladen werden.

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3

Regeltechnische Aufgaben

An die Temperaturregelung von Rührkesselreaktoren werden in einem industriellen Umfeld zahlreiche Anforderungen gestellt: Folgeregelung Die Innentemperatur soll sprungförmigen und rampenförmigen Sollwertänderungen schnell und mit geringem Überschwingen folgen. Störunterdrückung Temperaturänderungen durch exo- oder endotherme Reaktionen im Reaktorinhalt sollen unterdrückt werden. Robustheit Die Regelung soll auch bei unterschiedlichem Füllstand und unterschiedlichen Reaktanden stabiles Verhalten und hohe Regelqualität aufweisen. Begrenzungen Die Regelung muss parametrierbare Begrenzungen der Vorlauftemperatur, bzw. der Temperaturdifferenz zwischen HKK- und Reaktortemperatur beachten. Betriebsarten Die Betriebsarten Innentemperaturregelung und HKK-Temperaturregelung müssen verfügbar sein. Leitsystem Die Regelung muss in den verbreiteten Leitsystemen leicht implementierbar sein. Energiebedarf, Verschleiss Häufiges Schalten zwischen Kühlen und Heizen soll vermieden werden, um vor allem die Kapazitäten der Kälteanlage zu schonen und den Verschleiss der Ventil gering zu halten. In den folgenden Kapiteln wird diskutiert, welche Strukturen und Algorithmen geeignet sind, dieses Aufgabenpaket bestmöglichst zu erfüllen.

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4

Kaskadenregelung

4.1

Aufbau

Bei der Kaskadenregelung handelt es sich um eine Hintereinanderschaltung zweier Regler, bei denen der erste als Führungsregler und der zweite als Folgeregler arbeitet. Im vorliegenden Fall arbeitet der Innentemperaturregler als Führungsregler, welcher als Stellgrösse den Sollwert für die Vorlauftemperatur w VL einsetzt. Der Folgeregler stellt die Vorlauftemperatur T VL durch Beimischung von kaltem oder heissem Wärmeträger in den Wärmeträgerkreislauf ein (Abbildung 4). T

wT yT

Innentemperaturregler

Führungsregler

wVL yVL

Vorlauftemperaturregler

uVL

Folgeregler

TVL

Abbildung 4: Kaskadenregelung der Rührkesseltemperatur

Die Kaskadenregelung der Rührkesseltemperatur ist weit verbreitet. In der Praxis werden aber häufig Probleme wie deutliches Überschwingen bei Sollwertänderungen und grenzstabiles Verhalten bei kleinen Füllständen beobachtet, denen wir im den folgenden Abschnitten näher auf den Grund gehen werden.

4.1.1 Vorteile der Kaskadenregelung Der Sinn der Kaskadenregelung besteht in der Berücksichtigung zusätzlicher Informationen mit dem Ziel, die Dynamik des inneren Regelkreises vorteilhaft zu verändern. In diesem Fall besteht die zusätzliche Information in der Vorlauftemperatur T VL . Falls ein entsprechender Sensor installiert wurde, kann zusätzlich durchaus auch die Rücklauftemperatur T RL berücksichtigt werden. Der Wärmeübertrag zwischen dem Wärmeträgerkreislauf und dem Reaktorinhalt kann vereinfacht als Funktion proportional zur Temperaturdifferenz beschrieben werden:

dT i Q = Vρc p ------- = kA ( T i – T VL ) dt

(17)

Die Innentemperatur-Regelstrecke wird dementsprechend in jenem Frequenzbereich linear, in welchem die Vorlauftemperaturregler dem Sollwert w VL gut folgen kann. Der Vorteil der Kaskadenregelung besteht daher in einer effektiven Linearisierung der Innentemperatur-

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Regelstrecke. Dieser Vorteil kann aber nur dann genutzt werden, wenn die Vorlauftemperatur-dynamik erheblich schneller als die Innentemperaturdynamik ist.

4.2

Regelung der Vorlauf-Temperatur

4.2.1 Split Range Control

Ausgang (%)

Da der HKK-Temperaturregler nur einen Stellausgang hat, der Prozess aber über mehrere Wärmeträgerventile verfügt, ist eine Auftrennung des Stellsignals notwendig. Dazu wird üblicherweise das Split-Range-Konzept gemäss Abbildung 5 eingesetzt:

100 Ventil kalter Wärmeträger

50 0

0

Ausgang (%)

Stellgrösse

50 100 Eingang (%)

100 Ventil heisser Wärmeträger

50 0 0

50 100 Eingang (%)

Abbildung 5: Auftrennung der Reglerstellgrösse auf die Prozesstellgrössen

Stellt die Anlage mehr als zwei Wärmeträgertemperaturen zur Verfügung, kann in Abhängigkeit der Innentemperatur das Signal für “kalter” oder für “heisser Wärmeträger” auf das am besten geeignete Ventil geschaltet werden. In machen Anlagen wird eine geringfügige Überlappung der beiden Kennlinien konfiguriert. Diese Massnahme erhöht die Stabilität des Vorlauftemperaturregelkreises. Sie kann aber auch zu einem erhöhten Energiebedarf führen, da auch im ausgeregelten Zustand kalter und heisser Wärmeträger ständig vermischt werden.

