Kritik Der Energiepolitik Aus Liberaler Sicht

  • May 2020
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  • Words: 43,198
  • Pages: 149
Wenn’s mit der Sonne klappt, klappt’s auch mit’m Sozialismus! Gegen den Mißbrauch der Energiepolitik – eine Streitschrift aus liberaler Sicht.

Dr. Klaus-Dieter Humpich ©6. August 2009

Vorwort Die Weltbevölkerung wächst weiterhin: Von derzeit über sechs Milliarden auf geschätzt acht bis zehn Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts. Alle diese Menschen streben nach einer Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. So wie die Weltbevölkerung wächst, steigt auch der Weltenergieverbrauch. Erst durch einen über das (medizinisch erforderliche) Existenzminimum hinausgehenden Verbrauch, ergeben sich folgende Vorteile: • bessere Gesundheit und erhöhte Lebenserwartung • bessere Lebensqualität • verbesserte Chancen auf Bildung und persönliche Entwicklung • persönliche Freiheit • und zahlreiche Möglichkeiten, die wir heute noch nicht einmal erahnen können. Jede Medaille hat jedoch zwei Seiten: Wenn wir den Energieverbrauch – bei heutigen Erzeugungsmodalitäten – steigern, hätte dies eine zunehmende Belastung unserer Umwelt zur Folge. Um es der Erde trotzdem zu ermöglichen uns auch weiterhin zu ertragen, müssen wir daher Wege finden, eine möglichst saubere und sichere Energieversorgung zu vertretbaren Preisen zu schaffen. Die Bereitstellung von nutzbarer Energie in stets ausreichender Menge und zu akzeptablen Preisen, ist die Grundvoraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaft. Ab einer gewissen Bevölkerungsdichte, ist dies sogar die notwendige Voraussetzung für das Überleben der Menschheit überhaupt. Energiepolitik ist daher viel zu wichtig, um sie selbsternannten ”Experten“ und den bekannten ”Heilsbringern und Zwangsbeglückern“ des Politikbetriebs zu überlassen. Diese Schrift stellt daher den Versuch dar, das Spannungsdreieck aus Technik, Wirtschaft und Umwelt in einer allgemein verständlichen Sprache abzuhandeln. Auf ”Fachchinesisch“ und ”Hochschulmathematik“ wird bewußt verzichtet – was dem Autor die Arbeit nicht eben erleichtert hat. Man möge mir meinen unerschütterlichen Glauben an die Kraft der Aufklärung verzeihen. Meine lieben Kollegen

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seien gewarnt: Ich werde mich zu gegebener Stunde wieder mit fürchterlichsten Gleichungen und Integralen zurückmelden! Zugegebenermaßen hat es mir diebische Freude bereitet, die sprachlichen Schöpfungen ”fortschrittlicher gesellschaftlicher Kräfte“ in Bumerangs für die Aufklärung zu verwandeln. Sie sind in vorstehender Weise typographisch gekennzeichnet. Mag das für manchen Leser den Text etwas unruhig erscheinen lassen, erschien es mir dennoch für alle Leser notwendig, die nicht so vertraut sind mit ”Rot–Grüner Rethorik“. Liest man einfach so, über das „Neusprech“ hinweg, geht viel der innewohnenden Komik und Theatralik verloren. Für alle, die Anregungen oder Kritik haben, bin ich unter Klaus-Dieter.Humpich @gmx.de zu erreichen. Es seien aber alle, die mir Informationen schicken wollen über Windräder, die ohne Wind oder Sonnenkollektoren, die ohne Sonne Strom produzieren, vorgewarnt – ich halte es mit solchen Dingen, wie weiland das kaiserliche Patentamt mit dem Perpetuum-Mobile. Ansonsten dürfen mir gern alle Experten – auch wenn sie nicht gelernter Sozialwirt oder Deutschlehrer sind – mal ”wegen Klima“ schreiben. sozusagen über’s Netz, einfach wie auf’m Platz.

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Inhaltsverzeichnis 1 Energiebedarf 1.1 Energiebedarf der Menschheit . 1.2 Nutzenergie . . . . . . . . . . . 1.3 Weltenergiebedarf . . . . . . . . 1.3.1 Bedarf und Prognose . . 1.3.2 Umwelt und Gesellschaft

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2 Wirtschaftlichkeit 2.1 Berechnungsansätze für die Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . 2.2 Deutschland innerhalb Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Was bisher geschah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Was geschehen wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Der Weg dahin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Die Kapitalvernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Der tatsächliche Wert von Wind und Sonne . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Zusätzliche Kosten auf dem Energiesektor . . . . . . . . . 2.5.2 Das planwirtschaftliche Märchen von guten und schlechten Sektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Die Problematik der Internalisierung von externen Kosten 2.5.4 Verteuerung über Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5 Verteuerung durch Zuweisung und Handel . . . . . . . . . 2.5.6 Verteuerung durchSanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Fossile Energien 3.1 Erdöl . . . . . . . . . 3.2 Erdgas . . . . . . . . 3.3 Kohle . . . . . . . . 3.3.1 Entstehung . 3.3.2 Verwendung . 3.3.3 Umweltschutz 3.3.4 Bergbau . . . 3.3.5 Braunkohle .

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Inhaltsverzeichnis

3.4

3.3.6 Steinkohle . . . . . . . . . . . . Problematik des Kohlendioxids . . . . 3.4.1 Abscheidung von Kohlendioxid 3.4.2 Lagerung von Kohlendioxid . .

4 Regenerative Energien 4.1 Sonnenenergie . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Photovoltaik . . . . . . . . . 4.1.2 Solarthermische Kraftwerke 4.2 Wasserkraft . . . . . . . . . . . . . 4.3 Windenergie . . . . . . . . . . . . . 4.4 Biomasse . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Biogas . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Ethanol . . . . . . . . . . . 4.4.3 Biodiesel . . . . . . . . . . . 4.4.4 Pflanzenöl (”Pöl“) . . . . . . 4.4.5 BtL (Biomass to Liquid . . 4.5 Erdwärme . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Nutzungsmöglichkeiten . . .

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5 Kerntechnik 5.1 Kernenergie heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Zukünftige Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Reaktorgenerationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Kernenergiestrategie in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Weiterbetrieb der heutigen Flotte von Leichtwasserreaktoren 5.4.2 Erweiterung der Flotte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Anwendungen für Hochtemperaturreaktoren außerhalb der Stromerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.4 Brennstoffversorgung der USA . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.5 Kernenergienutzung für einen sehr langen Zeitraum . . . . . 5.4.6 Führungsrolle der USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.7 Verwicklungen zwischen der Nicht-Weiterverbreitung und geschlossenen Brennstoffkreisläufen . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.8 F&E für LWR und ALWR in den USA . . . . . . . . . . . . 5.4.9 F&E für HTR in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.10 F&E für Schnelle Reaktoren in den USA . . . . . . . . . . . 5.4.11 Zusammenfassung aus amerikanischer Sicht . . . . . . . . . . 5.5 Generation IV roadmap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Nachhaltigkeit der Kerntechnik . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Wirtschaftlichkeit der Kerntechnik . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

5.6

5.7

5.8 5.9

5.5.3 Sicherheit und Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 5.5.4 Weiterverbreitung von Kernwaffen . . . . . . . . . . . 5.5.5 Kernwaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.6 Internationaler Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . Generation IV Reaktorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Gas-Cooled Fast Reactor System (GFR) . . . . . . . 5.6.2 Lead-Cooled Fast Reactor System (LFR) . . . . . . . 5.6.3 Sodium-Cooled Fast Reactor System (SFR) . . . . . 5.6.4 Molten Salt Reactor System (MSR) . . . . . . . . . . 5.6.5 Supercritical-Water-Cooled Reactor System (SCWR) 5.6.6 Very High Temperature Reactor System (VHTR) . . 5.6.7 Materialien und Werkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . Kerntechnische Kostenmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.1 Ermittlung der Baukosten von Kernkraftwerken . . . 5.7.2 Wirtschaftlichkeit des Brennstoffkreislaufes . . . . . . 5.7.3 Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung . . . . . . . 5.7.4 Integrationsmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brennstoffkreisläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.1 Offener Brennstoffkreislauf (OTF-Cycle) . . . . . . . 5.8.2 Wiederaufbereitungsverfahren . . . . . . . . . . . . . Atommüllagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6 Prozesse 6.1 Koppelprozesse . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Unterschiedliche Wirkungsgrade . . 6.1.2 Unterschiedliche Arbeitsausnutzung 6.2 Wasserstofferzeugung . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Dampfreformierung . . . . . . . . . 6.2.2 Elektrolyse . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Jod–Schwefel–Prozeß . . . . . . . . 6.2.4 Kalzium-Brom-Prozeß . . . . . . . 6.2.5 Metalloxid–Kreisprozesse . . . . . . 6.3 Fernwärme und Fernkälte . . . . . . . . . . 6.4 Meerwasserentsalzung . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Umkehrosmose . . . . . . . . . . . 6.4.2 Entspannungsverdampfung . . . . .

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127 . 127 . 127 . 128 . 129 . 129 . 130 . 130 . 131 . 131 . 131 . 133 . 134 . 135

7 Netze 137 7.1 Das öffentliche Stromnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 7.2 Regelleistung bei Stromnetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 7.3 Ausgleichsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

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Inhaltsverzeichnis 7.4

Schattenkraftwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

8 Anhang 145 8.1 Vollaststunden oder Auslastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

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1 Energiebedarf 1.1 Energiebedarf der Menschheit In der Natur läuft kein einziger Vorgang ohne den Verbrauch von (nutzbarer) Energie ab. Somit ist ohne Nutzenergie auch kein menschliches Leben denkbar. Für den gesamten Energieverbrauch der Menschheit – auch als Weltenergiebedarf bezeichnet – sind folgende Gründe ausschlaggebend: • die Anzahl der auf der Erde lebenden Menschen, • der Lebensstandard, • der Stand der Technik, • die Umweltbedingungen. Bevölkerungsentwicklung 1975 lebten etwa 4 Milliarden Menschen auf der Erde. Um die Jahrtausendwende wurden bereits 6 Milliarden überschritten. Allgemein rechnet man bis zur Mitte des Jahrhunderts mit 8 bis 10 Milliarden Menschen. Die Entwicklung läuft dabei unterschiedlich ab. In den sog. ”Industrieländern“ ist durchaus mit einer Abnahme zu rechnen, in den sog. ”Entwicklungsländern“ weiterhin mit einem starken Anstieg. In Bezug auf den Energiebedarf könnte die unterschiedliche demographische Entwicklung von Bedeutung sein. Ob eine ”alternde Gesellschaft“ prinzipiell weniger oder mehr Energie verbraucht, kann aus heutiger Sicht nicht abschließend beurteilt werden. Gleichwohl kann von einem Mindestbedarf an Energie pro Kopf ausgegangen werden, sodaß vereinfacht aber tendenziell richtig gilt: Je mehr Menschen auf der Erde leben, je höher ist der Energiebedarf. Lebensstandard Der Energieverbrauch steigt jedoch überproportional wegen der mit ihm verbundenen Vorteile: erhöhter Lebensstandard, bessere Gesundheit und höhere Lebenserwartung, bessere Bildung und erhöhte Verbrauchsmöglichkeit. Es wird gerne vergessen, daß der Energieverbrauch nicht Selbstzweck, sondern eine Folge der gern genutzten Vorteile ist. Ein trivial anmutendes Beispiel mag dieses verdeutlichen: Natürlich könnte man zu Fuß von

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1 Energiebedarf Berlin nach Hamburg laufen und würde dabei keinen Tropfen Benzin verbrauchen. Es würde nur (sehr viel) länger dauern! Energie ist in diesem Sinne ein Ersatz für menschliche Arbeitskraft. Technischer Entwicklungsstand Energie läßt sich nur durch Verzicht sparen. Entweder direkt, z. B. durch die Absenkung der Raumtemperatur beim Heizen oder indirekt durch den Verzicht auf Einkommen. Im ersten Fall handelt es sich um einen direkten Komfortverzicht. Im zweiten Fall, um individuellen oder gesellschaftlich Wohlstandsverlust. Dies wird in unseren an Wohlstand gewöhnten Gesellschaften gern vergessen. Mit Wohlstand ist hierbei weniger individueller Luxus, als gesellschaftliche Freiheit gemeint. Auch der Rettungshubschrauber und die Universität wollen bezahlt werden.Weniger Energieverbrauch – nicht Verzicht – ist nur durch einen verstärkten Kapitaleinsatz möglich. Die Energieeinsparung (im Sinne eines spezifisch geringeren Einsatzes), die sich selbst finanziert, ist und bleibt ein Märchen. Dieser wichtige Zusammenhang mag an einem eingängigen Beispiel verdeutlicht werden: Wenn der Treibstoffpreis ansteigt, erhöhen sich die Betriebskosten meines Autos entsprechend. Kaufe ich mir ein vergleichbares (Sitzplätze, Leistung usw.) Fahrzeug mit geringerem Verbrauch pro Kilometer, muß ich entsprechend mehr investieren. Das Autofahren wird in jedem Falle teurer. Eine Motorisierung auf der Basis unserer heutigen hochpreisigen Autos wäre vor 40 Jahren in Deutschland genauso wenig möglich gewesen, wie heute in Indien. Mit anderen Worten: Der Käfer war damals so billig, weil er soviel Energie verbraucht hat. In diesen Überlegungen steckt auch die Antwort, warum die Kohlekraftwerke in China rund ein Drittel mehr an Kohle pro erzeugter Kilowattstunde Strom verbrauchen als in Deutschland. Es ist nicht Nachlässigkeit, sondern die Armut. In diesem Sinne ist die Forderung, Entwicklungsländer mit Sonnenenergie auszustatten, zynisch. Es ist natürlich sinnvoll, wenn in einem abgelegenen Dorf die Batterien für das Radio durch eine Solarzelle ersetzt werden. Soll jedoch die Industrie in Afrika oder Nahost durch Sonnenkraftwerke versorgt werden, ist das lediglich als neuer Kolonialismus zu bewerten. Der vielfach höhere Preis für Solarstrom ist nicht einmal von heutigen Industriebetrieben in Deutschland bezahlbar. Wie aber bitte schön, sollen damit die Entwicklungsländer eine Industrialisierung durchführen? Im Sinne des obigen Beispiels heißt das doch nichts anderes als: Sie sollen die Motorisierung in einem Schritt von der Pferdekutsche zum Hybridfahrzeug ausführen. Unsere Zwischenschritte von ”Käfer“ über ”Golf“ müssen leider wegen ”Klimaschädlichkeit“ ausfallen. Dabei darf aber gleichzeitig ein Arbeitnehmer in den Schwellenländern weniger als ein Zehntel (real!) verdienen als ein Arbeiter in Deutschland. Schließlich soll ja unser ”Besitzstand” gewahrt bleiben. Wer solchen Blütenträumen deutscher Gewerkschaftsfunktionäre oder ”grüner Politiker“ erliegt, wird in wenigen Jahren ein böses Erwachen erleben.

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1.2 Nutzenergie Umweltbedingungen Der Energieverbrauch hängt in starkem Maße von dem Zustand der Umwelt ab. 1. Je mehr Menschen (gezwungen) sind in unnatürlicher Umgebung zu leben, je größer muß der Energieverbrauch sein. Die ”Megacity“ kann nicht ohne ihr Hinterland (Transport) existieren. 2. Je mehr Nahrungsmittel in dafür ungeeigneten Regionen produziert werden müssen, je mehr Dügemittel und Süßwasser müssen eingesetzt werden – beidermaßen ausgesprochene Energieverbraucher. 3. Je mehr Umweltschutz gefordert ist, je mehr Energieeinsatz ist hierfür nötig.

1.2 Nutzenergie Die Erfahrung lehrt, daß es verschiedene Energieformen gibt. Sie lassen sich – wenn auch mit Verlusten – beliebig ineinander umwandeln. Dabei geht zwar keine Energie verloren, aber mit jeder Umwandlung wird der weiterhin nutzbare Anteil kleiner. Je nach Sichtweise, gibt es unterschiedliche Definitionen. Technische Definition Die Nutzbarkeit einer Energie hängt von ihrer Anwendung ab. In einem Fahrzeug mit Benzinmotor kann man nicht mit Dieselkraftstoff fahren. Der Diesel wäre für solch ein Auto in des Wortes Bedeutung nutzlos. An jeder Tankstelle kann man bereits eine Tendenz der technischen Entwicklung sehen: Es gibt immer hochspezialisiertere Energieträger. Je spezialisierter ein Energieträger ist (z. B. Superbenzin), je mehr Verfahrensschritte hat er bei seiner Herstellung aus dem Rohstoff durchlaufen. Je mehr Verfahrensschritte, je mehr Energie wird dabei zwangsläufig in nutzlose Formen umgewandelt. Physikalische Definition Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Fähigkeit eine Energieform in eine andere wandeln zu können. Technisch gibt es praktisch immer einen Weg – entscheidend ist jedoch der hierfür notwendige Aufwand. Umgangssprachlich gibt es ”wertvolle“ Energieformen wie z. B. elektrischer Strom und ”minderwertigere“ Energien wie Wärme. Elektroenergie läßt sich (theoretisch) vollständig in mechanische Energie wandeln. Praktisch hat ein Elektromotor nur geringe Verluste. Ganz anders sieht es mit Wärme aus: Die Wärme, die in einem Verbrennungsmotor freigesetzt wird, kann nur zu einem geringen Teil in mechanische Antriebsenergie gewandelt werden, der größere Teil muß als Wärmeverlust an die Umgebung abgegeben werden. Dieser Zusammenhang ist von so

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1 Energiebedarf grundsätzlicher Bedeutung, daß man hierfür einen allgemeingültigen Vergleichsmaßstab eingeführt hat. Carnot-Wirkungsgrad Einen Wirkungsgrad definiert man als das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand. N utzen (1.2.1) η= Auf wand Er bewegt sich definitionsgemäß in den möglichen Grenzen 100 % (vollständige Umwandlung ohne jeden Verlust) und 0 % (vollständiger Verlust ohne jeglichen Nutzen). Man kann nun mit den Mitteln der Thermodynamik zeigen, daß die Güte einer Umwandlung von Wärme immer von dem entsprechenden Temperaturniveau abhängt. T0 (1.2.2) ηCarnot = 1 − T Die beiden Temperaturen müssen in diese Formel als absolute Temperaturen in °K und nicht in °C eingesetzt werden (0°C entspricht 273,15°K). Die Temperatur T0 ist die jeweilige Umgebungstemperatur bei der die Abwärme abgeführt wird, die Temperatur T die Temperatur bei der die Wärme vorliegt. Für die Energiewirtschaft sind zwei Konsequenzen dieses Wirkungsgrades von ausschlaggebender Bedeutung: 1. Der Carnot-Wirkungsgrad ist die absolute Obergrenze, die theoretisch denkbar ist. Bei wirklichen Umwandlungen kommen noch technisch bedingte Verluste (z. B. Reibung) hinzu. 2. Die Umgebungstemperatur T0 liegt im allgemeinen fest. Die Temperatur T hat einerseits eine natürliche Obergrenze (z. B Flammentemperatur des jeweiligen Brennstoffes), die andererseits meist aus technisch–wirtschaftlichen Gründen nichteinmal erreicht werden kann. Vom Nutzen als relativem Begriff Wegen der grundsätzlichen Bedeutung für Technik und Wirtschaft – und damit der Gesellschaft – sei hier nocheinmal auf den unterschiedlichen Nutzen der unterschiedlichen Energieformen eingegangen: Für jede Energieform läßt sich eine naturbedingte Obergrenze ihres Nutzens angeben. So läßt sich beispielsweise Holz im Gegensatz zu Erdgas nicht direkt in einem Verbrennungsmotor verfeuern. Es müßte vorher das Holz in eine geeignete – nutzbare – Energie umgewandelt werden, was bereits mit erheblichen Verlusten verbunden wäre oder es müßte ein anderer technischer Prozeß angewendet werden. Würde man einen Dampfkraftprozeß wählen, wäre auch hierbei das Erdgas thermodynamisch ”nützlicher“, weil mit ihm generell eine höhere Verbrennungstemperatur erzielbar wäre und somit mehr mechanische Energie

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1.3 Weltenergiebedarf

gewinnbar ist. Der springende Punkt ist hierbei die benötigte (wofür auch immer) mechanische Energie. Würden wir die Aufgabe ein Gebäude zu beheizen betrachten, wären diese Überlegungen gänzlich sinnlos. Die ”Heizwärme“ hat so geringe Temperatur, daß sie sich sogar durch Erdwärme oder Abwärme aus einem Koppelprozeß bereitstellen ließe. Allenfalls gilt hier der Umkehrschluß, daß Erdgas viel zu ”wertvoll“ für’s Heizen ist. An dieser Stelle sei vermerkt, daß es sich hier um rein physikalische Betrachtungen handelt.

1.3 Weltenergiebedarf In den letzten 40 Jahren ist der Primärenergieverbrauch kontinuierlich angestiegen. Rückrat der Energieversorgung sind weltweit die fossilen Energieträger. Kohle wird wegen seiner technisch aufwendigen Verbrennung hauptsächlich im industriellen Sektor (z. B. Stahlproduktion) und in Kraftwerken genutzt. Erdöl ist leicht

Abbildung 1.3.1: Weltenergieverbrauch von 1971 - 2005 zu transportieren, kostengünstig zu lagern und relativ einfach zu verarbeiten. Es bildet deshalb das Rückrat der weltweiten Energie- und Rohstoffversorgung. Der gesamte Transportsektor (Auto, Flugzeug und Schiff) wird fast ausschließlich über die Ölprodukte versorgt. Demgegenüber ist Erdgas wesentlich unflexibler, da es als Gas praktisch leitungsgebunden ist. Es ist jedoch als Kohlenwasserstoff dem Öl am ähnlichsten und dringt daher immer mehr in den Wärmemarkt und in den industriellen Sektor vor. Es erfordert jedoch einen erheblich höheren Kapitaleinsatz

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1 Energiebedarf

(Pipelines, Gasverflüssigung, unterirdische Speicher usw.), sodaß es nur in entsprechend entwickelten Ländern nutzbar ist. Seine Anwendung ist jedoch sehr ähnlich (einfach) handhabbar und es verdrängt deshalb das Öl immer mehr. Dies gilt insbesondere für alle Bereiche, die einfach an Leitungsnetze anschließbar sind (Gebäudeheizung, Industrie, Kraftwerke.). Wegen seiner ”sauberen Verbrennung“ wird seine Verbreitung in vielen Länder bewußt gefördert. Sog. ”erneuerbare Energien“, wie Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme sind wegen ihrer eingeschränkten räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit nur von geringer Bedeutung. Es ist fraglich, ob sich dies in Zukunft ändern kann, da ihre Nutzung mit sehr hohen direkten und indirekten Kosten verbunden ist. Hinzu kommen mit zunehmender Nutzung ansteigende Umweltbelastungen und eine verringerte gesellschaftliche Akzeptanz (Windparks, Stauseen). Eine Ausnahme bildet bisher die statistische Gruppe ”Holz und Müll“. Holz ist bisher die Grundlage der Energieversorgung in den unterentwickelten Regionen mit allen bekannten Konsequenzen für Natur und Gesellschaft. Eine nachhaltige Nutzung ist nur in dezentralen Anlagen, in waldreichen und gleichzeitig dünn besiedelten Gegenden sinnvoll.

1.3.1 Bedarf und Prognose Der Energieverbrauch wird heutzutage sehr genau bilanziert. Bewußte Fälschungen gibt es nur noch in sozialistischen Ländern. Allerdings werden diese mit zunehmender Globalisierung immer schwieriger. Teilweise schwierig und fehlerbehaftet ist die Ermittlung in Ländern mit schlecht entwickelter Administration. Unvergleichlich schwieriger ist die Vorhersage der Zukunft. Ein üblicher Weg ist die Ermittlung des ”pro Kopf Verbrauches“ als Istzustand, die Extrapolation der Bevölkerungsentwicklung und eine Abschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung. Ist die Bevölkerungsentwicklung für einen Zeitraum von 20 bis 50 Jahren noch recht einfach voraussehbar, da die heute geborenen Kinder bereits die Eltern von morgen sind, ist die wirtschaftliche Entwicklung und der Zusammenhang mit dem Energieverbrauch wesentlich schwieriger zu durchschauen. Im folgenden Bild ist über dem Bruttosozialprodukt pro Kopf der Primärenergieverbrauch pro Kopf aufgetragen. Wie man sofort sieht, ist beides in den USA und Europa höher als in Indien. Das heißt, mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung steigt auch der Energieverbrauch. Qualitativ dürfte dies zutreffend sein – die entscheidende Frage ist nur wieviel? Dazu muß man sich die Bezugsgrößen etwas genauer anschauen. Das Bruttosozialprodukt ist die Gesamtheit aller wirtschaftlichen Leistungen. Im Prinzip ist es statistisch relativ leicht und genau zu erfassen. Im Zusammenhang mit Energieverbrauch erscheinen jedoch einige Punkte bedenkenswert: • Entwicklungsländer haben einen großen ”Informellen Sektor“ (”Schwarzarbeit“ und ”Ameisenhandel“). Dieser geht rechnerisch nicht ins GDP ein, hat

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1.3 Weltenergiebedarf

Abbildung 1.3.2: Energieverbrauch über Pro-Kopf-Einkommen 1970 - 2005

aber gleichwohl einen Beitrag zum Energieverbrauch. Mit zunehmender Entwicklung verschieben sich Leistungen des informellen Sektor zu gemessenen Größen, ohne daß dies den Energieverbrauch beeinflußt. • Die notwendige Inflationsbereinigung. Inflation ist ein rein wirtschaftliches Phänomen welches von der Geldmenge und nicht vom Energieverbrauch abhängt. Bei der Festlegung von Inflationsraten müssen sich ständig verändernde Warenkörbe definiert werden. Gerade diese sich ändernden Warenkörbe stellen bei energiewirtschaftlichen Betrachtungen ein Problem dar, denn zwei verschiedene Produkte können bei gleichem Geldwert einen an Menge und Art völlig verschiedenen Energiebedarf benötigen. • Mit jedem Import und Export wird nicht nur Geld sondern auch Energie bewegt. Hier können für ein und dasselbe Produkt auf Grund von staatlich festgelegten Energiepreisen und Wechselkursen völlig unterschiedliche spezifische Energieverbräuche vorliegen. • Durch die Globalisierung verschieben sich ständig Waren- und Dienstleistungsströme. Wer beispielsweise Finanzprodukte (sehr wenig Energie zur Produktion nötig) exportiert und für den Erlös Autos (hoher Energiebedarf) importiert, ”entkoppelt seinen Energieverbrauch“ ganz erheblich. National ist dies sicher richtig, weltweit senkt sich der Energieverbrauch dadurch aber keineswegs.

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1 Energiebedarf

Abbildung 1.3.3: Pro-Kopf-Freisetzung von Kohlendioxid in Tonnen über Bevölkerung in Milliarden im Jahr 2035

1.3.2 Umwelt und Gesellschaft Der Energieverbrauch wird durch die Umwelt beeinflußt und beeinflußt wiederum die Umwelt. In großflächigen Ländern ist der Energiebedarf pro Kopf für Transport größer als in dicht besiedelten Regionen. Im Mittleren Westen oder in Rußland kann man praktisch nichts mit einem europäischen Kleinwagen anfangen. Demgegenüber kann man in Paris oder Berlin gänzlich auf Individualverkehr verzichten. In Kanada oder Sibirien benötigt man mehr Heizenergie als in Süditalien. In den Tropen allerdings, schlägt das Pendel wieder um. Zumindest wenn man die Standards für Arbeitsschutz in industrialisierten Ländern übernimmt, muß man klimatisieren, was äußerst Energieaufwendig ist. Gleichwohl wird die Entscheidung immer eine individuelle Entscheidung bleiben, wieviel Energie man verbraucht – sofern man sie bezahlen kann. Die Bezahlbarkeit richtet sich nach den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen: Wieviel Einkommen steht der sog. ”Breiten Masse“ für Konsum zur Verfügung und wie hoch sind die Energiepreise (Energiesteuer, ideologische Restriktionen usw.) Energieverbrauch ist aus der Sicht des Verbrauchers nie Selbstzweck, sondern immer notwendiges Übel. Niemand fliegt über den Ozean, um mal ein paar Tonnen Kerosin zu verbrennen, sondern man ist auf Geschäfts-, Kultur- oder Vergnügungsreise. Der Natur ist es dabei völlig gleichgültig, ob die Abgase aus dem Auspuff eines Sportwagens kommen, der ”zum Vergnügen“ über die Autobahn gescheucht wird oder aus Flugzeugtriebwerken des Bildungsbürgers auf Kulturreise nach Ägypten. Jede Energieproduktion belastet Umwelt und Gesellschaft. Egal ob in einem Stausee der Regenwald verschwindet, Menschen für einen Tagebau umgesiedelt werden, Landschaften durch Wind-

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1.3 Weltenergiebedarf parks zerstört werden oder psychische Belastungen (die aber durchaus individuell gesundheitsbelastend sein können) entstehen ( ”Atomindustrie“, ”Klimakatastrophe“, Bergbau). Energieformen müssen auch gesellschaftlich–kulturell akzeptiert werden. Diese Akzeptanz kann sehr unterschiedlich sein und sich regional sprunghaft ändern. Betrachtet man vorstehendes Bild, kann man sehr anschaulich den Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Entwicklung und Umweltbelastung in der Zukunft (hier 2035) erkennen: Die Größen der Flächen sind ein unmittelbares Maß für die Umweltbelastung der Erde. Die Flächenbreite ist die jeweilige Bevölkerung, die Höhe die spezifische Schadstoffproduktion (hier CO2 ). Wenn man die drei Regionen Rußland, China und Europa betrachtet, ist der höhere Schadstoffausstoß pro Kopf nicht nur in einem unterschiedlichen technischen Entwicklungsstand begründet, wie dies immer wieder gern dargestellt wird. Sondern es müßte Europa ein entsprechender Anteil zugeschlagen werden, da Rußland sein Rohstofflieferant und China seine verlängerte Werkbank ist. In diesem ursächlichen Zusammenhang liegt die maßgebliche Begründung für einen internationalen Handel mit Schadstoffzertifikaten.

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2 Wirtschaftlichkeit 2.1 Berechnungsansätze für die Wirtschaftlichkeit Üblicherweise wird in der Stromwirtschaft ein Preis für die Kilowattstunde berechnet, der die gesamten Betriebs- und Investitionskosten über die gesamte Lebensdauer der Anlage abdeckt. Allen anfallenden Kosten für diesen Zeitraum steht die in diesem Zeitraum (wahrscheinlich) produzierte Energiemenge gegenüber. Da die Kosten zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen und die Zeiträume recht lang sind, müssen sie auf einen Gegenwartswert umgerechnet werden. Hierfür sind Annahmen für Zinssätze und Inflationsraten nötig. Die zugrunde gelegten Zinssätze können – je nach Unternehmen und dessen ”Risikoaufschlages“ und den angesetzten Zeiträumen – recht unterschiedlich sein. Ein staatlicher Energieversorger hat günstigere Kreditkonditionen als ein privates Unternehmen. Eine Anleihe mit einer Laufzeit von 15 Jahren (normalerweise) geringere Sätze als eine Anleihe über 50 Jahre. Bei den speziellen Inflationsraten gestaltet sich die Abschätzung noch schwieriger. Wie die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, können beispielsweise Lohn-, Material- und Brennstoffkosten sehr unterschiedliche Steigerungsraten haben. Für eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsrechnung sind die Ergebnisse als übliche ”€/MWh“ nur bedingt aussagekräftig. Sie sind ohne genaue Kenntnis der Berechnungsmethode und deren konkreten Zahlenwerte mit äußerster Vorsicht zu genießen. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Zahlenwerte nur geringfügig unterscheiden. Andere Ansätze Der obige Ansatz kommt aus der Zeit der öffentlichen Versorger mit Monopolstellung. Der Strompreis (für den Verbraucher) ergibt sich aus allen Kosten plus einem Gewinn für das Unternehmen. Wegen der Monopolstellung sind diese Preise genehmigungspflichtig. Für ”freie“ Strommärkte und unabhängige Erzeuger sind eigentlich andere Modelle erforderlich. Bei einem Versorger mit ausschließlichem Versorgungsgebiet ergibt sich der ”Strompreis“ als Mittelwert aus seinem Kraftwerkspark. Es ist allenfalls eine interne Optimierung möglich. Wird z. B. die Leistung der Gaskraftwerke wegen zu hoher Gaspreise gedrosselt, reduzieren sich zwar die Ausgaben für das Gas, aber gleichzeitig gehen die spezifischen Stromkosten der Produktion in den Gaskraftwerken wegen der geringeren Auslastung in die Höhe. Als eigentliche Einsparung verbleibt nur die Differenz.

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2 Wirtschaftlichkeit Gibt es unabhängige Lieferanten, stellt sich die gleiche Situation völlig anders dar. Hier ergibt sich der Strompreis nicht aus den Kosten wie vor, sondern wird auf dem Markt (z. B. an einer Strombörse) gemacht. Steigt der Gaspreis und die Besitzer der Gaskraftwerke können diese Preissteigerung nicht am Markt durchsetzen, machen sie Verluste. Es ist jedoch nicht sinnvoll, ihre Kraftwerke vollständig vom Netz zu nehmen, denn dann hätten sie überhaupt keine Einnahmen mehr. Sie müssen – wohl oder übel – mindestens so viel Strom zum Marktpreis liefern, daß ihre Verluste ein Minimum erlangen. Wieviel das sein muß, hängt von der Höhe des Gaspreises und von der Zusammensetzung des gesamten Kraftwerksparkes des ”Liefergebietes“ ab. Es ergeben sich für einen sog. ”liberalisierten Strommarkt“ folgende Besonderheiten: • Die Gestehungskosten setzen sich aus der Summe der Fixkosten (hauptsächlich Investition) und variablen Kosten (hauptsächlich Brennstoff) zusammen. Sind die Gestehungskosten höher als der Marktpreis, macht das einzelne Unternehmen Verlust. • Der einzelne Kraftwerksbetreiber kann den Brennstoffpreis (als Nachfrager) und den Strompreis (als Lieferant) nur sehr begrenzt beeinflussen. Ist der Markt groß genug, spielt selbst sein Verschwinden keine Rolle. • In einem Strommarkt trägt derjenige, der hohe Investitionen getätigt hat und damit hohe Fixkosten zu tragen hat, ein erhöhtes finanzwirtschaftliches Risiko. In dem Maße, wie eine Umwandlung von einem Versorgungssystem in einen Strommarkt in Deutschland politisch (angeblich) gewünscht war, nahm der Neubau von Kombikraftwerken (auch GuD genannt) zu. Dieser Kraftwerkstyp besitzt geringe spezifische Investitionskosten. • Ein ”liberalisierter Strommarkt“ hat die Tendenz wieder ein Monopol zu bilden, da durch die steigende Anzahl von Anbietern die Möglichkeit einer internen Risikostreuung immer geringer wird. Gerade die kleinen Anbieter sind gehalten, möglichst kleine Amortisationszeiträume anzustreben, um überhaupt kalkulierbare Kreditkonditionen zu erhalten. Um eine Konkurrenz in einem Versorgungsgebiet aufrechtzuerhalten, muß der Kreis der Lieferanten immer weiter ausgedehnt werden. Der Prozeß wird auf größerem Gebiet fortgesetzt. Am Ende steht eine Situation, vergleichbar in der Mineralölwirtschaft: Es gibt einige wenige Konzerne, die weltweit tätig sind. • Gegenüber konventionellen Kraftwerken besitzen Wind- und Photovoltaikkraftwerke exorbitant hohe Investitionskosten. Ihre Stromerzeugungskosten

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2.2 Deutschland innerhalb Europas bestehen nahezu nur aus Fixkosten. Marktwirtschaftlich betrachtet, hätten sie auch heute kaum Chancen finanziert zu werden. Deshalb wurde zur Planwirtschaft gegriffen und ein garantierter Strompreis bestimmt, der noch ausreichend garantierten Profit abwirft, damit Banken überhaupt in der Lage sind, diese zu finanzieren. Dies auf Kosten der Allgemeinheit. Ordnungspolitisch ist das ”Einspeisegesetz“ nichts weiter, als ein Schattenhaushalt. Der Staat wollte aus politischen Gründen ”Regenerative Energien“, sah aber gleichzeitig nicht mehr die Möglichkeit weiterhin die Steuern zu erhöhen, ohne seine Wähler zu verprellen. • Das ”Einspeisegesetz“ besitzt eine Eigendynamik. Da der Profit staatlich garantiert erscheint, wollen immer mehr in dieses Geschäft einsteigen. Die überhöhten Vergütungen für die politisch gewollte Einspeisung ziehen aber die allgemeinen Strompreise immer weiter in die Höhe. Alle stromintensiven Unternehmen, die gezwungen sind, auf dem Weltmarkt zu konkurrieren, können längerfristig nur ins Ausland abwandern – sofern ihre Belegschaften nicht bereit sind, über Lohnkürzungen diesen Standortnachteil auszugleichen. • Da aber keine Mauer mehr die ”Neue Planwirtschaft“ stützt, wird zusätzlich noch Strom aus den Nachbarstaaten auf den Deutschen Markt drängen. So paradox dies klingt, der zwar ”politisch nicht so korrekte“, aber billigere Strom aus dem Ausland ist sogar erwünscht, damit die Inlandspreise nicht explodieren. Hier findet dann die zweite Verlagerung von Gewinnen, Steuern und Arbeitsplätzen statt.

2.2 Deutschland innerhalb Europas Bisher war die Stromproduktion in Europa national organisiert. Die Versorgungsgebiete entsprachen den Nationalstaaten. Ob dies gut oder schlecht ist, soll hier nicht diskutiert werden. Inzwischen hat sich ein Mischsystem ergeben. Es sei hier nur erwähnt, daß das ”alte“ System der nationalen Stromversorger durchaus einer Konkurrenz auf europäischer Ebene entsprach. Der (jeweilige) europäische Raum hatte stets (in etwa) so viele Stromversorger wie Nationalstaaten. Dies zeigte sich in deutlich unterschiedlichen Strompreisen und unterschiedlichen Kraftwerksparks. Dies wird sich zukünftig ändern. Am schnellsten und tiefgreifensten in Deutschland – sofern die bisherige Planwirtschaft beibehalten wird.

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2 Wirtschaftlichkeit

2.2.1 Was bisher geschah Unter der Rot-Grünen Regierung wurde die Stromversorgung ideologisiert, wie seit den 1930er Jahren nicht mehr. Zur Durchsetzung der politischen Ziele wurden zwei Strategien parallel durchgezogen: 1. Zerschlagung der bisherigen Versorger und Bildung der ”großen Vier“: RWE, e.on, EnBW und Vattenfall. 2. Einführung der Planwirtschaft mit Entbindung der Politik von der Verantwortung. Die Bundesrepublik Deutschland hatte eine föderal organisierte Stromversorgung, wie schon die Firmennamen bezeugten: Hamburger Elektrizitätswerke, Berliner, Badenwerke, Bayernwerke, Preussen-Elektra usw. Diese Struktur mußte zerschlagen werden, um planwirtschaftlich besser handeln zu können. Die ”Regionalfürsten“ – quer durch alle Parteien – wurden durch einen warmen Geldregen gewonnen. Die Parole hieß unter Ausnutzung des Zeitgeistes: ”An die Börse bringen“. Kein Ministerpräsident konnte bei der Aussicht auf zusätzliche, außerhalb der Steuereinnahmen liegende Mittel, widerstehen. Kritiker aus der ”Basisbewegung“ wurden ruhig gestellt durch die Aussicht auf ”Stadtwerke“, in denen ”dezentrale Energie“ gemacht werden sollte. ”Dezentrale Energie“ wurde hierbei irrtümlich mit Umweltschutz und ”regenerativen Energien“ gleichgesetzt. In der Energiewirtschaft war von vorne herein klar, daß Stadtwerke in der neuen Planwirtschaft nicht überlebensfähig sind und deshalb bald wieder von den ”Großen Vier“ beherrscht werden würden. Um Kritikern aus dem Ausland entgegenzutreten, wurde sogar ein ausländischer Konzern auf den Deutschen Markt gebeten: Vattenfall. Vattenfall erfüllte für diesen Zweck drei ideale Voraussetzungen: Es war ein schwedisches Staatsunternehmen, was allen ”Kapitalismuskritikern“ den Wind aus den Segeln nahm, es war (schwedisch) sozialdemokratisch geprägt, also für die eigene Partei besonders vertrauenswürdig und auch vom grünen Koaltionspartner wegen des ”Atomausstiegs der Schweden“ akzeptiert. Wer wollte sich schon mit der tatsächlichen ”Atompolitik“ von Vattenfall und deren erklärtem Interesse an der Nutzung der Mitteldeutschen Braunkohle auseinandersetzen? Galt es nicht wieder einmal, ”schlimmeres zu verhindern“? Hatte doch schon die – zwar auch staatliche – aber wegen ”ihrer Atompolitik“ nicht wohl gelittene französische EDF bei der EnBW den Fuß in der Tür und ”US-amerikanische Kapitalisten“ versuchten im Mitteldeutschen Braunkohlerevier zu investieren. Übertönt wurden all diese Bestrebungen von dem ”Ausstieg aus der Atomwirtschaft“ und der schönen neuen Welt der ”Regenerativen Energien“, bei Verhinderung der ”Klimakatastrophe“. Konnte man doch gegen die ”Profitgier der Atomlobby“ und dem ”Marktversagen der Konzerne“ die gute alte Planwirtschaft diesmal

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2.2 Deutschland innerhalb Europas nicht bloß zur ”Rettung der Menschheit“, sondern gleich zur ”Rettung der Erde“ einsetzen. Vielleicht diesmal sogar mit Erfolg? Mag das heute alles etwas grotesk erscheinen, darf man nicht verkennen, welch schweren Stand ”Linke Politik” zu dieser Zeit in Deutschland hatte: Hartz IV einerseits und leere Staatskassen andererseits. Man durfte beim Betreten des ”Dritten Weges“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus nicht die neugewonnene ”Mitte der Gesellschaft“ durch allzu offenes Eintreten für die Planwirtschaft verprellen. Planwirtschaft war selbst im ”Beitrittsgebiet” zu negativ besetzt, obwohl dort Sozialismus nach wie vor salonfähig war, wie der Anteil der ”SED Nachfolgepartei“ mit zunehmendem Stimmenanteil zeigte. Die regierenden Parteien SPD und Grüne wollten die ”Regenerativen Energien“ durchsetzen. Einerseits um sich in der liebsten Rollen der Politiker als ”Retter der Menschheit“ gegen die ”Klimakatastrophe” und ”Erschaffer von Arbeitsplätzen“ zu geben und andererseits die ”eigene Klientel“ zu stützen. Klassische staatliche Investitionsprogramme hätten weitere Steuergelder gekostet und den ”Gestaltungsspielraum als Politiker“ weiter eingeschränkt. In dieser Zwangslage verfielen die Architekten der Planwirtschaft auf das ”Einspeisegesetz“. Die eigene Klientel wurde gefördert, indem sie für ein unverkäufliches Produkt eine staatliche Absatzgarantie zu überhöhten Preisen bekam. Nicht einmal eine neue Erfindung: Ganz ähnlich wurde schon ”Landwirtschaftspolitik“ zur Produktion von ”Milchseen“ und ”Butterbergen“ betrieben. Allerdings muß man damaligen Politikern zu gute halten, daß die Subventionen direkt aus dem ”Steuersäckel“ flossen und damit auch die Verantwortung für Steuererhöhungen und Staatsverschuldung zu tragen war. Die ”Neue Linke“ ging geschickter vor. Sie machte das Geschäft zu Lasten Dritter: Die Subventionen mußten durch die Stromversorger aufgebracht werden, die diese Kosten aber an den Stromverbraucher durchreichen durften. Der perfekte ”Schattenhaushalt“ war geschaffen. Die Politik konnte – befreit von Etatzwängen – bestimmen, welche Energieformen und wieviel davon eingesetzt werden. Stellschraube hierfür, sind die staatlich festgelegten (unterschiedlichen) Preise bei staatlich festgelegtem Abnahmezwang. Eigentlich eine höchst interessante Fragestellung für Verfassungsrechtler! So eine tiefgreifende ”Industriepolitik“ hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Tiefgreifender waren auch nicht die Eingriffe des Staates in der ehemaligen ”DDR“. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied: In der ”DDR“ übernahm die alleinige und volle Verantwortung die ”Partei“. Beim ”Einspeisegesetz“ wird die Verantwortlichkeit geschickt kaschiert. Die Preisfestsetzung und Aktualisierung erfolgt unbeobachtet von Öffentlichkeit und Parlament. Die Wirkung (Strompreise) tritt zeitlich stark verzögert und gedämpft auf. Der Staat hat sich durch die Aufhebung der früher umfassenden Genehmigungspflicht für Stromtarife geschickt aus der Verantwortung gestohlen. Strompreiserhöhungen sind für Politiker nicht länger eine direkte und unmittelbare Folge ihrer Gesetzgebung, sondern ausschließlich das Ergebnis der

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2 Wirtschaftlichkeit ”Profitgier der Konzerne“. Durch das ständige Drehen an der ”Einpeisevergütung“ können bei Bedarf die ”politisch korrekten“ Unternehmen und ihre Eigentümer unterstützt und die Unternehmen die sich dem ”gesellschaftlichen Fortschritt“ in den Weg stellen, abgestraft werden.

