Teoria De Las Relaciones En Suarez_completo

  • May 2020
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GRUDZÜGE DER DISPUTATIO ES METAPHYSICAE DES SUÁREZ, UTER BESODERER BERÜCKSICHTIGUG SEIER REZEPTIO DES ARISTOTELISCHE PROS TI (RELATIOES PRAEDICAMETALES ET TRASCEDETALES) UD DER KATEGORIE ACTIO UD PASSIO Salvador Castellote Cubells Professor emeritus Facultad de Teología „San Vicente Ferrer“ Valencia (Spanien)

Kapitel I Grundzüge der DM des Suárez I) Die pädagogische Funktion der DM (Prooemium) Im Anschluss an die Unterscheidung von J. L. Austin’1 zwischen „locutio“, „ilocutio“ und „perlocutio“, möchte ich die Disputationes Metaphysicae des Suárez, was ihre textliche Beschaffenheit betrifft, kurz mit einer Paraphrase analysieren. „Locutio“ bezeichnet den Akt des Sprechens, der seinerseits in drei Teile gegliedert werden kann: „phonetische“, „faktisch-grammatikalische“ und „intentional-rhetische“. Diese Ausdrücke dürfen auch Anwendung auf einen bestimmten Text haben: der „locutio“ entspricht der „Text“; der „ilocutio“, die „intentio“ und der „perlocutio“, der „Einfluss“. „Locutio“ bei Suárez bedeutet „Suárez in se ipso cernere“, d. h. eine genaue und begreifende Lektüre seines ganzen Werkes. „Ilocutio“ verstehe ich den Akt, wodurch der Verfasser eine bestimmte Intention hat, etwas mitzuteilen. „Perlocutio“ ist das Resultat dieser Lektüre oder Rede auf den Leser bzw. auf den Zuhörer. Suárez erläutert im Prooemium seiner Disputationes Metaphysicae, dass er keine eigentliche Metaphysik schreiben („locutio), sondern lediglich den Theologen eine pädagogische Hilfe an die Hand geben möchte (“ilocutio“). Er hat festgestellt, dass die Theologen eine philosophische Grundlage brauchen, wenn sie die Theologie auf eine würdige Weise betreiben wollen. Die übliche Methode, nach der die theologischen Probleme gemischt mit philosophischen behandelt worden sind, hält er für wenig nützlich (parum utile) ja unangenehm (ingratum). Sein Versuch, diese Folgen aus dem Weg zu räumen, indem er bei der Behandlung theologischer Fragen kurz (breviter)2 seine eigene dazugehörige philosophische Auffassung darlegt, von dem Leser selbst einen bloßen Glauben verlangend, hält er auch für beschwerlich (molestum) und die Leser selbst würden vielleicht diesen 1

Vgl. J. L. Austin, How to do Thinks with Words, Oxford 1962. Die Verwendung von dem Adverb „breviter“ kommt bei den scholastischen Philosophen oft vor, aber sie wirkt auf uns überraschend in Anbetracht der großen Ausführlichkeit der scholastischen Texten. 2

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Versuch auch als unpassend (inoportunum) ansehen können. Der bloße Glauben genügt nicht, denn es handelt sich um einen Glauben, der den Intellekt sucht: Fides quaerens intellectum (Anselm v. Canterbury)3. Aus diesen Argumenten, hält er es für angepasst, ein Buch, nicht mehrere (!), zu schreiben, das seine Dienste den Theologen, in Bezug auf ihr Verständnis der philosophischen Fragen, leisten könnte, sodass die Metaphysik als ancilla theologiae der geoffenbarten Weisheit (revelataeque sapientiae magis inserviat) besser dienen kann. Wie ist es so vorgekommen, dass Suárez ein so unerhört großes, prolixes, ausführliches und ziemlich für die moderne philosophische Beweisführung kompliziertes Werk zu schreiben, angenommen er möchte den Theologen eine pädagogische Hilfe anbieten? Wie könnten die Theologen bei der Behandlung der theologischen Fragen nach diesem Mittel greifen? (perlocutio) Inwieweit haben die Theologen dieses Werk benützt?4 Im Gegenteil, sind die DM während dem 17. und 18. Jahrhundert bei den deutschen, protestantischen Universitäten als philosophisches Schulbuch benutzt worden, wobei leider fast nur die rein ontologischen Fragen in den Vordergrund gerückt und andere Fragen außer Acht gelassen worden sind. Ich habe den Eindruck, dass ihm kein zusammenhängendes System gelungen ist. Ich weiß nicht, ob es möglich ist über die Theologie (Summenkommentare, De Deo uno et trino, etc.), die Moral (De triplici virtute theologica), die Metaphysik (Disputationes metaphysicae), die Rechtslehre (De legibus), die Psychologie (De anima), usw. zu schreiben, wenn Suárez sich auf einen jeweils verschiedenen philosophisch-theologisch-juristischen Rahmen und auf andere Gesichtspunkte gestellt hat, als in der Ontologie. Plato hatte in seiner Republik nicht so sehr auf seine Meinung über den Vorrang der Philosophen als Machträger bezogen, als vielmehr auf die menschlichen praktischen Situationen. Das Ergebnis dieses Vorhabens stimmt nicht ganz mit diesem überein. Und das aus verschiedenen Gründen: Die Zahl der Disputationen hat sich, statt auf einige kurze Disputationes (brevi disputatioum numero) auf 54 gestreckt. Statt einem Band sind zwei herausgekommen.5 Es wäre also irrig anzunehmen, dass Suárez sich, wenn man die Finalität seines Plans betrachtet, an seinem Plan gehalten hat. Die „Autonomie“ seiner DM bezieht sich mehr auf die Methodologie als auf die Finalität. II) Die methodologische Struktur der Disputationen 1. Das Ende der aristotelischen Kommentare: die Disputationes Metaphysicae des Suárez Das enzyklopädische Gedankengut der Scholastik bestand am meisten auf Aristoteles’ Kommentare (“Magister dixit”), die als pädagogisches Modell für die Behandlung einer Frage galt. Am Anfang des 14. Jahrhunderts aber wurde es durch kirchliche Instanzen auf bestimmte Fragen konzentriert, die den Lombardus’ Liber Sententiarum 3

Proslogion, Prooemium. Juan de Salas hat schon darauf hingewiesen, dass sich jeder theologische Scholastiker ein Kompendium aller jener philosophischen Fragen zur Hand zu haben wünscht, die bis jetzt noch nicht diskutiert worden sind (Quaestiones in Metaphysicam Aristoteles (1581), Proem. Salamanca, Universitätsbibliothek, Ms. 1413, 373r. Zitat von J. Schmutz, o.c., S. 351, Fussnote 11. 5 Vgl. Backer-Sommervogel, Bibliothèque de la Compagnie de Jésus, VII, Brüssel 1896, 16621687. Die am meisten benütze Ausgabe der Disputationes Metaphysicae ist F. S., Opera omnia, t. XXVXXVI, Parisiis, apud L. Vivès 1866. 2 Quartalbände. Vgl. die Ausgabe von Sergio Rábade/Salvador Caballero Sánchez/Antonio Puigcerver Zanón, Disputaciones Metafísicas (latin und spanisch), Biblioteca Hispánica de Filosofía, 6 Bd., Madrid 1960. 4

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als Basis hatten. Ein strenger Anschluss an Aristoteles war nicht immer der Fall (“Auctoritas cereum habet nasum, id est in diversum potest flecti sensum”6): Aristoteles hat philosophische Irrtümer und Grenzen in Bezug auf die Theologie und auch auf die Philosophie. Suárez hat sich entschlossen, obwohl er nicht davon spricht, die philosophischmetaphysischen Fragen nach eigenem System zu behandeln. Daraus hat sich aber ergeben, dass die Reihenfolge der aristotelischen Metaphysik zum ersten Mal gebrochen wurde. Die Kommentare über den Text des Aristoteles gingen zu Ende. Der Grund für diesen Bruch besteht nicht nur auf die pädagogische Intention des Suárez, sondern auch auf die ziemlich systemlose literarische Struktur der aristotelischen Metaphysik.7 Das ist bei der Auslegung des suarezischen Systems ein Topicum geworden, obwohl das in Wirklichkeit nicht ganz stimmt.8 Bei der Scholastik und auch bei Suárez werden die Namen „quaestio“ und „disputatio“ verschieden gebraucht. „Quaestio“ bedeutet eine „narrative“ Referenz, nach dem Satz: „relata refero“. Die „Disputatio“ (Streitfrage, usw.) hingegen schließt eine Argumentation mit ein, der normalerweise und in Bezug auf die Gegenargumente eine Entscheidung folgt. Diese kann aber als vorübergehend und mit Vorbehaltungen oder als definitiv gelten. Suárez hat bei der Revision seines Traktats De anima den Namen „quaestio“, der in seiner jungen Verfassung dieses Traktats vorkommt, mit dem „disputatio“ ausgewechselt.9 2) Seinsmetaphysik vs. Prädikatenlogik Nach Siewerth ist bei Suárez die Seinsmetaphysik in eine Prädikatenlogik umgewandelt. So sagt er ausdrücklich: „Mit ihm wird die Seinmetaphysik in eine Prädikatenlogik verwandelt“. Er hat die moderne Philosophie eingeleitet. In Wahrheit ist nicht eine einzige Position der modernen Philosophie von Descartes bis Hegel ohne das Werk des Suárez („perlocutio“) verständlich. Für manche modernen Philosophen ist auch die suarezische Metaphysik eine Ontologie, d. h. eine Philosophie des Seienden. Heidegger selbst erkennt an, dass der suarezischer Einfluss in die moderne Philosophie, an der Wiederaufbau einer Philosophie des Seins, im Sinne eine Ontologie, in der sich esse und ens unterscheiden, groß war. Es handelt sich bei Heidegger um eine „Seinsvergessenheit“. Es ist nicht leicht, diese essentialistische und logistische Strömung, die Suárez angeblich ausgelöst hat, richtig zu verstehen, ohne sein ganzes Werk in Betracht zu ziehen. Suárez hat ein analytisches und enzyklopädisches Talent, das ihn bewogen hat, eine Frage bis zu ihren möglichen, historischen und kleinsten Argumenten und Gegenargumenten auszuarbeiten. Er konnte auch nicht umhin, als Philosophiehistoriker zu fun6

Vgl. Alanus ab Insulis (de Lille), De fide catholica, I, 30. Nicht alles, was Aristoteles und Thomas gesagt haben, ist wahr, denn sie konnten auch nicht alles erforschen: Suárez, De anima (editio critica: Castellote), 3,21,3; 3,4,5. 8 Vgl. J. Schmutz, Science divine et métaphysique chez Francisco Suárez, in: Francisco Suárez, Der ist der Mann. Homenaje al Prof. S. Castellote, Valencia, 2004, S. 347, Fußnote 1. Schmutz zitiert als die erste von Aristoteles unabhängige Metaphysik, die die im Jahre 1587 von Diego Mas veröffentlichte, OP, die aber keinen solchen Einfluss wie die des Suárez erfahren hat. 9 Vgl. meine kritische Edition des suarezischen Traktats De anima, in der ich zu erklären versuche, wie es dazu gekommen ist, dass der Editor dieses Traktats (Baltasar Alvares) die von den jungen Suárez verfassten zwölf ersten „quaestiones“ des ersten Buches durch die von den alten Suárez überprüften ersetzt hat, sodass jene unveröffentlicht geblieben sind. In meiner Edition habe ich die ganze erste Verfassung zusammengehalten und die überprüften zwölf „quaestiones“ als Anhang veröffentlicht. 7

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gieren, um den großen herkömmlichen philosophisch-theologischen Ballast nicht über Bord zu werfen. 3) Das Schicksal der Metaphysik Das Schicksal der Metaphysik besteht laut Siewerth darin, dass bei Suárez eine Wende zur Rationalität, eine Wandlung ins Begriffliche begonnen hat. Doch dies ist mutatis mutandis bereits bei Thomas von Aquin zu finden, insofern er zwischen „ratio“ und „revelatio“ zu unterscheiden weiß. Das Schicksal beginnt erst dann, wenn man auf die „revelatio“ verzichtet und nur die „ratio“, in den Vordergrund rückt, nach der alles in der Evidenz der gegenständlichen Verfasstheit lichtet.10 Thomas11 und viele Philosophen12 vor Suárez haben ganz genau verstanden, dass sie sich unter der Obhut des „schöpferischen Sehens“ (visio creatrix des Augustinus13) 10

Im Gegensatz zu dieser Auffassung, vgl. folgenden Satz des Suárez, der sich im von mir herausgegebenen Traktat de generatione et corruptione befindet: „Ubi sensus aliquid proponit evidenter, non est denegandum, nisi certa fide aut evidenti ratione teneatur oppositum“ (d. 1, q. 4, Castellote: S. 493). Damit wird soviel gesagt: Ein Urteil spricht sich immer in einem Satz aus. Ich kann etwa den einfachen Satz formulieren: „Heute ist der Himmel wolkenlos blau.” Dieser Satz wird in dem Partner meines Gespräches eine bestimmte Vorstellung, ein bestimmtes Bild des „blauen Himmels” erwecken; und er kann mit einem Blick durch das Fenster hinaus in die wahrgenommene Wirklichkeit das Vorstellungsbild verifizieren; das heißt, in den Raum der Wahrheit erheben mit der Feststellung, daß tatsächlich alle Wolkenbildungen sich aufgelöst haben und daß die Augen den Himmel ganz blau sehen. Diesen Akt der Verifizierung des Sinnes eines Urteils in der Vergleichung des Vorstellungsbildes, das der sprachliche Ausdruck in der Phantasie erzeugt, mit dem Wahrnehmungsbild können wir die Aktualisierung der gnoseologischen Wahrheit nennen: gnoseologisch deshalb, weil alles im Rahmen menschlicher BewußtseinsInhalte bleibt und nichts in deren Begründung vorstößt. Insofern liegt hier kein eigentlich philosophisches Problem vor, sondern nur ein linguistisches und sprachpsychologisches: nämlich ob der sprachliche Ausdruck dem Gemeinten, dem intendierten Urteilssinn angemessen war oder nicht, gut oder schlecht formuliert war. Die philosophische Begründungsfrage hingegen ist auf die ontologische Wahrheit gerichtet: ob der Himmel, den ich blau wahrnehme, wirklich und wahrhaftig, in Wahrheit blau ist. Niemals kann ich ja wissen, ob mein Gesprächspartner bei der Nennung des Wortes „blau” genau die gleiche Qualitätsempfindung hat wie ich. Er könnte ja sogar farbenblind sein. Die Weltraumfahrt eröffnet hier dem philosophischen Gedanken-Experiment ungeahnte Möglichkeiten: Es könnte sein, daß auf einem anderen, unserer Erde ähnlichen Planeten die Moleküle der Atmosphäre nicht die kurzen, sondern die mittleren Wellenlängen des sichtbaren Spektrums der elektromagnetischen Strahlung reflektieren würden. Dann wäre der Himmel nicht blau, sondern grün; und dafür vielleicht das Gras und die Bäume blau. Oder ein intelligentes Wesen, das von einem anderen Stern auf unsere Erde käme, könnte eine von der meinige – ich wage schon nicht mehr zu sagen: von der unsrigen – verschiedene Konstitution und Strukturierung der Zäpfchen auf der Netz-haut seiner Augen haben, oder eine andere Anordnung der vielen Billionen von Synapsen der Neuronen und Ganglien seines Zentralnervensystems. Und diese fremde Intelligenz würde unseren – genauer gesagt: meinen – blauen Himmel rot oder grün oder einfach grau sehen, oder vielleicht gar nicht sehen, weil sein System nur auf den Empfang von Radarwellen – wie das der Fledermäuse – eingestellt sein könnte. 11 Sancti Thomae, Quaestiones disputatae, volumen I: De Veritate. (Cura et studio P. Fr. Raymundi Spiazzi, O. P.) Editio Marietti, Turin-Rom 1964, S. 5, col. 1, unten: „Ex quo patet quod res naturales, ex quibus intellectus noster scientiam accipit, mensurant intellectum nostrum, ut dicitur X Metaph. (com. 9); sed sunt mensuratae ab intellectu divino, in quo sunt omnia creata, sicut omnia artificiata in intellectu artificis.” Ibidem, S. 5, col. 2, lin. 4: „Res ergo naturalis inter duos intellectus constituta, secundum adaequationem ad utrumque vera dicitur; secundum enim adaequationem ad intellectum divinum dicitur vera, in quantum implet hoc ad quod est ordinata per intellectum divinum.” Ibidem, S.. 8, col. 1, lin. 40: „Veritas autem quae dicitur de rebus in comparatione ad intellectum humanum, est rebus quodammodo accidentalis, quia posito quod intellectus humanus non esset nec esse posset, adhuc res in sua essentia permanerent. Sed veritas quae dicitur de eis in comparatione ad intellectum divinum eis inseparabiliter communicatur; non enim subsistere possunt nisi per intellectum divinum eas in esse producentem.” 12 In unserem Zusammenhang der Frage nach einer Erstbegründung des Wahr-Seins ist es besonders bedeutungsvoll, dass und wie Meister Eckhart die augustinisch-thomasische Erkenntnis der

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befinden und so fingen sie an, eine methodologisch-rationale Metaphysik einzuführen, die sich auf der „menschlichen Vernunft“ gründet. Dieses Schicksal der Metaphysik beginnt erst in der modernen Naturphilosophie. Sogar Newton, der die Natur noch als Schöpfung Gottes bewundert,14 beginnt schon an die Möglichkeit zu denken, das Universum methodologisch ohne seine Beziehung zu Gott, als eine deterministische Bewegung sämtlicher Teilchen im Universum mathematisch präzise zu verstehen, die vorausbestimmt werden kann. Heisenberg zitiert den berühmten Satz von Kamlah,15 für den es einen „christlichen Atheismus“ gibt. Die im ganzen Universum geltenden Naturgesetzte können ohne weiteres mittels der neu erfundenen Techniken untersucht werden, ohne dass man dabei Gott in Betracht zieht. Diese Naturgesetze können auf die Finalursächlichkeit und auf die Hierarchie des Seienden verzichten (Descartes und Spinoza). Sie beruhen auf mathematische Formeln, die so universell und exakt sind, dass man sogar die Eigenschaften der Mathematik mit de-

schöpferischen Schau Gottes alles Seienden auf das göttliche Innenleben selbst zurückbringt: „Nicht weil Er ist, erkennt Er, sondern weil Er erkennt, so ist Er.” („non . . . ut quia sit, ideo intelligat, sed quia intelligit, ideo est.”). Auch Nikolaus von Kues sagt: „Zwischen dem göttlichen Geist und dem unsrigen besteht derselbe Unterschied wie zwischen dem Wirken und dem Sehen. Der göttliche Geist schafft im Erkennen. Der göttliche Geist ist eine seinsbildende Kraft, unser Geist ist eine nachbildende Kraft. „Inter enim divinam mentem et nostram id interest, quod inter facere et videre. Divina mens concipiendo creat, nostra concipiendo assimilat notiones seu intellectuales faciendo visiones; divina mens est vis entificativa, nostra mens est vis assimilativa.” (De mente, cap. 7). Der Weg um zur Gewissheit der schöpferischen Schau Gottes zu gelangen, geht von unserer „wissenden Unwissenheit” (docta ignorantia) aus: „Es kann also der endliche Geist durch Ähnlichkeit die Wahrheit der Dinge nicht genau erreichen. Die Wahrheit der Dinge also, die Wahrheit der Seienden, ist in ihrer Reinheit unerreichbar und wurde zwar von allen Philosophen gesucht, aber von niemandem so, wie sie ist [Suárez spricht oft von „prout in se se sunt. Vgl hier bes. S. 184; 23, 104, 201] gefunden; und je tiefer wir in dieser Unwissenheit wissend geworden sind, desto mehr werden wir uns der Wahrheit selbst nähern”. „Non potest igitur finitus intellectus rerum veritatem per similitudinem praecise intelligere… Quidditas ergo rerum, quae est entium veritas, in sua puritate inattingibilis est et per omnes philosophos investigata, sed per neminem, uti est, reperta; et quanto in hac ignorantia profundius docti fuerimus, tanto magis ad ipsam accedemus veritatem.” (De docta ignorantia, 1, 3). Wir Menschen können immer nur „in Mutmaßungen” (in coniecturis), ja sogar nur „in Gegensätzen” (in oppositis) denken, weshalb wir die Wahrheit selbst nie erreichen. Die Existenz der einen, ganzen, unendlichen und vollkommenen Wahrheit (veritas infinita, praecisissima) ist aber absolut notwendig. Das Wahr-Sein kann also nur von einem unendlichen, vollkommenen, absoluten Geist begründet werden, der über allen Gegensätzen lebt (coincidentia oppositorum). In seiner für mich schönsten und kostbarsten Schrift „Vom Sehen Gottes” hat der Cusaner die Einheit von Sehen und Sein in Gott in menschenmöglicher Vollendung dargestellt: „O vis infinita! Concipere tuum est loqui. Concipis caelum et est uti concipis. Concipis terram et est ut concipis. Dum concipis, vides et loqueris et operaris. Sic video, Domine, post tuum conceptum nihil esse, sed sunt omnia, quia concipis. Concipis autem in aeternitate. Successio autem in aeternitate est sine successione ipsa aeternitas, ipsum verbum tuum, Domine Deus.“ (De visione Die, 10). 13

Augustinus, Confessiones, l. 13, c. 38: „Nos itaque ista quae fecisti videmus, quia sunt. Tu autem quia vides ea, sunt.” De Trinitate, l. 15, c. 13, n. 22: „Universas autem creaturas suas, et spirituales et corporales, non quia sunt ideo novit, sed ideo sunt quia novit…. Quia ergo scivit, creavit; non quia creavit, scivit… Longe est ergo huic scientiae scientia nostra dissimilis. Quae autem scientia Dei est, ipsa et sapientia; et quae sapientia, ipsa essentia sive substantia. Quia in illius naturae simplicitate mirabili, non est aliud sapere, aliud esse; sed quod est sapere, hoc est et esse.” De Civitate Dei, l. 11, c. 10, n. 3: „Ex quo occurrit animo quiddam mirum, se tamen verum: quod iste mundus nobis notus esse non posset, nisi esset; Deo autem nisi notus esset, esse non posset.” 14 Newton sah das Universum als eine gewaltige kosmische Uhr, die von Gott zu Beginn der Zeit aufgezogen wurde und seitdem ununterbrochen nach den von ihm formulierten Bewegungsgesetzen tickt. Vgl. Mikio Kaku-Jennifer Trainer, Jenseits von Einstein (aus dem Amerikanischen von Ilse Davis Schauer), Insel Verlag, Frankfurt a. Main-Leipzig 1993, S. 64 15 Vgl. Kamlah, Wilhelm, Von der Sprache zur Vernunft: Philosophie und Wissenschaft in der neuzeitlichen Profanität, (Bibliographisches Institut), Mannheim-Wien-Zürich 1975.

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nen Gottes zu vergleichen versucht.16 Sind also die Naturgesetze so autonom, dass sie auf die theologische Garantie verzichten können, die bei Kepler, Newton und Leibniz noch vorhanden war? Diese absolute Abwendung von der klassischen Naturbegriffen ist auch daraus zu erklären, dass die neue Auffassung der Naturgesetze, statt sich auf die progressive und sich an der neuen Entdeckungen anpassenden Evolution der scholastischen Natur-Begriffe, den antiken Atomismus und den stoischen Natur-Begriff bevorzugt hat.17 Bei uns in Spanien hat Gustavo Bueno sich als einen „katholischen Atheist“ dargestellt, weil für ihn nur das im Rahmen der katholischen Scholastik sich entfaltetem Gedankengut als ein rationales gilt, auch wenn man bei ihm auf die Theologie verzichtet. Dass diese Metaphysik bei der Scholastik nicht ganz von der theologischen Auffassung absehen konnte, ist daraus ersichtlich, dass schon Thomas von Aquin die von Averroes vertretene Theorie der „zwei Wahrheiten“ (theologische und rationale) abspricht, indem beide von Gott herstammen, der sich nicht widersprechen kann.18 Auch Suárez will seine Werke vom Standpunkt eines Philosophen (philosophum ago) schreiben, der aber sich von seiner theologischen Systems nicht loslösen will. Bei seiner „Defensio fidei“ stellt sich Suárez unter dem Gesichtspunkt der Verteidigung des katholischen Glaubens gegen den absoluten König Jakob den II. von England. Seine Absicht, eine Verteidigung des katholischen Glaubens vorzunehmen, ist klar, aber sind dadurch die Begriffe und Argumente, die er dabei verwendet so mit seiner Intention verwickelt, dass sie überhaupt keinen philosophischen „selbstständigen“ Wert erlangen? Jedes wissenschaftliches Werk steht immer in Relation zu der Geschichte, denn es wird immer in einem raumzeitlichen Rahmen geschrieben. Bei dieser Relation ist das Werk das Fundament; der historische Sinn des Werkes, der Terminus dieser Relation. Eine Relation kommt nur vor, wenn beide Elemente anwesend sind. Nach Suárez würde diese Relation „transzendental“ genannt, weil diese Relation eine wichtige kulturelle Funktion (munus19) zu erfüllen hat, nämlich, die Information. Die Beziehungen zwischen beiden Elementen (Fundament und Terminus) kann man entweder als konjunktiv oder als inklusiv erfassen. Konjunktive Beziehung bedeutet: Werk und Geschichte. Diese Auffassung der Relation kann zu keinem guten Erfolg führen, denn hier muss der

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Vgl. Borrow, Warum die Welt mathematisch ist? Vgl. M. Hampe, o.c., S. 236 f. 18 Vgl. A. Cayuela, ¿Providencia o destino? Ética y razón universal en Tomás de Aquino, Erasmus Ediciones, Barcelona 2008. 19 Der Terminus “munus”, der wahrscheinlich nach Karl Vossler aus dem Hebräisch herstammt – nämlich aus der Wurzel ‫[ מ נ ה‬mnh] (Substantiv ‫[ מָ נָ ה‬mãnãh = Teil, Portion] herkommt), der auch im Assyrischen (manû), in Aramäisch ‫[ אנמ‬menã], im Arabisch (mny) und im Syrischen (mnã) dokumentiert ist –, hat im Lateinischen verschiedene Bedeutungen: Nach Cicero: Geschenk, Gift, Aufgabe, Beruf, Arbeit, Pflicht, Werk eines Schriftstellers. Im Englischen: service (wether of free will or of external or moral necessity), office, employment, duty, function, favor, public show [Gladiatoris munus et officium]. Im Spanischen: función, obligación, regalo, don, oficio. Nach Ovid: Gabe der Natur (munus naturale). Nach Horaz: die Früchte der Natur (munus terrae). Bei Suárez hat das Wort „munus“ m. E. den Sinn einer natürliche, notwendige Funktion, die die transzendentalen Relationen von der Natur aneigen, etwas zu erfüllen, im Unterschied von der Funktion, die ein freies, moralisches Tun bedeutet. Die prädikamentalen hätten keine solche Funktion; höchstens die des „comitari“. Das munus steht in Relation mit einem anderen in der Scholastik öfters auftretenden Begriff, nämlich die intentio, ordo oder dispositio naturae¸ die alles ordentlich (ordinate) gestiftet hat. Das Wort „munus“ befindet sich auch im suarezischen Traktat De generatione et corruptione: „Munus autem formae informantis materiam non est extendere illam; hoc enim est munus quantitatis“ (d. 1, q. 2. Castellote 469). Ich werde mich später (Vgl. hier, S. 40, 107) mit diesem von mir als „Funktion“ übersetzten Wort auseinandersetzen. 17

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Wert des Werkes durch einen bestimmten und vorangenommenen Begriff des historischen Sinnes bestimmt und expliziert werden. Die zweite Auffassung, die inklusive, anzunehmen bedeutet, dass das Werk seinen letzen Sinn und Kriterium durch einen permanenten Sinn der Geschichte erhält, sodass es zur Vollziehung des historischen Sinnes wird. Das kann auch zu keinem guten Erfolg führen, denn, einerseits, ein publiziertes Werk hat die unbedingte kulturelle und wissenschaftliche Erfordernis – wenn es sich durch seinen internen wissenschaftlichen Wert aufzeigt – in die wissenschaftliche Gemeinschaft aufgenommen zu werden, und, andererseits, muss man einsehen, dass es in einer bestimmten Zeit geschrieben worden ist. Wer kann uns denn gewährleisten, dass dieses Erfordernis in seinem kompletten und ganzen Sinn in der Geschichte absolviert werden kann? Eine Geschichtsphilosophie, die glaubte, einen objektiven Sinn der Geschichte zu haben, müsste entweder in einer ahistorischen Beziehung zu ihr stehen – was ihr den historischen Charakter abnimmt – oder die ganze Geschichte aus einem privilegierten Standpunkt betrachten. Die kommunistische Weltanschauung hat versucht, sogar die aristotelische Metaphysik dadurch zu entwerten, dass Aristoteles vom Standpunkt des „kapitalistischen Bürgertums“ schreibt. Sind das hegelianische oder das nietzscheanische System „neutral“? Haben sie nicht einen bestimmten Ausgangspunkt privilegiert auf dem ihr System basiert? Die französische Revolution ist bei Hegel der privilegierte Ausgangspunkt seiner Philosophie. Mit ihr, sagt man, beginnt die Freiheit real zu sein. Und der Kommunismus fußt gründlich auf den Materialismus und auf den Klassenstreit. Die totale Liberation der Menschen beginnt erst, wenn die klassenlose Gesellschaft auftritt. Sartre hätte einmal gesagt, dass keine Philosophie, die sich nicht auf die kommunistische Weltauffassung gründet, möglich ist. Die „locutio“, die „ilocutio“ und die „perlocutio“ stehen im dialektischen Verhältnis zueinander, und so müssen wir bei unseren Interpretationen dieser Philosophen vorsichtig sein. Ausgerechnet in der Separation von Glauben und Vernunft wird aber die vermeintliche „Modernität“ des Thomas und des Suárez gesehen. Natürlich sind beide Wege verschieden. Für Thomas ist der „actus essendi“ am wichtigsten, ohne den die Metaphysik nicht vom Seinsgrund her kommen kann. Suárez aber, für den auch diese „visio creatrix“ der Grund jeder Metaphysik ist, beginnt, unter dem Einfluss der jüngsten Entwicklung der Philosophie mit den reinen Begriffen zu „spielen“20 und rückt diese in den Vordergrund seiner Metaphysik, die auch Gott als „adaequatum obiectum“ mit einschließt: „ens in quantum ens reale [est] obiectum adaequatum huius scientiae“ (DM 1,1,26).21 „Dico ergo primo conceptui formali entis respondere unum conceptum adaequatum et immediatum, qui expresse non dicit substantiam, neque accidens, neque Deum, nec reaturam, sed haec omnia per modum unius, scilicet quatenus sunt inter se aliquo modo similia et conveniunt in essendo“ (DM 2,2,8).

Diese schicksalstragende Unterscheidung zwischen Glaube (Theologie) und Vernunft (Philosophie) muss immer mit Vorsicht verstanden werden, denn es handelt sich dabei viel eher um eine „methodologische Auffassung“ als um ein weltanschaulich 20

“Spielen” bedeutet jedoch nicht, dass Suárez die Dialektik als eine Art von “ludus verborum” ansieht. Er setzt sich gerade gegen diese Art die Dialektik zu verstehen. Vgl. hier, S. 79. Es bedeutet auch nicht, dass „alles in der Evidenz der gegenständlichen Verfasstheit lichtet“, wie Siewerth sagt, denn Suárez trachtet immer danach, die Sachen „prout in se sunt“ zu begreifen. Vgl. hier S. 177, Fußnote. 21 Vgl. J. Schmutz, o.c., S. 350, Fußnote 9.

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neutrales System. Aber was heißt „neutrales System“? Gibt es überhaupt eine „Neutralität“ in der Philosophie? Dürfen nur diejenigen, die von dem Glauben absehen, ein „neutrales System“ schreiben? Bei der Beziehung zwischen ratio-Philosophie und fides-Theologie kann man „institutionelle Trennungen der Kompetenzen“ (Thomas von Aquin, Buridan22) aber auch „Konvergenzen“ finden. In der Scholastik sind beide Aspekte miteinander systematisch in Beziehung gebracht. Die Philosophie muss irgendwie für diese Trennung ein klares Kriterium finden. Genügt es, dass die Philosophie von der Theologie „absieht“? Oder die Theologie von der Philosophie? Kommt es zu einen „Fideismus“ oder „Theologismus“, wenn die Theologie von der Philosophie „absieht“? Oder zu einem „Geltungspositivismus“ wenn die Philosophie von der Theologie „absieht“? Wird die „Autarkie“ der Philosophie durch die Theologie beschränkt? Oder ist der Inhalt des Glaubens ohne Einschränkung immer gültig? (Fideismus?) Wer kann die Grenzen solcher Einschränkung bestimmen? Das sind Fragen, die, obwohl allgemein behandelt worden sind, man trotzdem bei den entsprechenden Autoren genau analysieren muss. Geschichtlich gesehen, kann man ohne weiteres behaupten, dass die frühe Neuzeit (Descartes, Kepler, Newton, Leibniz) doch eine neue natürliche Theologie angesetzt hat, in der Gott die Naturgesetze der Welt in Form einer bestimmten mathematischen Struktur auferlegt hat.23 Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass Gott einfach dabei keine Rolle mehr spielt. Wie M. Hamp mit Recht sagt: „diese neue Denkungsart [ist] doch nicht als eine Revolution interpretierbar, in der sich ein emanzipiertes, rationalistisches Denken gegen theologische Vorstellungen wendet“. Der Grund dieser Umdeutung liegt vielmehr auf drei Umstände: 1. Die Mathematisierung und Axiomatisierung der Naturwissenschaft. 2. Die Abwendung vom Aristotelismus der substantiellen Formen. 3. Die Einführung von Ordnungsprinzipien in einer korpuskularen Welt, die die Grenzen zwischen Natur und göttlicher Ordnung nicht mehr kennt. Das alles könnte möglich gewesen sein durch eine Umdeutung des Ordo-Begriffs, mit dem wir uns später beschäftigen wollen.24 Ich glaube, Suárez hat sein pädagogisches Vorhaben (ilocutio) ziemlich außer Acht gelassen zugunsten seines systematischen Werkes (locutio), das die Themen des traditionellen dreijährigen philosophischen Kursus wiederspiegelt, wie Jakob Schmutz festgestellt hat: Das esse und seine Attribute, die Ursachen, die Kategorien und das ens rationis. Die „ilocutio“, d. h. das wissenschaftliche Resultat seines Werkes 4) Sind die Disputationes Metaphysicae eine selbständige Metaphysik? Noch wichtiger ist zu fragen, ob Suárez seinem Vorhaben in Bezug auf die methodologische Form seiner Disputationes Metaphysicae treu gewesen ist. Sind sie wirklich eine im heutigen verstandenen Sinn selbständige Metaphysik? Jacob Schmutz hat darauf hingewiesen, dass nach diesem Prooemium zwischen der Metaphysik und der 22

Vgl. beim Durand, Rolf Schönberger, Relation als Vergleich, Leiden-New York-Köln, Brill, 1994, S. 304 ff. 23 Vgl. Newton, Prinzipien der Haturphilosophie, o.c. Scholium. (Zitat von M. Hampe, o.c., S. 236). 24 R. Schönberger hat diesem Problem ein ganzes Kapitel seines Werkes (Die Relationstheorie des Johannes Buridan, oc.) gewidmet. S. 296-338. Am Anfang seiner Ausführungen über die Relation Philosophie-Theologie sagt er, dass das Verhältnis der mittelalterlichen Philosophie zur Theologie im Rahmen einer Beziehung steht, die der Relation zwischen der neuzeitlichne Philosophie und ihrem Wissenschaftverständnis nahe steht. Diese Beziehung kann man jedoch nicht als analog bezeichnen, denn sie verhält sich anders in beiden Systemen. Während bei der neuzeitlichen Philosophie ihre Beziehnung zum Corpus der Wissenschaften noch offen steht, erlaubt sie bei der scholastischen Philosophie keine Kompetenzbeschränkung.

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göttlichen Wissenschaft (scientia divina) eine enge Korrelation besteht, insofern als Suárez nicht so sehr eine autonome Metaphysik schreiben wollte, die später als ontotheologie25 betrachtet wurde, sondern vielmehr eine Metaphysik, die als Zwischenglied zwischen Philosophie und Theologie fungiert. Schon Scotus war dieser Meinung.26 Man spricht von einer „unreinen (impura) Metaphysik“ des Suárez27 in dem Sinne, dass seine Metaphysik vor allem das göttliche Sein behandelt. Man spricht auch von „Ontotheologie“, ein Begriff der geschichtlich als eine Metaphysik verstanden wird, die das Verhältnis zwischen Gott und das geschöpfte Sein bestimmt. Wie es immer sein mag, hat Suárez sich ganz klar ausgedrückt: ... cum res creatae perfecte cognitae ducant in cognitionem Dei, cuius sunt vestigia, non potest esse scientia perfecta de creaturis quin aliquo modo sub obiecto suo Deum comprehendat (De opere sex dierum 3,9,6). …initio sumpto ab illa entis divisione in creatum et increatum (DM, Ratio et discursus totius operis)

5) Die Konsistenz und die Genesis des ganzen Werkes des Suárez Es muss auch nachgeprüft werden (man muss das komplexe, suarezische System kritisch analysieren), ob Suárez die Begriffe, die er bei so vielen und differenzierten Sachbereichen benutzt hat über seine verschiedene Werke hinweg klar, kohärent, konsistent und univok verwendet und ob dementsprechend die Auffassungen eines Begriffes von einem Werk auf das andere übertragen werden dürften. Die Komplexität seines ganzen Werkes erschwert eine klare Antwort darauf zu geben, denn Suárez stellt sich bei der Behandlung der einzelnen Sachbereiche auf differente Standpunkte. Sind beispielweise die Relationen transzendentalen, so wie sie in dem, in seiner Jugend verfassten Traktat De Anima behandelt wurden, in derselben Form auch in den Disputationes Metaphysicae zu finden? Man hat, glaube ich, noch nicht versucht, die Genesis seiner Begriffe zu studieren. Ich habe z.B. festgestellt, dass Suárez in seiner Jugend verfassten Traktat De Anima die relationes transcendentales nicht gern akzeptiert, während er ihnen in den Disputationes einen wichtigen Plan einräumt. Über die relationes transcendentales sagt Suárez in De Anima, dass sie keine eigentlichen Relationen sind. Vielmehr handele es sich um entia omnino absoluta quae dicuntur speciem sumere per coaptationem ad aliud ad quod ordinantur non ut ad terminum, sed tamquam ad finem intrinsecum propter quem facta sunt, qui ordo non est relatio.28 Auch hinsichtlich des Problems 25

Vgl. J. Schmutz, o.c., S. 350, Fußnote 9. Quaestiones super libros Metaphysicorum Aristotelis, I, q. 1, 155. 27 Vgl. M. Vorlivesi, Ontologia impura. La natura della metafisica secondo Francisco Suárez, in: Francisco Suárez, Der ist der Mann, Valencia, 2004, S. 161-207. 28 Franciscus Suárez, Commentaria una cum quaestionibus in libros Aristotelis De anima, (ed. Castellote), t. I, Madrid 1978, S. 102 f. (I, q. 3. a. 11): “Ad argumenta, ad primum communiter solet responderi quod iste ordo animae, et similes, sunt relationes transcendentales, non praedicamentales. Quae duo genera relationum distinguuntur, quia relatio praedicamentalis est speciale genus entis, transcendentalis vero invenitur in multis generibus. Quae distinctio semper mihi displicuit, nisi forte de nomine sit quaestio, et quilibet ordo vel habitudo vocetur relatio; quod improprium est, nam relatio tantum dicitur illa entitas cuius esse formaliter consistit in respicere ad aliud; et omnis entitas, quae talis est, vere est relatio praedicamentalis, quia convenit illi definitio primi generis illius praedicamenti; quae vero talis non est, non est relatio. Quocirca responsum est, iuxta tradita in principio capitis De ad aliquid, quod sunt quaedam entia omnino absoluta quae dicuntur speciem sumere per coaptationem ad aliud ad quod ordinantur, non ut ad terminum, sed tamquam ad finem intrinsecum propter quem facta sunt; qui ordo non est relatio, quia non ponit in tali re dependentiam formalem ab eo ad quod ordinatur, ut patet, nam potest manere a26

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der substantiellen organischen Struktur, das eigentlich das Problem der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der tierischen höheren Seelen darstellt, hat sich Suárez verschieden geäußert: In den Disputationes Metaphysicae (15,10,32) hält die tierischen Seelen als teilbar, während in den ersten von mir herausgegebenen zwölf Quaestiones seines jungen Traktats De anima (1,2,19) hält er sie als irgendwie unteilbar.29 6) Die Wiederbelebung des suarezischen Werkes Endlich ist es Zeit zu fragen, warum noch heute sein ganzes Werk eine Wiederbelebung erfahren hat. Jakob Schmutz ist zu verdanken, eine lange Series von Werken, die sich mit der suarezischen Theorie befassen, in seinem „Internet blog“ Scholasticon veröffentlich zu haben. Es sind über 500 Titeln. Dem Symposium (Prag, Oktober 1-,3 2009) über die „Suárez’ Metaphysik. Disputationes Metaphysicae in their Historical and Sistematic Context“ – die auf die Empfehlungen der „Embajada Española en Chequia“ gestützt, und von dem philosophischen Institut der Akademie der Wissenschaften und von der Theologischen Fakultät der Universität von Süd Böhmen in der tschechischen Republik zusammengerufen ist – ist auch zu verdanken, dass die suarezische Metaphysik heute einen neuen Mut fasst, der uns die Möglichkeit anbietet, die Errichtung der „International Suárez Society for the Study of Scholastic Tought“ zu begründen. Aus der Tatsache, dass man heute beim suarezischen Werk eine offene Hermeneutik gefunden hat, die Kontinuität mit der Tradition und Bruch miteinschließt, so wie eine Offenheit, jedes Problem bis zu seinem letzten Kern zu betrachten, lässt sich vielleicht erklären, dass moderne Philosophen, Juristen, Naturwissenschaftler und Mathematiker in seinem Werk Einzelheiten und Gedanken gefunden haben, die bei den bisherigen Studien über Suárez außer Acht gelassen worden sind. Die scholastische, ontologische einseitige Methodologie mit der das suarezische Werk bis heute betrachtet wurde, so verdienstvoll sie war, hat vielleicht letztlich dazu beigetragen, sich mit analytischen Problemen zu befassen, die im seinem Werk vorhanden sind. Auch die Relationstheorie und überhaupt das Problem der Gattungen haben heute an Interesse gewonnen.

nima corrupto corpore, et potentia destructo obiecto, et scientia non existente scibili. Quod est signum evidens has non esse relationes, sed ordines ad proprium finem. Et dicitur talis ordo de essentia rei, quia ratione illius recipit res talem essentiam, ut per illam apta sit ad talem finem. Quae aptitudo est absoluta et intrinseca ipsi rei. 12 Sic ergo dicendum est de anima quod ex natura sua ordinatur ad informandum corpus, et ideo recipit essentiam secundum quam sit apta ad hunc finem. Et totum quod recipit absolutum est, quamvis aptum et ordinatum ad componendum aliud. Explicant hanc rem optime artificialia, ut dicto loco diximus. Et explicatur praeterea, nam aliud est rem esse aptam ad aliquid, aliud referri, nam esse aptam ponit entitatem absolutam in ipsa re, et circumscripto omni alio extrinseco, res ipsa in se intrinsece manet apta, quamvis non possit explicari nisi per id ad quod est apta, ad quod ordinatur ut ad finem. Secus autem est de relatione, nam neque esse nec intelligi potest sine suo termino. Quocirca neque omnis res, quae per aliud definitur et explicatur, relativa censenda est, nec vero putandum omnem rem absolutam posse sine alio definiri, ut putavit Scotus, supra; et Apollinaris, hic, tx 6, et q 3, dicens posse animam sine ordine ad aliud definiri, nam proprietas illa non solum relativis est propria, sed etiam his rebus absolutis quae imperfectae sunt, et ex natura sua sunt quid alterius; immo etiam contingit rem perfectissimam comprehendi non posse nisi aptitudo ad extrinseca concipiatur in ea, ut Dei omnipotentia comprehendi non potest nisi cognitis omnibus creaturis possibilibus, in quibus illa manifestatur.” 29 Vgl. mein Buch: Die Anthropologie des Suárez, K. Alber Verlag, Freiburg-München, 19622, S. 45 ff.