4.2.2 Kompensation der Ventilkennlinie Gleichprozentige Ventile werden gerne zur Kompensation der Druckverlustcharakteristik von grösseren Rohrleitungssystemen eingesetzt, d.h. die Serienschaltung des Regelventils mit der Rohrleitung soll zu einer linearen Durchflusskennlinie führen. Wie Gleichung (6) verdeutlicht, wird die Vorlauftemperatur durch das Produkt aus Wärmeträgerdurchfluss und der Temperaturdifferenz dominiert:

F M1 T VL = T RL + -------- ( T M1 – T RL ) + … F VL

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(18)

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Kennlinien-Kompensation 100 Ventil kalter Wärmeträger

50 0 0

100 50 Eingang (%)

50 100 Eingang (%)

Kennlinien-Kompensation 100

Ausgang (%)

PI-Regler

Stellgrösse u

Ausgang (%)

Sollwert w

50 0 0

Regelgrösse y

Ausgang (%)

Ausgang (%)

100

50 0 0

100 50 Eingang (%)

100 Ventil heisser Wärmeträger

50 0 0

50 100 Eingang (%)

Abbildung 6: Regelung der Vorlauftemperatur mit Kompensation der Ventil-Kennlinien

Nehmen wir rein hypothetisch an, dass die Temperaturdifferenz konstant ist, dann wird die Regelstrecke linear falls der Durchfluss eine lineare Funktion des Ventilhub ist. Falls das gewünschte lineare Verhalten nicht erreicht wird, sollte die Kennlinie entsprechend kompensiert werden (Abbildung 6). Dazu können Kennlinien-Blöcke im Leitsystem oder noch einfacher die Kompensationsalgorithmen innerhalb der Stellungsregler eingesetzt werden. Man beachte aber, dass im Bereich kleiner Hübe grosse Unsicherheiten bezüglich des Durchflusses vorhanden sind. So öffnen manche Ventile erst bei 5%, andere bereits bei 1-2%. Beim Einsatz von gleichprozentigen Ventilen und einer Kennlinieninversion wird die Unsicherheit bezüglich des realen Nulldurchflusses verstärkt.

4.2.3 Begrenzungen Begrenzungen der HKK-Temperatur werden mittels Begrenzung des Temperatursollwertes implementiert.

4.2.4 PID-Regelung Üblicherweise wird ein klassischer PI- oder P-Regler als Vorlauftemperatur-Regler eingesetzt. Falls ein D-Anteil verwendet wird, sollte die differentielle Wirkung auf die Messgrösse beschränkt werden. Konfiguriert man die differentielle Wirkung für den Regelfehler, dann wird durch die Kaskadenstruktur das Messrauschen des Innentemperatursignals über Gebühr verstärkt. Dies führt zu Energievernichtung und - durch viele kleine Bewegungen - einem erhöhtem Verschleiss an den Ventilen.

4.2.5 Vorlauftemperatur-Dynamik und die Rolle des Kreislaufvolumens Mit zunehmendem Volumen des Wärmeträgers im Kreislauf wächst die Streckenzeitkonstante und das Verhalten wird träger. Um dieses Phänomen etwas näher zu betrachten, werden für die anschliessende Analyse und Diskussion zwei Fälle eingeführt.

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12

PI-Regler

Temperaturänderung (°C)

10

8

P-Regler

6

4

2

0

0

5

10

15

20

25

30

Zeit (min)

Abbildung 7: Sprungantwortverhalten der Vorlauftemperaturregelkreises bei kleinem Rohrleitungsvolumen auf eine Sollwertänderung von +10°C. rot: Anfangstemperatur 0°C grün: Anfangstemperatur 40°C blau: Anfangstemperatur 80°C

Fall A: Kleines Kreislaufvolumen Geht man davon aus, dass die Wärmeträgerventile nahe am Rührkessel montiert wurden, dann ist das Kreislaufvolumen klein. So beträgt das Rohrleitungsvolumen (ausgenommen das Volumen der Halbrohre!) beim oben beschriebenen 6 m3-Rührkessel lediglich 40 Liter. Fall B: Grosses Kreislaufvolumen Bei kleinen Rührkesselreaktoren und grosser Rohrleitungslänge im Wärmeträgerkreislauf kann das Rohrleitungsvolumen durchaus das Volumen des Reaktorinhaltes übertreffen. Als Beispiel für einen solch dynamisch ungünstigen Fall wurde im Simulationsmodell ein Rohrleitungsvolumen von 3 m3 angenommen.

In Abbildung 7 wird das Regelverhalten für Fall A, d.h. bei kleinem Kreislaufvolumen dargestellt. Verglichen wird das Führungsverhalten mit P- bzw. PI-Regelung und unterschiedlichen Anfangstemperaturen. Deutlich wird der Einfluss der bilinearen Dynamik gemäss (6), bei der die Streckenverstärkung von der Kreislauftemperatur abhängig ist.