2.2.2 Was geschehen wird Sachlich begründete Investitionen sind in einer Planwirtschaft kaum möglich. Ein Unternehmen was weiterhin erfolgreich und selbstständig agieren will, ist gezwungen im Ausland zu investieren. Bevorzugte Standorte sind die Nachbarländer, weil von dort aus der Deutsche Markt mit versorgt werden könnte. Hierfür ist es sinnvoll, frühzeitig Kapital zu verlagern. Die Trennung vom Verteilnetz in Deutschland und der teilweise Verkauf von Kraftwerken ist eine willkommene Möglichkeit. Außerdem ist der beste Investitionsschutz, der Teilverkauf an ausländische Eigentümer. Je mehr Kapital aus dem Ausland in Deutschland investiert ist, je unrealistischer sind Blütenträume über ”Vergesellschaftung der Energiewirtschaft“. Wie gut ”Verstaatlichung“ im Rest der Welt ankommt, mußten schon andere Sozialisten erfahren. Noch ist Deutschland Nettoexporteur, insofern sind zusätzliche Kraftwerke in unseren Nachbarländern willkommen, zumal stark steigende deutsche Strompreise erwartet werden müssen. Insbesondere wenn Kraftwerke mit hohen spezifischen Investitionskosten (Kernkraftwerke, modernste Kohlekraftwerke) gebaut werden, ist dies willkommen. Dieser Zubau kann bedarfsgerecht veraltete Kraftwerke (insbesondere in östlich gelegenen Regionen) oder Stromimporte ersetzen. Sobald die Schwelle erreicht ist, bei der der Strom aus den neuen Kraftwerken billiger ist, als der in Deutschland produzierte, kann der Export beginnen. Ist der Preiswettbewerb ruinös genug, kann man sogar Kraftwerke in Deutschland billig zurückkaufen. Insbesondere die mit Erdgas befeuerten Kombikraftwerke können bei erneuten Ölpreissteigerungen sehr schnell in die Verlustzone laufen. Ihre ”Klimafreundlichkeit“ gegenüber Kohlekraftwerken wird dann sprichwörtlich werden, wenn sie durch ”Atomstrom“ aus dem benachbarten Ausland ersetzt werden. Bei dem Deutschen Mischpreismodell darf nicht vergessen werden, daß die konventionellen Kraftwerke die überteuerte ”Alternativenergie“ mitfinanzieren müssen. Egal ob konventionelle Kraftwerke ausscheiden oder zusätzliche ”regenerative Kraftwerke“ gebaut werden, verteuert sich immer der Durchschnittspreis. Es läßt sich somit durch die Außerbetriebnahme der günstigen Kraftwerke eine Aufwertsspirale für die Strompreise in Deutschland in Gang setzen. Den zur Zeit billigsten Strom produzieren ältere Braunkohle- und Kernkraftwerke. Wird tatsächlich ein internationaler CO2 –Handel etabliert, kann es schnell passieren, daß der Strom aus modernen Kohlekraftwerken im benachbarten Ausland billiger ist, als der inländisch in veralteten Braunkohlekraftwerken produzierte. Soll eine seriöse Sicherheitspolitik betrieben werden, müßten alte Kernkraftwerke schrittweise durch modernere

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2.3 Die Kapitalvernichtung ersetzt werden. Eine Erkenntnis, die sich inzwischen sogar in Schweden durchgesetzt hat und dort gesellschaftlich akzeptiert wird. In diesem Zusammenhang sollte vielleicht nicht vergessen werden, daß die Stillegung für unsicher befundener Kernkraftwerke allen Ostblockstaaten beim Beitritt zu Europa abverlangt worden ist. Vielleicht fühlen sich diese Staaten eines Tages durch nicht mehr dem Stand der Technik entsprechende deutsche Kernkraftwerke genauso bedroht, wie sich Deutschland durch die Kernkraftwerke sowjetischer Bauart gefährdet fühlte. Aus der Erfahrung mit der deutschen ”Anti-Atomkraft-Bewegung“ sollte man gelernt haben, wie stark sich ”Atomängste“ verstärken lassen, wenn sie mit dem Wunsch ”gesellschaftlicher Veränderung“ kombiniert werden.

2.2.3 Der Weg dahin Es ist klar, daß die Fiktion einer Stromgewinnung ausschließlich aus ”regenerativer Energie“ irgendwann in sich zusammenbricht. Sei es, aus politischer Einsicht oder durch nicht mehr tragbare Kosten. In der ersten Phase wird man versuchen, die Situation zu ”verschlimmbessern“. Wird der Druck der Deutschen Industrie und die Arbeitsplatzverluste zu hoch, wird man versuchen die Preise für Industrie und Gewerbe partiell zu stabilisieren. Die bekannte Armada aus ”progressiven Wissenschaftlern“ und ”Energieexperten“ wird sich in Zusammenarbeit mit ”Arbeitnehmervertretern“ und sonstigen ”gesellschaftlich relevanten Gruppen“ sofort um Lösungen bemühen. Da der Staatshaushalt auch weiterhin vornehmlich für ”soziale Zwecke“ benötigt wird, wird ein gespaltener Tarif eingeführt: • Preiswerter Strom für ”sozial Schwache“, ”Bildungseinrichtungen“, ”ökologische Landwirtschaft“, usw. • Doppelt teurer Strom (wegen der Subventionen für den preiswerten Strom) für ”profitgierige Konzerne und Banken“, ”umweltschädliche Betriebe“, ”Besserverdiener“ usw. Die Festlegung der Preise wird – insbesondere vor jedem Wahlkampf – in unendlichen Talkshows diskutiert und in ”Montagsdemos manifestiert“ werden. Der Strompreis wird zu einer neuen Sondersteuer mutieren, die die schwer durchsetzbare Vermögenssteuer als ”Instrument im Klassenkampf“ nicht nur ersetzt, sondern in ihrer ”Feinsteuerung“ noch übertrifft.

2.3 Die Kapitalvernichtung Es wird täglich mehr Geld in Windräder und Photovoltaikanlagen investiert. Obwohl diese Anlagen wegen ihrer Nicht–Verfügbarkeit (Windstille, Nacht) nur min-

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2 Wirtschaftlichkeit derwertige Energie erzeugen, muß sie zu staatlich garantierten Preisen abgenommen werden. Eine absurde Situation, die nicht lange aufrechterhalten werden kann. Genauso wenig, wie staatlich garantierte Milchpreise oder die ”deutsche Steinkohlensubvention“. Immer, wenn solche Systeme durch ihre Eigendynamik zu teuer werden, kommt zwangsläufig der Umschwung. Die Eigendynamik liegt in der (vermeintlich) festgeschriebenen Gewinnspanne. Wie schon von ”Bauherrenmodellen, Schiffsbeteiligungen usw.“ bekannt, springen immer mehr Vertriebsorganisationen auf diesen Zug auf. Dies führt zwangsläufig zur Entwicklung von immer schlechteren Standorten. Die Neukunden lassen sich wie bei einem Schneeballsystem von den Gewinnen der Vorgänger blenden. Muß irgendwann der Anstieg der Strompreise aus volkswirtschaftlichen Gründen gestoppt werden, bricht der komplette Markt in sich zusammen. Plötzlich läuft alles rückwärts. Es werden nur noch Marktpreise erzielt. Alle Kalkulationen die von ständig steigenden Preisen und Preisgarantien ausgingen, sind Makulatur. Es ist bei diesen Geschäften üblich, mit hoher Fremdfinanzierung (Bankkredite) zu arbeiten, um über einen möglichst großen Hebel zu überdurchschnittlichen Gewinnen zu kommen. Gier ist immer der beste Verkäufer. Das (eigentlich) ersichtliche überdurchschnittlich hohe Risiko, wird vom Anleger ausgeblendet. Die Windparks und Photovoltaikanlagen mit den schlechtesten Randbedingungen werden als erste pleite gehen. Es beginnt ein von ”Hypothekenkriesen“ bekannter Mechanismus: Die Werte bestehender Anlagen verfallen, weil plötzlich Anlagen aus Konkursen billig zu haben sind. Dadurch wiederum entsteht für die Hersteller ein enormer Kostendruck, weil schlagartig Überkapazitäten zu Tage treten. Es wird klar, daß die schönen Arbeitsplätze in der ”Ökoindustrie“ genauso unsicher, wie weiland die Arbeitsplätze im Deutschen Steinkohlebergbau waren. Wer wird hier die ”Sozial- und Anpassungsprogramme“ finanzieren? Oder ging es bei der neuen Planwirtschaft nur darum, erst einmal Probleme zu schaffen, die man anschließend vorgeben kann zu lösen? Wer wird diesmal zum Sündenbock erklärt?

2.4 Der tatsächliche Wert von Wind und Sonne Es gibt keinen Sonnenkollektor der nachts Strom produziert. Ebenso keine Windkraftanlage die bei Flaute Energie erzeugt. Es gibt in absehbarer Zeit auch keine Speicher in der erforderlichen Größenordnung. Selbst wenn es sie eines Tages geben sollte, ist aber mit jedem Speichervorgang (Energiewandlung, Lagerung und Rückwandlung) ein Energieverlust verbunden. Um diesen Verlust an elektrischer Energie zu ersetzen, müßten zusätzliche – der ohnehin sehr teuren Anlagen – gebaut werden. Natürlich kosten die Speicher selbst auch noch Geld. Auf absehbare Zeit müssen deshalb für alle Wind- und Sonnenkraftwerke nahezu gleich viele thermische

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2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid Kraftwerke betrieben werden. Diese werden treffend ”Schattenkraftwerke“ genannt. Für eine Diskussion der Wirtschaftlichkeit von Wind und Sonne ist festzuhalten, daß diese Schattenkraftwerke komplett (Investition, Personal und sonstige Fixkosten) über den Strom-Verkaufspreis finanziert werden müssen. Als absolute Obergrenze für den Wert der ”zufälligen Energien“ können daher nur die Kosten für den gesparten Brennstoff dienen. Nur diese Brennstoffkosten, geteilt durch die mit Wind und Sonne produzierte Strommenge, ergeben den marktgerechten Strompreis! Mit diesem Strompreis müssen zuerst alle Betriebskosten, Versicherungen, Wartungskosten usw. abgedeckt werden. Was dann noch übrig bleibt, kann für den Kapitaldienst verwendet werden. Abschätzung dieses Strompreises Betrachtet man den vorhandenen Kraftwerkspark in Deutschland, ist es am günstigsten (für Wind und Sonne) die Erdgas und Steinkohle–Kraftwerke als Schattenkraftwerke einzusetzen: Die Wasserkraftwerke brauchen keinen Brennstoff und bei Braunkohle- und Kernkraftwerken ist nicht nur der absolute Preis sehr gering, sondern eine verringerte Förderung bzw. erhöhte Zykluszeit verringert kaum die Kosten. Es erscheint also sinnvoll, nur den Preis für Erdgas und Steinkohle zu betrachten. Für die Mengenrelation sollte der Anteil des aus Erdgas (12,3 % in 2007) und Steinkohle (21,8 % in 2007) in Deutschland erzeugten Stroms herangezogen werden. Für die Brennstoffmengen die Wirkungsgrade (53 % für Kombikraftwerke, 45 % für Steinkohle) der heute im Dienst befindlichen Kraftwerkstypen. Der sich daraus ergebende Betrag, ergibt den tatsächlichen Marktwert für Wind- und Sonnenenergiestrom.       € € € < 0, 681·Erdgaspreis +1, 42·Steinkohlepreis Strompreis kW h kW h kW h (2.4.1) Dies ist eine Abschätzung des maximalen Wertes, weil z. B. erhöhte Netzkosten (Transport von der Nordseeküste nach Bayern), Kosten für Regelenergie und Teillastbetrieb der vorhandenen Kraftwerke etc. noch gar nicht berücksichtigt wurden. Setzt man in obige Formel die Preise für Erdgas und Kesselkohle von 2007 ein, ergibt sich eine marktgerechte Vergütung von weniger als 2 Cent! Es dürfte für jeden Kreditsachbearbeiter einer Bank kein Problem sein, mal die Kreditgewährungen mit diesem Strompreis neu zu berechnen. Ein Schelm wer da an die Hypothekenkriese in den USA denkt.

2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid Sicherlich gilt die alte Weisheit: Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Insofern scheint es notwendig, irgendeinen Preis für CO2 einzuführen. Dieser Preis

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2 Wirtschaftlichkeit soll den Mangel (in diesem Fall für den Lagerraum in der Erdatmosphäre) widerspiegeln. Allerdings wird hier die Modellvorstellung des ”Kappheitspreises“ – wie schon bei der Energiesteuer – leicht überdehnt. Normalerweise hat ein ”knappes Gut“ wegen der hohen Nachfrage auch eine entsprechend hohe Gewinnspanne. Genau dieser ”Profit“ ist es aber, der andere Produzenten anregt, ebenfalls dieses Gut zu produzieren. Durch die Erhöhung des Angebotes bildet sich ein neuer ”Gleichgewichtspreis“ auf niedrigerem Niveau. Genau hierin liegt aber die Schwäche der Modellvorstellung für die Umkehr auf Schadstoffe: Durch die Einführung eines künstlichen Preises für den Schadstoff wird kein Gewinn erzeugt, sondern im Gegenteil Kosten produziert. Diese Kosten belasten die Unternehmen. Sie verringern ihren Gewinn oder müssen über den Preis an die Verbraucher weitergegeben werden. Gleichzeitig sind aber zur Vermeidung von CO2 gewaltige Investitionen nötig, die zusätzlich – bei fallenden Einnahmen – finanziert werden müssen. Dieser Zusammenhang ist schon von der ”Lohnfindung“ her bekannt: Werden die Löhne aus politischen Überlegungen (Gewerkschaften, Parteiinteressen) erhöht, müssen diese Kosten entweder weitergegeben werden – sofern das überhaupt möglich ist – oder sog. ”Rationalisierungsmaßnahmen“ setzen ein. Es entsteht entweder Inflation und/oder (angeblich nicht gewollte) Arbeitslosigkeit. Beides ist volkswirtschaftlich nachteilig.

2.5.1 Zusätzliche Kosten auf dem Energiesektor Werden die Kosten der Energie durch Einführung eines (künstlichen) Preises für Schadstoffe erhöht, führt dies im ersten Schritt zur Verringerung des Gewinns bei der Energieerzeugung. Sofern dies möglich ist, müssen daher die Verkaufspreise entsprechend erhöht werden. Ist dies nicht möglich, führt das kurz oder lang zur Geschäftsaufgabe. In der Zwischenzeit wird die Doppelbelastung aus zusätzlichen Kosten für die Schadstoffproduktion und die Investition in ”effizientere Technik“ durch sparen an anderer Stelle überbrückt. Typischerweise werden die Personalkosten gesenkt, weil dies zumeist der einzige oder zumindest am schnellsten beeinflußbare Sektor ist. Es beginnt ein fataler und sich teilweise überlagernder Vorgang: • Innerbetrieblich: In dem Maße, wie sich die Gewinne verringern, müssen Sparmaßnahmen ergriffen werden. Personalkosten werden durch Lohnsenkungen und Verringerung des Personalbestandes gesenkt. Neuinvestitionen werden gestreckt. Der vorhandene Kraftwerkspark wird möglichst lange genutzt. Diese Maßnahmen sind für den Umweltschutz kontraproduktiv, da der Anschluß an den neuesten Stand der Technik verloren geht. • Finanztechnisch: Je geringer die heutige und die absehbar zukünftige Gewinnspanne relativ zu anderen Investments ist, je weniger Kapital fließt in

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2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid den Bereich der Energieversorger. Die Aktienkurse sinken und die Kredite werden teurer. Um diesen Beginn eines bekannten Teufelskreises so lange wie möglich hinauszuzögern, wird das ”De–investment” selbst vorgenommen. Gewinne werden nicht ”re–investiert“ sondern ausgeschüttet oder damit Aktienrückkaufprogramme durchgeführt. Reicht dies nicht aus oder werden die Aussichten der Branche zukünftig noch düsterer eingeschätzt, wird Kasse gemacht und Anlagenteile (noch) günstig verkauft. Mit diesen (außerordentlichen) Einnahmen wird im Ausland investiert. Das Kapital ist halt scheu wie ein Reh! • Volkswirtschaftlich: Steigt der Strompreis national weiter, setzt volkswirtschaftlich eine Scherenbewegung ein. Privathaushalte und ortsgebundene Unternehmen können dem Kostendruck nicht ausweichen und müssen zahlen. Für sie wirkt jede ”Abgabe“ auf Energie wie eine Zusatzsteuer. Da man aber bekanntermaßen jeden Euro nur einmal ausgeben kann, müssen sie mit Konsumverzicht in anderen Bereichen reagieren. Unternehmen die ins Ausland ausweichen können – sei es über Wareneinkauf oder Produktion – werden dies tun (müssen). Unterschiedliche Energiepreise wirken dabei nicht unmittelbar, sondern als schleichendes Gift. Niemand verlagert eine Produktion sofort, nur weil die Strompreise steigen. Aber bei der nächsten Neuinvestition (z. B. Modellwechsel in der Autoindustrie) wird eine neue Kostenanalyse erstellt. In diese gehen selbstverständlich auch die lokalen Energiekosten ein. Als erste – aber nicht als einzige – wechseln energieintensive Produktionen in Länder mit günstigeren Energiepreisen. Irgendwann können wir uns das ”Wohlstandshobby“ Sonnenenergie sogar leisten: Wenn soviel Arbeitsplätze vernichtet worden sind, daß der Stromverbrauch so niedrig geworden ist, daß wir uns das bischen Reststrom als Luxus auch nicht mehr leisten können. Ein Schelm, wer dabei an die ”Kollektivierung der Landwirtschaft“ im real vergangenen Sozialismus denkt. Wer den vorgenannten Thesen kritisch gegenübersteht, sollte sich etwas aufmerksamer mit den Abläufen in der deutschen ”Stromindustrie“ beschäftigen. Der Personalabbau bei den Energieversorgern und deren Zulieferindustrie in Deutschland in den letzten Jahrzehnten war gigantisch. Dagegen fallen die künstlich geschaffenen und am Leben gehaltenen Arbeitsplätze in den ’”Alternativenergien“ kaum ins Gewicht. Der Kraftwerkspark in Deutschland ist so alt wie noch nie. Jeder Neubau, auch auf international höchstem Niveau (Umweltschutz, Wirkungsgrad und sogar Kraft-Wärme-Kopplung) wird sofort mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln diffamiert und bekämpft. Der Abfluß von Kapital aus Deutschland geht schleichend, aber stetig weiter. Wenn sich nur ein Bruchteil der Neubaupläne für

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2 Wirtschaftlichkeit Kernkraftwerke Deutscher Energieversorger im Ausland verwirklicht, gehen Milliarden an Steuern, Sozialabgaben usw. für Jahrzehnte verloren. Man kann dann nur noch hoffen, daß uns unsere Nachbarn ”billigen Atomstrom“ auch billig verkaufen, damit uns wenigstens noch einige Arbeitsplätze in den produzierenden Bereichen erhalten bleiben.

2.5.2 Das planwirtschaftliche Märchen von guten und schlechten Sektoren Wenn es tatsächlich ein Problem mit der Freisetzung von Kohlendioxid gibt, ist es egal woher das CO2 –Molekül kommt. Man kann einem ”globalen Problem“ auch nur ”global“ begegnen. Der Erdatmosphäre dürfte es egal sein, ob das ”Treibhausgas“ aus dem Auspuff eines Autos stammt oder einem Kraftwerk. Ebenso dürfte es keine Rolle spielen, ob es aus einem hiesigen oder einem Schornstein im fernen China ausgetreten ist. • Wenn Kohlendioxid ein Schadstoff ist, muß jedes CO2 – Molekül mit gleichen Kosten belegt werden. Bei welchem Prozeß (Verkehr, Kraftwerk) es am effektivsten vermieden werden kann, ergibt sich gerade aus dem ”Enheitenpreis“. Dies ist der Lackmustest ob es um Umweltschutz oder Politik geht. Wer für unterschiedliche Preise oder gar Freistellung einzelner Wirtschaftszweige plädiert, will in Wirklichkeit Planwirtschaft und tarnt sich nur als Umweltschützer. • Die Verminderung der Freisetzung von Kohlendioxid kann nur global erfolgen. Von einer ”Klimakatastrophe“ sind definitionsgemäß alle Erdenbürger betroffen. Ebenso profitieren auch alle von der ”Globalisierung“. Wem soll man denn das CO2 –Molekül, das aus einem Fabrikschornstein in China, Indien oder Vietnam entweicht, hinzurechnen? Dem dortigen Arbeiter oder dem Träger der dort produzierten Jacke in Europa? Zusammenfassend muß noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden: Wenn die Freisetzung von Kohlendioxid aus Umweltschutz verringert werden soll, muß dies bei geringsten wirtschaftlichen Nachteilen erfolgen. Die Freisetzung von CO2 ist kein Selbstzweck, sondern ein Abfallprodukt. Eine Bevorzugung einzelner Sektoren oder Verfahren ist nicht zulässig. Man muß Entwicklungs- und Schwellenländer technisch und wirtschaftlich unterstützen.

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2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid

2.5.3 Die Problematik der Internalisierung von externen Kosten Dies war mal der Grundgedanke der Umweltschutzbewegung und ist die Ursache dafür, daß fast alle Umweltschutzgruppen und Parteien ”links“ sind. Aus der Tatsache, daß Abfälle umsonst in die Umwelt abgeladen werden konnten, konnte man hervorragend ein ”Marktversagen“ konstruieren und die längst totgesagte Planwirtschaft wiederbeleben. Abfälle sind zunächst Stoffe, die man nicht mehr selbst gebrauchen kann, die aber auch gleichzeitig keinen Verkaufswert mehr besitzen. Sie werden erst zu Schadstoffen, wenn sie für Mensch und Natur schädlich sind. Oft hängt dies von der Konzentration ihres Auftretens ab. Wendet man diese Überlegungen auf Kohlendioxid an, erkennt man die Problematik einer wirtschaftlichen Bewertung. CO2 kommt bei fast allen biologischen Prozessen vor und ist z. B. für Pflanzen lebensnotwendig. Es ist ein ”Naturstoff“. Seine ”Schädlichkeit“ ergibt sich erst aus seiner Konzentration. Wobei noch nicht einmal gesagt ist, für wen und durch welche Wirkungen es schädlich sein soll. Es bleibt eine Tatsache: Die quantitative Definition der Schädlichkeit von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre bleibt beliebig und daher immer umstritten, weil wissenschaftlich unmöglich. Ernsthaft kann man sich nur auf eine qualitative Aussage einigen, die da lautet: ”Zuviel, wird wohl schädlich sein“. Wie viel uns das (geld)wert ist, muß eine rein politische Entscheidung bleiben. Genau in dieser Beliebigkeit dürfte der Grund liegen, warum die ”Klimakatastrophe“ sich als Antrieb und Bindeglied aller ”Linken Kräfte und fortschrittlichen Gruppen“ nach dem Zusammenbruch des ”Real Existierenden Sozialismus“ etabliert hat. Es scheint die einzige Begründung zu sein, warum man doch noch eine Planwirtschaft zur ”Rettung der Menschheit“ brauchen müßte. Schadstoffe jedenfalls, wurden bisher immer über ihre meßbare Schädlichkeit definiert. Nachdem man beispielsweise die Schädlichkeit von Quecksilber für Menschen und Tiere erkannt hatte, setzte eine weltweite Bewegung ein, dieses ”Gift“ von der Umwelt fern zu halten. Es wurden auf der Verbrauchsseite (z. B. Trinkwasser) und auf der Abfallseite (z. B. Abgase aus Kohlekraftwerken) Grenzwerte mit dem Ziel erlassen, zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten eine Verbreitung möglichst vollständig einzustellen. Fernziel ist dabei tatsächlich, die vollständige Verbannung aus der Biosphäre. Genau dies wäre aber für das ”Pflanzennahrungsmittel“ Kohlendioxid absoluter Irrsinn. Dieser – nicht auflösbare – Wiederspruch, ist bei den folgenden Maßnahmen zu beachten.

2.5.4 Verteuerung über Steuern Steuern sind (in Deutschland) nicht zweckgebunden, sondern kommen alle in einen großen Topf. Ausschließlich das Parlament bestimmt nun darüber, für welche Aus-

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2 Wirtschaftlichkeit gaben (über die Aufstellung und Beratung eines Haushaltes) diese Einnahmen verwendet werden. Die Diskussion, welche Steuern in welcher Höhe erhoben werden sollen, ist so alt wie die Steuersysteme. Jede Steuer verteuert das zugehörige Produkt, verschiebt damit die relativen Preise und wirkt somit lenkend. Steuern und Steuersätze festzulegen, ist deshalb eine rein politische Aufgabe. Diese Zusammenhänge waren zu Beginn der ”ökologischen Bewegung“ ein leidenschaftlich und ausführlich diskutiertes Thema. Wichtig war in diesem Zusammenhang die Betrachtung neue ”Ökosteuern“ aufkommensneutral zu erheben und damit ihre lenkende Wirkung noch zu verstärken. Je mehr die ”Ökobewegung“ von Sozialisten und Kommunisten vereinnahmt worden ist, je mehr wurden solche Betrachtungen schon im Ansatz erstickt und die ”Ökosteuer“ ist zu einem reinen Abkassieren verkommen. Ja, teilweise wurde ihr ursprünglicher Sinn sogar ins Gegenteil verkehrt (”Rasen für die Rente“). • Soll eine CO2 –Steuer der Verringerung der Freisetzung von Kohlendioxid dienen, muß sie allgemeingültig sein und nicht nur einzelne Sektoren belasten. Allenfalls die Geringfügigkeit kann als Auschlußkriterium dienen. Der Ort der Erhebung muß immer der Übergang zum Brennstoff sein. Nutzung als Rohstoff oder ”Fernhaltung“ von der Atmosphäre – eventuell sogar die Entfernung daraus – kann über eine Steuerrückzahlung erstattet werden. • Wird eine CO2 –Steuer nur national erhoben, kann es prinzipiell zu Ausweichreaktionen kommen. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen dürften jedoch gering sein, wenn die Erhebung aufkommensneutral (parallele Senkung von anderen Steuern!) erfolgt. Ergeben sich tatsächliche Härten, könnten diese über Ausnahmen gemildert werden. Jede Steuer entzieht (indirekt) Kapital. Ein Unternehmen muß die CO2 –Steuer an seine Kunden durchreichen können, will es gleichzeitig in Kohlendioxid vermeidende Neuanlagen investieren. Ist die Belastung durch die CO2 –Steuer geringer als die Mehrkosten der Vermeidung, verpufft ihre Lenkungswirkung. • Bei einem Vermeidungs-Modell über Steuern, ergibt sich der folgende grundsätzliche Widerspruch: Durch die Steuern wird Kapital entzogen, welches aber gleichzeitig für Investitionen zur Vermeidung von Kohlendioxid benötigt wird. Ein solches Modell hat daher – in Bezug auf den Umweltschutz – den gleichen Konstruktionsfehler wie die ”Ökosteuer“.

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2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid

2.5.5 Verteuerung durch Zuweisung und Handel Bei diesem Modell geht man davon aus, daß eine Institution (”der Staat“) eine CO2 – Menge festlegt, die in einem bestimmten Zeitraum freigesetzt werden darf. Diese Gesamtmenge wird nun auf alle Emittenten nach einem vorgegebenen Schlüssel verteilt. Diejenigen, die mehr verbrauchen, als ihnen (kostenlos) zugeteilt wurde, müssen sich von denen, die weniger verbraucht haben, Zertifikate zukaufen. In der Theorie stellt sich nun der ”Knappheitspreis“ durch den Handel an einer Börse ein und es werden automatisch die wirtschaftlich optimalen Investitionen zur Vermeidung getätigt. • Die Menge Kohlendioxid in der Erdatmosphäre, die ”schädlich“ sein soll, ist nicht eindeutig bestimmt. Hierüber wird es immer Auseinandersetzungen geben. Es ist daher folgerichtig, die Festsetzung den (demokratisch gewählten) Regierungen zu überlassen. • Die Festlegung der Gesamtmenge ist recht robust gegen Irrtümer und sollte iterativ erfolgen: War sie zu hoch angesetzt, wird der Handelspreis mangels Nachfrage sehr gering. Umgekehrt ist der Handelspreis ein Maßstab für die wirtschaftlich vertretbare Geschwindigkeit der Absenkung. Wird der Preis und die daraus resultierenden Konsequenzen als zu nachteilig angesehen, muß die Rate der Verringerung entsprechend verkleinert werden. • Richtig zum Tragen kommen die (theoretischen) Vorteile einer Verminderung der Freisetzung zu geringsten Kosten erst, wenn dieses System weltweit eingeführt würde. Der Aufwand verhält sich in der Technik nicht linear, sondern die Kosten steigen exponentiell mit dem bereits erreichten Standard an. Insofern würden automatisch die Anlagen mit dem schlechtesten Wirkungsgrad zuerst ersetzt und der ”Gewinn für die Umwelt“ wäre am größten. • Problematisch ist bei diesem Modell die Verteilung der Zuweisungen: Dies betrifft sowohl die Sektoren, die Nationen, wie auch die jeweils zukünftige Verteilung. Startwert, sollte der weltweite Istzustand aller fossilen Brennstoffe sein. • Da jedes CO2 –Molekül gleichschädlich ist, kommt nur die Gleichbehandlung aller Sektoren in Frage. Es sollte nicht zwischen Sektoren wie Verkehr und Stromerzeugung unterschieden werden. Im Gegenteil: Einzig und allein der Preis sollte über die Reduktion entscheiden. Die Zuweisung sollte deshalb über die Brennstoffe erfolgen. Für jede Maßeinheit eines jeden Brennstoffes läßt sich der Anteil des freigesetzten Kohlendioxides genau bestimmen. Jeder, der Brennstoffe verkauft (auf Großhandelsebene) muß für die entsprechende

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2 Wirtschaftlichkeit Menge Zertifikate nachweisen. Die Bevorzugung einzelner Brennstoffe durch die Politik, wird bewußt verhindert. Wer Kohle statt Erdgas verbrauchen will, muß dafür eine höhere CO2 –Abgabe entrichten. Selbst zukünftige Maßnahmen integrieren sich von selbst in dieses System: Wer beispielsweise aus Kohle Synthesegas erzeugt und dabei Kohlendioxid abscheidet und fachgerecht endlagert, braucht für diesen Anteil keine Zertifikate. • Die Verbrennung von fossilen Brennstoffen ist kein Selbstzweck, sondern führt zu Wohlstand. Insofern ist eine weltweite Reduktion von CO2 nur schwer durchzusetzen. Wenn CO2 für die Erdatmosphäre schädlich ist, woher nimmt dann ein Europäer das Recht, mehr davon freizusetzen als ein Inder? Bei dem heute sehr unterschiedlichen Niveau, wäre die Forderung einer gleichmäßigen Senkung nur die Fortsetzung des Kolonialismus. Wir müssen den Entwicklungsländern einen (noch) steigenden Energieverbrauch zugestehen. Wir können andere Menschen nur zum Mitmachen bewegen, wenn es ihnen auch Vorteile bringt. Ein – zugegeben radikaler Weg – wäre die nationalen Zuteilungen gemäß eines einheitlichen Wertes pro Kopf der Bevölkerung vorzunehmen: Die Industrieländer hätten automatisch zu wenige und die Entwicklungsländer zu viele Zertifikate. In der Konsequenz bedeutet das, die Entwicklungsländer können (vorläufig) weiterhin ohne Zusatzkosten Kohlendioxid freisetzen und können sofort durch den Verkauf ihrer Überschußzertifikate Einnahmen erzielen. Umgekehrt müssten die Industrieländer dafür bezahlen. Auf dieser Ebene ist sicherlich Zustimmung zu gewinnen, da die Entwicklungsländer für ihren geleisteten Wohlstandsverzicht erstmalig entschädigt würden. Um aber gleichzeitig die technischen Entwicklungen zu stimulieren, sollten die Zertifikate unterschiedlicher Regionen nicht 1:1 umgetauscht werden. Es müßten festgelegte ”Wechselkurse“ eingeführt werden. Für international definierte Sektoren (Verkehr, Stromerzeugung etc.) müßten die spezifischen Verbrauchsdaten (z. B. CO2 – Freisetzung pro erzeugter kWh Strom) in jedem regionalen Handelsraum ermittelt werden. Die Region mit den besten Werten wird zur ”Leitwährung“ erhoben, alle Zertifikate der anderen Regionen werden entsprechend abgewertet. Man kann also nur Kosten senken, indem man weniger fossile Brennstoffe verbraucht. Egal ob durch Verzicht oder über bessere Wirkungsgrade. • Bei allen Zuteilungssystemen stellt die gerechte Berücksichtigung von ”neuen Teilnehmern“ wohl die größte Herausforderung dar. Als Startwert kann die Istverteilung dienen. Jeder bekommt im nächsten Jahr die gleichen Anteile, wie er im Basisjahr verbraucht hat. Wie lange kann das aber so weitergehen? Technische Anlagen veralten und müssen irgendwann (sinnvollerweise) stillgelegt werden. Es sollte aber verhindert werden, daß Altanlagen

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2.5 Die Preisfindung für Kohlendioxid nur noch in Betrieb gehalten werden, um kostenlos Zertifikate zugeteilt zu bekommen. Gleichzeitig werden ständig neue Anlagen gebaut, für die ebenfalls kostenlos zugeteilte Zertifikate zur Verfügung stehen müssen. • Werden die für eine Handelsregion in einer Gültigkeitsperiode zur Verfügung stehenden Zertifikate nicht zugewiesen sondern versteigert, ergeben sich zwei Vorteile: Die Verteilungsproblematik ist gelöst. Wer meint, daß er Zertifikate braucht, muß diese an der zuständigen Börse erwerben. Zu welchem Preis, entscheidet von Anfang an der Markt. Diese Lösung besitzt gegenüber allen anderen Modellen noch den Vorteil, gleichzeitig die Investitionsfrage zu lösen. Die ”Zentralbank“ die im Auftrag der Regierungen die Zertifikate schafft, erzielt hierdurch Einnahmen. Diese Einnahmen müßten zweckgebunden zur Reduktion von Kohlendioxid eingesetzt werden. Beispielsweise als ”Abwrackprämien“ für Altanlagen mit schlechtem Wirkungsgrad oder für Energiesparmaßnahmen in Gebäuden. Die ”Vernichtung von Nachfrage“ kommt indirekt allen Verbrauchern bei der nächsten Versteigerung zu gute. Um Transparenz zu schaffen, sollten die Mittel umgekehrt nach dem maximalen Einsparpotential versteigert werden. Wichtig ist hierbei, daß den Energieverbrauchern kein Kapital entzogen wird, sondern für die Verringerung der CO2 –Menge wieder zur Verfügung gestellt wird. Dieses Modell hat nur einen Sinn: Die Senkung der CO2 –Menge in der Erdatmosphäre und nicht das ”Abkassieren“. • Die Nationalstaaten erscheinen als natürliche Bilanzräume. Es können sich jedoch mehrere Bilanzräume mit jeweils einer Börse zu einem Handelsraum zusammenschließen. Grundlage kann ein internationales Abkommen sein, dem Nationalstaaten freiwillig beitreten können. Je ersichtlicher der gemeinsame Vorteil ist und je geringer der Nachteil für ein einzelnes Land, um so schneller und geräuschloser dürften die Beitritte erfolgen.

2.5.6 Verteuerung durchSanktionen Üblicherweise werden für Stoffe, die als biologisch schädlich erkannt wurden, Grenzwerte erlassen. Für CO2 gibt es aber in den Konzentrationen der Erdatmosphäre keine biologisch wirksame Schädlichkeit. Es gibt allenfalls eine sehr indirekt konstruierte Wirksamkeit über das Klima. Dabei darf nicht vergessen werden, daß ”Klima“ definitionsgemäß der gleitende Mittelwert des ”Wetters“ über 30 Jahre ist. Also Zeiträume, die sich in menschlichen Maßstäben nur sehr schlecht erfassen lassen. Wenn es also prinzipiell keine Schwellwerte für eine biologische Schädlichkeit gibt, können auch keine fundierten Grenzwerte für eine Freisetzung abgeleitet werden. Aber vielleicht übt gerade diese Beliebigkeit den Reiz auf politische Gruppierungen aus? Deutlich wird dies bei

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2 Wirtschaftlichkeit der Festlegung von Grenzwerten für den CO2 –Ausstoß bei Autos. Diese sind nach naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten völlig aus der Luft gegriffen. Sie sollen lediglich Kosten verursachen und damit den ”Transport“ in eine politisch gewollte Richtung lenken. Dies ist ein eindeutiger Mißbrauch von Grenzwerten, der dessen wichtige Funktion auf ewig diskreditieren wird (und soll?). Wir sollten uns daher hüten, die CO2 –Problematik weiterhin auf diesem Weg lösen zu wollen.

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3 Fossile Energien 3.1 Erdöl Erdöl wird auch ”Schwarzes Gold“ genannt, da aus ihm die Treibstoffe praktisch aller Verkehrs- und Transportmittel gewonnen werden und es der Rohstoff nahezu der gesamten chemischen Industrie ist. Durch seine geringere Dichte als Wasser, steigt es in der Erdkruste auf und tritt (trat) an manchen Orten sogar an der Oberfläche hervor. Dort reagiert es mit Luft und bildet asphaltartige Stoffe. Die Förderung konventionellen Erdöls erfolgt heute in folgenden Phasen: 1. In der ersten Phase wird Öl durch den natürlichen Druck des eingeschlossenen Erdgases oder durch Pumpen an die Oberfläche gefördert (primary oil recovery) 2. In der zweiten Phase (secondary oil recovery) werden Wasser oder Gas unter hohem Druck in das Reservoir gepresst und damit zusätzliches Öl aus der Lagerstätte gefördert. 3. In einer dritten Phase (tertiary oil recovery) werden Dampf (Verringerung der Viskosität), Polymere (Aufrechterhaltung der Porösität), Chemikalien (Fließverbesserung) eingespritzt, mit denen die Nutzungsrate nochmals erhöht wird. Interessant im Zusammenhang mit CO2 –Abscheidung ist das Verpressen von CO2 zur gleichzeitigen Ölgewinnung und Entsorgung. Je nach Vorkommen werden in den beiden ersten Phasen jeweils 10–30 % des vorhandenen Öls gefördert; insgesamt in der Regel also nur 20–60 % des vorhandenen Öls. Mit steigenden Ölpreisen ist damit zu rechnen, daß sich die tertiäre Förderung verstärken wird. Weltreserven Für das Jahr 2004 wurden die bestätigten Weltreserven je nach Quelle auf etwa 1100 bis 1300 Milliarden Barrel geschätzt. Reserven sind Ölvorräte, die geortet sind und mit der heute zur Verfügung stehenden Technik wirtschaftlich gewonnen werden können. Oder mit anderen Worten: Je höher der aktuelle Ölpreis ist, je höher dürfen die Förderkosten sein. Hinzu kommen technische Entwicklungen in der Bohrtechnik, Förderung in größeren Wassertiefen, bessere Entölung vorhandener Lagerstätten

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3 Fossile Energien usw. Die ”Endlichkeit“ der Ölvorräte ist daher sehr relativ. Solange es Ölförderung gibt, haben die Weltvorräte immer für etwa 30 bis 50 Jahre ausgereicht – ein eher finanzmathematisches Ergebnis. Schon die Ölsuche und die Erschließung von Ölfeldern ist sehr kapitalintensiv. Ein zu schnelles Bereitstellen von Ersatz wäre schlicht weg unwirtschaftlich. Nichts desto trotz, wird das baldige Versiegen der Ölvorräte von politisch interessierten Kreisen gerne zur Panikmache mißbraucht. Viel wahrscheinlicher ist es, daß das ”Ende des Ölzeitalters“ ebenso wenig wegen des Versiegens der Vorräte endet, wie die Steinzeit wegen des Mangels an Steinen zu Ende gegangen ist. Transport und Lagerung Einer der Hauptgründe für den ”Siegeszug des Erdöls“ über andere Energieträger, ist seine einfache Transportierbarkeit: Erdöl ist bei moderaten Temperaturen flüssig und damit pumpbar. Es ist weder gasförmig noch fest. Es kann somit in großen Mengen von Punkt zu Punkt durch Rohrleitungen oder weltweit flexibel in einfachen Schiffen kostengünstig transportiert werden. Eine Lagerung zur zeitlichen Entkoppelung von Förderung und Verbrauch kann in einfachen Tanklagern oder in unterirdischen Kavernen erfolgen. Durch diese Flexibilität ist es zur ”Leitwährung“ für alle Energieträger geworden. Erst durch die relativ geringen Transportkosten und die nahezu beliebige Umleitung von Tankern zwischen den Verbrauchszentren ist eine Preisbildung nach Angebot und Nachfrage möglich. Nicht selten, wechseln Tankerladungen an den Rohstoffbörsen während ihrer Reise mehrfach den Besitzer. Die vielgescholtenen ”Spekulanten“ übernehmen hierbei die Funktion einer Versicherung. Es kann wegen der großen Entfernungen Monate dauern, bis das an einer Quelle geförderte Rohöl in einer Raffinerie verbraucht wird. Der ”Spekulant“ wettet nun auf einen unbekannten Preis in der Zukunft. Würde es den Spekulanten nicht geben, müßte das Risiko der Preisänderung von den Lieferanten bzw. Verbrauchern übernommen werden. Es wäre jedenfalls nicht aus der Welt. Es müßte auf jeden Fall anderweitig abgedeckt werden, allerdings weniger transparent. Weltverbrauch Der tägliche Verbrauch weltweit lag im Jahr 2008 bei etwa 87 Millionen Barrel. USA (20,1 Millionen Barrel), Volksrepublik China (6 Millionen Barrel), Japan (5,5 Millionen Barrel) und Deutschland (2,7 Millionen Barrel) waren im Jahr 2003 Hauptverbraucher des Erdöls. Der Weltverbrauch steigt derzeit um 2 % pro Jahr an. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei den Industriestaaten deutlich höher als bei Entwicklungsländern. So lag der Verbrauch in den USA 2003 bei 26,0 Barrel pro Einwohner, in Deutschland bei 11,7, während in China statistisch auf jeden Einwohner 1,7 Barrel kamen, in Indien 0,8 und in Bangladesch nur 0,2 Barrel pro Kopf verbraucht wurden.

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3.2 Erdgas

3.2 Erdgas

Abbildung 3.2.1: Das europäische Erdgasnetz der Hochdruckleitungen Erdgase sind Gasgemische deren Hauptbestandteil Methan ist. Ihre Zusammensetzung schwankt stark, je nach Lagerstätte und geringfügig, je nach Förderzeitpunkt. Insbesondere wenn es als sog. ”Begleitgas“ bei der Erdölförderung anfällt, enthält es viele sog. ”Kondensate“ (Ethan, Propan, Butan, Ethen usw.). Insbesondere in den USA auch mehrere Prozent Helium. Diese höheren Kohlenwasserstoffe und Helium sind nach der Abtrennung wertvolle Produkte. Weitere Bestandteile sind Schwefel, Kohlendioxid und Stickstoff. Diese Schadstoffe bzw. Inertgase werden vor einem Weitertransport abgetrennt. Zur Anwendung werden die Sorten ”Erdgas L“ (ca. 85 % Methan, 4 % Alkane und 11 % Inertgas) mit einem geringeren Heizwert und ”Erdgas H“ (aus der Nordsee: ca. 89 % Methan, 8 % Alkane und 3 % Inertgas; Russengas: ca. 98 % Methan, 1 % Alkane und 1 % Inertgas) mit einem höheren Heizwert unterschieden. Je länger die Transportwege sind, um so mehr lohnt es sich die Inertgase zu entfernen. Ebenso ist es sinnvoll, alle Kondensate zu entfernen, die bei einer Teilentspannung zur Bildung von Flüssigkeitströpfchen führen können, die Ventile usw. gefährden. LNG besteht nahezu zu 100 % aus Methan. Methan ist auch gut zum Betrieb von Hubkolbenmotoren geeignet, da es eine hohe Klopffestigkeit besitzt (im Gegensatz z. B. zu Propan und Wasserstoff). Der Brennwert von Erdgas liegt in der Bandbreite von 30–40 M J/m3 .

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3 Fossile Energien Transport und Speicherung Für einen wirtschaftlichen Transport über größere Entfernungen muß das Volumen entsprechend verringert werden. Dies kann entweder durch Verdichtung oder Verflüssigung geschehen. Ab etwa 3000 km soll der Energieaufwand für Verflüssigung und Transport in Tankern geringer sein, als der Aufwand zur wiederholten Verdichtung in einer Pipeline. Zukünftig könnte die Herstellung von Diesel und Kerosin vor Ort eine günstigere Alternative sein. Diese sehr hochwertigen Kraftstoffe könnten über die normale Transport- und Lagerkette in den Wirtschaftskreislauf eingeschleust werden.