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7) Die generelle vs. die spezielle Ontologie Suárez hat die Metaphysik nicht in allgemeine (Ontologie), und spezielle Metaphysik untergeteilt. Erst Wolff hat die Philosophie in praktische und theoretische Philosophie untergeteilt und diese wiederum in allgemeine (als metaphysische Grundwissenschaft) und in spezielle (Psychologia, Cosmologia und Theologia naturalis) gegliedert. Wolff hat eigentlich diesen Terminus nicht geprägt, der wahrscheinlich auf Leibniz zurückzuführen ist.30 Aber wir können im Werk von Suárez ziemlich viele Untersuchungen finden, die mit der speziellen Metaphysik in Bezug stehen. Heute hat man entdeckt, dass viele von diesen Untersuchungen keiner besonderen Auseinandersetzung unterzogen sind. So hat sich ergeben, dass einige Mathematiker in Suárez ein Reservoir von rationalem, mathematischem Wert, in Bezug auf die quantitas continua und discreta und auf die Punkte31 entdeckt haben. Einige Wissenschaftler haben auch in Suárez eine Darstellung gefunden, die der heutigen Form, die Kunst zu begreifen in Bezug auf die causa formalis und auf die Aktivität (actio vitalis) der menschlichen Vernunft, ähnlich ist.32 Ich selber habe versucht, seine Kausalitätstheorie nachzudenken und festgestellt, dass sie sich auf das „Bonum“ im klaren patristischen Sinn stützt.33 8) Der Stil der Disputationes Metaphysicae Was ihren Stil betrifft, sind mehrere Meinungen zu beachten. Zuerst möchte ich an den großartigen Artikel von Martin Grabmann über die „Disputationes Metaphysicae des Franz Suárez in ihrer methodischen Eigenart und Fortwirkung“34erinnern. Er stellt folgende Vortrefflichkeiten fest: Die erstaunenswert große Liste von zitierten Autoren, die als eine Philosophiegeschichte gelten dürfte; die kritische und ausführliche Darstellung aller Meinungen, bevor er uns seine eigene vorstellt; die Anerkennung seiner Disputationes Metaphysicae außerhalb des katholischen Raumes; der unerhörte Fleiß und Solidarität mit denen Suárez seinen theologischen Kollegen helfen wollte; die Klarheit und Tiefe seines Gedankenganges, wobei er immer das neue flüssige, von der Schule von Salamanca eingeführte Latein benutzt hat; der Einfluss seiner Disputationes auf die folgende Zeit, besonders in den deutschen, protestantischen Universitäten des 17. und 18. Jahrhunderts. Sogar Francisco de Arriaga hat in Prag, im Jahre 1630, im Anschluss an Suárez, die erste Auflage seines Cursus Philosophicus vollendet, wobei er mit seiner Identifizierung von Quantität und materia prima die kartesische Theorie vom Wesen des Körpers vorwegnahm. Es gibt auch diejenigen, die auf den ersten Blick glauben, dass die Disputationes keine Belehrung enthalten, sie seien also bloß eine Reihe von unverständlichen Namen, so dass nur Leute von scholastischer Einsicht daraus etwas Gold in diesen Schlacken finden können, aber nur... mit Zeitvergeudung! Das stimmt aber nicht. Wer kann ein rein mathematisches Buch lesen und verstehen ohne mit der Mathematik vertraut zu sein? Wer kann die Disputationes mit Gewinn lesen ohne Latein zu können, oder ohne mit der scholastischen Terminologie vertraut zu sein? Ich muss aber zugestehen, dass Suárez die Gabe der Synthesis nicht besaß, dass er viel zu viel Zeit mit Auseinandersetzungen mit den Gegenargumenten verbraucht, sodass es manch30

Vgl. Couturat, Opuscules et fragmente inédits de Leibniz, Pavia 1913, 512. (Zitat von Grabmann, o. c. S. 547, Fussnote 39. 31 So Dean Buckner. Vgl. Fussnotte 11. 32 Vgl. M. Renemann, Suárez on Art Production, in: Francisco Suárez. Der ist der Mann. Homenaje al Prof. Salvador Castellote, Valencia 2004, S. 289-306. 33 Castellote, Die Anthropologie des Suárez, Alber Verlag (Symposion 8), Freiburg/München S. 56 ff. 34 In Mittelalterliches Geistesleben, Band 1, Buber Verlag, München 1926, 525-585.

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mal schwer fällt, seine eigene Meinung zu entdecken. Aber das ist sein Stil. Leibniz hat von Suárez folgendes gesagt: „Indessen muss man den tieferen Scholastikern wie Suárez... die Gerechtigkeit widerfahren lassen anzuerkennen, dass bei ihm mitunter bedeutende Untersuchungen vorkommen, z. B. über das Kontinuum, das Unendliche, die Zufälligkeit, die Realität des Abstracts, über das Prinzip der Individuation,... über die Seele und deren Vermögen, über die Einwirkung Gottes auf die Kreaturen, usw. Und selbst über die Natur des Willens und die Prinzipien der Gerechtigkeit.“35

Grabmann unterstreicht den vermeintlichen Eklektizismus des Suárez, aber er versteht darunter den guten, organischen und gesunden, nicht aber den oberflächlichen und reinen mechanistischen Eklektizismus. Warum hätte sich Suárez von den großen Philosophen wie Thomas von Aquin oder Scotus in mehreren wesentlichen Punkten absondern wollen, wenn er nur darauf aus war, eine eklektische Metaphysik zu schreiben? Ich habe den Eindruck, dass viele kritische Beurteilungen seines Werkes darauf zurückzuführen sind, dass es dem Leser eine tiefere Vertrautheit mit dem Text schwer fällt. Er ist nicht leicht! Mit klaren und genauen Worten expliziert Grabmann den Eklektizismus des Suárez: „...jener Eklektizismus, der auf einer gründlichen Quellenkenntnis der Patristik und Scholastik, auf einem tiefgründenden Durchdenken der scholastischen Metaphysik beruht und mit vollständig fortschreitender Denkenergie auch einen konservativen Zug verbindet“ (o. c., S. 557).

Man hat auch die suarezische legendäre Unentschlossenheit hervorgehoben.36 Aber sie bedeutet eigentlich nicht, dass Suárez sich nicht entscheiden wollte, sondern viel mehr, dass er, wie schon gesagt, alle den jeweilig behandelten Problemen inhärierenden Fragen zuerst durchschauen möchte, bevor er uns seine eigene Meinung anbietet. Und das ist nicht immer leicht, denn wie konnte er sich an alles, was er geschrieben hat erinnern? 9) Das konkrete System des Suárez und der Begriff der “participatio” Endlich findet man auch suarezische Interpretationen, die den „doctor Eximius“ mit Thomas von Aquin und mit Scotus, dem „doctor subtilis“, vergleichen wollen, indem Suárez genauso kritisch wie Scotus war, aber ihm das philosophisches „cacumen“ des Thomas fehlte. Ich habe bei meiner Lektüre des ganzen philosophischen Systems des Suárez, vor allem De Anima und die Disputationes Metaphysicae, immer den Eindruck gehabt, dass er das göttliche Buch der Schöpfung nicht durchblättern wollte, um die philosophische Struktur dieser Schöpfung zu verstehen, sondern nur, um das existentielle Da-sein-in-der-Welt zu begreifen. So kann man sowohl seine Theorie der Identität Essenz-Existenz wie auch das Individuationsprinzip oder die gewisse Entität der Materie verstehen. Das Letzte wird deutlich, wenn man sagt, dass sonst alle Missbildungen der Natur nur der Form zugeschrieben werden müssten. Sein System, so glaube ich, spiegelt seine systematische Weltanschauung wieder, in der die essentielle und radikale Dependenz, Partizipation und Abhängigkeit von Gott den ersten Platz einnimmt, während sich Thomas mit der reellen Komposition von Sein und Essenz auseinan35

Heue Abhandlungen über den Menschenverstand, cap. VIII: Von den inhaltsleeren Sätzen. So, z. B. Jacob Schmutz, Rem in se ipsa cernere. Saggi sul pensiero filosofico di Bartolomeo Mastri (1602-1673) a cura di Marco Forliviesi. Subsidia Mediaevalia Interdepartamentale per Ricerche de la Filosofia Med., Univ. Padova, Atti del Convengo di Studi sul pensiero filosofico, Meldola-Bertinoro, 20-27 Set., 2002, S. 478. 36

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dersetzt. Auf diese Weise wird von Suárez der Charakter der „Partizipation“ am besten hervorgehoben. Das hat Suárez besonders in der DM 2637 bei der Behandlung der Beziehungen zwischen der Finalursache und ihrem Effekt hervorgehoben. Im Verhältnis zu dem letzen Ziel der Menschen, ist der Effekt immer kleiner als seine Finalursache, denn die erschaffenen intellektuellen Wesen handeln immer um ihre Perfektion willen, die aber nur als Partizipation der absoluten Güte verstanden werden muss. Insofern ist die göttliche Finalursache grösser als ihr menschlicher Effekt, d. h. grösser als alles, was auf die partizipierte Perfektion eingeordnet ist.38 Falls diese Wesen die ihnen aufgegebene Ordnung umwälzen und sie auf sich selbst richten, würden sie sich der Natur widersetzen (contra institutionem naturae (Ib.). In meinem Buch über die Anthropologie des Suárez habe ich die Frage gestellt, ob es eine innere Rangordnung des Wissens gibt. Dort habe ich gesagt: 1. Dass die Wissenschaft an sich Wohlgefallen erzeugt (DM 1,6,13). Dieses Wohlgefallen aber ist nicht egoistisch zu verstehen, denn Suárez unterscheidet ganz klar zwischen „habere scientiam“ und „velle scientiam“. Die Philosophie ist immer für die Klassiker eine „Liebe zur Wissenschaft“ gewesen, keines „Besitz des Wissens“. „Non appetit voluntas habere scientiam, appetit tamen naturaliter velle scientiam“ (DM 1,6,14).

Für Suárez ist die Philosophie also eine Betrachtung, eine „speculatio“ mit Hingabe und keine bloße Technik oder kalter Umgang mit den Begriffen. Sie ist das Organ des geistigen Lebens: „[Die Wissenschaft] – sagt Suárez – ist eine größte Vervollkommnung [des Menschen] und seine eigentliche Tätigkeit, und in ihr besteht seine Beseligung“ (DM 1,6,8).

Obwohl Suárez die Metaphysik allen anderen Wissenschaften voraussetzt, ist immer die Anthropologie die Wissenschaft, nach deren Kriterien aus der gewaltigen Fülle des Wissens die für den Menschen eigentliche Wissenswerte kristallisieren werden können. „Alle körperlichen Dinge sind einigermaßen für den Menschen eingeordnet“ (DM 24,1,3).

Ich kann nicht umhin, als an das „anthropische Prinzip“ der modernen Physik erinnern, das auch die Auffassung des Suárez betrifft: Wenn die Entfaltung des Universums sich anders verhalten hätte als sie gerade ist, könnten wir nicht da sein. Auf jeden Fall, hat der Mensch eine wichtige Aufgabe in dieser Welt zu erfüllen, die sich besonders bei seiner Tätigkeit kundgibt. Hier ein Schema, wo gezeigt wird, wie eine relationale Form sich verhält, wobei der Gedanke einer Natur-Struktur zum Vorschein kommt, die sich in der Form gründet: ad conservationem propriam: Beziehung zu sich selbst Forma constituitur

speciei ad conservationem ad operationem

physicam

individuorum ad communicandam suam perfectionem

moralem 37 38

Cfr auch DM 23, 4, 3; S. Castellote, Die Anthropogie des Suárez, o.c., S. 68-74. DM 26,1,10.

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Entsprechend diesen relationalen Formen differenziert sich auch die Tätigkeit des Menschen: Die Tätigkeit gibt unseren Selbsterhaltungstrieb kund (ad propriam conservationem), aber auch die Erhaltung der menschlichen Gattung (ad conservationem specierum et individuorum). Auch die menschliche Fähigkeit, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten, und die Verantwortung sich ethisch zu verhalten sind dabei ganz klar dargestellt. Die Kommunikation, die in der Kausalität, die allen Wesen zugeschrieben werden kann –wenn auch in verschiedener Weise – kann entweder eigendienlich oder fremddienlich sein: 1. Fremddienlichkeiten: „commodis et conservationi totius universi“. „et praecipue hominis“. 2. Eigendienlichkeitet: „commodis suarum specierum“. „vel etiam individuorum“39 Man könnte von einem suarezischen „konkreten“ System sprechen, in dem die Geschöpfe als „in-der-Welt-sein“ (Heidegger) betrachtet werden, nicht aber als „geworfen-sein“, denn alle hängen essenziell von der Schöpfung Gottes ab, die als Finalursache gilt. Die Naturwesen sind „Zur-Hande-sein“; die persönlichen Beziehungen ein „Mit-sein“ und kein „aggregatum“, wie Suárez selbst sagt: sie bilden ein „corpus politicum, ein corpus mysticum“. 10) Die Dialektik in den Disputationes Metaphysicae Aus der Pädagogik der Scholastik wissen wir, dass die Dialektik zu den artes liberales des Triviums gehörte und zwischen der Grammatik und der Rhetorik ihren Ort hatte. Als Aristoteles den Eleaten Zenon als den Begründer der Dialektik betrachtete, klang der Begriff “Dialektik” wie “Streitlust”, die ganz nahe der Sophistik war. Plato dagegen betrachtete die Dialektik viel positiver. Er verstand sie als ein Suchen nach 39

Suárez unterscheidet zwischen einem physikalischen und einem formalen Kausalsystem. Bei dem ersten gilt nur eine blosse Kraft (forma a qua) ohne jegliche führende Exemplarform. Dabei handelt es sich um eine blosse Anstosskausalität. Bei dem zweitem ist es die führende Form, die eine causa exemplaris ist, die den ersten Rang bekommt. Sie kann als forma ex qua, d. h. causa exemplaris respectu artificis (DM 25,2,15), insofern den agens actu informiert und ihn fähig macht zu einem sufficiens agens zu werden, oder als forma ad quam (forma exemplaris als Verwirklichungsziel) betrachtet werden (Ib. 16). Hier gilt es, dass jede forma a qua eine forma ad quam mit einschliesst: „Et iuxta hanc considerationem universalem, omnis forma a qua est etiam ad quam, sub diversa ratione causae extrinsecae, et sine causalitate formali“ (DM 25,2,6). Hier hebt Suárez die drei konstituierende Prinzipien jeder Ursächlichkeit, nämlich die Intimität, die Origination oder Ursprung und die spezifische Kommunikation hervor. Intimität des Seiendes mit sich selbst (Gutheit, Einheit, Wahrheit), die aber keine Monade (im sinne Leibniz) sind, sondern ein esse in potentia activa. Origination, d. h. spezifische Einheit zwischen dem Erwirkten und dem Wirkenden (forma a qua insofern sich als causa efficiens verhält unter der Führung der forma ex qua: generans generatum. Spezifische Kommunikation, d. h. effectus aequat causam (Vgl. DM 26,1,1.4.5). generans generatum (Vgl. Arist. 415a28 sqq.: ein Löwe erzeugt einen Löwe; eine Planze, eine Planze). Es gibt also drei Typen der Einheit: metaphysische, Ursprungs- und spezifische Einheit. Für Suárez ist allergings der Ursächlichkeitsbegriff kein univoker, sondern ein analoger analogia proportionalitatis, nach der der Ursachebegriff besonders (proprie, DM 27,1,17. Vgl 27,1,10) in einer bestimmten Ursache beheinmatet ist, nämlich in der causa finalis (causa finalis censetur prima ac praecipua in causando, Ib.), die ihrerseits auf dem „bonum“ gründet (ratio finis fundatur in bonitate, ideo coniungi potest aliqua ratio finis cum qualibet causa, Ib. 14). Diese analogia proportionalitatis, die auf dem bonum gründet, muss weiter spezifiert werden, denn die eigentliche Funktion der Ursache besteht in ihrem possitiven Einfluss (die internen „componunt esse“; die externen „influunt esse“). Deswegen fragt sich Suárez welche Ursache in virtute causandi den ersten Rang oder die Priorität hat: Dem Namen und der Kraft nach – sagt er – die Wirkursache. Quoad rem significatam aber die Finalursache. Zwischen beiden aber kann man von keiner Art Anologie sprechen. Hier gibt es eine Äquivozität, die in einer connexio besteht (DM 12,3,2) Vgl. S. Castellote, Die Anthropologie des Suárez (Symposio, 8), Freiburg-München, Alber Verlag, 19822, S. 57 ff.

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dem Wahren, wobei es sich keineswegs um eine Polemik und Propaganda handelte, wie es in der Sophistik war, sondern um eine im Kern des Wortes enthaltene natürliche Urbedeutung des Dialogs, in dem man von zwei divergenten Meinungen ausgeht, gerade um die entscheidenden Unterschiede herauszuarbeiten, die möglichen beiderseitigen Vereinseitigungen auszuschalten, und darin jeweils das Wahre anzuerkennen. Das Resultat ist, dass alles in eine neue Erkenntnis zusammengefasst wird. Die kantische transzendentale Dialektik spielt in seinem erkenntnistheoretischen System eine negative Rolle, aber er behält immer noch ihre aus der Logik stammende Urbedeutung bei.40 Ist die suarezische Konzeption der Dialektik eine aristotelische, eine platonische oder eine kantische? Wenn man die Dialektik als den Versuch auffasst, These und Gegenthese durch logische Schlüsse zu beweisen, dann hat Kant recht, wenn er die Dialektik als eine Logik des Scheins bezeichnet.41 So wie ich verstanden habe, gebrauchen weder Vitoria in seinen Relectiones, noch Suárez in seinen Disputationes, den Terminus „Dialektik“ in diesem Sinne. Hier ein Beispiel, wie der junge Suárez in seinem von mir veröffentlichten Traktat De generatione et corruptione42 die Dialektik als einen wirklichen Dialog, im Sinne Platons, behandelt: Sed, ut melius possimus in hac re ferre iudicium, videamus quomodo unaquæque istarum opinionum solvit alterius fundamenta; sic enim forte patefiet huius quæstionis veritas. ...ut rectius a nobis iudicetur… Aductis ergo utriusque partis probationibus, oportet facere iudicium et unicuique quod suum est tribuere (d. 1, q. 2 [Ms., f. 29]).

Falls eine der Meinungen mit seiner eigenen übereinstimmt, ist er bereit, sie anzuerkennen: ... „sed consentit nobis.“ Erst mit Fichte tritt die Dialektik auf als die immanente Gemäßheit des Bewusstseins in der Form von These, Antithese und Synthese der Setzung des Ich, Gegensätzen des Nicht-Ich und Wiedervereinigung des getrennten Ich im absoluten Ich. Hegel verfolgt unerbittlich diese Systematik weiter in seiner Logik, die zugleich eine Ontologie ist, versucht er den Schöpfungsgedanke des Geistes Gottes nachzudenken. 11) Exkurs über den Gedankengang der 39. und 47. Disputatio Der Gedankengang in der Disputation 39 über die Unmittelbarkeit, Zulänglichkeit und über die Qualität und Analogie der aristotelischen Einteilung Diese Disputatio umfasst 3 Sektionen und ein ganz interessantes Prooemium. 1. Die Unmittelbarkeit dieser Einteilung. 2. Ihre Zulänglichkeit. 3. Ihre Qualität und Analogie. Im Prooemium wird die Frage gestellt, zu welcher Wissenschaft die Auffassung der Kategorien zugehört: Der Dialektik oder der Metaphysik? Die 1 Sektion stellt vier Bedenken vor, die zu beweisen scheinen, dass diese Einteilung nicht unmittelbar ist (1-4). Dennoch, und wenn sie nicht unmittelbar wäre, könnte man von keiner „wissenschaftlichen“ und zulänglichen Einteilung reden (5). Um eine Einteilung zu machen, die unmittelbarer als andere sei, ist darauf zu achten: 1. Dass sie eine geringere Zahl von Elementen zulässt, wobei Suárez sich mit der Unterscheidung zwischen „diversa“ und „distincta“ auseinander setzt; oder 2. Dass die Differenzen oder modi, die das divisum in einer Division kontrahieren, als Mittel zwischen dem divisum und anderen Elementen einer anderen Division gelten. Z. B. Das sensibile steht zwischen das vivens und das rationale. (6-7). Für Suárez ist es möglich, eine andere Division der Gattungen vorzunehmen, die eine ge40

Vgl.. Wenzl, A., „Bedeutung und Vieldeutigkeit der Dialektik“, in Bayerische Akademie der Wissenschaften 8 (1959) 4. 41 Ebenda. 42 in: Francisco Suárez.” Der ist der Mann”. Homenaje al Prof. Salvador Castellote, Valencia 2002, Appendix, S. 433-682.

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ringere Zahl von Elementen zulässt, dennoch gibt er sich vorübergehend mit der aristotelischen Division der Gattungen zufrieden (8). Das erste früher angegebene Bedenken bezieht sich auf die Unterscheidung des Akzidens in vollständig und unvollständig, wobei Suárez diese Ansicht widerspricht, weil sie das unvollständige Akzidens falsch begründen (9-12). Suárez definiert das vollständige physische Akzidens als dasjenige, das keine Komposition mit einem anderen zulässt und sich auch sich nicht zu ihm bezieht (13). Metaphysisch verstanden, ist das vollständige Akzidens dasjenige, das die komplette Essenz eines Akzidens beinhaltet (14-15). Bei dem zweiten oben angeführten Bedenken, weißt Suárez darauf hin, dass die Division der Akzidenzien in singular und universal sich mit dem Akzidens nicht verträgt, denn sie gehört eigentlich zu allen Seienden zu (16). Endlich, und bei der Behandlung des dritten Bedenkens, führt Suárez eine andere den Akzidenzien gemeinsame Division ein, nämlich: Entität und modus (17), absolut und relativ (18), geistig und materiell (19). Bei der 2. Sektion befasst sich Suárez mit der Frage, ob die aristotelische Division der Gattungen zulänglich ist, denn dafür sind zwei Elemente nötig: 1. Dass alle Elemente distinkt sind; 2. Dass es außerdem kein anderes von denen distinktes Element gibt. Bei beiden Fällen, gibt es gegen die Zulänglichkeit der Division ernste Einwände; (1). Bei dem ersten Fall: 1. Die Relation befindet sich bei jedem Akzidens. 2. Die neun Gattungen werden als unter sich verschieden schamottiert (2-3). Bei dem zweiten Fall, stellt Suárez etliche Einwendungen vor (4-11). Außerdem bezieht sich Suárez auf die alten klassischen Philosophen, die nicht immer die gleiche Division vorgenommen haben (12). Dann beschäftigt sich Suárez mit den Gründen, die für diese Zulänglichkeit angegeben sind, vor allem mit dem des Thomas von Aquin (13). Suárez tadelt den Thomas, dass er die innerlichen und äußerlichen Akzidenzien nicht geachtet hat (14). Dann stellt Suárez die Meinung des Augustinus, der Scotisten und des Ockhams vor (15-17). Suárez nimmt die auf Avicenna angeblich zurückgeführte Meinung an, nämlich, dass es keinen Beweis für eine genügende und aprioristische Einteilung der Akzidenzien gibt (18). Danach kommt Suárez auf die in den nn. 2-3 angeführten Fällen zurück und untersucht was für einen Grad der Zulänglichkeit für die Vermehrung der Gattungen der Akzidenzien notwendig ist. Suárez weißt die reale (19), sowie die dem Akt der Erkenntnis vorangehende modale Distinktion zurück (20-21). Für Suárez genügt eine distinctio rationis cum fundamento in re (23). Es werden nachher die Gegenargumente der anderen Einwände gelöst (2427). Dann setzt sich Suárez mit der Frage auseinander, ob es eine mehreren akzidentellen Prädikamenten gemeinsame Gattung gibt (28). Die Lösung des Suárez lautet so: 1. Alle Elemente unterscheiden sich in Bezug auf das Sein als hauptsächlich verschieden (29-30). 2. Die Gattungen verschiedener Prädikamenten stimmen in keiner essenziellen Differenz überein (31). Es wird dann eine Stelle des Aristoteles zitiert, die einige Bedenken hervorrufen könnte (32). Suárez entscheidet sich aus pädagogischen und praktischen Gründen dafür, dass es nur neun Gattungen der Prädikamente gibt (33). Danach versucht Suárez, seine Antwort auf die acht oben angeführten Bedenken über den zweiten Fall der Zulänglichkeit zu geben. Zum ersten, sagt Suárez, dass die immanenten Tätigkeiten kein eigentliches und spezielles Prädikament ausmachen (34-35). Zum zweiten, versucht er seine dafür negative Meinung zu verteidigen, die um die actio und passio handelte (36). Zum dritten und vierten (über die künstlichen und ethischen Denominationen), wiederholt Suárez seine Meinung (37). Suárez hält sich bei der Lösung der Schwierigkeiten, die die Bewegung und die Ursächlichkeit vorstellen könnten auf (38-39), dann betrachtet und löst er im Einzelnen die Final-, Formal- und Materialurschächlichkeit und deren Einwendungen (40). Bei dem nächsten Punkt handelt es sich um etliche Akzidenzien der Engel, die das 6. Bedenken ausmachten (41). Das 7. Bedenken fragte, ob die Eigenschaften der Akzidenzien zu verschiedenen Gattungen zugehören. Die Antwort des Suárez lautet so: 1. Ja, wenn die Eigenschaft etwas Positives ist; Nein, wenn sie etwas Negatives oder Relatives ist (42). Bei dem letzten Punkt behandelt Suárez die den aristotelischen Postpraedicamentis entnommenen Schwierigkeiten, wobei er sich dazu neigt, zu sagen, dass bei ihnen es um keine Akzidenzien handelt, außer dass es um eine Relation handelt (43). Die dritte und letzte Sektion dieser Disputatio betrifft die Frage der Analogie oder Univozität der Einteilung. Suárez begründet das Motiv dieser Frage darauf, dass, wenn das Akzidens univok wäre, gäbe es nicht neun, sondern nur eine einzige Gattung; wenn aber sie analog ist, dann müsste man es behaupten bei allen Akzidenzien per analogiam attributionis (1). Danach werden zwei Auffassungen dargestellt: die erste behauptet die Analogizität der Einteilung (2). Die zweite, die Univozität (3). Bei beiden gibt es Schwierigkeiten, denen Suárez weitläufig trotz (4-11) und sie mit folgenden Bemerkungen auflöst: 1. Das Akzidens, soweit es neun Gattungen auffasst, ist analog (12). 2. Es besteht die Möglichkeit, dass das Akzidens, wenn es in Bezug auf die Entität und auf den modus verstanden wird, nicht univok sei. Aber es scheint noch wahrscheinlicher zu sein, dass diese Diversität nicht genügt, um eine Analogie zu etablieren (13-14). 3. Obwohl das Akzidens in seiner ganzen Breite nicht univok sei, trotzdem, und in Bezug auf einige davon, kann man nicht negieren, dass es doch als univok bezeichnet werden kann (15). Die Sektion endet bei der Behandlung einer Einwendung, nach der es wohl einen Begriff des Akzidens gibt, der eigentlich generischer ist (16). Das widerspricht Suárez, denn dieser Begriff ist kein univoker Begriff, weil er eine gewisse Analogie zulässt, so dass er keine eigene Gattung ausmacht (17). Es gäbe noch eine ähnli-

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che Beantwortung, wenn das Akzidens als ein mit einfachen Entitäten zusammengefügtes Akzidens betrachtet wäre (18). Der Gedankengang bei der Disputatio 47 über das die Einteilung des Akzidens in neun Gattungen Sie umfasst 18 Sektionen. In den Sektionen 1-4 befasst sich Suárez mit der Relation allgemein: Existenz, Essenz und Einteilung der Relationen. In den Sektionen 5-9 wird die prädikamentale Relation studiert: die essentielle Definition, Subjekt, Fundament und Terminus der Relationen. Die Sektionen 10-15 befassen sich mit den relativen Seienden, die auf das aristotelische dreifache Fundament fußen. In der folgenden 16. Sektion wird die Frage gestellt, ob eine Relation Terminus von einer anderen sein kann. Die Struktur des Prädikaments „ad aliquid“ ist das Thema der 17. Sektion. Endlich, in der 18. Sektion befasst sich Suárez mit den aristotelischen Eigenschaften der Relationen. Die Sektion 1 umfasst 15 Punkte: Bei dem Versuch, eine Definition der Relation zu geben, befasst sich Suárez mit fünf Grundschwierigkeiten (1-7). Demnach (8-10), legt er drei verschiedene Meinungen dar: es gibt keine reale Relationen (8); es gibt doch eine reale Relation, sie aber mach keine eigentliche Gattung aus (9); Beim Geschöpf existieren auch reale Relationen, die eine eigene Gattung ausmachen (10). Diese letzte Ansicht wird von Suárez angenommen und wird mit theologischen und philosophischen Argumenten bewiesen (11-15). Die Sektion 2 umfasst 25 Punkte. In dem ersten Punkt, wird die Unterscheidung zwischen Relation, Substanz und absoluten Akzidenzien genau erklärt, um die Realität und die Natur der geschöpften Relationen zu verstehen. Demnach werden vier Meinungen dargestellt und widersprochen (2-10). In den folgenden Punkten (11-17) wird besonders die Ansicht vieler Philosophen, besonders der Nominalisten behandelt, die eine distinctio rationis cum fundamento in re zwischen der Relation und ihrem absoluten Fundament verteidigen. Dabei aber widerspricht Suárez in den Punkten 18-21 die Unterscheidung zwischen „esse-in“ und „esse-ad“ der Relation. Suárez bekennt sich für die nominalistische Auffassung in dem 22. Punkt. Endlich, bezieht er sich auf die am Anfang der Disputation angegebene (23) und auf die bei der 1. Sektion übrig gebliebene Argumente (24-25). Die Sektion 3 hat 13 Punkte. Es geht zuerst um die drei aristotelischen Relationsunterscheidungen (1). Die erste bezieht sich auf die reale und gedachte (rationis) Unterscheidung, wobei nur die reale Relation die prädikamentale Relation des „ad aliquid“ ausmacht (2-5). Bei der zweiten handelt es sich um die Relation „secundum dici“ und „secundum esse“ (6-9). Die dritte und wichtigere Unterscheidung ist die zwischen transzendentalen und prädikamentale Relationen (10-13). Die Sektion 4 umfasst 21 Punkte. Zuerst setzt sich Suárez mit der schwierigen Unterscheidung zwischen prädikamentale und transzendentalen Relationen auseinander (1). Dass es einige bestimmte Ähnlichkeiten zwischen ihnen zu bestehen scheinen, hindert ihm nicht sie zu widersprechen (2-8). Andere Ähnlichkeiten kann man schon annehmen (9-15). Daraus ergibt es sich, dass nur die eigentlich prädikamentale Relation die Kategorie des „ad aliquid“ ausmacht. Die übrigen Punkte beziehen sich auf die Antworte auf die in der ersten Sektion vorgestellten Argumente (17-21). Die 5. Sektion behandelt die Definition der prädikamentale Relation (1-4). Dann werden die Schwierigkeiten, die dabei vorkommen, vorgestellt und gelöst (5-13). Die 6. Sektion behandelt ganz kurz, dass jede Relation ein Subjekt, ein Fundament, und einen Terminus erfordert. Bei der 7. Sektion handelt es sich darum, dass bei einer prädikamentale Relation das Subjekt sich einigermaßen vom Fundament unterscheidet (1-3). Dieses Fundament kann entweder ein Akzidens oder eine Substanz sein (4-9). Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Fundament und der ratio fundandi (10-14). Die 8. Sektion behandelt ob ein realer Terminus notwendig ist (1). Es gibt aber Autoren die daran zu zweifeln scheinen (2): Dieser Terminus ist nicht notwendig und vielleicht existiert er überhaupt nicht (3). Suárez zeigt sich dagegen und folgt die allgemeine Meinung, dass der Terminus doch notwendig ist (4-7). Die Meinung des Gregorius wird widersprochen (8). Daraus ergibt sich, dass der Terminus der Essenz der prädikamentalen Relation zugehört (9-12). Endlich, behauptet Suárez, dass der Terminus, nicht einmal de potentia absoluta Dei, aus der Relation weggenommen werden kann (13-14).

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Die 9. beschäftigt sich mit dem möglichen realen Unterschied zwischen Fundament und Terminus, wenn sie formell verstanden werden (1-6). Die 10. Sektion behandelt die dreifache fundamentale aristotelische Unterscheidung der Relationen (1). Es wird danach die aristotelische Meinung dargestellt (2-4). Es werden dann die wichtigen Fragen gestellt, die dieser Meinung nachfolgen: 1. Ob alle Teile dieser Unterscheidung sachgemäß gestellt sind (convenientia), und 2. ob sie komplett ist (sufficientia). Über die beiden Fragen gibt es ernste Schwierigkeiten (5-11). Trotzdem wird von Suárez die allgemeine aristotelische Ansicht vorübergehend angenommen (12-16). Bei der 11. Sektion bemüht sich Suarez, die Schwierigkeiten zu lösen, die bei der vorhergehenden Sektion vorgekommen sind (1). Zuerst, über die numerischen Relationen (2-3). Eigentlich kommt die Relation der Einheit bei jeder Gattung vor (4). Danach wird betrachtet, wie eine Relation Fundament einer anderen sein kann (5-13). Dann wird erklärt, wie die Relationen der Identität, der Ähnlichkeit und der Gleichheit bestimmt sind (14-15). Endlich, wird behauptet, dass die satzungsmäßige Einheit eine reale Relation begründen kann, und dabei werden auch die Eigenschaften dieser ersten Gattung dargestellt (1621). Die 12. Sektion beschäftigt sich mit der zweiten Gattung der Relationen, die einige Bedenken aufweisen (1). Danach wir gefragt, ob alle Relationen dieser zweiten Gattung real sind (2). Die Antwort des Suárez lässt auf sich warten, denn er muss vorher auch noch etliche Bemerkungen dabei machen (34). Er beschäftigt sich zuerst mit der Relation der Vaterschaft und des Agens (5-8), d. h. ob sie in actu (9) oder in potentia (10-14) sein muss. Die kurze 13. Sektion hat folgenden Inhalt: In Bezug auf die auf die Maßregel (mensura) sich gründenden Relationen, wird ein Einwand gelöst, der gegen Aristoteles ist (1-9). Die 14. Sektion behandelt die Fragen, ob die dreifache aristotelische Unterscheidung genügend (sufficiens) ist und ob sie alle Relationen miteinschließt (1-8). Bei der 15. Sektion beschäftigt sich Suárez mit dem Sinn, den die non mutuae Relationes haben können, wobei er eine Unterscheidung zwischen den reziproken und den nicht reziproken Relationen feststellt (1-2). Nachher, setzt er sich mit den Schwierigkeiten auseinander, die bei ihrer Behandlung vorkommen können (3-7). Suárez stellt fest, dass es non mutuae Relationen gibt, die sich in der dritten Gattung befinden (8). Dann versucht er die diesbezüglichen Gegenargumente zu lösen (9-12). In den zwei nächsten Punkten beantwortet Suárez die Augmente, die am Anfang dieser Sektion vorgestellt waren und stellt die Meinung der Nominalisten vor, die sich über der Relation Gott-Geschöpf ex tempore beschäftigen (13-16). Dabei verneint Suárez, dass diese Relationen real sind (17-29). Die 16. Sektion ist eine Ergänzung der vorangehenden. Es wird hier behandelt, ob der formaller Terminus einer Relation eine andere Relation sein kann oder nur eine absolute ratio (1). Danach werden die verschiedenen Ansichten darüber dargetan (2-5). Suárez versucht danach, seine eigene Behauptungen zu geben: 1. Bei den non mutuae Relationen, die ratio, die in einem Extrem ist, um der Terminus der anderen Relation zu sein, ist keine gegenseitige Relation, sondern die Entität selbst oder eine irgendeine Beschaffenheit dieses Terminus (6-13). 2. Bei den mutuae Relationen, die ratio, um Terminus zu sein ist genauso eine absolute ratio, die das formale Fundament der gegenseitigen Relation ausmacht (14-22). Damit versucht Suárez, die Gegenargumente der anderen Auffassungen zu lösen, indem er den Sinn expliziert, warum die relativa ihrer Natur nach, ihrer Erkenntnis nach, und ihrer Definition nach, von Natur aus gleichzeitig sind (23-24). Am Ende dieser Sektion handele es ich um die Termini der göttlichen Beziehungen (35-38) und um ihre relative Gegenüberstellung (39-40). Die 17. Sektion betrachtet die Konstitution des Prädikaments des ad aliquid (1.) Dabei werden die Bedenken erwägt, die dabei vorkommen können: 1. Darf man alle Relationen auf ein einziges Prädikament zurückführen? (2). Suárez lässt die Möglichkeit einer positiven Antwort zu (3), aber er fügt trotzdem die Lösung derjenigen hinzu, die anderen Meinungen sind (4-5). Sie ist wahrscheinlich, aber setzt ein falsches Argument voraus (6). Suárez behauptet dem sprechend, 1. Dass das Relativum allgemein, nicht im ad aliud als korrelativum besteht, (7-8); 2. Dass das Relativum immer einen sich passenden Terminus hat (9); 3. Dass die allgemeine ratio eines Terminus keine eigene Gattung ausmacht (10). Danach, werden die Fragen angeregt, 1. Wie die Gattung des Relativen sich auf ihre inferiora einschränkt (contractio) (11-14). 2. Wo liegt eigentlich der Grund für eine essenzielle und spezifische Differenz der Relationen (15) und für die Gleichzeitigkeit mehrerer Relationen, die sich in einem Subjekt nur numerisch unterscheiden (16-23). Am Ende dieser Sektion widerspricht Suárez die Meinung des Ferrariensis über die Relation, die der Sohn zu Vater und Mutter hat (24-28). Die letzte 18. Sektion ist eine Auseinandersetzung mit den aristotelischen Eigenschaften der Relationen: Entgegengesetzheit (contrarium), Gradualität und Umkehrbarkeit (1-6).

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12) Die Beweisarten bei den Disputationes Metaphysicae des Suárez Suárez benütz des öfters das Wort „fundatur“ in Bezug auf einen Beweis, denn jeder Beweis ist nicht anders als die „Begründung“ für eine aufgestellte Behauptung. Zu dieser Begründung gehören essenziell zuerst die Methode des Vorgehens und dann die Argumente, die vorgebracht werden. Darauf folgt die Widerlegung von bereits vorgebrachten Argumente und Gegenargumente gegen die Behauptung der Begründung. Schließlich kommt die Aufstellung seiner einigen Meinung. Die Beweise können sich in deduktive (Suárez nennt sie „metaphysische“), die durch logisches Erschließen der Behauptungen aus bereits anerkannten Voraussetzungen erfolgen, und induktive, die von vornherein eine geringere Beweiskraft erhalten, weil es fast unmöglich ist eine vollständige Induktion der unendlich viele Prämissen bereitzuhaben, unterteilt werden. Eine komplette Induktion würde erst in der Arithmetik Geltung haben, denn, wenn eine Eigenschaft einer natürlichen Zahl angegeben wird, darf man auch sie für eine beliebige natürliche Zahl wie n+1 anwenden. Die Induktion aber die Suárez anerkennt bezieht sich viel mehr auf die unvollständige, die uns eine Art von Evidenz schenken kann. Eine weitere Beweisführung ist für Suárez der Analogiebeweis, der aus der Ähnlichkeit von zwei Prämissen erfolgt, von denen eine in einem erfolgten Beweis verwendet wurde, und die Gültigkeit des Schlusses aus der anderen erfolgt. Auch wird von Suárez die „petitio principii“ ins Feld der Argumentation geführt, d. h. wenn ein unbewiesener Satz für den zu beweisenden herangezogen wird oder wenn das zu Beweisende bereits in der Voraussetzung versteckt ist. Einen Fehlschluss kann man auch bei der „Umkehrung“ finden. Wenn man annimmt, dass die Prämisse ein bewiesener oder als gültig erwiesener Satz ist, dann darf man sie logisch nicht durch den Schluss-Satz, sondern vor dem Beweissgang beweisen. Diese „Umkehrbarkeit“ ist auch von Aristoteles in Bezug auf die Eigenschaften der Relationen behandelt worden, wie wir später sehen werden. Ein weiterer Fehlschluss besteht in der „Verwechselung“. Hier handelt es sich darum, dass man einen bewiesenen Satz für den Beweis eines anderen heranzieht, die ähnlich lautet. Retorquere argumentum ist auch für Suárez eine Art das Gegenargument zu widersprechen. Wir haben oben schon über den Sinn gesprochen, den Suárez der Dialektik zuschreibt. Suárez bezieht sich auch auf die Fehlschlüsse, die darauf beruhen, dass das, was eigentlich dieses ist, entweder nur in einer gewissen Hinsicht, oder dort, oder dann, oder mit Bezug auf etwas (pros ti), und nicht schlechthin ausgesagt wird. Diese Fehlschlüsse muss man lösen, dass man den Schlusssatz der Verneinung gegenüber darauf untersucht, ob er einer von diesen Bedingungen untersteht…“ (Soph. el. 25: 180a 2331). Der Regress in infinitum wird auch von den Scholastikern öfters als Argument benutzt; ein infinitum kann zu keiner Schlussfolgerung kommen. 13) Die Stellung des suarezischen metaphysischen Systems in der Geschichte Europas Ich möchte hier ganz kurz einige Erklärungen über den vermeintlichen Essentialismus von Suárez anbieten:

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a) Die platonische und die aristotelische Anthropologie Wenn man bereit ist, eine Anthropologie zu schreiben, die m. E. der Grund für jede Epistemologie ist, kommen immer wieder drei Welt- und Menschenanschauungen vor: die jüdisch-christliche, die klassische (Plato und Aristoteles) und die wissenschaftliche,43 die ihrerseits bzw. die theologische, die philosophische und die wissenschaftliche Anthropologie zur Folge haben. Man kann nicht von den Ergebnissen dieser dreien Auslegungen absehen, die sich im Laufe der Jahrhunderten ergeben haben, wenn man eine integrale Anthropologie schreiben will. Aber es ist auch wahr, dass man nicht ausweichen kann einer von diesen Ansichten den Vorrang zu geben, die dann als Leitfaden dient, um eine dementsprechende Anthropologie zu errichten. Die Anthropologie wird also zu einer dialektischen Anthropologie,44 die einerseits zwischen der philosophischen und der wissenschaftlichen Anthropologie, anderseits zwischen der persönlich-individuellen und der universell-allgemeinen Anthropologie zustande kommt, d. h. zwischen dem „ich lebe“ und dem „ich denke“. Plato hat vor, den Einheitspunkt zwischen der verschiedenen Aspekten und Darlegungen des moralischen und persönlichen Lebens zu bestimmen. Dabei spielt der Symbolismus (die zwei Pferde, die die Seele führen) in seiner Darlegung des menschlichen Lebens eine große Rolle, sodass es zu einem Dualismus gekommen ist. Aristoteles seinerseits, von seiner wissenschaftlichen Neigung angespornt, versucht, die Seele (περr øõ÷yò) im Mittelpunkt des menschlichen Organismus zu stellen. Die Organologie ist damit entstanden.45 Der erste und wichtigste Begriff ist die „díôåëÝ÷åéá“, die dazu dient, die Definition der Seele zu bestimmen: (Píáãêásïí Tñá ôüí øõ÷xí ïõóßáí åqíáé ©ò åqäïò óþìáôïò öõóéêïõ äõíÜìåé æùxí h÷ïíôïò. ½ äÒïõóßá díôåëÝ÷åéá. ôïéïýôïõ Tñá óþìáôïò díôåëÝ÷åéá (De an., B: 412 a 19-22). Hier muss man hervorheben, dass Aristoteles sich bemüht hat, die Materie (hylé) und die Form (eidos) miteinander in Verbindung zu setzen. Ein Leben ohne Seele ist wie ein „Gehen“ ohne Füße (De gen. an II, 3) und ein Körper ohne Seele ist wie ein steinernes Auge (De part. an. I, 1). Im Namen „enteléjeia“ ist der Begriff „telos“ mit eingeschlossen, der aber nicht als „Zweck“, das man erreichen möchte, sondern als etwas Konstitutives bei der Ausformung des menschlichen Lebens. Die Form (díôåëÝ÷åéá) verwirklicht durch die „díÝñãåéá“ das, was in Potenz (äõíÜìåé) schon war. Die Wirkursächlichkeit wird zu einer biomorphischen statt zu einer technomorphyschen, denn es sind gerade die Final- und die Formalursache die die Wirkursache bestimmen und regeln. Was bei Plato eine selbstausdrückliche Idee (idein, sehen) war, verändert sich bei Aristoteles in einen Akt, der durch die Aktivität der Seele (intellectus agens, noesis noeseos) verwirklicht wird. Mit dieser aktiven noch relativen Independenz des menschlichen Denkens, öffnet sich der Weg zu einer von jeder Bedingung gelösten Wissenschaft. Damit verschwindet irgendwie der ideative Sinn der platonischen Epistemologie zugunsten einer aktiven apprehensio der Wirklichkeit. Das „noesis noeseos“ des Aristoteles wird später in der thomistischen und kajetanische Epistemologie zu einer ziemlich passiven Form des Denkens.