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PI-Regler 12

Temperature Change (°C)

10

8

6

P-Regler 4

2

0

0

5

10

15

20

25

30

Time (min)

Abbildung 8: Sprungantwortverhalten der Vorlauftemperaturregelkreises bei kleinem Rohrleitungsvolumen auf eine Sollwertänderung von 10°C. rot: Anfangstemperatur 0°C grün: Anfangstemperatur 40°C blau: Anfangstemperatur 80°C

Ein doch deutlich ungünstigeres Bild zeigt die Regelung im Fall B (Abbildung 8), d.h. bei grossem Kreislaufvolumen. Trotz Anpassung der Reglerverstärkung und Nachstellzeit ist das Verhalten träger und das Überschwingen wesentlich ausgeprägter.

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1

10

Vorlauftemperatur 0

Log Magnitude

10

-1

10

Innentemperatur -2

10

-3

10

-5

10

-4

10

-3

-2

10

10

-1

0

10

10

Frequency (radians/sec)

0 -50 -100

Vorlauftemperatur

Phase (degrees)

-150

Innentemperatur

-200 -250 -300 -350 -400 -450 -500 -5 10

-4

10

-3

-2

10

10

-1

0

10

10

Frequency (radians/sec)

Abbildung 9:

Frequenzgänge der Vorlauftemperatur und der Innentemperatur mit geschlossenem Folgeregelkreis rot: kleines Kreislaufvolumen, blau: grosses Kreislaufvolumen durchgezogen: Innentemperatur, gestrichelt: Vorlauftemperatur

Frequenzgänge Ein Vergleich der Frequenzgänge für die beiden Fälle A und B mit geschlossenem Folgeregler verdeutlicht den Einfluss des Kreislaufvolumens (Abbildung 9). Während sich die Bandbreite von Innentemperatur und Vorlauftemperatur im Fall A um mehr als 2 Dekaden unterscheidet, nähern sich im Fall B die Bandbreiten auf weniger als eine Dekade Unterschied an.

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YV2030A

Kennlinien-Kompensation

Sollwert TC2030.W

PI-Regler TC2030

50 0 0

Stellgrösse TC2030.Y

Ausgang (%)

Regelgrösse TC2030.X

Ausgang (%)

100

50 0 0

Vorsteuerung

0 0

100 50 Eingang (%)

Kennlinien-Kompensation Ausgang (%)

Ausgang (%)

100

Ventil Kalt

50

100 50 Eingang (%)

YV2030B

Rücklauftemp.

100

100 Ventil Heiss

50

100 50 Eingang (%)

0 0

50 100 Eingang (%)

Abbildung 10: Regelung der Vorlauftemperatur mit Vorsteuerung

4.2.6 Störgrössenaufschaltung Werden hohe Anforderungen an die Regelung der Vorlauftemperatur gestellt, kann eine Störgrössenaufschaltung der Rücklauftemperatur T RL eingesetzt werden. Die entsprechende Regelstruktur wird in Abbildung 10 dargestellt. Grundlage der Vorsteuerung ist die Bilanz gemäss Gleichung (6):

F M2 F M3 F M1 T VL = T RL + -------- ( T M1 – T RL ) + -------- ( T M2 – T RL ) + -------- ( T M3 – T RL ) F VL F VL F VL

(19)

Nimmt man an, dass immer nur ein Ventil im Eingriff ist, dann kann (19) nach dem Durchfluss aufgelöst werden:

T VL – T RL F M = F VL -------------------T M – T RL

(20)

Bei dieser Gleichung gilt es, einige Punkte zu beachten: •

Da die Vorlauftemperatur dem Sollwert entsprechen soll, kann T VL durch w VL ersetzt werden.



Divisionen durch Null sind nicht zulässig. Daher muss der Wert des Nenners begrenzt werden.



Je nach Vorzeichen von T VL – T RL muss heisser oder kalte Wärmeträger zugemischt werden. Eine Fallunterscheidung ist daher notwendig.

Berücksichtigt man diese Punkte und benutzt min-max-Ausdrücke für die Fallunterscheidung, dann gilt

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20

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1

10

0

Log Magnitude

10

-1

10

-2

10

-3

10

-5

10

-4

10

-3

-2

10

10

-1

0

10

10

Frequency (radians/sec)

0 -50 -100

Phase (degrees)

-150 -200 -250 -300

Mit Störgrössenaufschaltung Ohne Störgrössenaufschaltung

-350 -400 -450 -500 -5 10

-4

10

-3

-2

10

10

-1

0

10

10

Frequency (radians/sec)

Abbildung 11:

Frequenzgänge der Vorlauftemperatur und der Innentemperatur mit geschlossenem Folgeregelkreis mit Störgrössenaufschaltung der Rücklauftemperatur rot: kleines Kreislaufvolumen, blau: grosses Kreislaufvolumen durchgezogen: Innentemperatur, gestrichelt: Vorlauftemperatur

W – T RL ⎧ ⎫ u VS = K max ⎨ -----------------------------------------------------, 0 ⎬ ⎩ max [ T M, heiss – T RL, 1 ] ⎭