Methanhydrat Auf den Meeresböden gibt es festes Methanhydrat, welches auch als ”Methaneis“ bezeichnet wird. Die weltweiten Methanhydratvorkommen werden auf 500–3000 Gt Kohlenstoff geschätzt. Es könnte also mehr Methanhydrat geben, als alle Erdöl und Kohlereserven zusammen!

3.3 Kohle Kohle ist ein schwarzes oder schwarz-bräunliches Material, welches aus pflanzlichen Resten entstanden ist. Sie besteht zu mehr als 50 Gewichtsprozent bzw. 70 Volumenprozent aus Kohlenstoff. Technisch unterscheidet man zwischen Braun- und Steinkohle. Die Braunkohle ist dabei noch oberflächennahe ”junge Kohle“, während Steinkohle durch weitere Umwandlung in tieferen Erdschichten entstanden ist.

3.3.1 Entstehung Kohle ist aus pflanzlichen Überresten unter Luftabschluß entstanden. Vor etwa 350 bis 300 Millionen Jahren (Erdzeitalter des Karbon) wuchsen auf der Erde riesige Farne mit baumartigen Ausmaßen. Wenn diese Farne in Sümpfe fielen, konnten sie wegen Sauerstoffmangels nicht verrotten und begannen sich umzuwandeln. Wurden diese Sümpfe abgedeckt, wurden sie infolge des Gewichts entwässert. Je dicker die Deckschicht war, je höher wurde der Druck und die Temperatur und der so genannte Prozeß der ”Inkohlung“ setzte ein, an dessen heutigem Ende die Steinkohlen stehen. Demgegenüber sind die Braunkohlen jüngeren Datums. Sie entstanden vor etwa 65 bis 3 Millionen Jahren (Erdzeitalter des Tertiär) aus versunkenen Bäumen. Ohne auf die komplizierten chemischen Prozesse und die erdgeschichtlichen Zusammenhänge näher einzugehen, lassen sich einige wichtige Konsequenzen für die Gewinnung und Nutzung ableiten:

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3.3 Kohle Kohle ist aus Pflanzenresten entstanden. Somit enthält Kohle auch alle Stoffe (Mineralien, Stickstoffverbindungen, Schwefel usw.), die ursprünglich von den Pflanzen aus der Luft und dem Boden aufgenommen wurden. Pflanzen sind teilweise sehr selektiv. Deshalb enthalten manche Kohlen z. B. merkliche Anteile an Quecksilber, Uran und sonstigen Schwermetallen, die zudem noch aufkonzentriert wurden. Dies ist bei der Verbrennung zu beachten. Durch die Inkohlung wurde die Kohle umgewandelt. Die Inkohlung ist ein komplexer chemischer Prozeß, der unter Sauerstoffabschluß bei Druck und Temperatur sehr langsam abläuft. Je nach geologischen Verhältnissen und Zeitdauer gibt es daher sehr unterschiedliche Kohlen. Für den Verbrennungstechniker bedeutet dies unterschiedliche Heizwerte, verschiedenes Verhalten bei der Verbrennung und zumindest in der Menge unterschiedliche Schadstoffe. Kohlen sind also nicht einfach austauschbar. Will man optimale Verhältnisse, muß für jede Kohle eine spezielle Anlage konstruiert werden. Die Erde hat sich verändert. Für die Standorte der Lagerstätten heute ist entscheidend, daß sich die Erde in den vergangenen Jahrmillionen erheblich und immer wieder verändert hat. Es gab völlig andere Kontinente (z. B. Gondwana, Pangaea) als heute und diese befanden sich an wechselnder Stelle auf dem Erdball. Schon diese Tatsache an sich, sorgte für immer wieder veränderte klimatische Verhältnisse. So kommt es, daß dort, wo heute ”ewiges Eis“ ist, vor Jahrmillionen tropisches Klima herrschte. Wo heute ”Binnenland“ ist, im Laufe der Erdgeschichte immer mal wieder Meer war. Dies erklärt z. B. die Bildung von Kohlenflözen in unterschiedlicher Tiefe. Glück für uns ist, daß dadurch die Kohlevorkommen ziemlich gleichmäßig über die gesamte Erde verteilt sind. Es gibt praktisch keine Region ohne Kohlevorkommen – wenn auch in unterschiedlicher Qualität und unterschiedlich schwierig abbaubaren Lagerstätten.

3.3.2 Verwendung Kohle besteht im wesentlichen aus Kohlenstoff. Damit ist sie nicht nur als Brennstoff verwendbar, sondern kann auch als Ausgang für chemische Produkte verwendet werden. Prinzipiell kann sie Erdöl und Erdgas vollständig ersetzen. In einigen Bereichen wie z. B. der Roheisengewinnung ist sie sogar überlegen. Ihre ”steinartige“ Beschaffenheit wird hier zum Vorteil. Ansonsten gereicht ihr ”ihre feste Form“ wegen der damit verbundenen ”Dosierbarkeit“ zum Nachteil und sie ist auch bei der allgemeinen Wärmeerzeugung verdrängt worden. Der Nachteil mangelnder

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3 Fossile Energien ”Automatisierbarkeit und Reinheit“ kann nur in möglichst spezialisierten Großanlagen kompensiert werden. Deswegen hat sie sich weltweit bei der Stromerzeugung durchgesetzt. Ihr konkurrenzlos geringer Brennstoffpreis schlägt auf diesem Gebiet alle Mehrkosten gegenüber Öl und Gas. Je mehr die Preise für Erdöl und Erdgas steigen, um so weiter wird die Kohle auch in andere Bereiche vordringen.

3.3.3 Umweltschutz Kohle besteht (mehr oder weniger) aus Kohlenstoff. Deshalb wird bei gleicher Wärmemenge der höchste Anteil Kohlendioxid freigesetzt. Dies wird von vielen sog. Umweltschützern als Nachteil gegenüber Erdgas mit seinem hohem Wasserstoffanteil angeführt. Kohle ist wegen ihrer festen Form nur sehr aufwendig zu verbrennen und in den meisten Wärmekraftmaschinen (Dieselmotoren, Gasturbinen usw.) überhaupt nicht einsetzbar. Ihre Nutzung geschieht deshalb fast ausschließlich über eine Verbrennung und Umwandlung in Wärme (Dampfkessel). Kombiprozesse wie beispielsweise in GuD-Kraftwerken mit ihren höheren Wirkungsgraden scheiden daher für Kohle aus. Der geringere Wirkungsgrad heutiger Dampfkraftwerke führt zu einem größeren spezifischen Energieeinsatz. Kohle enthält Mineralien, die nach der Verbrennung als Asche anfallen. Diese Aschen besitzen je nach Kohlensorte unterschiedliche Mengen und Eigenschaften. Die Verbrennung von Kohle ist daher schwierig und die Kohlen lassen sich nicht oder nur sehr schwer untereinander austauschen. Die direkte Verbrennung in Gasturbinen oder Großdieseln konnte deshalb bisher nicht zufriedenstellend verwirklicht werden. Die Asche verschleißt die Bauteile wie ein Sandstrahlgebläse. Bei manchen Aschen oder Verfahren liegt die Verbrennungstemperatur über dem Schmelzpunkt der Mineralien: Die Asche verflüssigt sich und wird nach der Ablagerung an den Bauteilen wieder fest. Bei Turbinen führt dies durch Unwuchten zur sofortigen Zerstörung. In mit Kohlenstaub gefeuerten Kesseln fällt die Asche nach erfolgter Verbrennung in einer sehr feinen Körnung an, die treffend als ”Flugasche“ bezeichnet wird. Teilweise ist sie lungengängig und muß aufwendig aus dem Abgasstrom herausgefiltert werden. Kohle enthält Schwefel, der sich im Abgas zu schwefliger Säure umwandelt. Diese Schwefelsäure kann sich über hunderte von Kilometern ausbreiten, bis sie abregnet. In den 1970er Jahren hat dies zum sog. ”Wald- und Seensterben“ geführt. Der Schwefel muß daher aus dem Rauchgas entfernt werden. Dies erfordert kostspielige Anlagen und ist deshalb leider immer noch nicht weltweiter Standard. Die Kohle enthält Stickstoffverbindungen, aus denen bei der Verbrennung Stickoxide entstehen. Dieser Reaktionsweg ist über Primärmaßnahmen (Verbrennungstemperatur, gestufte Verbrennung) nicht vollständig beherrschbar. Stickoxide wirken in der Natur als Dünger und bilden unter Sonneneinstrahlung Ozon. Düngung zum falschen Zeitpunkt und Ozon sind für alle Pflanzen sehr schädlich. Teilweise

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3.3 Kohle werden daher die Abgase einer sog. ”Entstickung“ unterzogen. Leider sind die zulässigen Grenzwerte für Stickoxide in vielen Gegenden der Welt aus Kostengründen noch sehr hoch. Quecksilber ist ein Nervengift. Es gibt deshalb weltweit die Bestrebung, eine Freisetzung in die Umwelt vollständig zu unterbinden. Manche Kohlen enthalten recht viel Quecksilber, das nach der Verbrennung zum großen Teil mit den Abgasen in die Umwelt gelangt. Besonders in den USA ist mit so scharfen Grenzwerten zu rechnen, daß eine Abscheidung erforderlich wird.

3.3.4 Bergbau Jede Form von Bergbau stellt einen Eingriff in die Umwelt dar. Es werden Löcher (Tagebau) und Gänge gegraben. Dabei wird die Landschaft zwangsläufig zerstört und umgeformt. Dort, wo die Kohle abgebaut wurde, verbleibt ein Hohlraum. Bei verlassenen Tagebauen ergibt dies eine Seenlandschaft. Verlassene Bergwerke stürzen im Laufe der Zeit ein, was zu kleinen Erdbeben und Absenkungen an der Oberfläche führt. Die Bergsenkungen führen zu Schäden an Gebäuden und dauerhaften Landschaftsveränderungen: Das Ruhrgebiet ist bereits so tief abgesackt, daß es teilweise unter Wasser stehen würde. Dies führt zu dem maßgeblichen Problem: Um Bergbau überhaupt betreiben zu können, muß ständig Wasser aus den Gruben abgepumpt werden. Bei Tagebauen führt dies zu großflächigen Grundwasserabsenkungen. Die Grundwasserleiter bleiben oft auch nach Aufgabe des Bergwerkes dauerhaft zerstört. Bei Bergwerken in größerer Tiefe werden Wasserleiter angeschnitten, die eigentlich keinen Kontakt zur Oberfläche haben. Mit dem Grubenwasser gelangen darin gelöste Stoffe in die Flüsse, die sehr umweltschädigend sein können.

3.3.5 Braunkohle Braunkohle ist bräunlich-schwarz und enthält bis zu 50 % Wasser, wodurch ihr Heizwert wesentlich geringer als bei Steinkohle ist. Eine Verbrennung ist erst nach erfolgter Trocknung möglich. Sie enthält bis zu 3 % Schwefel und viel Asche. Der Kohlenstoffgehalt der Trockenmasse beträgt über 50 % (70 % ihres Volumens). Es lohnt daher nur, sie in unmittelbarer Nähe der Grube zu verarbeiten. Heute wird sie fast ausschließlich in Kraftwerken verbrannt. Braunkohlen werden je nach Kohlenstoffgehalt in: Weich-, Hart-, Matt- und Glanzbraunkohle unterschieden. Förderung Braunkohle wird heute praktisch nur im Tagebau gefördert. Durch den Einsatz immer größerer Bagger und Förderanlagen ist ihre Gewinnung äußerst preiswert. Insbesondere in Deutschland geschieht der Transport zwischen Bagger und Kraftwerk unmittelbar über Förderbänder. Schon aus diesem Grund (hoher

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3 Fossile Energien Kapitaleinsatz) wird die Verstromung in der Grundlast angestrebt. Wegen des hohen Anteils an ”Nichtbrennbaren“ lohnt ein Transport über weite Strecken nicht. Die Asche wird – meist ebenfalls über Förderbänder – unmittelbar in die ausgekohlte Grube wieder eingebracht. Tagebaue erfordern einen sehr großen Landschaftsverbrauch. In dicht besiedelten Landstrichen ist die Umsiedlung kompletter Dörfer erforderlich. Nach Auskohlung ist eine Rekultivierung der Landschaft üblich. Ein großes Problem ist die Wasserhaltung. Während des Abbaues muß der Grundwasserspiegel unterhalb der Sohle abgesenkt und gehalten werden. Dies führt zu einem entsprechend großen Kegel um den Tagebau herum. Landwirtschaft und Natur sind hiervon betroffen. Durch das ”Umgraben“ der Landschaft sind die alten Grundwasserleiter dauerhaft zerstört. Das Befüllen der Restlöcher mit Wasser zu künstlichen Seen muß kontrolliert und mit Wasser aus Flüssen erfolgen. Läßt man die Löcher einfach natürlich volllaufen, ergeben sich durch Auswaschung – insbesondere der Aschen – ”tote“ Gewässer. Das eingefüllte Wasser muß quasi einen Gegendruck gegen das eindringende Grundwasser aufrecht erhalten können. Heute wird diese Technik gut beherrscht und führt zu echten ”Badeseen“. Sie ist allerdings sehr kostspielig, da das Flußwasser meist nicht nur herangepumpt, sondern vorher gereinigt werden muß. Veredelung Will man Braunkohle nicht direkt in einem angeschlossenen Kraftwerk verfeuern, muß sie zur weiteren Nutzung veredelt werden. Im ersten Schritt wird sie hierzu gemahlen und von ihren bis zu 50 % Wasser befreit. Dieser ”Braunkohlenstaub“ kann in Silofahrzeugen rationell in der Region verteilt werden und als hochwertiger Brennstoff in Industrieanlagen (z. B. rheinische Zuckerfabriken, Heizwerk in Berlin, Zementwerke usw.) genutzt werden. Klassischerweise werden aus dem Staub Briketts für den Hausbrand und das Gewerbe gepreßt. In den 1940er Jahren wurde in Deutschland aus Braunkohle in großem Umfang Benzin hergestellt. Wegen des (bis lang) billigen Rohöls wurde diese Nutzung vollständig aufgegeben. In der ehemaligen ”DDR“ wurde bis zu ihrem Untergang aus Braunkohle synthetisches Gas hergestellt. Auch dieser Zweig ist (momentan) durch das billige Erdgas verdrängt worden. Im Rahmen der beständigen Verbesserung von Wirkungsgraden bei Kraftwerken, setzt sich der Trend einer grundsätzlichen Trocknung vor der Verbrennung durch. Beheizt man solche speziellen Trocknungsanlagen mit Abdampf der Kraftwerke, lassen sich praktisch die gleichen Wirkungsgrade wie bei Steinkohlekraftwerken erzielen. Die Energie, die zur Verdampfung des gebundenen Wassers in der Rohbraunkohle benötigt wird, wird nicht durch die Verbrennung im Kessel bereitgestellt, sondern durch Anzapfdampf aus der Turbine, der – so zu sagen – bereits Arbeit geleistet hat. Allerdings ist dieses Verfahren großtechnisch recht aufwendig

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3.3 Kohle

und teuer. Vorräte Im Jahre 2005 wurden weltweit über 909 Million Tonnen gefördert. Die drei größten Förderländer sind Deutschland (176 MioTo/a), China (100 MioTo/a) und die USA (76 MioTo/a). Die zu heutigen Preisen förderbaren Reserven werden weltweit mit über 283.000 Millionen Tonnen und die nachgewiesenen Vorräte mit 3.000.000 Millionen Tonnen angegeben. Allein in Deutschland würden die Vorräte, die nach Angaben der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) zu gegenwärtigen Preisen und mit dem Stand der heutigen Technologie gewinnbar sind, bei konstanter Förderung (176,3 Millionen Tonnen im Jahre 2006) noch für etwa 230 Jahre ausreichen. Grenzen sind somit allenfalls durch den Umweltschutz gegeben. Es ist im Gegenteil bei einer Verteuerung des Rohöls und Erdgases auch in Deutschland von einer verstärkten Nutzung auszugehen. Es sei daran erinnert, daß allein die ”DDR“ vor ihrem Untergang 300 Millionen Tonnen pro Jahr gefördert hat! Nimmt man die exorbitant hohen Preise für Wind- und Sonnenenergie als Basis, dürften erhöhte Umweltschutzkosten keine Einschränkung sein. Selbst die Abscheidung und Lagerung von CO2 verliert dann ihren wirtschaftlichen Schrecken. In Kombination mit Kernenergie, dürfte bereits zu heutigen Rohölpreisen die Produktion von synthetischen Kraftstoffen aus Braunkohle konkurrenzfähig sein. Nötig, ist allein ein politisches Umdenken!

3.3.6 Steinkohle Steinkohle ist der deutsche Sammelbegriff für hochwertige Kohlen mit geringem Wasser- und Aschengehalt. International klassifiziert man eher nach ”hard coals“ (Hartkohlen) die auch die Hartbraunkohlen und Anthrazit umfassen, die jedoch in Deutschland kaum vorkommen. Kohlensorten ”Ruhrkohlen“ werden nach dem Gehalt an flüchtigen Bestandteilen (F.B.), bezogen auf die wasser- und aschefreie Kohle (abgekürzt: waf), in folgende Kohlenarten eingeteilt: ”Gasflammkohlen“ [> 35 % F.B. (waf)], ”Gaskohlen“ [35 - 30 % F.B. (waf)], ”Fettkohlen“ [30 - 20 % F.B. (waf)], ”Esskohlen“ [20 - 14 % F.B. (waf)], ”Magerkohlen“ [14 - 10 % F.B. (waf)] und ”Anthrazit“ [< 10 % F.B. (waf)]. Fettkohle ist die am häufigsten vorkommende Kohlensorte im Ruhrgebiet. Ihr Wassergehalt liegt meist unter 20 %, ihr Kohlenstoffgehalt bei etwa 88 % in der wasserfreien Kohle. Der Schwefelgehalt beträgt unter 1 %. Fettkohle verbrennt wegen ihres hohen Anteiles an flüchtigen Bestandteilen mit einer

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3 Fossile Energien

Abbildung 3.3.1: Einteilung der Kohlesorten in Deutschland und international. langen, leuchtenden und stark rußenden Flamme. Aus Esskohle kann ein gesinterter Koks hergestellt werden, der mit kurzer Flamme und vergleichsweise wenig Rauchentwicklung verbrennt und deshalb besonders für Hausbrandkessel geeignet ist. Am oberen Ende der Kohlen steht Anthrazit (griechisch: Glanzkohle) mit über 91 % Kohlenstoff (waf). Sie besitzt einen hohen Heizwert bei großer Härte und hat ein metallisch glänzendes dunkles Grau als Farbton. Da im Anthrazit nur wenige flüchtige Bestandteile gebunden sind, verbrennt sie mit sehr kurzer und heißer, bläulicher Flamme. Ruß und sichtbare Verbrennungsgase entstehen kaum. Handelbarkeit Steinkohlen besitzen wegen des geringen Wassergehaltes – im Gegensatz zu Braunkohle – einen hohen Heizwert. In vielen Fällen ist sogar der Aschegehalt recht gering. Sie lassen sich daher auch über größere Entfernungen mit Schiff und Bahn kostengünstig transportieren. Der Bau von Kraftwerken kann daher verbrauchsnah erfolgen und erfordert kein entsprechend ausgebautes Stromnetz. Zusätzlich kann damit auch die Wärme in Fernwärmenetzen oder industriell genutzt werden. Steinkohlen (guter Qualität) sind recht flexibel einsetzbar und es hat sich dadurch ein stabiler internationaler Handel etabliert. Es werden heute die weltweit kostengünstigsten Vorkommen abgebaut und mit Schiffen über die gesamte Welt verteilt. Ein typischer Vertreter für diese Entwicklung ist Deutschland: Obwohl es über große Mengen in bester Qualität verfügt, ist es günstiger Kohle

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3.4 Problematik des Kohlendioxids aus Südafrika oder Australien zu beziehen. Im Jahr 2008 wurden in Deutschland nur noch 17,7 Millionen Tonnen gefördert aber 46 Mio to importiert. Trotzdem ist dies nur ein Bruchteil des seewärtigen Steinkohlenhandels von über 820 Mio to gewesen. Inzwischen schwanken die internationalen Kohlepreise sehr stark und synchron mit den Ölpreisen. Im ersten Halbjahr 2008 bewegten sich die Spotpreise für Kraftwerkskohle in Nord-West-Europa zwischen 102 und 106 €/toSKE, ein Jahr später bewegten sie sich wieder deutlich unter 70 €/toSKE. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß große nationale Unterschiede für langfristige Verträge bestehen. Sowohl Kraftwerke wie auch Bergwerke sind sehr kapitalintensiv. Es sind daher beide Seiten an langfristig kalkulierbaren Investitionen interessiert. Verfügbarkeit Anders als Öl und Gas ist Kohle ziemlich weit verbreitet. Die größten Reserven lagern in den USA (213.316 Mio to), China (167.000 Mio to) und Indien (95.000 Mio to). Die Amerikaner bezeichnen sich oft scherzhaft als ”Saudi-Arabien der Kohle“. Glücklich an dieser Reihenfolge ist, daß diese drei Regionen heute und in Zukunft die Länder mit dem höchsten Energieverbrauch sind. Diese Tatsache dürfte sich stabilisierend auf Preise und politische Umstände auswirken. Die Weltreserven betragen 736.112 Mio to. In diesem Zusammenhang ist die Definition von ”Reserven“ von Bedeutung: Gemeint sind die zu heutigen Preisen und mit heutiger Technik förderbaren Vorkommen. Die angegebenen Daten beziehen sich auf das Jahr 2006. Somit erklärt sich die für Laien oft paradox anmutende Tatsache ständig gleichbleibender Rohstoffreserven. In diesem Sinne sind die angegebenen ”Ressourcen“ von geschätzt 8.817.728 Mio to bedeutender. Allerdings ist diese Zahl wesentlich diskussionswürdiger, weil je nach Standpunkt, z. B. die Tiefe bis zu der Kohle zukünftig abgebaut wird, anders ausfällt. Erinnert sei nur an die verschiedenen Meinungen wann und ob überhaupt, Steinkohlenbergbau in Deutschland wieder stattfindet.

3.4 Problematik des Kohlendioxids Kohlendioxid (CO2 ) entsteht bei jeder Verbrennung von fossilen Brennstoffen oder Biomasse. Die Freisetzung durch menschliche Aktivitäten wird heute überwiegend als schädlich betrachtet. Es trägt zu einer Erwärmung der Atmosphäre (sog. Treibhauseffekt) und zu einer Versauerung der Meere bei. Durch die Menschheit werden heute (2008) etwa 36 Milliarden Tonnen im Jahr bei der Energienutzung erzeugt. Eigenschaften Kohlendioxid ist ein farb- und geruchloses Gas. Es ist mit einer Konzentration von ca. 0,04 % ein natürlicher Bestandteil der Luft. Es entsteht sowohl bei der vollständigen Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Substanzen unter

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3 Fossile Energien

ausreichendem Sauerstoff als auch im Organismus von Lebewesen bei der Zellatmung. Umgekehrt sind Pflanzen in der Lage, CO2 durch die KohlenstoffdioxidFixierung in Biomasse umzuwandeln. So produzieren Pflanzen beispielsweise bei der Photosynthese aus anorganischem CO2 Glukose (”Traubenzucker“). CO2 ist aufgrund seiner inneren Dipolmomente gut in Wasser löslich. Bei Raumtemperatur unter Normaldruck liegt die Sättigung bei 1700 mg/l, während sie bei O2 bereits bei 9 mg/l und bei N2 bei 20 mg/l erreicht wird. Es besitzt im technischen Sinne drei herausragende Eigenschaften: 1. Unterhalb einer Temperatur von -78°C ist es bei Umgebungsdruck fest. Dieser Zustand wird ”Trockeneis“ genannt, da es sublimiert, das heißt direkt – ohne Flüssigkeit – in den Gaszustand übergeht. 2. Sein Dampfdruck bei 20°C beträgt lediglich 57,3 bar. Es ist also in einer Druckgasflasche (Zapfanlage, CO2 –Kartusche) bereits flüssig und kann deshalb leicht (geringes Volumen) transportiert werden. 3. Der kritische Punkt von CO2 ist bei 31,0 °C und 73,8 bar. Oberhalb dieses Punktes ist die Dichte von Flüssigkeit und Dampf gleich. Die Unterschiede beider Aggregatzustände hören an diesem Punkt auf zu existieren. Überkritische Fluide kombinieren das hohe Lösevermögen von Flüssigkeiten mit der niedrigen Viskosität ähnlich den Gasen. Weiterhin verschwinden sie bei Druckminderung vollständig (verdampfen). Somit eignen sie sich als ideale Lösungsmittel. Überkritisches Kohlendioxid wird beispielsweise großtechnisch zum Entzug von Koffein aus Kaffee, zur Entfettung in der Halbleiterindustrie und neuerdings zur chemischen Reinigung verwendet. In diesem Sinne, sind einige interessante Anwendungen im Zusammenhang mit der Endlagerung von CO2 zu erwarten (z. B. Ölgewinnung aus versiegten Feldern, Methanförderung aus Methanhydratvorkommen im Meeresgrund). Kohlendioxid als Dünger in Gewächshäusern und Aquakulturen: Das in der natürlichen Umgebungsluft enthaltene CO2 liegt mit einem Anteil von ca. 350 ppm unterhalb des für die Pflanzen zum Wachstum förderlichen Anteils von ca. 800 bis 1000 ppm. Durch eine Anreicherung der im Gewächshaus vorhandenen Luft mit CO2 kann das Pflanzenwachstum um bis zu 40 % gesteigert werden. Bisher wird diese Methode aus Kostengründen nur in Kombination mit der (notwendigen) Heizung von Treibhäusern angewandt. Globale Erwärmung durch Kohlendioxid Aus dem Rückstrahlvermögen (Albedo) der Erdoberfläche, würde sich ohne Atmosphäre eine Gleichgewichtstemperatur von -18°C ergeben. Der gemessene Mittelwert beträgt jedoch +15°C. Für diese ”Erderwärmung“ ist in groben Zügen folgender Zusammenhang verantwortlich:

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3.4 Problematik des Kohlendioxids Konzentration 0,038 % 0,15 % 0,3 % 0,5 % 4% 5% 8%

Auswirkungen Derzeitige Konzentration in der Luft. Hygienischer Innenraumluftwert für frische Luft. MIK–Wert, unterhalb dessen keine Gesundheitsbedenken bei dauerhafter Einwirkung bestehen. MAK–Grenzwert für tägliche Exposition von acht Stunden pro Tag. Atemluft beim Ausatmen. Auftreten von Kopfschmerzen, Schwindel und Bewußtlosigkeit. Bewußtlosigkeit, Krämpfe, Eintreten des Todes nach 30–60 Minuten.

Tabelle 3.1: CO2 –Konzentration in der Luft und Auswirkungen auf den Menschen. Die Sonne strahlt sehr viel Energie zur Erde. Durch ihre Oberflächentemperatur von etwa 5600°C ergibt sich das sichtbare Licht, welches nahezu ungehindert die Erdatmosphäre passiert (Transparenz). Die Erdoberfläche absorbiert dieses Licht und erwärmt sich dadurch auf etwa 30°C. Die erwärmten Gegenstände strahlen nun ebenfalls, jedoch wegen ihrer geringeren Temperatur mit erhöhter Wellenlänge (Wiensches Verschiebungsgesetz). Für diese ”Rückstrahlung“ ist jedoch die Erdatmosphäre weniger durchlässig, als für das sichtbare Licht. Manche Inhaltsstoffe (Wasserdampf, CO2 , Methan etc.) können die absorbierte Wärmestrahlung weit besser abgeben, als Sauerstoff und Stickstoff. Da sie gleichmäßig in alle Richtungen – also auch zur Erdoberfläche – strahlen, erhält der Boden eine zusätzliche Wärmestrahlung (Atmosphärische Gegenstrahlung). CO2 absorbiert einige schmale Teile des elektromagnetischen Spektrums im Bereich der Infrarotstrahlung. Es trägt bei der heutigen Konzentration von etwa 380 ppm in der Atmosphäre ca. 20 % zum natürlichen Treibhauseffekt bei. Demgegenüber beträgt der Anteil des Wasserdampfes allein über 60 %. Schon aus diesem Grunde scheint eine durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe ausgelöste ”Klimakatastrophe“ mehr als fragwürdig.

3.4.1 Abscheidung von Kohlendioxid Bei der vollständigen Verbrennung von Kohle oder Kohlenwasserstoffen entsteht CO2 bzw. CO2 und Wasser, sowie etliche Nebenprodukte (Schwefeloxide, Schwermetalle etc.) in geringen Anteilen. Je höher der Wasserstoffanteil ist, je geringer ist die spezifische (auf die Wärmefreisetzung bezogene) Kohlendioxidproduktion. Ein

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3 Fossile Energien unmittelbarer Maßstab hierfür, ist die Differenz aus Brennwert (oberer Heizwert Ho ) und unterem Heizwert (Hu ). Der Wasserdampf läßt sich durch eine entsprechende Abkühlung der Verbrennungsgase in den flüssigen Zustand überführen und somit sehr einfach abtrennen. Wird mit Luft verbrannt, enthält das Abgas ungefähr nur 10 bis 15 % CO2 bei konventionellen Kohlekraftwerken oder sogar nur 3 bis 6 % bei Erdgas-Kombi-Kraftwerken, da mit einem gewissen Luftüberschuß gefahren werden muß und die Luft überwiegend aus Stickstoff besteht. Für eine Abscheidung ist ein solch geringer Partialdruck eine sehr ungünstige Voraussetzung. Der Partialdruck kann wesentlich durch eine Verbrennung mit reinem Sauerstoff erhöht werden. Hierfür ist jedoch eine vorherige Luftzerlegung erforderlich, die sehr energieaufwendig ist. Die drei Wege Nach dem heutigen Kenntnisstand, bieten sich großtechnisch drei Wege zur CO2 –Abscheidung an: 1. Die fossilen Brennstoffe werden konventionell mit Luft verbrannt (postcombustion). Nach den üblichen Reinigungsstufen (Entstaubung, Entschwefelung und Entstickung) werden die Abgase einer weiteren Wäsche zur CO2 – Abscheidung unterzogen, bei der sie durch chemische Absorption an das Lösemittel überführt werden. Es entsteht ein schwach gebundenes Intermediärprodukt, das durch Erhitzen wieder aufgebrochen wird und einen reinen CO2 –Gasstrom erzeugt. Durch das kurzzeitige Erhitzen wird der Absorber wieder regeneriert und das CO2 kann als Reingasstrom z. B. verflüssigt werden. Bei höheren Partialdrücken von CO2 erfolgt die physikalische Absorption an Lösemittel wie Selexol (Dimethylether des Polyethylenglycols) oder Rectisol (kaltes Methanol). Bei mittleren und niedrigen Partialdrücken erfolgt die chemische Absorption an basische Lösungsmittel (hauptsächlich Amine wie Monoethanolamin (MEA), Diglykolamin, Diethanolamin (DEA) und Methyldiethanolamin (MDEA) oder heiße Kaliumcarbonatlösung). Das gängigste und erprobteste Verfahren ist derzeit die Abscheidung des CO2 aus dem Rauchgasstrom mit MEA (Monoethanolamin). 2. Der Brennstoff – insbesondere Kohle – wird mit reinem Sauerstoff und Wasserdampf zu sogenanntem Synthesegas vergast. Das enthaltene Kohlenmonoxid wird unter Zuhilfenahme von Katalysatoren und Wasserdampf einer Shift-Reaktion unterzogen und bildet ebenfalls Wasserstoff und CO2 . Das Kohlendioxid läßt sich einfach durch Verflüssigung vom Wasserstoff trennen (pre-combustion). Der Wasserstoff wird anschließend in chemischen und verfahrenstechnischen Anlagen (Zementwerke, Stahlwerke, Ölraffinerien usw.) genutzt oder in Energiewandlungsanlagen (Motoren, Gasturbinen, Brennstoffzellen etc.) verbrannt. Diese produzieren im wesentlichen Wasser-

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3.4 Problematik des Kohlendioxids dampf als Abgas. Dieser Weg würde den Einstieg in die ”Wasserstoffwelt“ bedeuten. 3. Der Brennstoff wird mit reinem Sauerstoff in Kesselanlagen (Oxy-FuelVerfahren) verbrannt. Der ”Ballast“ Stickstoff wird hierbei nicht mitgeschleppt. Allerdings sind bei der Verbrennung mit reinem Sauerstoff die Flammentemperaturen so hoch, daß ein Teil des (schon kühlen) Abgases wieder zurückgeführt werden muß. Auch hier kann das Kohlendioxid relativ einfach über physikalische Verfahren abgetrennt werden. Ziele • Es soll möglichst wenig CO2 in die Atmosphäre freigesetzt werden. • Es soll möglichst reines CO2 gewonnen werden, um Deponieraum zu sparen und etwaige Korrosionsprobleme zu vermeiden. • Das CO2 soll durch eine entsprechende Verdichtung verflüssigt werden, um möglichst wenig Transportvolumen zu besitzen. • Das alles soll möglichst wenig Energie verbrauchen und möglichst wenig Kosten verursachen.

3.4.2 Lagerung von Kohlendioxid Eine Einlagerung von CO2 im Sinne des ”Klimaschutzes“ macht einen sicheren Einschluß über sehr lange Zeiträume erforderlich. Die Lagerstätten müssen über geologische Zeiträume hin dicht sein, wenn das CO2 von der Atmosphäre dauerhaft zurückgehalten werden soll. Es ist aber fraglich, ob dies überhaupt erforderlich ist. Nach Meinung der (sich selbst gerne so bezeichnenden) ”Klimaforscher“ ist der Gehalt an CO2 in der Erdatmosphäre für das ”Klima“ verantwortlich. Es wird aber ständig abgebaut (Pflanzenwachstum und geochemische Prozesse) und auch auf natürlichem Weg produziert. Insofern kann eine zeitlich verzögerte Freisetzung relativ unschädlich oder sogar förderlich (Eiszeiten) sein. Überspitzt läßt sich die Frage stellen, was geschieht eigentlich, wenn deren Wunsch einer ”solaren Gesellschaft“ in Erfüllung geht? Der CO2 –Gehalt müßte dann kontinuierlich abnehmen und damit das Klima Richtung ”kleiner Eiszeit“ gehen. Gilt hier einfach nur die alte Regel der Planwirtschaft: Erst die Probleme schaffen, die man anschließend vorgibt zu lösen?

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3 Fossile Energien Lager als Endlager Soll das CO2 dauerhaft von der Atmosphäre zurückgehalten werden, benötigt man dichte Lagerstätten wie sie z. B. ehemalige Erdgasfelder darstellen. Diese haben ihre Dichtigkeit nachgewiesen, indem sie für Jahrtausende und mehr, das Erdgas gespeichert haben. Es muß lediglich auf einen sicheren Verschluß der alten Bohrlöcher geachtet werden. Lager als Puffer Kohlendioxid ist in entsprechend geringer Konzentration ungefährlich. Insofern ist eine geringe Leckage kein Problem. Gelangen beispielsweise weniger als 1 % der verpreßten Gasmenge jährlich wieder an die Oberfläche, dürfte das für die Entwicklung des Klimas praktisch keine Auswirkungen haben. Die Atmosphäre ist nämlich bezüglich des Kohlendioxids kein abgeschlossener Behälter, sondern eher ein See mit einem Zuund Abfluß. Verringert man nun den Zufluß durch eine zeitliche Pufferung, so verringert sich die Konzentration in der Atmosphäre – lediglich weniger schnell – als bei einem völligen versiegen des Zuflusses. Versteht man eines fernen Tages die Atmosphäre und ihre Austauschprozesse tatsächlich vollständig, könnte man die zulässige Leckagemenge für einen konstanten CO2 –Gehalt sogar bestimmen. Kohlendioxid als Fördermedium Überkritisches CO2 ist ein hervorragendes Lösungsmittel. Es wird deshalb bereits bei über 70 Ölfeldern in Texas zur Entölung ansonsten bereits versiegter Ölquellen eingesetzt. Wird flüssiges CO2 in die alten Ölfelder gepumpt, erhöht sich der Druck wieder (Immiscible Displacement). Ein Teil des CO2 verteilt sich fein im Öl (Miscible Displacement) und gelangt mit der Förderung zurück an die Oberfläche. Dort muß es vom Erdöl abgetrennt, erneut verdichtet und wieder in die Lagerstätte gepumpt werden. Das in der entölten Lagerstätte zurückbleibende Kohlendioxid wäre kein Verlust mehr, sondern eine gewollte Senke. Ähnliche Überlegungen gibt es für Methanhydrat: Eine mögliche Förderung wäre das Einpressen von Kohlendioxid in eine Methanhydratschicht. Das Kohlendioxid würde das Methan ”verdrängen und ersetzen”. Dabei wird mehrKohlendioxid eingelagert als Methan ausgelagert. Ein sehr eleganter Weg zur Nutzung der Methanhydrate. Würde man über solchen Lagerstätten Anlagen zur Wasserstoffproduktion aus Erdgas installieren, könnte dies ein maßgeblicher Einstieg in die ”Wasserstoffwirtschaft“ sein.

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4 Regenerative Energien 4.1 Sonnenenergie Die Sonne ist die Mutter aller regenerativen und fossilen Energien. Meist wird jedoch unter ”Sonnenenergie“ die direkte Nutzung der Sonneneinstrahlung verstanden. Man unterscheidet zwischen der auf direktem Weg von der Sonne zum Objekt gelangten Strahlung (Direktstrahlung), der durch Reflexion, Streuung, Beugung usw. abgelenkten (Diffussttrahlung) und der Summe aus allen Strahlungsarten (Globalstrahlung). Solarkonstante E0 Die Solarkonstante ist die über viele Jahre gemittelte Sonneneinstrahlung außerhalb der Erdatmosphäre. Der Mittelwert für die Solarkonstante wurde 1982 von der Weltorganisation für Meteorologie in Genf festgelegt: E0 = 1367

W m2

(4.1.1)

Die Strahlungsleistung der Sonne selbst ist nahezu konstant. Sie schwankt aber wegen der Bahnexzentrizität zwischen 1325 und 1420 W/m2 auf der Erde. Die Erdatmosphäre und ihr Klima beeinflussen die Globalstrahlung auf der Erdoberfläche. Den geometrischen Einfluß beschreibt die ”Air Mass“ (AM), als den entsprechenden Weg durch die Atmosphäre, den die Strahlung durchdringen muß. Man hat nun AM = 0 als das Spektrum außerhalb der Atmosphäre im Weltraum mit der Solarkonstante definiert. AM = 1 ist das Spektrum der senkrecht auf die Erdoberfläche fallenden Sonnenstrahlen, d. h. die Sonne muß dafür genau im Zenit stehen; die Strahlen legen dann den kürzesten Weg auf die Erdoberfläche zurück. Für AM = 1,5 ergibt sich ein Zenitwinkel von etwa 48,2°. Bei diesem Spektrum beträgt die globale Strahlungsleistung 1000 W/m2 , weshalb man AM = 1,5 als Standardwert für die Vermessung von Solarmodulen eingeführt hat. Für Berlin beträgt beispielsweise zur Wintersonnenwende mittags der Zenitwinkel 76° (entsprechend AM = 4,13) und demgegenüber zur Sommersonnenwende bei Sonnenhöchststand ca. 29° (entsprechend AM = 1,14). Globalstrahlung Unter Globalstrahlung versteht man die gesamte an der Erdoberfläche auf eine horizontale Empfangsfläche auftreffende Solarstrahlung.

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4 Regenerative Energien

• Sie besteht aus den unterschiedlichsten Strahlungsarten. Die Sonnenstrahlung umfaßt ein Wellenlängenspektrum von mehr als neun Zehnerpotenzen, beginnend bei hartem Röntgenlicht mit einer Wellenlänge von weniger als 0,1 nm, über ein Spektrum eines schwarzen Körpers mit einem Maximum im sichtbaren Bereich bis hin zu langwelliger Radiostrahlung im Meterbereich. • Sie hängt stark vom Wetter (Regen, Bewölkung) und vom Zustand der Atmosphäre (Luftverschmutzung) ab. • Sie hängt stark von der Tageszeit ab. Nachts ist es (nahezu) dunkel. Wegen des veränderlichen Einfallswinkels des Direktstrahlungsanteils ist die Globalstrahlung mittags stärker als morgens und abends. • Sie ist im Sommer stärker als im Winter. • Sie hängt vom Breitengrad ab. Am Äquator ist sie stärker, da sie nahezu senkrecht am Himmel steht. Die Jahressumme der Globalstrahlung liegt in Deutschland zwischen 900 und 1.200 kWh pro m2 und Jahr. In Spanien beträgt die Globalstrahlung etwa 2.000 kWh und in der Sahara 2.500 kWh pro m2 und Jahr. Für Deutschland ergibt sich je nach Breitengrad und Wetter:

Leistung Sonnenschein, klarer bis leicht diffuser Himmel: Sonnenschein bei leichter bis mittlerer Bewölkung: stark bewölkt bis nebelig-trüb:

Sommer Winter 600–1000 300–500 W/m2 300–600 150–300 W/m2 100–300 50–150 W/m2

Tabelle 4.1: Unterschiedliche Globalstrahlung in W pro m2 für Deutschland.

Sonnenscheindauer Die Astronomische Sonnenscheindauer hängt in erster Linie vom Breitengrad und der Jahreszeit ab, sowie im Gebirge oder Hügelland auch vom Landschaftshorizont des betreffenden Standorts. Sie gilt für eine wolkenlose und ungetrübt klare Atmosphäre, stellt also den theoretischen Maximalwert dar. Die tatsächliche Sonnenscheindauer ist als die Zeitspanne definiert, während der die Einstrahlung mindestens 120 W/m2 beträgt. In Deutschland liegt die durchschnittliche jährliche Sonnenscheindauer je nach Ort zwischen 1300 und 1900 Stunden pro Jahr. Der Mittelwert ist 1550 Stunden Sonnenschein pro Jahr.

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4.1 Sonnenenergie Tageslänge Die Dauer der Erdrotation beträgt im Mittel 23 Stunden 56 Minuten und 4,10 Sekunden. Somit ist jeder Ort auf der Erde übers Jahr betrachtet, 12 Stunden der Sonne zugewandt (Tag) und 12 Stunden abgewandt (Nacht). Etwas anders verhält es sich mit der Dauer des hellen Tages (von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang). Sie hängt von der Jahreszeit und der geografischen Breite ab. In Mitteleuropa variiert sie zwischen ca. 8 Stunden im Winter und 16 Stunden im Sommer. arccos(−t · tan ϕ · tan δ) (4.1.2) T ageslaenge = 2 · 15 t = Stundenwinkel halbkreisig, ϕ = Breite des Standortes (z. B. 52° für Berlin), δ = Deklination der Sonne, sie schwankt je nach Jahreszeit zwischen ca 23,5° Nord (Sommeranfang) und 23,5° Süd (Winteranfang) und muß für jeden Kalendertag J berechnet werden: δ(J) = 0, 3948−23, 2559·cos(J0 +9, 1)−0, 3915·cos(2·J0 +5, 4)−0, 1764·cos(3·J0 +20, 6) (4.1.3) J0 ist der Tag des Jahres J multipliziert mit 360°, geteilt durch 365 für ein normales und 366 Tage für ein Schaltjahr. Für die Nutzung der Sonneneinstrahlung ergibt sich nun folgender Zusammenhang: Ist einer der beiden Faktoren ϕ (Breitengrad am Äquator) oder δ (die Deklination) = 0, so ist das Produkt 0 (da arccos 0 = 90) und der ganze Tag 12 Stunden lang. Die Sonne hat zweimal im Jahr die Deklination 0, nämlich zum Frühlingsanfang und zum Herbstanfang. Dann ist der Tag überall auf der Welt 12 Stunden lang. Auf der nördlichen Erdhalbkugel sind leider im Winter – gerade wenn die meiste Energie benötigt wird – die Tage kürzer und damit die mögliche Energiegewinnung prinzipiell geringer. Tageszeit Die Erde hat definitionsgemäß einen Umfang von 360° und eine mittlere Tagesdauer von 24 Stunden. Das bedeutet, daß der Sonnenaufgang (auf dem gleichen Breitengrad, siehe oben) jeweils alle 15 Längengrade um eine Stunde verschoben ist. Damit läßt sich schon der Mythos von der Stromversorgung aus Afrika mit Sonnenkraft widerlegen: Afrika dehnt sich von etwa 20° westlicher bis etwa 50° östlicher Länge aus. Mit anderen Worten: Es ist nur eine Zeitverschiebung von weniger als 4 Stunden nutzbar. Hinzu kommt noch die Ausrichtung der Arbeitszeit nach der Mitteleuropäischen Zeit. Die berühmte Wüste Sahara, erstreckt sich grob vom nördlichen Wendekreis bis etwa 35° nördlicher Breite. Man kann also mit Sicherheit feststellen: Wenn es Nacht ist in der Sahara, ist es auch in Deutschland dunkel. Man verzichtet daher entweder auf elektrischen Strom oder erzeugt ihn anders!