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Vgl. Max Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, München 1949, S. 11 ff. Vgl. Gabriel Marcel, El hombre problemático, Buenos Aires 1955 (Trad. española por M. E, Valentié), S. 6. 45 Trotzem, kann sich Aristoteles nicht ganz von der platonischen Seelenauslegung abweichen, indem er sagt, dass die Seele “von aussen kommt” (èõñáèÝí, An. I, 1: 413 a 5-9). 44

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Mit Plotin vergeistigt sich diese organologische Auffassung, denn die Seele gehört zum geistigen Sein (zí) und vom ihm herkommt. Die Seele wird dadurch zu einem „typus“ (ôýðïò) des Geistes. Die Seele ist wie ein Licht, das sich im Körper befindet ohne dass sie sich mit ihm vermischt. In Bezug auf die Kategorien, meint Plotin, dass sie nur in der sinnlichen Welt befinden. b) Die Anthropologie des Thomas von Aquin Thomas von Aquin, der sich schon über die Dialektik der Anthropologie bewusst war, versucht, gegen den Dualismus von Averroes, die Individualität des „intellectus agens“ (aliquid ipsius aninmae46) zu behaupten. c) Die scotische und die ochkamische Anthropologie Daher kommt es, dass die scotische und ockhamische Epistemologie die platonische und augustinische (attentio animae) widerspricht, die eine Vision der Ideen hatte: Die visio creatrix des Augustinus47. Dazu kommt es auch, dass Scotus dem Willen eine große Rolle beimisst, in Gegensatz zum aristotelisch-thomistischen Intellektualismus. Der Mensch als „imago Dei“ sieht nicht mehr die omniscientia Gottes, sondern vielmehr seine omnipotentia als Grund dieses Vergleichs. Das ist, glaube ich, der Grund, warum die moderne Psychologie –sei es Instinkt, Stimmung, Unbewusstes oder Wille – diesen willensmassigen Aspekt unterstrichen hat. Es ist gerade diese Aktivität des Intellekts, die sich mehr und mehr verschärft und sich auch von der thomistischen konnaturalen Passivität des Erkennens entfernt, so dass eine Art von „Selbstbewusstsein“ entsteht. Die Konnaturalität des Erkennens wird allmählich in Frage gestellt. Der ideative Inhalt des Erkennens wird zum Kriterium für die Unterscheidung zwischen „cognitio distincta“ und „cognitio confusa“, nicht mehr von dem „Sein des Erkennens“, sondern vielmehr von dem tieferen bzw. oberflächli46

Thomas von Aquin, CG, 2, 77; Bonaventura Bagnoregis, Comm. in quattuor libros Sententiarum, p. 1, a. 2, q. 4, conclusio. 47 Augustinus: „Tu autem quia vides ea sunt“ (Conf. 13, 38; De civ. Die, XI, 10). Thomas von Aquin: „Res naturales, ex quibus intellectus noster scientiam accipit, mensurant intellectum nostrum..., sed sunt mensuratae ab intellectu divino“; "Veritas autem, quae dicitur de rebus in comparatione ad intellectum humanum, est rebus quodammodo accidentalis, quia posito quod intellectus humanus non esset nec esse posset, adhuc res in sua essentia permanerent. Sed veritas, quae dicitur de eis in comparatione ad intellectum dívinum, eis inseparabiliter communicatur: non enim subsistere possunt nisi per intellectum divinum eas in esse producentem. Per prius etiam inest rei veritas per comparationem ad intellectum divinum quam humanum, cum ad intellectum divinum comparetur quasi ad causam, ad humanum autem quodammodo quasi ad effectum, in quantum intellectus a rebus scientiam accipit.” (De veritate I, 4, Ed. Marietti. Turín-Roma 1964, p. 8, col. 1. In Bezuz auf Augustinus sagt weiter Thomas in: Respondeo. Dicendum...,2 q, a. 14: „Non potest autem dici quod res scitae a Deo sint causa scientiae in eo; cum res sint temporales, et scientia Dei sit aeterna; temporale autem non potest esse causa aeterni. Similiter non potest dici quod utrumque ab una causa causetur, quia in Deo nihil potest esse causatum, cum ípse sit quidquid habet. Unde relinquitur quod scientia eius sit causa rerum (De veritate II 14 (Marietti S. 59, col. 1). Und auch Nicolaus von Kues vertritt diese Auffassung: „Non igitur attingitur aliquid, uti est, nisi in propria veritate, per quam est. In solo igitur divino intellectu, per quem omne ens existit, veritas rerum omnium, uti est, attingitur... Et quoniam divina ipsa mens omnium absolutissima est praecisio, ipsam omnes creatas mentes in alteritate variationis differenter participare contingit... Actualitas igitur intelligentiae nostrae in participatione divini intellectus existit... Quanto igitur intelligentia Dei formior, tanto eius potentia actui, uti est, propinquior; quanto vero ipsa fuerit obscurior, tanto distantior"; De coniecturis (Jahr 1440) I, 12-13; ed. Paris 1514, ff. 47 v - 48 r; ed. Basel 1565, S. 87-88: "Inter enim divinam mentem et nostram id interest, quod inter facere et videre. Divina mens concipiendo creat, nostra concípiendo assimilat notiones seu intellectuales faciendo visiones; divina mens est vis entificativa, mstra mens est vis assimilativa". De mente (1450) c. 7; Paris, fol. 86 v; Basel, S. 158.

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chen Aktivität des Willens. Die Aktion überrumpelt die Vision. Das spürt man sogar im religiösen und mystischen Feld: Die „visio Dei“ wird durch die „fruitio Dei“ verwechselt. „supremus ordo denominatur a caritate“ – hatte schon Hugo von St. Viktor gesagt. Wenn man aber die intellektuelle Funktion des Erkennens als eine Lebensaktivität versteht, dann ist es leicht zu dem Schluss zu kommen, dass die universalia ein reines Produkt dieser Aktivität ist (Die Relation Wissen-Wissbare wird durch das Wissen begründet): „universale est tantum in anima, et sic non est in re (Ochkam, In I Sent., 2, 7). Das einzige was existiert ist das „concretum particulare“. Für ihn ist die Relation ein „nomen primae intentionis, quia quando significative sumitur pro re, quae non est signum, potest supponere, ut sic sit vera ‘homo est relatio’, ‘Sortes est relatio’, ex hoc ipso quod Sortes est similis vel pater alterius”48. Das Erkennen hat nicht mehr eine essentielle Beziehung zur Wirklichkeit. Die „intentio prima“ oder der individueller Begriff ähnelt sich dem Prozess der Sinneswahrnehmung oder „actus apprehensionis“ und das Urteil oder „actus iudicativus“ bestimmt nur eine Entwicklung der sensitiven Wahrnehmung mittels der Assoziation der Wahrnehmung. (Das hat Hume zum Ende gebracht). Ockham spricht auch von „notitiae incomplexae“ und „notitiae complexae“, genauso wie Locke sich später von „komplexe“ und „inkomplexe“ Ideen spricht. Aus diesem Grund ist es leicht zu verstehen, dass Ockham auf die „species intentionales“ verzichtet. Sie sind nicht mehr für die Aktivität des Denkens notwendig, die nur eine „suppositio“ der Wirklichkeit ist. Daher kommt es auch her, dass einerseits die Psychologie zu einer empirischen Psychologie, und andererseits die Metaphysik zu Logik wird. In diesem Sinne hat man Ockham, aber mit Unrecht, als den Vater der modernen Naturwissenschaften genannt. Ich sage mit Unrecht, weil die Weltanschauung Ockham weit entfernt von der heutigen Physik ist. Es ist interessant festzustellen, dass man bis jetzt Ockham (13001350) oder einen von seinen Schülern als Vater der modernen Physik betrachtet hat. Aber wie Dijksterhuis49 sagt „Man kann sich mit Recht fragen, ob eine solche akosmistische Auffassung des ockhamischen Terminismus, für die Gott, mit seinem absoluten Willen, uns einen Welteindruck produzieren könnte, ohne seiner realen Existenz, uns nicht dahin führt zu einem mit der neuen Naturwissenschaft unvereinbaren Skeptizismus.“ Es ist nicht der Nominalismus, sondern der gemäßigte Realismus, der die neue wissenschaftliche Auffassung einführt, und der von Kepler bis Planck, die Existenz von universellen Gesetzen erfordert.50 Innerhalb dieser Tendenz, die Aktivität der Seele zu unterstreichen, erscheint die Figur des Suárez. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Suárez sich öfters auf

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Summa Logicae, 1, 49: De praedicamento ‘Ad aliquid’ Die Mechanisierung des Weltbildes, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1956, S. 185. 50 Dass die Scholastik keineswegs die Erhaltung der Naturgesetzten durch die Einschaltung des Willens Gottes in Gefahr gesetezt haben, wird z. B. von Augustinus behauptet: “Sic Deus res quas condidit administrat, ut eas agere proprios motus sinat.” (De civ.Dei, VII, 30). Auch diesbezüglich sagt Scotus: “Licet enim posset agere omnia [miracula], et sic agendo entitates quidem rerum non destrueret, sed eas quasi otiosas et vanas relinqueret, maluit tamen eis, sicut entitatem, sic et virtutem activam et propriam tribuere actionem, non enim universaliter perfectionem rebus subtraxit, cuius sunt capaces.” (Quodl. q. 7, a. 2). Nichtdestoweiger, ist es allgemein von den Scholastikern behauptet, dass die causae secundae ihre Wirkursählichkeit in virtute der ersten Ursache ausüben (“ab ipsa est omnis causalitas causae inferiores”: Scotus, Ib.). Alles, was in essendo abhängig ist, ist auch in agendo abhängig. “… si Deus posset immediate in quodlibet causabile, quodlibet dependeret totaliter et praecise ab eo et, per consequens, necessario quodlibet causaret; et nunc sequitur multiplex inconveniens, scilicet quod causae secundae privarentur actionibus suis.” (Ib.). 49

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die „actio vitalis“51 bezieht; auch auf das „principium individuationis“, das sich, wie schon gut gekannt, von dem des Thomas unterscheidet; auf die Negation der „materia prima“ als reine Materie ohne jegliche Entität. Ob das auf einen Einfluss des Ochkams und Scotus zurückzuführen ist, lassen wir jetzt dahingestellt. Es ist evident, dass Suárez sich bemüht hat, den hl. Thomas zu folgen, aber das tut er nicht immer, denn, wenn er Metaphysik treibt, ist er sowieso von den Nominalisten beeinflusst. Folgende Sätze werden aber uns davon abhalten, Suárez als einen Nominalist zu betrachten: „... commiti quamdam aequivocationem in argumentis, transeundo ad ipsa re, prout in re existit, ad rem prout conceptam seu praecisam per intellectum“ (De an., 36,1,6). „… non oportere obiectum praesens esse eodem modo quo cernitur, sed eo tantum, quo aptum sit speciem imprimere“ (De an. 3,12,4).

Daher hat man Suárez, einerseits, als Empirist,52 andererseits aber als Essenzialist betrachtet. Sehen wir inwieweit Suárez ein Essenzialist ist. Es ist evident, dass Suárez sich bemüht, den Abgrund zu überspringen, der zwischen diesen beiden Auffassungen des Erkennens entstanden ist. Ich widerspreche Siewerth, wenn er sagt, dass Suárez sich dabei hält, eine reine konzeptuelle Objektibierbarkeit des Seins zu behaupten. Auch Gilson ist dafür, Suárez als einen Essenzialist zu nennen. Der gotische Spiritualismus und der Mystizismus der Viktorinen gehen Hand in Hand mit dem Optimismus der Renaissance und mit der logischen Abstraktion. Die Essenz, die von jeder Final- und Wirkursache absieht wird zur Grundlage des unabhängigen Humanismus der Renaissance, eines Erkennens, das aus sich selbst seinen Bedarf deckt. Die Essenz stellt sich gegen die Existenz entgegen. Bei seinem Versuch, die Kluft zu überspringen, sieht Suárez ganz klar dass, bei Scotus das ontologische System in bezug auf Thomas von Aquin eine Änderung erfahren hat. Für Thomas müsste der „actus essendi“ durch die spezifische Essenz beschränkt werden. Aber Avicenna hatte gerade das Gegenteil gemeint: Die Essenz genießt eine so große und vollkommene Bedeutung, dass sie durch die Existenz, in der Form eines Akzidents, beschränkt werden muss. Suárez, seinerseits, verteidigt mit Energie, dass die Essenz, in ihrer objektive Potenz – davon wird Gott ausgeschlossen – ist Nichts (omnino nihil, DM 31,2,5; 31,5,10), sodass es zwischen Existenz und das Nichts kein mittleres „Sein“ gibt. Aber damit entsteht das Problem der „ewigen Wahrheiten“, der „essenziellen Wahrheiten“. Was sind sie? Man müsste sogar sagen können, dass es, außer der Wahrheit, die sich auf der Existenz gründet, keine andere Wahrheit mehr gibt. Worin denn fußen die „ewigen Wahrheiten“, die noch keine Existenz haben? Wenn die Essenz zusammen mit der Existenz zugrunde geht, genauso wie sie zusammen mit ihr erschaffen wird, dann sind die essenziellen Sätze erst dann wahr, wenn sie in die Existenz kommen. Wenn die Essenz zugrunde geht, geht auch die essenzielle Wahrheit zugrunde. Noch besser: Es gibt weder Wahrheit noch Falschheit. 53

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Vgl. z. B. ”cognitionem vero actualem, cum sit vitalis actus… non recipi solum, sed elici quoque a vitali potentia” (De an., 3,1,21). Vgl. auch De an., 3,5,6.11. 52 So Junk, Die Bewegungslehre des F. Suárez, Innsbruck-Leipzig 1938, S. 22. 53 E. Gilson, L’être et l’essence, Paris, Vrin; F. Alquié, La decouverte metaphysque de l’homme chez Descartes, Paris 1950, S. 36 f.

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Wenn diese essenziellen Wahrheiten von dem Gottes Willen abhängen (wie später Descartes gesagt hat), dann sind sie nicht mehr notwendig, sondern von der Gottes Freiwilligkeit abhängig. „Nam si ab ipso Deo proveniret eorum veritas, id fieret media volunate Dei; unde non ex necessitate proveniret, sed voluntarie“ (DM 31,12,40).

Hängen sie vielleicht von der notwendigen Konnexion zwischen den Extremen des Satzes ab? „Quando res creatur, essentias rerum creari et fieri, non tamen fieri praedictam connexionem, nam aliud est essentiam fieri, aliud vero est fieri, ut talis essentia sit talis rei, verbi gratia hominis, equi, etc. essentia“ (DM 31,12,41).

Darauf antwortet Suárez: Wenn die Konnexion zwischen diesem Prädikat und diesem Subjekt ewig wäre, dann müsste man weiter fragen: was ist sie außerhalb Gottes? Entweder ist sie Etwas oder ist es Nichts. Wenn sie Etwas außerhalb Gottes ist, wie kann sie ewig existieren ohne die Wirkursächlichkeit Gottes? Darum scheint falsch zu sein das, was darüber gesagt wird, nämlich dass die Essenz doch einer Wirkursächlichkeit benötigt, nicht aber ihre Wahrheit: „... falsum enim esse videtur, quod dicitur, essentiam causam efficientem, veritatem autem essentiae non habere“ (DM Ib.).

Der Grund ist, dass die Wahrheit der Essenz nichts anderes ist als die Essenz selbst. Alles kommt also darauf an, welchen Sinn man der Kopula oder dem Satzband „ist“ gibt: „Haec controversia tota consistit in varia significatione illius copulae ‚est’, per quam coniungantur extrema in his enuntiationibus“ (DM 31,12,44).

Suárez unterscheidet zwei Momente: (1) der existentielle und der (2) essentielle Moment. (1) „In priori sensu veritas propositionis pendet sine dubio ab existentia extremorum. Et in hoc eodem sensu optime probant rationes... factae, veritatem harum enuntiationum pendere ex causa efficienti, a qua pendet existentia extremorum“ (DM 31,12,44). (2) „... praedicatum esse de ratione subiecti, sive extrema existant sive non (Ib.) Die existentielle Reduktion wird durch eine hypothetische Reduktion zustande gebracht: „Propositiones in hoc sensu reducuntur ad sensum hypoteticum seu conditionatum“ (DM 31,12,45).

Bei diesem Zusammenhang könnten wir uns an dem erinnern, was der agustinianer Mathaeus von Aquasparta gesagt haben soll: „Gäbe es Wahrheiten ohne dass die Sachen existieren? Der hl. Thomas hat darauf beantwortet: „Nulla res est suum esse, et tamen esse rei quaedam res creata est; et eodem modo veritas rei aliquid creatum est“ (De ver. 1,4, ad 3 et 4).

Für Suárez gründet sich dieser hypothetische oder bedingte Sinn auf der „ordo ad esse“, die jede in sich nicht kontradiktorische Essenz hat, und die durch die Gottes Allmacht in die Existenz gebracht wird. Auf diese Weise, kann man von einer realen Essenz nur in dem Sinne sprechen, dass sie durch Gottes Allmacht geschöpft und sie in ihrem realen Sein konstituiert wird.

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Daraus ergibt sich, dass das „esse reale“ und das „esse potentiale“, wenn sie von derselben Essenz ausgesagt werden, einen verschiedenen Sinn bekommen. Das „esse potentiale“ wird von einer Essenz ausgesagt, wenn sie, einerseits, keine Kontradiktion mit einschließt, andererseits, wenn sie fähig (apta) zu existieren ist. „Esse reale“ wird von einer Essenz ausgesagt, wenn sie, einerseits, keine metaphorische oder erdichtete (confictum, Ib. 10) Essenz ist, andererseits, und in einem mehr possitiven Sinn (ens qua nomen), wenn sie aktuell in ihrer Ursache ist (actu in causa, Ib. 31,2,7). Eine Natur wird „möglich“ oder „schöpfbar“ (possibilis vel creabilis, Ib. 10), insofern sie fähig ist zu existieren (apta ad existendum, Ib.). In Gott hat sie ein „reales exemplar“, das nicht immer ein „reales sein“, sondern auch ein „mögliches sein“ darstellt (ens possibile, Ib.). Eine Essenz ist real in Gott, wenn man von ihrer Existenz absieht, aber dieses „Absehen von der Existenz“ besagt nicht, dass man von der Existenz total absieht, sondern dass man von ihr durch die Aktivität des Intellekts absieht. Es handelt sich um eine „distinctio rationis“, die „per compositionem et divisionem“ handelt. „Quod vero essentia aut quidditas realis sit, intelligi non potest sine ordine ad esse et realem existentiam actualem; non enim aliter concipimus essentiam aliquam, quae actu non existit, esse realem, nisi quia talis est ut ei non repugnet esse entitatem actualem, quod habet per actualem existentiam; quamvis ergo actu esse non sit de essentiae craturae tamen ordo ad esse vel aptitudo essendi est de intrinseco et essentiali conceptu eius„ (DM 2,4,14).

Das, was wir dabei feststellen können ist, dass durch einen Wechsel bei der Auffassung des Seins, die Vollkommenheit des Seins (actus essendi) in dem die Metaphysik irgendwie fusst, verloren geht. Suárez stellt sich in diesem neuen Rahmen hin und gibt dem Konkretismus und der menschlichen Art zu erkennen einen besonderen Rang, sodass er die Auffassung des hl. Thomas widerspricht, nach dem Essenz und Existenz sich real unterscheiden. Suárez sieht in der Welt das konkret existierende Dasein, so dass die reale Unterscheidung Essenz-Existenz nicht mehr gilt; es genügt eine „distinctio rationis“, die durch die Aktivität des Intellekts hervorgebracht wird. Suárez interessiert viel mehr die konkrete Kontingenz des geschöpften Dinges, als seine metaphysische Zusammensetzung. Trotzdem kann er nicht umhin, eine metaphysische Unterscheidung neben der physischen hinzustellen, denn sonst könnte man keinen Grund finden, um die Beschränkung (limitatio) des Geschöpfes zu behaupten, d. h. wenn die Existenz nicht durch die Essenz (nach Thomas v. Aquin) beschränkt würde, dann wäre das Geschöpf ohne Grenzen und unendlich: „Sed instabitur quia esse non receptum in aliquo non habet unde limitetur; quia neque a receptiva potentia, neque ab aliqua differentia contrahente. Ad hoc uno verbo sufficienter responderi posset, seipso et ex vi entitatis suae esse limitatum et finitum, neque indigere aliquo limitante vel contrahente in re distincto a seipso, sed intrinsece natura sua esse tantae perfectionis per suam formalem entitatem, extrinsece vero limitari a Deo, vel effective, quia ab eo recipit tantam perfectionem essendi et non maiorem, vel ut a causa exemplari, quia commensuratur tali ideae divinae repraesentanti tantam perfectionem et non maiorem. Ut vero hoc magis declaretur, distinguere possumus duplicem contractionem seu limitationem, unam metaphysicam, et aliam physicam. Metaphysica contractio non requirit distinctionem actualem ex natura rei inter contractum et contrahens, sed ad illam sufficit distinctio conceptuum cum aliquo fundamento in re, et hoc modo... admittere possumus essentiam finiri et limitari in ordine ad esse, et, e converso, ipsum esse finiri ac limitari, quia est actus talis essentiae. Nam sub distinctis rationibus seu in diverso genere causarum, non repugnat hic circulus; sicut in ipsamet essentia distinguimus genus et differentiam per quam species constituitur et

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limitatur ad talem ac tantam perfectionem, et ipsa differentia, ut differentia est, dici potest limitari in ordine ad tale genus, cuius est actus, et e converso. At vero, physice loquendo, si essentia sit simplex, substantialis et completa, revera non indiget aliquo formaliter ac intrinsece limitante, praeter seipsam; sed sicut substantia composita limitatur a suis intrinsecis componentibus seu principiis..., quod nihil aliud est quam per suammet entitatem intrinsece limitari, ita substantia simplex creata physice ac realiter seipsa limitata est. Quam limitationem habet, vel in potentia antequam fiat, vel in actu cum fit. Unde cum existentia nihil aliud est quam essentia in actu constituta, sicut essentia actualis per seipsam vel per sua intrinseca principia est formaliter limitata, ita etiam existentia creata limitationem habet ex ipsa essentia, non ut est potentia in qua recipitur, sed quia in re nihil aliud est quam ipsamet actualis essentia“ (DM 31,12,18)

Gott hat eine Exemplarursche, nach der er die Welt als ein Künstler erschöpft (ut a causa exemplari, sicut omnia artificiata in intelllectu artificis), der seiner ExemplarUrsache gemäß, die eine bestimmte Perfektion hat, sein Werk schafft. Die Relation mit dem hl. Thomas von Aquin Auch der hl. Thomas im ersten Artikel der ersten Frage seiner Quaestiones disputatae de veritate,54 widerlegt eine mögliche Identifizierung des Wahren mit dem Seienden, denn Wahr-Sein bedeutet immer seine Erfassung in einem Intellekt, d. h. in einem geistigen Bewusstsein. Schon im „Respondeo dicendum” des zweiten Artikels folgen die entscheidenden Sätze: „Dadurch erhellt, dass die natürlichen Dinge, von denen unser Geist sein Wissen empfängt, unsere Einsicht bestimmen; sie werden aber bestimmt vom Geist Gottes, in dem sie alle erschaffen sind, wie alle Kunstwerke im Geiste des Künstlers sind .” „Das natürlich Seiende ist zwischen zwei Intelligenzen konstituiert, und im Bezug auf beide heißt es wahr; im Bezug auf den göttlichen Geist heißt es wahr, insofern es erfüllt, wozu es durch den göttlichen Geist hin geordnet ist.” „Res ergo naturalis inter duos intellectus constituta, secundum adaequationem ad utrumque vera dicitur; secundum enim adaequationem ad intellectum divinum, dicitur vera, inquantum implet hoc ad quod est ordinata per intellectum divinum“ (De ver., o.c., S. 5, col. 2, lin. 4)

Im vierten Artikel wird dieser Gedanke wieder aufgegriffen: „Die Wahrheit, die von den Dingen im Vergleich zum menschlichen Geist ausgesagt wird, ist für die Dinge sozusagen akzidentell... Die Wahrheit aber, die von den Dingen im Bezug zum göttlichen Geist ausgesagt wird, gehört ihnen in untrennbarer Weise zu: sie könnten ja nicht bestehen ohne den göttlichen Geist, der sie zum Sein hervorbringt.” (De ver., o.c., S. 8, col. 1, lin. 40).55

Die Frage, ob Gottes Wissen der Grund der Dinge sei, wird in q. 2, a. 14 ganz klar und präzis beantwortet:

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S. Thomae Aquinatis, Doctoris Angelici, Quaestiones disputatae de veritate, Band I: De veritate. Cura et Studio Fr. Raymundi Spiazzi, OP. Editio Marietti, Torino-Rom 1964, S. 5, col. 1, unten: Ex quo patet quod res naturales ex quibus intellectus noster scientiam accipit, mensurant intellectum nostrum, ud dicitur X Metaph., comm. 9, sed sunt mensuratae ab intellectu divino, in quo omnia creata, sicut omnia artificiata in intellectu artificis”. 55 „Veritas autem quae dicitur de rebus in comparatione ad intellectum humanum, est rebus quodammodo accidentalis, quia posito quod intellectus humanus non esset nec posset esse, adhuc res in sua essentia permanerent. Sed veritas quae dicitur de eis in comparatione ad intellectum divinum eis inseparabiliter communicatur; non enim subsistere possunt nisi per intellectum divinum eas in esse producentem”.

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„Es kann also nicht behauptet werden, dass die Dinge, die Gott weiß, der Grund seines Wissens in ihm seien; denn die Dinge sind zeitlich, die Wissenschaft Gottes aber ist ewig, das Zeitliche kann aber nicht die Ursache des Ewigen sein... Daher bleibt nur übrig zu sagen, dass sein Wissen die Ursache der seienden Dinge ist."56

Eine ganz wichtige Unterscheidung bringt Thomas in q. 3, a. 3 über die Verwirklichung der Ideen: Die Wesensschau Gottes, die „scientia visionis”, genügt nicht zur Erklärung; es muss die „scientia approbationis”,57 die Willensordnung zur Erschaffung der bewussten Dinge, hinzukommen. Das ist eine philosophische Annäherung hin zum Geheimnis der Schöpfung aus dem Nichts. Natürlich können wir absolut nichts vom Absoluten aussagen, sondern nur von seiner Wirkung und Erfahrung in uns. In der absoluten Einheit Gottes von einer Unterscheidung von Einsicht und Wille zu reden, ist ein purer Anthropomorphismus. Aber wir können von der Offenbarung Gottes her auch philosophisch näherkommen: Im Schöpfungsbericht des Buches Genesis kommt mehrmals das Wort „Fiat”, „Es werde”, vor. Nach der üblichen Übersetzung ist die Deutung jedoch nicht schwierig: „Fiat lux – es werde Licht”: „Licht” ist die Wesenheit, die Idee in der ewigen schöpferischen Schau Gottes; die „scientia approbationis”, die das zu Schaffende gut heißt, spricht das Wort aus: „Es werde...”, und die Wesenheit empfängt den Akt des Seins. Ich habe immer den Eindruck gehabt, dass Suárez kein reiner „Metaphysiker“ nach dem Model des hl. Thomas ist, sondern viel mehr ein „Physiker“, der sich nicht darum kümmert, wie es Gott möglich ist, das unvollständiges Geschöpf ohne eine reale Unterscheidung zwischen Essenz und Existenz zu schöpfen. Das kann man bestätigen durch seine Theorie des „principium individuationis“. Gleicherweise kann man auch das bestätigen durch seine Theorie der Universalien, die sich durch den Vergleich der konkreten und individuellen Sachen stattfindet. Aber zu sagen, dass Gott ein „mere spectator“ ist, hat im metaphysischen Systems des Suárez gar keinen Grund. Der berühmte augustinischer Satz in den Confessiones (XIII) bekräftigt diese Ansicht: Du siehst die Sachen nicht weil sie sind, sondern sie sind, weil du sie siehst“. Die Relation mit Duns Scotus Für Scotus sind die Sinne niemals die Ursache unserer Erkenntnis, sondern nur eine occassio; es ist der intellectus agens die causa integra factiva obiecti in intellectu“.58 Wenn dem so ist, müsste man daraus erschließen, dass die Erkenntnis durch eine Abstraktion zustande kommt. Aber nicht in dem Sinne des hl. Thomas, sondern insofern die Sinne eine Form sind, die den Intellekt zu denken antreibt (excitat), der essentiell an das Intelligibile teilnimmt, sodass irgendwie mit der haecceitas der einzelnen Dingen im Kontakt bleibt. Auf diese Weise ist es der menschliche Geist, der die universalen Begriffe bestimmt, die der Existenz ermangeln. Omnis scientia est de re non praecise ut existens est; quod intelligo sic: quod ipsa existentia, etsi sit ratio intellecta in obiecto vel circa obiectum, tamen non necessario requiritur ut actualiter conveniens subiecto, inquantum est scibile“ (Quodl. 7, 8). Obras

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„Non potest autem dici quod res scitae a Deo sint causa scientiae in eo, cum res sint temporales et scientia Dei sit aeterna; temporales autem non possunt esse causa aeterni... Unde relinquitur quod scientia eius sit causa rerum.“ 57 “Ad octavum dicendum… sicut est existentia rerum quam addit scientia visionis; vel ordo voluntatis ad res scitas producendas, quem addit scientia approbationis” (Ib. S. 69, col. 2, lin. 9) 58 Met., I, 7, 8.

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del Doctur Sutil Juan Duns Escoto (Ed.. Félix Alluntis, OFM), Madrid 1968, n. 24, S. 261).

Mit einem Wort, das Sein wird zu einem unbestimmten Begriff (simpliciter simplex), der alle modi des Seins mit einschließt: die partikulären und die untergeordneten. Dieser Begriff hat nicht zu tun mit der thomistischen Auffassung des actus essendi, denn für Scotus beruht dieser Begriff in der idealitas, für die es nur notwendig ist, dass keine logische Kontradiktion vorhanden ist (Met., VI, 4,3). Die Univozität des Seins wird durch die Univozität des Begriffes des Seins im Syllogismus bestätigt. Daraus wird die große Relation zwischen de Metaphysik und der Logik ersichtlich. Die Metaphysik ähnelt sich der Logik. Wenn es sich um eine Logik der Erkenntnis handelte, könnte man auch bei der thomistischen Metaphysik von einer gewissen Univozität des Seins sprechen. Aber so bald es sich um eine Logik der Prinzipien, der wahren Erkenntnis, handelt, unterscheiden sich sofort die scotische und die thomistische Auffassungen: die scotische bleibt mehr oder weniger an der Logik hängen, währen die thomistische zu einer Analogie des Seins wird. Gilson meint aber, dass Scotus das Sein nicht als Begriff auffasst, sondern als reales Sein, sodass das Sein im Grunde zu einer Idealität wird, die essentiell bei jedem Ding innewohnt. Und sobald dieses Sein sich im Intellekt befindet, erscheint der Intellekt als das Fundament des Seins. Zubiri hat dieser Sachverhalt mit einer exakten Definition: La filosofía, razón creada, fue posible apoyada en Dios, razón increada. Pero esta razón se pone en marcha, y en un vertiginoso despliegue de dos siglos irá subrayando progresivamente su carácter creado sobre el racional, de suerte que, a la postre, la razón se convertirá en pura criatura de Dios, infinitamente alejada del Creador y recluida, por tanto, cada vez más en sí misma. Es la situación a que se llega en el siglo XIV. Sólo ahora, sin mundo y sin Dios, el hombre se ve forzado a rehacer el camino de su filosofía, apoyado en la única realidad substante de su propia razón: es el orto del mundo moderno. Alejada de Dios y de las cosas, en posesión, tan sólo, de sí misma, la razón tiene que hallar en su propio seno los móviles y los órdenes que le permitan llegar al mundo y a Dios. No lo logra. Y, en su lugar, a fuerza de intentar descubrir estas vertientes mundanales y divinas de la razón, acaba por convertirlas en la realidad misma del mundo y de Dios. Es el idealismo y el panteísmo del siglo XIX.”59

Die Annäherung an die Welt erfolgt durch „Zeichen“ (signa), die einen fundamentalen und radikalen Unterschied zwischen „signa et res significatas“ aufzeichnen. Das „Zeichen“ ist ein Universale, das des Seins entbehrt. Das partikulare wird unerkennbar. Auf diese Weise stellt uns Ockham den Weg vor, um es durch eine intuitive Form zu erkennen. Der Spiritualismus öffnet den Weg zu den reinen Werten, nachdem der Nominalismus den Weg zur Realität geschlossen hatte. Um diese Kluft zwischen der konzeptuellen Objektivität und dem praktischen Intuitionismus, schlägt Ockham seine Theorie der Ähnlichkeit vor, die die Begriffe mit den Sachen aufweisen. Wenn es aber einerseits stimmt, dass die Begriffe „quaedam fictum“ sind, weil „eorum esse eorum cognosci“ ist (I Sent. 2, 8), und anderseits dass, das Partikuläre mit der Metaphysik nichts zu tun hat, dann gibt es keine andere Form, es zu vereinigen als durch die Kreation eines konstruktiven „intellectus arquetypus“, weil der passive Intellekt nur fähig ist, entweder den „conceptus obiectivus“, der als Reflexion aus seiner ei-

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Huestra situación intelectual, III: Ciencia, Filosofía, Vida Intelectual, Barcelona 1942 [Offiziele Bibl. #43, pp. 3-31, 5ª ed.].

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genen Aktivität entsteht, oder das Partikuläre auf eine intuitive Form zu vernehmen. Die Methode des Vergleichs (comparatio)60 erfordert, dass die „comparandae res“ sich mit einem tertium vergleichen, damit die Ähnlichkeit der im Vergleich stehenden Sachen ersichtlich wird. Wenn aber das Partikuläre nur durch Intuition erkannt wird, wird jeder Versuch einer comparatio zum Scheitern verurteilt und das Universalle bleibt in einer Atmosphäre der Konfusion. Suárez stellt uns seinen eigenen Weg. Es ist evident, dass er eine Vereinigung der Feldern versucht, die der Nominalismus entzweitet hatte. Wie schon bekannt, versucht Thomas von Aquin den „actus essendi“ durch die spezifische Essenz zu beschränken, während bei Avicenna im Gegenteil ist es gerade die Essenz, die die Vollkommenheit genießt, die durch die Existenz zu einer Form eines Akzidens beschränkt wird. Bei Suárez wird die Prädikatenlogik betont. Die Repräsentation oder das Zeichen erscheint in einer totalen Distanz mit dem repräsentierten Ding. Die Sprache des Zeichens ist geboten: Die Algebra, die Logistik. Suárez aber versucht diese Kluft zu überwinden, indem die von dem menschlichen Intellekt verstandenen Dinge ihr Fundament in den Dingen selbst haben. Siewerth versucht vier Methoden zu analysieren, durch die diese Kluft überwunden werden könnte: Der Okkasionalismus des Malebranch, nach dem der Intellekt von der Rationalität verzichtet und den Glauben vorzieht. Der Empirismus von Hume, nach dem nur die positiven Fakten in Betracht gezogen werden. Der Rationalismus, nach dem die Begriffe erst genommen und sie als Prinzipien des Denkens betrachtet werden: Descartes, Leibniz, Berkeley, Wolff, Kant. Der Idealismus, nach dem man das Sein und die Realität so mit dem Denken zu vereinen versucht, dass sie in einer dialektischen Verhältnis ihr Sinn bekommen: Fichte, Hegel. Es gibt aber eine fünfte Methode, diese Kluft zu überwinden. Die moderne Physik hat versucht, den Realismus und den naiven Empirismus zu überwinden. Aber sie trachtet nicht danach, das „Ding an sich“ zu erkennen, d. h. eine absolute Verfasstheit der Realität zu erhalten, sondern die geheimnisvolle Realität mittels der mathematischen Symbole zu erreichen, wobei das Subjekt der Erkenntnis unbedingt mit eingeschlossen ist. Diese Methodologie verwendet irgendwie den „conceptus objectivus secundae intentionis“ in der Form eines mathematischen Zeichens, das die Realität repräsentiert. Diese Repräsentation ist nicht formalis, sondern instrumentalis. So sagt Suárez: „Species non esse similitudines formales seu picturas obiectorum“. Die Spezies ist nur „instrumentum ad ipsam actualem expressamque similitudinem formalem“ (De an. 3,2,26). Auf diese Weise, der vermeinte Isomorphismus zwischen Realität und Denken, die aus der Aktivität des Denkens vorausgesetzt wird, bleibt immer noch zweifelhaft. Kann aber dieser Isomorphismus auf der Voraussetzung beruhen, dass die Ähnlichkeit nicht in den Formen, sondern in der Materie, während die Unähnlichkeit gerade in den Formen besteht? D. h. ob die Ähnlichkeit in der Essenz der Dinge nur in Bezug auf die Materie, während die Unähnlichkeit in der Essenz der Dinge auf die Form zurückzuführen ist. In Bezug auf die Wissenschaft, erklärt sich Suárez gegen den Nominalismus, nach dem es in der Welt nur Individuen gibt. Das proprium jener Wissenschaft ist immutabbilia et oerfecta, ingenerbilia et incorruptibilia (DM 6,1,6) als Objekt zu ha60

Man kann sich denken, dass eine comparatio notwendigerweise eine bestimmte Aktivität des Intellekts vorasusetzt, sodass der Begriff der Relation, die auf einer comparatio besteht, auch ein Akt (m Sinne einer medialen Bedingung) des „In-Beziehung-Setzens“ ist. So Buridan: „Hoc nomen ‚relatio‘ ist nomen vebale significns actum, quo referens refert et quo relatum refertur“ (Prad. q, 12 (Schneider 82). Zitat aus Schonberger, o.c., S. 399 Fussnote.