(21)

T RL – W ⎧ ⎫ + min ⎨ -----------------------------------------------------, 0 ⎬ ⎩ min [ T M, kalt – T RL, – 1 ] ⎭ Je nach Messrauschen kann die Begrenzung der minimalen Temperaturdifferenz im Nenner mit nur 1°C zu klein sein. In diesem Fall können grössere Werte (z.B. 2-5°C) eingesetzt werden. Hinweis: Für eine korrekte Funktion der Vorsteuerung müssen bei gleichprozentigen Wärmeträgerventilen die Kennlinien immer kompensiert werden. Abbildung 11 zeigt, dass die Störgrössenaufschaltung den Phasenverlauf im Fall B verbessert. Man beachte aber, dass die Regelstrecke nichtlinear ist und daher ein Frequenzgang nur begrenzte Aussagekraft hat.

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21

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

T Strecke mit geschlossenem Folgeregelkreis wT yT

Innentemperaturregler

Führungsregler

wVL yVL

Vorlauftemperaturregler

uVL

Folgeregler

TVL

Abbildung 12: Kaskadenregelung der Rührkesseltemperatur

4.2.7 Kompensation der Nichtlinearität Als weitere Massnahme zur Verbesserung des Regelverhaltens kann eine Kompensation der Nichtlinearität implementiert werden. Wie in Gleichung (6) gezeigt wurde, ist die Wirkung der Stellgrösse abhängig von der Temperaturdifferenz zwischen Wärmeträger und Rücklauftemperatur. Dieser Effekt kann teilweise durch Skalierung der Stellgrösse (nach dem SplitRange-Block!) kompensiert werden:

1 u Skaliert = f ---------------------u w VL – T Mi

(22)

Im Nenner stehen die Signale “Sollwert der Vorlauftemperatur” w VL und “Temperatur des Wärmeträgers” T Mi . Die Substitution des Signals “Istwert der Rücklauftemperatur” durch den “Sollwert der Vorlauftemperatur” erhöht die Regelkreisstabilität. Der Faktor f hilft bei der Adjustierung auf den Wertebereich 0-100% Ventilöffnung. Auch bei Gleichung (22) ist die Divisonsproblematik vergleichbar mit (21) zu lösen. Die Kompensation der Nichtlinearität hat sich in der Praxis sehr bewährt, bedingt aber eine sorgfältige Implementierung des Anti-Reset-Windups.

4.3

Regelung der Innentemperatur

Die Regelstrecke mit dem Vorlauftemperatursollwert als Eingang und der Innentemperatur als Ausgang gemäss Abbildung 12 ist träge. Die Streckenzeitkonstante wird unter anderem von den Wärmeübertragungskoeffizienten zwischen dem Reaktorinhalt und der Reaktorwand, bzw. den Wärmeübertragungskoeffizienten zwischen dem Wärmeträgermedium und der Reaktorwand bestimmt. Auch der Füllstand spielt eine gewisse Rolle, da bei kleinen Füllständen die Wärmeübertragung im Bereich des Reaktorbodens überproportional ins Gewicht fällt. In Abbildung 13 werden folgende Zusammenhänge verdeutlicht: •

Mit steigender Temperatur sinkt die Viskosität des Wärmeträgers, wodurch der Wärmeübertragungskoeffizient auf der Seite des Wärmeträgers steigt.



Mit abnehmendem Füllstand steigt die Austauschfläche im Verhältnis zum Reaktorinhalt.

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22

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

1

10

0

Hohe Temperatur Geringer Füllstand Tiefe Viskosität

10

1

Verstärkung

10

Tiefe Temperatur Hoher Füllstand Hohe Viskosität

2

10

3

10

4

10

5

10

6

10

5

10

4

10

3

10

2

10

1

10

0

10

Frequenz (rad/s)

Abbildung 13: Frequenzgänge der Innentemperatur-Regelstrecke



Die unterschiedliche Viskosität des Reaktorinhalts sorgt für variable Wärmeübergangszahlen zwischen dem Fluid und der Kesselwand.

Die Extremfälle •

kleines Volumen, hohe Temperatur, geringe Viskosität

und •

grosses Volumen, tiefe Temperatur, hohe Viskosität

wurden für den Rührkessel berechnet. Der wahre Frequenzgang liegt je nach Produkt, Füllstand und Betriebstemperatur irgendwo zwischen den beiden Extremfällen. Da die Regelung in allen Fällen problemlos funktionieren soll, muss sie ein hohes Mass an Robustheit aufweisen.