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4 Regenerative Energien

4.1.1 Photovoltaik Unter Photovoltaik versteht man die direkte Umwandlung der Sonneneinstrahlung in elektrische Energie. Die ”Sonnenzelle“ beruht auf dem inneren photoelektrischen Effekt. Zusätzlich wird ein p-n-Übergang benötigt. An dem Übergang findet bei Lichteinwirkung eine Ladungstrennung statt. Das entstehende elektrische Spannungsgefälle wird für die Wandlung der Strahlungsenergie in elektrische Energie genutzt. Es wird ein Gleichstrom erzeugt, der für eine Nutzung im Stromnetz noch in einen Wechselstrom gewandelt werden muß. Definition der Nennleistung bei Sonnenzellen Da die Leistung sehr stark von der Intensität der Bestrahlung und der Modultemperatur abhängt, wurde international (STC) eine Nennleistung Wp (”Wattpeak“) definiert: Es ist die elektrische Leistung, die ein Modul bei einer Modultemperatur von 25°C, einer Bestrahlungsleistung von 1000 W/m2 , einem Sonnenlichtspektrum der Luftmasse 1,5 und einem senkrechten Strahlungseinfall erzeugt. In Deutschland können mit einer Anlage von 1 kWp zwischen 700 und 1000 kWh elektrischer Energie pro Jahr erzeugt werden. Im Jahr 2007 wurden in Deutschland mit einer Auslegungsleistung von 3811 MWp 3075 GWh Elektroenergie erzeugt, was rund 807 Vollbenutzungsstunden entspricht. In diesem Zusammenhang sei noch einmal ausdrücklich darauf verwiesen, daß Wp nicht die Höchstleistung, sondern eine definierte Leistung ist. Sie dient nur dem Vergleich und wird für betriebswirtschaftliche Rechnungen verwendet. Wirkungsgrade von Sonnenzellen Die Wirkungsgrade heutiger Sonnenzellen liegen zwischen 6 und 18 % bei Nennleistung. Wobei sie sich um etwa 0,5 % je Grad Temperaturänderung (der Zelle!) verändern. Auch in Deutschland erreichen Zellen leicht eine Temperatur von 75°C, da sie durch Glasscheiben und Konstruktionsteile ”gut isoliert“ sind. So kann es passieren, daß ein Modul an einem heißen Sommertag mit strahlend blauem Himmel, rund 25 % weniger Strom produziert. Bei den Befürwortern von ”Photovoltaik in der Sahara“ wird dies gern übersehen. In der Wüste sind schon Lufttemperaturen von 40°C üblich, sodaß dort kaum mehr Strom als im Hochgebirge in der Schweiz erzeugt werden kann. Von der Lobby der ”Sonnenindustrie“ wird immer gerne behauptet, daß der Wirkungsgrad bei Sonnenzellen gar keine Rolle spielt, da ja die Sonnenzelle keinen Brennstoff braucht. Dies ist natürlich betriebswirtschaftlicher Unsinn. Ein Photovoltaikmodul mit einem Wirkungsgrad von 18 % produziert auch dreimal so viel Strom, wie ein Modul mit 6 %. Insofern dürfen seine Kapitalkosten auch dreimal so hoch sein, um auf gleiche Stromkosten zu kommen. Die Sonnenzelle produziert Gleichstrom mit sehr niedriger Spannung. Um diesen in das öffentliche Stromnetz einspeisen zu können, muß er In Wechselstrom

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4.1 Sonnenenergie mit Netzspannung umgeformt werden. Wechselrichter haben heute sehr gute Wirkungsgrade von bis zu 98 % im Auslegungspunkt. Ihre Kennlinie fällt aber bei (kleiner) Teillast stark ab. Die über das Jahr gemittelten Verluste für diesen Prozeß betragen etwa 3 bis 7 %.

4.1.2 Solarthermische Kraftwerke In einem solarthermischen Kraftwerk konzentriert man die Sonneneinstrahlung durch Spiegel oder Linsen, um höhere Leistungen, bei höheren Temperaturen zu erzeugen. Turmkraftwerk Bei ihm wird durch ein Feld von computergesteuerten Spiegeln (Heliostaten) das Sonnenlicht auf einen Wärmeerzeuger in einem 50 bis 150 m hohen Turm konzentriert. Mit dieser Methode lassen sich Temperaturen von bis zu 1000 °C erzeugen, die anschließend in einer Gasturbine oder einem konventionellen Dampfturbinenkreislauf in elektrischen Strom gewandelt werden. Das derzeit größte Solarturm-Kraftwerk ”Solar Two“ steht in der Mojave–Wüste in Kalifornien/USA und liefert eine Leistung von ca. 10 MW. Parabolrinnen-Kraftwerk Spiegel mit parabelförmigem Querschnitt werden in Form einer Rinne konstruiert. Damit kann die Sonnenstrahlung um etwa das Vierzigfache konzentriert werden und auf ein Absorberrohr mit wärmeleitender Flüssigkeit gelenkt werden. Zur Erhöhung der Leistung sind die Parabolrinnen in NordSüd-Richtung angeordnet und können durch eine verstellbare Längsachse im Tagesverlauf der Sonne von Ost nach West nachgeführt werden. Das im Zentralrohr zirkulierende Thermoöl kann dadurch auf über 400 °C erhitzt werden. Dieses heiße Öl gibt nun seine aufgenommene Energie an einen Speicher oder einen Wasser-DampfKreislauf ab, der einen konventionellen Turbosatz zur Stromgewinnung versorgt. Ein Parabolrinnenkraftwerk in der kalifornischen Mojave–Wüste hat insgesamt 2,3 Mio. Quadratmeter Spiegelfläche und erzeugt 354 Megawatt elektrischer Leistung. Dieser Anlagentyp stellt derzeit die wirtschaftlichste Lösung zur Gewinnung von Sonnenenergie dar. Er dient zur Spitzenlasterzeugung in Wüstengegenden, weil seine Stromproduktion synchron zum Antriebsbedarf der Klimaanlagen verläuft. Temperatureinfluß Da in Wüstengegenden kein Kühlwasser zur Verfügung steht, muß mit der Außenluft von entsprechend hoher Temperatur gekühlt werden. Andererseits steigen mit erhöhter Temperatur des Wärmeträgeröls die Abstrahlverluste der Parabolrinnen. Es steht somit nur eine relativ geringe Temperaturdifferenz zur Verfügung, die letztendlich zu ebenso geringen Wirkungsgraden, wie bei der Photovoltaik führt. Eine Zusatzfeuerung mit Erdgas in ”sonnenschwachen“ Zeiten ist

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4 Regenerative Energien deshalb nur wirtschaftlich, wenn sehr billiges Erdgas am Standort zur Verfügung steht. Ökologischer wäre es, das Erdgas in einem konventionellen Kombikraftwerk – mit entsprechend hohem Wirkungsgrad – zu verfeuern. Speicherfähigkeit Solarthermische Kraftwerke sind prinzipiell besser für eine Grundlastversorgung geeignet. Elektrische Energie läßt sich nicht in nennenswerter Größenordnung speichern. Hier kann – zumindest technisch betrachtet – die Wärme zwischengespeichert werden. Es müßten aber sehr große und sehr teure Speicher mit Phasenänderung verwendet werden. Speicher, deren Funktion auf einer stetigen Abkühlung beruhen, sind ungeeignet, da damit der Wirkungsgrad der Dampfturbine sehr schlecht würde. Es würde entsprechend viel der teuren Sonnenenergie verlorengehen. Ohnehin, müßte ein Grundlastkraftwerk schon mehr als die doppelte Spiegelfläche besitzen, um Tag und Nacht auszugleichen. Gleichwohl, ist dies gegenüber anderen Verfahren (auch Windenergie) immer noch der Königsweg, da zwei (chemische) Umwandlungen mit jeweils großen Verlusten gespart werden. Außerdem kann die ”Sonnenwärme“ auch direkt als Prozeßwärme eingesetzt werden. Bei dem Temperaturniveau eines Parabolrinnen-Spiegels, ist auch die Gewinnung von Gefriertemperaturen über Absorptionskälteanlagen (Ammoniak-Kälteanlage) möglich. Ein Standort neben einer ”Wüstenmetropole“ zur Gewinnung von Strom, Gefrierkälte (Lebensmittelproduktion, Kühlhäuser etc.), Trinkwasser und Fernkälte zur Klimatisierung, erscheint durchaus realisierbar.

4.2 Wasserkraft Man kann sowohl die kinetische Energie von Wasserströmungen (Flußläufe, Gezeiten), als auch die potentielle Energie (Staubecken) nutzen. Bei den Stauseen ist eine gewisse Entkopplung von Wasserangebot und Strombedarf möglich. Dies hat sie seit jeher für den Netzbetrieb besonders attraktiv gemacht. Frühzeitig hat man geeignete Örtlichkeiten zu Pumpspeicherkraftwerken ausgebaut: In Tageszeiten mit einem Überangebot an elektrischer Energie, wird diese genutzt um Wasser in das Oberbecken zu pumpen. Bei Bedarf an Spitzenleistung kann dieses Wasser wieder über eine Turbine geleitet werden. Hauptsächlich werden Stauseen dort angelegt, wo sie primär dem Hochwasserschutz, der Wasserversorgung oder der Schiffbarmachung von Flüssen dienen. Ansonsten sind die Baukosten meist zu hoch und die Eingriffe in die Landschaft werden nicht toleriert. Deshalb sind fast alle gut geeigneten Standorte bereits ausgeschöpft. Im Gegenteil, manche Projekte sind so umstritten, daß man sie heute nicht mehr realisieren würde.

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4.3 Windenergie Umwelt und soziale Aspekte Wasserkraft genießt bei sog. Umweltschützern hohes Ansehen – jedenfalls solange sie nicht in der eigenen Umgebung genutzt werden soll! Sonst findet sich schnell die gesamte Palette von Nachteilen: • Umsiedlung und Enteignung von Anwohnern. • Vernichtung von Land und Veränderung der Landschaft und Gesellschaft. Dies gilt insbesondere in Verbindung mit Bewässerungsprojekten. • Vernichtung von seltenen Pflanzen und Tieren (Amazonas). • Gefahr von Erdbeben. Gefahr für vorhandene Grundwassersysteme. • Veränderung der Strömungsverhältnisse in Flüssen. Verlandung durch Absetzen von Schwebestoffen im Stausee. Schädigung von Fischen. Unterbrechung von Wanderungswegen der Tiere. Beeinflussung der Selbstreinigung der Flüsse. Eigenschaften Bei aller Euphorie unterscheiden sich Wasserkraftwerke ganz wesentlich von thermischen Kraftwerken: Sie sind nur bedingt einsatzfähig. Das Wasserangebot ist über ein Jahr (Sommer – Winter) und mehrere Jahre (Dürreperioden) sehr unterschiedlich. Hinzu kommen Anforderungen des Umweltschutzes (Mindestwassermenge, maximaler Schwall). Die installierte Leistung steht daher nicht das ganze Jahr zur Verfügung. In Deutschland beträgt die Arbeitsausnutzung etwa 4500 Vollaststunden pro Jahr. Sie sind daher nicht für die Grundlast geeignet. Eine ausschließliche Versorgung mit Wasserkraft wäre nicht möglich. Ihre Vorteile können Wasserkraftwerke nur in Zusammenarbeit mit thermischen Kraftwerken ausspielen (siehe Schweiz und Schweden).

4.3 Windenergie Windenergie ist die kinetische Energie der bewegten Luftmassen der Erde. Sie entsteht indirekt aus der Sonnenenergie und zählt deshalb zu den regenerativen Energien. Durch die unterschiedliche Einstrahlung (Tag – Nacht, Sommer – Winter, Bewölkung, Wasser – Erdboden etc.) wird die Oberfläche und die darüber liegende Atmosphäre unterschiedlich erwärmt. Dies führt zu Temperatur- und Druckunterschieden, die durch den resultierenden ”Wind“ ausgeglichen werden. Die Leistung P eines Windrades, steigt mit der 2. Potenz seines Durchmessers und der 3. Potenz der Windgeschwindigkeit. PW ind =

ρ Ekin = πr2 v 3 t 2

(4.3.1)

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4 Regenerative Energien Dies führt zu entsprechend hohen Türmen (etwa 120 m Nabenhöhe bei etwa 110 m Rotordurchmesser bei 4 MW Nennleistung) und einem relativ kleinen Band der Windstärke, in dem effektiv Strom erzeugt werden kann. Üblicherweise beträgt die sog. Anlaufgeschwindigkeit etwa 2 m/s (Windstärke 2) und die Abschaltgeschwindigkeit etwa 35 m/s (Windstärke 12). In diesem Band verhält sich die Leistung also wie 1 : 5359! Man erkennt sofort, daß Windböen eine außerordentliche Herausforderung für die Regelung von Stromnetzen darstellen und zusätzliche Regelleistung bereitgestellt werden muß. Nutzbare Windmenge Würde die Energie des Windes vollständig entnommen, dann kämen die Luftmassen hinter der Anlage zum Stillstand und würden sich vor ihr aufstauen und ausweichen, sodaß der Massenstrom durch die Anlage und die Leistung Null wäre. Würde der Wind dagegen gar nicht abgebremst, so nähme der Massenstrom zwar nicht ab, aber es würde auch keine Energie entnommen und die Leistung wäre wiederum Null. Der Idealfall liegt also irgendwo dazwischen. Das Betzsche Gesetz ergibt nun, daß sich die größte Energiemenge dem Wind entziehen läßt, wenn die Geschwindigkeit auf ein Drittel der ursprünglichen Windgeschwindigkeit abgebremst wird. Man kann also Windräder nicht beliebig dicht neben oder hintereinander stellen, um einen sog. ”Windpark“ zu bilden. Da die Windkraftanlage selbst auch noch Verluste hat, können praktisch nur 40 bis 50 % der an einem Standort vorhandenen Windenergie geerntet werden. 2008 wurden in Deutschland real 40.400 GWh Strom aus Windenergie produziert, was etwa 6,7 % des Nettostromverbrauchs im Jahr 2008 entsprach. Hierfür waren 20.301 Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von 23.903 MW nötig. Dies ergibt rund 1700 Vollaststunden pro Jahr. Mit anderen Worten: Um die Stromproduktion eines Grundlastkraftwerkes zu ersetzen, muß die fünfache Windenergieleistung installiert werden. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, daß der Wind weht wann und wie stark er will. Ist Flaute oder Sturm, bleibt es auch bei der x-fachen Leistung dunkel! Im Mittelalter machte der Müller dann halt Pause. In den Monaten Januar und Februar ist jedes Jahr mit etwa 3 bis 10 Tagen nahezu völliger Flaute in ganz Deutschland zu rechnen. In der Winterzeit ist aber leider der Stromverbrauch am höchsten. Das jahrelang verbreitete Märchen, es würde stets und immer irgendwo in Deutschland Wind wehen, ist längst durch Messungen widerlegt. Es muß daher die gesamte Leistung der Windräder noch einmal als konventionelle Kraftwerke vorgehalten werden. Sie werden treffend als ”Schattenkraftwerke“ bezeichnet. Umwelteinflüsse Für Vögel und Fledermäuse stellen Windparks eine Gefahr dar. So werden nicht nur Greifvögel erschlagen, sondern auch Fledermäuse getötet. Die Fledermäuse können zwar den Rotoren (auch nachts) sehr gut aus-

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4.4 Biomasse weichen, allerdings zerreißen die unsichtbaren Dichteschwankungen ihre Lungen. Diese Druckschwankungen stellen auch für Menschen in Form von (hörbaren) Geräuschen oder (fühlbarem) Infraschall eine Belästigung dar. Die Landschaft wird durch die Drehungen ”unruhig“ und viele Menschen empfinden bereits die sog. ”Verspargelung“ als Zumutung. Des nachts stören die Signalanlagen zur Flugsicherung insbesondere in der Nähe von Autobahnen. Als besonders nervend wird von Betroffenen der Schattenwurf der rotierenden Flügel empfunden. Inzwischen ist dies bei der Planung durch das Bundes–Immissionsschutzgesetz zwingend zu berücksichtigen. Wird am Immissionspunkt eine theoretische Schattenwurfdauer von 30 h/a überschritten, muß die Anlage mit einer Abschaltautomatik versehen sein, was ihre Auslastung natürlich noch einmal verschlechtert.

4.4 Biomasse Als Biomasse bezeichnet man alle biochemisch synthetisierten Stoffe in einem Ökosystem. Sie enthält also alle Lebewesen, die abgestorbenen Organismen und deren Stoffwechselprodukte. Die jährliche Produktion an organischem Kohlenstoff auf der Erde wird auf etwa 118 · 109 im Festlands- und 55 · 109 Tonnen im maritimen Bereich geschätzt. Pflanzen sind die Primärproduzenten, die über die Photosynthese aus Wasser, CO2 und Mineralstoffen unter Energiezufuhr Kohlehydrate aufbauen. Sie sind wiederum die Nahrung für Tiere und Menschen. Vorteile: • Biomasse ist biochemisch gespeicherte Sonnenenergie und kann somit bedarfsgerecht (auch nachts, auch bei Windstille) verbraucht werden. • Biomasse wächst nach und ist damit (nahezu) unerschöpflich. • Biomasse ist Nahrung oder Rohstoff und kann stufenweise mehrfach genutzt werden (Bauholz => Brennstoff, Nahrung => Biogas usw.) • Biomasse kann in Endenergieträger (Pflanze => Treibstoff, Holz => Pellet usw.) umgeformt werden. • Biomasse setzt nur das CO2 frei, das vorher der Atmosphäre entnommen worden ist. Nachteile:

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4 Regenerative Energien • Die Energiedichte ist gering, sodaß sie nur regional genutzt bzw. umgeformt werden kann. Bei einer nachhaltigen Nutzung verringert sich die Energiedichte nocheinmal auf einen Bruchteil. Bei der Holzernte beispielsweise, muß der größere Teil in Form von Wurzeln, Stümpfen, Kronen etc. im Wald verbleiben, da sonst das Ökosystem vernichtet wird. • Biomasse benötigt große Mengen Süßwasser und steht damit in unmittelbarer Konkurrenz zu Mensch und Tier. • Biomasseproduktion in Plantagen verbraucht große Flächen (Verdrängungskette: Zuckerrohr => Soja => Regenwald) und steht in Konkurrenz zur sonstigen Landwirtschaft (Nahrungsmittel). • Biomasseproduktion erfordert immer den Einsatz von Düngemitteln und – fast immer – von Pestiziden mit den bekannten Problemen: Gewässerbelastung, Energieintensität, Treibhausgase (N2 O). • Betrachtet man den erforderlichen Energieeinsatz für die gesamte Kette von Pflanzung, Transport und Veredelung (Treibstoffe), so ist nur ein einstelliger Prozentsatz tatsächlich ”klimaneutral“. • Wird Biomasse im Rohzustand in Kleinanlagen genutzt, ergibt sich eine sehr hohe Schadstoffproduktion (Feinstäube, krebserregende Kohlenwasserstoffe usw.). Biomasse ist ein technisch schwierig zu handhabender Brennstoff!

4.4.1 Biogas Biogas ist durch sauerstoffreie Vergärung entstandenes Faulgas. Die Zusammensetzung und Ausbeute ist je nach Ausgangsmaterial sehr verschieden. Im Durchschnitt besteht es aus 60 % Methan und 35 % Kohlendioxid. Die Gewinnung aus Bioabfall und Gülle, sowie deren ortsnahe Nutzung auf dem Bauernhof kann als Umweltschutz bezeichnet werden, demgegenüber ist die industrielle Herstellung von Biogas äußerst umweltschädlich: • Die Ausbeute aus Gülle (25 bis 80 m3 /t) ist nur gering gegenüber z. B. Maissilage (202 m3 /t). Aus förderungstechnischen Gründen kommt daher vermehrt oder ausschließlich Silage zum Einsatz. Maissilage ist aber ein Futtermittel und eines der umweltbelastensten (Pflanzenschutz, Grundwasserverseuchung) landwirtschaftlichen Produkte überhaupt. • Für eine technische Nutzung müssen die Schadstoffe Schwefelwasserstoff und Ammoniak entfernt werden.

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4.4 Biomasse • Bei der industriellen Produktion kann das erzeugte Biogas meist nicht am Standort genutzt werden. Die vermeintliche Lösung heißt ”synthetisches Erdgas“ und Einspeisung in das vorhandene Netz. Die notwendige Aufbereitung zu ”Erdgas“ und die anschließende Verdichtung ist sehr kostenaufwendig und würde nur einen Bruchteil des eingesetzten Biogases übriglassen. Aus politischen Gründen erfolgt jedoch die Herstellung dieses ”Bio-Erdgases“ durch preiswerte konventionelle Energie. Beispielsweise wird die elektrische Energie, die zum Antrieb der Verdichter notwendig ist, aus dem öffentlichen Stromnetz entnommen und nicht aus Biogas auf dem Hof erzeugt. Es wird also der ”tödliche Atomstrom“ auf wundersame weise, in der Biogasanlage in ”politisch korrektes“ Biogas umgewandelt. Ein Schelm, wer dabei an Subventionsbetrug denkt. Dieses politisch gewollte und hochsubventionierte Produkt ”Biogas“ ist umweltpolitisch äußerst fragwürdig. • Um die Sache halbwegs profitabel zu machen, müssen Nahrungs- und Futtermittel unter die Gülle gemischt werden. Je mehr diese Produktion ausgeweitet wird, ergibt sich neben der Umweltbelastung auch eine ethische Frage: Die Verwendung von Futtermitteln (Mais) zur Energieerzeugung hier, verdrängt die Nahrungsmittelproduktion (Soja, Getreide) irgendwo anders auf dieser Erde.

4.4.2 Ethanol Bio-Ethanol entsteht durch Vergärung aus zucker- oder stärkehaltigen Materialien (Rüben oder Rohrzucker, Getreide) durch Hefe oder Bakterien. Diese biologischen Prozesse sterben bei einem Alkoholgehalt von ca. 15 % von selbst ab. Als Treibstoff muß der Wassergehalt möglichst gering sein, damit dieser ”brennbar“ wird. Der Rohalkohol muß deshalb durch Destillation (energieaufwendig) veredelt werden. • Bio-Ethanol als Treibstoff wird direkt aus Nahrungsmitteln hergestellt. Bereits heute wird der vermeintliche Umweltschutz menschengefährdend. Sichtbare Auswirkungen waren z. B. die ”Tortilla Aufstände“ in Mexiko 2008. • In Brasilien gibt es ebenfalls politische Unruhen, wegen der Ausweitung der Zuckerrohrplantagen: Vertreibung von Kleinbauern, Abgraben der Wasservorräte, Rodungen des Amazonasurwaldes zur Kompensation der verringerten Sojaanbauflächen etc. • Auch hier werden aus politischen Gründen erhebliche Rohölmengen bei der Herstellung von ”Bio–Alkohol“ verbraucht, anstatt aus dem Öl direkt Motorentreibstoffe herzustellen.

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4 Regenerative Energien Ökologischer – aber nicht kostengünstiger – könnte vielleicht die Herstellung von sog. ”Ceetol“ oder ”Lignocellulose-Ethanol“ werden. Dabei werden die Cellulose und Hemicellulosen von Pflanzenabfällen in die einzelnen Zucker gespalten. Dies geschieht mittels Säuren, thermischen Verfahren und speziellen Enzymen. Daran schließt sich die vorher beschriebene Fermentierung an. • Bisher befindet sich dieses Verfahren noch in der Entwicklung. • Die Energiedichte von Pflanzenabfällen ist noch geringer. Insbesondere, da nicht alle Abfälle (Stroh) aus Gründen des Bodenschutzes genutzt werden können. Deshalb kann die Verarbeitung nur in dezentralen Kleinanlagen (Logistik) erfolgen. In wie weit dies technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, kann heute noch nicht vorausgesagt werden.

4.4.3 Biodiesel Ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Fettsäuremethylester. Sie werden aus Pflanzenölen unter Zugabe von Methanol und weiteren Chemikalien bei erhöhter Temperatur gewonnen. Nebenprodukt dieser Umesterung ist Glycerin. Ziel ist die Herstellung eines dem aus Mineralöl gewonnenen Dieselöl möglichst ähnlichen Kraftstoffes. Will man Spezialmotoren vermeiden, ist eine Beimischung nur im einstelligen Prozentbereich sinnvoll. Dies entspricht aber ohnehin dem in Europa durch Eigenanbau produzierbaren Anteil. Flächenbedarf Um 1 kg Diesel zu ersetzen, benötigt man etwa 9,66 m2 Anbaufläche. Dies entspricht jedoch nur dem reinen Energiegehalt und beinhaltet noch nicht die zur Herstellung benötigte Energie! Um diesen Eigenbedarf zu berechnen definiert man einen Faktor k: Egesamt = EP roduktion + EN ettoertrag = EN ettoertrag ·

k k−1

(4.4.1)

Bei der Gewinnung, einschließlich der Weiterverarbeitung zu Biodiesel (Pflügen, Säen, Behandeln mit Pflanzenschutz, Düngen, Ernten, Verestern), muß eine Energiemenge von 25 MJ/kg aufgewandt werden. Demgegenüber hat Biodiesel einen Heizwert von 37 MJ/kg. Das Verhältnis k beträgt demnach: kRapsmethylester =

37M J/kg = 1, 48 25M J/kg

(4.4.2)

Es werden somit fast 30 m2 Anbaufläche für 1 kg Dieseläquivalent benötigt. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß Raps einer vierjährigen Fruchtfolge bedarf!

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4.5 Erdwärme

4.4.4 Pflanzenöl (”Pöl“) Es gibt über 1000 anbauwürdige Ölsorten. Darüberhinaus können auch genutzte pflanzliche und tierische Fette als Treibstoffe weiterverwendet (Entsorgungsalternative) werden. Gegenüber der Umesterung entfällt der hierfür notwendige Energieaufwand und die Energiebilanz verbessert sich auf etwa 60 %. Allerdings ist der Verbrauch nur in Spezialmotoren mit größerem Hubraum möglich. Zusätzlich muß mit einem etwas höheren Schadstoffausstoß gerechnet werden, was aber bei der geringen Stückzahl umwelttechnisch nicht relevant ist. Solche Konzepte der Eigenversorgung sind in der Landwirtschaft und in abgelegenen Regionen durchaus sinnvoll.

4.4.5 BtL (Biomass to Liquid Es handelt sich hierbei um ein zweistufiges Verfahren: Herstellung von Synthesegas aus beliebigen Pflanzen und anschließende Produktion von flüssigen Kohlenwasserstoffen über die Fischer–Tropsch–Synthese. Diese ist seit den 1920er Jahren großtechnisch in Deutschland und Südafrika angewendet worden. Im letzten Jahrzehnt sind einige Durchbrüche in der Katalysatortechnik (Mobil und Shell) gelungen, die es erlauben, hochwertigeren (weil maßgeschneidert) Dieselkraftstoff als durch Destillation aus Rohöl herzustellen. Dieser ist bereits am Markt (z. B. Shell V– Power oder Aral Super Diesel). Im Gegensatz zum 2. Weltkrieg und zu Sasol in Südafrika, wird heute die Herstellung von Mitteldestillaten (Diesel und Kerosin) bevorzugt, da diese verfahrenstechnisch und energetisch (geringere Drücke und Temperaturen) günstiger als die Produktion von Benzin sind. Heutzutage wirtschaftlich sinnvoll ist allerdings nur die Herstellung von Synthesegas aus (billigem) Erdgas wie in Malaysia und Katar praktiziert. Die Produktion von Synthesegas aus Pflanzen ist unvergleichlich schwieriger als aus Stein- und Braunkohle und energetisch wesentlich ungünstiger als aus Methan (hoher Wasserstoffanteil). So wird bei allen Prototypen (z. B. Choren in Freiberg) über Verschwelung erstmal die ”Kohle“ hergestellt, die für die anschließende Vergasung notwendig ist. Genau dieser Verfahrensschritt ist aber besonders unangenehm (Teerbildung) und muß später in dezentralen Anlagen beherrscht werden, da der Transport von riesigen Mengen ”Grünzeug“ weder ökologisch noch wirtschaftlich tragbar ist.

4.5 Erdwärme Geothermie oder Erdwärme ist die in der Erdkruste gespeicherte Wärme. Sie wird zu den regenerativen Energien gezählt. Sie stammt (geschätzt 30 - 50 %) aus der Restwärme aus der Zeit der Erdentstehung, zum anderen Teil (geschätzt 50 - 70 %) aus radioaktiven Zerfallsprozessen. In der obersten Schicht (weniger als ca. 10 m,

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4 Regenerative Energien wegen der geringfügigen Wärmeleitung) kommt noch die Sonneneinstrahlung bzw. Konvektion hinzu. Die Temperatur des inneren Erdkerns beträgt schätzungsweise 4000 bis 6500 °C. Fast überall hat das Erdreich in 1000 m Tiefe eine Temperatur zwischen 35 bis 40 °C. Ausnahmen bilden nur geothermische Anomalien (ehemalige oder aktive Vulkangebiete), bei denen die Temperatur mehrere hundert Grad erreichen kann. Die Wärmestromdichte, die von der Erdoberfläche in das Weltall abgestrahlt wird, ist mit etwa 0,063 W/m2 äußerst klein. Eine Geothermienutzung muß daher immer den Erdkörper auskühlen!

4.5.1 Nutzungsmöglichkeiten Nur wenn eine Erdschicht mit deutlich über 100 °C wirtschaftlich (Bohrungstiefe) erreichbar ist, ist überhaupt eine Stromproduktion möglich. Wegen des geringen Temperaturniveaus müßte aber etwa die zehnfache Wärmeleistung dem Boden entzogen werden. Dies ist im großtechnischen Maßstab ökonomisch fragwürdig und ökologisch nicht tragbar. In Regionen wie Deutschland kann daher Geothermie bestenfalls als Niedertemperaturwärme zur Gebäudeheizung genutzt werden. Die oft von Laien zitierte ”Grundlastfähigkeit“ ist eine Fiktion. Zwar kann Erdwärme ganztägig genutzt werden, aber nur bei geringsten Leistungen. Vorteile: Die Brennstoffkosten sind Null. Die Kapitalkosten (z. B. Bohrungen) und Betriebskosten (z. B. Korrosion, Pumpstrom) allerdings recht hoch. Im Zusammenhang mit günstiger Zusatzenergie (Erdgas, Elektroenergie) ist sie über die Verwendung von Wärmepumpen gut zur Gebäudeheizung geeignet. Als System liegt auch eine gute Ökobilanz vor. Nachteile: • Je niedriger die Temperatur ist, je weniger Einsatzgebiete sind denkbar. Eine Stromproduktion (in größerem Maßstab) scheidet aus. • Immer wenn kein Dampf der Erde direkt entströmt, muß Wasser als Wärmeträgermedium verwendet werden. Wasser ist bekanntermaßen ein gutes Lösungsmittel für Salze und Mineralien. Zudem ist die Lösungsfähigkeit temperaturabhängig. Mit anderen Worten: Wenn ”kaltes“ Wasser die Erdschichten durchströmt um aufgewärmt zu werden, löst es – je wärmer werdend, je besser – alle möglichen Stoffe auf. Wenn es dann zur Nutzung an der Oberfläche abgekühlt wird, fällt ein Teil dieser Stoffe dort aus. Dies ist nicht nur ein technisches Problem (Verstopfung und Korrosion bei Leitungen und Wärmetauschern) sondern auch eine erhebliche Umweltverschmutzung. Würde

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4.5 Erdwärme auch nur ein Bruchteil der Stromproduktion in Deutschland über Geothermie gemacht werden, hätte dies eine erhebliche Belastung aller Flüsse zur Folge. • Erdwärmenutzung geschieht immer über Abkühlung von Erdschichten. Auch hier zeigt sich wieder die Temperaturproblematik: Je größer die Abkühlung, um so größer der Temperaturgradient zu den ”unberührten“ Schichten und je mehr Wärme kann wieder nachfließen. Müssen die Gradienten klein sein, (siehe vorher) sind gigantische Volumina nötig. Gleichwohl bedeutet jede Temperaturänderung auch immer eine Veränderung der Ausdehnung. Es treten entsprechende Spannungen auf, die sich von Zeit zu Zeit in Microerdbeben entladen müssen. Inwiefern das in dicht besiedelten Gebieten toleriert werden kann ist fragwürdig (siehe Saarbergbau).

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5 Kerntechnik In Deutschland wurde (aus rein ideologischen Gründen) die Weiterentwicklung der Kerntechnik brutal und konsequent abgebrochen: • Stilllegung der Baustelle und Umwandlung in einen Freizeitpark des natriumgekühlten Reaktors mit schnellem Neutronenspektrum in Kalkar. • Umwandlung der Baustelle für eine Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in einen Gewerbepark. • Stilllegung (nach wenigen Betriebsstunden) des Thorium Hochtemperatur Kugelhaufenreaktors in Hamm Üntrop. Es dürfte in der Geschichte einmalig sein und bleiben, daß eines der führenden Industrieländer seiner Zeit, die Spitzenposition in der Entwicklung einer Zukunftstechnologie freiwillig und ohne Not aufgibt. Mit dem Ausstieg aus der Kerntechnik begann auch der Niedergang der konventionellen Kraftwerksindustrie in Deutschland. Es wurden hunderttausende hochqualifizierter – und entsprechend auch vergüteter – Arbeitsplätze vernichtet und eine Generation von Ingenieuren ins Ausland vertrieben, auf Frührente gesetzt oder in berufsfremde Tätigkeiten abgeschoben. Ein Vorgang, der in seiner gesellschaftlichen Tragweite bis heute verdrängt wurde und allenfalls von der ”Wiedervereinigung“ übertüncht wurde. Ganz nebenbei gesagt, die Kraftwerksindustrie in der ehemaligen ”DDR“ hat innerhalb des Ostblocks ebenfalls eine Spitzenstellung eingenommen. Sie wurde gleich vollständig abgewickelt und bestenfalls als ”Steinbruch für qualifizierte Arbeitskräfte mit russisch-Kenntnissen und Ostblock-Kontakten“ behandelt. Wenn irgendein Politologe oder Wirtschaftswissenschaftler ein ergiebiges Forschungsthema sucht, sollte er sich mit der Selbstvernichtung der deutschen Kraftwerksindustrie beschäftigen. Da hier in Deutschland eine bewußte Realitätsverweigerung stattfindet – siehe die Nicht-Teilnahme an internationalen Projekten – muß man sich also am Ausland orientieren. Besonders erfrischend ist hierbei das Studium der USA. Nicht nur aus technischer Sicht, sondern gerade was die Einschätzung der Bedeutung von Technik für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft besitzt und welche (außen)politischen Konsequenzen technischen Vorgaben beigemessen werden.

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5 Kerntechnik

5.1 Kernenergie heute Im Juni 2008 waren in 31 Ländern 439 Kernkraftwerke mit einer installierten elektrischen Bruttoleistung von rund 393 GW in Betrieb und in 12 Ländern 33 Kernkraftwerke mit einer elektrischen Bruttoleistung von 29,5 GW im Bau. Die weltweite Stromerzeugung aus Kernenergie betrug im Jahr 2007 netto rund 2.565 Milliarden kWh. Seit der ersten Stromerzeugung in einem Kernkraftwerk – am 20. Dezember 1951 im Schnellen Brüter EBR-I in den USA – sind kumulativ rund 59.450 Milliarden kWh erzeugt worden und die Betriebserfahrungen sind auf rund 12.750 Reaktorjahre angewachsen.

Abbildung 5.1.1: Weltweite jährliche Stromproduktion durch Kernenergie. Größenordnung Daß die weltweite Stromproduktion aus Kernenergie mit jährlich über 2.500 Milliarden kWh keine Marginalie ist, erkennt man im Vergleich mit dem gesamten Stromverbrauch in Deutschland von etwa 571 Milliarden kWh (Nettostromverbrauch im Jahr 2008). Mit anderen Worten: Sie ist bereits heute 5 mal so hoch! Ferner erkennt man aus den obigen Zahlen, daß die Kernkraftwerke in der Welt eine tatsächliche Arbeitsausnutzung von über 6500 h/a erreicht haben. Also unter Berücksichtigung aller Reparaturen, Wartungsarbeiten, Brennelementewechseln und darüber hinaus administrativen Einschränkungen. Die zehn besten Kernkraftwerke (bezüglich der absolut höchsten Stromproduktion in 2007) sind praktisch das ganze Jahr (8760 Stunden) mit voller Leistung durchgelaufen. Um diese Zahl in ihrer vollen Bedeutung zu erfassen, muß man wissen, daß die Vollaststunden bei Photovoltaikanlagen etwa 850 h/a (nachts ist es dunkel, bei Bewölkung ”scheint“ die Sonne nicht so stark) und bei Windkraftanlagen etwa 1800 h/a (Windverhältnisse) in Deutschland betragen haben.

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5.2 Zukünftige Anforderungen Investitions- und Kapitalkosten Gerne werden lediglich die Investitionskosten pro Kilowatt Leistung angegeben. Sie werden ermittelt, indem man die Gesamt– Investitionskosten fertig gebauter Anlagen durch ihre Leistung teilt. Diese Kosten werden auch als spezifische Investitionskosten bezeichnet. Für die Ermittlung des Anteils der Kapitalkosten an den Stromgestehungskosten ist es jedoch ebenso entscheidend, wie lange die Anlage tatsächlich läuft. Mit anderen Worten: Nachts produziert kein Sonnenkollektor bzw. bei Flaute kein Windrad Strom. In diesem Sinne, müssen daher die notwendigen Investitionskosten bei der Photovoltaik mit dem Faktor (rund) 7,6 und bei der Windkraft mit dem Faktor (rund) 3,6 multipliziert werden, um sie mit den Kapitalkosten von Kernkraftwerken vergleichbar machen zu können. Die Kosten für die notwendigen ”Schattenkraftwerke“ sind hierbei selbstverständlich noch gar nicht berücksichtigt.

5.2 Zukünftige Anforderungen Damit die Kernenergie zukünftig eine noch bedeutendere Rolle einnehmen kann, müssen folgende Bedingungen weitesgehend erfüllt werden: • Die radioaktiven Abfälle müssen in ihrer Menge verringert werden und die Zeitdauer ihrer Existenz entscheidend verkürzt werden. Eine Beseitigung muß vor einer (End)lagerung Vorrang haben. • Die notwendigen Brenn- und Hilfsstoffe müssen so effektiv wie möglich genutzt werden, um die Ressourcen zu schonen und die mit dem Abbau und der Weiterverarbeitung verbundenen Umweltbelastungen so gering wie möglich zu halten. • Die Kernenergie muß weltweit mehr von politischen Reglementierungen befreit werden und unter marktwirtschaftlichen Bedingungen betrieben werden. Preiswerte Energie ist die Schlüsselkomponente moderner Volkswirtschaften. Mit Energie läßt sich fast alles herstellen – ohne ausreichende und preiswerte Energie allerdings, kann es keinen Wohlstand geben. • Die Sicherheit muß auf allen Ebenen – vom Bergbau über die Verfahrensund Kraftwerkstechnik bis zur Restmüllbeseitigung – kontinuierlich verbessert werden. Eine gute Orientierung, wie trotz steigender Nutzung durch konsequente Ursachenforschung die Anzahl der Unfälle verringert werden kann, bietet die Luftfahrt.

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5 Kerntechnik • Gleiches muß für die Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Arbeitsbedingungen gelten. • Es müssen noch wirksamere Maßnahmen zur Verhinderung des Restrisikos für den Mißbrauch von spaltbarem oder radioaktivem Material zu terroristischen Zwecken ergriffen werden. Eine weitere Verbreitung von Kernwaffen sollte wirksamer verhindert und eine Abrüstung angestrebt werden.

5.3 Reaktorgenerationen Die vorhandenen und in naher Zukunft realisierten Reaktoren, werden vier Generationen zugeordnet: Generation I: Hierzu zählen die in den 1950er und 1960er Jahren gebauten Kraftwerke. Es waren Demonstrationsanlagen wie Shippingport, Dresden, Fermi I oder die Magnox-Typen in Großbritannien. Generation II: Sind die kommerziellen Reaktoren der 1970er bis 1990er Jahre. Es waren weltweit hauptsächlich Druckwasser– und Siedewasserreaktoren, die heute noch in Betrieb sind. Sie wurden ständig nachgerüstet und können (theoretisch) noch weitere Jahrzehnte in Betrieb bleiben. In geringerer Stückzahl wurden mit schwerem Wasser moderierte (kanadische CANDU) und gasgekühlte Reaktoren (AGR in Großbritannien) gebaut. Generation III: Hierunter werden die Reaktorlinien ab der Jahrtausendwende verstanden. Bei ihrer Konstruktion wurden konsequent die Erkenntnisse aus schwereren Reaktorstörfällen und die Kritik der Atomkraftgegner aufgenommen. Typischer Vertreter dieser Gattung sind die von Areva gebauten EPR’s. Es handelt sich hierbei um evolutionär weiterentwickelte Druckwasserreaktoren. Sie besitzen erstmalig auch eine Auffangvorrichtung, die nach einer (sehr hypothetischen) Kernschmelze den Austritt von Spaltprodukten verhindern soll. Die 3. Generation nutzt konsequent die jahrzehntelangen Betriebserfahrungen zur Kosten- und Sicherheitsoptimierung. Nach den heutigen Erfahrungen mit der 2. Generation ist zu erwarten, daß diese Kernkraftwerke bis zur Mitte des Jahrhunderts und darüber hinaus mit großem wirtschaftlichen Erfolg im Einsatz sein werden. Generation IV: Hierbei handelt es sich um die in der Entwicklung befindlichen Reaktoren. Bei einer vermehrten Nutzung der Kernenergie, ergeben sich zwei wesentlich neue Randbedingungen: Der Bedarf an Natururan sollte verringert werden und die Menge der radioaktiven Abfälle muß drastisch gesenkt werden. Die

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA

Verringerung des Atommülls ist die Grundvoraussetzung für eine Akzeptanz in der Bevölkerung. Ferner müssen Hochtemperaturreaktoren entwickelt werden, die Prozeßwärme für eine Wasserstoffproduktion und sonstige chemischen Anwendungen liefern können. Nur so kann der Einsatz fossiler Brennstoffe wirksam verringert werden.

5.4 Kernenergiestrategie in den USA

Abbildung 5.4.1: Möglicher Mix der Stromerzeugung in USA bei einer deutlichen Reduzierung der Kohlendioxid-Freisetzung (aus PRISM-Studie des EPRI). Die USA stehen – nach eigenem Bekunden – vor einer beispiellosen Herausforderung ihrer Energieversorgung bezüglich Klimawandel und Versorgungssicherheit. Präsident Obama hat zu einer Reduktion des CO2 –Ausstoßes auf das Niveau von 1990 bis zum Jahre 2020 und einer weiteren Reduzierung um 80 % bis 2050 aufgerufen. Das Electric Power Research Institute (EPRI) hat ein ähnliches Szenario in einer Studie im Jahr 2008 durchgespielt. Dabei wurde in 2020 ein Preis von 10 $/ton für die Abscheidung und Lagerung von CO2 (CCS) und 64 $/MWh für Kernenergie unterstellt. Die im Bild dargestellte Verteilung der Stromproduktion ergibt sich aus Modellrechnungen, die von einer vergleichbaren Wirtschaftlichkeit bei den Energieträgern ausgehen. In ihr steigt bis 2020 der Kernenergieanteil um etwa 20 % und bis 2050 um rund 200 %. Die Entwicklung und der Einsatz der Kernenergie kann nach Meinung der USA dazu dienen, mehreren Schlüsselanforderungen zu begegnen:

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5 Kerntechnik 1. Zunahme der Stromproduktion aus Quellen ohne Emissionen um die (hierdurch angeblich verursachten) Klimaveränderungen zu mildern. 2. Begünstigung einer sicheren friedlichen Nutzung der Kernenergie und die Verhinderung der Weiterverbreitung von Kernwaffen in der Welt. 3. Verringerung der Abhängigkeit des Transportsektors von importiertem Öl. 4. Verringerung des Bedarfes an Erdgas für Prozeßwärme und Wasserstoffproduktion. Die kerntechnische Forschung und Entwicklung (F&E) in den USA geht von folgender Vorstellung aus: ”Eine sichere und wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie in den USA wird die Freisetzung von Treibhausgas verringern und ein wirtschaftliches Wachstum ermöglichen, während sie der USA die Führungsrolle bei einer verantwortungsbewußten internationalen Ausweitung der Nutzung der Kernenergie verschafft“. Sechs Ziele wurden definiert, um diese Vorstellung zu erreichen: 1. Weiterbetrieb der heutigen Flotte von Leichtwasserreaktoren. 2. Bedeutende Erweiterung der Flotte mit fortgeschrittenen Leichtwasserreaktoren. 3. Entwicklung von Anwendungen für Hochtemperaturreaktoren außerhalb der Stromerzeugung. 4. Gewährleistung einer sichereren und gesicherten Brennstoffversorgung. 5. Gewährleistung einer nachhaltigen Kernenergienutzung für einen sehr langen Zeitraum. 6. Stärkung der internationalen Führungsrolle der USA. Nachdem für diese Ziele die Kernpunkte herausgearbeitet worden sind, wurden die erforderlichen F&E Aktivitäten in drei technische Gebiete gegliedert: 1. Leichtwasserreaktoren (LWR) und fortgeschrittene Leichtwasserreaktoren (ALWR). 2. Hochtemperaturreaktoren (HTR). 3. Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum und fortschrittliche Brennstoffkreisläufe (einschließlich Atommüllbehandlung).