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ben, sonst könnten wir die Universalia von den Individuen nicht unterscheiden und dementsprechend gäbe es keine Wissenschaft von den gemeinsamen Dingen, sondern nur von den „Namen“ (vcibis, Ib.). Nun ist aber so, dass die in den Dingen existierende Natur nicht universal actu sein kann, gibt es aber eine Universalität, die nicht vom Intellekt erdichtet ist, sondern ex se vor jeder intellektuellen Kontraktion auf die Individuen

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Kapitel II Aristotelisches Hintergrund des Pros ti Für Aristoteles bilden die Kategorien die höchsten Gattungen des Seienden, für die es nichts Gemeinsames mehr gibt (Phys. III: 200 b 34). Aristoteles verfügte über keinen Namen für die Kategorie der Relation, und verwendete eine präpositionale Wendung, nämlich ta pros ti, die wahrscheinlich von Pitagoras herstammt. Die Scholastiker haben als Übersetzung ebenfalls einen präpositionalen Satz gewählt: ad aliquid. (1) Die Kategorien Der gemeinsame, logische Nenner der Kategorien besteht darin, dass sie als ein Netz verstanden werden, das alle möglichen Objekte in sich zusammenfasst, die ihrerseits als Teile eines Satzes („der Mensch ist eine Substanz“; „die blaue Farbe, eine Qualität“; „Vater, eine Relation“, usw.) oder als Antworten auf die Fragen, die man der Wirklichkeit stellt (Was ist das?; wie ist das beschaffen?) verstanden werden können. Das, was von einer Substanz ausgesagt wird ist eigentlich dieselbe Substanz als Subjekt, das mit bestimmten Prädikaten ausgestattet ist: z.B. Paul ist eine Substanz, von der ausgesagt werden kann, dass sie verschiedene Prädikate zulässt. Die Idee der Kategorie weißt auf eine Klassifikation hin, nicht aber umgekehrt, denn nicht jede Klassifikation enthält eine Kategorie. Ob diese Klassifikation zulänglich oder vollständig ist, wird in der Scholastik zu einem gemeinen, technischen Problem, mit dem wir uns später auseinandersetzen wollen. Für Aristoteles ist die Substanz (ουσία) die erste Kategorie, die wenigstens vier Auffassungen haben kann: „die Essenz“, „das Universelle“ und vor allem „das Subjekt“ („hypokeímenon“),62 während die anderen Kategorien als Akzidenzien betrachtet werden, die der Substanz inhärieren. Dabei ist die relatio (τα προς τι) in eine der letzten Kategorien zurückgedrängt. Diese Einordnung ist vielleicht daraus zu erklären, dass die Substanz unserer gewöhnlichen Erfahrung nach, als das Evidente erscheint, als ens ut ens. Sie ist sozusagen, die proto-Kategorie. Aristoteles kann sich nicht vorstellen, dass eine Substanz zuerst relativ oder mit einem casus obliquus63 (Genitiv, „Petrus est Pater 61

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Das monadonologische (eine Welt ohne Fenster) System von Leibniz steht irgendwie in Kontradiktion mit seinem Begriff der universalen Harmonie, nach dem alles mit allem in Beziehung steht, sodass jegliche kleine Modifikation sich in dem übrigen Welt wiederspiegelt. Diese transzendentalen Relationen, obwohl sie nicht real existent sind, sind trotzdem die von Gott gewohlten rationes, die es ermöglichen, dass es bestimmte mögliche Entitäten in der Welt und nicht andere gibt. Der Grund, dass es diese unsere Welt gibt besteht darin, dass in ihr ein „maximum possibile“ von Relationen existieren, die ihre Definition bestimmen. 62 Arist., Met. VII, 3: 1028 b 35. 63 Vgl. Ockham: “Quia aliqua nomina sic sua significata significant quod absolute possunt de aliqua praedicari absque hoc quod addatur eis aliquis casus obliquus. Sicut aliquis est homo, quamvis non sit alicuius homo, vel alicui homo, et sic de aliis casibus obliquis. Aliqua autem nomina sic sua significata significant quod de nullo verificari possunt nisi vere et convenienter possit eis addi casus obliquus alterius dictionis. Sicut impossibile est quod aliquis sit pater nisi sit alicuius pater, et impossibile est quod aliquis sit similis nisi alicui sit similis, ita quod ista nomina ‘pater’, ‘filius’, ‘causa’, ‘causatum’, ‘similis’ et huiusmodi de nullo possunt vere affirmari, si significative sumantur, nisi vere et convenienter possit eis addi respectu eiusdem aliquis casus obliquus. Et omnia talia nomina vocantur nomina relativa. Et secundum unam opinionem omnis res pro qua potest tale nomen in propositione vera supponere est vera relatio, ut sic ‘relatio’ non sit nomen secundae intentionis, nec secundae impositionis, sed sit nomen primae intentionis, quia quando significative sumitur pro re, quae non est signum, potest supponere, ut sic sit vera ‘homo est relatio’, ‘Sortes est relatio’, ex hoc ipso quod Sortes est similis vel pater alterius…. Et ideo se-

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Pauli“), und dann als Substanz betrachtet wird. Das Wichtigste ist, dass die ουσία mit dem λόγος (der auch „Sprache“, „vox“ bedeutet) in Beziehung tritt. Es gibt einen Isomorphismus zwischen „res“ und „Sprache“. Trotzdem hat Aristoteles die Substanz in den gleichen Rang (genera suprema) der Kategorien hineingestellt als die Akzidenzien, obwohl jene immer den ersten Platz einnimmt, während die übrigen Kategorien einen sekundären Platz haben. Demnach, ergibt sich, dass die nicht substantiellen Kategorien, nämlich die Akzidenzien, der Gefahr ausgesetzt sind, ihre Bedeutsamkeit in Bezug auf die erste Kategorie, die Substanz, zu verdunkeln. So könnten wir sagen, dass Aristoteles bei der Behandlung der Kategorien den „generischen“ Aspekt – nach dem alle Kategorien zu demselben, generischen modus essendi zugehören – von dem „spezifischen“ – nach dem die nicht substantiellen Kategorien von der Substanz sich absondern – unterscheidet. Daraus ist bei der Scholastik das Problem ihrer „sufficientia“, ihrer „status ontologicus“ und ihrer „Deduktion“ entstanden. Wenn auch die nicht substanzielle Kategorie der Relatio als Akzidens betrachtet wird, so muss man trotzdem sagen, dass sie einen „besonderen Typ“ davon ausmacht, denn eine Relation scheint sich, durch die „Inhärenz in zwei Subjekten“ auszuzeichnen. Sie soll eine „Brücke“ oder eine „via“ zwischen zwei Ufern sein. Thomas von Aquin und Suárez aber negieren diese „doppelte Inhärenz“, denn, obwohl es sich dabei um zwei Subjekte handelt, ein und dieselbe Inhärenz besteht nur in einem Subjekt, das seinerseits ein anderes „sieht“. Die Relation als Akzidens inhäriert in einem Subjekt, aber als relatio bezieht sich auf ein anderes. Man muss auch zwischen „Akzidens“ und „ens accidentale“ unterscheiden. Das ens accidentale schließt die Substanz und das Akzidens. So sagen wir, dass ein Autounfall fortuito, accidentaler vorgekommen ist. Es ist unmöglich, sich ein Bild einer real existierenden Substanz zu machen, ohne dass sie mit bestimmten Akzidenzien ausgestattet wird (ens accidentale ist, wie gesagt, von dem Akzidens zu unterscheiden). Tatsächlich könnten wir uns einen Tisch vorstellen, der ohne einen bestimmten Akzidens (z. B. blaue oder weiße Farbe) existieren kann, aber er muss immer eine bestimmte Farbe haben und in einem bestimmten Platz hingestellt sein. Der Tisch existiert nur in einer bestimmten raum-zeitlichen Situation. Für die Substanz ist also diese Bezeichnung doch akzidentell, aber sie und die anderen nicht substantiellen Kategorien geben zu erkennen, dass sie irgendwie essentiell sind, denn sie gehören zu den generellsten und essentiellsten Attributen der Wirklichkeit: sie sind ein modus essendi. Weder die Substanzen noch die Akzidenzien können nicht existieren, ohne dass sie sich zueinander beziehen. Sie machen eine Art von transzendentaler Relation aus. Bei der Scholastik, im Gegenteil, kann man eine Substanz begreifen, die ohne Akzidenzien bestehen kann, nämlich Gott. Salvari potest ratio substantiae sine ratione accidentis, ut patet in Deo, et non e contrario. Non enim substantia est prior tempore, sed prius natura, id est, perfectione, quia magis a natura intenta (De gen. et corr. d. 1, q. 4. Castellote 491).

Wir könnten uns fragen, was wäre geschehen in der philosophischen Literatur der folgenden Jahren, wenn Aristoteles der relatio eine wichtigere Position zugestanden hätte, sodass er sie in die erste Stufe der Kategorien gestellt hätte. Man könnte sich eine Welt vorstellen, in der die relatio eine Proto-Kategorie wäre, sodass man die Substanz

cundum suam [Aristotelis] opinionem non debet concedi quod homo est relatio vel albedo est relatio, sed debet concedi quod hoc nomen ‘pater’ est relativum, et non debet concedi quod iste homo qui est pater est relativum” (Summa Logicae, 1.49: De praedicamento ‘ad aliquid’).

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selbst auch irgendwie als relativ bezeichnen könnte. Darüber haben die Scholastiker, Leibniz64 und die modernen Philosophen65 gegrübelt. (2) Die Kategorie als dialektische Funktion66 Aristoteles bezieht sich in seinen “Sophistischen Widerlegungen” auf den platonischen Dialog des Euthydemos, in dem zwischen Euthydemos und Ktsippus das „Vater-Sophisma“ diskutiert wird, nach dem Sophronikos zu gleicher Zeit Vater und nicht Vater sein kann. Auch ein anderes Beispiel wird dazu genannt: ob ein Gut für einen gut, für andere aber schlecht sein kann. Ähnlich wenn es sich um das Bezügliche (pros ti), das Wo (pou) und das Wann (pote) handelt. Alle solche Schlüsse (lógoi) fußen nämlich auf folgendem: Ist Gesundheit oder Reichtum ein Gut? Aber für den Unenthaltsamen (áphronos) und den nicht richtig Nutzenden (mê orthós chrómenos) sind sie kein Gut. Also sind sie ein Gut und kein Gut (Soph. el. 25, 180b 7-10).

Damit entdeckt Aristoteles, wo eigentlich das Sophisma sich befindet, nämlich, dass man den jeweiligen Bezug außer Acht lässt, d. h. dass man Vater sein könnte, ohne den Bezug auf einen bestimmten Sohn, oder dass etwas gut sein kann, ohne seine Referenz auf einem bestimmten Menschen. Ein Mittel dieser Sophisma auszuweichen wird von Aristoteles angegeben: Die [Schlüsse] aber, die darauf beruhen, dass das, was eigentlich dieses ist, entweder nur in einer gewissen Hinsicht, oder dort, oder dann, oder mit Bezug auf etwas (pros ti), und nicht schlechthin ausgesagt wird, muss man lösen, dass man den Schlusssatz der Verneinung gegenüber darauf untersucht, ob er einer von diesen Bedingungen untersteht… (Soph. el. 25: 180a 23-31). Auf der Gestalt des sprachlichen Ausdrucks beruhende [Widerlegungen] liegen vor, wenn man das, was nicht dasselbe ist, auf dieselbe Weise ausdrückt… (Soph. el. 4: 166b 10-14).

Die Relationen spielen also bei Aristoteles in der Art zu sprechen eine wichtige Rolle, um Sophismen zu vermeiden. „Vater sein“ kann man von keinem Menschen ausgesagt werden, ohne dass er sich auf einen bestimmten Sohn bezieht. Das könnte man mit der modernen Prädikatenlogik so ausdrücken: „Vater von… “, was ein zweistelliges Prädikat bedeutet. Nun aber wissen wir, dass weder Aristoteles noch die Scholastik keine Prädikatenlogik gekannt haben: sie haben sich immer nur mit einstelligen Prädikaten ausgedrückt, obwohl sie den Inhalt von mehrstellige Prädikaten wohl gut gekannt haben.67 Man kann die Relation so verstehen: Wenn ich sage „Socrates ist grösser“, das ist

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Es ist bekannt (cfr. Mugnai, Leibniz’s Theorie of Relations, Stuttgart 1992, passim), dass Leibniz in seiner Interpretation des Relativen unschlüssig war. Einerseits hat er versucht, alle relationalen Aussagen mit der Anwendung der sogenannten „reduplikativen Termini“ (eatenus, quatenus) auf absulute Aussagen zurückzuführen: Z. B. Der relative Satz: „Paris ist der Liebhaber von Helenna“ wird auf „Paris ist Liebhaber quatenus Helenna ist geliebt“ zurückgeführt. Oder, mit casus obliquus, „Ensis Evandri“ auf „Ensis Evandrius“. Ob es ihm gelingt, bestreitet Mugnai, denn auch in diesen Zurüchführungen findet man Relationen. 65 Vgl. die Literatur am Ende dieses Auftrages. 66 Beim Folgenden, berufe ich mich auf den gut artikulierten Artikel von L. Jansen, „Aristoteles’ Kategorie des Relativen zwischen Dialektik und Ontologie“, in: Philosophiegeschichte und logische Analyse 9 (2006). 67 Vgl. Jansen, Ludger, „Aristoteles’ Kategorie des Relativen zwischen Dialektik und Ontologie”, in Philosophiegeschiche und logische Analyse, 9 (2006) 5. Jansen ist der Meinung, dass nach J. L.

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Unsinn, man muss dazu sagen „als y“. So der Satz „Socrates ist grösser als Simmias“ hat einen Sinn und sie macht ein zwei-stelliges Prädikat aus. Aristoteles beginnt seine Auseinandersetzung mit den Kategorien innerhalb eines semantischen Rahmens, d. h, das, was er eigentlich vermeiden will ist, dass man beim sprechen von Sachen, die die gleichen Namen haben, keine Verwechslung begeht indem sie mit ihren verschiedenen Bezügen benennt. (3) Die Kategorie als semantische Funktion Es ist „von dem man sagt, dass es das, was es selbst ist, in Hinsicht auf ein anderes ist, oder was auf andere Weise in bezug auf ein anderes ist (Cat. 7: 6 a 36-37).

Der Ausdruck „man sagt“ hat Anlass gegeben, diesen Typ von Relationen als „dialektische Relationen“, oder nach der Scholastik,68 „secundum dici“ zu benennen. Diese semantische Interpretation kommt wahrscheinlich von Porphyrius her.69 (4)

Die Kategorie als ontologische Funktion

Aristoteles aber bietet uns eine zweite, mehr „ontologische“ Funktion der Kategorien an: Pros ti ist dasjenige für das es „dasselbe ist zu sein und sich in bezug auf etwas irgendwie zu verhalten (Cat. 7: 8 a 31-32). Die Kategorien sind es, “die das Seiende bestimmen“ (Met VII, 3: 1029 a 21).

Auch in seiner Met. V 28: 1024 b 13 und in anderen Orten spricht er von “kathegoriai tou ontos” („Kategorien des Seienden“). Der griechische Terminus „Kathegoria“, zu der das pros ti gehört, scheint zuerst eine der höchsten und generellsten Formen von Prädikation zu sein.70 Diese Form aber ist nicht immer so zu verstehen: Eher als von Prädikation müsste man von einer Form von Seiendem sprechen (Vgl. Topics 103b 20-27; Met. 1017 a 22-27). Auf jeden Fall bleibt es unbestimmt, ob Aristoteles einen klaren „ontologischen Status“ der Kategorien bestimmen wollte, nämlich ob sie real (ontologischer Status), gedacht (dialektischer, semantischer Status) oder nur verstanden (begrifflicher Status) sind. Es gibt dafür moderne verschiedene Interpretationen, die z. B. von Frede (Form von Prädikation), und die von Ryle (sie sind unabhängig vom Kontext) stammen. Jansen ist dafür, dem pros ti enen ontologischen Status zuzuschreiben („Die Überlegungen, Akrill der “von-Modifikator” die Funktion, die im Griechisch des Aristoteles der Genitiv innehat, übernimmt (Fussnote 23). 68 “Die Relationen “secundum dici” kommen schon bei Thomas von Aquin vor: Summa Theologica, I, q. 13, a.7, ad 1: „Ad primum ergo dicendum quod relativa quaedam sunt imposita ad significandum ipsas habitudines relativas, ut dominus, servus, pater et filius, et huiusmodi, et haec dicuntur relativa secundum esse. Quaedam vero sunt imposita ad significandas res quas consequuntur quaedam habitudines, sicut movens et motum, caput et capitatum, et alia huiusmodi, quae dicuntur relativa secundum dici. Sic igitur et circa nomina divina haec differentia est consideranda. Nam quaedam significant ipsam habitudinem ad creaturam, ut dominus. Et huiusmodi non significant substantiam divinam directe, sed indirecte, inquantum praesupponunt ipsam, sicut dominium praesupponit potestatem, quae est divina substantia. Quaedam vero significant directe essentiam divinam, et ex consequenti important habitudinem; sicut salvator, creator et huiusmodi significant actionem Dei, quae est eius essentia. Utraque tamen nomina ex tempore de Deo dicuntur quantum ad habitudinem quam important, vel principaliter vel consequenter, non autem quantum ad hoc quod significant essentiam vel directe vel indirecte.” 69 In Aristoteles Categorias, in Comentaria in Aristotelem Graeca, vol. 4, Part 1, A. Busse (ed.) Berlin. 70 Arist. Met IV, 4: 1007 a 35: “Das Akzidens bezeichnet immer das Prädikat eines Subjektes”.

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die zum zweiten Definitionsversuch führt, ist also eine ontologische Überlegung“, o.c., S. 18) Zu den Kategorien gehören: Substanz (οὑσία), Quantität (ποσόν), Qualität (ποιόν), Relation (τα πρὸς τι), Ort (πού), Zeit (πότε), Lage (θέςις), Haltung (ἔξις), Tun (ποιέιν), Leiden (πάσχειν).71 (5) Die unreinen Relationen In den Kategorien (Cat. 7: 8 a 29-35) spricht Aristoteles von etlichen „Relationen“, die nur dem Anschein nach genuine Relationen sind, so „Kopf“ oder „Hand“. Diese Dinge, obwohl sie im Bezug auf einem Kopf- oder Handbesitzer genannt werden (x ist Kopf von y), machen sie keine echten Relationen aus. Der Bezug der hier entsteht ist vielmehr zwischen Substanzen. Und die Substanz ist überhaupt keine Relation. Auf jeden Fall, wenn Aristoteles von genuinen Relationen spricht, ist es klar, dass er diese Beziehung als eine zwischen zwei Korrelate versteht, die die gleiche monadische Quantität bzw. Qualität oder sonst was (Ursache, z. B.) innehaben, die sie irgendwie zueinander beziehen, d. h. dass es zwei Akzidenzien gibt, die in einigen Fällen sich wechselseitig beziehen, in anderen Fällen aber nicht. Das gab Anlass, dass man in der Scholastik von wechselseitigen (mutuae relationes) und unwechselseitigen (non mutuae relationes) Relationen spricht. Die Unwechselseitigkeit der Relationen wird im aristotelischen Beispiel der Relation Wissen-Wissbarem veranschaulicht, denn das Wissen bezieht sich auf das Wißbare, nicht aber umgekehrt.72 (6) Die „Deduktion“ der Kategorien bei Aristoteles Eine Deduktion der Kategorien könnte von verschiedenen Gesichtspunkten unternommen werden: entweder sind sie aus einer höheren Kategorie, oder aus einem höheren Prinzip hergeleitet. Das Erste widerspricht dem Sinn der Kategorie, denn sie ist ein „supremum genus“. Das Zweite führt uns in eine semantische Interpretation der Idee der Kategorie. Hat Aristoteles eigentlich eine transzendentale Deduktion der Kategorien unternommen? Davon werden wir später sprechen, d. h. ob die Einteilung der Kategorien ontologisch deduzierbar, unmittelbar, zulänglich oder analog ist.

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Aristoteles hat nicht immer die gleiche Zahl der Kategorien aufgezählt. Vgl. Topics I, 9: 103 b 20-23; Analyt. Post. 1, 22: 83 a 21-b 16; Phys. V, 1: 225 b 6; Cat. IV, 1: 1 b 25-27. Met. V, 7: 1017 a 25. Eth. Hic. 1, 6: 1096 a 20. 72 Ockham versteht die unreinen Relationen folgenderweise: “

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Kapitel III Die Kategorien im Mittelalter I. Anleitung Bei der Analyse der Rezeption des aristotelischen pros ti müssen wir zuerst einen kurzen Überblick über die Rezeption der aristotelischen Relationstheorie im Mittelalter geben, um feststellen, warum denn die Scholastiker die Relationen weit hinaus über den aristotelischen Ausgangspunkt ausgedehnt haben. Boethius hat gemeint, dass das, was Aristoteles in den letzten Sätzen des 7. Kapitels der Metaphysik über die Kategorien gesagt hat: Es ist ohne weiteres hart, feste Behauptungen bei diesen Sachen zu machen ohne sie vorher mehrere male untersucht zu haben. Trotzdem ist es nicht unnötig, durch die jeweiligen Schwierigkeiten gegangen zu sein (Cat. 7, 8b 22-24)“,

so auszulegen ist: Aristoteles hätte das nie gesagt, wenn er nicht bereit gewesen wäre, uns zu einer weiteren Reflexion und zu einer größeren Übung des Scharfsinnes einzuladen (In Categorias Aristotelis, 238).

Die ersten Scholastiker beginnen erst dann über die Relationen systematisch zu sprechen, als ihnen das „Aristoteles latinum“ zu Verfügung stand. Wir wissen, dass die aristotelische von Boethius übersetzte73 Lehre der Kategorien das Erste war, was die Scholastiker von Aristoteles gekannt haben. Nach Boethius dringt die Lehre der Kategorien verstärkt in die metaphysische Lehre der Scholastik ein. Ihm wird auch die subjektivistische Auffassung der Kategorien zu gerechnet. Von großer Bedeutung waren damals die aristotelischen Kommentare der spanischen, dem Islam oder dem Judentum zugehörende Philosophen: al Farabi, Avicenna und Averroes („Commentator“), obwohl ihr Einfluss in Europa stark zurück ging als die „Spanische Schule der Übersetzer von Toledo“ (Escuela de traductores de Toledo)74, die Werke von Aristoteles ins Lateinische übersetzte. Die Metaphysik des Aristoteles wurde 73

Commentarium in Categorias Aristotelis: PL 64, 159-254. Diese Übsersetzung wurde falsch dem hl. Augustinus zugeschrieben. 74 Zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert entwickelt sich in Toledo ein kulturelles Ereignis, das man als “Escuela de Traductores de Toledo” bezeichnet hat. Diese Denomination erlaubt uns aber nicht daran zu denken, dass sie ein mit Professoren und Schülern gut ausgestattetes Ausbildungszentrum war; sie war vielmehr eine Gruppe von Personen, die zusammen arbeiteten oder die einer gemeinsamen Methode folgten, um in Europa die östliche Weisheit zu übersetzen, ganz besonderes die der alten Griechen und Araber. Die europäischen Universitäten hatten sich bis dann von der lateinischen Kultur genährt, obwohl sie sich ganz bewusst waren über die Existenz von großen griechischen Philosophen. Aber es gab damals keine richtige Übersetzung ihrer Werke, sodass sie keine Ahnung über ihren Inhalt hatten. Die Araber aber hatten sie nicht nur vom Griechischen ins Arabische übersetzt, sondern auch sie kommentiert und nach der iberischen Halbinsel mitgebracht. Toledo war die größte Stadt, die die Christen 1085 von den Arabern wiedererobert hatten. In Toledo war eine wichtige Gemeinde von jüdischen Doktoren, die die arabische Kultur gut kannten und die sie selbst ins Blühen gebracht hatten. Zusammen mit christlichen europäischen Intellektuellen, die vom Domkapitel der Kathedrale von Toledo aufgenommen wurden, bildete sich in Toledo die günstige Atmosphäre, damit diese Stadt zu einer Vermittlung zwischen Osten und Westen wurde. Wichtige Person dabei war der Erzbischof von Toledo Raimundo. Durch seine Tätigkeit wurden in Europa die aristotelischen Kommentare von Avicenna und Al-Farabi, so wie die Werke von dem spanisch-jüdischen Philosophen Ibn Gabirol bekannt. Der Koran wurde auch übersetzt so wie die Bücher des Alten Testaments. Alfons der X. “El Sabio” ereiferte sich, die wissenschatlichen Werke (Astronomie, Physik, Mathematik, Alchemie) im Lateinischen bekannt zu machen.

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erst im 12. Jahrhundert bekannt und erreichte ihre größte Ausweitung im 13. Jahrhundert. Wie zu erwarten war, weckten manche aristotelischen Theorien großen Verdacht unter den christlichen Philosophen und Theologen. Wenn auch am Anfang die aristotelische Theorie der Relationen in ihrem allgemeinen Zusammenhang aufgenommen wurde, tauchte trotzdem bald die Revision des „heidnischen“ Aristoteles in Bezug auf theologische Probleme auf: die göttliche Schöpfung und die trinitarischen Relationen. Man versuchte zuerst die aristotelische Relationstheorie mit den christlichen Dogmen in Übereinstimmung zu bringen, indem man diese als einen speziellen Fall von jener verstand, was aber nicht immer gelungen ist. Die trinitarische Lehre wurde von Augustinus eröffnet, der zufolge es unmöglich ist, Gott Akzidenzien zuzuschreiben. Er aber behauptet gleichzeitig, dass es zwischen den drei göttlichen Personen reale Relationen gibt.75 Wie ist es denn dann möglich, dass es bei Gott eine Relation gibt, die nicht akzidentell ist, wie es aus der Relationslehre des Aristoteles zu erwarten wäre? Auf diese Weise hat Augustinus einen dritten Weg gefunden, der zwischen der aristotelischen substanziellen (Substanz, in se) und der prädikamentalen Relation (relatio, in alio) liegt, nämlich die „substanzielle Relation“, die ein substantielles ad aliud ist. Zwischen den drei göttlichen Personen gibt es eine „substantielle und essenzielle Relation“. Der Begriff „Person“, den Augustinus als ein ad se versteht („persona ad se dicitur, non ad aliud“, De Trin. 1,7,9-11), passte nicht zu seiner Trinitätslehre, denn dieser Begriff bringt etwas Absolutes und Subsistentes mit sich, nach dem man einen „Triteismus“ anerkennen müsste. Der Begriff der „Relation“ hat den der „Person“ ersetzt. Die Scholastiker haben sehr gut verstanden, dass die aristotelische Relationstheorie nicht nur der Theologie große Probleme bat; sie wollten auch sie in sich selbst analysieren und ihre Gültigkeit und Angemessenheit (Quaestio de sufficientia) kritisieren. Auf jeden Fall haben die Scholastiker gut verstanden, dass der Begriff relatio ein Fundamentalbegriff ist für die Interpretation der fast alle Probleme der Philosophie, insbesondere der Epistemologie und der Wirklichkeitsauffassung,76 denn der Begriff der Wirklichkeit eine Relationalität voraussetzt. In den nächsten Jahrhunderten wurde die aristotelische Relationstheorie von den großen Scholastikern wie Albert den Große77 und Thomas von Aquin78 weiter behandelt. Aber schon im 14. Jahrhundert geschah ein großer Umsturz der Meinungen: Die Nominalisten, vor allem Ockham (1280/1288-1349) behaupteten, dass die Relationen sich von ihrem absoluten Fundament nicht unterscheiden und dass sie nur „nomina“ sind:

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De Trin. V, 3-6. Diese Fundamentalität des Relationsbegriff haben auch nicht Scholastiker Autoren, wie Leibniz, nicht übersehen: “Iln’y a point de terme si absolu ou si detaché, qui’l n’enferme des relations” (Houv. Ess. 25, 10). Auch B. Russell spricht davon, dass “the question of relations is one of the most important that arisse in philosophy” (Logical Atomism. in: Logical and Knowledge, London 1956, S. 333). Zitate aus R. Schönberg, o.c., S. 32. Schönberg ist zu verdanken, eine einschlägige Liste von Zitate aus dem Mittelalter zu geben, die sich mit dem Relationsbegriff befassen (Ib.). Für ihn “Die Steigerung des Relationsbegriffes… lässt sich niemals ohne die Berüksichtigung der mittelalterlichen Diskusionen verständlich machen” (Ib.). Ein Zeichen dafür – sage ich –, dass es ein grosser Irrtum mancher modernen Autoren ist, auf dieses mittelalterliche Gedankengut zu verzichten und es als “rein katholisch” zu verstanden. 77 De praedicamentis, I, 7. 78 Phys. III, 5; Met. V, 9 76

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So Ockham: Nos non assignamus nisi nomina, sicut nec utimur nisi nominibus; cum igitur nos assignamus relativa, ipsa nomina erunt relativa. Praeterea, secundum intentionem Philosophi, nos fingimus relativa quae dicuntur ad alia; sed non fingimus nisi nomina; igitur ipsa nomina sunt relativa (Logica, De praedicamento Ad aliquid, 1,49). Ex his patet manifeste, quod relativa de quibus Philosophus hic principaliter loquitur, sunt nomina et non res extra (Expos. in Praed. c. 13).79

Nach seiner Ansicht wäre die Relation nichts anderes als eine „relatio rationis“. Die Akzidenzien, durch die zwei oder mehrere Sachen sich aufeinander beziehen, sind nicht in die Kategorie des pros ti, sondern in eine andere Gattung zu stellen. Die Ähnlichkeit z. B. zweier weißen Dinge, ist nur so zu verstehen, dass es zwei partikuläre Qualitäten gibt, d. h. ihre eigene absolute Farbe. Für Okham geht seine Kritik an die Kennzeichnungen der aristotelischen Relation in die Richtung, ob jene auch weiter bestehen können, angenommen dass die Relation keine Wirklichkeit außerhalb der Seele hat. Auch Buridan (1300-1358), Schüler von Okham, hat behauptet, dass „absolutum et respectivum non sunt differentiae rerum praeter animam existentium, sed primo sunt differentiae conceptuum“.80 Im Gegenteil davon hatten andere Autoren, wie Albert der Große, Thomas von Aquin und Duns Scotus schon früher vertreten, dass die Relationen Akzidenzien „sui generis“ sind sodass die Relation der Ähnlichkeit, z. B. sich auf ein Paar von Akzidenzien gründet, die real sind, aber irgendwie verschieden von und unzurückführbar auf ihre jeweilige Qualitäten sind. Die Relation fügt in der Wirklichkeit einen „respectus“ ein, nach dem sie sich verschiedenartig verhält. Das gab auch Anlass, die Kategorie des pros ti in “relationes reales” y “relationes rationis”, zu unterscheiden d. h. ob sie semantische Begriffe, Verstandesbegriffe, oder Begriffe sind, die ein Fundament in der Wirklichkeit haben. Es entstand auch daher das Problem bezüglich der genauen Zahl (quaestio de sufficientia) der aristotelischen Kategorien, deren Unmittelbarkeit und deren „status ontologicus“. Die Scholastik behielt trotzdem nicht nur die aristotelische Terminologie, sondern auch ihre wichtige Beschaffenheit, nämlich, dass die Relationen Items sind, die zwei Substanzen miteinander beziehen, dass diese Items Akzidenzien sind und dass keine Substanz eine Relation ist. Im Laufe der Zeit hat dieser Name andere Denominationen erhalten: comparatio (Vgl; Thomas v. Aquin, I, q.28, a. 1, corpus; De pot., VII, a. 1; Met. l. 4) collatio, contrarietas; correlativa; denominatio relativa, denominatio respectiva; esse respectivum; fluxus, habitudo formalis, habitudo intrinseca, habitudo extrinseca; intervallum; nexus; notitia comparativa (directa, reflexa); ordo ad aliud; processio realis; ratio respectiva; referre; relatio suppositalis; relationum confictio; respectus fun-

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Vgl. auch Buridan, Praed. q, 3: “Et sic apparet quod adhuc conceptus habent distinctionem originalem ex parte rerum significatarum, non tamen semper ex parte rerum quas significant.” (Zitat aus R. Schönberger, Relation als Vergleich. Die Relationtheorie des Johannes Buridan im Kontext seines Denkens & der Scholastik, E. J. Brillo, Leiden-New York-Köln 1994, S. 364). 80 Praed., q. 10 (Schneider, o.c. S. 74). An andere Stelle sagt Buridan, dass “relatio sit actus referentis quo referens referre dicitur seu comparare hoc ad illud.” (Met., 9). Es handelt sich also bei der Relation um eine actio qua die Seele die Vergleichung (collatio, comparatio) macht. R. Schönberg, o.c., S. 397-398.400).

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damentalis; respectus purus; respectus formalis; respicere; tendentia, tendendo; transitus; via actualis, usw. II. Der Gedankengang bei der Behandlung der Kategorien im Mittelalter Man könnte diesen Gedankengang so zusammenfassen: 1. Wir möchten mit der Feststellung anfangen, dass die Relationen eine gewisse Ordnung zu etwas (ad aliquid) bedeuten. Diese Ordnung wurde von den Scholastikern mit den Worten „relatio“, „habitudo“81, „respectus“, usw. genannt, wie oben gesagt. 2. Es gibt aber einen Unterschied zwischen „habitudo“ und „respectus“. Habitudo bedeutet die Art und Weise, wie ein Lebewesen sich mit den anderen verhält, wobei dieses „se habere“ eine „Gegenüberstellung“ einschließt, die die leblosen Wesen nicht haben können, denn sie besitzen keine „habitudo“: sie stellen sich bewusst nicht gegenüber, sondern es ist nur ihr Instinkt oder ihre organische Intelligenz, die sie fähig macht, sich zu verteidigen oder zusammen zu sein.82 Diese Gegenüberstellung geschieht auch nicht in einer rein physikalischen Welt, die, nach Aristoteles, mit einer unbewussten Finalursächlichkeit bestimmt ist (Kosmos). In dieser Welt hat nur die Wirkursache Platz. Die Sachen beziehen sich dank der physikalischen Gesetze aufeinander. Habitudo designa el modo que tiene una cosa de habérselas con otras. Pero esto, a mi modo de ver, no puede aplicarse sino a los seres vivos. Las cosas no vivientes no tienen ‚modos de habérselas’ unas con otras, porque para ello haría falta que una cosa se enfrentara con otras. Ahora bien sólo los seres vivos tienen enfrentamiento.83

Gegenüber z. B. einer weißen Sache, ist das Verhalten eines Lebewesens, vor allem wenn es sich um einen Menschen handelt, ganz verschieden, als das einer leblosen Sache. Die Lebewesen, auf Grund ihrer physisch-chemischen-organischen Strukturen, haben eine besondere Weise, sich mit den Dingen der Außenwelt auseinanderzusetzen oder sich auf sie zu beziehen, die die leblosen nicht haben. Die Menschen beziehen sich auf die Außenwelt, sodass sie sie als „Wirklichkeit“ verstehen. Das heißt „Intelligenz“. Die Tiere aber beziehen sich auf die Außenwelt mittels eines „Anreizes“. Für Suárez ist die vital actio des vernünftigen Menschen vom jedem Anreiz unterschieden, d. h. vom jedem Wahrnehmungsakt.84 Das heißt „Wahrnehmen“, „sensorium“, das zusammen mit dem „motorium“ die Tiere fähig macht, sich in der Welt zu orientieren.85 Sogar die Pflanzen haben ein Verhalten, das Max Scheler als „ekstatisches“ bezeichnet hat. Das heißt „vegetieren“. Nichtsdestoweniger, Suárez benützt beide Wörter als ähnlich. 81

Das Wort „habitudo“ bedeutet zuerst so viel wie héxis; aber in der scholastischen Terminologie bekommt ausdrücklich einen schöneren Sinn, der schon bei der hexis enthalten war und sich auch bei dem Wort habitus zu finden ist. Thomas von Aquin hat sehr gut diese zwei Bedeutungen unterscheidet: „Hoc nomen habitus ab habendo est sumptum: a quo quidem nomen habitus dupliciter derivatur: uno quidem modo secundum quod homo vel quaecumque alia res dicitur aliquid habere; alio modo secundum quod aliqua res aliquo modo habet se in seipsa, vel ad aliquid aliud.“ (STh, 1-2, q. 49, a. 1, sed contra). 82 Suárez hat sich mit diesem tierischen Benehmen bei seiner anthropologischen Behandlung des „sensus communis“ und der „aestimativa“ auseinandergesetzt. Vgl. S. Castellote, Die Anthropologie des Suárez, (Symposion 8), Freiburg-München, 19822, S. 137-156. 83 Vgl. X. Zubiri, “Respectividad de lo real”, in: Realitas III-IV (1979) 13-43. 84 Vgl. Suárez, De anima 3,3,3 (Ed. Castellote). 85 Vgl. dazu mein Buch Die Anthropologie des Suárez, Freiburg-München, Alber Verlag, 19822.

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3. Respectus Der Respectus wird weiter von der Respektivität unterschieden. a) Respectus als kategoriale oder prädikamentale Relation Respectus wird mit den prädikamentalen Relationen, die ad aliud sind, identifiziert, die immer eine Art von Entgegengeseztlichkeit86 oder „Alterität“ bei den „Korrelate“ beinhalten. Jede Relation hat ihr Fundament und ihren Terminus. Das wird „kategoriale Relation“ benannt, weil diese Relationen den realen Dingen gemäß akzidentell vorkommen. Diese Alterität ist nur bei den Korrelaten real. Diese Art, die aristotelischen Kategorien als Akzidenzien zu verstehen beginnt schon beim Stoizismus und dem Neoplatonismus, aber bei der Scholastik erlangt sie ihren Höhepunkt unter anderen mit Albert, Heinrich von Gante, Duns Scotus, Aureolus, Durandus, Fonseca, Ockham und Suárez. Aber die Scholastiker haben sich auch schon von Anfang an damit auseinandergesetzt, ob alle Relationen prädikamentale sind, d. h. ob es auch andere Relationen gibt, die anders beschaffen sind als diese: es sind die „transzendentalen Relationen“. b) Respektivität als konstitutive Relation Man kann sich auch auf das esse in und auf das esse ad der Relationen beziehen, die bei der Scholastik eine fundamentale Rolle gespielt haben, und fragen, ob es vielleicht nicht möglich sei, dass das esse ad mit dem esse in übereinstimme oder nicht.87 Wenn ja, hätten wir vor Augen eine „konstitutive Relation“, die gemäß den realen Dingen nicht akzidentell vorkommt. Als Beispiel davon kann man die Struktur eines Atoms einführen. Ein Atom ist nicht Atom außer als es (nach seiner Etymologie, nicht aber nach der neuen Atomphysik) „un-teilbar“ (a-tomos) ist. Und das bedeutet eine Relationalität, die dem Atom nicht akzidentell, sondern ihm seiner inneren Struktur nach zukommt, die tiefer als die reine prädikamentale Relation ist. Das darf man nicht als „Relativismus“, sondern als „Korrelationismus“ verstehen. Dieser Korrelationismus ist ein metaphysisches Ausdenken von realen Dingen. 4. Diese „konstitutive Relation“ erlebte einen Höhepunkt in Bezug auf die Erkenntnis und auf die Epistemologie, die sich seinerseits in zwei verschiedene Formen unterscheidet, und die als epistemologisches Problem gilt: a) Die Relationalität Subjekt (Wissen) – Objekt (Wissbares). In diesem Falle kommt die Relation nicht dem Subjekt akzidentell zu, sondern sie ist ihm, d. h. seiner Intelligenz nach, konstitutiv. Und so ergibt sich, dass, obwohl sich das Subjekt (der Wissende) immer auf das Objekt (das Wißbare) bezieht, das Objekt nicht nach seinem „Real-Sein“ vom Subjekt verstanden wird, sondern nach dem esse ad der Intelligenz. Es ist die Intelligenz selbst, die die Relation gründet: Das Objekt ist nur Objekt (oder nomen, Hominalismus) innerhalb dieser intellektuellen Relation. In der Bestimmung dieser Relation (Wissen-Wißbare) fußt das Problem der Epistemologie überhaupt. Die moderne Epistemologie zeichnet sich durch eine progressive Subjektivierung der qualitativ wahrgenommenen Welt so aus, dass sie zu einer reinen Projektion seitens des Subjekts wird, die das objektive Korrelat in einen „Bündel von mathematischen Formeln“ transformiert. 86

Vgl. Arist., Cat. 6: 6 a 1: „Zwei Eigenschaften werden üblicherweise dann als (konträr) entgegengesetzt bezeichnet, wenn sie einem Ding nicht zugleich zukommen können, wohl aber zugleich fehlen können.“ 87 Auf diese Übereinstimmung hat sich schon Suárez bezogen und sie widersprochen (Vgl. DM 47,2,24. Hier S. 78).

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b) Die Relationalität in Bezug auf die anderen Potenzen der Subjekts (Die Relationalität in Bezug auf das Subjekt der Erkenntnis) Dieser Typ von Relationalität ist von Suárez als „Sympathie“ aller Potenzen unter sich oder als „radicatio“ aller Potenzen in derselben Seele verstanden:88 ...illa... radicatio concludit solum per modum cuiusdam sympathiae, quatenus operante una facultate anima inde excitatur ad operandum per aliam (De Anima 3,9,6).89

Die Interdependenz aller seelischen Fakultäten begeisterte die Psychologen der letzten Hälfte des XIX und des XX Jahrhunderts. Es genügt, an die Werke von Harald Höffding und von W. Wundt zu erinnern.90 Für diese gibt es keinen „mentalen Status“, sondern „mentale Akte“: Die Teile hängen vom Ganzen ab. 5) Die objektive Relationalität oder die Korrelationalität, die alle reale Dinge einschließt Nach dieser Auffassung gäbe es in der Welt keine bestimmten Relationen, sondern nur ein „Netz“ von Relationen, dessen „Knoten“ es die Dinge selbst sind. Jedes Ding bezieht sich auf alle andere, entweder essenziell, transzendental – die Materie auf die Form, die Ursache auf den Effekt, obwohl wir diese letzte Wirkursächlichkeit oder Korrelation nicht immer bestellen können, die aber irgendwie da sein muss, damit wir die vorhandene Relation der Kausalität in der Welt verstehen – oder akzidentell und prädikamentell. Die letztere sind Relationen, die keine Funktion in der Welt zu erfüllen haben, im Gegenteil zu den ersteren, die deswegen als transzendentale Relationen verstanden werden, weil sie eine besondere oder essenzielle in der Welt zu erfüllende Funktion (munus)91 haben. Man spricht in der Physik in Bezug auf die innerliche Konkomitanz der Ursachen über den „Schmetterling-Effekt“ und über die Statistik als die einzige Methode, die Relationen zwischen den Natursachen genau zu bestimmen, oder von der Relativität, bei der der Beobachter immer in die Relation des Erkennens unbedingt eingeschlossen ist. Dass die transzendentalen Relationen sich dadurch auszeichnen, dass sie in der Welt eine besondere Funktion (munus) zu erfüllen haben, im Gegenteil zu den prädikamentalen, die gar keine solche haben, wird von Suárez als ein Charakteristikum der transzendentalen Relationen verstanden.92 88

Vgl. Salvador Castellote, Die Anthropologie des Suárez, Freiburg-München, Alber Verlag, 1982 , S. 75. 89 Vgl. meine kritische Ausgabe dieses Traktats: Francisco Suárez, Commentaria una cum quaestionibus in libros Aristotelis De anima, Intr. y ed. crítica por Salvador Castellote, Madrid 1978-1991. 90 Ein dänischer Philosoph (1843-1931). 91 Vgl. hier S. 91. 92 Die Bedeutung der Relationen und überhaupt der Relationstheorie in Bezug auf die Wissenschaften werden heute besonders hervorgehoben. Bei dem Neokantianer Paul Natorp tritt die Relation an die „Spitze aller logischen Erwägungen“. Und Ernst Cassirer hat darauf hingewiesen, dass ein Übergang von Substanzbegriff zum Funktionsbegriff notwendig ist. Paul Drechsel, der sich als Anhänger eines reflexiven Konstruktivismus ausgezeichnet hat, hat versucht, die fundamentale Bedeutung einer Philosophie der Beziehung hervorzuheben (Entwurf zur Logik und Philosophie einer Quantenwirklichkeit, 2008) und die vermeintliche Kontrarietät zweier physikalischen Wirklichkeitsmodelle (das klassische und das quantische) dadurch zu erklären, dass „der Konzept der ‚Relation‘ wissenschaftlichtheoretisch und philosophiegeschichtlich bisher kaum Interesse hervorrief, mit ganzen wenigen, dafür jedoch herausragenden Ausnahmen, u. a. die Philosophen Dieter Leisegang, Heinrich Rombach, Christof von Wolzogen. Es war gerade Julius Schaff, Lehrer von D. Leisegang, der mit seinen Untersuchungen über die Relationen viel dafür beigetragen hat. In der Relation sieht auch Schaff (Beziehung und Idee, in: Parusia, Kurt Flasch (hrg.), Frankfurt a. M. 1965, S. 3) den einzigen Begriff einer Philosophie. Und D. Leisegang vertief noch 2

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6) Die Respektivität als transzendentale Relation Das Wort „transcendental“ ist von den Scholastikern auf verschiedene Weise bekannt und angewandt: (a) Transzendental ist das, was über jeder Gattung steht. So sagen sie, dass das Sein, das Schöne, das Gute, das Wahre transzendentale Begriffe sind. (b) Transzendentale Relationen werden genannt 1.) diejenige, die alle Kategorien transzendieren („per omnia vagantur“ – sagt Suárez); 2.) diejenigen, die der Essenz eines Subjekts zugehören.93

diesen Ansatz, indem er darauf hinweist, dass jede Beziehung sich letztlich als transzendental ausweißt, wobei er sich zu einer Destruktion von Dialektik zugunsten einer Betrachtungsweise neigt, in der das Relationale als höchste Dimensionalität begriffen wird. 93 So drückt sich auch Joäo Poinsot aus (Juan de Sto. Tomás, * Lissabon 1589, † 1644, Beichtvater von dem spanischen König Filipp dem IV.): „[Relationes] transcendentales non sunt aliquid distinctum a re absoluta, sed vere sunt absolutae entitates; neque enim habent speciale praedicamentum, sed per omnia vagantur et sic ex sua transcendentia habent imbibi in ipsa re absoluta, non distingui“ (Ars logica¸ 594 a 43-b 6). Auch Thomas von Aquin sagt: „…quod res est de transcendentalibus et ideo se habet communiter ad absoluta et relativa. Ibi enim sumit rem transcendentaliter, prout est communis ad entitatem et modum“ (I, d. 2, q. 1, art. 5, ad 2).

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Kapitel IV DIE SUAREZISCHE THEORIE DER RELATIOHEH A. Allgemeines Der Name „Kategorie“ (griech. κατηγορία) oder „suprema genera“, wie üblich in der Scholastik genannt, wird in verschiedenen Wissenschaften verwendet. Ein Zeichen, dass die Relationen sich nicht auf das eigentliche aristotelische pros ti beschränken, sondern dass sie, wie Suárez sagt, „omnia genera pervadunt“, denn das ad aliquid ist etwas Transzendentales und in jeder Entität, vor allem in den von Gott geschaffenen Dingen Eingeschlossenes. Ratio ad aliquid transcendens est et inclusa in omni entitate, praesertim creata (DM 47,1,6).