4.3.1 Perfekte Regelung? Wenn wir annehmen, dass die Regelstrecke mit dem linearen Modell

y = Gu + G d d

(23)

beschrieben werden kann und wenn wir perfektes Regelungsverhalten über den gesamten Frequenzbereich ( u = r ) fordern, dann gilt [1]:

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23

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

–1

–1

u = G r – G Gd d

(24)

Gemäss Gleichung (24) erfordert perfekte Regelung einen Regelalgorithmus, der das dynamische Verhalten der Regelstrecke invertiert. Davon kann man ableiten, dass perfekte Regelung nicht erzielt werden kann, wenn •

G Nullstellen in der rechten Halbebene hat (da G



G Totzeiten besitzt (da G



G mehr Pole als Nullstellen besitzt (da G

–1

–1

instabil würde)

prädiktives Verhalten annehmen müsste) –1

instabil würde)

Ferner kann perfekte Regelung meist nicht erzielt werden, weil die Stellgrössen beschränkt sind. Es stellt sich daher die Frage, welche Regelqualität überhaupt erzielt werden kann und wie ein guter Innentemperaturregler überhaupt aussehen muss.

4.3.2 Internal Model Control (IMC) Der Grundgedanke von IMC ist sehr einfach: Das Modell der Regelstrecke wird invertiert und in Serie mit einem Tiefpassfilter höherer Ordnung gestellt:

1 –1 –1 K = G G f = G --------------------n( 1 + τf )

(25)

Üblicherweise wird die Filterzeitkonstante τ f doppelt so schnell wie die Zeitkonstante des offenen Regelkreises gewählt. Approximiert man das rigorose Rührkesselmodell durch ein lineares Modell dritter Ordnung und setzt ein Tiefpassfilter erster Ordnung mit einer Zeitkonstante von 2000 Sekunden ein, erhält man folgende Frequenzgänge für den IMC-Regler: Im Grundsatz handelt es sich bei diesen beiden Reglern um PD-Strukturen mit Filterung im höheren Frequenzbereich. Es ist offensichtlich, dass die Störunterdrückung der beiden IMCRegler im Frequenzbereich unterhalb von 1/1000 rad/s ungenügend ist. Dennoch weist der einfache IMC-Entwurf darauf hin, dass ein Innentemperatur-Regler mit einem D-Anteil versehen werden sollte.

4.4

Innentemperatur-Regelung mit Sollwertaufschaltung

In den meisten Fällen werden PI- oder PID-Regler für die Regelung der Innentemperatur eingesetzt. Übersehen wird dabei meistens die Tatsache, dass der Folgeregler in der Kaskade nicht nur die Regelstrecke linearisiert, sondern auch für eine Verstärkung von 1 sorgt. Im stationären und störungsfreien Zustand folgt die Innentemperatur exakt der Vorlauftemperatur. Es ist daher naheliegend, das Folgeregelungsverhalten des Innentemperaturreglers mit einer Aufschaltung (feedforward control) des Sollwerts auf den Ausgang zu verbessern (Abbildung 15).

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24

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

2

10

Log Magnitude

1

10

0

10

-1

10

-5

10

-4

10

-3

-2

-3

-2

10 10 Frequency (radians/sec)

-1

0

10

10

100

Phase (degrees)

50

0

-50

-100 -5 10

Abbildung 14:

-4

10

10 10 Frequency (radians/sec)

-1

0

10

10

Frequenzgänge von IMC-Reglern für die Innentemperatur-Regelung rot: kleines Kreislaufvolumen, blau: grosses Kreislaufvolumen

4.4.1 Verhalten bei Sollwertsprüngen Auch mit der Aufschaltung des Sollwertes stellt sich die Frage, ob ein PD-, PI- oder PID-Regler als Innentemperaturregler eingesetzt werden soll. Um tieferen Einblick in das Verhalten der verschiedenen Führungsregler zu gewinnen, wurde folgendes Szenario in einer Reihe von Simulationen geprüft: •

Rührkessel mit 3m3 Wasser gefüllt (50% Füllgrad)



Sollwertsprung von 40°C auf 70 °C zum Zeitpunkt t=40 min



Sprunghafte Erzeugung von 40kW Reaktionswärme im Kesselinhalt in der Zeitspanne t=160-240 min

Bei allen Simulationen wird zwischen dem Fall A (kleines Kreislaufvolumen) und Fall B (grosses Kreislaufvolumen) sowie zwischen einem P- bzw. PI-Regler als Folgeregler unterschieden. Die einheitliche Parametrierung des Folgereglers gemäss Abbildungen 7 und 8 wurde sichergestellt und eine Ausgangssättigung des Folgereglers auch beim Führungsregler berücksichtigt. Als Regelgesetzt wurde ein PID-Regler in additiver Form verwendet:

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25

PID-Regler w

+

u

PID – y

PID-Regler mit Sollwertaufschaltung

w

+

+

+

PID

u

– y

Abbildung 15: Struktur des konventionellen PID- und des PID-W-Reglers

Ds I u = Pe + - e + ----------------y s 1 --- D + 1 N e = w–y

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(26)

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26

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

70

Temperature (°C)

60

50

40

30

20

10

0

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 16:

Simulationsresultate für einen PI-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 3, I = 0.01, D = 0) bei kleinem Rohrleitungsvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

PI-Regler Die Simulationsresultate für einen PI-Regler werden in den Abbildungen 16 und 17 dargestellt. Auf Grund des Integralanteils überschiesst der Regler beim Sprungtest. Während das Überschwingen im Fall A nur wenige Grad beträgt, ist dieses im Fall B schon wesentlich ausgeprägter. Die Störunterdrückung ist im Fall A ausreichend, im Fall B dagegen mit einem Regelungsfehler von mehr als 12°C völlig unzureichend. Interessant ist auch der Vergleich des Regelverhaltens mit P- bzw. PI-Vorlauftemperaturregler. Beim kleinen Rohrleitungsvolumen ist das Regelverhalten mit einem PI-, bei grossem Rohrleitungsvolumen dagegen mit einem P-Regler deutlich stabiler.