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA

5.4.1 Weiterbetrieb der heutigen Flotte von Leichtwasserreaktoren

Abbildung 5.4.2: Geplante Stromerzeugung aus Kernenergie in den USA (aus PRISM-Studie des EPRI). Der Ausbau der nuklearen Stromproduktion in USA kann am besten gewährleistet werden, in dem man die vorhandene Flotte von Leichtwasserreaktoren1 beibehält und gleichzeitig neue fortgeschrittene Leichtwasserreaktoren2 zubaut. Eine Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzung kann die notwendige Ausbaurate verringern und durch die verlängerte Amortisation den Anstieg der Energiekosten dämpfen. In beiden Fällen muß ein hoher Sicherheitsstandard und Umweltschutz eingehalten werden. Dies erfordert zwei Dinge für die heutige Flotte: 1.1 Erfolgreich durchgeführte Verlängerung der Betriebsdauer der LWR’s (gemeint sind die Siede- und Druckwasserreaktoren im laufenden Betrieb) auf 60 Jahre und dann eine Erweiterung der Betriebslizenzen über 60 Jahre (möglicherweise 80 Jahre) hinaus. 1.2 Beibehalten der überragenden Sicherheit, hohen Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit der LWR’s auch im Betrieb über deren gesamten Lebensdauer. Für eine Verlängerung der Betriebsgenehmigungen über 60 Jahre hinaus, sind zahlreiche Forschungsarbeiten in Zusammenarbeit zwischen Industrie und Regierungs1

Gemeint sind die kommerziellen Siedewasser- und Druckwasserreaktoren im laufenden Betrieb, die auch als sog. 2. Generation der Kernkraftwerke bezeichnet werden. Sie sind den Reaktoren, die in Deutschland in Betrieb sind, vergleichbar. 2 Auch als sog. 3. Generation der Reaktoren bezeichnet. Sie entsprechen sicherheitstechnisch dem EPR, wie er z. Zt. in Finnland und Frankreich im Bau ist.

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5 Kerntechnik stellen notwendig. Diese wurden in den letzten Jahren in den USA verstärkt in Angriff genommen. Die NRC erwartet erste Anträge für eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung über einen Zeitraum von 60 Jahren hinaus für das Zeitfenster 2014 bis 2019. Dies erfordert gemeinsame Anstrengungen über die nächsten 5 bis 10 Jahre, um dieses Ziel zu ermöglichen. Es kann sich nicht einfach nur um eine Verlängerung der Genehmigung handeln, sondern die Nutzung muß sich auf dem gleich hohen Niveau wie bisher vollziehen. Ein guter Maßstab hierfür, ist die Verfügbarkeit. Die vorhandene Flotte arbeitet heute mit einer mittleren Verfügbarkeit von über 90 %. Weit mehr als die Verfügbarkeit von 56 % vor etwa 25 Jahren. In erster Linie ist dies einer Verbesserung der Betriebsabläufe, der Wartung und Instandhaltung und des allgemeinen technischen Fortschritts zu verdanken. Noch mehr, spiegelt dieser Anstieg die ständige Verbesserung der Organisation und den Austausch von Betriebserfahrungen und Sicherheitserkenntnissen wieder.

5.4.2 Erweiterung der Flotte Damit die Kernenergie ihren Anteil an der Stromproduktion in den USA merklich erhöhen kann, müssen eine größere Zahl von Reaktoren zusätzlich ans Netz gehen. Die PRISM-Studie der EPRI empfiehlt daß 20 GWe zusätzlich bis 2020 installiert werden sollten. Diese könnten 10 % CO2 –Reduktion, bezogen auf den US Primärenergieverbrauch beitragen. Dies ergibt drei Voraussetzungen für den Zubau von fortschrittlichen Leichtwasserreaktoren (ALWR’s): 2.1 Erfolgreiches Genehmigungsverfahren, Bau und Betrieb von neuen ALWR Konstruktionen die überzeugend deren Verfügbarkeit nachweisen und dafür sorgen, daß neue Kraftwerke mit wettbewerbsfähigen Investitions- und Betriebskosten gebaut und betrieben werden können. 2.2 Engpässe in der Infrastruktur benannt werden, die die Inbetriebnahme einer großen Zahl von ALWR behindern würden. Es müssen in den USA Kapazitäten für fünf und mehr Anlagen jährlich ab 2020 bereitgestellt werden. 2.3 Die Erfahrungen mit den ersten ALWRs müssen laufend einfließen und Technologien entwickelt werden, die die Sicherheit, Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit über die gesamte Lebensdauer weiter verbessern. Nach vielen Jahren der Vorbereitung sind für 26 Anlagen bei der NRC Genehmigungsverfahren beantragt worden. Selbst wenn die ersten Anlagen erfolgreich ans Netz gehen, ergeben sich in den USA zahlreiche Schwierigkeiten für die Indienststellung großer Stückzahlen. Die Infrastruktur zum Bau und der Inbetriebnahme einer großen Anzahl von Anlagen muß wiederbelebt werden. Beispielsweise müssen

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA die Fabriken zur Herstellung schwerer Schmiedeteile und dickwandiger Druckbehälter erweitert werden. Es sind bereits mehrere Fertigungsstätten angekündigt, müssen jedoch umgesetzt werden. Der Bau von mehreren Kernkraftwerken jährlich in den USA, wird den vorhandenen Arbeitsmarkt und die Fachfirmen für kerntechnische Komponenten aufs äußerste Anspannen, wenn sie nicht rechtzeitig erweitert werden. Höhere Ausbauraten werden die Kapitalmärkte und die Arbeitsmärkte für erfahrene Fachkräfte belasten, und letztendlich sogar die Fähigkeit der NRC die Anlagen zu genehmigen und zu überwachen gefährden. Ausländische Zulieferer können dazu beitragen diese Engpässe zu überwinden. Wie auch immer, der Ausbau der heimischen Industrie (der USA) ist von nationalem Interesse, da er die Unabhängigkeit unterstützt. Die Verbesserung der Infrastruktur ist bereits überfällig, hauptsächlich angetrieben durch Angebot und Nachfrage. Es wird notwendig werden, diesen Vorgang vorausschauend zu überwachen, damit die Kräfte des Marktes fortfahren können, die Geschwindigkeit einzuhalten, die notwendig ist.

5.4.3 Anwendungen für Hochtemperaturreaktoren außerhalb der Stromerzeugung Nutzungen von Kernenergie, die über die Stromproduktion hinausgehen, können helfen die Treibhausgasemessionen zu senken. 35 % des Erdgasverbrauches in den USA (8 quadrillion Btu/year) entfallen auf die Industrie. Über 80 % davon werden als Prozeßwärme in den Raffinerien und petrochemischen Werken verbraucht. Die verbleibenden 20 % zur Wasserstoffproduktion über Dampfreformierung von Methan. Kernenergie zur Wasserstoffproduktion und Bereitstellung von Prozeßwärme soll Arbeitsplätze in die USA zurückholen und Erdgas für die Produktion von Treibstoffen freistellen. Folgende Punkte sind ins Auge gefaßt worden: 3.1 Die Technology für gasgekühlte Hochtemperatur–Reaktoren soll entwickelt werden und mit der Industrie zusammen die Lieferung von Prozeßwärme erfolgreich demonstriert werden, sowie ein Prototyp einer Wasserstoffproduktion gebaut werden. 3.2 HTR’s sollen wirtschaftlich gemacht werden, um einen bedeutenden Anteil des Erdgasverbrauchs für Prozeßwärme in der Industrie zu ersetzen. HTR’s sind die Speerspitze der Generation IV Entwicklung in den USA. Äußere Entwicklungen können diese Ziele maßgeblich beeinflussen: Eine zunehmende Zahl von Elektrofahrzeugen (plug-in hybrid electric vehicles PHEV’s) und eine Zunahme der Meerwasserentsalzung.

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5 Kerntechnik

5.4.4 Brennstoffversorgung der USA Ein zentraler Punkt bei der öffentlichen Zustimmung zur Kernenergienutzung ist der Umgang mit den abgebrannten Brennelementen und dem Anteil, der letztendlich als Atommüll gelagert werden muß. Ebenso wird eine weltweite Ausweitung der Kernenergie zur Herausforderung für die konventionelle Nutzung der bekannten und vermuteten Uranvorkommen. Eine flexible und integrierte Herangehensweise ist nötig, die die USA in die Lage versetzt einen technisch ausgereiften, gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen sicheren und wirtschaftlichen, geschlossenen Brennstoffkreislauf aufzubauen. Folgende Ziele werden betrachtet: 4.1 Ausbau der Zwischenlagerung um abgebrannte Brennelemente für eine spätere Wiederaufbereitung und/oder Endlagerung sicher zu lagern. 4.2 Geologische Tiefenlager zu entwickeln, die in erster Linie diejenigen abgebrannten Brennstoffe aufnehmen sollen, deren Aufbereitung zu teuer oder unwirtschaftlich ist. 4.3 Eine neue Generation von LWR Brennstoff zu schaffen, die das Volumen für genehmigungspflichtige Lager, Transport und Mülldeponien für LWR Brennstoff verringert. Die ersten beiden Punkte schaffen ein flexibles und sicheres System für die Handhabung von abgebrannten Brennelementen und Atommüll. Soll letztendlich ein offener Kreislauf eingerichtet werden, kann der Inhalt der Zwischenlager in das Endlager überführt werden. Wird ein geschlossener Kreislauf eingerichtet, werden Aufbereitung und Brennelemente–Neu–Produktion möglichst in der Nähe gebaut und lediglich die Spaltprodukte werden in das Endlager überführt. Der zweite Punkt betrifft Brennelemente aus Versuchsreaktoren etc. Für Punkt drei sollte der Abbrand erhöht werden. Dies reduziert nicht nur den Transport und die Zwischenlagerung, sondern verlängert auch die Ladezyklen wodurch die Arbeitsausnutzung der Kraftwerke noch weiter ansteigen kann.

5.4.5 Kernenergienutzung für einen sehr langen Zeitraum Unter Verwendung von Schnellen Reaktoren mit Wiederaufbereitung können die Uranvorkommen den gesamten Energiebedarf der Welt für mehrere Jahrhunderte sicher abdecken. Mehr als 100 mal soviel Energie ist in den abgebrannten Brennelementen und dem Abfall der Anreicherung enthalten, als in einem offenen Kreislauf in einem LWR genutzt wird. Wiederverwendung in schnellen Reaktoren vermindert zudem die Menge Atommüll, die in geologische Tiefenlager eingelagert werden

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA muß. Allerdings vergrößert sich das Volumen 3 an Leicht- und Mittelaktiven Abfällen durch die Wiederaufbereitung. Schnelle Reaktoren erfordern höhere Investitionskosten als LWR’s und ALWR’s. Sie reichen von ”Brütern“ bis ”Brenner“ 4 . Die Strategie ist, schnelle Reaktoren mit einer Konversionsrate nahe 1 zu bauen, die die Wiederaufbereitung ein wenig vereinfachen durch die Vermeidung von Brennstoffen mit hohem Anteil von Transuranen und die Handhabung von Plutonium aus anderen Reaktoren. Die Entscheidung solche Reaktoren zu Brütern zu machen, kann später erfolgen, wenn zahlreiche Erfahrungen gewonnen worden sind. Diese Strategie schließt die Beseitigung nahezu aller Aktiniden und damit die Beseitigung der Endlagerungsproblematik ein. Die Entscheidung über die Einführung wird einerseits von den Kosten für Natururan und Anreicherung getrieben, andererseits von der Fähigkeit die hochaktiven Abfälle und damit den Bedarf an ”Endlagern“ zu verringern. Die – für Mitte des Jahrhunderts – anstehende Entscheidung über die Schließung des Brennstoffkreislaufes über schnelle Reaktoren wird über folgende zwei Punkte beeinflußt: 5.1 Fortgeschrittene schnelle Reaktortechnologie, einschließlich Wiederaufbereitung und Brennelementeherstellung sind erfolgreich erprobt. Wenn abgebrannter LWR Brennstoff wiederaufgearbeitet worden ist und neuer Brennstoff für schnelle Reaktoren daraus hergestellt wurde, sind diese Reaktoren in der Lage, die Aktiniden zu verbrauchen und sind dabei obendrein wirtschaftlich. 5.2 Demonstration und Betriebserfahrung über die Aufbereitung von LWR und ALWR Brennelementen und schnellen Reaktoren sollten etwa dem vollen Umfang von 100 Reaktorbetriebsjahren entsprechen.

5.4.6 Führungsrolle der USA Die weltweite Renaissance der Kernenergie führt nicht nur zu einer Ausweitung der Nutzung in den 30 Staaten, die sie bereits eingeführt haben, sondern mehr als ein Dutzend weitere Länder erwägen die Einführung. Sie benötigen das notwendige Wissen, die Genehmigungsverfahren und die notwendige Infrastruktur. Die USA 3

Nicht jedoch die Menge der radioaktiven Stoffe, da durch die Wiederaufbereitung keine zusätzlichen Spaltprodukte entstehen, sondern lediglich Anlagenteile, Chemikalien usw. mit bestehenden Spaltprodukten kontatminiert werden. Diese müssen deshalb anschließend – zumindet teilweise – als radioaktiver Müll sicher gelagert werden. 4 Man spricht von Brütern, wenn mehr spaltbares Material erzeugt wird, als während des Betriebes verbraucht wird. Man kann aber auch Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum bauen, die mehr spaltbares Material verbrauchen, als sie gleichzeitig neu erzeugen, dafür aber Transurane vernichten

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5 Kerntechnik haben ein besonderes Interesse ihre Führungsrolle zu bewahren um sicher zu stellen, daß akzeptierte Sicherheit und Nichtverbreitungsregeln eingehalten werden. Drei Punkte geben die notwendige Führungsrolle wieder: 6.1 Weltweite Zusammenarbeit mit den führenden Entwicklern und Exporteuren für nukleare Technologie und Ausrüstung, um die Führungsrolle bei der Entwicklung der gegenwärtigen Systeme und Systeme der nächsten Generation einzunehmen und somit einen wesentlichen Anteil an den neuen ALWR und am Brennstoffmarkt zu erzielen. 6.2 Den Anspruch auf die Führungsrolle in Zusammenarbeit mit der International Atomic Energy Agency (IAEA) zu demonstrieren. Die Entwicklung einer globalen Urananreicherung und eines globalen Brennstoffkreislaufes, um ein gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen resistentes Versorgungssystems zu schaffen und für eine möglichst weltweite Einführung der in den USA bevorzugten Technologien und Sicherheitsstandards zu sorgen. 6.3 Zusammenarbeit mit Ländern, die gewillt sind, die Kerntechnik neu einzuführen. Unterstützung beim Aufbau von wirksamen Genehmigungsverfahren, rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und der unterstützenden Infrastruktur. Punkt 1 zielt auf die Länder ab, die eine wesentliche Rolle bei der kommerziellen Anwendung der Kerntechnik spielen (GEN IV) und anderen, wie Indien.

5.4.7 Verwicklungen zwischen der Nicht-Weiterverbreitung und geschlossenen Brennstoffkreisläufen Diese Strategie für die Kerntechnik wurde im Zusammenhang mit der Nicht– Weiterverbreitungs–Politik der USA entwickelt: ”Die weltweite Ansammlung von abgetrenntem Plutonium zu verhindern“. Dieses Ziel wurde durch zahlreiche Studien der National Academy of Sciences, National Commission on Energy Policy, und des Massachusetts Institute of Technology unterstützt. Ungeachtet der Besorgnis über die Auswirkungen einer Wiederaufarbeitung auf die Weiterverbreitung, bedarf es Aufklärung und gegenseitige Zusammenarbeit in F&E um fortgeschrittenere Wiederaufbereitungsverfahren zu entwickeln. Mit dem Ziel, Verfahren zu entwickeln, die sauberer, wirtschaftlicher und resistenter gegen Weiterverbreitung sind. Historie An dieser Stelle ist es wichtig, auf die Entstehungsgeschichte der Wiederaufbereitung unmittelbar aus der atomaren Rüstung während des 2. Weltkriegs zu verweisen. In den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts ging es darum, ein

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA chemisches Verfahren zu schaffen, welches es ermöglichte, hochreines Plutonium möglichst preiswert und zuverlässig zu produzieren. Zum Zwecke des Baues von Atombomben, war alles andere (Uran und Spaltprodukte) Abfall. Außerdem wurde hier mit einem ”Brennstoff“ gearbeitet, der systembedingt nur sehr kurzzeitig bestrahlt worden war. Man wollte ja keine Energie erzeugen in den damaligen Reaktoren des Atombombenprogrammes, sondern waffengrädiges Plutonium erbrüten. Nach dem 2. Weltkrieg begannen auch in anderen Ländern Aktivitäten für eine nukleare Rüstung (England, Frankreich, Sowjetunion etc.). Gleichzeitig begann in diesen Ländern die friedliche Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung. Aus wirtschaftlichen Gründen war es logisch, sich auf die Wiederaufbereitungsverfahren und Anlagen zu stützen, die ohnehin für die Rüstung benötigt wurden. Die Nicht–Weiterverbreitung von waffenfähigem Plutonium oder die ”Entschäfung“ des Atommülls durch Abtrennung der Aktiniden war schlicht weg (noch) kein Thema oder sogar (für die Waffenproduktion) kontraproduktiv. Die ”neuen Regeln“ Der Hauptgrund für die Schließung des Brennstoffkreislaufes ist eine weltweite, über lange Zeit nachhaltige Nutzung: • Reduzierung der Treibhausgase und Verbesserung der Versorgungssicherheit, • bei Einführung von Schnellen Brütern eine Versorgung für Jahrhunderte aus den vorhandenen Lagerbeständen, • die Rückführung aller Aktiniden beschränkt die Weiterverbreitung auch bei einer vermehrten Nutzung der Kernenergie in der Welt. Der geschlossene Kreislauf ist (nach Auffassung des EPRI) kein Ersatz für ein geologisches Tiefenlager. Durch den Baustopp für das Yuka-Mountain-Projekt in Nevada durch Präsident Obama im März 2009 ist die ideolologisch festgefahrene Diskussion wieder für Lösungsansätze offen. Die insbesondere von Deutschen Linken wie ein Mantra wiederholte Formel: ”Plutonium strahlt für Jahrtausende => dafür kann es kein sicheres Endlager geben => Kernenergie zu nutzen, ist unmoralisch“ ist damit auch offiziell vom Tisch. Es war ein schwerwiegender Fehler der Befürworter der Kernenergie, den ”gesunden Menschenverstand“ der Bevölkerung zu ignorieren und sich auf eine mögliche, sichere ”Endlagerung“ für Jahrtausende zu versteifen. Auch hier muß man noch einmal auf die Folgen der Rüstungsprogramme verweisen: Die Unmengen aus der Waffenproduktion bereits angefallenen Müllmengen sollten möglichst ”kostengünstig“ beseitigt werden. Insbesondere für die marode Sowjetunion hätte jeder zusätzlich ausgegebene Rubel für die Atommüllbeseitigung für die zusätzliche Produktion von Atombomben zur ”Zwangsbeglückung“ der Welt gefehlt. Hatte man doch bereits spätestens mit der

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5 Kerntechnik Einführung des ”Reaktortyps Tschernobyll“ jedwede moralische Grenze überschritten: Die Konstruktion eines Reaktors mit stark positivem Raktivitätskoeffizienten, um heimlich große Mengen waffengrädiges Plutonium in einem Kernkraftwerk herstellen zu können. Das Menschenopfer der eigenen Bevölkerung war zum Wohle des Sozialismus bewußt einkalkuliert. In der Ironie der Geschichte liegt es, daß gerade Tschernobyll zum Zusammenbruch der Sowjetunion maßgeblich beigetragen hat. Betriebsbereite flexible Lager und Entsorgungspfade erlauben es den USA ein vollwärtiger Partner in den internationalen Beziehungen für den weltweiten Brennstoffkreislauf zu sein. Lagerung von abgebrannten Brennelementen bis Auflagen erfüllt werden können. Diese Strategie ermöglicht den USA beim Aufbau eines internationalen Brennstoffkreislaufes unter Aufsicht der IAEA mitzuwirken. Dieses Regime nützt die bestehende Versorgungskette, um frischen Brennstoff bereitzustellen und abgebrannte Brennelemente unter internationalen Nicht–Weiterverbreitungs– Standards zurückzunehmen. Für die USA ist die Zwischenlagerung die schnellste und billigste Art, Kapazität für eine Rücknahme von abgebrannten Brennelementen bereitzustellen. Nach der Anweisung des Präsidenten vom Frühjahr 2009 sind nun ausdrücklich alle denkbaren Wege der rückholbaren Lagerung wieder offen und die Reduzierung des Zeitraumes der Strahlungsgefährdung hat ausdrücklich Priorität. Der unselige Begriff ”Endlager im Sinne einer endgültigen Lösung“ ist damit endlich vom Tisch. Zukünftig soll es nur noch – bewußt rückholbare – Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe und möglichst sichere ”Deponien“ für (kurzlebigere) Spaltprodukte geben. Die Betonung liegt hierbei auf ”kurzlebig“ im Sinne einiger Jahrzehnte bis maximal Jahrhunderte. Das Risiko Atommüll soll sich auf den sonst akzeptierten Zeitraum (z. B. Sondermülldeponien) für technische Bauwerke reduzieren. Kostenargumente sind seit der Einführung von ”regenerativen Energien“ ebenfalls vom Tisch. Die Kernenergie steht nicht mehr in Konkurrenz zu billigem Öl (der 1950er und 60er Jahre) sondern plötzlich als Alternative zur exorbitant teuren Sonnenenergie dar. Sollen tatsächlich die verschiedenen Darreichungsformen der Sonnenenergie Maßstab sein, sind sogar Verfahren zur Atommüllbeseitigung, wie Spallationsquellen plötzlich interessant, die bis vor kurzem noch eher utopisch anmuteten.

5.4.8 F&E für LWR und ALWR in den USA Der sichere und wirtschaftliche Weiterbetrieb der vorhandenen LWR’s (Leichtwasserreaktoren) ist wichtig für den Zubau von neuen ALWR’s (fortschrittlichen Leichtwasserreaktoren) damit die alten Anlagen etwa in der Mitte des Jahrhunderts ersetzt werden können. In Kürze werden Techniken gebraucht, die die Hochleistungswerkstoffe der Reaktoren, die Steuerung und Regelung und die Brennelemente auch weiterhin auf hohem Niveau halten. Die Lebensdauer der Werkstoffe muß über die verlängerte Betriebsdauer aufrecht erhalten werden: Vorhersage,

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA Wartung und Reparatur sind entsprechend anzupassen und auszuweiten. Die Anlagen müssen für digitale Steuerungen und Regelungen nach dem Stand der Technik ertüchtigt werden. Der Abbrand sollte auf 80.000 MWd/tonne erhöht werden um die Flexibilität beim Betrieb zu erhöhen. Die Herausforderung bei neuen ALWR’s ist ihre Wirtschaftlichkeit und fristgerechte Fertigstellung; sie mit so hoher Verfügbarkeit zu betreiben wie die bisherigen LWR’s und ihre Lebensdauer beständig auszubauen. Fortgeschrittene Fertigung, Bau und Inspektionsmethoden müssen entwickelt und eingeführt werden. Die US Infrastruktur und Belegschaft muß wiederbelebt werden, einschließlich der Ausweitung und Modernisierung des Stromnetzes für die Ansprüche des 21ten Jahrhunderts. Eine Reihe von F&E-Projekten sollte gestartet werden, um folgende Ziele zu erreichen: • Gewährleistung der Leistungsfähigkeit der in Reaktoren verwendeten Materialien. • Ausweitung der Lebensdauer der Komponenten und Verbesserung der Vorhersagen. • Verbesserung von Inspektionen, Diagnosen, Instandhaltungen und Reparaturmöglichkeiten. • Übergang zu Steuerung und Regelung auf dem Stand der Technik. • Verbesserung von Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit des Brennstoffes, Entwicklung von Brennstoff für hohen Abbrand. • Entwicklung alternativer Kühlungen um den Wasserbedarf zu verringern. • Entwicklung fortschrittlicher Fertigungs-, Bau- und Inspektionsmethoden. • Verbesserte Anwendung von Sicherheitsanalysen und besseres Verständnis von Sicherheiten. • Verbesserung der Verfügbarkeit der Ausrüstungen und Betriebsergebnisse. • Konstruktion von Leistungssteigerungen und Untersuchung der Auswirkungen bezüglich der Lebensdauer. • Entwicklung von Techniken für die Sicherheit der Anlage mit dem Schwerpunkt weniger Personalbedarf. • Entwicklungen mit dem Ziel den schwachaktiven Abfall zu verringern.

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5 Kerntechnik Neue Anwendungen für Leichtwasserreaktoren, wie z. B. Meerwasserentsalzung oder Niedertemperatur–Prozeßwärme sollten erkundet werden. Zusätzliche Hersteller mit Zulassung zur Produktion von Kernenergiekomponenten und zusätzliches Personal mit Ausbildung und Erfahrung auf dem Nuklearsektor sollten gewonnen werden. Das Verteilnetz sollte ertüchtigt werden. Für diese F&E-Maßnahmen wird von einem Finanzbedarf in den USA von etwa $ 600 Millionen für die Periode 2010 bis 2015 ausgegangen. Er sollte etwa zu jeweils 50 % durch private und öffentliche Mittel bereitgestellt werden.

5.4.9 F&E für HTR in den USA Hochtemperaturreaktoren (HTR) sind für eine Reihe von Prozessen geeignet: 1. Ölförderung: Tertiäre Gewinnung, Ölsände, Ölschiefer und Kohleverflüssigung und -vergasung. 2. Ölverarbeitung: Wasserstoffgewinnung zur Entschwefelung von Rohöl, Herstellung dünnflüssiger Komponenten, Gewinnung zusätzlicher Motorentreibstoffe. 3. Wasserstoffgewinnung für die chemische Industrie: Düngemittelproduktion, Ammoniak, Methanol und Ethylen etc. Zusätzlich können sie in abgelegenen Regionen zur Produktion von Elektroenergie und potentiell im Transportsektor zur Wasserstoffgewinnung für Brennstoffzellenfahrzeuge eingesetzt werden. Diese Anforderungen benötigen ausbaufähige und flexible Entwürfe, die auf vorhergehende HTR Erfahrungen aufbauen, aber die Technik für eine bessere Verfügbarkeit und höhere Temperaturen weiterentwickeln. Das DOE unterstützt diese Arbeiten in Zusammenarbeit mit der Industrie und verschiedenen internationalen Partnern im Rahmen des Generation IV Projektes. • Brennstoff – Das DOE hat die Kapazitäten für die Produktion und Tests von ummantelten Brennstoffkörnern wieder in Betrieb genommen. Die Arbeit muß fortgesetzt werden, um die reproduzierbare Herstellung von Ummantelung und Kernen in kommerziellem Umfang zu demonstrieren und sichere Prüfungen in Übereinstimmung mit den atomrechtlichen Vorschriften zu entwickeln. • Material – Das DOE hat ein Konzept entworfen, für kriechfähige Graphitumhüllungen, Dauerfestigkeit, und Umwelteinflüsse auf Hochtemperaturwerkstoffe für die Anwendung in Zwischenwärmetauschern. Eine Menge Arbeit verbleibt für die Auswahl und Untersuchung von Materialien für

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5.4 Kernenergiestrategie in den USA die Reaktordruckbehälter, Heißgasleitungen, Wärmetauscher für die Wasserstoffproduktion und Kontrollstabführungen und die Zulassung für Keramik und metallische Komponenten. Herstellungsrichtlinien für all diese Materialien sind zu entwickeln. • Anlagenentwurf – Um das Kernreaktorsystem im engeren Sinne zu entwerfen (Wärmeübertragungssystem, Wasserstoffproduktion usw.), werden Kenngrößen wie Reaktorleistung, Austrittstemperatur, Anlagenausführung usw. benötigt. Fortgeschrittene Rechnerprogramme sind nötig, um die vorhandenen Neutronenphysik-, Thermohydraulik- und Sicherheitsprogramme an die HTR–Technik anzupassen. Fortgeschrittene Methoden und zugehörige Experimente werden benötigt, um die Gültigkeit der rechnergestützten Werkzeuge zu überprüfen. • Versuchsanordnungen – Entwurf, Bau und Betrieb der notwendigen Versuchsanlagen (oder Umbau vorhandener Anlagen) für Strömungen bei hohen Temparaturen werden die Entwicklung und Demonstration von HTR Systemen, Schlüsselausrüstungen und Waserstoffproduktion voranbringen. • Wasserstoff–Prozeß–Anlagen – Die Entwicklung von Wasserzerlegungsanlagen müssen über Demonstrationsanlagen in die nuklearen Wärmesysteme, Stromerzeugungs– und Wasserstoffproduktionsanlagen integriert werden. Es werden etwa 2 Milliarden $ für F&E im Zeitraum 2010 bis 2015 benötigt. Ziel ist der Bau eines HTR–Demonstrationsreaktors nach 2020 in den USA. Geplante Aufteilung der Kosten: 20 % Industrie, 80 % öffentliche Mittel.

5.4.10 F&E für Schnelle Reaktoren in den USA Die Entwicklung von Schnellen Reaktoren und zugehörigen Brennstoffkreisläufen ist zur Unterstützung geschlossener Kreisläufe notwendig. F&E ist hierfür in drei umfassenden Gebieten notwendig: 1. Wiederaufbereitung von abgebrannten LWR–Brennelementen und daraus Fertigung von Brennelementen für Schnelle Reaktoren. 2. Entwurf und Technik für Schnelle Reaktorkerne und Systeme. 3. Wiederaufbereitung von abgebrannten Brennelementen aus Schnellen Reaktoren und Neuanfertigung von Brennelementen.

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5 Kerntechnik Für LWR’s werden wässrige und für Natriumgekühlte–Schnelle–Reaktoren elektrochemische Wiederaufbereitungsverfahren untersucht. Auf allen Gebieten sind Spaltmaterialüberwachung und Sicherheitstechniken zu entwickeln, sowie der technische Fortschritt und die Wirtschaftlichkeit voranzutreiben. Wiederaufbereitsanlagen für LWR sollten schrittweise vergrößert werden um ihre Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Prototypanlagen sollten zuerst mit abgereichertem Material und Isotopenmischungen betrieben werden. Durch dieses schrittweise Vorgehen, können sowohl die Brennstoffe als auch ihre Wiederaufbereitung kontinuierlich weiterentwickelt werden. Insbesondere Brennstoffe mit hohem Anteil von Transuranen zur Beseitigung von Atommüll müssen entwickelt und getestet werden. Für den Test unter realen Bedingungen bedarf es eines größeren Schnellen Reaktors. Dieser könnte in den USA in Zusammenarbeit mit anderen interessierten Staaten gebaut und betrieben werden. Unter Aufsicht des DOE könnten die Richtlinien für die kommerziellen Genehmigungsverfahren über das NRC entwickelt werden. Über die Entwicklung des Brennstoffes hinaus, sind F&E Arbeiten für das Kühlmittel, die Werkstofftechnik, Steuerung und Regelung, Erdbebenschutz, Brennstoffbeladung und Handhabung, Wartung und Instandsetzung, sowie Überwachung und den konventionellen Teil der Anlage nötig. Für diese Zwecke empfiehlt sich der Betrieb zahlreicher verschiedener Teststände, mit deren Hilfe die NRC ein Genehmigungsverfahren für eine erste kommerzielle Demonstrationsanlage entwickeln kann. Für diese F&E Vorhaben wird mit einem Bedarf von 2,5 Milliarden $ öffentlicher Forschungsmittel in der Periode 2010 bis 2020 gerechnet.

5.4.11 Zusammenfassung aus amerikanischer Sicht Die Entwicklung und der Einsatz der Kernenergie kann den USA bei der Bewältigung der Herausforderungen bezüglich Umweltschutz und Energieversorgung helfen. Es bedarf einer zwischen Industrie und Öffentlicher Hand koordinierten F&E. Die ganzheitliche F&E Strategie sollte durch eine Kombination der nationalen Langzeitziele für die Entschärfung der Klimaveränderungen, Nicht–Weiterverbreitung und Versorgungssicherheit im Zusammenhang mit der Entwicklung der Märkte betrieben werden. Die Prioritäten sollten dabei zeitlich gegliedert werden. F&E muß dabei auf allen Ebenen stattfinden um Möglichkeiten der technischen Entwicklung zu schaffen und Grundlagen für Entscheidungen im folgenden Zeitrahmen zu liefern: Kurzfristig:

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5.5 Generation IV roadmap • Entwicklung der Technik und des Genehmigungsverfahrens für eine Ausweitung der Betriebsgenehmigung für bestehende Kraftwerke auf 80 Jahre. • Genehmigung und Inbetriebnahme von neuen, standardisierten ALWR’s ab 2016. Mittelfristig: • Entwicklung von geologischer Lagerkapazität und Zwischenlagern für abgebrannte Brennelemente. • Entwicklung einer vertrauenswürdigen Technik für den Einsatz von Hochtemperaturreaktoren zur Produktion von Prozeßwärme, Wasserstoff und elektrischer Energie zu wettbewerbsfähigen Kosten für den Ersteinsatz in der Mineralöl- und Chemieindustrie. • Entwicklung einer vertrauenswürdigen Technik zur Einführung neuer Techniken des Brennstoffkreislaufs für ein integriertes und wirtschaftliches Brennstoffmanagement. Langfristig: • Entwicklung eines besonders nachhaltigen Brennstoffkreislaufs.

5.5 Generation IV roadmap Das Generation IV Rahmenprogramm ist eine Forschungskooperation von 10 Nationen zur Entwicklung einer zukünftigen Generation von Kernenergiesystemen. Es wurde im Mai 2001 von folgenden 10 Nationen gegründet: Argentinien, Brasilien, Großbritannien, Frankreich, Japan, Kanada, Schweiz, Südafrika, Südkorea und USA. Deutschland ist aus ideologischen Gründen (Umweltminister Trittin von den Grünen) nicht beigetreten. Seit 2003 ist auch die Europäische Atomgemeinschaft diesem Abkommen als elftes Mitglied beigetreten. Die anzustrebenden Ziele der roadmap sind in vier Bereiche definiert worden: 1. Nachhaltigkeit der Kerntechnik, 2. Wirtschaftlichkeit, 3. Sicherheit und Verfügbarkeit, 4. Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen und Schutz vor Terrorismus.

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5 Kerntechnik Leitgedanke des GIF (Generation IV International Forum) ist es, für den Zeithorizont 2030 fortschrittliche Reaktortypen zu entwickeln, um dann damit die zur Zeit in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zu ersetzen. Dafür wurden die vorhergehenden Ziele definiert. Sie dienen gleichzeitig drei Zwecken: 1. Sie sollen als Basis für die Vorgaben beim Entwurf und zur Abschätzung des Erfolgs und zum Vergleich der Systeme untereinander dienen. 2. Sie sollen als Herausforderung betrachtet werden und anregen neue Systeme aus Reaktoren und Brennstoffkreisläufen zu bilden. 3. Sie sollen als Leitfaden für Forschung und Entwicklung dienen und als Anregung für gemeischftliche Entwicklungen.

5.5.1 Nachhaltigkeit der Kerntechnik Nachhaltigkeit ist ein beliebtes ”Gummiwort“ geworden. In dem hier gemeinten Sinne, beruht es auf dem Abschlußbericht ”Unsere gemeinsame Zukunft“ der BrundtlandKommission aus dem Jahr 1987. ”Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, daß die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können." Der Begriff ”Nachhaltigkeit“ in diesem Sinne meint ”dauerhaft aufrechterhaltbar“ und hat nichts mit dem umgangssprachlichen Sinn der Nachhaltigkeit als ”längere Zeit anhaltende Wirkung“ zu tun. Für den Begriff ”sustainable development“ gibt es in der deutschen Sprache zahlreiche Übersetzungsvarianten. Als eine für diesen Zweck geeigneteste erscheint ”zukunftsfähige Entwicklung“. Prüfkriterien für eine nachhaltige Kernenergienutzung Die international definierten Prüfkriterien für eine zukunftsfähige Nutzung der Kernenergie lauten: • Um eine (günstige) Brennstoffversorgung auch in den kommenden Jahrhunderten zu gewährleisten, sollten abgebrannte Brennelemente wiederaufgearbeitet werden, um die darin enthaltene Restenergie in Form von spaltbarem Material zurückzugewinnen. Es sollte (vermehrt) 238 U in spaltbares Material umgewandelt werden.

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5.5 Generation IV roadmap • Die Kernenergie sollte einen positiven Einfluß auf die Umwelt haben, indem sie ”schmutzige“ Energien bzw. Verfahren ersetzt. Dies kann durch Kernkraftwerke (Stromerzeugung) und die Produktion von Wasserstoff (Verkehr, Verfahrenstechnik) in großem Maßstab erfolgen. • Um die geologischen Tiefenlager zu schonen und sie für viele weitere zusätzliche Reaktorbetriebsjahre verfügbar zu machen, sollte die Menge des radioaktiven Abfalls und seine Zerfallswärme sehr stark verringert werden. • Um den Nachweis einer sicheren Lagerung des restlichen ”Atommülls“ für eine sehr lange Zeit (größer tausend Jahre) zu gewährleisten, muß die Lebensdauer und Giftigkeit der Spaltprodukte auf ein (wirtschaftlich gerade noch vertretbares) Minimum gesenkt werden. Sie müssen in eine für ein geologisches Tiefenlager optimale Form (chemisch, physikalisch) überführt werden. Ziele des GIF IV Projektes Zur besseren Handhabung wurden zwei Ziele definiert, die insbesondere die Verfügbarkeit des Brennstoffes und den Atommüll betreffen: 1. Nachhaltigkeit-1: Systeme von GIF IV sollen nachhaltig Energie bereitstellen, unter Beachtung aller Ziele für ”saubere Luft“, bei langer Verfügbarkeit der Anlagen und einer effektiven Nutzung der Brennstoffvorräte für eine weltweite Nutzung. 2. Nachhaltigkeit-2: Systeme von GIF IV sollen ihren Atommüll minimieren und selbst handhaben und insbesondere die über sehr lange Zeiträume notwendige Beaufsichtigung von ”Endlagern“ vermeiden helfen – bei gleichzeitig verbessertem Gesundheits- und Umweltschutz.

5.5.2 Wirtschaftlichkeit der Kerntechnik Die Wirtschaftlichkeit der Energieversorgung ist von zentraler Bedeutung für den Wohlstand einer jeden Gesellschaft. Neben der betriebswirtschaftlichen, kommt es auch auf die volkswirtschaftlichen Kosten einer Stromversorgung an. So stellt sich die Situation anders dar, ob eine Nation reich oder arm an preiswerten fossilen Energieträgern ist. Der Energieimport muß mit eigenen Exporten finanziert werden. Eine über die volkswirtschaftliche hinausgehende politische Dimension ist die Versorgungssicherheit. Eine Abhängigkeit von einzelnen Ländern oder Regionen könnte bis zu einer Erpreßbarkeit führen. In diesem Sinne stellt die Kernenergie wegen ihres extrem geringen Brennstoffvolumens eine Besonderheit dar. Sie kann mit einer Investition Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit für Jahrzehnte bieten.

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5 Kerntechnik Besonderheiten der Kerntechnik Neben der üblichen betriebswirtschaftlichen Berechnungen erfordern Investitionen in kerntechnische Anlagen spezielle Risikobetrachtungen. Neben den hohen Beträgen und langen Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeiten ergab sich in der Vergangenheit auch noch ein politisches Risiko: Zeitraubende gerichtliche Auseinandersetzungen mit endlos erscheinenden Klagewegen und sich ändernde Regierungen mit wechselnden Meinungen konnten Projekte scheitern lassen. Solche Verhältnisse sind für die Bereitstellung einer Finanzierung ein nahezu unüberwindbares Hindernis. Es war immer erklärtes Ziel der sog. ”Anti–Atomkraft–Bewegung“ durch Störungen die Kosten so hoch zu treiben, daß die Kernenergie zumindest unwirtschaftlich erscheint. Als international anerkannte Kriterien bei der Neu- und Weiterentwicklung ergeben sich: • Es sollte versucht werden, die Kosten für die Energieproduktion unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus der Anlagen zu senken. Dazu sind vereinfachte Konstruktionen nötig, abgestimmte Brennstoffkreisläufe, verbesserte Wirkungsgrade und anpaßbare Blockgrößen bei standardisierten Entwürfen. • Um das finanzielle Risiko bei der Entwicklung und dem Bau kerntechnischer Anlagen zu verringern, sollten neue Fertigungs- und Montagetechniken entwickelt werden. Möglicherweise mit dem Ziel eines modularen Aufbaues. • Es sollten Anlagen zur kombinierten Meerwasserentsalzung, Wasserstoffproduktion und Fernwärmeversorgung entwickelt werden, die den verteilten Einsatz nahe der Verbrauchszentren erlauben. Die über die Stromproduktion hinausgehende Energieproduktion, erlaubt ein wesentlich breiteres Anwendungsfeld mit entsprechender wirtschaftlicher Stabilität. An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, daß die sehr restriktiven Genehmigungsverfahren innovative Entwicklungen sehr erschweren. Aus Angst vor dem Scheitern wird immer mehr auf langjährig erprobte Lösungen gesetzt. Dies ist zwar aus Sicht der Investoren sinnvoll, verhindert aber einen schnellen Fortschritt. Um die wirtschaftlichen Risiken zu minimieren erscheint eine frühzeitige internationale Kooperation sinnvoll. Das komponentenweise Vorgehen in kontinuierlichen Schritten – wie es im Kraftwerksbau allgemein üblich ist – verhindert eine Standardisierung und eine Kostendegression über Serienproduktion. Andererseits schützt es vor sehr teuren Serienfehlern. Grundvoraussetzung dieser Strategie ist jedoch ein kontinuierlicher Neubau. Leider ist es in den letzten Jahrzehnten nicht dazu gekommen. Diese Zeitverzögerung wird nun zu einer mehr sprunghaften Entwicklung führen müssen. Durch die ”Einzelanfertigung“ bedingt, war die

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5.5 Generation IV roadmap Kerntechnik immer ein Motor fortschrittlicher Simulationstechniken. Vergleichbar nur mit der Luft- und Raumfahrt. Ziele des GIF IV Projektes Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen konzentrieren sich auf die Wettbewerbsfähigkeit und das finanzielle Risiko: 1. Wirtschaftlichkeit-1: Systeme der 4. Generation sollen für die gesamte Nutzungsdauer einen eindeutigen Kostenvorteil gegenüber anderen Energiequellen haben. 2. Wirtschaftlichkeit-2: Systeme der 4. Generation sollen ein ”Investitionskosten– Risiko“ haben, welches anderen Energieprojekten entspricht.

5.5.3 Sicherheit und Verfügbarkeit Sicherheit, Arbeitsschutz und Verfügbarkeit sind als eine Einheit zu betrachten. Die Aufrechterhaltung und deren stetige Verbesserung während des Betriebs müssen ein dauerhaftes Entwicklungsziel bei kerntechnischen Anlagen sein. Die Definition von Standards unterstützt einen späteren sicheren Betrieb bei hoher Verfügbarkeit, verbessert die Handhabung bei Störfällen und vermindert deren Konsequenzen, schützt die getätigten Investitionen und vermindert etwaige Reaktionen und Schäden außerhalb der Anlage. Zukünftig können diese weiteren Verbesserungen insbesondere durch folgende Maßnahmen erzielt werden: • Bevorzugte Nutzung von Anlagen, die bei Störungen (naturbedingt) von selbst in einen sicheren Zustand zurückkehren. • Bevorzugung robuster Konstruktionen. • Durchsichtige und auch für ”Nicht–Experten“ nachvollziehbare Sicherheitsmaßnahmen. Nur eine konsequente Anwendung dieser Prinzipien kann das Vertrauen in die Kerntechnik und die Zustimmung für eine verstärkte Nutzung in breiten Bevölkerungsschichten bekommen. Ziele des GIF IV Projektes Man strebt einen noch sichereren Betrieb bei hoher Verfügbarkeit an: Verbesserte Handhabung von Störfällen bei verringerten Auswirkungen auf die Anlage, Schutz der Investition und weitesgehende Vermeidung auf Schadensfälle innerhalb der Anlage außerhalb reagieren zu müssen.

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5 Kerntechnik 1. Sicherheit und Verfügbarkeit-1: Systeme der 4. Generation sollen bestehende Anlagen bei Sicherheit und Verfügbarkeit noch übertreffen. 2. Sicherheit und Verfügbarkeit-2: Systeme der 4. Generation sollen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für die Beschädigung des Reaktorkerns bei sehr kleiner Schadenswirkung haben (d. h. äußerst kleines Risiko). 3. Sicherheit und Verfügbarkeit-3: Bei Systemen der 4. Generation soll außerhalb der Anlage keinerlei Notwendigkeit bestehen, auf Schäden innerhalb der Anlage reagieren zu müssen.