1. Die Kategorien in den Wissenschaften Bevor wir auf die suarezische metaphysische bzw. dialektische Relationstheorie eingehen, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das Substantiv „κατηγορία“ und das Verb „κατηγορέιν“ ursprünglich bei Plato und Aristoteles aus der Gerichtsprache stammt: „κατηγορία“ = „Anklage“.94 Später aber hat man diesen Terminus als philosophisch beibehalten. a) Die Kategorie im Prozessrecht Im lateinisch und griechisch sprechenden Raum hatte der Name „relatio“ schon bei Quintilian95 (30-96 n. Ch.) einen der Redekunst ähnlichen und von dem aristotelischen verschiedenen Sinn gehabt. Es gibt auch ein Opusculum mit dem Namen Categoriae decem, das im Mittelalter dem hl. Augustinus falsch zugeschrieben wurde, das aber sehr wahrscheinlich eine lateinische Übersetzung einer Schrift des griechischen Pκατηγορίαhilosophen Themistios ist. Der lateinische Terminus relatio ist von dem Verb re-ferre hergeleitet, d. h. „wieder-tragen“, „vor-stellen“, „wieder-hervorbringen“ oder „hervor-rufen“ in dem Sinne, dass der Justizbeamte einen Rechtsfall dem Senat vorstellt. Im weiteren Sinn bedeutet auch metonymisch den „Prozessplan“ oder die „Tagesordnung“. Im ersten Sinn bedeutet Kategorie eigentlich Anklagen im Gegensatz mit der Verteidigung eines Angeklagten. Es bedeutet kein Denkurteil, sondern ein Prozessurteil, durch das der Richter oder das Tribunal den Prozess einleitet. Im Akt der Kategorization handelt es sich nicht darum, dem Subjekt eine Reihe von Prädikaten zuzuschreiben, sondern darum, das Subjekt innerhalb eines Rechtsystems zu identifizieren, dessen Teile sich voneinander essentiell differenzieren, nicht aber so, dass sie bei einem gegebenen Rechtsfall existentiell nicht zusammen existieren könnten. Bei ein und demselben Rechtsfall oder Angeklagten dürfen mehrere Kategorien oder Anklagen ein und demselben Angeklagten zugesprochen werden. Die Kategorien versuchen also die Art und Weise zu definieren, wie eine oder mehrere Kategorien existentiell auf ein Individuum anzuwenden sind, um ihn im Rechtsprozess zu identifizieren. Kategorien sind also einerseits ein Fortschreiten oder Pro-gress zu den entsprechenden Kategorien, in denen der Angeklagte sozusagen „eingesperrt“ ist. Anderseits aber, stellen sie auch einen ge94 95

Vgl. Arist., Rhet. I, 3: 1358 b 11. Inst. orat. 8,4,21: “ex relatione ad aliquid”.

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wissen Re-gress dar, der uns ermöglicht, dieses Subjekt als ein „Nodus“ in dem essentiellen Netz des Strafrechtes zu betrachten. Die Kategorien versuchen also dem Angeklagten so und soviel existentielle Prädikate zuzuschreiben, bis seine Identifikation mit einem essentiellen Typus des Strafrechtes übereinstimmt. (Im Strafrecht müssen alle Verbrechen ganz genau typifiziert sein). Man hat diese Funktion der Kategorien als architektonische, sistatische oder systematische Funktion betrachtet. In ihr bleiben die dialektisch motivierten Kategorien des Aristoteles bestehen. Suárez selbst sagt – wie wir später sehen werden –,96 die Kategorien seien nichts anderes als dispositio et coordinatio der essentiellen Prädikate, von denen das, was vom Individuum in quid ausgesagt wird – das heißt nicht was essentiell97 oder washeitlich von ihm ausgesagt wird, sondern nur das, was ihm in diesem Prozess existentiell zugehört – in einer geraden Linie (in linea recta) über ihm aufgesetzt ist, hinaufsteigend von den inferiora zu den superiora. So verstanden, würden die aristotelischen Kategorien ihren ontologischen hypostasierten Sinn, als „modus essendi“ verlieren. Ihre eigene Funktion würde erst dann ihren Sinn bekommen, wenn sie auf ein konkretes Subjekt bezogen sind, von dem man aus auf die jeweilige Spezies und Gattung steigert. Die Fragen, die der Richter dem Angeklagten stellen könnte, wären z. B. und dementsprechend folgende: Wer bist du und was ist dein Name? (Substanz). Wie alt bist du? Wie groß bist du? (Quantität). Bist du auf frischer Tat ertappt worden? War’s mit Gewalt oder aus Neid oder aus Rache (Qualität); Wie war deine Relation zu dem Opfer? Warst du mit ihm verwandt? (Relation); Wo warst du? (Ubi); In welchem Moment ist das passiert? (Quando). In welchem Ort warst du? (situs); Wie hast du gehandelt? Hat es sich um einen Meuchelmord gehandelt? (actio); Was hat dir das Opfer angetan? (passio); Wie warst du angezogen? (habitus). Diese letzte Kategorie (habitus) scheint zu oberflächlich zu sein, sodass man sie öfters als habitudo umbenannt hat. b) Die Kategorien in der Haturwissenschaft Es hat mehrere Versuche gegeben, die Relationen in den Naturwissenschaften zu verwenden, vor allem in Bezug auf die „relationes transcendentales“, die in den frühen Neuzeit und in der modernen neuzeitlichen Physik in der Form von mathematischen Strukturen der Naturgesetze vorkommen.

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Vgl. DM 39,1,1; 39,2,30. Ich widerspreche Gracia, der sagt, dass die suarezischen Termini “essentialium praedicatorum” (DM 39,2,30) als “essentialium praedicamentorum” zu verstehen ist, weil bei Suárez und allgemein bei den Scholastikern der Terminus “praedicatum” zweideutig ist und sich auch mit dem “praedicamentum” identifiziert. (o.c., S. 8). Ich glaube, wie wir später sehen werden, dass Suárez hier den Terminus “praedicatum” im eigentlichen Sinne verwendet. Auch der Terminus “essentialium” versteht Gracia als unmöglich, denn, z. B. die Qualität “schwarz” gehört nicht essentiell zum Katter, denn sie wäre so zu beschränkend (restrictive). Seine Interpretation ist folgende: “I think he [Suárez] has in mind that the categories are the ways in wich genera are essentially constitued: Categories explain the ultimate kinds of things that genera are by relating lower genera to highest genera. Thus, after all, the categorie quality does tell us something abaut red , namely, that it is the kind of thing that is a quality, that is, taht it adheres to an individual in a certen way”. Gracia sagt auch, dass die dispositio mit dem habitus verwechselt wird: „Dispositions are relational in the sense taht my disposition to hold the fork in a certain way is a quality of my mind that directs me to hold the fork in that way.“ (Vgl. „Categories vs. genera: Suárez’s Difficult Balancing Act“, in: Proceeding oft he Society for Medieval Logic and Metaphysics 2 (2002) 4 ff. Ich werde später versuchen, eine andere Interpretation zu geben. 97

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Die moderne Naturwissenschaft versteht sich selbst als Erforschung der Naturgesetze, zumindest seit Kepler98 und Leibniz. Der Begriff des Gesetzes hat die mittelalterliche Form mit neuem Inhalt erfüllt: Kraft, Feld, usw. Dieser Umsturz bei der Umdeutung der Begriffe von den Naturgesetzen liegt vor allem in der Überzeugung, dass die alten Formen nicht mehr operationalisierbar sind, und hat nichts zu tun mit einer „Reaktion auf die etablierte theologische Begriffsbildung“99. Um die Mitte des 20. Jahrhunderts sagte Werner Heisenberg in Zürich: “Man erkennt hier auch, dass mit der Feststellung des einen Grundstoffs nur wenig gewonnen ist und dass vielmehr der ganze Reichtum erst in den Formen steckt.”100 “Die Harmonien der Pythagoreer, die Kepler noch in den Bahnen der Gestirne zu finden glaubte, versucht man seit Newton der Natur der Naturwissenschaften nach in der mathematischen Struktur des dynamischen Gesetzes zu finden.”101 Der Mathematiker Hermann Weyl schreibt: “Vielleicht ist es für eine Naturphilosophie am meisten charakteristisch, wo sie den heraklitischen Fluss sich ‘zum Starren waffnen’ lässt: Aristoteles, in den immanenten substantialen Formen; Plato, in den transzendenten Ideen; die moderne Naturwissenschaft im Gesetz.”102 Carl Friedrich von Weizsäcker schrieb zum 60. Geburtstag von Heinrich Scholz (1944): “Die mathematische Form, in der Tat eine Art von causa formalis, bleibt in der Physik als letzter fassbarer Gehalt unserer alten Kausalbegriffe übrig...”103 Die Frage: „Was ist ein Naturgesetz“ bezieht sich nicht nur auf die experimentellen Naturwissenschaften, sondern auch auf die Naturphilosophie.104 Eine vorläufige Definition wird vorgeschlagen: Ein Haturgesetz ist die strukturelle Determination einer Reihe von realen Phänomenen.105 Es bleibt dabei offen, ob die Phänomene statischer Natur sind (wie die Struktur eines Kristalles), oder stationär bewegt (wie ein Planetensystem oder die Elektronenhüllen eines Atoms), oder dynamisch, das heißt Ereignisse oder Geschehnisse. Das Wort “Phänomen” soll hier im ursprünglichen Sinn von “φαίνω” verstanden werden als etwas, was “sich zeigt, sich offenbart”. Da die Begriffe “Determination” und “Reihe” ohne weiteres verständlich sind, bleibt als nächste Frage: Was heißt “Struktur”?

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Für Kepler ist keine Relation, die spezielle Harmonien und Proportionen einschließt, ohne ihren Bezug auf den menschlichen Geist (mens aliqua) veständlich, der das eine auf das andere bezieht, verständlich. (Vgl. J. Kepler, Harmonices Mundi, in: Ders. Gesammelte Werke (Hrgb. M. Caspar), Bd. VI, München 1967, S. 203. Zitat von M. Hampe, Revolution, Epoche und Gesetz, in: Kausalität und Haturgesetz in der frühen Heuzeit, Franz Steiner Verlag, (Studia Leibnitiana 31) Stuttgart, 2001, S. 233. 99 Vgl. M. Hampe, o.c., S. 236. 100 W. Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Haturwissenschaft, Hirzel-Stuttgart, 1948, S. 97, Z. 32-34. Dieses „zurück zu der platonischen Form“ steht in grobem Gegensatz mit der ziemlich mythischen Auffassung mancher modernen Naturwissenschaftler, die nicht zugestehen können, dass „das Neue der Neuzeit weniger ist als geglaubt hat, und das Alte nie wirklich vergangen“ (Vgl. A. C. Crombie, Styles of Scientific Thinking in the European Tradition, London 1994. Zitat von M. Hampe, Revolution, Epoche und Gesetz, in: Kausalität und Haturgesetz in der frühen Heuzeit, (Hrsgb. A. Hüttemann) Franz Steiner Verlag, Stuttgart (Studia Leibnitiana 31), S. 228. 101 M. Hampe, o.c., S. 51, Z. 25-29 102 H. Weyl, Philosophie der Mathematik und Haturwissenschaft, in: Handbuch der Philosophie, Oldenburg, München-Berlin 1927, Band II, A, S. 135, Z. 42; S. 136, Z. 2. 103 K. W. von Weizsäcker, Zum Weltbild der Physik, Hirzel-Stuttgart. 19494, S. 168,. 104 Einstein hat geschrieben: “Naturwissenschaft ohne Erkenntnistheorie ist […] primitiv und wirr.“ Vgl. Mikio Kaku-Jennifer Trainer, S. 69. 105 Es gibt heute Theorien, die die Naturwissenschaften als eine dispositionsbassierte Naturwissenscahftsheorie verteidigen. Mumford, z. B. sagt, dass die Naturgesetzen nicht als Beschreibungen von manifesten Ereignissen, sondern als Zuschreibungen von Dispositionen verstanden werden können (Vgl L. Jansen, “Stephan Mumford. Dispositions, Oxford 1998”, in: Zeitschrift f. phil. Forschung).

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1) Die Struktur ist ein geordnetes System von Relationen. In dem Wortschatz der Wissenschaften der Gegenwart – von der Mathematik und formalen Logik über Physik, Chemie, Biochemie, Biologie bis zur Psychologie und Soziologie – gehen immer mehr Begriffe ein wie: Relation, Struktur, Ordnung, Disposition;106 und demzufolge die Kategorien: Isomorphie, Symmetrie, Harmonie, Komplementarität (Hermann Weyl107, Niels Bohr108). Das strukturelle Denken entspricht einem integralen Grundzug: Die Struktur wird als eine Ganzheit betrachtet; und die Relationen werden definiert als die “kleinsten Einheiten in der Struktur”, während die Struktur-Elemente – physikalische Elementarteilchen zum Beispiel – durch ihre Relationen, ihre Wechselwirkungen bestimmt werden, und nicht umgekehrt.109 2) Die moderne Mathematik und Grundlagenforschung sieht ihr Wesen und ihre Aufgabe immer mehr in der Erforschung aller möglichen relationalen Strukturen. Am meisten fortgeschritten ist in dieser Richtung das Werk “Eléments de mathématiques” des Arbeitskreises von Nicolas Bourbaki110. Das fruchtbarste Anwendungsgebiet mathematischer Strukturen ist zweifellos die Physik, die wir darum als Wissenschaft der realisierten oder aktualisierten Strukturen ansehen können. Diese Auffassung prägt sich vor allem aus in Heisenbergs Bemühungen um eine generelle Strukturformel der Theorie der Elementarteilchen. Philosophisch bedeutet es das Auftauchen eines ontologischen Grundes der Naturgesetze eben als Real-Strukturen. 3) Bedeutende philosophische Richtungen wie der Neopositivismus bezweifeln aber gerade, ob wir die Naturgesetze “Real-Strukturen” nennen können. Das Problem einer “existentiellen Objektivierbarkeit” der Naturgesetze tritt somit auf: Gibt es ein reales und objektives Korrelat des noetischen Sinnes, welchen die mathematisch-symbolischen Formulierungen der Haturgesetze darstellen? Voraussetzung einer möglichen Antwort ist ein Beweis oder wenigstens eine Aufzeigung der ontischen Wirklichkeit der Naturgesetze, die aber den Konkurs des menschlichen Geistes erfordern. Es gibt kein Kosmos, wohl aber ein Anthropokosmos (H. Friedman 1948, 1953), wie Kepler auch sehr gut verstanden hat. 4) Es gibt zumindest zwei Wege, die formal verschieden, aber material eng zusammenhängend sind (wegen der Korrespondenz zwischen Ordnung und Realität) um die objektive Existenz der Naturgesetze darzulegen: Erstens: Wir gehen aus von der Erfahrung einer unwahrscheinlichen Ordnung in der Welt – im elementaren, atomaren, molekularen, kristallinen, biochemischen, vitalen, menschlichen und kosmischen, symmetrischen Bereich. Diese aufsteigende Ordnung widerspricht der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die in die Physik eingeht mit dem zweiten Prinzip der Thermodynamik, dem sogenannten “Entropie-Satz”. Dagegen würden auch die Asymmetrien eine große Rolle spielen. Zweifellos ist ein geordneter Zustand eine Ausnahme-Erscheinung im Vergleich zu unzähligen ungeordneten und asymmetrischen und daher sehr viel wahrscheinlicheren Zuständen. Daraus kann man leicht die logische Schlussfolgerung ziehen: Ohne die Voraussetzung, dass es eine reale Determination der Erscheinungen durch objektiv reale Gesetze oder Strukturen gibt, müssten wir zugeben, dass wir in der unwahrscheinlichsten aller möglichen Welten leben. (Illus106

Bezüglich der Bedeutung der dispositio in der modernen analytischen Philosophie, vgl. hier

S. 46. 107

H. Weyl, Symmetry, Princeton University Press, 1952. N. Bohr, Die Atome und die menschliche Erkenntnis, Braunschweig 1958. 109 In der Mikrophysik ist das strukturelle Denken konsequent durchgeführt. Vgl. Heisenberg, Einführung in die einheitliche Feldtheorie der Elementarteilchen, Hirzel, Stuttgart 1967. 110 N. Dourbaki, Eléments de mathématique, Hermann, Paris 1938 ss. 108

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trative Beispiele finden sich bei Arthur Stanley Eddington111). Daher ist das “anthropische Prinzip” berühmt geworden, nach dem wir Menschen nicht existieren könnten, wenn das Universum sich nicht um uns “gekümmert” hätte. So unwahrscheinlich ist unsere Existenz im Universum! Dieses Prinzip wird nicht immer in dieser akuten Auffassung verstanden. Man könnte auch sagen: Wir sind einfach da! Zweitens: Ein Ziel der Erforschung der Naturgesetze ist die Prognostizierbarkeit künftiger Ereignisse. Beispiele dafür gibt es genug in der Geschichte der Wissenschaften. Es handelt sich nicht nur um die Berechnung des Verhaltens bereits bekannter Körper – z.B. des Zusammentreffens einer Rakete mit einem Planeten –, sondern auch um die Voraussage völliger Neuentdeckungen auf Grund von mathematisch formulierbaren Naturgesetzen. In der Astronomie sind die bekanntesten Beispiele die Entdeckungen der Transuran-Planeten Neptun (1848) und Pluto (1930). In der Chemie führte die Gesetzmäßigkeit des Periodischen Systems zur Entdeckung bzw. künstlichen Erzeugung (mit kernphysikalischer Technik) vorher unbekannter Elemente (43 Technistium, 61 Promethium und die Transuran-Elemente mit den Ordnungszahlen 93 bis 105). In der Physik ist die Voraussage der Existenz von Elementarteilchen auf Grund der Theorie eine bekannte Tatsache, seitdem 1930 Paul Adrian Maurice Dirac112 aus der relativistischen Wellengleichung des Elektrons ein Komplementärteilchen vorausgesagt hatte. Und heute ist die Theorie der Elementarteilchen (SU3, SU6, SU12-Symmetrien113 und besonders Heisenbergs “einheitliche Feldtheorie”) nahe daran, ein allgemeines Rahmengesetz aller Teilchenarten aufzustellen: der schon gefundenen (z.B. 1964 das Omega-minus-Hyperon auf Grund der zehndimensionalen Darstellung der SU3-Symmetrie) und der noch aufzufindenden Teilchen, analog den “weißen Flecken” auf einer Landkarte oder den “Leerstellen” im Periodischen System. Die ontologische Schlussfolgerung aus diesen physikalischen Tatsachen ist: Die Prognostizierbarkeit, die schon Suárez kennt, künftiger Ereignisse ist sinnvoll nur denkbar, wenn die Haturgesetze, auf Grund deren die Voraussage erfolgte und sich später experimentell bestätigte, nicht nur im Kopf eines Physikers oder auf dem Papier, sondern als Real-Strukturen in der physischen Wirklichkeit existieren. Exkurs über den Begriff und die Bedeutung der Dispositionen in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit. De Name dispositio hat verschiedene Anwendungen je nachdem es sich um welche Wissenschaft handele: 1) In der Redekunst ist die dispositio oder die Taxis eine der Phasen mit denen der Diskurs artikuliert wird. Für Quintilian (Vgl. seine Institutio oratoria, 95 v.Ch.) ist die dispositio mit dem Bauen eines Gebäudes vergleichbar. Zu dieser Phase gehört die expositive Anordnung der Episoden der Rede und wie diese in Bezug auf ihre Effektivität artikuliert werden müssen. Die dispositio artikuliert normalerweise die Rede in vier Stücken: das exordium, das mit der captatio benevolentiae anfängt, die das Interesse und die Zuneigung der Öffentlichkeit hervorruft: es ist die Einführung in die Rede. Die inventio oder heuresis ihrerseits als die erste Phase beschäftigt sich mit dem, was zu sagen ist, wo die Materialen zu finden sind und wie man sie zu Verfügung stellen muss. Dann kommt die narratio, oder die expositive Erzählung von den vorausgesehenen Themen; dann die confirmatio oder Schätzung der Argumente; und endlich die peroratio, der Epilog, wo der Diskurs endet. Cicero sagt: “dispositio est ordo et distributio rerum quae demonstrat quid quibus in locis collocandum sit.” 2) In der Psychologie und in der Metaphysik. Das Wort “dispositio” wurde in der Scholastik als Übersetzung des griechischen Terminus “tiathesis” (Met., V, 19) aufgefasst. Aristoteles setzt sich mit der dispositio in seiner Met. IX, 3: 1046b29-32 und in 111

Eddington, The Hature of the Physical World, Cambridge 1928. Dirac, The Principles of Quantum Mechanics, Oxford, 1957, 4, Schlußkapitel. 113 M. Gell-Mann, in: Phys. Rev. (1962) 1067; Y. Neeman, in: Hucl. Physics (1961) 222. Über die sehr interessanten österreichischen (Thirring) und russischen (Iwanenko) Beiträge. Vgl. Heisenberg, o.c., S. 173-174 (Verbindung zwischen Gravitation und einheitlicher Feldtheorie). 112

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seiner De an. III, 2: 426a20 auseinander. Im ersten Zitat bezieht sich Aristoteles auf die Argumente der Megariker, die dafür sind, dass nur Baumeister genant werden darf, der tatsächlich baut. Er erwidert, dass sie die gelehrten Fähigkeiten vergessen haben. Bei dem anderen Zitat bezieht sich Aristoteles auf die physischen Dispositionen (weiss-schwarz). Thomas von Aquin interpretiert Aristoteles in Met. Lib. 9, l. folgendermasse: “In prima excludit opinionem dicentium nihil esse possibile, nisi quando est actu… Circa primum duo facit. Primo excludit dictam positionem erroneam. Secundo ostendit quid sit esse possibile, et quid sit esse actu, ibi, est autem possibile. Circa primum tria facit. Primo ponit opinionem. Secundo destruit eam, ibi, quibus accidentia et cetera. Tertio concludit suam intentionem, ibi, si ergo non contingit. Dicit ergo primo, quod quidam dixerunt quod tunc solum est aliquid in potentia, quando est in actu; utputa quod ille qui non aedificat actu, non potest aedificare; sed tunc solum potest, quando actu aedificat. Et similiter dicunt de aliis. Et ratio huius positionis esse videtur, quia opinabantur quod omnia ex necessitate contingerent secundum aliquam commixtionem causarum. Et sic, si omnia ex necessitate eveniunt, sequitur quod ea quae non eveniunt, non possibile est esse” (Sententia Metaphysicae, Lib. 9, l. 3). In: Aristotelis librum de anima Commentarium (Lib. 3, n. 595, cura ac studio P. F. A. M. Pirotta, OP, Marietti, 19595, S. 149), und in Bezug auf die Argumente die Aristoteles gegen „opinionem antiquorum“ [próteron phisiológoi: die Megariker], die sagten nichts sei weiß oder schwarz wo fern es nicht gesehen wird, sagt Thomas von Aquin mit Aristoteles, dass diese Autoren sich irren, indem sie die Wahrheit der Dinge nur im „apparere“ stellten. Mit der genauen klassischen Begriffsbildung, die zwischen secundum potentiam et secundum actum besteht, erklären Aristoteles und Thomas, dass sie einerseits recht hatten, indem sie die dispositio in actu („Manifestation einer Disposition“ im heutigen Sinne) verstehen, irren sie sich anderseits, indem sie keine dispositio in potentia annehmen, die unter normalen Zuständen instantiert werden kann. Für die Scholastik gilt immer das Axiom natura nihil fit in fristra. Dabei bezieht sich Thomas auf das in der frühen Neuzeit wieder auftauchende Problem der Gültigkeit und Realität der Dispositionen. (Vgl. dazu L. Jansen, Dispositionen und ihre Realität, in: Christoph Halbig (ed.), Was ist wirklich? in der modernen Philosophie, Ontos-Verlag, Frankfurt 2004). Thomas von Aquin spricht über die dispositio im doppelten Sinn: als habitus: “Secundo modo dicitur habitus dispositio, secundum quam aliquid disponitur bene et male” (Met. V, lib. 5, lect. 20, n. 7 [82629], aber auch in dem Sinne, dass die Qualität eine „dispositio substantiae“ ist (STh., I, q. 28; De pot., q. 9, a. 7; Eth., q. 1., a. 6). In Bezug auf Aristoteles, sagt Thomas: „Philosophus… ponit rationem communem huius nominis dispositio, dicens, quod dispositio nihil aliud est quam ordo partium in habente partes“ (Met., V, lect. 20 ff. [n. 82623-27], deren Modi drei sind: (a) „secundum partium in loco, et sic dispositio sive situs est quoddam praedicamentum“. (b) „prout ordo partium attenditur secundum potentiam…; et sic dispositio ponitur in prima specie qualitatis“ (d. h. „esse dispositum“). (c) „prout ordo partium attenditur secundum speciem et figuram totius; et sic dispositio sive situs ponitur differentia in genere quantitatis“. Gregorius (In I, d. 28, q. 1) drückt sich so aus: “Im dem 3. Buch seines Kommentars über die Physik, sagt der Commentator [=Averroes], dass eine Relation eine dispositio zwischen zwei Dingen ist. Johannes Buridan spricht von der dispositio als Veranlagung. Aber sie kann auch „einen äußerst abstrakten Sinn annehmen: Bestimmung überhaupt“ und in Bezug auf Aristoteles sagt, dass „accidentia non sunt entia nisi quia sunt dispositiones substantiae“ (Arist., Met., VII, 1) (Vgl. R. Schönberger, o.c., S. 379). Buridan spricht auch von einer dispositio addita, die, nach Schönberger (o.c., S. 379) vermeintlich auf die Kritik des Averroes an Avicenna zurückgeht. Avicenna ist dafür, dass die Einheit eine über die Seindheit hinausgehende Bestimmung ist. Das widerspricht Thomas von Aquin: „… res non dicitur una per aliquam dispositionem additam, quia sic esset abire in infinitum.“ (I, d. 24, q. 1, a. 3. Zitat nach Schönberger, o.c., S. 380). “Ponamus – sagt Buridan – quod lapis qui est albus sit causa albedinis illius et quod albedo sit dependens a lapide. Tamen probo quod propter hoc non oportet ponere dispositionem additam praeter lapidem et albedinem, quia vel hoc esset ex eo quod albedo inhaeret lapidi, vel hoc esset ex eo quod albedo dependet a lapide. Sed neutro modo potest dici. Probo primo non: …quia tunc etiam illa dispositio addita alicui inhaeret et tunc vel ipsa inhaeret sine aliqua dispositione tertia vel inhaeret per aliquam dispositionem tertiam; si dicamus quod seipsa, ita poterit dici de ipsa albedine, et sic non oportebit ponere illam dispositionem additam; si vero dicatur quod illa dispositio inhaereat subiecto suo per aliam dispositionem tertiam, tunc quaeremus de illa ut prius, et sic in infinitum, quod est inconveniens dicere. Similiter etiam arguitur: Si dicatur quod illa dispositio alia requiretur ex eo quod albedo dependet a lapide et ab albedine cum sit eis naturaliter posterior, et tunc si dependet a seipsa, tunc pari ratione potest totum dici de albedine; si vero illa dispositio dependeat per aliam dispositionem, procedetur in infinitum, quod est inconveniens – et etiam difficile esset assignare cui illa dispositio inhaeret primo, scilicet utrum albedini vel lapidi; et iterum oporteret illas dispositiones et illos modos multiplicare, quia illa dispositio alio modo se habet ad albedinem et alio modo se habet ad lapidem, et sic iam oportet ponere plures modos et alios abinvicem – et tali multiplicatio entium in rebus naturalibus non videretur ponenda... Et sic omnino videtur impossibile quod talis dispositio separetur. Igitur non est ponenda tamquam alia a lapide et ab albedine et ab ambobus” (Quaestiones in Aristotelis Metaphysicam, lib. 5, q. 8). Suárez in seinem Traktat De anima befasst sich mit der Vitalorganisation des

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Menschen. Der organische Körper ist die letze Disposition für die Rezeption der Seele. In diesem Sinne fügt der Teil der aristotelischen Definition der Seele: actus formalis et substantialis corporis organici dem anderen: potentia vitam habentis nichts hinzu (De an. 1,2,31). Das Leben kann entweder akzidentell oder substantiell erfasst werden. Akzidentell ist es in Bezug auf die operatio. In diesem Sinne „consisitit in varis dispositionibus accidentalibus existentibus in varii partibus materiae corporis organici, ut v. gr. quia hoc membrum est huius figuri… hoc durum, illud molle“ (Ib. 1,2,13). Diese Dispositionen können ihrerseits verschiedene Funktionen erwirken: aktive und passive, nämlich. Die ersteren sind die Werkzeuge (Werkzeuliche Organisation). Die passiven aber bereiten die Materie für die Rezeption der Form (Substantielle Organization), in sofern sie in Potenz in einer materiellen Organisation ist. Wichtig ist es auch dabei abzuheben, dass alle diese Organisationen und Dispositionen vom Standpunkt der Finalursache gesehen werden müssen. So sind sie so oder so gestaltet, weil sie zu einer praktischen (Hören, Sehen, usw.) Operation bestimmt sind. Daraus ergibt sich, dass jede Organisation zugunsten eines bestimmten Lebewesens hingeordnet ist. Zum Schluss dieser Argumentation kommt Suárez dazu, die Möglichkeit zu erörten, die Seele durch die Operationen a posteriori definieren zu können (forma perficit materiam non solum quoad esse, sed etiam ad operandum (Ib. 1,2,24), obwohl die substantielle Definition immer noch die wichtigere ist (anima non dat esse quia dat operari, sed e contrario (Ib.). Für Suárez dispositio kann auch zu dem Rang einer Ursache erhoben werden: „causa dispositiva materiae“ (De gen. et corr. q. 1. d. 2. Castellote 468). Sie kann auch als „Veranlagung“ oder „Fähigkeit“ verstanden werden: „Istae qualitates ex natura sua sunt dispositae – institutae inquam – ad disponendam materiam ut formam substantialem recipiat “ (Castellote 453) „Forma unitur materiae per dispositiones quae possunt deperdi“ (Ib. Castellote 457). Dispositio bedeutet auch für Suárez so viel wie coaptatio: „actus secundum quid disponit et coaptat materiam ad actum simpliciter“ (Ib.). Und nicht zuletzt fasst Suárez die dispositio als eine dialektische auf, in dem Sinne einer coordination der essentiellen Prädikate. Nach Jansen werden heute drei Hauptgründe gegen die Realität der Dispositionen angegeben: 1. Sie sind „occult“: man kann sie nicht beobachten. 2. Sie sind „Gespenterdasein“ (in Anspielung auf „gost in the machine“: Gilbert Ryle, The Concept of Mind, London 1949). 3. Sie sind nutzlos und überflüssig: sie tragen nichts zu der empirischen Wissenschaft bei. Jansen schlägt drei Spielarten der Dispositionen-Realismus vor: 1. Kategorialer Monismus: Die Dispositionen sind nichts anderes als komplexe kategoriale Eigenschaften. Die realisierende kategoriale Eigenschaft nennt man die Basis einer Disposition. Bei diesem Monismus ist es unverzüglich, das Axiom der Konstanz der Naturgesetze anzunehmen. 2. Schwacher Dualismus (Spielart: Funktionalismus: Mumford114): Dispositionen sind funktional beschriebene Eigenschaften „ersten Stufe“ mit einer bestimmten kausalen Rolle. 3. Starker Dualismus: Den Dispositionen billigt dieser Dualismus kausale Relevanz zu. 4. Dem neutralen Monismus nach, der für Jansen als die wahre Auffassung gilt, „sind es nicht die Eigenschaften an sich, die kategorial oder dispositional sind, sondern die Beschreibungen, mit denen wir auf die kategoriale Eigenschaften verweisen… Erklärungen, die auf Dispositionen verweisen, können nie von Erklärungen abgelöst werden, die nur auf kategoriale Eigenschaften verweisen; stets müssen die neuen Eigenschaften auf dispositionale Eigenschaften… verweisen“ (Ib. n. 2-7). Ich möchte noch darauf hinweissen, dass Mumford mit seinem neutralem Monismus einen Kausalbegriff annimmt, der sich nicht auf Kausalbeziehungen zwischen Ereignissen beschränkt, sondern darüber hinaus auch andere „stimulierende Ereignisse“ vorhanden sein müssen, die „in einem akzeptablen Sinn“ auch „Ursachen“ genannt werden können (Zitat nach Jansen, „Stepan mumford“, in: Zeitschrift für phil. Forschung). Auch Suárez hat in seinem De anima von der „causa excitativa“ (Auslösungsursache) gesprochen. Mit der „causa excitativa“ befasst er bei der Bahandlung der „Sympathie“ zwischen den Fakultäten der menschlichen Seele: „…illa duarum facultatum in eadem anima radicatio concludit solum per modum cuiusdam sympathiae, quatenus operante una facultate anima inde excitatur ad operandum per aliam“ (De an. 3,9,6).

c) Die Kategorien in der Ethik, nach Suárez Die Scholastiker haben sich mit den Begriff „Person“ auseinandergesetzt, der von Boethius herstammt: „individua subsistentia rationalis naturae“115. Seine Anwendung in der Trinitätslehre haben sie sofort, vor allem Augustinus, als unpassend empfunden:

114 115

Mumford, Stephan, Dispositions, Oxford University Press, Oxford 1998. De persona et duabus naturis, c. 2.

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Erstens, „Person“ ist etwas grundlegend anderes als „Substanz“. Nun wissen wir, dass, nach Aristoteles, alles was keine Substanz ist, ein Akzidens ist, zu denen die Kategorie der „Relation“ gehört. Zweitens, die Scholastiker könnten auf keinen Fall die göttlichen Relationen unter eine prädikamentale Relation stellen, denn die drei Personen in Gott unterscheiden sich doch wirklich, aber nicht nach ihrer Substanz oder ihrem Wesen. Sie müssten also eine andere Form der Relation herausfinden, um solche Hindernisse aus dem Weg zu räumen: das sind die „substantialae relationes“, die von der aristotelischen Substanzund Akzidenslehre weit verschieden sind. Nun aber haben die Scholastiker versucht, eine neue Ontologie zu erarbeiten, die neben der aristotelischen Substanzontologie ihren eigenen Platz hätte. Dieser neuen Ontologie zufolge haben sie vermutet, dass, neben den Naturdingen auch moralische Dinge auftreten, bei denen die Relationen in den sozialen und ethischen Verhältnissen eine große Rolle spielen. Suárez hat die aristotelische Unterscheidung Substanz-Akzidens in den moralischen Dingen irgendwie wiederspiegeln lassen, indem er versucht, zwischen „moralisch Wesentlichem“ und „moralisch Unwesentlichem“ zu unterscheiden: Die letzteren sind die Naturdinge, die durch die Einordnung auf wesentliche entia moralia ihren moralischen Wert erhalten: Das Geld, z. B. hat seinen moralischen Wert nicht in sich selbst, weil es ein substantielles Naturding ist, sondern durch die Verwendung, die die Menschen bei ihren ökonomischen Handlungen davon machen. An sich ist das Geld ein unwesentliches Ding, das nur durch die soziallen und ethischen menschlichen Relationen ihre Gültigkeit als moralisches Ding erlangt. Dieses Sein bedeutet weder etwas Physisches und den Dingen Zugefügtes, noch kann es so genannt werden, weil es in gewisser Weise wirklich in den Dingen ist. Dazu gehören die Verbindlichkeit, die aus einem Versprechen entsteht, das Besitzrecht, das durch den Willen eines Besitzers übertragen wird, das Band der Ehe, der Wert einer Sache, der aus der gesetzlichen Abschätzung ihres Preises entsteht, und ebenso gehört hierher der Makel der Sünde oder der anhaltenden Schuld, die offenbar nicht von sich aus positives reales Ding ist, und die auch nicht einfach in dem Fehlen eines physischen Dinges besteht, wie es bei der leichten und schweren Sünde der Fall ist (wenn man es von der reinen gratia ausschließt). Es besteht also nur in etwas Moralischen, das von dem vergangenen Handeln bleibt, was in der allgemeinen Art zu reden nichts anderes ist als eine aus der vergangenen Handlung bleibende Denomination. Die aber nicht als vergangene – denn sie ist in sich mehr als eine notwendige und natürliche Denomination –, sondern als eine aus der klugen Bewertung entstehende, moralische Denomination verstanden wird, die sich so verhält als ob sie in Bezug auf die moralischen Effekten gegenwärtig wäre.116

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„Neque enim hoc esse dicit aliquam physicam ac rebus supperadditum neque vere dici potest omnino confictum, quia vere est in rebus ipsis aliquo modo. Huiusmodi est obligatio orta ex permissione, dominium, quod transfertur per voluntatem domini, vinculum matrimonii, valor rei ortus ex lege taxante pretium eius; et huc etiam spectat macula peccati sive habitualis culpa, quod nec per se dicit ens possitivum reale, ut per se constat, nec simpliciter requirit privationem realem physicam, ut constat in culpa veniali et in peccato morali, si esset in homine pura seclusa gratia; dicit ergo solum aliquid morale relictum ex praecedenti actu, quod generaliter loquendo nihil aliud est quam denominatio relicta ex praecedenti actu, non utcumque ut praeteritum est, nam illa ut sic potius est quasi necessaria et naturalis denominatio, sed ut moraliter secundum prudentem existimationem, ita se habet, ac si praesens esset in ordine ad morales effectus“ (De bonitate, I, 3, 4).

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Die moralisch wesentlichen Relationen entstehen also in den menschlichen, ökonomischen Gemeinschaften, die zwischenmenschlichen Beziehungen sind.117 d) Die Kategorien in der Mathematik Eine Relation ist allgemein eine Beziehung, die zwischen Dingen bestehen kann. Relationen im Sinne der Mathematik sind ausschließlich diejenigen Beziehungen, bei denen stets klar ist, ob sie bestehen oder nicht. Zwei Gegenstände können also nicht „bis zu einem gewissen Grade“ in einer Relation zueinander stehen, obwohl heute bei der Komputation der Statistik von einer gewissen unbestimmten Logik gesprochen wird. Damit ist eine einfache mengentheoretische Definition des Begriffs der Relation möglich: eine Relation R ist eine Menge von n-Tupeln Dinge, die in der Relation R zueinander stehen. Wenn nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, versteht man unter einer Relation eine „zweistellige“ oder „binäre“ Relation, also eine Beziehung zwischen je zwei Dingen. Die Elemente eines Paares (a,b) können aus verschiedenen Grundmengen A und B stammen; die Relation heißt dann heterogen oder „Relation zwischen den Mengen A und B“. Wenn die Grundmengen übereinstimmen, A = B, heißt die Relation homogen oder „Relation in der Menge A“. Wichtige Spezialfälle, zum Beispiel Äquivalenz und Ordnungsrelationen, sind Relationen in einer Menge. In Beziehung auf die mathematische, kulturelle Welt, möchte ich folgende Frage stellen: Warum haben die Griechen, die sich so sehr mit den Relationen beschäftigt haben, keine mathematische, zahlenmäßige Grundlage, um mit den Zahlen auszurechnen oder zu kalkulieren? Die magische Funktion der Zahlen. „Gematrie“ ist der Name, den man diesen merkwürdigen Aberglauben zuschreibt, den Hebräer und Griechen den Buchstaben des Alphabets gegeben haben, die die Zahlen vertreten sollen. Ich möchte Ihnen eine Stelle vorbringen, aus dem Buch von T. Dantzig stammt: In Bezug auf die Kunst der Kalkulation, was für eine Erbe haben die alten Generationen uns hinterlassen? Eine unbiegsame Bezifferung... In schroffem Gegensatz zu diesem dürren Hintergrund, die Heldentat eines anonymen indischen Mannes, der eines Tages in den ersten Jahrhunderten unserer Ära das Prinzip der relativen Position in der schriftlichen Nummerierung entdeckt hatte, erreichte weltweite Proportionen.118

Den Griechen fehlte der soziale Impuls; den Alexandrinern die Hot, um die Algebra zu entdecken; die Inder hatten schon den sozialen Impuls, als sie die Not zu kalkulieren spürten.

117 Patricio Peñalver Simó hat in seinem Artikel: “La noción escolástica de relación trascendental” (Servicio de Publicaciones de la Universidad de Navarra) versucht, den Begriff “relación trascendental” auf seine ganzen Weite zu analysieren. Dabei glaubt er, dass es notwendig ist, den Begriff “Akzidens” von dem Begriff “Relation” zu unterscheiden. Die prädikamentale Relation ist, nach Aristoteles, ein Akzidens, das einer absoluten Sache zukommt, dessen Essenz im “esse-ad” besteht. Haben die “relaciones transcendentales” eine solche Beschaffenheit? Krempel. z. B. hat es bejaht, weil es keine Relationen gibt, die entweder prädikamental oder rationis sei; wenn also die “relationes transcendentales” keine prädikamentale sind, müssen sie nur rationis sein. Die Realität dieser Relation versucht unser Autor dadurch zu beweisen, 1.) dass es in Gott reale Relationen gibt; 2.) dass es auch Relationen zwischen Potenz und Akt und zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf gibt. Das Geschöpf gründet sich auf seine Abhängigkeit von Gott. 118 Zitat von: Langelot Hogben, Mathematiks for the Million, (spanische Übersetzung: Matemáticas en la vida del hombre, Barcelona, 1941, S. 349). Meine Übersetzung.