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27

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

Temperature (°C)

70

60

50

40

30

20

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 17:

dynamic systems AG

Simulationsresultate für einen PI-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 1.5, I = 0.0013, D = 0) bei kleinem Kreislaufvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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28

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

Temperature (°C)

70

60

50

40

30

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 18:

Simulationsresultate für einen PD-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 10, D = 600, N=10) bei kleinem Kreislaufvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

PD-Regler Ein ganz anderes Bild zeigen die Simulationsergebnisse mit einem mit einem PD-Regel und Sollwertaufschaltung (Abbildungen 18 und 19). Der Regler folgt sehr schnell und nur mit geringem Überschwingen dem Sollwertsprung. Auffallend ist die Instabilität bei grossem Wärmeträgervolumen und einem PI-Folgeregler. Die Störunterdrückung ist bezüglich des maximalen Regelfehlers besser als beim PI-Innentemperaturregler, wobei ein stationärer Regelfehler aber in Kauf genommen werden muss.

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

Temperature (°C)

70

60

50

40

30

20

10

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 19:

dynamic systems AG

Simulationsresultate für einen PD-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 6, D = 900, N=10) bei grossem Kreislaufvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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30

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

Temperature (°C)

70

60

50

40

30

20

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 20:

Simulationsresultate für einen PID-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 10, D = 600, N=10, I = 0.01) bei einem kleinen Kreislaufvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

PID-Regler Der PID-Regler hat den Vorteil eines schnellen Eingriffs auf Sollwert- oder Störgrössenänderung bei gleichzeitiger Kompensation von stationären Fehlern. Auch dieser Regelalgorithmus zeigt im Fall des kleinen Wärmeträgervolumens (Abbildung 20) eine höhere Stabilität mit einem P-Folgeregler. Bei einem grossen Wärmeträgervolumen (Abbildung 21) wird eine höhere Stabilität mit einem PI-Folgeregler erzielt. PD-Regler und Störgrössenaufschaltung beim Folgeregler Wie in Abschnitt 4.2 diskutiert wurde, hat eine Störgrössenaufschaltung beim Folgeregler einen positiven Einfluss auf die Innentemperatur-Regelstrecke. Die Resultate zeigen (Abbil-

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

70

Temperature (°C)

60

50

40

30

20

10

0

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 21:

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Simulationsresultate für einen PID-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 6, D = 900, N=10, I = 0.0013) bei einem grossen Kreislaufvolumen rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

Temperature (°C)

80

70

60

50

40

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 22:

Simulationsresultate für einen PD-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 10, D = 600, N=10) bei kleinem Kreislaufvolumen und Störgrössenaufschaltung der Rücklauftemperatur beim Folgeregler rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

dungen 22 und 23), dass im Fall B der Vorhalteeffekt der Störgrössenaufschaltung nicht genügt, um mit einem PI-Folgeregler eine stabile Kaskadenregelung aufzubauen.

4.4.2 Verhalten bei Sollwertrampen Bei einem rampenförmigen Sollwert für die Innentemperatur muss dem Rührkesselreaktor Wärme mit konstanter Leistung zugeführt werden. Dies wird mit einer Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf- und Innentemperatur als treibende Kraft erreicht. Verwendet man eine PD-Struktur für die Regelung der Innentemperatur, besteht während der Sollwertrampe immer ein Regelfehler (Abbildung 24). Beim Einsatz eines PID-Reglers ver-

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

100

90

80

70

Temperature (°C)

60

50

40

30

20

10

0

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 23:

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Simulationsresultate für einen PD-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung (P = 6, D = 900, N=10) bei grossem Kreislaufvolumen und Störgrössenaufschaltung der Rücklauftemperatur beim Folge-Regler rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

80

75

70

Temperature (°C)

65

60

55

50

45

40

0

50

100

150

200

250

300

350

200

250

300

350

Time (min) 85

80

75

Temperature (°C)

70

65

60

55

50

45

40

0

50

100

150 Time (min)

Abbildung 24:

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Simulationsresultate für einen PD-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung oben: kleines Kreislaufvolumen (P = 10, D = 600, N=10) unten: grosses Kreislaufvolumen (P = 6, D = 900, N=10) rot: Innentemperatur, grün: Sollwert für Vorlauftemperatur durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

35

schwindet der Regelfehler (Abbildung 25), wobei aber ein grösseres Überschwingen der Innentemperatur nach Abschluss der Rampe in Kauf genommen werden muss.