5.5.4 Weiterverbreitung von Kernwaffen In den letzten Jahrzehnten hat die Besorgnis über die Weiterverbreitung von Kernwaffen bzw. die Nutzung von radioaktivem Material durch den Terrorismus und Anschläge von Terroristen auf kerntechnische Anlagen zugenommen. International werden folgende Entwicklungsziele als Gegenmaßnahmen definiert: • Beibehaltung und Weiterentwicklung der ”Nicht–Verbreitungsmaßnahmen“ durch Entwürfe, die eine Abzweigung und Herstellung von spaltbarem Material weitesgehend verhindern und die Entwicklung von verbesserten Meß- und Überwachungsverfahren. Grundsätzlich sind Brennstoffkreisläufe mit möglichst geringem Inhalt an spaltbarem Material zu bevorzugen. Es sind Isotopenzusammensetzungen zu wählen, die nicht oder unzureichend waffentauglich sind. • Es sind zusätzliche bauliche Schutzmaßnahmen gegen terroristische Anschläge bei kerntechnischen Anlagen zu ergreifen. Eine ”robuste“ Konstruktion kommt hierbei nicht nur der Sicherheit und Verfügbarkeit der Anlage zugute. Ziele des GIF IV Projektes Die Verhinderung der Weiterverbreitung von kernwaffenfähigem Material und der Schutz von kerntechnischen Anlagen soll auf Überwachung und Sicherung beruhen. 1. Schutz vor Weiterverbreitung und Terrorismus: Systeme der 4. Generation sollen die Sicherheit bieten, daß sie für das Abzweigen oder Stehlen von waffenfähigem Spaltmaterial die schlechteste aller denkbaren Möglichkeiten sind und durch bauliche Maßnahmen Schutz vor Anschlägen bieten.

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5.5 Generation IV roadmap

5.5.5 Kernwaffen Atomwaffen sind Massenvernichtungsmittel. Auf Grund dieser Tatsache waren sie im sog. Zeitalter des ”Kalten Kriegs“ das zentrale Abschreckungsmittel. Jeder der beiden Blöcke verfügte über genügend Sprengköpfe um die Gegenseite mehrfach zu vernichten. Selbst ein Überraschungsangriff schied deshalb wegen der sog. ”Zweitschlagfähigkeit“ aus. Heute stellt sich die strategische Situation gänzlich anders dar. Die beiden Blöcke sind in mehrere Machtzentren zerfallen. Insbesondere von den Randmächten, die sich früher einem der Blöcke anschließen mußten, gehen Unwägbarkeiten aus. Je mehr Staaten es gibt, die über Atomwaffen verfügen, um so mehr steigt die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes in einem regional begrenzten Konflikt. Politische Konsequenz Es erscheint deshalb dringend geboten, die Anzahl der Atomwaffenmächte zu begrenzen. Praktisch ist dies jedoch schwierig umsetzbar. Im Gegenteil: Je mehr Staaten es gibt, die Atomwaffen besitzen, um so größer wird der vermeintliche Druck auf die verbleibenden Staaten, auch atomar nachzurüsten. Beispiele hierfür sind die historischen Beziehungen zwischen China, Pakistan und Indien. Ebenso argumentiert der Iran mit der Einkreisung durch unfreundlich gesonnene Atommächte. Verknüpfung mit der friedlichen Nutzung Gleichwohl muß es auch Staaten ohne Absicht sich atomar zu bewaffnen ermöglicht werden, die Kernenergie zu nutzen. Deutschland und Südafrika sind hierfür typische Beispiele. Dabei muß es jedoch deutlich über Lippenbekenntnisse hinausgehen. Entsprechende internationale Kontrollen müssen nicht nur etabliert, sondern auch durchgesetzt werden. Das Defizit liegt heute eindeutig nicht an den technischen Kontrollmöglichkeiten und Regularien, sondern an der Fähigkeit sie durchzusetzen – insbesondere wenn sich Staaten bewußt einer Kontrolle widersetzen. Internationale Lösungen Einer Nation die friedliche Nutzung der Kernenergie zu untersagen, wäre eine neue Form des Kolonialismus. Es müssen daher verbindliche Rechte und Pflichten international definiert und garantiert werden. Einer Nation einfach das Recht auf eigene Urananreicherungsanlagen abzusprechen ist solange nicht vertretbar, wie nicht Alternativen geboten werden. Das ”Angebot“ Brennelemente ersatzweise zu liefern ist in dieser Frage zu kurz gegriffen, wie das Beispiel Iran zeigt: Sich ausgerechnet von einem Staat wie Rußland abhängig machen zu sollen, der Energieversorgung als legitimes Mittel zur Durchsetzung seiner

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5 Kerntechnik Machtansprüche sieht und dies wiederholt praktiziert, ist eine Zumutung. Die internationale Staatengemeinschaft wird für dieses Problem schnellstens Lösungen finden müssen, wenn sie sich nicht länger dem Vorwurf aussetzen will, daß der Vorwurf einer (vermeintlich) angestrebten atomaren Bewaffnung nur der Vorwand für politische Abhängigkeiten sein soll. Wird keine akzeptable Lösung gefunden, wird der Drang nach sensitiver Technik um so größer werden und der Gedanke einer ”Nichtverbreitung“ kann getrost auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen werden. In letzter Zeit werden verstärkt Vorschläge zur Einrichtung eines international garantierten Brennstofflagers diskutiert, aus dem sich Staaten (z. B. Iran) garantiert versorgen können, wenn sie im Gegenzug auf eigene Anreicherung und Wiederaufbereitung verzichten. Technische Erfordernisse Bisher wurden nur Atomwaffen aus spaltbarem Uran 235 U und Plutonium 239 Pu gebaut. Aus neutronenphysikalischen Gründen wird dies auch für absehbare Zeit so bleiben. Die Wasserstoffbombe beruht auf der Kernfusion und nicht der Kernspaltung. Sie ist im Zusammenhang mit Kernkraftwerken daher nicht sonderlich relevant. Allerdings könnte es bei mit ”Schwerem Wasser“ moderierten Reaktoren und der damit notwendigen Produktion von Deuterium zu ähnlichen Konflikten wie bei der Technologie zur Anreicherung von Uran kommen. Auch die Produktion von Deuterium kann als eine ”doppelt nutzbare Technik“ verstanden werden. Technische Grenzen Bei allen Überlegungen, durch technische Maßnahmen den Bau von Atombomben verhindern zu wollen, sollte nie vergessen werden, daß es sich hierbei um eine Technologie der 1940er Jahre handelt! • Der Bau von Atombomben ist heute eher Allgemeinwissen, denn ein durch Geheimhaltung schützbares Spezialwissens. • Es benötigt keine vorhergehende zivile Nutzung. • Es benötigt lediglich gewaltige Summen Geldes. Daß dieses auch von relativ armen Ländern aufgebracht werden kann, sofern der politische Wille dafür vorhanden ist, zeigt Pakistan und Indien. Wenn man die Weiterverbreitung wirksam verhindern will, muß man dies in erster Linie durch politische Maßnahmen machen. Die Technik kann nur dort helfen, wo Regierungen ihre Aufrüstung verheimlichen wollen. In diesem Sinne gilt es bei der friedlichen Nutzung solche Verfahren zu bevorzugen, die die Abzweigung von waffentauglichem Material sehr aufwendig oder unmöglich machen. Der hierfür notwendige

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5.5 Generation IV roadmap Aufwand muß so groß und schlecht zu tarnen sein, daß es einfacher ist, ein direktes nukleares Rüstungsprogramm durchzuführen. Dann wird der Weg über ein ziviles Atomprogramm sinnlos. Administrative Maßnahmen Die internationalen Kontrollinstanzen müssen ausgebaut werden. Wichtiger ist jedoch, die Durchsetzbarkeit von Überwachungen – insbesondere bei Staaten, die sich bewußt abschotten wollen – zu gewährleisten. Allerdings muß umgekehrt auch verhindert werden, daß solche Kontrollen z. B. für Industriespionage ausgenutzt werden. Für ”kleine“ Länder wird es ohnehin nötig sein, ein Angebot zu schaffen, welches eine wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie in ”Teilbereichen“ erlaubt. Beispielsweise nur Kernkraftwerke zu betreiben und bewußt auf einen vollständigen Brennstoffkreislauf zu verzichten. Dies würde eine Kontrolle auf die Kraftwerke und den Transport des Brennstoffs von und zu den Kraftwerken reduzieren. Nur eine etwaige Anreicherung und Wiederaufbereitung müßte in international geschützten und kontrollierten “Nuklearparks“ erfolgen. Diese müßten in entsprechend stabilen Regionen der Erde geschaffen werden und als Freihandelszonen mit Sonderstatus – ähnlich diplomatischen Vertretungen – ausgestaltet werden. Die Zwischenprodukte (z. B. angereichertes Uran) sollten standardisiert sein und für sich jeweils höchst ungeeignet zur Waffenproduktion (Isotopengemische). Nur wenn es gewährleistet ist, eine Versorgungssicherheit und einheitliche Preise für alle Abnehmer über den kompletten Nutzungszeitraum zu garantieren, kann sich eine verantwortungsbewußte nationale Regierung auf solche Restriktionen einlassen. Ein Umdenken scheint dringend erforderlich: Die Kernspaltung nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als gemeinsames Erbe der Menschheit zu betrachten.

5.5.6 Internationaler Terrorismus Als Terrorismus wird die Gewalt aus nichtstaatlichen, meist international tätigen, nur über Ideologien angetriebenen Gruppen bezeichnet. Sie agieren aus dem Untergrund, sind also vornehmlich nur über polizeiliche Maßnahmen zu bekämpfen. Sie verfügen über keine eigenen ”staatenähnliche“ Rückzugsgebiete mehr, seit sie in Folge der Ereignisse des ”11. September“ weltweit (militärisch offensiv) bekämpft werden. Damit ist der Aufbau einer Infrastruktur zur Produktion von Atomwaffen ausgeschlossen. Terroristen können nur Anschläge auf atomare Anlagen oder Transporte in ihren Zielländern ausführen oder für Anschläge radioaktives Material benutzen. Technisch gesehen, ist der Gefahr von Anschlägen relativ einfach zu begegnen. Traditionell werden kerntechnische Anlagen gegen “Einwirkungen von außen (EVA)“ wie z. B. Flugzeugabstürze geschützt. Eine solche ”Panzerung“

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5 Kerntechnik aus Stahl und Beton setzt auch jeden ”Selbstmordattentäter“ außer Gefecht. Um ein Eindringen von gefährlichen Personen (auch geistig verwirrte Menschen) zu verhindern, sind ohnehin Objektschutzmaßnahmen und übergeordnete polizeiliche Maßnahmen notwendig. Auch hier gilt: Je besser die (technischen) Schutzmaßnahmen sind, je höher ist der Aufwand für die Terroristen diese zu überwinden. Mit dem logistischen Aufwand steigt aber die Wahrscheinlichkeit bereits in der Vorbereitung entdeckt zu werden. Sollte tatsächlich ein Anschlag gelingen, wirken die ohnehin vorhandenen Sicherheitseinrichtungen (z. B. Feuerschutz) schadensbegrenzend. Ein Anschlag auf eine industrielle Anlage mit technischen Sicherheitseinrichtungen und Fachpersonal ist viel weniger erfolgsversprechend, als ein Anschlag auf ein Bürogebäude oder eine Menschenansammlung. Radioaktive Stoffe Wir haben heute – auch durch bedauerliche Unfälle – ein sehr genaues Wissen über die biologischen Schäden durch radioaktive Stoffe und deren Ausbreitung. Die Gefahr einer ”Schmutzigen Bombe“ wird von Laien maßlos überschätzt. Um großflächige Schäden zu verursachen, sind erhebliche Mengen Material erforderlich. Die Geschichten von ”wenigen Gramm Plutonium im Trinkwasser“ entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage und sind ein reines Phantasieprodukt. Außerdem spricht gegen die Verwendung von Spaltprodukten die leichte Erkennbarkeit und schwierige Handhabung im Vergleich zu Sprengstoffen: Spaltprodukte sind in beliebig kleiner Menge mit einfachen und preiswerten Methoden nachweisbar. Sie sind immer schädlich, auch schon während des Transports. Im Vergleich zu chemischen und biologischen Waffen sind sie die denkbar ungünstigste Waffe für Terroristen. Es sei allerdings nicht verkannt, daß sie in unaufgeklärten Gesellschaften eine enorme psychologische Wirkung ausüben können. Die Angst vor oder nach einem Anschlag, kann zu Massenpanik führen. Ein probates Mittel hiergegen, kann nur die konsequente Aufklärung der Bevölkerung sein. In diesem Sinne, zieht gerade Deutschland solche Anschläge an.

5.6 Generation IV Reaktorsystem Innerhalb des internationalen Forschungsprojektes ”Generation IV Nuclear Energy Systems” wurden zahlreiche Reaktorkonzepte untersucht. Für eine weitergehende Erforschung wurden folgende als besonders vielversprechend ausgesucht: • GFR – Gas-Cooled Fast Reactor System • LFR – Lead-Cooled Fast Reactor System • SFR – Sodium-Cooled Fast Reactor System • MSR – Molten Salt Reactor System

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5.6 Generation IV Reaktorsystem • SCWR – Supercritical-Water-Cooled Reactor System • VHTR – Very High Temperature Reactor System Auswahlkriterien Diese Typen wurden im Rahmen des internationalen Verfahrens aus über 100 eingereichten Vorschlägen ausgewählt. Dabei spielten folgende Überlegungen die maßgebliche Rolle: 1. Es wurden die Systeme ausgewählt, die bezüglich der gesetzten Ziele die größten Fortschritte erwarten lassen, 2. bei denen sichergestellt scheint, daß die zentralen Anforderungen: Stromerzeugung, Wasserstoffherstellung, Prozeßwärme und Handhabung der Aktiniden in geeigneter Weise erfüllt werden. 3. Es wird dabei bewußt eine Überlappung der Eigenschaften in Kauf genommen, da davon ausgegangen werden muß, daß nicht alle Typen (rechtzeitig) funktionsfähig werden und die in sie gesetzten Erwartungen vollständig erfüllen können und letztendlich wirtschaftlich eine ausreichend große Anziehungskraft besitzen. 4. Es mußten die nationalen Interessen und Vorlieben der teilnehmenden Staaten berücksichtigt werden.

5.6.1 Gas-Cooled Fast Reactor System (GFR) Bei einem GFR handelt es sich um einen mit Gas gekühlten Reaktor, dessen Hauptmerkmal ein schnelles Neutronenspektrum und ein geschlossener Brennstoffkreislauf zur Verwertung von brütbarem Material und Aktiniden ist. Es ist so vorstellbar, ein Reaktorsystem zu schaffen, welches vollständig alle Aktiniden beseitigt und eine Wiederaufbereitung auf dem Gelände des Kernkraftwerks erlaubt. Durch die Ansiedelung einer Wiederaufbereitung unmittelbar beim Kraftwerk, können die Transportwege erheblich verkürzt werden. Zur Wiederaufbereitung könnten sowohl weiterentwickelte Naßverfahren, pyrometallurgische oder andere trockene Verfahren angewendet werden. Referenzanlage Die geplante Referenzanlage baut auf der Erfahrung mit vorhandenen schnellen Reaktoren und gasgekühlten Hochtemperaturreaktoren auf und soll eine Leistung von 288 MWelektrisch bei 600 MWthermisch haben. Sie soll Helium als Kühlmittel

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5 Kerntechnik verwenden, welches mit einer Temperatur von 850 °C austreten soll. Um einen hohen thermischen Wirkungsgrad zu erzielen, wird das Kraftwerk mit einem geschlossenen Gasturbinen–Kreisprozeß betrieben werden. Brennelemente Verschiedene Brennstoffkonzepte werden noch in Betracht gezogen. Haupt Auswahlkriterium ist das Verhalten bei möglichst hohen Temperaturen und eine sehr gute Rückhaltung von Spaltprodukten: Keramische Verbundwerkstoffe, fortschrittliche Brennstoff–Partikel oder keramisch umhüllte Teilchen für Akteniden. Es werden auch noch verschiedene Anordnungen für den Reaktorkern untersucht: Basierend auf stab- oder plattenförmigen Elementen oder prismatischen Blöcken. Ausblick Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit nimmt das GFR System eine Spitzenstellung ein: • Es hat einen in sich geschlossenen Brennstoffkreislauf, • es nutzt das in der Natur vorkommende Uran (nahezu) vollständig • und es besitzt ein hervorragendes Aktinidenmanagement – mit anderen Worten – es hinterläßt (fast) keinen langlebigen Atommüll! Es läßt sehr gute Sicherheitseigenschaften, hohe Wirtschaftlichkeit und gute Eigenschaften bezüglich Weiterverbreitung und Schutz vor Terrorismus erwarten. Es ist in erster Linie zur Stromproduktion und Beseitigung von Aktiniden gedacht. Könnte aber auch eine Wasserstoffproduktion unterstützen. Hierfür ist das Erreichen einer möglichst hohen Austrittstemperatur (etwa 850 °C) entscheidend. Ein solcher Reaktor könnte die Umwandlung von Erdgas in Wasserstoff und Kohlendioxid durchführen. Der Wasserstoff könnte an Raffinerien und die chemische Industrie abgegeben werden. Das Kohlendioxid in Lagerstätten verpreßt werden. Dies wäre der sanfte Einstieg in eine ”Wasserstoffwirtschaft“. Betrachtet man die noch notwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für den Brennstoff und seine Wiederaufbereitung, wird die Indienststellung auf 2025 geschätzt.

5.6.2 Lead-Cooled Fast Reactor System (LFR) Bei einem LFR handelt es sich um einen mit flüssigem Blei oder einem Blei/Wismut Eutektikum gekühlten Reaktor mit schnellem Neutronenspektrum. Er ist für einen geschlossenen Brennstoffkreislauf zur Verwertung von brütbarem Material und Aktiniden vorgesehen. Die Wiederaufbereitung kann regional oder zentral erfolgen.

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5.6 Generation IV Reaktorsystem Anlagengrößen Es gibt drei Optionen für unterschiedliche Baureihen: 1. Sogenannte ”Batterien“ mit einer Leistung von 50 bis 150 MWelektrisch und extrem langen Intervallen (10 bis 30 Jahre) bis zu einem nötigen Brennstoffwechsel. Dieser Typ wird insbesondere in Rußland zur Versorgung von abgelegenen Siedlungen verfolgt. Er beruht auf der Erfahrung mit den Antrieben russischer Atom–U–Boote. Er ist aber auch zur Versorgung von Industriebetrieben geeignet. 2. Modulare Systeme mit einer Leistung von 300 bis 400 MWelektrisch . 3. Monolithische Kraftwerke mit 1200 MWelektrisch . Unter Batterietyp versteht man vollständig in einer Fabrik produzierte Einheiten, die betriebsbereit zur Einsatzstelle gebracht werden und später wieder vollständig von dort zur Wiederaufarbeitung transportiert werden. Am weitesten ist dieser Typ mit Blei/Wismuth–Legierung entwickelt. Der Reaktor wird ausschließlich durch Naturkonvektion gekühlt. Bei Leistungen von 120 bis 400 MWthermisch besitzt er eine Austrittstemperatur von 550 °C die mit zunehmender Werkstoffentwicklung auf bis zu 800 °C gesteigert werden kann. Das System ist für eine dezentrale Stromerzeugung oder industrielle Wärmeproduktion entworfen, besitzt aber auch im Sinne einer Nicht–Weiterverbreitung Vorteile: Es kann nach der Herstellung versiegelt werden und wird nach Bedarf vollständig zum Hersteller zurücktransportiert. Zwischenzeitlich ist nur die Versiegelung zu überprüfen. Bewertung Bei der Bewertung der Nachhaltigkeit und Weiterverbreitung nimmt das LFR System eine Spitzenstellung ein: • Es hat einen in sich geschlossenen Brennstoffkreislauf, • es nutzt das in der Natur vorkommende Uran (nahezu) vollständig, • der Reaktor wird im Herstellerwerk versiegelt und braucht wegen seiner langen Brennstoffintervalle nicht geöffnet werden • und es besitzt ein hervorragendes Aktinidenmanagement. Es läßt sehr gute Sicherheitseigenschaften bei guter Wirtschaftlichkeit erwarten. Das Kühlmittel ist unbrennbar, der Reaktor braucht keine Umwälzpumpen und eine passive Kühlung im Störfall ist gewährleistet. Eine Indienststellung wird für 2025 geschätzt.

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5 Kerntechnik

5.6.3 Sodium-Cooled Fast Reactor System (SFR) Bei einem SFR handelt es sich um einen mit flüssigem Natrium gekühlten Reaktor mit schnellem Neutronenspektrum. In Deutschland wurde er als ”Schneller Brüter“ bezeichnet und zur Umwandlung von 238 U in 239 Pu vorgesehen. Konversionsraten von über 1 sind jedoch nicht zwingend erforderlich, sondern eher schwierig zu erzielen. Bei einem Verzicht auf das Erbrüten von Überschüssen an spaltbarem Material, eignet sich dieser Reaktor wegen seiner Neutronenökonomie hervorragend zur Beseitigung von Aktiniden. Es ist vorstellbar, mit ihm ein System zu etablieren, welches alle Aktiniden mitverbrennt und somit das ”Atommüllproblem“ auf deutlich unter 1000 Jahre reduziert. Hierfür erscheinen zwei Wege prädestiniert: 1. Natrium gekühlte Reaktoren mittlerer Größe (150 bis 500 MWelektrisch ) mit einem Brennstoff aus Uran, Plutonium, Aktiniden und Zirkonium als metallische Legierung. Der Brennstoffkreislauf wird durch eine pyrometalurgische Wiederaufarbeitungsanlage auf dem Kraftwerksgelände geschlossen. 2. Größere Natrium gekühlte Reaktoren (500 bis 1500 MWelektrisch ) mit einem Brennstoff aus Uran–Plutonium–Oxid, die von einer zentralen Wiederaufbereitungsanlage im Naßverfahren versorgt werden. Beide Reaktorlinien haben eine Austrittstemperatur von etwa 550 °C und erzeugen die elektrische Energie über einen konventionellen Dampfkreislauf. Ausblick Die Natrium gekühlten schnellen Reaktoren sind bezüglich der Nachhaltigkeit mit sehr gut zu bewerten, da sie abgereichertes Uran verwenden können und das Problem einer Endlagerung mit historischen Zeiträumen beseitigen. Die Forschung und Entwicklung konzentriert sich auf den Brennstoff und seinen Kreislauf, insbesondere mit dem Ziel die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems zu verbessern. Es existieren international breite Erfahrungen mit unterschiedlichen SFR Systemen, die auch eine gute Beurteilung der Sicherheit zulassen. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, daß Natrium wegen seiner chemischen Eigenschaften ein nicht unproblematisches Kühlmittel ist. Es reagiert heftig, wenn es mit Wasser oder Luft in Kontakt kommt. Deshalb sind einschlägige Entwicklungen im Gange, die die passive Sicherheit erhöhen sollen. Dies gilt auch für den Wechsel der Brennelemente. Die SFR Systeme werden sinnvollerweise zur Stromproduktion in der Grundlast und zur Beseitigung von Aktiniden eingesetzt werden. Es ist das am schnellsten realisierbare System zur Beseitigung der Endlagerproblematik. Auf der Basis von oxidischen Brennstoffen und der bisherigen Wiederaufbereitungstechnologie nach dem Purex-Verfahren könnte es ab 2015 realisiert werden. Demgegenüber benötigt

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5.6 Generation IV Reaktorsystem die erste Variante noch einigen Entwicklungsaufwand für das pyrometallurgische Verfahren und die Brennelementeproduktion. Sie ist aber bezüglich Weiterverbreitung und Terrorismus besonders interessant, da sie den gesamten Brennstoffkreislauf auf einem Gelände vereinigt und in einer Form hält, die für mißbräuchliche Nutzung besonders unatraktiv ist.

5.6.4 Molten Salt Reactor System (MSR) Der MSR nimmt eine Sonderstellung ein: Es gibt keinen Unterschied zwischen Brennstoff und Kühlmittel. In dem geschmolzenen Salz ist das Uran bzw. Plutonium enthalten und die Spaltprodukte werden sofort nach ihrer Entstehung darin gelöst. Das flüssige Salz strömt permanent durch Kanäle in einem Graphitblock der als Moderator dient. Nur in diesem Bereich kann die nukleare Kettenreaktion stattfinden. Anschließend fließt es durch Wärmeübertrager, in denen es seine Wärme an einen sekundären (spaltstoffreien) Kreislauf übergibt. Das Salzbad soll (üblicherweise) aus einer Mischung aus Natrium-, Zirkonium- und Uranfluoriden bestehen. Ein Teilstrom wird durch eine ”Reinigungsanlage“ geleitet, in der die Spaltprodukte ausgeschieden werden. Dies ist der zukünftige ”Atommüll“ mit einer großen Nachzerfallswärme, aber relativ kurzer Lebensdauer. Er muß für etwa 300 Jahre geschützt gelagert werden. Alle Aktiniden und Spaltprodukte mit sehr langen Lebensdauern werden im Salzbad zur weiteren Umwandlung belassen. Der homogenen Mischung können sogar zusätzlich Aktiniden aus anderen Reaktoren hinzugefügt werden. Es handelt sich hierbei quasi um eine ”Müllverbrennungsanlage mit Abwärmenutzung“. Ausblick Das System braucht keine Brennelementenfabrikation. Es kann mit sehr unterschiedlichen Mischungen aus spaltbarem Material und ”Abfällen“ betrieben werden. Das Salzbad kann mit über 700 °C aus dem Reaktor austreten und der Reaktor ist nahezu drucklos. Die hohe Temperatur erlaubt eine entsprechend effiziente Stromerzeugung, wodurch die Nachhaltigkeit noch zusätzlich gesteigert wird. Eine solche Anlage mit einer Leistung von 1000 MWelektrisch kann mehrere andere Reaktoren ”entsorgen“. Der Schutz gegen Weiterverbreitung und Terrorismus ist sehr gut, da es sich um sehr kompakte Anlagen handelt und der zu transportierende Brennstoff extrem ”schmutzig“ ist. Es kann eine Isotopenzusammensetzung gewählt werden, die für eine Waffenproduktion völlig ungeeignet ist. Die Verunreinigung mit Spaltprodukten läßt nur einen geschützten Transport zu, der einen Schmuggel unmöglich macht. Das System könnte bis etwa 2025 verwirklicht werden.

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5 Kerntechnik

5.6.5 Supercritical-Water-Cooled Reactor System (SCWR) Die SCWR Systeme sind wassergekühlte Reaktoren, die mit Wasser im (thermodynamisch) überkritischen Zustand (22,1 MPa, 374°C) betrieben werden, um den Wirkungsgrad auf etwa 44 % zu verbessern. Es sind grundsätzlich zwei Varianten denkbar: 1. Reaktoren mit thermischem Neutronenspektrum und möglicher einmaliger Nutzung des Brennstoffes ohne Wiederaufbereitung im sog. ”Offenen Brennstoffkreislauf“. 2. Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum, einem geschlossenen Brennstoffkreislauf und vollständiger Nutzung der Aktiniden. Für beide Varianten ist an eine Leistung von 1500 MWelektrisch bei einem Druck von 25 MPa und einer Austrittstemperatur von 550 °C gedacht. Ausblick Das SCWR System ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Druckwasserreaktoren. Allerdings ist zu beachten, daß es oberhalb des kritischen Punktes kein Naßdampfgebiet gibt und somit keine Dampfblasenbildung im Reaktor auftritt. Dies hat bezüglich der Wärmeübertragung und neutronenphysikalisch einige Konsequenzen, die noch näherer Forschung bedürfen. Es wird mit einer Einführung nicht vor 2025 gerechnet.

5.6.6 Very High Temperature Reactor System (VHTR) Das VHTR System verwendet Reaktoren mit thermischen Neutronen und soll einen offenen Brennstoffkreislauf haben. Es ist vor allen Dingen gedacht, Prozeßwärme für die Kohlevergasung, Wasserstoffproduktion etc. bereitzustellen. Der Referenzreaktor soll eine Wärmeleistung von 600 MWthermisch bei einer Austrittstemperatur von über 1000 °C haben. Er beruht entweder auf einem Konzept mit prismatischen Brennelementen oder Kugelhaufen und verwendet Helium als Kühlmittel mit dem ein Dampferzeuger oder -reformer beheizt wird. Dieses System ist zur Bereitstellung von Prozeßwärme bei hohen Temperaturen für eine Vielzahl von energieintensiven chemischen Verfahren bestens geeignet. Darüberhinaus kann in einem Koppelprozeß gleichzeitig Elektroenergie erzeugt werden. Das System kann flexibel Uran, Plutonium und Thorium als Brennstoff nutzen. Der Anfall von langlebigen Aktiniden im Abfall kann sehr gering gehalten werden.

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5.6 Generation IV Reaktorsystem Ausblick Das VHTR System erfordert noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit bezüglich des Brennstoffs und hoch temperaturbeständiger Werkstoffe. Es kann allerdings auf zahlreiche erfolgreiche Betriebsjahre von gasgekühlten Reaktoren mit prismatischen Brennelementen oder Kugelhaufen zurückgreifen. Ähnliches gilt für Hochtemperatur–Werkstoffe in der Verfahrenstechnik und im konventionellen Kraftwerksbau. Es wird eine gegenseitige, befruchtende Entwicklung auf den Gebieten der Legierungen mit hoher Zeitstandsfestigkeit, faserverstärkter Keramik und Verbundwerkstoffen geben. Das VHTR System wird es ermöglichen, Wasserstoff großtechnisch und umweltverträglich zu geringen Kosten, bei gleichzeitig sehr hohem Sicherheitsstandard zu produzieren. Wie in Deutschland gezeigt wurde, gehören mit Helium gekühlte Kugelhaufenreaktoren zu den denkbar sichersten Systemen überhaupt. Sie haben bezüglich Weiterverbreitung und Terrorismus beste Werte. Ein System zur großtechnischen Wasserstoffproduktion könnte ab 2020 einsatzbereit sein.

5.6.7 Materialien und Werkstoffe Die Kerntechnik war immer ein Schrittmacher der Werkstofftechnik und deren Meßtechnik. Dies liegt schon in den besonderen Sicherheitsanforderungen begründet. Sie muß neben den üblichen – gleichwohl herausragenden – Anforderungen an Temperaturbesständigkeit, Druckfestigkeit und Zeitstandsverhalten des Kraftwerksbaues auch noch der radioaktiven Bestrahlung und Neutronenreaktionen widerstehen. Neben den Konstruktionswerkstoffen bilden die Brennelemente eine besondere Gruppe. Brennelemente Der Brennstoff muß eine chemisch und physikalisch möglichst stabile Form besitzen. Er muß die entstehenden Spaltprodukte sicher zurückhalten – auch bei extremen Temperaturen. Üblich sind Oxide, aber auch Metalle, Karbide, Nitride und Fluoride (Salzbadreaktor). Zum zusätzlichen Schutz vor Angriffen durch das Kühlmittel bzw. um das Kühlmittel vor Kontamination zu schützen, sind die Brennstoffe mit einer Schutzhülle umgeben. Diese sollen besonders Widerstandsfähig sein, dürfen aber die Neutronenphysik nicht übermäßig beeinflussen. Üblich sind Rohre aus Zirkoniumlegierungen, ferritischen und austhenitischen Stählen, aber auch Keramik und Kohlenstoff (Hochtemperaturreaktor). Mechanische Eigenschaften und Formstabilität Um Inspektionsintervalle festlegen zu können und um das Verhalten bei Störfällen abzuschätzen, sind genaue Materialkenntnisse durch Forschungsarbeiten zu gewinnen:

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5 Kerntechnik • Einhaltung der Struktur unter Betriebsbedingungen: Anschwellen von Blasen, Kriechverhalten durch Temperatur und Strahlung, Ermüdung unter Spannung, Wachstum usw. • Festigkeit, Sprödigkeit und Zähigkeit im Dauerbetrieb. • Widerstand gegen Brüche infolge von Kriechvorgängen, Bildung von Spannungsrissen und Versprödung durch Helium. • Wechselwirkung mit Neutronen bei der Materialverwendung für Einbauten im Core. • Physikalische und chemische Verträglichkeit mit dem Kühlmittel. • Thermische Zustandsdaten für den Normalbetrieb und unter Störfallbedingungen. • Wechselwirkung mit anderen Materialien im System.

5.7 Kerntechnische Kostenmodelle Der Vergleich der Wirtschaftlichkeit verschiedener Reaktorsysteme ist sehr komplex. Noch schwieriger ist die Abschätzung von Systemen, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Es müssen daher rechnergestützte Modelle entwickelt werden, die die schnelle Berechnung von Varianten und Anpassungen im Datenmodell erlauben. Neben dem Vergleich der Kosten untereinander, ist auch die Berücksichtigung veränderter Kosten in Material, Brennstoff usw. auf die Gesamtkosten wichtig. Es lassen sich so, durch Veränderung der Eingabedaten in bestimmten Bandbreiten, die Auswirkungen auf einen Entwurf abschätzen. Umgekehrt läßt dies den Schluß auf die Bedeutung von Unwägbarkeiten zu. Für das Stadium der Forschung und Entwicklung (F&E) müssen solche Modelle zwar möglichst umfassend, aber auch entsprechend robust sein. Für bereits gebaute Anlagen können durch Auswertung der Preise für Komponenten recht zuverlässige Werte gewonnen werden. Für die notwendige Angabe der Bandbreite und Vertrauenswürdigkeit gelten die üblichen Gesetze der Statistik. Aus diesen Komponenten lassen sich neue Anlagen konstruieren. Allerdings ist immer Vorsicht geboten, wenn zu weit von den bisherigen Ausführungen abgewichen wird. Eine abschließende Beurteilung kann daher nur unter Hinzuziehung von Fachleuten getroffen werden. Gleichwohl sollte schon in der Phase von F&E nicht auf begleitende Kostenberechnungen verzichtet werden. Sie sind eine wertvolle Unterstützung für alle Entwickler, die kostspielige Fehlentwicklungen verhindern hilft. Ist doch bereits die Abschätzung von ”Unwägbarkeiten“ für sich genommen eine wertvolle Erkenntnis.

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5.7 Kerntechnische Kostenmodelle

Größe oder Stückzahl Im Kraftwerksbau dominiert bisher die ”Einzelanfertigung“. Es ist aus anderen Industriezweigen bekannt, daß über eine Vergrößerung der Leistung (Skalierung) oder eine industrielle Massenherstellung in Fabriken (Module) andererseits, Kosten gesenkt werden können. Diese Erkenntnisse auf die Nuklearindustrie zu übertragen, ist jedoch nicht ganz einfach. Im Anlagenbau gilt generell, daß bezüglich der Größe nur eine evolutionäre Entwicklung möglich ist. Der Vorfertigung in Fabriken stehen oftmals Transportschwierigkeiten im Wege.

Abbildung 5.7.1: Verküpfung einzelner Kostenmodelle (Investitionskosten, Brennstoffkreislauf, Betrieb, Skalierung) zu einem kerntechnischen Gesamtmodell.

Modellansatz Der Rechenaufwand für so komplexe Anlagen wie Kraftwerke ist recht hoch. Es wurden daher schon frühzeitig rechnergestützte Modelle entwickelt. Da die Bereiche Kraftwerksbau, Brennstoffe (Chemieanlagen und Bergbau), Betrieb (Energieversorger) und Zulieferer (Stückzahlen) recht getrennt voneinander Tätig sind, haben sich einzelne Programme herausgebildet. Diese müssen aber miteinander verknüpft werden, da sie untereinander in Wechselwirkung stehen. Diesen vier Modulen ist noch ein zentraler Modul übergeordnet: Die Koppelproduktion (z. B. Stromproduktion mit Meerwasserentsalzung oder Wasserstoff- mit Stromproduktion). Einerseits müssen hierfür recht komplexe Programmodule (z. B. ”chemische Fabrik“ zur thermischen Wasserstoffherstellung) geschaffen werden,

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5 Kerntechnik andererseits besteht eine Menge Diskussionsbedarf über die Aufteilung der Kosten auf die Produkte. Interne und Externe Kosten Seit der Politisierung von Umweltschutzgruppen haben die Begriffe ”Externe Kosten“ und deren ”Internalisierung“ eine höchst fragwürdige Bedeutung bekommen. In der sozialistischen Ideologie machen ”Konzerne Profite“, gelingt es nun die Kosten in die Höhe zu treiben, kann man ”gesellschaftliche Veränderungen“ durchsetzen. Wie erfolgreich das geht, zeigt z. B. ”die deutsche Anti-AKW-Bewegung“ alljährlich in Gorleben. Im Fall der Kernenergie reichten diese zusätzlichen Kosten jedoch nicht aus. Insbesondere um die ”Alternativenergien“ schön rechnen zu können, mußte die ”Internalisierung externer Kosten“ geschaffen werden. Über diesen Hebel ließ sich dann die Realität so weit verbiegen, bis das politisch gewollte Ergebnis vorlag. Richtig ist, es gibt ”direkt“ erfaßbare Kosten, wie Material, Löhne usw. ”Indirekt“ verursachte Kosten sind manchmal schwerer zu erfassen und es stellt sich zusätzlich die Frage, wem sie angerechnet werden sollen. Der elegante Weg, ist der versicherungstechnische, der schwierigere, der über Festlegung von Grenzwerten durch den Gesetzgeber. Zwei anschauliche Beispiele mögen die Erfassung und Umsetzung in Wirtschaftlichkeitsberechnungen verdeutlichen. Irgendwann hat man festgestellt, daß der ”Autoverkehr“ zu Schäden durch Unfälle führt, die die Gesellschaft nicht mehr bereit war durch Umlagen zu finanzieren. Es wurde eine Haftpflicht eingeführt, die auch sämtliche Behandlungskosten nach Unfällen bezahlt. Eingeführt wurde nur die Verpflichtung zur Abdeckung des Risikos. Wie dieses Risiko ermittelt wird und durch die Versicherungen finanziert wird, bleibt diesen überlassen. In diesem Sinne ist das an und für sich sehr komplexe Problem gelöst: In der Wirtschaftlichkeitsrechnung müssen lediglich die Versicherungsprämien berücksichtigt werden. Das zweite Beispiel zeigt den komplexeren Weg über Grenzwerte auf. Irgendwann war man der Meinung, daß Stickoxide schädlich für Mensch und Umwelt sind. Der Zusammenhang zwischen Schädigung und Ursache ist hierbei allerdings nicht so eindeutig, wie bei einem Verkehrsunfall. Das ”wie schädlich“ ist durchaus umstritten. In einer Demokratie muß daher ein Grenzwert auf dem üblichen parlamentarischen Weg festgelegt werden. Es ist somit immer eine politische Entscheidung, an der wissenschaftlich lediglich beratend teilgenommen werden kann. Allerdings muß eine Partei damit rechnen, wenn sie sich aus ideologischen Gründen gegen den Sachverstand stellt, nicht wiedergewählt zu werden. Auch im anderen Fall ist das für die Demokratie kein Verlust: Wünscht es die Mehrheit der Bevölkerung trotzdem, muß sie ohnehin die Folgen dafür tragen. Genau diese Eigenverantwortung macht für manche Leute die Demokratie so schwer erträglich. Gleichwohl ist bezüglich einer Wirtschaftlichkeitsrechnung das Problem ebenfalls gelöst: Die Kosten für die Einhaltung der Grenzwerte wirken sich unmittelbar auf die Ausführung der Anla-

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5.7 Kerntechnische Kostenmodelle ge aus und sind mit den ganz normalen Hilfsmitteln erfaßbar. Zusammenfassend kann man festhalten: • Jeder ”Schaden“ verursacht Kosten. • Ist der ”Schaden meßbar“ (in Geldwert), sollte er über eine Versicherung abgedeckt werden. • Kann kein eindeutiger Zusammenhang zwischen ”Ursache und Wirkung“ (in Geldwert) hergestellt werden, müssen über das Parlament Grenzwerte vorgeschrieben werden. In der Konsequenz bedeutet das, daß in einer Demokratie der Bürger eigenverantwortlich entscheiden muß, welches Risiko er (in Geldwert) tragen will. Jede ”Internalisierung von externen Kosten“ ist somit nichts anderes als Planwirtschaft. Es werden beliebig Kosten erfunden, um das angebliche ”Marktversagen“ aufzudecken. Mit anderen Worten: Es wird der in Wirklichkeit von Anfang an vorhandene ”politische Wille“ mit wirtschaftlichen Argumenten kaschiert, um angeblich daraus ein ”politisch notwendiges“ Handeln herzuleiten.

5.7.1 Ermittlung der Baukosten von Kernkraftwerken Kernkraftwerke sind sehr komplexe Anlagen, die Investitionen in der Größenordnung von Milliarden Euro erfordern. Sie beinhalten neben dem nuklearen Teil, nahezu alles, was konventionelle Gebäude und Anlagen beinhalten können. Für Kostenabschätzungen sind deshalb komplexe Programme und eine kontinuierliche Datenpflege erforderlich. Es müssen nicht nur die Preise für einzelne Komponenten ermittelt werden, sondern auch die zugehörigen Randbedingungen und Abhängigkeiten. Nur wenn diese bekannt und mathematisch abgebildet sind, ist eine Optimierung und Variantenrechnung sinnvoll. Wie alle Simulationen, sind solche Berechnungen nur von erfahrenem Personal durchführbar. Relativ einfach sind sie machbar, wenn es sich um die Kalkulation von Kraftwerken handelt, die bereits ausgeführten recht ähnlich sind. Die Unsicherheit nimmt jedoch überproportional zu, wenn Brüche in der Technologie vorliegen. Grundsätzlich sind zwei Ansätze zu unterscheiden: Monolithische Kraftwerksblöcke Die klassische Vorgehensweise im Kraftwerksbau ist die maßgeschneiderte Einzelanfertigung. Jeder Kraftwerksblock wird nach den individuellen Vorgaben des Auftraggebers konstruiert und gebaut. Es findet ein evolutionärer Fortschritt der technischen Entwicklung und eine kontinuierliche Kostensenkung statt. Bei dem finanziellen Volumen erscheint dies auch als einzig

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5 Kerntechnik gangbarer Weg. Die Anfertigung von zahlreichen Prototypen zu Übungs- und Testzwecken – wie z. B. im Automobilbau üblich – scheidet im Anlagenbau aus. Diese schrittweise Vorgehensweise erleichtert die Kalkulation und verringert das Risiko. Eine Besonderheit der Kerntechnik stellt das sehr umfangreiche und damit kostenintensive Genehmigungsverfahren dar. Schon frühzeitig war man daher bestrebt, nicht jede Anlage individuell auszulegen. Je mehr baugleiche Anlagen geplant sind, um so besser lassen sich die Kosten hierfür auf mehrere Projekte verteilen. Allerdings besteht die Gefahr von Serienfehlern und der technische Fortschritt wird entsprechend verlangsamt. Als guter Kompromiß hat sich der ”Konvoi“ ergeben, bei dem man jeweils 3 bis 6 Anlagen baugleich ausführt. Modulare Kraftwerke Gänzlich andere Wirtschaftlichkeitsmodelle erfordert ein modularer Ansatz. Hierbei wird von ”kleinen“ Anlagen in industrieller Fertigung ausgegangen, die erst am Standort zu Großkraftwerken zusammengeschaltet werden. ”Klein“ bezieht sich hier auf das notwendige Transportvolumen und Gewicht. Durch die Entwicklung der Logistik für Schwertransporte, haben sich im letzten Jahrzehnt ganz neue Möglichkeiten aufgetan. Beschreitet man diesen Weg, gelangt man zu einer industriellen Produktionsweise mit Großserien. Die hierdurch (wahrscheinlich) erzielbaren Kostensenkungen durch Massenfertigung sind der (natürlichen) Kostendegression bei monolithischen Anlagen gegen zu rechnen. Es ergeben sich auch andere Betrachtungen für die Finanzierung. Eine monolithische Anlage kann erst in Produktion gehen – und damit einen positiven Zahlungsstrom auslösen – wenn die letzte Schraube montiert ist. Bei einer modularen Anlage, kann diese (theoretisch) Stück für Stück in Betrieb gesetzt werden. Bei den ohnehin langen Bauzeiten von Kernkraftwerken, ist dies nicht zu vernachlässigen. Kostendegression Man darf jedoch bei allen Verlockungen bezüglich einer industriellen Produktion nicht vergessen, daß es eine ”natürliche“ Kostendegression bei Kraftwerken gibt. Bis zu apparativen und technischen Grenzen bezieht sich das auf einzelne Bauteile. Darüber hinaus wirkt sich jede Investition natürlich auch auf die Betriebskosten aus. Mit zunehmender Anlagengröße verbessert sich der Wirkungsgrad im Auslegungspunkt (weniger Reibungsverluste durch vergrößerte Kanalquerschnitte, geringere Wärmeverluste durch kleinere relative Oberflächen usw.). Wird demgegenüber besonderer Wert auf das Teillastverhalten gelegt, kann eine modulare Anlage durch Teilabschaltung weniger Brennstoff verbrauchen. Ebenso kann die Verfügbarkeit einer modular aufgebauten Anlage höher sein. Allerdings sind solche Zusammenhänge sehr komplex und bedürfen vor der Wirtschaftlichkeitsberechnung einer sehr genauen qualitativen und quantitativen Klärung, sowie mathematischen Modellierung.