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Exkurs. Das Paradoxon des Zenon Als Zenon ihren Zuhörern das Paradoxon stellte, ob Aquiles, der schneller läuft als eine Schildkröte, die langsamer ist, diese endlich erreichen könnte, alle wussten bestimmt, dass Aquiles sicher die Schildkröte fangen würde, nun hatten sie kein mathematisches Mittel, um das Moment zu kalkulieren, in dem Aquiles die Schildkröte erreicht. Sie hatten die Vorstellung, dass, wenn man einer Quantität andere immer größere Quantitäten hinzurechnet, auch möglich ist ihr immer geringere Quantitäten hinzuzurechnen. Sie hatten nicht begreifen können, dass eine Maschine zum Stillstand kommt, wenn sie über eine bestimmte Geschwindigkeitsgrenze verzögert wird. Das Problem war folgendes: Aquiles läuft zehnmal schneller als die Schildkröte, daher gibt er ihr 100 m. Vorsprung. Beide fangen an, gleichzeitig zu laufen. Wann Aquiles die ersten 100 m. gelaufen ist, ist die Schildkröte nicht mehr da, sie ist auch ein Zehntel von 100 m. weiter gelaufen; sie ist also 10 m. vor Aquiles entfernt. Aquiles fängt an, diese 10 m. zu laufen, um sie zu fangen, aber dazwischen ist die Schildkröte weiter gelaufen; sie befindet sich also 1 m. vor Aquiles entfernt. In dem Moment in dem Aquiles eine Zehntel m. gelaufen ist, ist die Schildkröte weiter eine Tausendstel m. gelaufen, usw. So wird Aquiles niemals die Schildkröte fangen können. Die Griechen hätten möglicherweise die Distanz, die die Schildkröte läuft, bevor sie von Aquiles erreicht wird, so kalkuliert: ι + α + α/ι + α/ρ + usw. Oder vielleicht mit dem Abbakus oder Rechenbrett. Bei dieser Äquation finden wir überhaupt nichts, das uns eine Idee der Relationen zwischen den jeweiligen Etappen dieses Laufens geben kann. Heute können wir es mathematisch so ausdrücken: 1 1 1 10 + 1 + + usw. + + 10 100 1000 Oder mit Dezimalbruch: 10 + 1 + 0,1 + 0,01 + 0,001 + 0,0001 + usw. Das Resultat dieser Addierung ist = 11,111..., oder 11, ī; oder =



 D. h. die Distanz, die die Schildkröte in dem Moment in dem Aquiles sie erreicht durch laufen ist ist 11 + und nicht mehr.  Für Aristoteles ist dieses Paradox so zu lösen, das man zwischen logischen und realen Dinge Unterscheidet.

e) Die Relation in der Musik Eine musikalische Melodie ist nichts anderes als eine der Reihenfolge von Tonrelationen. Alles kommt darauf an, an welcher Stelle die sieben Grundtöne der Tonleiter positioniert sind. Die klassische Musik verwendet eine Grundtonleiter, bestehend aus sieben Tönender: A, B, C, D, E, F, G (La, Si, Do, Re, Mi, FA Sol). Sie dient als Basis für alle Tonarten, welche durch Erhöhungs- und Vertiefungszeichen gestalten werden. Schönberg war der erste der den „Dodekaphonismus“ (Zwölftonleiter) als Grundtonleiter benützt hat. Er selber hatte im Jahre 1921 einem seiner Schüler anvertraut, er hätte eine große Entdeckung gemacht, die die Überlegenheit der deutschen Musik während der nächsten hundert Jahre bringen sollte. Er bezog sich dabei auf seine Entdeckung der Zwölftonleiter. Dabei sind die zwölf Töne, die den Dodekaphonismus” 52

ausmachen, von Anfang an gleichwertig. Jede musikalische Komposition nimmt ihr Grundmaterial aus einer von der chromatischen Tonleiter ausgesuchte Tonsequenz. Diese wird als “Reihe” oder “Serie” bezeichnet. Es gibt vier Formen, diese Serie miteinander zu gestalten. Die erste Serie wurde von ihm mit dem Buchstabe “P” gekennzeichnet. Diese erste Serie kann man umkehren und so wird die Reihenfolge der Tönen und ihrer Intervalle umgedreht: Man kann sie von Anfang bzw. von Ende an verfolgen, d. h. die Serie kann umgekehrt werden. Das Resultat dieser Umkehrung ist die zweite Serie, die mit dem Buchstabe “R” (retrograd) gekennzeichnet wird. Die letzten zwei Serien werden durch Spiegelung gebildet, d. h. die erste Note der neuen Relation (P1) wird hoch gestellt. Und bei der neuen umgekehrten Relation (R1) macht man das Gleiche. Es gibt also vier Grundserien. Nun kann man diese vier Grundserien “transponieren”, so dass 48 verschiedene Series gestaltet werden. Ich getrau mich, diese Entdeckung von Schönberg mit den aristotelischen Eigensachafften der Relationen analogisch zu vergleichen: Das Umkehren der Reihenfolge darf man mit der Eigenschaft der “Umkehrbarkeit” einiger Relationen und die Spiegelung mit der der “Entgegengesetztheit” vergleichen. f) Die Relationen in der soziologischen Welt119 B. Die Kategorien 1. Einleitung. Zu welcher Wissenschaft gehören die Kategorien Interessant ist es, dass Suárez gerade in seinem metaphysischen System mit der Auseinandersetzung beginnt (39, Prooemium, 1), ob die Kategorien der Metaphysik oder der Dialektik angehören. Vielleich ist dies bereits ein Hinweis darauf, was seine eigene Meinung über die Kategorien ist. Er bietet zwei Arten von Wissenschaften, die sich mit den Kategorien beschäftigen könnten: die Metaphysik und die Dialektik. Die Dialektik betrachtet die zehn Kategorien nicht nach ihrer Essenz und Natur: …non considerat decem suprema genera ut horum naturas et essentias exacte declaret (39,1,1).

Sie ist vielmehr eine Kunst, die den Vorgang des Intellekts dirigiert. Doch da vorausgesetzt wird, dass es zwischen den Begriffen des Intellekts und den realen Dingen einen Isomorphismus gibt, werden die Kategorien auch von der Dialektik behandelt, nicht aber nach ihrer Essenz und Natur, sondern nur nach der Koordination der Begriffe: … solum in ordine ad conceptus mentis coordinandos (Ib.).

Deswegen ist die logisch oder dialektisch behandelte Kategorie eine Disposition oder Anordnung der Gattungen und der Spezies bis zu den Individuen unter einer höheren Gattung. Dialecticus... agit de conceptibus mentis ut dirigibiles sunt per artem, seu de forma et ordinatione conceptuum, quatenus per artem tribui potest. De rebus tractat... solum in ordine ad conceptus mentis coordinandos... Nam praedicamentum logice sumptum nihil aliud est quam generum et specierum usque ad individua conveniens dispositio sub aliquo supremo genere (Ib.).

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Hinsichtlich dieser soziologischen Relation Vgl. mienen Artikel „

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Die Aufgabe des Dialektikers ist also, eine Anordnung und Koordination zu etablieren, mit der die Korrektheit von Definitionen, Prädikationen und Demonstrationen sichergestellt werden kann. Die Metaphysik hat im Gegensatz dazu die Funktion, eine exaktere und höhere ratio zu geben, als die Dialektik es tut: (…altiori modo; exacta ratione, Ib.). Dass man den Kategorien Namen gibt, ist für Suárez angebracht und notwendig, aber sie sollen keine reinen und exklusiven termini sein, und dürfen auch von der Metaphysik „quoad quid rei“ behandelt werden.120 Suárez gibt sich aber damit nicht zufrieden, und in Absatz 30 des zweiten Abschnitts dieser Disputation, bei der Behandlung der ungenügenden ratio für die aristotelische Einteilung der Kategorien und ihrer Zahl, wiederholt er diese Beschaffenheit der Kategorien (dispositio, coordinatio). Auch in der DM 6,7,12 kommt Suárez davon zu sprechen, dass die objektiven, univoken, und daher universell mehreren Prädikamenten essenziell zugehörenden Begriffe (so lautet die Meinung derer, dir dem Akzidens einen univoken Begriff zuschreiben und demzufolge keine genera suprema zulassen, denn sie nur ad modum transcendentium betrachten) nicht „ad coordinanda praedicamenta deserviunt“, weil sie entweder keine univoke Prädikate sind oder, wenn man es zulässt, auf eine Art Gattung zurückgeführt werden können, die aber keine Differenzen aufweist – wie die normalen Gattungen es tun – durch die sie kontrahiert werden kann. Daher leisten sie keine Dienste weder um die Definitionen richtig zu machen noch um die Prädikamente zu koordinieren.121 …nullam posse reddi sufficientem rationem illius divisionis... Atque eadem ratio est de numero decem praedicamentorum; nam praedicamentum nihil aliud est quam debita dispositio et coordinatio essentialium praedicatorum, ex quibus ea quae in quid praedicantur de individuo, supra illud in recta linea collocantur, ab inferioribus ad superiora ascendendo; haec autem linea, sicut ab infimo, id est ab individuo incipit, ita non terminatur nisi ad aliquod genus summum, alias nulla sufficiens ratio reddi potest cur in uno genere potius quam in alio terminetur (DM 39,2,30).

Auch in Absatz 9 des ersten Abschnitts dieser Disputation spricht Suárez wieder von der coordinatio, diesmal aber in Bezug auf die Einteilung der akzidentellen Kategorien, die sich von der aristotelischen unterscheidet: In aliis autem divisionibus accidentis, quae per pauciora membra tradi videntur, aut non reperitur coordinatio essentialis secundum rationem inter modos constituentes talia membra et eos qui determinant genera accidentium (DM 39,1,9).

Um herauszufinden, was es damit für eine Bewandtnis hat, müssen wir weiter fragen: Inwieweit unterscheiden sich die Kategorien von den genera suprema? Einerseits wissen wir, dass Suárez die genera suprema als real betrachtet, in dem Sinne, dass

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Wir können bei Ockham auch über eine ähnliche Art von den Kategorien sprechen (Quodl. V, q. 1). Aber davon sondert sich Suárez ab, indem er annimmt, dass die Kategorien auch in der Metaphysik behandelt werden dürfen. 121 Quod si instes, quia non repugnat dari aliquos conceptus obiectivos communes, essentiales pluribus praedicamentis, et univocos, et consequenter universales, et non genericos quia multis praedicamentis nullum genus commune est, qualem multi existimant esse conceptum accidentis, aut conceptum entis successivi et similes, quos consequenter dicunt non esse genera sed ad modum transcendentium, respondetur breviter, vel nulla esse huiusmodi praedicata univoca (ut multi volunt), vel certe, si quae sunt, ad genus revocari, quia in ratione universalis et in modo praedicationis essentialis in quid incompletum, et non praedicando totam rei essentiam, cum eo conveniunt; differunt tamen a proprio genere, quia non habent proprias differentias, quibus contrahantur; et ideo neque ad definitiones, neque ad coordinanda praedicamenta deserviunt.”

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sie keine gedachten Entitäten sind. Sie gehören also zur Metaphysik. Doch wenn ich Suárez richtig verstehe, hat er die suprema genera bei der Behandlung der aristotelischen Einteilung der Kategorien nicht als Gattungen im eigentlichen und strengen Sinn verstanden. Ut hinc obiter constet quando dicitur accidens dividi in novem genera non sumi genus proprie et rigorose, sed ut includit omnia quae in unoquoque praedicamento constituuntur, sive directe sive reductive (39,1,15).

Andererseits aber ist es ganz klar, dass diese dispositio et coordinatio nicht real ist, denn sie scheint mehr zur Redekunst zu gehören: Die dispositio ist die Kunst der wirksamen Anordnung des Stoffes einer Rede; sie ist ein Teil des Redeaufbaues. Sind also die Kategorien verschieden von den genera suprema, indem diese real und jene nur gedachte Entitäten sind, die zur Koordination der genera suprema dienen? 122 Ich werde jetzt versuchen, eine Ausdeutung dessen vorzunehmen, was Suárez unter einer Kategorie versteht. Ich habe den Eindruck, dass Suárez die Kategorien als ein System versteht, das einer Prozessführung ähnlich ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Kategorien zuerst als Anklage verstanden wurden, die der Richter gegen den Angeklagten vorbringt. Wählen wir die Namen aus, die Suárez bei der Behandlung der Kategorien verwendet: “artificiose” (39,2,28); “coordinare”; “coordinatio essentialis” (39,1,9); “convenientia confusa” (39,2,18); “dispositio et coordinatio” (39,2,30); “ea quae in quid praedicantur de individuo” (39,2,30). Es geht bei diesem Prozess darum, den Angeklagten in einem „supremum genus“ des Strafgesetzbuches zu kategorisieren. Daher soll der Richter dem Angeklagten verschiedene Fragen stellen, die als Kategorien gelten. Diese Fragen kann man auf die berühmten Kategorien des Aristoteles zurückführen. Dass es sich bei Suárez um eine dispositio et coordinatio essentialium praedicatorum handelt, muss man so verstehen, dass der Richter dem Angeklagten genau die Fragen stellt, die notwendig (essentiell) sind, um ihn zu identifizieren. Deswegen kann der Richter dem Angeklagten nicht alle existentiellen praedicata beimessen, d. h. der Angeklagte kann identifiziert werden durch mehr oder weniger Fragen. Es muss eine dispositio et coordinatio der Fragen geben. Diese Fragen aber sind noch nicht ein supremum genus (non sumi genus proprie et rigorose, sed ut includit omnia quae in unoquoque praedicamento constituuntur, sive directe sive reductive). Das in quid meint demnach nicht die essentiellen Prädikate (animal, rationale, usw.), sondern vielmehr diejenige, die für die Identifikation des Angeklagten notwendig sind (praedicantur de individuo). Sobald der Angeklagte iden122

Suárez erklärt in seiner DM 6,8,3-4 was er unter universale logicum et metaphysicum versteht: “Universale autem logicum dicitur ipsum universale in actu, quod per operationem intellectus consurgit; nam quia dialectici munus est operationes intellectus dirigere in ordine ad definitiones, divisiones et argumentationes recte et ordinate conficiendas, quae potissime traduntur de rebus universaliter conceptas et inter se comparatis et coordinatis, ideo necesse est ut intentiones rationis seu denominationes inde consurgentes consideret, quamquam non ita hoc est proprium dialectici, quin magis proprie ac per se possit metaphysicum pertinere, eet aliquo etiam modo ad physicum… Maxime autem id spectat ad metaphysicum,, nam…ad illum pertinet distinguere entia rationis a realibus, et quam essentiam vel entitatem habeant declararare; quod valde alienum et extrinsecum est a dialectico instituto, sed solum obiter haec attingit, ut opera ipsa intellectus ordinare et in certam methodum et artem possit redigere… Metaphysicus considerata propriam rationem universlis… Dialecticus vero per se solum considerat rationem praedicabilis, non quidem eius entitatem vel entitatem considerans, sede solum quod ad definitiones vel praedicationes conficiendas nosse oportet.” Auf diese Weise kann man das universale in actu sub ratione universalis als “universale metaphysicum”, während es sub ratione praedicabilis als “universale dialecticum” aufzeichnen.

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tifiziert ist, versucht der Richter einen Pro-gress (ab inferioribus ad superiora ascendendo; supra illud) zu finden, durch den die Prädikate, die dem Angeklagten beigemessen sind und ihn identifiziert haben, in einer geraden Linie (in recta linea) in einem supremum genus des Strafgesetzbuches verortet werden (collocantur). Dieser Pro-gress verläuft vom Individuum (ab individuo incipit) in einer geraden Linie bis zum „supremum genus“, sonst könnte man nicht wissen, zu welchem genus der Angeklagte gehört (alias nulla sufficiens ratio reddi potest, cur in uno genere potius quam in alio terminetur). Auf diese Weise kann man, sobald der Angeklagte identifiziert und in einem „supremum genus“ verortet wurde, von einem Re-gress sprechen, d. h. wir können den Angeklagten als einen Rechtsfall der Rechtskunde (iurisprudentia) betrachten. So ist das englische Strafrecht entstanden, das von dem französischen weit verschieden ist. Jenes bildet sich praktisch aus der Rechtskunde dieses aber ist mehr ein apriorisches, rationalistisches System. 2. Problemstellung Diese neue Form der Untersuchung der von Aristoteles bearbeiteten Feld der Kategorien (der selbstverständlich von den christlichen Dogmen nichts wusste) stammt weniger aus einem Einverständnis mit Aristoteles, als vielmehr aus dem Wunsch her, sich präzise mit der aristotelischen Relationstheorie auseinanderzusetzen, mit der die Scholastiker nicht immer einverstanden sind. R. Schöberger hat mit Recht gesagt: „Vielleicht hat kein Lehrstück des Aristoteles den Scholastikern so viel denkereische Anstrengung abverlangt wie seine Lehre von den Kategorien.“123 Es ist selbstverständlich, dass Suárez nicht mit der Definition der Kategorie anfängt. Das kann man darauf zurückführen, dass die Kategorien als suprema genera keine Definition erlauben, denn sie haben kein gemeinsames Genus, von dem sie sich als Spezies herleiten könnten. Die suprema genera als suprema unterscheiden sich voneinander. Deswegen fängt Suárez mit der Frage an, ob die Glieder der aristotelischen Einteilung der Kategorien – angenommen, dass die Kategorien undefinierbar sind – divers (different) oder distinkt sind, d. h. ob diese Einteilung unmittelbar und zulänglich und ob sie eine analogische ist. Man würde vermuten, dass sie divers sind, denn divers ist das, was sich direkt voneinander unterscheidet, wie die Gattungen; distinkt-different hingegen ist das, was mit dem Genus, nicht aber mit der Spezies übereinstimmt: so sind Mensch und Tier distinkt und nicht divers124. Mit dem Problem der Kategorisierung haben sich die Scho123

Relation als Vergleich, E. J. Brill, Leiden-New York-Köln, 1994, S. 361. So interpretiert Aristoteles Thomas von Aquin : “Hic determinat de quodam toto, scilicet de genere. Et primo ostendit quot modis dicitur genus. Secundo quot modis dicuntur aliqua diversa, ibi, diversa vero genere. Dicit ergo primo, quod genus dicitur quattuor modis. Primo generatio continua aliquorum habentium eumdem speciem. Sicut dicitur dum erit genus hominum, idest dum durabit generatio continua hominum. Secundo modo dicitur genus illud a quo primo movente ad esse, idest a generante procedunt aliqua… Magis autem denominantur aliqui a patre, qui est generans, quam a matre, quae dat materiam in generatione: et tamen aliqui denominantur genere a matre, sicut a quadam femina nomine Pleia, dicuntur aliquae Pleiades. Tertio modo dicitur genus, sicut superficies est genus figurarum superficialium, et solidum, idest corpus dicitur esse genus figurarum solidarum… Genus autem hoc non est quod significat essentiam speciei, sicut animal est genus hominis, sed quod est proprium subiectum omnium figurarum, specie differentium accidentium… Quarto modo genus dicitur, quod primo ponitur in definitione, et praedicatur in eo quod quid, et differentiae sunt eius qualitates. Sicut in definitione hominis primo ponitur animal, et bipes sive rationale, quod est quaedam substantialis qualitas hominis… Deinde cum dicit diversa vero hic ostendit quot modis dicuntur aliqua diversa genere; et ponit duos modos respondentes ultimis duobus modis generis… Primo igitur modo dicuntur aliqua genere diversa, quia eorum 124

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lastiker schon immer beschäftigt, obwohl die Frage nach dem ontologischen Status der Kategorien erst im 17. Jahrhundert auftauchte. Ich halte es für angebracht, dass wir, bevor uns mit der Kategorie der Relation auseinandersetzen, einen Überblick über die Kategorien in den folgenden drei Punkten bekommen: A) Unmittelbarkeit (immediate, 39,1-18) der Unterscheidung der Kategorien. B) Zulänglichkeit dieser Unterscheidung (sufficientia der Kategorien, 39,2,1-43). C) Analogie der Unterscheidung (39,3,1-18). A) Die Unmittelbarkeit der aristotelischen Einteilung Es scheint, dass die aristotelische Einteilung für Suárez nicht unmittelbar ist, weil man sie in mehr oder weniger Elemente oder Arten von Akzidenzien einteilen könnte. Sie schließt einbegriffene und durchfließende (transiliens, Ib. 1,1) Elemente mit ein. Es folgen die möglichen Unterscheidungen der Akzidenzien, um festzustellen, ob diese aristotelische Einteilung unmittelbar ist oder nicht: 1. Das Akzidens könnte man unterscheiden zuerst in vollständiges (completum) oder ganzes (integrum, directe in praedicamento [positum]) und unvollständiges (incompletum) oder einseitiges (partiale, reductive in praedicamento [positum]), genauso wie man es mit der Substanz tut (39,1,1). Die Unterscheidung completum-incompletum (39,1,10-15): Verschiedene Auffassungen: Completum (vollständiges): Es sind sola concreta accidentia (= totum compositum). Per actionem accidentalem non fit per se accidens abstractum, sed concretum. Accidens Incompletum (unvollständiges): Es sind accidentia in abstracto (sola forma incompleta ad compositum constituendum ordinata, Ib. 10). Suárez widersetzt sich dieser Auffassung (Ib. 11). Wie versteht Suárez das konkrete Akzidens? Dabei muss man vorsichtig sein, um jede Äquivokation in den Namen zu vermeiden. Das konkrete Akzidens kann man unterscheiden: (a) vel ratione solius formae (b) vel ratione totius compositi ex materiali et formali Wenn (a) stimmt, dann darf man von einem eigentlichen Akzidens sprechen. Wenn (b), dann spricht man von keinem Akzidens, sondern von einem „ens per accidens“ (So Arist., Met., VII, c. 6: 1031 a 15ss. Vgl. Suárez, DM 4,3).

primum subiectum est diversum…. Unde quantum ad genus subiectum, sapor et color sunt diversa… Alio modo dicuntur diversa genere, quae dicuntur secundum diversam figuram, idest praedicationis entis. Alia namque entia significant quid est, alia quale, alia aliis modis… Patet autem ex dictis quod aliqua continentur sub uno praedicamento, et sunt unum genere hoc modo secundo, quae tamen sunt diversa genere primo modo…Primus autem modus diversitatis secundum genus consideratur magis a naturali, et etiam a philosopho, quia est magis realis. Secundus autem modus consideratur a logico, quia est rationis” (Met., V, lect. 21, [nn. 82685-82687].

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Suárez versucht jetzt eine Begriffsbestimmung der Akzidenzien nach Aristoteles näher zu betrachten (Met., V, c. 30: 1025 a 14ss): Akzidens wird manchmal dasjenige genannt, das zufällig (fortuito) vorkommt: das ist ein Zufall (auf Spanisch spricht man von einem accidente de carretera: Strassenunfall); manchmal aber das, was der Substanz außerhalb ihrer Essenz inhäriert. Wenn dem so ist, dann kann man konkretes Akzidens nennen das, was aufgrund einer zufälligen Verbindung von Dingen vorkommt. Auf diese Weise darf man diesen Zufall nicht als Akzidens verstehen, denn die Substanz ist darin eingeschlossen. Dieses concretum also darf man weder in die Reihe der Prädikamente einzustufen, noch als vollständiges Akzidens, oder als vollständige Substanz betrachten. Man soll also es nur als ein ens per accidens (39,1,11) bewerten. Wenn das Subjekt eines compositums eine komplette Substanz ist, dann wäre dasselbe compositum ex substantia et accidente „plus quam completum“.125 Wenn man aber das konkrete Akzidens als formal ansieht (ratione solius formae, Ib. 12), dann dürfte man es auch als vollständig auffassen. Daraus aber ergibt sich nicht, dass dasselbe Akzidens in abstracto unvollständig sei, weil das konkrete, formale Akzidens nur dieselbe akzidentelle Form besagt.126 Die Vertreter dieser allgemeinen Meinung behaupten gegen Avicenna (Logica), dass sowohl das concretum als auch das abstractum Akzidens sich formal identifizieren und sich nur dadurch unterscheiden, dass das concretum die einzige Form besagt, insofern sie in actu das Subjekt informiert und es als solches beschafft, während das abstractum nur diese Form besagt, als ob sie per se wäre. Diejenige also die diese Unterscheidung annehmen, haben nur Recht, wenn sie zugeben, dass die abstrakten Akzidenzien in Bezug auf das Sein unvollständig sind, d. h. dass sie unvollständige entia sind, nicht aber dass sie unvollständige Akzidenzien sind. Et ideo ratio illa solum probat abstracta accidentia esse incompleta entia, non tamen esse incompleta accidentia (39,1,13).

Wenn das Akzidens completum in concretum und in abstractum unterschieden werden kann, so auch das incompletum, denn beide sind von derselben ratio bestimmt. Nun ist dem so, dass bei dem Akzidens in abstracto eine reinere (magis pura) und präzisere Form des Akzidens zu finden ist. Vollständiges Akzidens ist also dasjenige, das die ganze und komplette Essenz eines Akzidens ist. Unvollständiges im Gegenteil ist das, was als Teil in Bezug auf das Ganze betrachtet wird. Das vollständige und das unvollständige Akzidens, könnte man, genauso wie bei der Substanz, auch in physische und metaphysische einteilen: 125

Vgl. Thomas von Aquin: “Deinde cum dicit accidens est hic ultimo, distinguit [Aristoteles] nomen accidentis: et ponit duos modos, quibus dicitur hoc nomen accidens: quorum [1] primus est, quod accidens dicitur id quod inest alicui, et quod contingit vere affirmare, non tamen ex necessitate, nec secundum magis idest ut in pluribus, sed in paucioribus; sicut, si aliquis fodiens aliquam fossam… inveniat thesaurum… Hoc ergo… est quoddam accidens… Et simili modo musicus dicitur esse albus, sed tamen hoc non est ex necessitate… Differt autem hoc exemplum a primo. Nam in primo exemplo sumebatur accidens quantum ad fieri; in secundo vero quantum ad esse…. Et sciendum quod accidentis hoc modo dicti non est aliqua causa determinata, sed contingens, id est qualiscumque contingat, vel quia forte… Secundo modo [2] dicitur accidens quod inest alicui secundum esse, et tamen non est substantia eius… Differt autem hic modus [2] a primo [1], quia accidentia hoc secundo modo contingit esse sempiterna. Semper enim triangulus habet tres angulos aequales duobus rectis. Accidentium vero secundum primum modum [1] nullum contingit esse sempiternum, quia sunt semper in paucioribus… Accidens ergo secundum primum modum [1] opponitur ad secundum se. Accidens vero secundo modo [2] opponitur ad substantialiter” (Met. V, lect. 22, nn. 21-25 [nn. 82705-82709]. 126 So Thomas v. Aquin und Commentator (Met., V, text. 14).

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Physisch vollständiges Akzidens ist dasjenige, was zu keinem anderen Akzidens zugeordnet werden kann. Zu sagen, dass manchmal das Akzidens zu einer gewissen Funktion der Zusammenstellung von Potenz und Akt oder umgekehrt bestimmt ist, das hindert nicht daran, dass dieses Akzidens vollständig bleibt, denn diese Zusammenstellung ist kein unum per se, sondern nur unum per accidens. Physisch unvollständiges Akzidens ist dasjenige, das mit einem anderen ein Akzidens per se unum zusammensetzt. So z. B. die Teile einer zusammenhängenden (continua) Quantität, solange sie in continuum sind, werden sie „unvollständig“ genannt. Auch den Punkt und den Intensitätsgrad von ein und derselben Wärme könnte man als „unvollständiges“ Akzidens betrachten. So kann ein und dasselbe Akzidens, je nach seinen verschiedenen Umständen, vollständig oder unvollständig sein. Die gerade Linie in Bezug auf die Fläche (39,1,13) z. B. ist eine komplette Quantität sofern sie eine eigene Extension hat. Wenn aber sie als vinculum (Ib. 13) oder Terminus einer anderen Quantität ist, ist sie unvollständig. Eine inchoative Qualität (in gradu remisso) ist vollständig, entitativ aber oder intensiv ist unvollständig. Genauso geschieht es mit der Bewegung, die, sofern sie ein terminus in fieri ist, man unvollständig benennen kann; die aber vollständig ist, insofern sie als passio des Subjekts ist. Metaphysisch vollständiges Akzidens ist dasjenige, das die komplette (integra, Ib. 14) Essenz eines Akzidens besitzt. Aber hier ergibt sich Frage, ob die ultima genera vollständige Akzidenzien sind oder nur die letzten Spezies oder Individuen. Und noch mehr, wenn die summa genera unvollständige Akzidenzien sind, begegnen wir dem Einwand über ihre Unterscheidung: Warum sind sie nicht komplette Akzidenzien? Denn sowohl das Genus wie die Differenzen sind Teile eines Ganzen. Damit ein Genus von einer Spezies oder umgekehrt ausgesagt werden können, müssen sie irgendwie als ein Ganzes verstanden werden. Die Gattungen – sagt Suárez am Schluss dieser Auseinandersetzungen – die in einer geraden Linie eines Prädikaments gestellt sind, sind vollständige Akzidenzien. So z. B. sind Quantität und Wärme vollständige (integrae) Akzidenzien, sowohl bei ihrem generellen wie auch bei ihrem spezifischen Begriff. Aber zwischen Spezies und Genus besteht immer noch ein großer Unterschied, nämlich, dass die Spezies immer als Teil verstanden wird, so dass die metaphysischen, unvollständigen Akzidenzien, genauso wie die Genera, differentiae von Akzidenzien sind, wenn sie nur als Teile, nicht aber wenn sie als absolut betrachtet werden (39,1,14). Die Akzidenzien kann man auch in primum et secundum und in singulare et universale unterscheiden (39,1,2). Damit wollen wir uns hier – sagt Suárez – nicht beschäftigen, denn sie ist mehr eine metaphysische Einteilung der „Einheit“ (divisio unius, Ib. 16) als eine des Seins oder des Akzidens.127 Dass aber Suárez in diesem Zusammenhang mit dieser Unterscheidung beschäftigen will, ist darauf zurückzuführen, dass sie auch mit den Intensionen128 des Subjektes und des Prädikates zu tun hat, und insofern gehört sie mehr zur Dialektik als zur Metaphysik. Mit den Akzidenzien hat sie nichts zu tun. Niemals hat man ein individuelles Akzidens, in Bezug auf das universelle, als erstes Akzidens betrachtet. 127

Vgl. DM 4-6. Die Intension beschreibt den Sinn eines Begriffes, also die Bedeutung des sprachlichen Ausdrucks, wie dieser nach den Regeln der jeweiligen Sprache verstanden wird. Die Extension beschreibt hingegen den Begriffsumfang, d.h. sie stellt die Menge aller Objekte, die unter diesen Begriff fallen bzw. auf die dieser Begriff zutrifft, dar. 128

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2. Hoch wichtiger ist folgende Unterscheidung, die als dritte Schwierigkeit gilt (Ib. 3): illud quod est propria forma realis inhaerens substantiae Accidens est illud quod tantum est modus realis afficiens substantiam extra rationem et complementum eius Dass diese vermeintliche Unterscheidung der Akzidenzien zutrifft kommt daher, a) dass das Akzidens die Substanz auf verschiedene Weise affiziert; b) dass die realen modi den ersten Differenzen des Seins zugehören (DM 7); c) dass sie sich wider- und entgegensetzen. Darauf antwortet Suárez, dass die Gattung davon absieht, ob es eine Entität oder ein modus dieser Entität ist. (Ib. 17), denn unter einer Gattung befinden sich sowohl die Akzidenzien, die Entität haben, als auch diejenigen die derer modi sind, z. B. in der Qualität befinden sich auch die modi Wärme und Gestalt. 4. Das Akzidens kann sich auch in absolutum und relativum unterscheiden (Vierte Schwierigkeit, Ib. 4). In Bezug auf diese Unterscheidung ist Suárez der Meinung, dass sie mehr der gemeinsamen ratio entis, als der der Akzidenzien zugehört (Ib. 18). Wenn man aber unter respektivem Akzidens auch jeden transzendentalen Bezug versteht, so gibt es kein Akzidens, das nicht respektiv sei. Wenn man aber diesen respectus als prädikamental (ad aliquid) versteht, so ist er hier nutzlos, denn nur eine Gattung ist ad aliquid, die anderen Gattungen sind absolut. Wenn man aber die absolute Denomination des Akzidens ins Auge fasst, wird damit eigentlich nur die Verneinung des ad aliquid verstanden. 5. Über die Unterscheidung des Akzidens in spirituale et materiale (39,1,19). Beide übergehen auf fast alle Seiende. Das spirituale bezieht sich besonders auf die Substanz und nur folgerecht auf viele Gattungen der Akzidenzien. Das Akzidens wird qualitativ bestimmt ohne darauf zu achten, ob es materiell oder spirituell ist. Sie sind also deswegen nicht dazu geeignet, eine Unterscheidung der letzten Gattungen zu bestimmen. Das gleiche gilt in Bezug auf die Unterscheidung naturale-supernaturale. 6. Über die Unterscheidung in commune et proprium-separabile et inseparabile. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Unterscheidung der praedicabilium (Ib. 20). Sie bezieht sich nicht formell auf die ratio des Akzidens, sondern auf sein Ausströmen (dimanationem, Ib. 20) aus einem Subjekt. Vgl. folgendes Schema:

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quantitas absolutum qualitas „secundum esse“ seu praedicamentale (ad aliud) respectivum „secundum dici“ seu transcendentale  sex ultima genera spirituale

 usque ad ultimas accidentium species

materiale  usque ad ultimas accidentium species permanens  usque ad ultimas accidentium species succesivum  usque ad ultimas accidentium species intrinsece afficiens substantiam  qualitas, relatio extrinsece denominans substantiam  sex ultima praedicamenta

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Diagram der möglichen Unterscheidungen der Akzidenzien nach Suárez: Accidens

absolutum (Quantität, Qualität) Secundum esse, praedicamentale: (ad aliud) respectivum Secundum dici, transcendentale. „Pervadit omnia genera“ spirituale

Accidens

Usque ad ultimas species materiale

permanens Accidens

Usque ad ultimas species succesivum intrinsece afficiens substantiam (tres prima praedicamenta) (Scotus)

Accidens extrinsece denominans (sex ultima praedicamenta, ut multi volunt) commune Accidens proprium completum, integrum Accidens incompletum, partiale concretum Accidens abstractum universale Accidens particulare separabile Accidens inseparabile primum Accidens secundum intra substantiam: quantitas, qualitas, situs Accidens ubi, quando, habitus (Augustinus) extra substantiam ad aliquid, agere, pati

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All diese Einteilungen der Akzidenzien scheinen aber weder doktrinär (doctrinalis, 39,1,5)129 noch genügen sie für eine richtige Einteilung, denn eine genau genommene Einteilung muss durch die nächsten (proximos) Differenzen vel Modi bis zu den entfernteren (remotiores) durchgehen. Außerdem, und auf dieselbe Weise wie es so und so viele Einteilungen gibt, so könnte man auch mehr oder weniger aufstellen (39,1,5). Suárez versucht es jetzt mit einigen Erläuterungen zu erklären, bevor er sich für seine eigene Meinung entscheidet. Er hat kaum davon erfahren, dass sich jemand für dieses Problem interessiert hätte.130 Es ist wahr, dass Aristoteles (Met. V, 9: 1017 b 301018 a 19; X, 5: 1055 b 35-1056 a 35-1056 b 3) folgenden Grund angibt, um diese Problem zu lösen: Es gibt Dinge, die different oder distinkt und die, die divers sind (Ib. 6), wie schon oben dargestellt wurde. Differentia oder distincta sind diejenigen, die in etwas verschieden, in etwas aber gleich sind. Sie haben gemeinsam ein Genus, aber unterscheiden sich in ihrer spezifischen Differenz. So Mensch (animal rationale) und Kater (animal irrationale). Diversa sind diejenigen, die sich unter sich unterscheiden, wie die Kategorien, die kein Zwischenglied erlauben. So z. B. sind die Kategorien Substanz und Qualität divers. Genügt für Suárez diese aristotelische Erklärung? Seine Antwort lautet: Zu sagen, dass sie kein Zwischenglied erlauben, weil sie in nichts übereinkommen, kann man auf verschiedene Weise annehmen: (a) Dass sie mit keinem transzendentalen (sei es univok oder analog) Prädikament übereinkommen;131 (b) Dass sie kein gemeinsames Genus haben. (a) ist falsch, denn es gibt transzendentale Prädikamente und so ergibt sich, dass die Genera der Akzidenzien im engeren Sinn nicht diversa bezeichnet werden dürfen. Dass die Kategorien eine Übereinstimmung mit dem Sein haben, ist klar. Aber es geht hier lediglich darum, ob es eine mögliche Übereinstimmung zwischen den nicht substantiellen Akzidenzien selbst gibt, und ob sie weder mit der Substanz noch mit dem Sein solche Übereinstimmung haben. Man darf also nicht verneinen, dass es zwischen einigen Prädikamenten gewisse, eigentliche und besondere Übereinstimmungen gibt, die mit den anderen Prädikamenten nicht gemeinsam sind. Prior sensus est manifeste falsum; et ideo in opposito sensu negari non potest quin, sicut praedicamenta accidentium et inter se et cum substantia habent aliquam convenientiam in ratione entis, ita in ratione accidentis habent inter se aliquam convenientiam, quam non habent cum substantia, quam necesse est esse in aliqua ratione sibi magis propria, et consequenter sibi etiam magis immediata quam sit ratio entis; ergo, pari modo, negari non potest quin inter quaedam praedicamenta accidentium sint aliquae convenientiae propriae et peculiares, quae non sint communes aliis generibus accidentium... non

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Man versteht darunter vielleicht die herkömmliche aristotelische Lehre der Kategorien. Vgl. trotzdem den Auftrag von W. McMohon (o.c), der Albert den Großen als den ersten bezeichnet hat, der dieses Problem behandelte. 131 Wir werden uns später mit den “transcendentales relationes” beschäftigen, die bei Suárez, wie gesagt, eine fundamentale Rolle spielen. Das Wort “transzendental” ist allerdings keine Erfindung von Kant, denn es kommt schon bei den Scholastikern vor, mit einem aber von der kantischen “Transzendentalität” ganz verschiedenen Sinn. Bei Suárez geht es mit dem bei diesem Zusammenhang auftauchenden Wort nicht um die sogenannten “transcendentales” (unum, verum, pulchrum), sondern um die Relationen, die sich bei jeder Kategorie befinden (per omnia vagantur). 130

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possunt ergo genera accidentium dici primo modo diversa, quia nullam huiusmodi convenientiam habeant (DM 39,1,6).

(b) Könnte man akzeptieren, aber es bleibt dennoch ungenügend, denn das Akzidens in communi ist durch gewisse den Prädikamenten gemeinsamen Modi bestimmt, bevor es zu eigenen Prädikamenten oder Genera der Akzidenzien eingeengt (contrahatur, 39,1,6) wird. Wie könnte man sagen, dass eine Unterscheidung unmittelbarer als eine andere ist? (Ib. 7) (a) Erstens, wenn wenige Elemente vorhanden sind. (b) Zweitens, wenn dazwischen andere Elemente vorkommen, wie z. B. vivens, sensibile, rationale, usw. Suárez versucht jetzt, seine eigene Meinung zu formulieren: Diese Einteilung ist nicht so unmittelbar, dass man sich andere noch unmittelbareren Glieder ausdenken kann. Dicendum itaque est divisionem dictam [Aristotelis Unterscheidung] non esse ita immediatam, quin possint aliae immediatiores excogitari, si absolute de quacumque divisione per pauciora et generaliora membra loquamur (DM 39,1,8).

Er scheint trotzdem vorübergehend und aus „praktischen“ (ad doctrinam tradendam, Ib. 8) und „wissenschaftlichen“ (ut omnium rerum quidditates et genera ac species possent iuxta doctrinae methodum investigari ac cognosci, Ib.) Gründen, die traditionelle aristotelische Einteilung anzunehmen. Das hat für Suárez seinen Grund darin, dass man auf diese Weise eine genügende allen Akzidenzien gemeinsame ratio geben kann und sie mit der Substanz in Beziehung setzen (Ib. 9). Suárez wird sich in der nächsten Sektion (39,2) damit auseinandersetzen, ob die Einteilung univok oder analog ist. Er würde die aristotelische Einteilung als eine, unter andere mögliche, wissenschaftliche Methode annehmen, der aber nicht immer zustimmt. Nach der Aristoteles’ Methodologie sind die Kategorien zuerst in Substanz und Akzidens und diese dann in die angeblich (non sunt vera genera, Ib. 8) verschiedenen dazu gehörigen Gattungen unterschieden. Aber warum denn hat er nicht gleich das Sein in die zehn Kategorien eingeteilt? Warum hat Aristoteles der Substanz so viel Wert zugeschrieben? Suárez meint, dass er aus Nützlichkeits- (conveniens, Ib. 9; convenientia confusa, 39,2,18) und Gelegenheitsgründen (oportuit, Ib. 9) gemacht hat, denn so kann man besser das Essenzielle der Akzidenzien erläutern und sie mit der Substanz vergleichen und von ihr unterscheiden. Man könnte auch das Akzidens in primum et secundum, in universale et particulare (39,1,2). Diese Einteilung gehört eigentlich zur Metaphysik und bezieht sich viel mehr auf die Einteilung eines Ganzen als auf die eines Seins oder Akzidens. (39,1, 16). Insofern sie aber uns hier interessiert, kann man sagen, dass sie dialektisch ist. Es könnte auch eine weitere Unterscheidung geben, nämlich zwischen dem, was eine reale, der Substanz inhärierende Form ist, und dem, was nur ein realer, der Substanz auch inhärenter Modus ist, aber außerhalb ihrer Beschaffenheit und Komplement (complementum, 39,1,3). Das Akzidens abstrahiert davon, ob es modus oder Entität ist (39,1,17). Es folgen andere möglichen Unterscheidungen der Akzidenzien, die die Unmittelbarkeit gefährden könnten: absolutum, nämlich und respectivum (39,1,4). Es gibt, sagt Suárez, kein Akzidens, das nicht respectivum sei, denn es trifft auch das transzen-

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dentale Akzidens oder secundum dici. Der Terminus „absoluter Akzidens“ bedeutet nur eine Negation des Relativen oder ad aliquid (39,1,18). Was versteht Suárez unter Akzidens intrinsecus-extrinsecus? Um das klar zu machen, beginnen wir mit der Substanz. Sie, z. B. homo, als definiendum hat essentiale Beschaffenheit, die als definiens auftreten: „animal rationale“. Das Akzidens, im Gegenteil, besteht aus kontingenten Wesensarten, die ihrerseits unmittelbar (intrinsecus: Quantität, Qualität), oder mittelbar (extrinsecus) der Substanz inhärieren (z. B. die Figur, figura, die in der Quantität inhäriert). Im letzten Fall könnte man ihn als accidens accidentis (Gestalt der Quantität) bezeichnen. Im ersten Falle, obwohl er nicht immer essential ist, trotzdem braucht man ihn, um sich ein Bild davon zu machen: Ein Bild oder imago kann man sich nicht vorstellen ohne irgendeine Quantität oder Qualität. Aber zu sagen, dass diese Qualität oder Quantität weiß oder 2 m groß ist, das ist ein accidens accidentis. Man spricht dabei von der „Zwiebel-Metapher“ (so Adams 1985: 175): Der Kern ist die Substanz; die anderen Schichten sind die beziehungsweise intrinseci et extrinseci Akzidenzien.132 Aus diesem Grund hat man versucht, den ontologischen Status der Relationen zu bestimmen. Diese Einteilung ist die am meistens akzeptierte. Suárez sagt, dass es als „dogma philosophicum“ anzunehmen ist (DM 39, 2,13). 132

Suárez beschäftigt sich gründlich mit diesem Problem in der DM 14,4: Ob ein Akzidens eine nähere materielle Ursache eines anderen Akzidens sein kann. D.h. wie ein Akzidens mittels eines anderen der Substanz inhäriert. Das kann geschehen in zwei Formen: ut quo und ut quod. Das ut quo bezeichnet das Akzidens als das quo mediante die Substanz ein Akzidens bekommt. In diesem Sinne kann man nicht verweigern, dass z. B. die Farbe mediante quantitate der Substanz inhäriert. So kann man die Farbe als einen modus der Quantität bezeichnen. Der Grund dafür ist, dass obwohl alle Akzidenzien zur Substanz ordiniert sind, nicht aber ohne eine Ordnung unter sich (14,4,2). Subiectum quod eines anderen Akzidens bezeichnet das Akzidens, als das was andere wirklich in sich aufnimmt. Hier liegt eigentlich die Schwierigkeit, ob ein Akzidens nur subiectum quo, nicht aber subiectum quod sein kann. Suárez stellt zwei verschiedene Auffassungen dieses Problems vor: (1) Ein Akzidens kann nie subiectum quod eines anderen sein (Capreolus, I, d. 3, q. 3, a. 2, ad 2 Scoti, cont. 1 concl.). So meint auch nach Suárez Aristoteles: “accidens non accidit accidenti” (Met., IV). (2) Es gibt aber Akzidenzien, die eine materielle Ursächlichkeit in Bezug auf ein anderes Akzidens ausüben können (Durandus, I, d. 8, p. 2, q. 4, n. 15; Thomas v. Aquin, I, q. 77, a. 1, ad 5: III, q. 77, a. 2, rat. 2, ad 2: “unum accidens per se non posse esse subiectum alterius, quia per se non est; quatenus vero est in alio, posse esse subiectum, quia potest unum accidens, mediante alio, recipi in subiecto… superficiem esse subiectum caloris”; I-II, q. 7, a. 1, ad 3; q. 56, a. 1, ad 3: “…unum accidens inhaerere alteri”; cfr. auch III, d. 33, q. 2, a. 4, quaest. 1; De spirit. creaturis, a. 11, ad 13) . Suárez zieht folgenden Schluss: (a) Alles kommt darauf an, um welche Formen der Akzidenzien es sich dabei handelt und in welcher Proportion das geschieht (Ib. 6): Es gibt solche, die es erlauben, andere aber nicht. Es erlauben nicht, weil zwischen Substanz und Akzidens kein medium sein kann (Ib. 6). Es erlauben per inductionem und per experientiam die körperlichen Akzidenzien, die der Substanz media quantitate inhärieren: albedo in superficie extenditur (Ib. 7). Nun aber könnte man erwidern, dass die Quantität nur als necessaria dispositio im Subjekt (Vgl. über das Wort dispositio das oben Gesagte, S. 37, Fussnote) verstanden werden dürfte, damit die körperlichen Akzidenzien in ihr connaturali modo sind, nicht aber als proximum subiectum inhaesionis der Akzidentien. Dabei handelt es sich um eine reine Koextension mit der Quantität. Darauf antwortet Suárez, dass – wenn es sich um eine Qualität (Farbe, calor, usw.) handelt, die per se und notwendig eine Quantität erfordert – es sehr wahrscheinlich ist (verisimilius, Ib. 7), dass diese Qualität unmittelbar in der Quantität als Subjekt inhäriert und nur remote in der Substanz (Ib. 12). Dass die körperlichen Qualitäten nicht unmittelbar in der Substanz inhärieren wird daraus ersichtlich, dass zwischen Substanz und Qualität eine so große Kluft entsteht, dass diese nur mittelbar in ihr inhäriert, nämlich durch die Quantität. Hinsichtlich auf die actus vitales (Ib. 13): Wille und Intellekt, sagt Suárez, dass sie wahrscheinlich unmittelbar der Seele inhärieren, denn das wird verlangt durch die besondere Form, die sie als actus vitales et immanentes besitzen, nämlich, die Substanz unmittelbar zu erreichen (attingere, Ib. 13).