4.4.3 Robustheit Abbildung 26 zeigt Simulations-Resultate mit den PI- und PDW-Reglern bei kleinem Wärmeträgervolumen, aber unterschiedlichem Füllstand. Generell zeigt der PDW-Regler ein wesentlich ruhigeres Verhalten, vermeidet das Überschwingen beim Aufheizen und verkürzt die Aufheiz- und Abkühlzeiten deutlich.

4.5

Situationsanalyse

Im Vorlauftemperaturbetrieb ist ein I-Anteil im HKK-Regelkreis unverzichtbar, um eine genügend gute Regelqualität zu erreichen. Wie die Simulationsresultate gezeigt haben, kann ein I-Anteil aber Dauerschwingungen in der Betriebsart “Innentemperaturregelung” verursachen. Eine konfigurierbare Strukturumschaltung des Vorlauftemperaturreglers mit P- und PIModus ermöglicht gutes Regelverhalten sowohl im Vorlauftemperatur- als auch im Innentemperaturbetrieb.

4.5.1 Erweiterungsmöglichkeiten Der Nachteil des bleibenden Regelfehlers bei der PDW-Struktur kann durch Strukturumschaltung auf einen PID-Regler während der Dosierphase vollständig eliminiert werden. Setzt man während dieser Phase einen PID-Regler und während der Aufheiz- & Abkühlphasen den PDW-Regler ein, ergibt sich ein äusserst vorteilhaftes Bild (Abbildung 27).

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

85

80

75

Temperature (°C)

70

65

60

55

50

45

40

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

85

80

75

Temperature (°C)

70

65

60

55

50

45

40

0

50

100

150

200

250

300

350

Time (min)

Abbildung 25:

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Simulationsresultate für einen PID-Innentemperaturregler mit Sollwertaufschaltung oben: kleines Kreislaufvolumen (P = 10, D = 600, N=10, I = 0.01) unten: grosses Kreislaufvolumen (P = 6, D = 900, N=10, I = 0.0013) rot: Innentemperatur (°C), grün: Sollwert für Vorlauftemperatur (%) durchgezogene Linie: P-Folgeregler, gestrichelt: PI-Folgeregler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

54

Temperatur Reaktor (˚C)

PDW

PI

52

50

48

6 m3, kleiner Wärmeübertragung

46

1 m3, grosse Wärmeübertragung 44

42

40

0

20

40

60

Sollwertsprung 40-50°C

80 Time (min)

100

Reaktion mit 100 bzw. 16.7 kW therm. Leistung

120

140

160

Ende der Reaktion

120

100

VL Temperatur (˚C)

80

60

40

20

0

20

0

20

40

60

80 Time (min)

100

120

140

160

Abbildung 26: Vergleich PI- und PDW-Regler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

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Temperatur Reaktor (˚C)

PDW

PI

52

50

48

6 m3, kleiner Wärmeübertragung

46

1 m3, grosse Wärmeübertragung

44

42

40

0

20

40

60

Sollwertsprung 40-50°C

80 Time (min)

100

Reaktion mit 100 bzw. 16.7 kW therm. Leistung

120

140

160

Ende der Reaktion

120

100

VL Temperatur (˚C)

80

60

40

20

0

20

0

20

40

60

80 Time (min)

100

120

140

160

Abbildung 27: Vergleich zwischen PI-Regelung und einer Strukturumschaltung zwischen PDW und PID-Regler

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

5

Praktische Erfahrungen

5.1

Regelung bei kleinem HKK-Volumen

Die Regelqualität beim Aufheizen eines Rührkesselreaktors mit einem - bezogen auf den Inhalt - kleinem HKK Volumen wird durch Abbildung 28 demonstriert. Kurz vor Erreichen des Sollwerts senkt der D-Anteil die Vorlauftemperatur ab. Dadurch wird das Überschwingen der Reaktor-Temperatur vermieden. Der D-Anteil verursacht aber auch eine relativ unruhige Sollvorgabe für die Vorlauftemperatur. Da bei grossen Schwankungen der Stellgrösse vom Folgeregler durch abwechselndes Kühlen und Heizen Energie vernichtet wird, kann die Wirkung des D-Anteils nicht weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Aufheiz- bzw. Abkühl-Zeiten wird durch folgende Tabelle verdeutlicht: Tabelle 1: Versuchsresultate mit Wasser Versuch

Heizen von 25°C auf 35°C Kühlen von 35°C auf 25°C

PID-Regelung Dauer Überschwingen (min) (°C) 30 4 27 <1

PDW-Regelung Dauer Überschwingen (min) (°C) 11 <1 11 <1

Stellgrösse (Sollwert für die Vorlauftemperatur)

Istwert

Sollwert

Abbildung 28: Reglerverhalten bei Sollsprung für die Innen-Temperatur (Screenshot)

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

5.2

40

Temperaturregelung bei grossem HKK Volumen

Beim zweiten Beispiel ist das HKK-Volumen relativ gross in Vergleich zum Reaktorinhalt. Setzt man einen PI-Regler als Vorlauftemperaturregler ein, neigt der InnentemperaturRegelkreis zu einer Dauerschwingung. Versuche haben gezeigt, dass diese Dauerschwingung mit einem P-Folgeregler verschwindet.