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5.7 Kerntechnische Kostenmodelle

5.7.2 Wirtschaftlichkeit des Brennstoffkreislaufes Bei heutigen Kernkraftwerken betragen – über den gesamten Lebenszyklus betrachtet – die Kosten für den Brennstoffkreislauf etwa 20 % der Stromgestehungskosten. Dies ist zwar sehr wenig, verglichen mit z. B. Erdgaskraftwerken, andererseits lohnt sich jedoch eine Optimierung, wenn man die absolute Summe betrachtet. Da innerhalb des Brennstoffkreislaufes die Kosten stark voneinander abhängig sind, werden rechnergestützte Modelle für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit benötigt. Klassische Modelle Klassische Modelle (wie z. B Economics of the Nuclear Cycle von 1994) umfassen den offenen Brennstoffkreislauf und die Wiederaufbereitung. Sie beinhalten Kostenansätze für folgende Teilbereiche: • Urangewinnung: Kosten für die Produktion des Natururans. Angefangen von der Suche nach geeigneten Vorkommen über den Bau und Betrieb der Bergwerke bis hin zur Renaturierung. • Konversion: Chemische Umwandlungen und Reinigungen des Urans. Von der Umwandlung in einen gasförmigen Zustand für die Anreicherung bis hin zur Umwandlung in die für die Herstellung von Brennelementen besonders geeigneten chemischen Verbindungen. • Anreicherung: Kostenmodelle für die unterschiedlichen Anreicherungsverfahren und Gehalte an spaltbarem Material. Handhabung des abgereicherten Urans. • Brennelemente: Kostenmodelle für die Herstellung der unterschiedlichen Brennelemente, die für unterschiedliche Reaktortypen und Betriebsphasen benötigt werden. • Endlagerung von Abfällen: Kosten für die Behandlung, den Transport und die endgültige Lagerung von allen radioaktiven Abfällen aus der Produktion oder dem Betrieb. • Endlagerung von Brennelementen: Im Falle eines offenen Kreislaufes müssen die Brennelemente zwischengelagert, für die Endlagerung verpackt und endgelagert werden. • Wiederaufbereitung: Es müssen die Kosten für Zwischenlagerung, Zerlegung und Trennung der Spaltprodukte vom Uran und Plutonium, sowie gegebenenfalls Abtrennung der Aktiniden modelliert werden.

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5 Kerntechnik • Wiederherstellung von Brennelementen: Kosten für die Produktion von Brennelementen aus bereits gebrauchtem Material. Fabrikation von Mischoxiden. • Endlagerung von Atommüll Kosten für die Konditionierung von leicht, mittel und hochaktivem Abfall. Bau, Betrieb und sicherer Verschluß von Lagern für diese Müllsorten. Solche rechnergestützten Modelle werden für die Beurteilung von Kreislaufvarianten benötigt. Sie werden recht komplex, wenn man z. B. an den Vergleich zwischen einem offenen und einem geschlossenen Kreislauf denkt. Bei einem geschlossenen Kreislauf müssen den Kosten für die Wiederaufbereitung die Einsparungen für ein Endlager gegengerechnet werden. Bei einer Wiederaufbereitungsanlage nach dem Purex–Verfahren handelt es sich um eine Chemiefabrik. Bei einem Endlager für hochaktiven Abfall um den Bau und Betrieb eines kompletten Bergwerkes. Innovative Modelle Für konventionelle Naßverfahren sind die einzelnen Schritte sehr genau bekannt und es liegen Erfahrungen aus zahlreichen Betriebsjahren vor. Insofern ist die Modellierung der Kosten relativ einfach. Sollen neuartige Verfahren oder Systeme untersucht werden, ist die Aufgabenstellung wesentlich schwieriger. Insbesondere wenn Varianten bezüglich ihrer Wirtschaftlichkeit verglichen werden sollen, muß die Auflösung bezüglich der verschiedenen Verfahrensschritte, Materialien und Dienstleistungen entsprechend feingliedrig sein. Werden ganz neue Systeme untersucht (z. B. Salzbadreaktor), für die noch keine großtechnischen Erfahrungen vorliegen, muß großer Wert auf die Abschätzung von Unsicherheiten gelegt werden. Die Programme müssen so flexibel sein, daß sie jederzeit neue Entwicklungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit von Wiederaufarbeitung und Endlagerung aufnehmen können. Dabei ist darauf zu achten, daß alle Änderungen über den gesamten Kreislauf von Uranförderung bis Müllbeseitigung berücksichtigt werden.

5.7.3 Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung Bisher wurde Kernenergie kommerziell nur zur Produktion von elektrischer Energie und in Ausnahmefällen zur Fernwärmeversorgung eingesetzt. Indirekt wird bei jeder Nutzung neues Spaltmaterial (Plutonium) erzeugt. In einigen Ländern werden gleichzeitig Isotope für medizinische Zwecke hergestellt. Zukünftig ist der Einsatz für Prozeßwärme (Wasserstoffproduktion) geplant. Für alle Varianten die untersucht werden sollen, werden Modelle benötigt. Darüber hinaus sind solche ”gekoppelten Poduktionen“ auch noch voneinander abhängig. Grundsätzlich ist bei Koppelprodukten eine Aufteilung der Kosten auf die Produkte bzw. die Zusammenfassung der Marktpreise zu einem Gesamtertrag notwendig.

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5.7 Kerntechnische Kostenmodelle Elektroenergie Bisher wurden ausschließlich Kernkraftwerke gebaut. Alle kommerziellen Reaktortypen dienten der Stromproduktion. Für diesen Sektor existieren daher umfangreiche Erfahrungen. Zukünftig wird es immer wichtiger, die unterschiedlichen Kategorien (Grund-, Mittel-, Spitzenlast, Regelleistung usw.) getrennt auf ihre Wirtschaftlichkeit zu untersuchen. Die verschiedenen Reaktortypen besitzen hierfür eine unterschiedliche Eignung. Elektroenergie und Wärme Typische Vertreter für eine gekoppelte Produktion von Wärme und Elektroenergie ist die Fernwärmeversorgung (z. B. in der Schweiz oder früher die Saline in Stade). Bei jeder Form der Kraft–Wärme–Kopplung ist die Bestimmung der Gleichzeitigkeit des Wärmebedarfes und der Verlauf über das gesamte Jahr von Bedeutung. Anders als bei einem BHKW wird man bei einem Kernkraftwerk stets nur einen Teil der Wärme auskoppeln. Ein Kernkraftwerk wird primär der Stromerzeugung dienen. Prozeßwärme Zukünftig werden Kernreaktoren auch zur Erzeugung von Prozeßwärme dienen. Dies betrifft Standorte an denen große Wärmemengen verbraucht werden (Raffinerien, Chemische Fabriken, Metallerzeugung usw.). Hier sind Vorund Nachteile mit fossilen Brennstoffen sorgfältig abzuwägen. Die Wirtschaftlichkeit kann sich schlagartig verschieben, wenn tatsächlich eine flächendeckende CO2 – Abgabe eingeführt wird. Meerwasserentsalzung Meerwasserentsalzung wird in naher Zukunft weltweit zunehmen. Es sind zwei Verfahren großtechnisch erprobt: Entspannungsverdampfung und Umkehrosmose. Bei der Entspannungsverdampfung wird der Turbine eines Kraftwerks ein Teilstrom Dampf entnommen, nachdem er bereits (zum Teil) Arbeit geleistet hat und anschließend zur Beheizung der Entsalzungsanlage verwendet. Es handelt sich hierbei also um einen (mit der Stromproduktion) gekoppelten Prozeß. Da es sich nicht lohnt, Dampf über größere Strecken zu transportieren, werden beide Anlagen unmittelbar nebeneinander gebaut. Bei einer Umkehrosmose wird Meerwasser mittels einer Pumpe durch eine semipermeable Membran hindurchgedrückt. Die Pumpen können durch Elektromotoren (örtliche Entkopplung vom Kraftwerk möglich) oder Dampfturbinen angetrieben werden. Auf jeden Fall sollten Meerwasserentsalzungsanlagen an der Küste gebaut werden, damit die salzhaltige Sole wieder kostengünstig ins Meer zurückgeleitet werden kann. Die Einleitung der Sole kann zu Umweltproblemen führen. Möglicherweise ist dann eine vollständige Verdampfung notwendig. Letztlich ist dies eine Kostenfrage, da Salz in großen Mengen industriell benötigt wird und bisher aus Lagerstätten abgebaut wird.

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5 Kerntechnik Wasserstoffproduktion Wasserstoff wird großtechnisch aus Kohlenwasserstoffen produziert. Will man zu einer CO2 –freien Produktion übergehen, wird man ihn aus Wasser herstellen müssen. Dazu gibt es zwei Wege: Elektrolyse und thermo– chemisch. Für die Elektrolyse werden große Mengen Strom benötigt. Für die thermo–chemische Produktion hohe Temperaturen. Welcher Weg sich durchsetzen wird, ist gerade aus wirtschaftlicher Sicht noch nicht absehbar. Wahrscheinlich wird im ersten Schritt eine Anlage, die Wasserstoff aus Erdgas herstellt, auf Kernenergie umgestellt. Es könnte so der komplette Eigenenergiebedarf durch Kernenergie ersetzt werden. Besonders interessant ist dies im Zusammenhang mit der Abscheidung und Verpressung von CO2 in tiefe Erdschichten. Auch diese Energie könnte vollständig über Kernenergie abgedeckt werden. Es wäre somit auch die erste ”CO2 –freie–Chemie“ verwirklicht worden.

Herstellung von Spaltmaterial In sog. Brütern kann aus 238 U mehr spaltbares Plutonium erzeugt werden, als in ihnen verbraucht wird. Ähnliches gilt für das Erbrüten von spaltbarem 233 U aus Thorium. Wirtschaftlich besonders vielversprechend sind Reaktorlinien, die eine Kombination dieser Brennstoffe benutzen.

Isotopenproduktion Es werden für zahlreiche medizinische und industrielle Zwecke radioaktive Isotope benötigt. Ein besonders wachstumsträchtiger Bereich ist die Sterilisation. Diese Isotope können in verschiedenen Reaktortypen (z. B. CANDUReaktor) mit produziert werden. Für untergeordnete Bereiche (z. B. Sterilisation von Klärschlamm) können auch Abfälle aus der Wiederaufbereitung verwendet werden.

Beseitigung von langlebigem Atommüll Neben einem Akzeptanzproblem, bedeuten Endlager – die über geologische Zeiträume – einen sicheren Einschluß gewährleisten sollen, auch einen erheblichen Kostenfaktor. Es ist daher abzuwägen, ob nicht die Beseitigung der langlebigen Spaltprodukte und der besonders langlebigen Aktiniden der günstigere Weg ist. International scheint sich dieser Ansatz durchzusetzen. Die gesamte ”Endlagerproblematik“ könnte sich damit auf ein bis wenige Jahrhunderte reduzieren. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es sich hierbei weniger um eine technische Fragestellung, als um eine Kostenfrage handelt. Allerdings scheinen Kostenüberlegungen ab einem Ölpreis von über 100$/barrel hinfällig geworden zu sein. Ganz davon abgesehen, wenn die Kernenergie mit exorbitant teueren Energiequellen, wie z. B. Wind und Sonne verglichen wird.

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5.7 Kerntechnische Kostenmodelle

5.7.4 Integrationsmodul Um die Wirtschaftlichkeitsmodelle für die Teilbereiche wirksam miteinander zu verbinden, ist ein übergeordneter Integrationsmodul notwendig. Er muß beispielsweise die verschiedenen Ansätze für unterschiedliche Reaktorlinien miteinander verbinden, damit vergleichende Studien möglich sind. Selbst innerhalb einer Konfiguration müssen die unterschiedlichen Bedingungen zu jedem Zeitpunkt untersucht werden. Ein einfaches Beispiel mag die umfangreichen Fragestellungen und ihre Wechselwirkungen verdeutlichen: Aufbau eines Kraftwerksparks aus Leichtwasserreaktoren, Errichtung einer Wiederaufbereitungsnalage, Inbetriebnahme eines ”Schnellen Brüters“ zum Ersatz von Natururan. Selbst für dieses eine Szenario sind für unterschiedlichste Zeitpunkte und Größenrelationen in Abhängigkeit von äußeren Randbedingungen (z. B. Weltmarktpreise für Uran) Varianten durchzurechnen. Damit solche Rechnungen effektiv ausgeführt werden können, sind Daten– Schnittstellen zwischen den Programmen notwendig und eine übergeordnete Datenbank, die stets gewährleistet, daß in allen Modulen mit den gleichen Werten (z. B. Uranpreis) gerechnet wird. Sind Daten von der Berechnung selbst abhängig (z. B. Kosten für Plutonium), muß automatisch eine Itteration durchgeführt werden. Unwägbarkeiten Insbesondere bei jedem Projekt mit Prototypcharakter sind für jede Kostenschätzung Aussagen über die Unwägbarkeiten zu treffen. Sollen Systeme fundiert miteinander verglichen werden, reichen qualitative Aussagen nicht mehr aus, sondern es sind konkrete Zahlenwerte gefragt. Dies gilt insbesondere, wenn Risikokapital eingeworben werden muß und staatliche Bürgschaften nicht gewünscht sind. Für die geschätzten Kosten sollten Erwartungswerte mit Bandbreiten über die gesamte Bauzeit und den erwarteten Produktionszeitraum angegeben werden. Für im Finanzwesen übliche Risikoanalysen müssen Wahrscheinlichkeitsverteilungen und eine Wahrscheinlichkeitsdichte für mittlere Kosten angegeben werden. Instrument der Forschungsplanung Ein solches Rechenprogramm ist auch ein wertvolles Hilfsmittel für die Planung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Simulationen der verschiedenen Varianten unter Berücksichtigung ihrer Unwägbarkeiten helfen bei der Festlegung von Prioritäten. Die quantitativen Auswirkungen bestimmter Fragestellungen (z. B. Werkstoffe) auf die Durchführbarkeit ganzer Entwicklungslinien können besser abgeschätzt werden. Dabei muß immer beachtet werden, daß es sich um interdisziplinäre Fragestellungen handelt, deren übergeordnete Bedeutung nur über die Ermittlung der Kosten allgemein gültig beantwortet werden kann.

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5 Kerntechnik

5.8 Brennstoffkreisläufe Die Brennstoffkreisläufe lassen sich in vier Gruppen gliedern: 1. Offener Brennstoffkreislauf (once–through fuel cycle), bei dem das Uran nur einmalig einem Reaktor zugeführt wird. 2. Ein Brennstoffkreislauf der das entstandene Plutonium teilweise wieder einem Reaktor zuführt. 3. Ein Brennstoffkreislauf der das entstandene Plutonium vollständig abtrennt und einer Verwendung zuführt. 4. Ein Brennstoffkreislauf der alle Transurane abtrennt und Reaktoren wieder zuführt. Der Brennstoffkreislauf hat maßgeblichen Einfluß auf den laufenden Bedarf an Natururan und den Anfall und die Lebensdauer des Atommülls. Referenzfall für Vergleiche ist der offene Brennstoffkreislauf. Er benötigt das meiste Natururan und produziert den meisten hochaktiven Abfall, da er das komplette Brennelement als Abfall betrachtet. Er ist andererseits die ”billigste“ Lösung, da er ohne Wiederaufbereitsanlage auskommt. Er wurde bisher von Ländern mit großen und preiswerten Uranvorkommen bevorzugt. Allerdings ist der Anfall der abgebrannten Brennelemente der limitierende Faktor: Unterstellt man, daß es nicht beliebig viele Standorte für Atommüllager mit einer Eignung über geologische Zeiträume hinweg gibt, könnte dies der begrenzende Faktor für die Nutzung der Kernenergie werden. Das vorhandene Angebot an (preiswertem) Natururan würde eine Wiederaufbereitung frühestens in 50 Jahren nötig machen. Selbst dann, stellt sich die Notwendigkeit in Abhängigkeit von den dann vorhandenen Energiepreisen und den Entwicklungen bei den Gewinnungskosten. Geschlossene Kreisläufe Eine Wiederaufbereitung reduziert den Anfall von ”hochaktivem“ Müll um etwa zwei Größenordnungen, da ”restliches“ Uran von Spaltprodukten und Transuranen getrennt wird. Hierbei muß man jedoch ein gern geschürtes Mißverständnis beachten: Durch die Wiederaufbereitung wird kein einziges radioaktives Atom beseitigt oder geschaffen, da es ein rein chemisches Verfahren ist. Es findet lediglich eine Auftrennung des ”Gemisches“ Brennelement in seine verschiedenen Bestandteile statt. Diese lassen sich danach neu klassifizieren und besser einer geeigneten Behandlung zuführen. Typischerweise wird das noch nicht verbrauchte Uran einer neuen Nutzung zugeführt. Die Spaltprodukte – die ”Asche der Kernenergienutzung“ – werden verglast und in einem geeigneten geologischen Tiefenlager eingelagert. Als Glas, von der Biosphäre getrennt, können

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5.8 Brennstoffkreisläufe

Abbildung 5.8.1: Geschätzte Entwicklung des abgebrannten Brennstoffs und des Uranverbrauches für unterschiedliche Reaktortypen und Wiederaufbereitungsstrategien.

sie verbleiben. Ob sie damit ”endgelagert“ sind oder irgendwann als wertvolles Erz wiedergewonnen werden, mögen zukünftige Generationen frei entscheiden. Bis zu diesem Schritt, wurde noch kein radioaktives Material beseitigt: Es wurde lediglich getrennt, anschließend sortiert und in jeweils geeignetster Form gelagert. Der entscheidende Durchbruch für die Nachhaltigkeit geschieht erst, wenn man radioaktives Material beseitigt. Alle Transurane sollten in den Kreislauf zurückgeführt werden und durch Spaltung einen Beitrag zur Energiegewinnung liefern. Gleichzeitig wird hiermit das ”Jahrtausendproblem“ Atommüll beseitigt, da die Transurane extrem lange Halbwertszeiten besitzen. Ist man gewillt die ”nukleare Asche“ noch weiter zu separieren, könnte es sinnvoll (auch wirtschaftlich) werden, die besonders langlebigen Spaltprodukte (beispielsweise Halbwertszeiten über 30 Jahre) ebenfalls einer kerntechnischen Umwandlung zu unterziehen. Die ”Atommüllproblematik“ würde sich damit auf Gefährdungszeiträume reduzieren, wie sie bei chemischen Stoffen nicht unüblich und allgemein akzeptiert sind. Symbiotische Brennstoffkreisläufe Insbesondere um die Fragen der Atommüllbeseitigung und Vermeidung zu lösen, sind Systeme notwendig, die die herausragenden Eigenschaften unterschiedlicher Reaktortypen geschickt miteinander verknüpfen. Es ist seit langem bekannt, daß sich Reaktoren mit schnellem und thermischem Neutronenspektrum hervorragend ergänzen. Die schnellen Spektren sind sehr gut geeignet alle Transurane zu verbrennen. Reaktoren mit thermischen Spektren sind besonders flexibel und lassen sich auch sehr gut für die Erzeugung von Prozeßwärme bei hoher Temperatur nutzen. Werden schnelle Reaktoren hauptsächlich zur Erzeugung von Plutonium (Schneller Brüter) verwendet um zusätzliche thermische Reaktoren mit Mischoxiden betreiben zu können, empfiehlt es sich für die ”Entschärfung“ des Atommülls Salzbadreaktoren einzusetzen.

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5 Kerntechnik

Abbildung 5.8.2: Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für einen Verbund aus thermischen und schnellen Reaktoren. 116

5.8 Brennstoffkreisläufe Proliferation Grundsätzlich ist die konventionelle Aufbereitungstechnik (Naßverfahren wie z. B. Purex) eine genauso sensitive Technik wie die Anreicherung. Wegen der Problematik der Weiterverbreitung müssen schnellstens internationale Vereinbarungen und akzeptable Dienstleistungsangebote gemacht werden. Für den Atommüll müssen gegen Anschläge geschützte Lager geschaffen werden. Um einen Umweltterrorismus zu vermeiden, sollte der Atommüll solange in politisch stabilen Regionen zwischengelagert werden, bis er in eine nicht mehr zu mißbrauchende Form umgewandelt wurde. Grundsätzlich sind (neue) Wiederaufbereitungsverfahren zu entwickeln, die einen so ”schmutzigen“ Brennstoff erzeugen, der für jeglichen Mißbrauch nicht zu gebrauchen ist. An dieser Stelle muß daran erinnert werden, daß das Purex–Verfahren ursprünglich für den Bau einer Plutoniumbombe entwickelt wurde. Ebenso sollte die Schiene verfolgt werden, Brennstoffmischungen zu verwenden, die zu keinem Zeitpunkt ein waffenfähiges Material ergeben. Sehr zukunftsweisend war in diesem Sinne der in Deutschland entwickelte Thorium– Kugelhaufen–Reaktor. Durch die Kombination mit Uran lassen sich stets (chemisch) nicht trennbare Isotopenkombinationen einstellen. Wirtschaftlichkeit Das Zeitalter der billigen offenen Brennstoffkreisläufe sollte vorbei sein. Es hat maßgeblich zu der berechtigten Kritik an der Endlagerung geführt. Alle abgebrannten Brennelemente sollten zukünftig wiederaufbereitet werden. Es sollten neue Aufbereitungsverfahren für die ausschließlich zivile Anwendung entwickelt werden. Je teurer Natururan wird, um so konkurrenzfähiger wird die Wiedergewinnung der Reststoffe. Bis zur Wiederaufbereitung sollten die kompletten abgebrannten Brennelemente in Behältern (ähnlich den Castor–Behältern in Deutschland) in Zwischenlagern aufbewahrt werden. Die Lagerkosten werden dabei durch das Abklingen der Strahlung teilweise kompensiert. Zusätzliche Wiederaufbereitungskosten sind vertretbar, da der Brennstoffkreislauf weniger als 20 % an den Stromerzeugungskosten über den gesamten Lebenszyklus ausmacht. Außerdem sollte nicht vergessen werden, daß die Stromkosten aus Kernenergie, verglichen mit denen aus Wind und Sonne ohnehin nur einen Bruchteil betragen.

5.8.1 Offener Brennstoffkreislauf (OTF-Cycle) Als ”Once–Through Fuel Cycle“ bezeichnet man einen offenen Brennstoffkreislauf: Die Brennelemente werden nach ihrer Nutzung im Reaktor nicht aufbereitet, sondern direkt einem Endlager zugeführt. Dieses Konzept wird überall dort angewendet, wo sehr große Uranmengen zu geringsten Preisen zur Verfügung stehen. Der Einsparung von Kosten steht eine wesentlich höhere Umweltbelastung gegenüber: • Es wird wesentlich mehr Natururan verbraucht, da das in den abgebrannten Brennelementen noch vorhandene spaltbare Material weggeworfen wird. Die

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5 Kerntechnik Umweltbelastung durch den Bergbau und eine Urananreicherung ist entsprechend größer. • Das gesamte Brennelement muß als hochaktiver Abfall behandelt werden und nicht nur die Spaltprodukte. Dies erschwert eine entsprechende Konditionierung erheblich. • Alle Alpha–Strahler bleiben erhalten und schaffen somit erst das ”Endlager Problem“ (gemeint ist der erforderliche Schutz über sehr lange Zeiträume). Historie Zu Beginn der Nutzung der Kernenergie in den 1950er–Jahren mußte sie mit sehr billiger Kohle und – später – billigem Öl und Gas konkurrieren. Geringste Kosten hatten daher oberste Priorität. Heute stellt sich die Situation entgegengesetzt dar: Nicht nur die Preise der fossilen Energieträger sind stark angestiegen, sondern die Kernenergie steht wegen ihrer ”CO2 –Freiheit heute in unmittelbarer Konkurrenz zu den sehr teuren ”Regenerativen Energien“. Es sei ein Umkehrschluß erlaubt: Wenn tatsächlich ein Verzicht auf fossile Energieträger angestrebt wird, wird das Energiepreisniveau so stark ansteigen müssen, daß die Kosten der Kernenergie praktisch keine Rolle mehr spielen würden. Selbst eine Vervielfachung ihrer Stromerzeugungskosten würde sie immer noch konkurrenzlos billig erscheinen lassen. Es ist also ausreichend Elastizität vorhanden, die als Nachteile empfundenen Erscheinungen der Kernenergie zu beseitigen oder deutlich zu reduzieren. Ausstiegsvariante In der ”Anti–Atomkraft–Bewegung“ war die Bekämpfung der Wiederaufarbeitung stets ein Kernziel. Deshalb wurde die ”direkte Endlagerung“ proklamiert. Es erschien logisch, auf eine Wiederaufbereitung zu verzichten, wenn man ohnehin aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie aussteigen wollte. Gleichzeitig konnte man mit dieser Forderung das für die Nutzung der Kerntechnik unlösbar erscheinende Problem des ”Endlagers“ schaffen. Wenn man das Plutonium in den abgebrannten Brennelementen beläßt, hat man das ”500.000–Jahre–Problem“ geschaffen und damit ein vortreffliches Killerargument für die Öffentlichkeit. Wie schlagkräftig dieses Argument war, zeigt sich insbesondere in Deutschland: Es führte unmittelbar zur Neugründung einer Partei, die sich bis heute über ihren Gründungsmythos erfolgreich definieren kann.

5.8.2 Wiederaufbereitungsverfahren Jeder Reaktortyp hat seinen speziellen Brennstoff, der optimal auf seine Einsatzbedingungen abgestimmt ist. Man unterscheidet oxidische (heutige Leichtwasserreaktoren), metallische, karbidische und nitridische Brennstoffe. Eine Sonderstellung nehmen die Salzbäder ein, bei denen Brennstoff und Kühlmittel gleich sind.

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5.8 Brennstoffkreisläufe Die Brennstoffe müssen die Spaltprodukte sicher zurückhalten und müssen daher chemisch und physikalisch möglichst widerstandsfähig sein. Dies ist im Hinblick auf eine Wiederaufbereitung natürlich eine genau gegenteilige Anforderung. Für eine Wiederaufbereitung müssen die chemischen Verbindungen geknackt werden und das n–Stoffgemisch mit hoher Reinheit getrennt werden. Aus diesem Grunde, sind die Wiederaufbereitungsverfahren nicht vom Reaktorbetrieb losgelöst zu betrachten. Für jeden Reaktor- und damit Brennstofftyp ist ein speziell angepasstes Verfahren zu entwickeln. Sinn und Zweck der Wiederaufbereitung Von Anfang an, galt in der Kerntechnik der Gedanke des Recycling: Es sollte aus den ”abgebrannten“ Brennelementen soviel ”Wertstoff“ wie möglich, zurückgewonnen werden. Hierzu muß man sich vergegenwärtigen, daß nach dem notwendigen Entfernen der Brennstäbe aus dem Reaktor erst rund 3 % der Atome gespalten worden sind. Lediglich dieser Anteil stellt die nukleare Asche dar und muß endgelagert werden. Die Frage der Wiederaufbereitung war eine wirtschaftliche Fragestellung, die in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich beantwortet wurde. In Ländern mit großen eigenen Uranvorkommen (USA) erschien es wirtschaftlicher, die Brennelemente nach einem Durchlauf wegzuwerfen. In Ländern mit Importbedarf für Uran (Japan, Deutschland, Frankreich) erschien es von Anfang an wirtschaftlicher, die Brennelemente zu recyceln. Wiederaufbereitung und Atommüll In einer Wiederaufbereitungsanlage werden keine Atome gespalten und somit auch – streng genommen – kein Atommüll erzeugt. Es werden lediglich Gegenstände mit bereits vorhandenen Spaltprodukten kontaminiert. Werden diese – aus Kostengründen – nicht gereinigt, ist zusätzlicher ”Atommüll“ entstanden, der sicher endgelagert werden muß. Dieses Mißverständnis wurde von der ”grünen Bewegung“ – die sonst gern, aus jedem Joghurtbecher ’ne Parkbank machen will – immer wieder benutzt, um eine Wiederaufbereitung zu diskreditieren. Frühzeitig wurde in der Kerntechnik auch erwogen, den ”Atommüll“ in einer zusätzlichen Verfahrensstufe in Spaltprodukte und ”unbedeutendere“ Aktinoide aufzutrennen. Diese, in jedem Reaktor erbrütete Gruppe (Americium, Curium etc.), war zwar von geringem Anteil und für die weitere Nutzung wertlos, aber alles andere als unbedeutend! Genau diese Elemente, schaffen erst das ”Atommüllproblem“, wie es völlig zu recht kritisiert wird! Sie sind extrem langlebig und erfordern deshalb die Fernhaltung von der Biosphäre für hunderttausende von Jahren. Werden sie abgetrennt, ist die ”Endlagerung“ schlagartig zu einem technischen Problem mit ”üblichem“ Gefährdungszeitraum geworden. Will man die Akzeptanz der Kernenergie in breiten Bevölkerungsschichten erlangen, muß man die Wiederaufbereitung mit Abtrennung der Aktinoiden und anschließender Beseitigung als

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5 Kerntechnik

Standard fordern. Im Sinne einer Nachhaltigkeit, müssen alle Ausnahmen hiervon wohlbegründet sein. Kostenargumente sind bei heutigen Energiepreisen und dem erklärten Willen zur Anwendung der Wohlstandshobbies Wind und Sonne längst obsolet geworden. Entwicklungsrichtung Für alle jetzigen und zukünftigen Reaktorsysteme werden Verfahren bevorzugt, die neben Plutonium auch alle geringfügigeren Aktinoiden zurückgewinnen. Das Recycling aller Aktinoide hat folgende Vorteile: • Reduzierung der Anteile mit langanhaltenden Gefahren am ”Restmüll“ der endgelagert werden muß. • Verringerung der Materialien, die für eine Waffenproduktion geeignet sind. • Gewinn an potentieller Endlagerkapazität durch die Verringerung der Zerfallswärme über langfristige Zeiträume. • Verringerung der Strahlungsbelastung auf die ”Einkapselung“ des endgelagerten Atommülls. Grundsätzlich sind zwei Wege denkbar: Die Abtrennung von Plutonium von den anderen Aktinoiden in einer zusätzlichen Verfahrensstufe oder die gemeinsame Gewinnung aller Aktinoide. Im ersten Fall ist es möglich, das Plutonium in Leichtwasserreaktoren in der Form von Mischoxiden wieder zu verwenden, im zweiten Fall kann es in schnellen Reaktoren als Brennstoff eingesetzt werden. Ein besonderes Konzept besteht darin, (einige wenige) Salzbadreaktoren zur Beseitigung der langlebigen radioaktiven Stoffe aus den anderen Reaktortypen einzusetzen. Die Salzbadreaktoren würden die Funktion von ”Müllverbrennungsanlagen“ in einer ”nuklearen Welt“ übernehmen. Fortschrittliches PUREX-Verfahren Das fortschrittliche PUREX–Verfahren ist eine Weiterentwicklung des PUREX– Prozesses für die heutigen Anforderungen einer ausschließlich zivilen Nutzung. Das klassische PUREX–Verfahren wurde in den 1940ger Jahren entwickelt, um hochreines Plutonium für den Bau einer Atombombe zu gewinnen. Alles andere war Abfall. Für eine ausschließlich zivile Nutzung, sind die Anforderungen völlig anders: Nur die Spaltprodukte sind hierbei Abfall. Sowohl das Uran, wie auch das Plutonium sollen in Leichtwasserreaktoren als sog. Mischoxid wieder eingesetzt werden oder in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum Verwendung finden. Ferner ist es im Sinne einer Nichtverbreitung von Atomwaffen gar nicht sinnvoll, hochreines Plutonium zu erzeugen. Um einer militärischen Nutzung entgegen zu

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Uranium Mine

Thermal Reactors

New Fuel

Enrichment and Fabrication

Recycled Fuel

Fast Reactor

Nuclear Energy Park

Used Fuel Assemblies

New Fuel Assemblies Uranium

Purification Uranium

Fuel Rod

Organic Solvent

Shear

Centrifugal Contactor

Dissolver

Fuel Fabrication

Plutonium, Fission Products and Actinides Actinide Separation

Cladding Hulls Fission Products and Trace Actinides

Wasteform Fabrication

Shielded Central Facility

Repository 02-GA50807-08

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Abbildung 5.8.3: Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für eine Wiederaufbereitung mit wässrigem Verfahren.

121

5 Kerntechnik

wirken, ist sogar eine Verunreinigung mit allen möglichen Aktinoiden erwünscht. Bei der Nutzung in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum sind solche Verunreinigungen neutronenphysikalisch kein besonderes Problem. Sie können dort problemlos ”mit verbrannt“ werden. Je reiner – im Sinne von Verunreinigung mit Aktinoiden – der Atommüll jedoch ist, desto kurzlebiger ist er und umso unproblematischer ist somit seine ”Endlagerung“. Entwicklungsrichtung Gegenüber dem klassischen PUREX–Prozeß wird auf die Nachreinigungsstufen für Pu und U verzichtet. Uran und Plutonium wird zusammen mit Neptunium in einer für die Wiederverwendung als Brennstoff geeigneten Reinheit extrahiert. Nach der Auflösung wird eine Kristallisation für Uran eingeführt. Diese Stufe würde die Hauptmenge der Schwermetalle bereits am Anfang des Prozesses entfernen und von den nachfolgenden Schritten fern halten. Hierdurch würde es gelingen, den Hauptstrom salzfrei zu gestalten, was die Menge des schwach radioaktiven Materials einer Wiederaufbereitung stark reduzieren würde. Pyroprozeß zur Wiederaufbereitung Der Pyroprozeß ist die bevorzugte Wiederaufbereitung für metallische Brennstoffe aus natriumgekühlten schnellen Reaktoren. Er verwendet geschmolzene Salze und flüssige Metalle zur Aufbereitung und Trennung des abgebrannten Brennstoffes. Direkt können metallische Brennstoffe schneller Reaktoren verarbeitet werden. Sollen auch abgebrannte Brennstäbe aus Leichtwasserreaktoren verarbeitet werden, müßte eine Stufe zur Reduktion der Oxide zu Metallen vorgeschaltet werden. Dies könnte sinnvoll sein, wenn das recycelte Material aus Leichtwasserreaktoren zur Beladung schneller Reaktoren genutzt werden sollte. Im Labormaßstab wurde bereits die Abscheidung aller Transurane einschließlich Neptunium, Americium und Curium erfolgreich nachgewiesen. Mit dem Pyroprozeß können alle Aktinoide bis auf geringste Verluste Wiedergewonnen werden und somit der ”Restmüll“ wesentlich entschärft werden. In der Entwicklung sind noch Verfahren zur Verdichtung des Restmülls, um mit einem geringen Endlagervolumen auszukommen.

5.9 Atommüllagerung Die Lagerung von abgebrannten Brennelementen oder anderen hochaktiven Resten in geologischen Lagerstätten wird von den meisten Ländern bevorzugt. Es gibt auch Lager an der Erdoberfläche oder unterirdische rückholbare Deponien. Die verstärkte Nutzung der Kernenergie erfordert jedoch einen sorgsamen Umgang mit dem vorhandenen Lagerraum und eine möglichst baldige Schließung des

122

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5.9 Atommüllagerung

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Uranium Mine

Thermal Reactors

New Fuel

Enrichment and Fabrication

Recycled Fuel

Fast Reactor

Nuclear Energy Park

New Fuel

Used Fuel Anode

Shielded Co-Located Facility

Cathode

Salt Electrolyte

Recycle Cadmium

Electrorefining

Cathode Processing

Injection Casting

Fission Products and Trace Actinides

Wasteform Fabrication

Repository 02-GA50807-07

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Abbildung 5.8.4: Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für eine Wiederaufbereitung mit Pyro–Prozeß.

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5 Kerntechnik Brennstoffkreislaufes. In den letzten Jahren hat ein Umdenkprozeß stattgefunden: Früher stand die ”Entsorgung“ in des Wortes Bedeutung als ”Endgültige Loslösung von den Sorgen” im Vordergrund. Durch die Erfahrungen mit sonstigen Mülldeponien ist auch in der Kerntechnik ein Umdenken zu verzeichnen. Heute steht allgemein die Beseitigung von Abfällen (z. B. Müllverbrennung) im Vordergrund aller Bemühungen. Erst wenn keine Umformung oder Volumenreduzierung mehr zu erreichen ist, wird eine Deponierung vorgenommen. Deponien werden dabei möglichst abgetrennt von sonstigen Kreisläufen (z. B. Grundwasser) und dauerüberwacht angelegt. Grundsätzlich wird heute immer ein späterer technischer Eingriff einkalkuliert. Forderungskatalog • Für jedes Isotop müssen klare und eindeutige Grenzwerte festgelegt werden. Es ist ein Segen der Kernphysik, daß radioaktive Stoffe praktisch noch als einzelnes Atom nachgewiesen werden können. Nachweisgrenzen, wie sie von chemischen Verbindungen bekannt sind, gibt es praktisch nicht, allenfalls der Aufwand für die Analyse ist bedeutend. Dieser – an und für sich sehr beruhigende Zustand – hat in der Öffentlichkeit zu einer Reihe von (propagandistisch gewollten) Mißverständnissen geführt. Wird irgendwo das Plutoniumatom gefunden, wird von einschlägigen Medien der Weltuntergang propagiert. Die alljährlich wieder auftauchenden Meldungen von Funden in der Nordsee, die aus der Wiederaufbereitung stammen, sind ein Beispiel hierfür. • Bei der Definition von Grenzwerten sollte pragmatisch vorgegangen werden. Als ein guter Maßstab erscheint immer die natürlich vorkommende Konzentration. Urangehalte, wie sie beispielsweise in Gegenden mit natürlichen Lagerstätten vorkommen, sind ein guter Anhaltswert für Alpha–Strahler. Werden diese Gegenden seit Jahrhunderten bewohnt, ist dies ein guter Anhaltswert für die Schädlichkeit. So makaber sich das auch anhören mag, die durch überirdische Kernwaffenversuche, Atombombenabwürfe und die Reaktorexplosion in Tschernobyl freigesetzten Spaltprodukte müßten bereits zum Weltuntergang geführt haben, wenn man die Aussagen mancher ”Atomenergiegegner“ als bare Münze nimmt. Den Laien ist meist nicht bewußt, daß es sich hierbei um tausende von Tonnen handelt. Demgegenüber lösen einige Milligramm in einem gelb angestrichen Faß Panik aus. Hier kann nur konsequente Aufklärung helfen. Konsequente und beharrliche Aufklärung der Bevölkerung hilft gegen ”Ärzte gegen Atomkraft“ genauso wirksam, wie gegen deren mittelalterliche Vorgänger – die Kurpfuscher. Allerdings ist die Überzeugung mancher Kerntechniker, daß sich die erst wenige Jahrzehnte alten

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5.9 Atommüllagerung Erkenntnisse zur Radioaktivität schneller als die Kenntnisse über Bakterien und Viren verbreiten sollten, reichlich naiv gewesen. Die heutige Misere in der (deutschen) öffentlichen Meinung(smache) zur Kerntechnik ist nicht nur der Boshaftigkeit der ”Atomkraftgegner“, sondern durchaus auch dem eigenen Unvermögen zuzuschreiben.

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6 Prozesse 6.1 Koppelprozesse Unter Koppelprozessen versteht man die kombinierte Produktion von elektrischer Energie und Wärme. Die Wärme kann als Prozeßwärme in der Industrie oder für Heizungen genutzt werden. Charakteristisch für alle Koppelprozesse ist, daß die Produktion von Wärme und Strom immer gleichzeitig und in festem Verhältnis, abhängig vom Temperaturniveau erfolgt. Üblicherweise erfolgt die Stromproduktion bei hohen Temperaturen (z. B. in einer Gasturbine) und die Abwärme dieses Prozeßschrittes wird in einem zweiten Schritt bei niedrigeren Temperaturen (z. B. Dampfproduktion) weiter genutzt. In manchen Fällen schließt sich sogar noch eine dritte Nutzung (z. B. Fernheizung) bei noch geringerer Temperatur an.

6.1.1 Unterschiedliche Wirkungsgrade Ein Wirkungsgrad ist als das Verhältnis von Nutzen (Strom, Wärme etc.) zu Aufwand (Brennstoff) definiert. Beim Vergleich verschiedener Wirkungsgrade wird oft – nicht nur von Laien – übersehen, daß ein Vergleich nur bei gleichem Nutzen sinnvoll ist. Diese Aussage ist in der Praxis alles andere als trivial. Ursache ist der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, der (unter anderem) besagt, daß man zwar mechanische Arbeit vollständig in Wärme umwandeln kann, niemals aber Wärme vollständig in mechanische Arbeit. Mit dem Wirkungsgrad ηKraf t−W aerme−Kopplung =

elektrischeEnergie + W aerme <1 Brennstof f

(6.1.1)

der Kraftwärmekopplung können nur zwei Anlagen verglichen werden, die beide zur gleichen Versorgung dienen, da elektrische Energie und Wärme von unterschiedlicher Qualität sind. Also beispielsweise eine Motorenanlage und ein Dampf– Heizk–Kaftwerk für ein und dasselbe Fernheiznetz (Temperaturniveau!). Schon unterschiedliche Heizungsvorlauftemperaturen (2. Hauptsatz!) führen zu unsinnigen Aussagen. Ebenso können mit dem Wirkungsgrad ηKraf twerk =

elektrischeEnergie <1 Brennstof f

(6.1.2)

127

6 Prozesse für Kraftwerke auch nur Kraftwerke zur reinen Stromproduktion sinnvoll miteinander verglichen werden. Der leider immer wieder zu hörende Vergleich beider Wirkungsgrade ist unsinnig und er ist schlichtweg irreführend. Dies wird im folgenden noch deutlicher werden. An dieser Stelle sei noch einmal vermerkt, daß die Wirkungsgrade immer kleiner 1 sind. Was nichts anderes zum Ausdruck bringt, als daß immer mehr Brennstoff in die Anlage gesteckt werden muß, als Produkt (Strom oder Strom und Nutzwärme) herauskommen kann. Es gibt in der Realität keine Prozesse ohne Verluste. Hinzu kommt, daß bei der Umwandlung von Wärme in elektrische Energie immer ein entsprechender Anteil als Abwärme anfallen muß. Ob diese Abwärme Abfall ist, hängt von ihrer Verwendbarkeit in Bezug auf Temperatur und Bedarf ab.

6.1.2 Unterschiedliche Arbeitsausnutzung Der Sinn eines Koppelprozesses ist Brennstoff zu sparen. Dies kann aber nur gelingen, wenn Wärme und Strom gleichzeitig gebraucht werden. Um dies zu berücksichtigen, wird ein Nutzungsgrad definiert: (elektrische Energie + W aerme)Kalenderjahr > 0, 6 (Brennstof f )Kalenderjahr (6.1.3) hierfür wird die in einem Kalenderjahr produzierte Elektroenergie und Wärmemenge ins Verhältnis zu der in diesem Zeitraum verbrauchten Brennstoffmenge gesetzt. Nach Schweizer Definition muß dieser Wert mindestens 60 % betragen, damit diese Anlage überhaupt als Kraftwärmekopplungsanlage gezählt wird. Dieser ”kleine“ Wert mag verblüffen 1 , aber er ist in der Praxis nur sehr schwer zu erreichen. Bedenkt man, daß Heizungen von Wohnhäusern nur etwa 1500 Vollbenutzungsstunden pro Jahr benötigen. Damit ist einleuchtend, warum der Einsatz von Kraftwärmekopplung so begrenzt ist. Der Zahlenwert von 60 % ist nicht zufällig gewählt: Es ist in etwa der Stand der Technik für moderne mit Erdgas befeuerte Kombikraftwerke. Gerade sog. ”Mini-BHKW“ erreichen solche Werte wegen ihrer schlechten elektrischen Wirkungsgrade nicht einmal im sog. ”wärmegeführten Betrieb“. Sie sind dann lediglich hochsubventionierte rotierende Öfen. νKraf t−W aerme−Kopplung =

1

Aber, es heißt doch immer: Ein Blockheizkraftwerk hat gegenüber einem Atomkraftwerk einen Wirkungsgrad von über 90 %. Dies ist natürlich nur eine geschickt gewählte Halbwahrheit. Erstens produziert ein Kernkraftwerk (in Deutschland) nur elektrische Energie und nicht gleichzeitig Wärme zur Gebäudeheizung. Zweitens gilt der Zahlenwert 90 % nur für den Wirkungsgrad im Bestpunkt, aber nicht für alle Betriebszustände im ganzen Jahr! Im Sommer beispielsweise, wird nur Warmwasser und keine Heizung benötigt. Als reines Kraftwerk – nur zur Stromproduktion – liegt ein Druckwasserreaktor und ein ”Mini-BHKW“ aber nicht weit auseinander.