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Trotzdem, was den „ontologischen Status“ der Kategorien betrifft, ist Suárez der Meinung, dass man keine wahre (certa, Ib. 39,1,5) Rechtfertigung solcher Einteilung finden kann, wo fern sie nicht unmittelbar ist. (B)

Die Zulänglichkeit oder Vollständigkeit (sufficientia) der Einteilung in 9 Genera. Utrum divisio accidentis in novem genera sit sufficiens (39,2,1)

Bei der sufficientia sind zwei Probleme zu behandeln: 1. Ob alle Elemente distinkt sind. 2. Ob es nicht andere Elemente außer diese gibt Mit diesem Problem hatten sich schon die Scholastiker auseinander gesetzt.133 Die „quaestio de sufficientia“ ist bei der Scholastik zu einem technischen Terminus geworden, der schon in Bonaventura zu belegen ist. Was die deutsche Übersetzung des lateinischen Wortes „sufficientia“ betrifft, gibt es Autoren,134 die meinen, dass sie mit dem deutschen Wort „Systematisierbarkeit“ am besten zu übersetzen ist, denn „sufficientia“ ist nicht nur das Hinreichen sein von Ursachen, Bedingungen oder Begründungen, sondern darüber hinaus die Vollständigkeit einer Einteilung von der Art, dass die Elemente der Einteilung weder eine Komplettierung noch eine Reduktion zulassen. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Oberbegriff aus dem sich die Kategorien in disjunktiver Form erzeugen ließen. Eine systematische Einteilung der Kategorien kann nicht völlig beliebig erzeugt werden. Wir wollen hier nur einen Überblick über die suarezische Theorie der „sufficientia“ geben. Er beginnt mit der Aufzählung von gewissen Schwierigkeiten: (1) Dass Quantität und Qualität verschiedene Akzidenzien sind, ist ganz klar. Aber was geschieht mit den anderen Kategorien, wie relatio, actio, ubi, quando, duratio, habitus? Sind sie auch unter sich verschieden? Die actio schliesst eine Relation mit ein, obwohl sie sich von den drei ersten unterscheidet. Es scheint, dass sie nicht ultima genera135 sind, weil viele von den genannten Akzidenzien mit gewissen essentiellen Differenzen übereinkommen. Die Relation scheint nichts anderes zu sein als etwas Absolutes. Die Handlung (actio), dem Sein nach, schließt eine Relation ein. In wieweit unterscheiden sich das ubi und das quando von Ort und Zeit? Der habitus, seinerseits, sowohl als konkret (esse vestitum) wie auch in abstrakt (vestis), ist nicht anderes als die mit bestimmten Qualitäten oder Quantitäten behaftete Substanz. Noch schwieriger ist, zu bestimmen, wonach die duratio136 einzuordnen ist. Nach Aristoteles137 gilt es: „Generum non subalternatim positorum non possunt esse commu133

Vgl. William McMahon, “The Medieval Sufficientiae. Attempt at a Definitive Division of the Categories”, in: Proceedings of the Society of Medieval Logic and Metaphysics, 2 (2002) 12-25. Id., Radulphus Brito on the sufficiency of the Categories, in: CIMAGL 39 (1981) 81-96.Vgl. auch den Begriff der „sufficientia“ bei Buridan in: R. Schönberger, Relation als Vergleich, Leiden-New York-Köln, E. J. Brill, 1992, S. 365-370): „Manifestatio vero divisionis tot requirit: primo, ut dividentia notificentur et sic ostendatur contineri sub diviso; secundo, ut dividentium repugnantia ostendatur; et tertio, ut probetur dividentia evacuare divisum“ (De primo. Princ. I, n. 2 (Kluxen 2). Thomas von Aquin: Met. V, nn. 891-892 und Phys. III, n. 322. Vgl. weiter Autoren in: R. Schönberger, o.c., S. 367, Fussnote 25. 134 R. Schönberger, o. c., S. 366. 135 Suárez hat oben, aus anderen Gründen bestreitet, dass die Kategorien stricto sensu suprema genera sind. Vgl. hier, S. 48. 136 Mit der Dauer (duratio) setzt sich Suárez auseinander in der DM 50,1-12 mit der Frage: Utrum duratio in re distinguatur ab esse rei durantis. Hier unterscheidet Suárez zwei Typen von durationes: realis vs. imaginaria; extrinseca vs. intrinseca (Ib. 5). Die imaginaria ist nicht real, denn man kann sich dauernde Dinge vorstellen, die gar nicht existieren oder eine ewige Dauer haben oder länger oder kürzer

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nes differentiae“ (den Gattungen, die nicht subalternatim geordnet sind, gehören keine gemeinsame Differenzen zu). Daraus ergibt sich, dass diejenige Gattungen die gemeinsame Differenzen erhalten, subalternatim geordnet sind (39,2,3).138 Bevor Suárez sich mit diesen Schwierigkeiten auseinandersetzt, gibt uns ein Kriterium, nach dem jede durch äußerliche Denominationen bestimmte Gattung, drei Bedingungen aufweisen muss: 1. Dass die Form, obwohl sie keine inhärente Form ist, einen gewissen modus formae beinhalten muss, z. B. den modus einer Wirkursache oder einer vervollkommnenden Form (perficientis vel actuantis, Ib. 34). 2. Dass diese Denomination von den anderen Gattungen verschieden ist, denn jede Gattung muss von einem anderen total verschieden (primo diversa, Ib.) sein, damit sie sich als „sufficiens“ vorzeigen kann. 3. Dass diese Denomination keine zusammengesetzte (composita vel aggregata, Ib.) Form sei, denn jede Gattung muss per se una et incomplexa sein.139 Wenn die Form alle diese Bedingungen erfüllt, wird sie in die Ordnung der jeweiligen Gattung gestellt. Wenn sie aber diese Bedingung nicht erfüllt, wird sie in keine Gattung hingestellt. Auf die erste Schwierigkeit (1) antwortet Suárez wie folgt: Was für eine Distinktheit ist notwendig, um eine Einteilung regelrichtig zu unternehmen? Muss sie eine reale sein? So scheint, nach Suárez, Aristoteles gemeint zu haben (Met. VIII, c. ult.). Dieser Meinung zufolge, dürfte man eigentlich nur die Quantität und die Qualität als real verschiedene Kategorien annehmen. Und noch mehr: Die Qualität könnte auch auf die Quantität zurückgeführt werden, denn die Gestalt ist nur ein modus der Quantität und nur so unterscheidet sie sich von der Substanz (Ib. 19). Für Suárez ist also die reale Distinktheit nicht dazu notwendig. (2) Zweite Schwierigkeit: Die Abhängigkeit, insofern sie die actio und passio benennt, macht zwei Typen von Akzidenzien aus: actio et passio. Könnte man nicht aus demselben Grund sagen, dass auch der Sehender (agens) und das Gesehene (passio) dauern; die extrinseca duratio einer Sache verhält sich wie ihr Maßstab (mensura). Die intrinseca duratio identifiziert sich mit der dauernden Substanz, in dem Sinne, dass sie ein modus der existierenden Substanz ist. Sie gehört zu keinem besonderen Prädikament, denn sie ist weder Quantität noch Qualität, noch Relation, usw. genauso wie Substanz. Vielleicht könnte man so argumentieren, dass aller Wahrscheinlichkeit nach die duratio mit dem Prädikament quando übereistimmt. Aber an und für sich sind die duratio und die substantia untrennbar und sie unterscheiden sich nur ratione (Ib. 9). 137 Arist., Cat. 3, 1b16-22. 138 Man sagt, dass diejenigen Gattungen subalternatim eingeordnet sind, die sich wie unum sub altero oder beides sub uno tertio verhalten. Über die sualternantia sagt Thomas von Aquin: “…si tamen geometria sit subalternata alicui particulari scientiae, 1 phys. 2 c; dupliciter convenit unam scientiam alteri subalternari, uno modo, quando subiectum unius est species subiecti alterius, sicut homo est species animalis et animal est species corporis naturalis, ideo scientia de animalibus subalternata est scientiae naturali; alio modo, quando subiectum inferioris scientiae non est species subiecti superioris scientiae, sed se habet ad illud ut materiale ad suum formale, per quem modum perspectiva [Optik] se habet ad geometriam, geometria enim agit de linea et aliis dimensionibus absolute et formaliter ad nullam materiam applicando, non enim agit de linea in ligno vel aere, sed perspectiva agit de linea secundum quod est in aliqua materia, in qua videri possit….” 139 Vgl. Buridan: “Manifestatio vero divisionis tot requirit: primo, ut dividentia notificentur et sic ostendatur contineri sub diviso; secundo, ut dividentium repugnantia declaretur; et tertio, ut probetur dividentia evacuare divisum”; “Credo ergo quod non possit aliter assignare vel probare sufficientiam numeri praedicamentorum, nisi quia tot modos praedicandi diversos invenimus non reducibiles ad aliquem modum praedicandi communiorem acceptum secundum aliquam unam communem rationem.” (Zitat aus R. Schönberger, o.c., S. 366. 369). Vgl. Hier S. 47, Fußnote.

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zwei Typen von Akzidenzien sind? Gleichfalls, vestiens et vestitum, locans et locatum sind verschiedene Akzidenzien, denn sie können mit der Handlung (actio) bzw. mit dem Leiden (passio) verglichen werden, indem der Ort (locus) den Aufstellenden (locans) und den Aufgestellten (locatum) denominiert, sowie die Kleidung (vestis) den „Sichanziehenden“ (vestiens) und das „Sich-Angezogene“ (vestitum) denominiert. ...dependentia, prout denominat agens vel patiens, dicitur constituere duo genera accidentium (actio et passio)... Idem actus immanens, prout denominat active ipsum agens, v.gr. videns, et passive obiectum visum constituet duas rationes vel duo genera accidentium (DM 39,2,4).

Darauf antwortet Suárez (39,2,36), dass dieser Vergleich verneint werden muss, weil die Form, als informierende (informans) und als das Informierte denominierende Form (denominas informatum) nur eine ratio aufweist, die sich verschiedenartig verhält. Auf dieselbe Weise könnte man auch behaupten, dass das Weiße (albedo, Ib. 36) als Weißende (dealbans) und das Subjekt als „Geweißte“ (dealbatum) bezeichnet werden könnte. (3) Dritte Schwierigkeit (Ib. 6): Es gibt auch Gegenstände, wie z.B. ein Glas, das vergoldet sein kann. Aber das „Vergoldet-sein“ fällt nicht unter diese Akzidenzien. Was ist zu sagen von einer Kriegsmacht oder von einem Schwarm, oder vom Doktoroder Königsein oder von der Zahl? Eine Kriegsmacht ist keine bestimmte Gestalt von einem Menschenzusammenhang; ein Haus ist auch keine von Konstruktionsmaterialen zusammenhängende Gestalt. Das alles sind Benennungen die, obwohl nur rationis und äußerliche sind, trotzdem sind sie aus der Realität hergenommen und sollten nicht aus den Kategorien ausgeschlossen werden. Ist eine Republik oder eine Stadt eine reine Menschenakkumulation, die sich in einem bestimmten Ort zusammengefunden hat und dadurch eine bestimmte Gestalt annimmt, oder sind sie nicht vielmehr eine moralische und freie Menschenversammlung?140 Suárez antwortet: Bei den künstlichen einfachen (simplices, Ib. 37) Dingen darf man sagen, dass sie zu der entsprechenden Kategorie gehören: so kann man das vergoldete Glas in die Kategorie des habitus einordnen. Wenn es sich aber um zusammengesetzte Dinge handelt, deren Teile zu verschiedenen Gattungen gehören (ex aggregatione rerum plurium generum, Ib.), dann genügt es, dass die jeweiligen Teile auf die entsprechenden Gattungen zurückgeführt werden. (4) Vierte Schwierigkeit: In den menschlichen, moralen Relationen kommen viele Denominationen vor (esse regem, doctorem, Ib. 6), die, obwohl sie nur äußerlich sind, müssen sie trotzdem als real aufgefasst werden, denn sie werden den realen Formen entnommen. Wenn wir Gott als Schöpfer denominieren, bezeichnen wir damit nur eine relatio rationis, insofern ihm etwas Temporelles zukommt. Auch die freien Handlungen der Menschen, so wie ihre ethischen Taten (studiosi, pravi, prohibiti, praecepti, 39,2,7), sind auch real, obwohl sie nur äußerliche141 Benennungen sind; aber sie kommen nicht unter den Akzidenzien vor! Diese Schwierigkeit dehnt sich auch auf die Menschversammlungen: Das Volk, die Stadt, usw. Dagegen erwidert Suárez, dass die ethischen Taten eigentlich den innewohnenden (immanentes) Taten entnommen sind, die in ihre Objekte enden (terminantur, Ib. 37). Insofern sind sie Relationen rationis. Was die innewohnenden (immanentes) Handlungen betrifft, sagt er, dass sie eigentlich keine besondere prädikamentale Gattung aus140

Diesbezüglich sagt Schönberger, dass für Buridan “die Wirklichkeit nicht vollständig an die Bedingung der Einheit knüpfen könne” (o.c., S. 423). 141 Vgl. das oben Gesagte über die moralischen Wesen, S. 32.

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machen, denn sie müssten dafür drei Bedingungen erfüllen: 1.) Dass sie eine Handlung (actio) ist, die aus der Potenz aktiv fließt (fluunt, Ib. 35). Insofern gehören sie zur Gattung der actio bzw. des Leidens (passio) zu, soweit sie die Potenz selbst verändern (mutant ipsas potentias, Ib.). 2.) Dass sie eine Qualität aufweisen, die die Potenz informiert und insofern gehören sie zur Gattung der Qualität. (5) Fünfte: Was kann man sagen von der Bewegung oder von den Wirkursachen? Es scheint, dass die Bewegung nicht zu den Akzidenzien gehört.142 Wenn man behauptet, dass sie eine actio in fieri ist, so könnte man das Gleiche von der actio und passio sagen, die auch unvollständige Sachen in fieri bezeichnen. Dürfte man die Bewegung auf die actio bzw. auf die passio oder auf ein gemeinsames (in re simul) Genus zurückführen? Wenn das erste zutrifft, dann könnte man keinen Unterschied zwischen ihnen finden. Wenn das zweite stimmt (in re simul), dann dürfte man nicht sagen, dass actio und passio zu einem verschiedenen Genus gehören. Was die Ursächlichkeit betrifft, die die Wirkursachen (Formal-, Material- und Finalursache) beinhaltet, warum gehören sie nicht zu den Akzidenzien, wie es bei der Handlung (actio) der Fall ist? Sie sind doch „causae in actu“. Suárez erwidert: Die Bewegung allgemein, insofern sie eine Veränderung (mutatio) ist, wird zur Gattung des Leidens (passio) zugeordnet, denn sie ist der actus mobilis et passio patientis (Ib. 38). Wenn aber die Bewegung stricto sensu, insofern sie ein „Weg zum Terminum“ (ut est via ad terminum) betrachtet wird, dann gehört sie dieser Bestimmung nach zu keiner Gattung, denn sie besagt nur denselben Terminum in esse imperfecto (in fieri) und so gehört sie zu dessen Gattung. Die Bewegung wird nicht mit dem Terminus verglichen in der Form eines Affizierens, sondern in der Form eines Weges (via), der zum Terminus hingeht (tendentis ad terminum, Ib.). Was die Wirkursächlichkeiten betrifft, die in diesem Argument vorkommen, sagt Suárez folgendes: 1.) Die Finalursächlichkeit besagt keinen modus, der sich von der Ursächlichkeit des agens unterscheidet; sie ist nur die intentio ad finem (Ib.), die als „metaphorica“ bezeichnet werden muss, und so gehört sie zu keiner besonderen Gattung. 2.) Die Form- und die Materialursächlichkeit bilden innerlich das „compositum“ aus, weil sie intrinsische Ursache sind, und auf diese Weise machen sie auch keine besondere Gattung aus. Es ist für Suárez wahrscheinlich, dass ausgerechnet die Materialursache als verschiedener modus sich nicht von der Formursache unterscheidet (Ib. 39). Trotzdem und insofern die Materie die Ursache der generatio ist, kann man behaupten, dass die passio, die sich bei der generatio befindet, zu der Materialursächlichkeit gehört, wenigsten in ihrer Ordnung zum Effekt in fieri. Die Formursächlichkeit aber hat keine solche Beschaffenheit, denn die Form als solche ist keine Ursache der generatio, sondern vielmehr ihr Effekt. Dieser letzten Behauptung über die Formursächlichkeit zufolge, könnte man entgegensetzen, dass, sobald jede Ursache ein besonderes Prädikament ausmacht, warum nicht auch der Effekt? Wenn man den Effekt, antwortet Suárez, als die res facta versteht, dann wird er in die Reihe jedes Prädikaments gestellt, denn in dieser Reihe werden nur die geschöpften Dinge gestellt, die essentiellen Effekte sind. Es ist unwichtig, dass dieser Effekt schon erschaffen ist oder dass er erschaffen werden kann, denn das „factum“ und das „posse“ haben dieselbe ratio, um in ein Prädikament hingestellt zu werden. Wenn aber es sich um einen prädikamentalen Effekt handelt, 142

Dass Aristoteles die Worte „dynamis“, „enérgeia“ und „kynesis“ in seine Kategorienliste nicht aufnimmt, wird heu zutage verschieden gedeutet. Vgl. L. Jansen, für den die Meinung Edels unhaltbar ist: „There is one class of terms we might have expected to be represented in the categories – potentiality (dynamis) [...] and actuality (enérgeia) and movement (kinêsis)“. Jansen meint, dass alle diese Begriffe in den kleinen Kategorien des echein und keisthein wiederzuentdecken sind. (o.c., S. 29). Für Jansen gehören sie zum pros ti. Vgl. Auch Trendelenburg 1846, 157-164 (Zitat von Jansen, Ib.).

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dann gibt es kein Hindernis, dass er in das ihm zugehörige Prädikament zusammen mit seiner Ursache hingestellt wird. Soweit aber ein Effekt ein Prozess in fieri oder eine via ad terminum ist, gehört er zu keinem Prädikament (39,2,40). (6) Sechste: Aus der Metaphysik könnte man auch folgende Gründe angeben, die die Zulänglichkeit oder Vollständigkeit gefährden könnten. Zu dieser Einteilung müssen alle erschaffenen Dinge gehören, inklusive die immateriellen und in diesen gibt es auch Akzidenzien, die in dieser Einteilung nicht vorkommen. Wohin gehört das ubi und die duratio? Beim ubi, oder, wie Suárez sagt, bei den accidentia localia (39,2,9) sollte man unterscheiden zwischen ubi extrinsecum und ubi intrinsecum, ubi corporeum und ubi inmaterialium, denn es handelt sich bei ihnen um keine unermesslichen (inmensa) und unveränderlichen (immutabiles, Ib. 9) Substanzen. ubi extrinsecum per circumscriptionem loci continentis accidentia localia

ubi intrinsecum ubi corporeum ubi inmaterialium substantiarum (indivisibile)

Auch das ubi und das quando sind bei den Engeln eigentliche Akzidenzien, die diesen Gattungen zugehören, obwohl sie sich auf verschiedene Weise verhalten als bei den körperlichen Substanzen. Die Akzidenzien inhärieren der Substanz je nach ihrer modus essendi, das aber ändert nicht, dass sie zu den jeweiligen Gattungen zugehören. (7) Siebte: Unter den Akzidenzien kann man auch zwischen denjenigen, die der Substanz unmittelbar inhärieren, und denjenigen, die dem Akzidens selbst beitreten (accidunt accidenti DM 39,2,10) unterscheiden. Im letzteren Fall kommen die Gestalt (figura) und der habitus vor,143 die in der Einteilung keinen Platz haben. Sind sie keine Akzidenzien? Es gibt solche Akzidenzien, die dem Akzidens beitreten. Aristoteles selbst schreibt jeder Gattung akzidentellen Beschaffenheiten zu, die den anderen Gattungen nicht zugehören, so wird der Quantität die mensura zugeschrieben (Met., V,15: 1020 b 32-33), die aber in der Essenz der Quantität nicht eingeschlossen ist: sie ist keine Qualität und nicht derartiges. Nach Suárez, können diese akzidentellen Eigenschaften konnotativ, indikativ, negativ oder possitiv aufgefasst werden. Die ersteren (esse aequale-inaequale, z. B.) gehören direkt oder als Fähigkeit zum Prädikament der Qualität zu. Die indikativen zeigen den intrinsischen Verhaltensmodus einer Entität auf: dass sie nämlich eine Intension144 zulassen. Die negativen zeichnen sich dadurch auf, dass sie kein Entgegengesetztes zulassen. Die positiven endlich gehören zur eigenen Gattung des Akzidens insofern sie einen bestimmten modus des Affizierens aufweisen, haben sie aber immer einen Bezug auf andere Gattungen. So z. B. die figura und der habitus können als Eigenschaften der Quantität bzw. der Potenz verstanden werden. Alle aber gehören zur Gattung der Qualität. Was die mensura betrifft, meint Suárez, dass sie weder zur Essenz des Akzidens zugehört noch ist sie eine intrinsische Eigenschaft des Akzidens: sie ist nur eine Denomination in Bezug auf den actus rationis (Ib. 42). (8) Achte: Auch Aristoteles gebraucht in Postpraedicamentis mehrere akzidentelle Benennungen, die sich unter den genannten nicht befinden, wie z. B. esse simul, esse prius, se habere. Warum stellt er sie nicht in die Gattungen, die er in der Metaphysik aufzählt? 143 144

Vgl. das oben Gesagte über die Akzidenzien als “entia accidentalia” ¿?? Hier wird „intension“ als „Gradualität“ verstanden. Die Wärme z.B. kann verschiedene Grade

zulassen.

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Dazu kommt es noch, dass nicht alle Philosophen der Antike die gleichen Kategorien des Aristoteles akzeptiert haben. Die Pythagorici, 20; Plato, in Soph., 1; in Philebo, 4. Simplicius, 10; Venetus und Philopon, mehr oder weniger Kategorien.145 Nach dieser Auseinandersetzung beginnt Suárez seine Meinung über die Unzulänglichkeit der aristotelischen Einteilung darzustellen. Etwas ironisch sagt er, dass diese aristotelische Einteilung nicht anzunehmen oder sie zu bezweifeln, verwegen (temerarium, Ib. 12) und vermessen wäre. Für Suárez ist aber ganz klar, dass diese Zulänglichkeit (sufficientia) nicht wegen der Autorität einiger Philosophen anzunehmen ist, weil das nicht philosophicum ist (DM 39,2,13). Aus sich selbst ist sie gar nicht klar (non est per se nota, Ib.). Suárez’ Meinung stimmt hier mit der Avicennas überein: Quocirca verum esse existimo quod Avicenna dixisse referunt, non posse ratione propria et a priori demonstrari tot esse genera suprema, et non plura et pauciora (39,2,18).

Es gibt also keinen apriorischen Grund, um den „status ontologicus“ der Kategorien zu deduzieren. Die Metaphysik beweist nicht das Sein, sie setz es voraus. Auf die gleiche Weise, die Metaphysik beweist nicht a priori, dass es in dem Sein eingeschlossene suprema genera gibt (...esse aliqua prima genera sub ente contenta, Ib. 18). Eine apriorische Deduktion der Kategorien wäre erst dann möglich, wenn man die Einteilung in zwei sich kontradiktorisch verhaltenden Elemente einteilt, denn alles was in der Einteilung vorkommt muss entweder im ersten oder im zweiten Element vorkommen. Dass man aber die Einteilung so unternimmt, dass sie mehr als zwei Elemente beinhaltet, wie es im Falle der aristotelischen Kategorieneinteilung ist, kommt daher, dass wir sie a posteriori vornehmen, d. h. aus den Effekten, die uns bekannt sind, nach denen wir irgendwie bestätigen können, dass es nur diese Gattungen des Seins gibt und keine mehr. Es handelt sich um eine convenientia confusa und a posteriori, nach der wir künstlich (artificiose, 39,2,28) und leichter diese Einteilung vornehmen können. Es ist uns also unmöglich, eine aprioristische Deduktion der Kategorien zu unternehmen, denn wir sind unfähig, sie zu demonstrieren, d. h. ob wir überhaupt feststellen können, dass es noch andere wenigstens mögliche Elemente gibt. Addo... non posse a priori demonstrari tot esse et non plura, nisi tunc solum quando ad duo membra contradictorie opposita revocatur divisio... At vero, quando divisio fit per plures differentias aut modos positivos, non video quomodo possit a priori demonstrari tot esse membra dividenda et non plura. Ita ergo censeo de decem generibus summis, nimirum, eorum sufficientiam non aliter nobis constare quam quia ex omnibus effectibus quos experimur non innotescunt nobis plura genera entium ...non nobis fuisset distinctio per duo vel tria membra, etiamsi illa esset possibilis, et ideo oportuit in accidentibus ea genera distinguere, quae dicunt diversas habitudines ad substantiam, nihil curando de convenientia confusa in superiori aliquo genere (39,2,18).

145 Suárez gibt hier keine Information über Radulphus Brito, (Praed., q. 8. Vgl. W. E. McMahon, „Radulphus Brito on the Sufficienty of the Categories“, in: CIMAGL 39 (1981) 81-96). In der Einleitung dieses Werkes wird die Unterscheidung zwischen „sufficientia Simplicii“ und „expositio antiqua“ bekanntgegeben. Moerbeke hat in 1266 das Simplicius’ Commentar über die Kategorien übersetzt. Dieses Werk dürfte der Anfang der „quaestio de sufficientia“ der Kategorien gewesen sein („...de praemissis quidem igitur generibus dicta sufficiunt“, Simplicius, o.c. II, 410). Albertus war es vielleicht der erste, der sich mit dieser sufficientia beschäftigt hat (Liber sex principiorum), dem Thomas (Met., II, 3) und andere Scholastiker gefolgt haben. Vgl. Buridan, der dafür ist, dass es aus internen Gründen unmöglich ist eine vollständige Einteilung der Kategorien zu erzeugen. Vgl. hier S. 47, Fußnote.

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...ut res omnes ad certas classes artificiose redigerentur, quibus facilius uti possemus ad rerum naturas cognoscendas et ut facile posset rei essentia ab accidentibus distingui (39,2,28).

Bei diesen Sätzen wird eine faktische und pädagogische Intention ersichtlich, um dieses Problem zu behandeln. Die aristotelische Einteilung wirkt mehr als pädagogisches Modell, als eine wissenschaftliche und genuine „sufficientia“, die man nicht nachzuholen braucht.146 Dieser Bezug auf „rerum naturas cognoscendas“ gibt uns Anlass zu denken, dass Suárez schon die Idee hatte, die Kategorien in ihrem Verhältnis zu den Wissenschaften zu betrachten. Schon Nicolas Bonetti hat, am Anfang des 15. Jahrhunderts die Kategorien von den jeweiligen Wissenschaften herleiten wollen, so dass es so viele Kategorien gibt wie Wissenschaften (Substanz-Wissenschaft; Quantitäts-Wissenschaft, RelationsWissenschaft, usw.). Aber für Suárez handelt es sich immer um eine auf die Wissenschaften „artificiose“ Zurückführung. Suárez sieht sich aber nach dieser Kritik nicht gezwungen, seine eigene Einteilung vorzunehmen. Diese Kritik aber geht nicht direkt gegen Aristoteles, denn bei ihm könnte man nicht definitiv weitere erwarten. Es handelt sich auch bei ihm um ein Faktum.147 C) De analogia divisionis Problemstellung Suárez stellt dafür einige Erwägungen vor: 1) Es gibt hier keine analogia attributionis, denn sowohl die umgeschaffene wie auch die erschaffene Substanz sind univok, obwohl sie in Bezug auf die umgeschaffene Substanz eine analogia attributionis aufweisen. ... nam accidens non dicitur de caeteris accidentibus per attributionem ad aliquod unum sub accidente contentum... Sicut substantiae creatae etiam sunt substantiae per attributionem ad increatam, et nihilominus sunt univoce substantiae (39,3,1).

2) Es gibt auch keine analogia proportionalitatis, denn die Akzidenzien sind keine metaphorische oder äußerliche, sondern eigentliche und intrinsische Denominationen. ...proportionalitas autem non constituit analogiam, nisi ubi intervenit metaphora... (Ib.)

Wenn aber das Akzidens univok wäre, dann gäbe es zwei Gattungen (Substanz und Akzidens) und nicht neun Gattungen von Akzidenzien. Nun folgen die verschiedenen Meinungen: 146

Auch Heidegger hat darauf hingewiesen, dass “Am Anfang dieses λόγος hat Aristoteles die ‘Kategorien’, die im Aussagen unausgesprochenen, aber alles Aussagen tragenden Ansprechungen, erstmals ausgesprochen. Ihm lag nicht an einem ‘System’ der Kategorien, sondern an der vornehmsten Aufgabe, überhaupt erst zu zeigen, dass solche Kategorien wesentlich sind und in den Bereich dessen gehören, was die Philosophie erstich und eigentlich πρὠτη zu bedenken hat” (Zitat aus R. Schönberger, o. c., S. 367, Fußnote 21). Auch Buridan ist dieser Meinung: “Sed quia non invenimus praedicabilia communia, quae sub istis modis non contineantur vel ad eos reducantur, ideo non ponimus plura praedicamenta.” (Zitat aus R. Schönberger, o.c., S. 369. 147 Die mittelalterlichen Philosophen (Vgl. Scheu 1944 und Wippel 1987 und 2000) waren bei der „Deduktion“ der Kategorien mehr optimist als Kant, der bekanntlich Aristoteles anklagt, dass er dafür kein Prinzip angibt (Kritik der reinen Vernunft, A 81/B 107). Ackrill (1963) und Kahn (1978) haben im Gegenteil mehr Verständigung mit der mittelalterlichen Auffassungen der Kategorien gezeigt.

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1) Die erste Meinung behauptet, dass es sich dabei um eine analogia ad substantiam et accidens handelt, denn die Akzidenzien folgen der Beschaffenheit der Substanz nach, die analog ist.148 Der wichtige Grund dafür ist, dass nichts von Gott und dem Geschöpf univok ausgesagt werden darf. Und das muss auch vom Akzidens ausgesagt werden. Aristoteles selbst, obwohl er den Terminus „analogia“ nicht kennt, spricht auf einige Weise von ihr, indem er sagt, dass eine Demonstrationaussage, in der ein summum genus von einem anderen verneint wird, unmittelbar ist, weil es kein Prädikat gibt, das höher als dasjenige ist, durch das es bewiesen wird (Ib. 2).149 2) Andere Autoren150 sind für eine Univozität der Akzidenzien, denn Akzidens bezeichnet etwas allen Akzidenzien Gemeinsames, an dem sie alle teilhaben (Ib. 4), nämlich esse ad aliquod. Aristoteles selbst sagt, dass das Akzidens ein entis ens ist, wobei das ens als Substanz zu verstehen ist,151 sodass sie vor dem Akzidens definiert werden muss. Niemals aber behauptet er, dass ein Akzidens vor einem anderen in der Definition vorkommen muss. Für Suárez ist diese aristotelische Bezeichnung des Akzidens als entis ens nicht so zu verstehen, dass es sich dabei um eine komplette Substanz handelt, oder dass es der Substanz sachgemäß (adaequate) inhäriert, sondern in dem Sinne, dass Akzidens das genannt wird, was zur Vervollkommnung (perfectio) der Substanz hauptsächlich und letzten Endes (ultimate) ordiniert ist (ordinatur). …entis ens non oportet intelligere per substantiam completam; accidens dicitur ens illius non quia illi inhaereat adaequate, sed quia ad illius perfectionem principaliter et ultimate ordinetur (De gen. et corr., d. 1, q. 4. Castellote 491).

Soto seinerseits, obwohl er von der Univozität spricht, behauptet, dass es sich hier um keine Gattung handelt, da das Akzidens nicht in quid (Prädikation des Substanziellen) ausgesagt wird, d. h. es besagt die quidditas der Akzidenzien nicht formaliter, sondern eigentlich nur in Bezug auf sein esse in substantia oder auf sein actu inesse. Suárez widerspricht dieser Ansicht, denn das Akzidens besagt nicht sein esse in actu, sondern auch seine Fähigkeit (aptitudo, Ib. 4) zum Inhärieren, die die essentielle ratio des Akzidens ausmacht. Alle Akzidenzien stimmen mit einer nicht nur akzidentellen, sondern auch essenziellen ratio überein, die durch einen Begriff abstrahiert und mit einem Wort benannt werden kann, d. h. „Akzidens“. Die Prädikation kann man in quale (Prädikation der Qualität) und in quid (39,3,4) unterscheiden. Das Akzidens wird hier in quid ausgesagt, sodass die gleiche Prädikation in quid gilt für den Satz: „qualitas est accidens, als auch für den Satz „corpus est substantia“. Iavellus beharrt darauf, dass das Akzidens keine Gattung ausmacht, weil es keine Differenzen außerhalb seiner ratio mit einschließt (Ib. 5). Das scheint auf die Ansicht des Aristoteles152 (wenn das Akzidens keine Differenzen ausweißt, ist es keine Gattung) und Scotus153 zu gründen, der, nach Suárez, dafür ist, dass das ens keine Gattung ist, nicht weil es nicht univok sei, sondern weil es von keiner Differenz in quid ausgesagt wird.

148

So Kajetan (De ente et essentia c. 7, q. 15, ad 4); Soncinas (Met. IV, q. 1, ad 1; XII, q. 47, a. 1); Alexander Halensis (Met. V, txt. 33, in fine); Thomas v. Aquin (CG I, c. 32, rat. 3); Arist. (Post. I, c. 11). Suárez hält diesen Ansichten entgegen, dass sie nichts sagen um welche Analogie es sich dabei handelt. 149 Arist., Posteriorum I, c. 11. 150 So Soto (Antepraedic. c. 4); Iavellus (Met. VII, q. 1, ad 3 Antonii And.); Porphyrius. 151 Met. VII, 1: 1028 b 1-5. 152 Arist., Met. III, txt. 10. 153 Scotus, I, d. 3, q. 3, a. 2; d. 2, q. 2.

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Wenn man – sagt Suárez – auf der Univozität des Akzidens besteht, bleibt es trotzdem schwierig zu sagen, warum denn man keinen generischen Begriff des Akzidens abstrahieren kann, der auf alle Akzidenzien angewendet werden könnte (Ib. 11). Die verschiedenen Ansichten über die Analogie: 1) Es handelt sich um eine analogia. Und der Grund dafür ist, dass diese Akzidenzien eine von den genuinen äußerlichen Akzidenzien ganz verschiedene Beschaffenheit aufzeigen. Die Analogie der Einteilung der Akzidenzien besteht also darin, dass einige davon auf verschiedene Weise das Subjekt, dem sie inhärieren, affizieren. Wie kann man sagen, dass z. B. die Verkleidung auf dieselbe Weise das Subjekt affiziert als die weiße Farbe, die sich in einem weißen Mann befindet? Akzidens ist dasjenige, das eigentlich und hauptsächlich dem Subjekt inhäriert. Dann aber werden durch Parabeln, Gleichnisse oder ungenaue Ähnlichkeiten die akzidentellen Gattungen hergeleitet, die die genuinen Akzidenzien nachahmen (imitantur, Ib. 12). Und das stellt den genügenden Grund dafür dar, dass es eine analogia proportionalitatis gibt. 2) Ob diese Analogie trotzdem genügend ist, bestreitet Suárez weiter und er bezieht sich auf seine Meinung über die verschiedene Art, wie sich die akzidentelle Entität und der akzidentelle modus bei ihrer Funktion des Inhärierens verhalten. Auch bezieht sich Suárez auf die ratio entis, die sich bei den modi auf eine ganz verschiedene und winzige Weise verhält, als bei den eigentlichen Entitäten. Der modus kann nur dann existieren, wenn er eng und actu mit der Sache verbunden ist (actu coniunctus, Ib. 14), derer er sich als modus verhält. Nichtsdestoweniger, gibt es auch Akzidenzien, die nicht nur akzidentelle Entitäten beinhalten, sondern auch modi. So z. B. die Qualität beinhaltet die Wärme, die eine akzidentelle und modale Entität ist. Auch die Gestalt ist eine modale Entität, genauso wie die Dichtigkeit oder die Densität. So ergibt sich, dass die Qualität auf eine univoke Weise in Bezug sowohl auf die Entitäten als auch auf die modi bezeichnet wird, denn die Qualität gehört zur Essenz des Akzidens. Auch die Verschiedenheit zwischen modi und Entitäten scheint Suárez nicht genügend zu sein, um eine analogia herzustellen (Ib. 13). Sie bestimmt keine Unterordnung oder Subordination, weil es vorkommen kann, dass ein substantieller modus vollkommener als seine akzidentelle Entität ist, derer modus er ist. So z. B. ein modus substantialis kann vollkommener sein als eine akzidentelle Substanz (Ib. 14). 3) Drittens, obwohl das Akzidens in seiner ganzen Weite nicht univok ist, kann man trotzdem behaupten, dass es sich doch in einigen Fällen als univok verhält. So z. B. die Quantität und die Qualität verhalten sich in Bezug auf die Substanz univokerweise, denn sie sind akzidentelle vom Subjekt verschiedene Formen. Nicht einmal könnte man dabei von eine analogia proportionalitatis sprechen, denn es gibt zwischen ihnen eine reale convenientia und Ähnlichkeit (Ib. 15). Eine analogia attributionis ist hier nicht möglich, denn eine Form (quantitas, z. B.) wird nicht in Bezug auf eine andere (qualitas) ausgesagt (Ib. 15). Zu sagen, dass das Akzidens zuerst von der Quantität ausgesagt wird, und erst dann von der Qualität, weil diese sich auf jene mittels der Substanz gründet, hat für Suárez keine Rechtfertigung, denn die Qualität immer ihrem Wert nach vollkommener ist als die Quantität. Dass die Weltdinge immer eine Quantität verlangen, bevor sie qualitativ bezeichnet werden könnten, besagt, dass die Quantität nur eine conditio necessaria ist, die sich als potentia passiva verhält, während die Qualität sich als modus actus verhält (Ib. 15). Aber dagegen könnte man einwenden, dass es doch möglich sein kann, einen allen Kategorien gemeinsamen, univoken und eingeschränkten (contractus, Ib. 16) Begriff zu finden, der eine Gattungsfunktion übernehmen könnte. Diese Einschränkung ist in

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dem Sinne zu verstehen, dass das Akzidens nur eine univoke Funktion aufweist, nämlich dass es die Substanz innerlich affiziert. Suárez sträubt sich dagegen und behauptet, dass man keinen univoken Begriff ausdenken kann, der von allen Kategorien abstrahiert werden könne, ohne dass keine Analogie vorkommt. Die verschiedenen modi inhaerentiae der Akzidenzien sind schon ein Hinweis dafür (Ib. 17), was im Falle der Quantität und Qualität zum Vorschein kommt. Höchstens könnte man eine gewisse prädikamentale Univozität auffinden, wenn man nur die ratio accidendi (Ib. 18) ins Auge fasst. Suárez stellt andere Einteilung der Kategorien im Bezug auf die Substanz, nach Thomas von Aquin (Met. V, lect. 9) (Suárez: DM 39,2,13). Diese Einteilung wird von den modernen Autoren angenommen (39,2,13). Vgl. folgende Schemata

75

76

Ist diese Einteilung „sufficiens“? (39,2,14) Die äußeren Gründe sind ungenügend, weil die passio nicht äußerlich, sondern innerlich die Substanz benennt. Wenn man aber sagt, dass die passio dadurch äußerlich die Substanz benennt, dass sie einen äußerlichen Terminum „sieht“, das könnte man gleich von jeder Relation sagen, die immer auf ein extrinsecum Objekt bezogen ist. Man könnte trotzdem sagen, dass die passio manchmal, nicht aber immer, die Substanz denominiert. Wenn, z. B. jemand sich örtlich bewegt oder sich einen Anzug anzieht, erträgt (patitur) er irgendwie etwas, obwohl ihm keine Form, durch die er betroffen wird, ihm inhäriert, weil ihm weder der Anzug, mit dem er angezogen ist, noch die Ketten, in denen er liegt, ihm inhärieren, da jede wirkliche und physische passio immer dem Leidenden (passo) inhäriert, wie Aristoteles sagt: Kein Mensch wird ein Leidender genannt wegen einer äußerlichen Benennung (Phy., III., c. 3; De an. c. 2). Dasselbe gilt für die Bewegung, die intrinsece dem Mobile inhäriert. Anders wäre zu sagen im Falle des Anzugs, indem nämlich, dass das „Angezogen sein“ eigentlich keine passio bedeutet, es sei denn, dass eine Bewegung dabei stattfände. Und dasselbe gilt auch für „Im-Kettenliegen“, mit der Ausnahme, dass der der sich so befindet, Schmerzen erleiden sollte. Die Ketten als Werkzeuge bezeichnen also keine passio, die dem Leidenden nur durch die Instrumente inhäriert. Eine andere Einteilung nach Augustinus (Lib. Pradicamentorum, c. 8) und Isidoro de Sevilla (Nach Suárez: DM 39,2,15). Intra substantiam: Extra substantiam:

Quantitas, qualitas, situs Ubi, quando, habitus

Intra substantiam Partim

ad aliquid, agere, pati Extra substantiam

Suárez weißt diese Einteilung aus verschiedenen Gründen zurück (DM 39,2,15): (a)

Die passio kann man nicht als extra substantiam bezeichnen, denn sie ist ihr immanent. (b) Warum sind ubi und quando außerhalb der substantia?

77

Die scotische (Cfr. IV, d. 18 § Ad cuius autem; d. 6, q. 6; III, d. 11, q. 1; Quodl., q. 13, n. 1-102) Einteilung, nach Suárez (DM 39,2,16). Cfr. S. 64. ACCIDENS: (1) Absolutum (quantitas, qualitas) intrinsecus adveniens: Ad aliquid

(2) Respectivum

actio causalitas passio permanens (ubi) extrinsecus adveniens

mensura succesiva (quando) partium (situs) ordo totius (habitus)

Für Suárez ist diese Einteilung willkürlich (voluntarie assumitur, 39,2,16). Man versteht nicht, wie der habitus ein ordo totius sein kann. Auch der situs könnte ein ordo totius sein. Suárez beschäftigt sich weiter (in der DM 48,1,2-8)154 damit, aber diesmal in Bezug auf die Relationen, die sich auf der actio gründen: Ockhtíam’s sufficientia (Log., 1 p., c. 41; Quodl. V, q. 22) (Suárez: DM 39,2,17) Suárez meint, dass bei Ockham diese sufficientia aus den genügenden Fragen, die man der Substanz stellt, herkommt: Was ist das?; welche Beschaffenheit hat sie? Ochham sagt aber nicht, dass es seine eigene Meinung ist, sondern die der „Peripateticorum“. Quod vero consequenter additur de distinctione praedicamentorum, quibusdam facit difficultatem. Et iam dixit Avicenna illam esse famosam tantum, et ideo nemo cogitur eam sine efficaci probatione tenere. Peripateticorum vero, dictis Aristotelis inhaerentes, habent aliter dicere, videlicet quod distinctio praedicamentorum non sumitur ex distinctione rerum quas important, sed potius ex distinctione interrogatorum de individuo substantiae, ut docet Averroes VII Metaphysicae. Non enim putandum est decem genera esse res extra animam, sed significare decem res quarum nulla significatur nisi per unum illorum, sed doctrina Peripateticorum astruit decem genera fore decem terminos easdem res aliter et aliter importantes.