5.3

Regelung bei ungünstig ausgelegten Ventilen

In einer neu errichteten Biotechnologie-Anlage werden Kugelhähne als preisgünstige Alternative zu Regelventilen eingesetzt. Während der Testphase hat sich die Wahl der Ventile als sehr problematisch herausgestellt, da ein stabiler Betrieb der HKK-Regelkreise kaum möglich war. In dieser Situation bestand die Möglichkeit, an einem Kessel den Kugelhahn gegen ein lineares Regelventil zu tauschen. Da die Rücklauftemperatur gemessen wird, konnte auch die Wirkung einer Störgrössenaufschaltung getestet werden.

5.3.1 Einfluss des Stellorgans In Abbildung 29 wird eindrücklich der Einfluss des Stellorgans auf die Stabilität des Regelkreises im Innentemperaturbetrieb verdeutlicht. Die Reglereinstellungen waren in beiden Fällen identisch. Während der Regelkreis mit einem Kugelhahn eine hohe Schwingungsneigung aufweist, ist die Schwingungsdämpfung bei Einsatz eines linearen Regelventils gerade ausreichend.

5.3.2 Wirkung der Störgrössenaufschaltung Die Störgrössenaufschaltung kann wesentlich zur Stabilität der Vorlauftemperatur-Regelung beitragen (siehe Abbildung 30). Falls eine Rücklauftemperaturmessung vorhanden ist, sollte diese in Problemfällen entsprechend eingesetzt werden.

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Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

Abbildung 29:

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41

Regelung mit Kugelhahn (oben, gleichprozentige Kennlinie) und Regelventil (unten, lineare Kennlinie)

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42

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

Abbildung 30:

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Regelung eines Rührkessels mit PDW-Führungsregler und PI-Folgeregler mit Störgrössenaufschaltung (oben), bzw. ohne Störgrössenaufschaltung (unten) der Rücklauftemperatur. Lineares Regelventil. Einstellungen des Führungsreglers: P=10, D=60s, Istwertfilter = 10s Einstellungen des Folgereglers: P=0.2, I=120s, K=14 (Störgrössenauf.)

Stand 21.10.2008

43

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

6

Schlussfolgerungen

6.1

Regelstrukturen

Für die Regelung von Rührkesselreaktoren mit Wärmeträgerkreislauf gibt es keine allgemein gültige, optimale Lösung. In diesem Dokument wurde aber gezeigt, dass mit wenigen Bausteinen und ein auf die Situation angepasstes Vorgehen gute Resultate erzielt werden können: •

Die PD-Regelung der Innentemperatur mit Sollwertaufschaltung genügt in den meisten Fällen vollauf.



Setzt man eine PID-Regelung für die Innentemperatur ein, verschwindet der bleibende Regelfehler, aber ein Überschwingen der Innentemperatur bei Sollwertsprüngen muss in Kauf genommen werden. Das Überschwingen kann nur mit direktem Eingriff in den I-Anteil des Führungsreglers umgangen werden.



Treten im Innentemperaturbetrieb Instabilitäten auf, können diese durch Umschaltung des Folgeregler auf P- (statt PI-Modus) vermieden werden.



Ist eine Messung der Rücklauftemperatur vorhanden, kann die Regelqualität des Vorlauftemperaturreglers mittels Störgrössenaufschaltung deutlich verbessert werden.



Eine Kompensation der Nichtlinearität in der Vorlauftemperaturregelung erhöht die Robustheit der Regelkreise.

6.2

Weitere Empfehlungen

6.2.1 Konstruktion der Wärmeträgerkreisläufe Die Simulationen haben eindrücklich gezeigt, dass ein grosses Volumen im HKK-Kreislauf zu schlechter Regelbarkeit führt. Daher wird empfohlen, bei Neuanlagen das Volumen in den HKK-Kreisläufen im Vergleich zum Reaktorvolumen klein zu halten.

6.2.2 Wahl der Regelventile Wie praktische Erfahrungen gezeigt haben, hat die Wahl der Regelventile grossen Einfluss auf die Regelbarkeit der HKK-Kreisläufe. Für zukünftige Neuausrüstungen sollten lineare Regelventile präferenziert werden.

6.2.3 Durchfluss im Wärmeträgerkreislauf Wir empfehlen, vor Inbetriebnahme der Vorlauftemperatur-Regelung den Durchfluss des Wärmeträgers zu überprüfen. Falls der Durchsatz weit unter das Auslegungsniveau sinkt, kann kaum eine zufriedenstellende Regelung der Vorlauftemperatur erzielt werden.

dynamic systems AG

Stand 21.10.2008

Temperatur-Regelung von Rührkesselreaktoren: Hilfestellungen für die Praxis

7

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Literaturangaben

[1]

Skogestad, S. and Ian Postlethwaite: “Multivariable Feedback Control”, John Wiley and Sons (1996)

[2]

Föllinger, Otto: “Regelungstechnik”, 6. Auflage, Hütig (1990)

dynamic systems AG

Stand 21.10.2008

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