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6.2 Wasserstofferzeugung Einige grundsätzliche Anmerkungen Grundsätzlich ist es egal, ob man erst Strom erzeugt und dann die Abwärme für weitere Verfahrensschritte nutzt oder umgekehrt. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen hat sich bisher nur die Erzeugung von Dampf in einem konventionellen Kraftwerk und die teilweise Entnahme von Abdampf durchgesetzt. Die Stromproduktion ist hierbei das Hauptgeschäft, die (zeitweise und teilweise) Nutzung der Abwärme ein Zusatzgeschäft. Zukünftig sind auch andere Primärproduktionen, wie die Nutzung von Biomasse oder die Wasserstoffproduktion denkbar. Für solche Zwecke ist aber noch ein erheblicher Aufwand nötig. Es müßten z. B. Hochtemperaturwärmeübertrager für unterschiedliche Medien (Gas – Salz, Flüssigmetall – Salz, überkritischer Dampf – Salz usw.) näher erforscht und entwickelt werden. Teilweise haben diese große Druckdifferenzen oder sind eine Herausforderung für den Korrosionsschutz. Überdies sind Temperaturen von mindestens 600 °C erforderlich.

6.2 Wasserstofferzeugung Wasserstoff ist für die chemische Industrie ein wichtiger Massenrohstoff. Zukünftig wird die Bedeutung insbesondere auf dem Sektor der Energietechnik noch zunehmen: Konversion von schwersten Erdölen und Bitumen aus Teersänden zu leichter zu verarbeitenden Rohölen, Entschwefelung von Treibstoffen, Herstellung von synthetischen Kraftstoffen, bis hin zur direkten Verwendung in Brennstoffzellen.

6.2.1 Dampfreformierung Heute wird Wasserstoff fast ausschließlich aus Kohlenwasserstoffen (Erdgas und Mineralöle) gewonnen. In einem ersten Schritt wird Methan mit Wasserdampf zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff zersetzt. CH4 + H2 O ⇐⇒ CO + 3H2

∆H = +206, 2kJ/mol

(6.2.1)

Erdgas liefert im Vergleich mit den anderen Ausgangsstoffen (Kohle, Benzin usw.) den höchsten Anteil an Wasserstoff im Verhältnis zu Kohlenmonoxid. Da es sich um eine endotherme Reaktion handelt, muß in konventionellen Anlagen ein nicht unerheblicher Teil des Erdgases zur Beheizung verbrannt werden. Das Methan wird bei einer Temperatur von 800 bis 900 °C und einem Druck von etwa 25–30 bar an einem Nickelkatalysator mit Wasser zur Reaktion gebracht. Üblich sind heute Großanlagen mit über 100.000 m3 /h. Um die Ausbeute zu erhöhen, wird in einem zweiten Schritt über eine Shiftreaktion das Kohlenmonoxid ebenfalls mit Wasserdampf an einem Eisen(III)-oxidkatalysator in Kohlendioxid und Wasserstoff umgewandelt. CO + H2 O ⇐⇒ CO2 + H2

∆H = −35, 7kJ/mol

(6.2.2)

129

6 Prozesse Die Dampfreformierung ist zur Zeit die wirtschaftlichste und am weitesten verbreitete (≈ 90%) Methode, Wasserstoff zu erzeugen. Sie hat auch den höchsten Wirkungsgrad.

6.2.2 Elektrolyse Die Elektrolyse von Wasser besteht aus zwei Teilreaktionen, die an den beiden Elektroden ablaufen. Das Gesamt-Reaktionsschema dieser Redoxreaktion lautet: 2H2 O

Elektrolyse

−→

2H2 + O2

(6.2.3)

Der abgeschiedene, gasförmige Wasserstoff steigt an der Kathode auf, der gasförmige Sauerstoff an der Anode. Der elektrische Energiebedarf zur Herstellung von 1 N m3 Wasserstoff definiert den Wirkungsgrad eines Elektrolyseurs. In einem modernen Hochdruck-Elektrolyseur liegt dieser Energiebedarf bei etwa 4,8 kWh pro N m3 bei einem Druck von 12 bar. Damit liegt der Wirkungsgrad bei rund 62 % (bezogen auf den unteren Heizwert von Wasserstoff). Großtechnisch wird meist mit einer 20-40 % Kalilauge bei 70-90 °C als Elektrolyt gearbeitet, die eine bessere elektrische Leitfähigkeit besitzt als reines Wasser. Hochtemperaturelektrolyseure arbeiten bei Arbeitstemperaturen von etwa 900 °C. Dabei wird ein Teil der notwendigen Reaktionsenthalpie als Wärme eingekoppelt. Dies führt zu einem geringeren Strombedarf.

6.2.3 Jod–Schwefel–Prozeß Ist ein thermochemisches Verfahren zur Wasserzerlegung, bei dem die notwendige Energie durch Wärme hinzugefügt wird. Es wird H2 SO4 (Schwefelsäure) und HI (Jodwasserstoff) in Wasser gebildet. 9I2 + SO2 + 16H2 O −→ (2HI + 10H2 O + 8I2 ) + (H2 SO4 + 4H2 O)

(6.2.4)

Anschließend werden diese beiden Komponenten voneinander getrennt und durch Wärmeeinwirkung wieder in ihre ursprünglichen Bestandteile zerlegt. 2HI −→ H2 + I2

(bei 220 − 330 grad C)

H2 SO4 −→ SO2 + H2 O + O

(bei 850 grad C)

(6.2.5) (6.2.6)

Dabei scheidet sich aus dem Jodwasserstoff Wasserstoffgas und aus der Schwefelsäure Sauerstoffgas ab. Lediglich das Wasser wird verbraucht, Schwefel und Jod werden beständig im Kreis geführt. Bestimmend bei diesem Prozeß ist die thermische Zerlegung der Schwefelsäure, die oberhalb von 825 °C abläuft.

130

6.3 Fernwärme und Fernkälte

6.2.4 Kalzium-Brom-Prozeß Der Ca–Br–Prozeß bietet die Aussicht, mit geringeren Temperaturen von etwa 725–800 °C auszukommen. Allerdings benötigt dieses Verfahren vier Gas–Feststoff– Reaktionen (CaO / CaBr und F eBr2 / F e3 O4 ) die in Festbetten ablaufen und es ist weniger Effizient, da der Wasserstoff und Sauerstoff aus einem Hochdruck– Dampfstrom abgetrennt werden müssen. Es ist mit Korrosionsproblemen bei den hohenTemperaturen und mit Staubbildung in den Festbetten zu rechnen. Dies führt zu Problemen in den zahlreichen Rohrleitungen und Ventilen.

6.2.5 Metalloxid–Kreisprozesse Zur thermochemischen Wasserstofferzeugung können sowohl Metall–Metalloxid– Redoxpaare als auch Metalloxide in unterschiedlichen Oxidationsstufen verwendet werden. Die am häufigsten verwendeten Systeme beruhen auf den Elementen Zn, Fe, Mn und Ni, ihren reinen Oxiden sowie ihren Mischoxiden. Ein viel versprechendes System stellen die Eisenmischoxide, besonders die Ferrite dar. M Oreduziert + H2 O −→ M Ooxidiert + H2 M Ooxidiert −→ M Oreduziert + O2

(800 gradC)

(1200 gradC)

(6.2.7) (6.2.8)

Zu Beginn der Reaktion liegt das Metalloxid in reduzierter Form vor. Durch Zugabe von Wasserdampf bei etwa 800 °C wird dieses durch Aufnahme von Sauerstoff aus den Wassermolekülen oxidiert und Wasserstoff freigesetzt. Wenn das Redoxsystem gesättigt ist, erfolgt die Regeneration bei Temperaturen von 1.100 bis 1.200 °C. Durch Zugabe von Stickstoff wird der aus dem Metalloxid freigesetzte Sauerstoff aus dem Redoxsystem gespült. Bisher ist dieses Verfahren wegen der hohen Temperaturen noch im Zustand der Grundlagenforschung.

6.3 Fernwärme und Fernkälte Wenn die Energiedichte (Wärme- oder Kältebedarf pro Grundstücksfläche) groß genug ist, bietet sich eine Versorgung mit Fernwärme an. Darunter versteht man die zentrale Erzeugung der Wärme und eine Verteilung über ein Rohrleitungssystem ähnlich eines Stromnetzes. Die Gebäude, Gewerbeeinheiten oder Industriebetriebe sind direkt oder durch Übergabestationen an das Rohrnetz angeschlossen. Transportmedium Neben dem Durchmesser der Rohrleitungen hängt die Transportleistung wesentlich von der Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf und einer etwaigen Phasenänderung ab. Ferner sollte das Transportmedium billig und umweltgerecht sein. Üblich ist daher Heißwasser (bis etwa 150 °C) oder Dampf.

131

6 Prozesse Bei Dampf lassen sich wegen der hohen Verdampfungswärme (> 2000 kJ/kg Wasser) sehr große Leistungen bei kleinsten Rohrdurchmessern und Wämeübergabestationen transportieren. Sie sind jedoch wegen der Kondensatableitung und der notwendigen Wasseraufbereitung im Betrieb teurer als Wassernetze (≈ 4 kJ/°Ckg Wasser). Für Wassernetze strebt man daher eine möglichst große Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf an. Diese Tatsache macht die Realisierung von ”Kältenetzen“ so aufwendig. In ihnen kann nur eine tiefste Temperatur von etwa 4 °C gefahren werden, um eine Eisbildung ohne chemische Zusätze (Umweltschutz) zu verhindern. Andererseits liegt die Obergrenze bei etwa 30 °C für den Rücklauf, da diese Netze üblicherweise zur Versorgung von Klimaanlagen benutzt werden. Die geringe Temperaturspreizung ergibt somit große umlaufende Wassermengen (Pumpenstrom). Arbeitsausnutzung Problematisch ist bei jedem Fernwärmenetz die geringe Arbeitsausnutzung (Kosten): In unseren Breiten sind die Winter relativ mild. Man kommt hier auf nur rund 1700 Vollaststunden im Jahr. Die Auslastung läßt sich nur (geringfügig) steigern, wenn man die Brauchwasserbereitung auch im Sommer über Fernwärme macht und zusätzlich Kälte für die Klimaanlagen erzeugt. ”Klimakälte“ läßt sich über Absorptionskälteanlagen (üblicherweise mit Lithium–Bromid) aus Wärme mit niedriger Temperatur erzeugen. Die Temperatur darf hierfür aber nicht kleiner als 110 °C sein. Dies schränkt die Regelbarkeit der Fernwärmenetze entsprechend ein. Brennstoffe und Abwärmenutzung Grundsätzlich können durch die zentrale Wärmeerzeugung alle denkbaren Brennstoffe und Verfahren in einem Fernwärmenetz verwendet werden. In dezentralen Anlagen (Gebäudeheizungen) können praktisch nur Heizöl und Erdgas verwendet werden. Problematische Brennstoffe, wie Müll, Kohle und Restholz lassen sich praktisch nur in zentralen Anlagen verfeuern. Dies liegt an dem notwendigen Aufwand für die Abgasnachbehandlung und dem Fachpersonal. Darüber hinaus, kann auch Abwärme aus industriellen Prozessen in solche Netze eingespeist werden. Als klassisch ist die Auskopplung von Dampf aus Kraftwerken zu bezeichnen. Es handelt sich hierbei auch um Abwärme in einem weiteren Sinne, da dieser Dampf bereits (teilweise) Arbeit in der Turbine geleistet hat. Um Transportwege zu sparen, wird man zukünftig mit Kraftwerken wieder näher an die Städte rücken müssen. Ganz besonders gilt dies für Müllverbrennungsanlagen. Vorbildlich in diesem Sinne, ist beispielsweise der Neubau einer Müllverbrennungsanlage mitten in Paris: Man schont hierdurch die Umwelt, da lange Transportwege für die Müllfahrzeuge vermieden werden und anschließend Strom und Wärme unmittelbar neben den Verbrauchern erzeugt werden. Luftbelastung und Optik sind durch modernste Verfahrenstechnik und Architektur als

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6.4 Meerwasserentsalzung gelöst zu betrachten. Die Temperaturproblematik Je geringer die Vorlauftemperatur in einem Netz ist, um so mehr Wärme kann eingesammelt werden und um so mehr elektrischer Strom kann vorher erzeugt werden. Andererseits nimmt die potentielle Nutzbarkeit der Fernwärme mit steigenden Temperaturen zu. Dies gilt insbesondere auch für die Kälteerzeugung über Absorptionsanlagen. So kann man die Arbeitsausnutzung erheblich verbessern und die Kosten senken.

6.4 Meerwasserentsalzung In vielen Gebieten der Welt, stellt die ausreichende Versorgung mit Trinkwasser das wesentliche Problem dar. Mit zunehmender Weltbevölkerung und Bevölkerungsdichte in einigen Gebieten, wird die Bereitstellung von ausreichend Süßwasser für die Landwirtschaft und die Bevölkerung immer schwieriger. Als einziger Ausweg erscheint die Aufbereitung von Meerwasser. Dieses aufbereitete Wasser, sollte nach erfolgter Benutzung geklärt und der Landwirtschaft zugeführt werden. Doppelsysteme aus Meer- und Trinkwasser (z. B. Hong Kong) sind auf Dauer nicht praktikabel, da sich Abwasser mit hohem Salzgehalt nicht in biologischen Kläranlagen behandeln läßt und somit zu einer erheblichen lokalen Belastung der Küsten führt. Bereits heute werden weltweit über 35 Mio. m3 /T ag (2006) Trinkwasser aus Meerwasser hergestellt. Meerwasser Meerwasser ist chemisch gesehen eine wässrige Lösung von verschiedenen Salzen. Meerwasser hat einen durchschnittlichen Salzgehalt von 3,5 % Massenanteil. Der Gesamtsalzgehalt schwankt jedoch je nach Meer und Meeresregion (z. B. Ostsee: 0,4–2,0, Golf und Rotes Meer: 3,7–4,3 Gew.%). Den Hauptanteil der Salze bilden die Chloride, darunter fällt besonders das Kochsalz (Natriumchlorid) ins Gewicht. Einen geringen Anteil bilden Magnesiumchlorid, Magnesiumsulfat, Kalziumsulfat, Kaliumchlorid und Kalziumkarbonat. In Spuren sind noch weitere Salze im Meerwasser enthalten. Ungefiltertes Meerwasser enthält feine Partikel, Mikroorganismen und Plankton. Die Dichte des Meerwassers liegt (abhängig vom Salzgehalt) zwischen 1020 und 1030 kg/m3. Der pH-Wert ist leicht alkalisch (7,5 bis 8,4). Verfahren zur Entsalzung Es sind zahlreiche Methoden erdacht worden. Das älteste Verfahren dürfte hierbei die Verdunstung durch Sonneneinstrahlung und die anschließende Kondensation des trinkbaren Süßwassers sein. Grundsätzlich sind

133

6 Prozesse alle Entsalzungsverfahren sehr energieintensiv. Bei der großtechnischen Anwendung spielen die Kosten eine entscheidende Rolle. Deshalb haben sich lediglich zwei Verfahren erfolgreich etablieren können: Verdampfung und Umkehrosmose.

6.4.1 Umkehrosmose Die Umkehrosmose ist ein physikalisches Verfahren zur Aufkonzentrierung von in Flüssigkeiten gelösten Stoffen, bei der mit Druck der natürliche Osmose-Prozess umgekehrt wird. Das Medium (Trinkwasser), in dem die Konzentration eines bestimmten Stoffes (darin gelöstes Meersalz) verringert werden soll, ist durch eine semipermeable Membran von dem Medium (Meerwasser) getrennt, in dem die Konzentration erhöht werden soll. Dieses wird einem Druck ausgesetzt, der höher sein muß als der Druck, der durch das osmotische Verlangen zum Konzentrationsausgleich entsteht. Dadurch können die Moleküle des Lösungsmittels gegen ihre ”natürliche“ osmotische Ausbreitungsrichtung in den Bereich wandern, in dem die gelösten Stoffe bereits geringer konzentriert sind. Meerwasser weist mit etwa 30 bar einen wesentlich höheren osmotischen Druck auf, als Trinkwasser mit etwa 2 bar. Um Druckverluste etc. auszugleichen, muß das Meerwasser in technischen Anlagen mit etwa 80 bar Druck in die Anlage gepumpt werden. Dies erfordert recht große Antriebsleistungen. Die osmotische Membran, die nur das Süßwasser durchläßt und die im Meerwasser gelösten Salze zurückhält, muß diesem hohen Druck standhalten können. Wenn der Druckunterschied das osmotische Gefälle mehr als ausgleicht, passen die Wassermoleküle wie bei einem Filter durch die Membran, während die ”Verunreinigungsmoleküle“ zurückgehalten werden. Im Gegensatz zu einem klassischen Membranfilter verfügen Osmosemembranen nicht über durchgehende Poren. Vielmehr wandern die Ionen und Moleküle durch die Membran hindurch, indem sie durch das Membranmaterial diffundieren. Der osmotische Druck steigt mit zunehmendem Konzentrationsunterschied. Würde der osmotische Druck gleich dem angelegten Druck, käme der Prozeß zum Stehen. Nur ein stetiger Abfluß des Konzentrats kann dies verhindern. Um Energie einzusparen, empfiehlt sich eine Energierückgewinnung aus dem Druckgefälle zur Umgebung. Das Auskristallisieren der Salze in den Membranen muß verhindert werden. Dies kann beispielsweise durch Zugabe von Säuren erreicht werden. Eine Reinigung der Membranen ist von Zeit zu Zeit erforderlich. Um Beschädigungen der Membran zu verhindern, müssen Filter vorgeschaltet werden. Ein Feinfilter kann mechanische, ein Aktivkohlefilter chemische Beschädigungen verhindern. Außerdem ist es nötig, die Anlage von biologischer Verschmutzung zu befreien. Hierfür müssen die sich bildenden Biofilme mit Bioziden beseitigt werden. Die Verwendung der Chemikalien kann zu einer Belastung der Küstengewässer werden. Nach Schätzungen, werden allein in der Golfregion täglich etwa 20 to Chlor und 55 to Acrylsäure mit dem Solerückfluß ins Meer geleitet. Die Durchsatzleistung und die Schlupfrate einer Umkehrosmosean-

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6.4 Meerwasserentsalzung lage kann nach folgenden Gleichungen errechnet werden: T rinkwasserdurchsatz = KW · (∆p − ∆π) · A/s

(6.4.1)

Salzschlupf = Ks · ∆c · A/s

(6.4.2)

KW und Ks = Membrankonstanten ∆p = hydraulische Druckdifferenz über die Membran ∆π = osmotische Druckdifferenz über die Membran s = Membrandicke ∆c = Differenz der Stoffmengenkonzentration vor und hinter der Membran Man erkennt aus den Gleichungen, daß die Produktion von der osmotischen Druckdifferenz und damit dem Salzgehalt abhängig ist: Je höher der Salzgehalt des Meerwassers ist (Golfregion), desto mehr Pumpendruck wird benötigt und je kleiner der zulässige Salzgehalt im Trinkwasser ist, je mehr Sole–Rücklauf zurück ins Meer ist erforderlich. Beides läßt den – an und für sich – geringen Energiebedarf (Strom) stark ansteigen. Der nach der Weltgesundheitsorganisation WHO für Trinkwasser zulässige Gehalt an gelösten Stoffen, sollte 500 bis 1500 mg/l betragen. Praktisch wird in Umkehrosmoseanlagen direkt Trinkwasser gewonnen, das bedeutet etwa 99,7 % des Salzes werden entfernt. Moderne Anlagen mit teilweiser Rückgewinnung des Druckes benötigen etwa 4 bis 5 kW hElektroenergie /m3 Trinkwasser.

6.4.2 Entspannungsverdampfung Das gefilterte Meerwasser wird unter Druck auf etwa 120 °C erwärmt. Höhere Temperaturen sind nicht empfehlenswert, da sonst mit vermehrter Ausfällung von Mineralien zu rechen ist, die die Rohrleitungen verstopfen und die Wärmeübertragung verschlechtern. Für die Erwärmung wird üblicherweise Dampf aus einer Dampfturbine entnommen, der schon vorher entsprechende Arbeit geleistet hat. Modernste Anlagen, wie z. B. Shuweihat in Abu Dhabi (1500 M Welektrisch , 450.000 m3 Trinkwasser täglich) haben trotz der nachgeschalteten Entsalzung elektrische Wirkungsgrade von 55 %. Insofern ist der Primärenergieaufwand nur gering. Das heiße Meerwasser wird nun auf einen Druck entspannt, der einem geringeren Sättigungsdruck entspricht. Durch diese Entspannung bildet sich in der Kammer schlagartig Sattdampf, d. h. ein Gemisch aus (überwiegend) Wasser und Dampf. Das Meerwasser kühlt sich durch diesen Vorgang auf die zugehörige Sättigungstemperatur ab. Der Dampf ist chemisch nahezu reines Wasser. Das Salz verbleibt in der flüssigen Phase, wodurch sich ihr Salzgehalt erhöht. Man geht nun schrittweise, in mehreren hintereinander geschalteten Entspannungskammern vor. Üblich sind heute bis zu 20 Stufen, bei einer Leistung von 75.000 m3 /T ag. Wird eine Temperatur von etwa 100 °C unterschritten, müssen diese Kammern im Vakuum betrieben

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6 Prozesse werden. Bis zu welcher Temperatur, das heißt bis zu welchem Unterdruck man mit wie viel Stufen geht, ist eine Optimierungsfrage. Eine erhebliche Verbesserung des Wirkungsgrades erreicht man nun, indem man den Dampf (des erzeugten Trinkwassers) nutzt um das Meerwasser vorzuwärmen. Das unter Druck stehende Meerwasser läuft hierfür im Gegenstrom zu den Destillationsstufen und dient jeweils als ”Kühlwasser“ zur Kondensation des Dampfes. Zur Verdampfung eines Kubikmeters Meerwasser werden rund 700 kWh Wärme benötigt. Durch die Wärmerückgewinnung benötigen heutige mehrstufige Entspannungsverdampfer lediglich 12 bis 24 kW hW aerme /m3 zur Trinkwassergewinnung. Hinzu kommen allerdings noch etwa 5 kW hStrom /m3 für die Pumpen und Hilfsaggregate. Das Destillat solcher Anlagen enthält nur 10 bis 20 mg/l Salz (Verschleppung durch Nebel) und muß daher anschließend noch verschnitten werden, um Trinkwasserqualität zu erhalten. Für landwirtschaftliche Zwecke wird es gerne direkt genutzt, da es durch seinen geringen Salzgehalt eine Versalzung des Bodens entgegenwirken kann. Das Trinkwasser aus solchen Anlagen ist durch die Erhitzung und Verdampfung keimfrei. Allerdings müssen Verschmutzungen des Meerwassers mit niedrig siedenden Stoffen verhindert werden, da diese sonst in das Trinkwasser mit übertreten. Üblicherweise, will man mit diesen Anlagen kein Salz gewinnen, sondern muß im Gegenteil ein auskristallisieren sicher verhindern. Man zieht deshalb kontinuierlich Sole bei erreichen etwa des doppelten Salzgehaltes ab und leitet sie zurück ins Meer.

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7 Netze 7.1 Das öffentliche Stromnetz Der Begriff Stromnetz steht in Deutschland meistens für das Verbundnetz zur Versorgung der Verbraucher durch die Stromanbieter mit elektrischer Energie. Um die Verbraucher mit elektrischer Energie zu versorgen, ist es notwendig, Leitungen von den Elektrizitätswerken bis zum Verbraucher zu legen. Dazu werden Stromnetze mit verschiedenen, aber festgelegten Spannungen und bei Wechselstrom auch mit festgelegten Frequenzen eingesetzt. Um große Leistung zu übertragen, werden hohe Spannungen oder Ströme benötigt. Zur Verteilung und Fernübertragung großer Leistungen werden hohe Spannungen verwendet: • Es treten geringere Stromwärmeverluste auf, • hohe Spannungen sind leichter zu schalten als hohe Ströme, • es können dünnere Kabeladern bzw. Leiterseile verlegt werden. Spannungsebenen Stromnetze teilt man nach der Spannung ein, bei der sie Strom übertragen: • Höchstspannung: In der Regel 220 kV oder 380 kV . In Kanada, USA und Rußland existieren 750 kV Netze. In der untergegangenen Sowjetunion gab es sogar 1150 kV Leitungen. • Mittelspannung: 6 kV bis 30 kV . • Niederspannung: 230 V oder 400 V . Die Höchst-, Hoch- und Niederspannungen sind für Westeuropa weitgehend standardisiert. Bei der Mittelspannung ist das zu aufwändig, da man sehr viele alte Erdkabel uneinheitlicher Spannung austauschen müßte.

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7 Netze Funktion der einzelnen Netze Das Höchstspannungsnetz dient als Übertragungsnetz für hohe Leistungen aus Großkraftwerken über große Entfernungen hinweg. Es verteilt die an den Standorten der Primärenergie (Braunkohletagebaue, Wasserkraftwerke usw.) erzeugte Grundlast. Über sog. Kuppelleitungen ist es an das internationale Verbundnetz angeschlossen. Daneben gibt es auch noch Leitungen mit hochgespanntem Gleichstrom für die Übertragung über weite Strecken Punkt zu Punkt (ab 500 km), insbesondere Seekabel (ab 30 km). Das Hochspannungsnetz sorgt für die Grobverteilung von elektrischer Energie. Leitungen führen hier in verschiedene Regionen, Ballungszentren oder große Industriebetriebe. Abgedeckt wird ein Leistungsbedarf von 10 bis 100 MW. Das Mittelspannungsnetz verteilt den Strom an die Transformatorstationen des Niederspannungsnetzes oder Großverbraucher wie zum Beispiel Krankenhäuser, Fabriken usw. Stadtwerke, die oft Heizkraftwerke betreiben, speisen ihren Strom direkt in dieses Netz. Die Niederspannungsnetze sind für die Feinverteilung zuständig. Die Mittelspannung wird auf 400 V bzw. 230 V transformiert und damit werden Haushalte, Industrie, Gewerbe und Verwaltungen versorgt. Verbindung der Stromnetze Je höher die Spannung ist, je weitmaschiger sind die Netze. Die Verbindung der unterschiedlichen Spannungsebenen (= Netze) erfolgt über Umspannanlagen mit Transformatoren. Der Stromfluß innerhalb der Netze kann nur über Schaltanlagen (Leitung freigeschaltet oder unter Strom) aktiv beeinflußt werden. Innerhalb eines Netzes ergeben sich Stromfluß und Spannung je nach Verbrauchslage und Einspeisung. Deshalb ist die Verknüpfung der unterschiedlichen Netze über möglichst viele schaltbare Punkte nötig. Berechnungen sind über die Anwendung der ”Kirchhoffschen Regeln“ erforderlich. Verbundnetz Bezeichnet die Verknüpfung aller Verbraucher mit allen Kraftwerken. Im Gegensatz zu Inselnetzen (z. B. West-Berlin vor der Wiedervereinigung). Sie bieten einige Vorteile: • Erhöhte Versorgungssicherheit, da der Ausfall einzelner Kraftwerke besser kompensiert werden kann. • Es können größere Blockgrößen mit entsprechender Kostendegression und besseren Wirkungsgraden eingesetzt werden. Eine bewehrte Faustregel besagt, daß kein Block größer als 10 % der verbrauchten Leistung im Netz sein sollte. • Kraftwerke können besser ausgenutzt und der Brennstoffeinsatz optimiert werden.

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7.2 Regelleistung bei Stromnetzen • Die Betriebszuverlässigkeit des Netzes kann verbessert werden. Allerdings sind die Größen solcher Netze beschränkt. Ab etwa 3000 km Durchmesser treten wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit immer größere Probleme auf. Einzelne Drehstromleitungen sollten nicht länger als 1000 km sein. Das deutsche Stromnetz ist ca. 1,6 Mio. km lang, davon sind ca. 71 % unterirdisch verlegt. Stromausfall Unter einem Stromausfall versteht man den Ausfall der Versorgung mit elektrischer Energie. Sie muß im selben Moment erzeugt und transportiert werden, in dem sie gebraucht wird. Daher ist der Grund eines Stromausfalles die Unterbrechung des Stromkreises oder ein Ungleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch. Überregionale Stromnetze werden nach dem (n-1)-Kriterium betrieben. Das bedeutet, daß zu jeder Zeit ein elektrisches Betriebsmittel, Transformator, Leitung oder Kraftwerk ausfallen darf, ohne daß es zu einer Überlastung eines anderen Betriebsmittels kommen darf oder gar zu einer Unterbrechung der Energieversorgung. Wird mehr elektrische Leistung verbraucht, als gerade erzeugt wird, fällt die Spannung und die Netzfrequenz ab. Gelingt es nicht augenblicklich, diese Abweichung durch zusätzliche Stromproduktion auszuregeln, kann das Verhängnis seinen Lauf nehmen: Beim über- oder unterschreiten von Grenzwerten der Netzfrequenz müssen Turbinen sofort abschalten um Schäden zu vermeiden. Dadurch geht noch mehr Leistung verloren. Jetzt fließen dem Gebiet, in dem der Schaden aufgetreten ist, hohe Leistungen aus den Nachbarnetzen zu. Die Ströme für jede einzelne Leitung, Trafo- und Schaltanlage sind jedoch sicherheitstechnisch begrenzt: Werden sie überschritten, müssen die daran angeschlossenen Verbraucher abgeworfen werden. Dieser Vorgang muß solange fortgesetzt werden, bis sich das Netz in einem neuen Gleichgewicht befindet. In unserem dicht mit Kraftwerken besetzten zentraleuropäischen Raum sind solche Vorkommnisse höchst selten und von ihren Auswirkungen zeitlich und örtlich eng begrenzt. In großflächigen Ländern mit dünnmaschigen Netzen (USA) und abgelegenen Großkraftwerken (z. B. Stauseen) sind sie häufiger und von bekannten Auswirkungen. Soll dies aus politischen Gründen in Europa übernommen werden (Sonnenenergie aus der Sahara, Windenergie aus der Nordsee), werden sich auch hier ähnliche Ausfälle ereignen.

7.2 Regelleistung bei Stromnetzen Mittels Kraftwerksmanagement wird versucht, Energiebedarf und Energiebereitstellung in einem Stromnetz im Gleichgewicht zu halten, sodaß die am Netz angeschlossenen Verbraucher Strom mit konstanter Frequenz und Spannungsqualität beziehen können. Dazu wird versucht, den Leistungsbedarf aller Verbraucher zu

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7 Netze prognostizieren (z. B. Berücksichtigung von Kalendertagen, Wettervorhersagen, Fernsehübertragungen usw.), damit ein passendes Leistungsangebot der Kraftwerke zur Verfügung stehen sollte. Da jedoch Prognosen immer fehlerbehaftet sind und unvorhergesehene Ereignisse eintreten (z. B. Störungen), wird zur Kompensation Regelleistung benötigt. Die Ausbalancierung von Verbrauch und Erzeugung im Stromnetz durch Regelleistung ist ein kontinuierlicher Prozeß und durch das bedarfsorientierte Verbrauchsverhalten nicht zu vermeiden. Werden gewisse Toleranzen bei der Netzfrequenz überschritten, so muß in kurzer Zeit Regelleistung angefordert werden. Dies ist beispielsweise bei Kraftwerksausfällen, geänderten Bezugsprofilen von Verbrauchern, Windenergieeinspeisung (Wetter) oder bei Stromnetzausfällen (Verlust von Verbrauchern) der Fall. Je größer eine Regelzone ist, desto kleiner ist der relative Bedarf an Regelenergie.

Regelzonen Der von RWE geführte Regelzonenblock der Bundesrepublik Deutschland ist in vier Regelzonen aufgeteilt, in denen jeweils ein Übertragungsnetzbetreiber (Versorgungsgebiete von RWE, EnBW, E.ON und Vattenfall) die Verantwortung für das Gleichgewicht von Ein- und Ausspeisungen im Stromnetz hat. Diese Regelzonen sind historisch gewachsen, da in Deutschland das Prinzip galt, daß jeder Versorger sein eigenes Gebiet durch ausreichende Kraftwerkskapazitäten versorgte. Hierdurch wurden Übertragungsverluste (Umweltschutz) und die Zahl der benötigten Leitungen (Landschaftsverbrauch und Störanfälligkeit) gering gehalten. Durch den politisch gewollten Ausbau der Windenergie werden diese (sinnvollen) Grundsätze außer Kraft gesetzt.

Primärregelung Die Primärregelung dient zum Ausgleich zwischen dem physikalischen Leistungsangebot und -nachfrage im gesamten europäischen Verbundnetz. Ziel ist die Beibehaltung einer stabilen Netzfrequenz von 50 Hz. Jeder Netzbetreiber innerhalb des Verbundnetzes muß innerhalb von 30 Sekunden zwei Prozent seiner momentanen Erzeugung als Primärregelreserve zur Verfügung stellen. Da Windparks, Photovoltaikanlagen, etc. prinzipiell (der Wind weht wann er will, die Sonne scheint nach den Vorgaben der Natur) nicht hierfür geeignet sind, muß die Regelleistung ausschließlich von thermischen Kraftwerken und (gestauten) Wasserkraftwerken bereitgestellt werden. Ab einem gewissen Anteil ”regenerativer Energien“ müssen daher thermische Kraftwerke angedrosselt gefahren werden. Hierbei wird technisch nutzbare Arbeit vernichtet – oder anders ausgedrückt: Es wird Brennstoff verbrannt und die Umwelt mit Abgasen belastet, damit an anderer Stelle Windenergie von hochsubventionierten Windparkbetreibern erzeugt werden kann.

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7.2 Regelleistung bei Stromnetzen Sekundärregelung Im Gegensatz zur Primärregelung wird hier nur die Situation in der jeweiligen Regelzone incl. des Stromaustausches mit anderen Regelzonen betrachtet. Der sekundäre Regelvorgang sollte entsprechend den Vorgaben der UCTE nach spätestens 15 Minuten erfolgt sein. Dieser Zeitraum wurde bisher als ausreichend erachtet, um zusätzliche eigene Kraftwerke hochzufahren oder zu starten. Dabei ist zu beachten, daß das ”Vorhalten“ von Leistung nicht nur zu hohen Fixkosten, sondern auch schlechteren Wirkungsgraden führt. Es sollte mit der Aufteilung in primärer (sofort wirksamer) und sekundärer (auch ”Minutenreserve“ genannt) Regelleistung ein technisch/wirtschaftliches Optimum angestrebt werden und ein parasitäres Verhalten einzelner Versorger zu Lasten des Verbundes verhindert werden. Die Höhe der sekundär zur Verfügung gestellten Leistung hängt zum einen von der Netzkennzahl und der Frequenzabweichung ab, zum anderen von der Differenz aus den tatsächlichen Austauschleistungen zu Nachbarnetzen und den als Fahrplan deklarierten Austauschleistungen. Beschaffung und Kosten Die Beschaffung von Regelleistung erfolgt durch die Betreiber von Übertragungsnetzen. Dabei ist ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, welches diskriminierungsfrei und transparent ist (§ 22 Abs. 2 EnWG). Seit dem 1. Dezember 2006 erfolgt die tägliche Ausschreibung der Minutenreserve auf einer gemeinsamen Internetplattform und seit dem 1. Dezember 2007 die gemeinsame monatliche Ausschreibung der Primär- sowie Sekundärregelung. Die Kosten für die Bereitstellung der Regelleistung betragen bereits etwa 40 Prozent des gesamten Übertragungsnetzentgeldes. Je mehr die Produktions- und Verbrauchsstandorte auseinandergerissen werden (z. B. Windpark in der Nordsee, aber Verbrauchsschwerpunkt in München), bzw. je mehr für den Regelzonenbetreiber unbeeinflußbare Erzeuger (Windkraft, wärmegeführte BHKW etc.) geschaffen werden, desto höher steigen die Kosten. Die Kostenverlagerung von den Erzeugern ”regenerativer Energien“ auf die Allgemeinheit, ist ausdrücklich politisch gewollt. Die Anrechnung der resultierenden zusätzlichen Umweltbelastungen darf ebenfalls nicht erfolgen, damit die ”Schöne Neue Welt“ der ”Erneuerbaren“ nicht belastet wird: • Die zusätzlichen Übertragungsverluste durch das mehrfache Umspannen und den Transport über hunderte von Kilometern, wird nicht etwa bei dem Windpark in der Nordsee abgezogen, sondern den allgemeinen Netzverlusten zugeschlagen. Pikanterweise argumentieren die Betreiber von BHKW genau mit diesen Netzverlusten. • Die Umwandlungsverluste und der Landschaftsverbrauch des Pumpspeicherwerkes werden ebenfalls verallgemeinert, obwohl in Deutschland die

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7 Netze Zeit mit dem höchsten Stromverbrauch (Winternachmittag) auch mit dem Ausfall der Sonneneinstrahlung zusammenfällt.

• Besonders pikant ist es, wenn thermische Kraftwerke im Bereich schlechterer Wirkungsgrade oder gar angedrosselt gefahren werden müssen, damit die ”gewünschten“ Energieerzeuger möglichst viel einspeisen können. Ein Schelm, wer in diesem Zusammenhang an Profitgier denkt.

7.3 Ausgleichsenergie Unter Ausgleichsenergie versteht man die elektrische Energie, um die der tatsächliche Verbrauch eines Bilanzkreises vom prognostizierten Verbrauch abweicht. In einem Bilanzkreis werden beliebig viele Entnahme- (Verbraucher oder Stromkunden) und Einspeisestellen (Einspeiser oder Kraftwerke) zusammengefaßt. In der Regel bilden die Kunden eines Stromhändlers einen Bilanzkreis. Diese benennen im Voraus einen prognostizierten Verbrauch ihres Bilanzkreises für eine Zeiteinheit (meist 15 Minuten). Dabei muß der einem Bilanzkreis zugeordnete prognostizierte Verbrauch durch Einspeisungen (Produktion oder Einkauf von elektrischer Energie) genau gedeckt werden. Die während der Zeiteinheit auftretenden unvorhersehbaren Schwankungen im Verbrauch (oder auch in der Produktion) des Bilanzkreises werden dabei durch den Übertragungsnetzbetreiber durch Lieferung von positiver oder negativer Ausgleichsenergie ausgeglichen. Wichtig ist dabei die Unterscheidung, daß die Bilanzkreise und die Regelzone meist nicht identisch sind. Für die Regelleistung ist die Summe der Abweichungen in den zugehörigen Bilanzkreisen ausschlaggebend. Abhängig von den tatsächlichen Vorzeichen, kann die resultierende Regelenergie kleiner oder größer als die entsprechenden Ausgleichsenergien sein. Auf diesen Gedanken beruht die Idee der ”virtuellen Kraftwerke“. Es werden beliebige und örtlich getrennte Kraftwerke zu einem Bilanzkreis zusammengelegt. Neuerdings auch noch (Anteile) von Pumpspeicherkraftwerken für nicht beeinflußbare Wind- und Sonnenkraftwerke. Es wird nun versucht, die Kraftwerke des eigenen Bilanzkreises über das Internet so zu steuern, daß sie möglichst genau den Verbrauch des eigenen Bilanzkreises abdecken. Mit dieser Argumentation will man sich dann nicht in entsprechendem Maße an den Kosten für Regelleistung und Verteilkosten beteiligen.

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7.4 Schattenkraftwerke

7.4 Schattenkraftwerke ”Regenerative Energien“, wie Sonne, Wind und Wasserkraft sind von der Natur gesteuert und nicht vom Menschen beeinflußbar. Es gibt Situationen, wo der Wind nicht oder orkanartig weht. Die Sonne des nachts nicht scheint. Flüsse Niedrigwasser führen. Will man in diesen Situationen nicht auf eine Stromproduktion verzichten – also nicht zu einer mittelalterlichen Gesellschaft zurückkehren – muß man anderweitig Strom bereitstellen. Da sich elektrische Energie großtechnisch nicht speichern läßt, muß man sie entweder zur Speicherung umformen oder anderweitig bereitstellen. Eine Umformung ist nur selten möglich, da solche Anlagen sehr kapitalintensiv und mit großen Verlusten behaftet sind. Die Wirkungsgrade der Verwandlung und Rückwandlung müssen miteinander zum Gesamtwirkungsgrad der Umwandlung multipliziert werden. Wenn bei der Umwandlung und Rückwandlung der Wirkungsgrad jeweils 80 % (ein sehr guter Wert!) beträgt, beträgt der Gesamtwirkungsgrad trotzdem nur 64 %. Es wird deutlich, daß damit sehr große Anlagen erforderlich sind und der ”gespeicherte Strom“ sehr teuer wird. In Deutschland fällt regelmäßig im Winter für mehrere Tage die komplette Windenergie aus. Wegen der Wirkungsgrade der Speicherung müßte also eine Vollversorgung mit Windkraft um ein vielfaches größer sein. Auch jahrelange Propaganda der ”Windenergielobby“ hat daran nichts geändert. Die Argumentation, daß der Wind immer irgendwo in Deutschland wehen würde, hat sich experimentell längst widerlegt. Ähnliches gilt auch für die alle paar Jahre wieder auftauchende Legende vom Strom aus der Sahara. Bemüht man mal einen Globus, so erkennt man, daß die Zeitzonen von Nordafrika und Europa nahezu synchron sind. Wenn es in der Sahara dunkel ist, gibt es von dort auch keinen Strom! Photovoltaik scheidet deshalb völlig aus. Thermische Kraftwerke (Solarrinnen) müßten mehr als ihre halbe Wärmeproduktion speichern, um bedarfsgerecht Strom zu produzieren. Oder man muß bei zu geringer Sonneneinstrahlung die Wärme ersatzweise mit fossiler Energie erzeugen. Auch dies wäre – in des Wortes Bedeutung – ein Schattenkraftwerk. Wichtig ist, daß die kompletten Investitionskosten für Schattenkraftwerke der regenerativen Energie hinzugerechnet werden müssen. Sie kompensieren lediglich die (sehr hohen) Zusatzkosten, die diese Energieträger für eine zusätzliche Speicherung aufbringen müßten. Die Bereitstellung konventioneller Kraftwerke als Schattenkraftwerke, ist eine weitere (versteckte) Subvention der Alternativenergien“.

143

8 Anhang 8.1 Vollaststunden oder Auslastung Mit Volllaststunden wird der Quotient aus der Jahresenergieproduktion (in kWh) eines Kraftwerks und dessen Nennleistung (in kW) bezeichnet. Das Ergebnis ist ein rechnerischer Wert und gibt an, wie hoch die Ausnutzung der Anlage ist: Er gibt an, wie viele Stunden die Anlage mit Nennleistung hätte laufen müssen, um die gleiche Energiemenge zu erzeugen. V ollaststunden [h] =

Jahresarbeit [kW h] N ennleistung [kW ]

(8.1.1)

Der Wert ist nicht mit den tatsächlichen Betriebsstunden zu verwechseln. Kraftwerke können auch im Teillastbereich betrieben werden, wenn es das Netz erfordert. Bei Wind- und Solaranlagen kommt es zwangsläufig zu einer verminderten Vollaststundenzahl bei höheren Betriebsstunden, da das Primärenergieangebot (Wind und Sonne) starken natürlichen Schwankungen unterliegt. Grundlastkraftwerke erreichen die höchsten Vollaststundenanzahl pro Jahr, jedoch müssen auch sie in regelmäßigen Abständen gewartet werden. Der prozentual auf die Gesamtstunden eines Jahres bezogene Wert heißt Auslastung. Für diesen Zweck wird von einem Jahr mit 365 Tagen zu 24 Stunden entsprechend 8760 Stunden ausgegangen.

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Abbildungsverzeichnis 1.3.1 Weltenergieverbrauch von 1971 - 2005 . . . . . . . . 1.3.2 Energieverbrauch über Pro-Kopf-Einkommen 1970 1.3.3 Pro-Kopf-Freisetzung von Kohlendioxid in Tonnen rung in Milliarden im Jahr 2035 . . . . . . . . . . .

. . . 2005 über . . .

. . . . . . 13 . . . . . . 15 Bevölke. . . . . . 16

3.2.1 Das europäische Erdgasnetz der Hochdruckleitungen . . . . . . . . . 39 3.3.1 Einteilung der Kohlesorten in Deutschland und international. . . . . 46 5.1.1 Weltweite jährliche Stromproduktion durch Kernenergie. . . . . . . 5.4.1 Möglicher Mix der Stromerzeugung in USA bei einer deutlichen Reduzierung der Kohlendioxid-Freisetzung (aus PRISM-Studie des EPRI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Geplante Stromerzeugung aus Kernenergie in den USA (aus PRISMStudie des EPRI). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.1 Verküpfung einzelner Kostenmodelle (Investitionskosten, Brennstoffkreislauf, Betrieb, Skalierung) zu einem kerntechnischen Gesamtmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.1 Geschätzte Entwicklung des abgebrannten Brennstoffs und des Uranverbrauches für unterschiedliche Reaktortypen und Wiederaufbereitungsstrategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.2 Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für einen Verbund aus thermischen und schnellen Reaktoren. . . . . . . 5.8.3 Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für eine Wiederaufbereitung mit wässrigem Verfahren. . . . . . . . . . . 5.8.4 Brennstoffkreislauf vom Uranbergwerk bis zum Atommüllager für eine Wiederaufbereitung mit Pyro–Prozeß. . . . . . . . . . . . . . .

70 73 75 105 115 116 121 123

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Tabellenverzeichnis 3.1

CO2 –Konzentration in der Luft und Auswirkungen auf den Menschen. 49

4.1

Unterschiedliche Globalstrahlung in W pro m2 für Deutschland. . . 54

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