154

Vgl. hier S. 179.

78

Man kann auch von Aristoteles belegen, dass er diese Interrogationsmethode verwendet hat, um Fehlschlüsse bei der Redeart oder dialektischen Übung zu vermeiden:155 Es ist klar, wie man [Schlüssen] begegnen muss, die darauf beruhen, dass man auf gleiche Weise über das nicht völlig Gleiche spricht, da wir ja die Gattungen der Prädikate haben. Der eine hat auf eine Frage zugegeben, dass das nicht vorliegt, was das bezeichnet, was etwas ist; der andere hat gezeigt, dass ein Bezügliches (pros ti) oder ein Quantitatives vorliegt, das aber aufgrund des sprachlichen Ausdrucks das zu bezeichnen scheint, was es ist (Soph. el. 22: 178 a 4-8).

155

Vgl. L. Jansen, o.c., S. 6. Er führt “den Zusammenhang zwischen Fragen und Kategorien” auf Kahn (Questions and categories, in: H. Flashar (hg.), Questions, Dordrecht/Boston 1978, 227-278) zurück.

79

ALBERTUS MAGNUS

80

Ludger Jansen (Aristoteles’Categories Topoi 26 (2007): Hierarchisation of Aristoteles‘categories Particular

Independent

Dependent

Occurrent

Substance

Without Change

Involving Change

Action

Passion

Continuant

Within which change

Time

In a single bearer

Quality

Quantity

In a plurality of bearers

Wherein bearers can be

Relation

Place

Having This Tree is not necessarily complete. Further categories can be added to make more explicit the categorial structure oft he world. The top node in this tree is „particular“. But things do not only become along ad particular tokens, but also als types. There are not only particulars, but also universals. In a way, universals do also divide up the ten categories, and thus this tree is kind of mirrored under a topo mode „universal“. But we have, in fact, to tell a more compilated story about the characterisation oft he division oft he universals into categories. For among universals, there is no splitting up into dependent and independent universals. For all universals are dependent entities, as Aristotle clearly points out (Cat. V: 2a35-2b6c).

81

RADULPHUS BRITO

82

B. Die suarezische Rezeption des aristotelischen PROS TI Bevor man sich einem immerhin wenigsten zweieinhalbtausend Jahre strittigen Problemfeld wie die Relationstheorie nähren will, das ja nicht von ungefähr eine ganze Menge theologisch, philosophisch, naturwissenschaftlich, ethisch und sozial hoch bedeutsame Ränge enthält, ist es sehr nützlich, einige in der suarezischen Rezeption des aristotelischen pros ti implizierten Begriffe einer Analyse zu unterwerfen. Am Anfang der 47. Disputatio beginnt Suárez mit der Frage, warum denn Aristoteles die Kategorie des „ad aliquid“ als die erste hinter der Quantität und Qualität hingestellt hat. Es ist nicht so, weil sie eine vollkommenere Entität als die sex letzten Kategorien hätte. Averroes156 selbst stimmt mit Aristoteles überein, indem er der Relation ein „minumum entitatis“ zuweisst. Das ist für Suárez evident (quod quam verum sit ex dicendis constabit). Seine Frage ist vielmehr, warum denn Aristoteles die Relation vor den sex letzten Kategorien stellt. Er ist der Meinung, dass Aristoteles bei der Aufzählung der nicht substantiellen Kategorien, nicht mit der Ordnung ihrer Vollkommenheit, sondern mit der der Lehre anfängt, weil die Relation bei der Behandlung aller Kategorien notwendig erscheint, denn sie gründen sich am meisten auf der relatio; und weil viele davon der Quantität oder der Qualität folgen. Das weist eben auf den Sinn hin, den Aristoteles dem pros ti gewährt: „Das Bezügliche ist eine Affektion des Quantitativen... aber nicht sein Stoff…“ (Met., 14, 1: 1088a24). Die Relation also, im Gegenteil zu Quantität und Qualität, hat in Bezug auf das Sein, d.h. ontologisch, einen von diesen Kategorien geringeren Seinsgrad, weil sie eben „am wenigstens eine Natur oder ein Wesen“ ist, da bei ihr kein Entstehen und keine Veränderung gibt, wie es im Falle der Quantität und der Qualität geschieht (Met. 14, 1: 1088a29). 1. Problemstellung Es folgen die Fragen, die Suárez bezüglich der Relation zu beantworten versucht: ob es Relationen gibt, was sind sie, wie viele sind sie und was für Eigenschaften oder Ursachen sie haben. „an sit, quid sit, et quotuplex, et quas proprietates vel causas habeat”.

Quid sit Relatio 157 Es ist nicht leicht, die Natur des pros ti zu bestimmen. Aristoteles selbst gibt zu, dass „es schwierig ist, feste Behauptungen über dieses Problem aufzustellen, ohne dass man sich mit ihm nicht früher gründlich beschäftigt hat“ (Cat. 7: 8b21-24). Man kann sich also nicht wundern, dass es hierzu mehrere Ansichten gibt:158 Suárez zählt zuerst vier Grundschwierigkeiten auf, die einer Behandlung der Natur der Relation innewohnt:

156

Met. XII, com. 19. Diese Frage ist von den Scholastikern verschiedenartig gestellt: z. B. „Utrum relationes sint res distinctae a rebus absolutis (Durandus, Praed., q. 10 (Schneider 69).- Scotus spricht von den „relationes, quae per animam fiunt“ (De rel., 1, 2). Ockham: „Utrum diversitas, distinctio vel identitas sit alia res a rebus absolutis“ (I, q. 8). W. Burley: „Utrum relatio sit distincta ab omni re absoluta, scilicet a subjecto et a fundamento (Prad., 7). Gregor v. Rimini: „Utrum aliqua relatio sit entitas ab omni entitate absoluta distincta (Lect. I, d. 28-32, q. 2). Auch Paul Drechsel, oben genannt, sagt: “Was in Logik und Mathematik gewöhnlich als Relation aRb abgehandelt wird berührt nur die äußerste Oberfläche dessen, was Relationskonzept beinhaltet, obwohl das mathematische Funktionskonzept und das physikalische Feldkonzept als generalisierte Relationskonzepte ungemein reichhaltig sind; doch man suche nach ihren philosophischen Bestimmungen!“ (S. 9-10). 157

83

1) Die Relation setzt in der Sache, die im Bezug auf etwas ist, kein reales Sein (nihil rei, Ib. 1) ein. Folglich ist sie keine Gattung des Seins, denn das esse gründet sich auf das esse reale. Und die Relation ist weder Substanz noch ein esse in, denn das „esse ad, ut ad“ bezeichnet keine reale Relation. Sie ist also höchstens eine relatio rationis, und sie gehört vielmehr zur Dialektik159 oder zu den Relationen „secundum dici“, wie Aristoteles selbst in der Cat. sagt: „pros ti ist dasjenige von dem man sagt, dass es was es selbst ist, in Hinsicht auf ein anderes ist“ (Cat. 7: 6 a 36-37).

2) Jede relative Denomination,160 die von etwas ausgesagt wird, lässt meistens keine Entstehung, kein Vergehen und keine Bewegung des Subjekt der Relation zu, während die Substanz, die Quantität, die Qualität und der Ort es zulassen. So Aristoteles: Ein Zeichen, dass das Bezügliche am meistens kein Wesen und kein Seiendes ist, liegt darin, dass es von ihm allein keine Entstehung, kein Vergehen und keine Bewegung gibt, wie etwas für das Quantitative eine Vermehrung und eine Abnahme, für das Qualitative eine Umwandlung, für den Ort eine Ortsbewegung und für das Wesen Entstehung und Vergehen schlechthin gibt. Doch für das Bezügliche gibt es nichts derartiges. Denn ohne bewegt zu werden, wird etwas bald grösser, bald kleiner oder gleich sein, wenn ein anderes nach seiner Quantität bewegt worden ist (Met. XIV, 1: 1088 a 29-35).

Wenn man mit spitzigen Abstraktionen spielen will, wie diejenige, die sagen, dass das „ad aliquid“ als ein reines abstraktes „ad“ verstehen werden muss, das hält Suárez für eine Wortspielerei (ludus quidam verborum, Ib. 2), denn das reine „ad“ ist sowieso ein „aliquid“ und kein Nichts.161 158

Vgl. Thomas von Aquin: “In hoc differt ad aliquid ab aliis generibus, quo talia genera ex propria sui ratione habent quod aliquid sint, sicut quantitas aliquid ponit, et similiter de aliis. Sed ad aliquid ex propia sui generis ratione non habet quod ponat aliquid sed ad aliquid, unde inveniuntur quaedam ad aliquid quae nihil sunt in rerum natura, sed in ratione tantum, quod in aliis generibus non contingit.” (Quodl. IX, a. 4. Vgl. 1, q. 28, a. 1). Kajetan in de ente et essentia, c. 7, q. 16 (in der ed. M. H. Laurent, p. 222, n. 136) sagt: “In hoc differt relatio pertinens ad praedicamentum relationis ab aliis respectibus caeterorum generum, qui a quibusdam transcendentales vocantur, quod respectus pertinentes ad genus ad aliquid essentialiter est ad aliud, non ut receptivum vel causam efficientem aut finalem aut formalem, sed praecise est ad aliud tamquam terminum; unum enim relativorum nec est forma nec finis nec efficiens alterius, sed terminus. Propter quod dicit Magnus Albertus quod unum relativorum non est definiendum per reliquum, scilicet ad reliquum eo quod ly per denotat causalitatem. Respectus autem aliorum generum, qui propter vocabulorum penuriam respectus dicitur, respicit essentialiter aliud, sed ut subiectum vel materiam vel formam et huiusmodi; sic enim materia essentialiter respicit formam et e contra.” 159 Vgl. oben den Absatz: Zu welcher Wissenschaft gehören die Kategorien“, S. 45 ff. 160 Unter „Denomination“ versteht Suárez die Benennung eines Sachverhaltes. Sie kann „extrinseca“ oder „intrinseca“ sein. Mit innerlicher Denomination ist diejenige Eigenschaft gemeint, durch die etwas verwirklicht werden kann (ad rationem agendi sufficiat). Oder diejenige, die eine Sache bestimmt (z. B. die Weiße, albedo ist eine innerliche Denomination). Die äußerliche Denomination im Gegenteil, ist diejenige, die aus unserer Art zu sprechen herkommt, oder diejenige, die aus der Koexistenz mehrerer Sachen, oder aus irgendeiner absoluten oder von außen herangetragenen Form herrührt. Sie kann auch keine neue Gattung ausmachen. Mit diesen Denominationen haben sich auch Leibniz (es gibt keine äußerliche Denomination, die eine innerliche Denomination als Basis nicht hätte. Sie können sich nicht differenzieren, weil sie so ähnlich sind); und Spinoza (The general theory of truth ist die „innerlliche Denomination“) auseinandergesetzt. Hobbes nennt die äußerliche Denomination „phantasma“ (die Farbe im „Sensorium“ ist keine reale Qualität) und Gilbert meint, dass man ein Schiff, wegen seines Steuermannes, nicht als eine innerliche Denomination bezeichnet werden kann. 161 Das lateinische Wort „res“ ist nicht immer mit dem deutschen Wort „Ding“ zu übersetzen. Die Scholastiker identifizieren es mit „aliquid“ (z. B. Gregor von Rimini); Scotus sagt, dass „res“ ein „transcendens nomen“ ist (De rel. I, 2). Für Suárez das Wort „aliquid“ transzendiert den Gegensatz „Ge-

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3) Eigentlich ist die Relation nichts anderes als das Absolute. Wenn man sich zwei weiße Sachen vorstellt, dann sagen wir, dass sie ähnlich sind, nur weil sie zwei gleiche absolute Qualitäten haben, ohne dass ihnen etwas Reales zukommt. Die Relation ist also eine Schein-Relation. Die einzige Relation, die es gibt, ist die „fundamentalis“ (Ib. 3), d. h. die sich auf ihr Fundament gründet. Eine relatio formalis gibt es nicht. Bei ihr handelt es sich entweder um eine relatio rationis oder um kein reales esse. Man könnte es mit dem klassischen Beispiel bestätigen: Eine Säule, z. B. ist in Bezug auf eine andere Säule rechts oder links, ohne dass etwas ihr intrinsece dazukommt. Es genügt, dass eine andere Säule koexistiert (ex positione alterius, Ib. 4). Auch eine Wand kann gesehen werden, und sie bleibt immer noch eine absolute Wand. Wenn in diesen Fällen das Koexistieren genügt, damit von einer Relation gesprochen werden kann (ein Fundament ist nicht vorhanden, den „rechts-links“, „gesehen-werden“ sind kein Fundamente), umso mehr könnte man diejenigen Dinge als relativ bezeichnen, die durch ihre Relationen sich auf das jeweilige Fundament gründen (47,1,4)162. Auf dieselbe Weise dürfte man behaupten, dass Gott Schöpfer oder Herr ex tempore ist (Ib.). 4) Angenommen, dass die Relation etwas Reales wäre, dann dürfte man nicht sagen, dass sie eine neue, von den anderen verschiedene Gattung ausmacht, denn das esse ad gehört auch der Substanz des geschöpften Daseins überhaupt zu. Probatur: quoniam ordo ad aliud intrinsece includitur in omni reali conceptu entis creati... etiam ipsamet substantia dicit habitudinem essentialis dependentiae ad ens increatum, et ideo est analogice ens vel substantia comparatione illius (Ib. 5).

Auch alle anderen Gattungen teilen das esse ad mit: Die continua Quantität, z.B. bezieht sich beispielweise auf ihre Termini, durch die sie continua bestehen bleibt, und die Termini, nämlich die Punkte einer Quantität, beziehen sich ihrerseits auf die Teile, deren sie Punkte sind. Auch die Qualität, wie z. B. die Potenz, das Wissen und der habitus, beziehen sich auf ihre Objekte (Ib. 5), so wie Aristoteles selbst sagt, dass sie zum ad aliquid gehören (Met. V, 15: 1020b26-1021b 15).163 (DM 47,1,5) Suárez beschäftigt sich in der Folge besonders mit der aristotelischen Relation „Wissen-Wissbare“, denn es scheint nach Aristoteles, dass das Wissen nur nach seinen satzungsmäßigen, nicht aber nach seinen spezifischen ratio ein pros ti ist: Nam scientia (inquit) est ad scibile, grammatica vero ut sic non est ad aliud (Cfr. Arist., Met. 5, 15,1021b19) (Suárez: DM 47,1,6).

Aristoteles bezieht sich eigentlich auf die grammatiké in dem Sinne, dass …bei ziemlich allem derartigem werden die Gattungen ein pros ti genannt, beim Einzelnen jedoch nicht (Cat. 8, 1a23-24).

Und der Grund, den er dafür angibt, ist dem zu entnehmen, dass das Wissen und das Wissbare nicht gleichursprünglich sind, sodass für ihn dieser Fall als eine Ausnahme unter anderen gilt: Man könnte nämlich annehmen, dass das Wißbare früher als das Wissen ist, wie wir dem meistens das Wissen erst erwerben, wenn die Sachverhalte vorher da sind. In we-

dachtsein-Realsein“. Er sagt, dass die Relation ein „aliquid rei“ ist, obwohl sie eine nur gedachte Relation sein könnte. 162 So interpretiert Aristoteles Thomas von Aquin : „Cum enim dextrum et sinistrum designent principia motuum in rebus animatis, columnae et alicui inanimato attribui non possunt, nisi secundum quod animata aliquo modo se habeant ad ipsam, sicut columna dicitur dextra, quia homo est ei sinister“ (Met. V, lect. 17, n. 27). 163 Suárez erläutert später dieses Problem. Vgl. 47,4,17.

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nigen oder gar keinen Fällen könnte jemand das Wissen zugleich mit dem Wissbaren entstehen sehen. Ferner hebt das Wißbare, wenn es aufgehoben wird, damit auch das Wissen auf, das Wissen aber hebt damit nicht auch das Wißbare auf... (Cat. 7, 7b23-35).

Das kommt für Aristoteles davon her, dass man von der grammatiké nicht sagen kann, dass sie „grammatiké von etwas“ ist, wohl aber dass es ein Wissen von der grammatiké gibt. Nichts aber von dem Einzelnen wird das, was es ist, in Hinblick auf ein anderes genannt, zum Beispiel die grammatiké nicht ‚grammatiké von etwas’ und die musiké nicht ‚musiké von etwas’ – und wenn, dann werden auch diese nach der Gattung ein pros ti genannt. Zum Beispiel wird die grammatiké 'Wissen von etwas’ genannt, aber nicht 'grammatiké von etwas’; und die musiké‚ 'Wissen von etwas’, nicht aber‚'musiké von etwas’. Daher gehören die auf das Einzelne bezogen nicht zum pros ti (Cat. 8: 11 a 2432).

Ich möchte nun diesbezüglich die aristotelische mit der suarezischen Meinung vergleichen. Suárez meint, dass es falsch ist (falsum, 47,1,6), denn, wenn das Wissen in communi eine habitudo zu seinem wissbaren Objekt hat, so hat auch dieses konkrete Wissen eine habitudo zu seinem wissbaren Objekt. Aus dem aristotelischen Satz, dass Gattung und Spezies zum selben Prädikament gehören, könnte man erschliessen: Wenn dieses Wissen eine spezifische Qualität ist, dann gehört auch das Wissen allgemein als Genus zum Prädikament der Qualität. Und wenn dieses Wissen ein ad aliquid ist, ist es unmöglich, es in ein spezielles Prädikament zu stellen. Wenn die Spezies zu den pros ti gehören, dann auch das Genus (Arist., Top. IV: 124b16). (DM 47,1,6).164 ... nam licet forte nomina non sint tam clare imposita, tamen secundum rem, sicut scientia in communi dicit habitudinem ad obiectum scibile in communi, ita haec scientia ad hoc obiectum (47,1,6).165

Es genügt für Suárez auch nicht das, was Aristoteles weiter sagt:

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In diesem Zusammenhang, d. h. beim Genus-Spezies-Problem, sagt Jansen, dass bei Aristoteles zu erwarten wäre, dass Genus und Spezies stets zu derselben Kategorie gehören. „Allgemein gesagt, muss das Genus zu derselben Einteilung gehören, wie die Spezies“ (Top. IV, 1, 121a5-7. Und das ist die Meinung von Suárez, mit der wir uns später noch auseinandersetzen wollen. Trotzdem, führt Aristoteles bei seiner ersten Begriffsbestimmung (Cat. 7) als Beispiele für das pros ti, Spezies, wie Haltung, Ordnung, Wahrnehmung, Wissen, Stellung an, obwohl er in Cat. 8 (11a 23-24) der Meinung ist, dass „bei ziemlich allen derartigen die Gattungen ein pros ti genannt werden, beim Einzelnen jedoch nicht“. Aber in Top. IV: 124 b 16, ändert er einigermaßen diese Meinung, indem sagt: „Wenn aber das Genus zu den pros ti gehört, ist es nicht notwendig, dass auch die Spezies dazugehört“. Die Art, die Jansen unternimmt um diesen „Kategorien-Sprung“ zu lösen ist, dass „bei denjenigen pros ti, die nur dialektisch, nicht aber ontologisch motiviert sind, sind also Kategorie-Sprünge möglich: Gehört ein Genus zu den dialektisch motivierten pros ti, kann eine Spezies durchaus zu den Qualitäten gehören. Ontologisch motivierte pros ti bleiben hingegen ihrer Kategorie treu: Genus und Spezies gehören hier stets zum pros ti. (L. Jansen, „Aristoteles’ Kategorie des Relativen zwischen Dialektik und Ontologie“. S. 28). Für Suárez gilt es bei diesem Problem, dass vielleicht die Namen nicht ganz klar gesetzt sind. Eine Wissenschaft hat allgemein einen Bezug zum Objekt, genauso wie diese Wissenschaft zu ihrem spezifischen Objekt. Aristoteles führt in Met V, 15: 1021b 5-6 ein: Die Heilkunst beispielweise werde ein pros ti genannt, „weil ihre Gattung, die epistéme, ein pros ti ist.“ 165 Was die Schwierigkeit betrifft, Namen bei der Behandlung der Kategorien ganz klar zu setzen, cfr. Kajetan “propter vocabulorum penuriam” (Quodl. IX, a. 4. Vgl. 1a, q. 28, a. 1). Vgl. hier. S. 64, Fussnote.

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Wenn aber das Genus zu dem pros ti gehört, ist es nicht notwendig, dass auch die Spezies dazu gehört (Top. IV, 124b18).

Suárez’ Übersetzung: ... non esse absurdum idem collocari sub qualitate et ad aliquid, si utrumque ei convenit (47,1,6).

Das heißt, dass es nicht absurd ist, dass etwas zugleich zur Qualität und zum ad aliquid gehört, wenn es beiden zupasst, d h. das Wissen ist soviel eine Qualität wie auch ein pros ti. Aber das genügt für Suárez auch nicht, weil ein und dieselbe Sache durch verschiedene Kategorien nicht essenziell bestimmt werden kann. Vielleicht – sagt Suárez – kommt es daher, dass man die Namen nicht ganz klar verwendet, denn, wenn, wie oben gesagt, das Wissen allgemein einen essenziellen Bezug auf das Wißbare beinhaltet, dann muss auch dieses konkrete Wissen eine Beziehung zu diesem konkreten Wissbaren haben. Nehmen wir aber an, die Beziehung des Wissens zum Wissbaren wäre nur akzidentell. Dann könnte man das Wissen selbst in die Ordnung des Prädikaments ad aliquid nicht stellen, sondern nur die Relation, die dem Wissen accidentaliter zukommt. ... si tantum accidentaliter scientia referretur ad scibile, non constitueretur ipsa scientia sub genere ad aliquid, sed illa relatio quae illi accidentaliter advenit (47,1,6).

Ich glaube, dass Suárez bei seiner Interpretation des Aristoteles sich geirrt hat, denn er achtet nicht darauf, dass, wenn Aristoteles sagt, dass die Grammatik nicht „Grammatik von etwas“ genannt werden kann, die Grammatik nicht als ein konkretes Wissen annimmt, wie Suárez meint, sondern als ein einzelnes Wissen, von dem man nicht sagen kann, dass es zum pros ti gehört.166 Zum Beispiel wird die grammatikê ‚Wissen von etwas’ genannt, aber nicht ‚grammatikê von etwas’... Daher gehören die auf das Einzelne bezogenen nicht zum pros ti (Cat. 8, 11a27-32).

Suárez stellt sich einer Einwendung gegenüber, nach der die sex letzten Kategorien eine Relation aufweissen, so dass die Relation eine transzendentale und zu keinem Genus gehörende Relation wäre. Dass man diese „Transzendentalität“ als eine „relatio secundum dici“ interpretiert, in Gegensatz zu der „secundum esse“, kann, nach Suárez, leicht widersprochen werden (refutabitur facile, Ib. 7). Dafür setzt er sich mit zwei verschiedenen Antworten auseinander, die die vierte angegebene Grundschwierigkeit (nämlich, dass sogar eine reale Relation keine eigentliche Gattung ausmachen kann) lösen möchte: Nur das, was zum Prädikament ad aliquid gehört ist secundum esse, alles andere sind Relationen secundum dici. Was bedeuten nun eigentlich die Relationen secundum dici? (a) Dass wir von ihnen sprechen als ob sie echte und genuine Relationen wären, sie haben aber keinen realen Bezug zueinander.167 166

Vgl. diesbezüglich die Ansicht von Jansen, o.c., Fußnote 5. Vgl. auch DM 30,5,4-5: „Et hi respectus [perfectiones relativae Dei: omnipotentia, scientia, etc.] ... conveniunt Deo ex vi suae essentiae et substantiae; nam, si (ut fortasse verum est) tantum sunt respectus secundum dici, id est, secundum modum concipiendi et loquendi nostrum, per eos solum explicatur aliqua absoluta perfectio... Si vero (ut alii volunt) vere sint respectus transcendentales, qui in rebus absolutis imbibuntur, et non semper requirunt actualem existentiam termini quem respiciunt, sic etiam tales respectus dicentur pertinere ad perfectionem simpliciter seu in ea includi, verbi gratia, in ratione potentiae aut scientiae.“ 167

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(b) Dass sie doch einen gewissen respectum transcendentalem haben, der aber kein realer respectus praedicamentalis ist; so gehören sie zu keinem besonderen Prädikament. Alle Akzidenzien haben einen essenziellen Bezug auf die Substanz, sodass es bei jeder Gattung von Akzidenzien eine solche habitudo gibt. So die Quantität, oder der Punkt; und auch bei den Qualitäten haben die Potenz und die scientia einen Bezug auf das Objekt, so wie diese konkrete scientia ein Bezug auf ihr eigenes konkrete Objekt hat. Weder (a) noch (b) sind für Suárez haltbar: (a) Das Wissen hat sein esse im esse ad, nämlich ad scibile, und das nicht nur nach unserer Art zu reden, sondern auch in Wirklichkeit. Dass wir es nach unserer Art zu sprechen relativ benennen, hindert nicht, dass es real ist, sonst dürften wir sagen, dass alle Denominationen „secundum dici“ sind. Der Prozess unserer Erkenntnis der Relationen stammt gerade von diesen Denominationen her (maxime colliguntur ex huiusmodi denominationes, Ib. 7). Und auf dieselbe Weise bezieht sich immer die Potenz auf ihr Objekt, usw. (b) Warum ist es denn notwendig – fragt sich Suárez – zwischen respectus transcendentales und praedicamentales zu unterscheiden? Wenn der transcendentalis real ist, schein es so aus, dass er genügt, um alle Relationen als transcendentales und reales zu benennen. Drei Ansichten über die Relationen In Bezug auf die Relationen allgemein gibt es, nach Suárez, drei verschiedene Antworten: (a) Es gibt keine realen Relationen; sie sind reine äußerliche Denominationen, die wegen der Koexistenz der correlata als relativ verstanden werden (47,1,8).168 (b) Es gibt reale Relationen, sie aber machen keine eigentliche Gattung aus. Sie gründen sich nur auf gewissen transzendenten Bedingungen (conditionem quamdam transcendentem, Ib. 9), die in jedem Ding anzutreffen sind. Das haben Soto, Albertus und Alexander (Ad aliquid, in principio) dem Zenon und anderen Philosophen vor Platon zugeschrieben (47,1,9). (c) Die allgemeine Meinung ist, dass es realen Relationen gibt, die eine eigene Gattung ausmachen. Das gilt für Suárez als “philosophisches Axiom” (47,1,10). Das möchte er vorübergehend durch den christlichen Glauben bekräftigen: In Gott gibt es reale Grundrelationen, wodurch die drei Personen sich unterscheiden. Aber die göttlichen Relationen gehören zu keinem Prädikament; sie sind also kein genügendes, philosophisches Argument, damit wir aus diesen „Relationen“ schließen dürften, dass es auch im Geschöpf relationes praedicamentales gibt; höchstens, dass es respectus transcendentales reales gibt, die in einigen Dingen eingeschlossen sind. Durch die Vernunft ist es auch möglich, diese Meinung zu bestätigen: Man spricht von Relationen, die in den Dingen selbst zu treffen sind, ohne dass der Intellekt sie erdichtet: „grösser“, „kleiner“, „gleich“, „ähnlich“, „näher“, „entfernter“, „Vater“, „Sohn“, usw. Damit ist aber nicht gesagt, dass diese Relationen in den Dingen selbst real sind; sie besitzen ein reales Fundament, demnach unser Intellekt sie miteinander vergleicht,169 dessen Resultat eine Relation ist. 168

Averroes (Met. XII, com. 19), Avicenna (Met. III, c. 10), Aureolus (apud Capreolum: in I, d. 30, q. 1), Ockham (Summa Logicae 1, 52) ; Buridan (Eth. VI, 3). 169 Über die comparatio vgl. hier S. 4, 29, 38 89, 101, 104, 165, 185. Auch R. S chönberger hat sein Buch über die Relationstheorie des Buridans „Relation als Vergleich“ tituliert.

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Durch die Weltordnung könnte man auch ein weiteres Argument hinzufügen (47,1,14): Dieser Weltordnung zufolge, könnte man essentielle Relationen in dem Universum auffinden, nach den Worten von Aristoteles: „Alle Dinge machen einen geordneten Zusammenhang mit einem gemeinsamen Ziel“ (Met. XII, 10). Das gefällt Suárez in diesem Zusammenhang leider nicht, denn diese Weltordnung besteht nur darin, dass alle Dinge an ihren natürlichen Plätzen abgestellt sind; es handelt sich nur um eine akzidentelle Beschaffenheit und Ordnung der absoluten Dinge, die nur ihre Koexistenz benötigen. Es handelt sich dabei nur um eine reine prädikamentale Relation.170 Die eigene Meinung des Suárez ist folgende (47,1,15): Er vermutet, dass die dritte (c) [es gibt reale Relationen, die eine eigene Gattung ausmachen] die allgemeinste und die wahre Meinung in der Philosophie ist und die „ex argumento auctoritatis“ bestätigt werden kann, aber mit folgenden Bemerkungen: Die Relationen können bei den geschöpften absoluten Dingen in der Zeit erscheinen und verschwinden, ohne dass sie ihre Absolutheit verlieren. Sind dann diese Relationen denominationes extrinsecae? Darin liegt die eigentliche Schwierigkeit: Aber was sind diese „denominationes extrinsecae“? Die Antwort auf diese Frage hängt von dem ab, was später gesagt wird. Nun ist es notwendig, sich mit dem Entitätsmodus dieser Relationen und ihrer Denominationen auseinanderzusetzen. 170

Suárez im Gegenteil zu dieser Meinung hat sich anders geäussert, indem er von der „intentio naturae“ spricht, durch die Gott alles in Bezug auf ein Ziel geordnet hat. In Bezug auf die Einheit der Welt, äussert sich Buridan folgendermasse: „totus mundus est unum per omnium entium continentiam et aggregationem odinatam” (Eth. V, 5). “aliquando enim accipimus ‘mundum’ pro aggregato ex omnibus entibus” (Ib. VI, 22). Zitate aus R. Schönberger, o.c., S. 422, Fussnote 20. Nach Schönberger, geht diese ‘aggregative’ Weltaffassung von der thomistischen stark auseinander, die den Ordo-Begriff in einer Form begründet sieht (Vgl. De ver. q, 1, a. 5, ad 15). Ich glaube, dass eine “aggregative” Weltauffassung nichts mit dem Ordo-Begriff allgemein zu tun hat. Bei der Weltordnung handelt es sich nur um einen speziellen Fall der Ordnungsidee. Auch Suárez vertritt hier diese “aggregative” Weltauffasung, was aber seinen auf die Form bassierten metaphysischen und physischen Ordo-Begriff nicht beeinträgtigt. 1. In Bezug auf den Menschen: “Gott hat talles beschaffen und auf die Schönheit des Universums hingeordnet, und er hat das Gras und die Tiere für den Menschen erschaffen” (DM 24,2,10). Diese Schönheit bedarf aber bei diesem vermeintlichen “aggregatum” einer Ordnung. In seinem De anima sagt er: “Es ist natürlich und eine grosse Vervollkommnung der Natur, dass der Mensch sich in der sichtbaren Welt befindet, für den alles errichtet ist” (De an. 6,9,2). “Ipse ordo rerum universi ordinantur ad singularem rerum vel specierum conservationem, et omnia corporalia ordinantur aliquo modo ad hominem” (Ib.). Die Hinordnung des Makrokosmos auf den Mikrokosmos wird von Suárez als etwas “ordinatissimum et absque ulla imperfectione” bezeichnet (DM 24,1,3). 2. In Bezug aber auf das Universum selbst wird seine Einheit von Suárez einer neuen und speziellen Änderung unterworfen, die ich in meinem Doktorarbeit (Die Anthropologie desw Suárez, Alber Velag (Symposion 8) Freiburg/München 21982, S. 27-31) zu analysieren versucht habe. Der teleologische Gottesbeweis, den uns Suárez vorstellt, müsste auf die Vollkommenheit, auf die Harmonie und auf die Ordnung der Welt füssen, die das Korrelat eines Systems von Zielen und Zwecken darstellt. D. h. auf den substantiallen Charakter der Zweckordnung. Nun ist dem so, dass es für Suárez nicht evident ist, dass die Weltordnung eindeutig zu einer Identifikation zwischen Zweck- und Wirkursache führt, weil “ipsa unitas et constitutio universi est aliquid valde imperfectum” (DM 24,1,13). “Non est adeo evidens Deum intendere res omnes creatas ad unius compositionen vel complementum” (DM Ib.). “Mundus ut sic non est aliquid vere unum sed tantum secundum quemdam ordinem seu comparationem et accidentalem unionem sub qua ratione non nisi valde metaphorice Deo assimilatur… unde non potest mundus alia ratione dici ad imaginem Dei, nisi quatenus homo… est ad Dei imaginem” (Ib.). Wenn also die Einheit der Welt nur eine unio accidentalis ist und “secundum quemdam ordinem et comparationem” ersichtlich wird, taucht sofort die Frage auf: Wer verleiht nur der Welt diese Ordnung, die aus einem Vergleich entsteht? Der Mensch erfährt sich also als das Zentrum und Gipfel der Welt und damit verpflichtet, ihr eine Ordnung zu geben. Man muss also davon ausgehen, dass diese Ordnungsidee sich im Menschen befindet, den es wäre eine “petitio principii”, sie in Gott als Schöpfer zu stellen. Es geht dabei um einen Gottesbeweis. Das “onus probandi” fällt auf Seiten des Menschen, deren Ordnungsidee auf die Welt überträgt. Das nenne ich “Wesentliches Verhältnis zwischen Ordungsidee und ordiniertem Wesen als Fundament dieser Idee”. (Vgl. S. Castellote, Die Anthropologie des Suárez, o.c., S. 31).

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2. Sektion In der 2. Sektion nimmt Suárez die eigentliche Schwierigkeit vor, nämlich ob die relationes praedicamentales des geschöpften Daseins real sind und was für eine Entität sie haben. Dafür ist es notwendig, ihre reale oder modale Unterscheidung von der Substanz und von den anderen absoluten Akzidenzien zu erörtern. I. Dafür gibt es fünf Auffassungen: 1) Sie sind von ihren Fundamenten oder Subjekten real verschieden.171 Das wird von Suárez als nicht genug wahrscheinlich (non est satis probabile, 47,2,2) zurückgewiesen, denn, obwohl bei Thomas die Relationen des geschöpften Seins sich mit seiner Substanz nicht identifizieren,172 weil sie vom ihrem Fundament getrennt werden können, oder verschiedenartige Mutationen bei ihnen auftreten können, daraus ergibt sich nicht, dass diese Relation mit den absoluten Dingen nicht real identisch sei. Höchstens könnte man eine gewisse Unterscheidung ex natura rei (Ib.) annehmen. Aber nicht einmal wäre diese Unterscheidung wahrscheinlich (si tamen aliquid probant, Ib.), denn die Relation hat keine von ihrem Fundament und von den absoluten Sachen reale verschiedene Entität. 2) Es wird auch die Meinung von Scotus173 zurückgewiesen (47,2,3): Nach Scotus gibt es Relationen, die sich nicht von ihren Fundamenten real trennen können (die Relation des geschöpften Seins zu Gott), weil sie kein Zeichen dieser Trennbarkeit ausweißen und nirgendwo ist ein Grund dafür zu finden. Andere aber doch (die Ähnlichkeit, z. B.), eben weil es hier doch ein Zeichen dieser Trennbarkeit gibt. Dieses Zeichen hat aber für Suárez keine Beweiskraft für eine reale Distinktion, höchstens für eine modale, besonders wenn die Trennbarkeit nicht „umkehrbar“ ist (maxime quando separatio non est convertibilis (ut ita dicam), Ib. 3) wie es hier der Fall ist. Die Relation, sagt Suárez apodiktisch, kann nicht ohne Fundament existieren; das Fundament aber ohne Relation, doch. Aber nicht einmal genügt dieses Zeichen, um eine modale Distinktheit einzuführen, die als aktuell und „ex natura rei“ sei, denn, wenn man auch die relative Denomination bei einem gegenwärtigen Fundament und in Abwesenheit des Terminus wegtun könnte, ist es trotzdem unmöglich, dass in Gegenwart von beiden Extremen keine Relation entsteht. Die Relation ist demnach von Fundament nicht unterscheidbar, das erst nur dann entfällt wenn die Denomination auslöscht. Wenn es also solche Relationen gibt, die sich von ihren Fundamenten nicht trennen können, das ist nur dahin zu verstehen, dass sie ihrer Termini nicht entsagen können. Beim Geschöpf sind seine Relationen zu Gott untrennbar von ihrem Fundament, weil sein Terminus notwendig existiert. Wenn, per impossibile, eine geschöpfte Essenz ohne Gott existieren könnte, dann hörte sofort und unbedingt die Relation des Geschöpfes zu Gott auf. Und es ist gerade aus dieser Unbedingtheit des Terminus, dass sie von Fundament nicht trennbar ist, und nicht so sehr wegen ihrer Identität mit dem Fundament. Im Gegenteil, und aus der Tat171

So Capreolus (in I, d. 30, q. 1), Kajetan (in I, d. 28, a. 2), Ferrariensis (IV CG, c. 14), Thomas von Aquin (De pot., q, 8, a. 1; in IV, d. 33, q. 1, a 1). Harclay sagt, dass, nach Avicenna (Met. III, cap. ad aliquid), die Relation ihre eigene Entität hat, die sich von ihrem Fundament unterscheidet. 172 “[Thomas] constituit differentiam inter relationem creatam et increatam, quod prior non identificatur cum substantia, sed est alia res et facit compositionem cum illa”: „.. omnis relatio in creaturis compositionem facit cum eo cuius est relatio… Ad quintum dicendum, quod ratio illa procedit de relatione reali, quae habet aliud esse ab esse substantiae cui inest…” (De pot., q, 8, a. 1 et ad 5; in IV, d. 33, q. 1, a. 1). Wenn Thomas diese Distinktheit als eine reale und eigentliche (inter entitates) versteht, hält Suárez sie für nicht wahrscheinlich. 173 In II, d. 1, q. 3; In III, d. 8, q. 1.

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sache, dass andere Relationen erlöschen, wenn ihre Termini abwesend sind, kann man mit Recht nicht schließen, dass es eine solche Distinktheit „ex natura rei“ gibt, wo fern man durch andere Argumente nicht feststellen könnte, dass das Ergehen des Terminus nicht dafür genügt. ...e converso, ex eo quod aliae relationes cessent ablatis terminis, non recte infertur distinctio ex natura rei, nisi aliunde ostendatur solam destructionem termini ad id non sufficere (DM 47,2,3).

3) Die dritte Meinung hat in Durandus ihren Verfechter.174 Er unterscheidet (1) die Relationen, die wahre habitudines und respectus reales sind, die ihren Fundamenten per se oder akzidentell konsequent sind (consequentes, Ib. 4), und (2) die Relationen, die eigentlich nur relative denominationes sind. Die ersteren beziehen sich auf die Inhärenz, die die Natur des Akzidens ausmacht. So z.B. das Betasten (tangere, Ib. 4) und das Betastet-sein (tangi) folgen akzidentell der Natur der quantitativen Körper (ad corpora quanta, Ib.) nach. Sie können aber auch per se ihren Fundamenten konsequent sein. Letztere sind nur relativae denominationes, wie „ähnlich-sein“ oder „gleich-sein“. Von diesen letzeren sagt Durandus, dass sie sich von Fundament nicht unterscheiden und ihm nichts anderes hinzufügen als die Existenz und Konkomitanz beider absoluten Extreme, so dass aus dieser gleichzeitigen Koexistenz ihre relative Denominationen bekommen und als prädikamentale Relationen aufzufassen sind. Von den ersteren aber bejaht er eine reale Verschiedenheit von dem Fundament, was aus dem Zeichen der Trennbarkeit festzustellen ist, womit er mit der anderen Meinung übereinstimmt. Aber, wie oben dargestellt, aus diesem Zeichen könnte, nach Suárez, höchstens eine modale Distinktheit hergeleitet werden. Für ihn ist es gerade diese modale Distinktheit, die die Durandus eigentlich eingeleitet hat. Er gebraucht dafür andere Wörter. Wenn er sie als real auffasst, das tut er nur, weil sie sich in den Sachen befinden. Suárez grübelt noch an einer weiteren Durandus’ Unterscheidung der ersteren realen Relationen, nämlich die per se (inesse consequitur ... ad quantitatem) und die akzidentale (ut tactus [consequitur] ad quantitatem, Ib. 5), die als modi, wie die Relationen ihren Fundamenten folgen, verstanden werden. In Bezug auf die Relationen, die akzidentell vom Fundament abhängig sind, meint Suárez, dass die Beispiele, die Durandus dafür angibt (tangere-tangi), ungeeignet sind. Denn genauso wie er sagt, dass die Relationen der Ähnlichkeit oder Gleichheit so genannt werden, weil sie nicht wegen Addition irgendeines respectus, sondern wegen der Koexistenz beider absoluten Extremen und ihrer folgenden Denomination, so müsste er auch sagen, dass zwei Körper sich in Berührung kommen nur wegen der Denomination, die aus der Koexistenz beider Körper in einem bestimmten Platz herkommt, ohne jedem respectus miteinander. In Bezug auf die Relationen, die per se dem Fundament folgen und auf die von Durandus angegebene Beispiele, ist zu bemerken, dass die Inhäsion auf zwei verschiedene Weisen zu verstehen ist, nämlich die Inhäsion selbst und die Relation. Als Inhäsion dürfte man sie als von Fundament verschieden annehmen, wie Durandus selbst sagt. Suárez aber widerspricht Durandus, der dafür ist, dass dieser respectus keine Komposition mit dem Fundament ausmacht (nullam compositionem facere cum suo fundamento, Ib. 6). Für Suárez ist dieser respectus eigentlich kein prädikamentale, sondern ein transzendentaler, denn der modus unionis vel inhaerentiae (Ib.) ist kein Resultat aus dem Fundament und dem Terminus, sondern ein absoluter modus, der durch irgendeine Tätigkeit per se erwirkt werden kann, obwohl immer mit einem transzendentalen respectus 174

In I, d. 30, q. 2.

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zu den zusammenzufügende Sachen (ad unibilia, Ib.). In dieser Hinsicht (respectus transcendentalis), passt er nicht zu diesem Thema zu. Wenn man aber diesen respectus als einen prädikamentalen auffasst, d. h. als Resultat zwischen der inhärenten Form und ihrem Subjekt, und allgemein zwischen den zusammengefügten Sachen, dann ist diese ratio dieselbe, die bei dem Kontakt, der Ähnlichkeit, usw., auftritt, so dass dieser respectus kein von dem aus den Extremen abstammenden verschiedenen modus realis ist, sondern nur eine mutua Denomination, die aus der Koexistenz der Extremen herkommt. Durandus’ Unterteilung der Relationen Accidentaliter („tangere-tangi“; sequuntur ad corpora quanta) Per se Respectus reales, consequentes ad sua fundamenta Distinguuntur in re a suis fundamentis („inhaerentia“ sequitur naturam accidentis) Relationen sunt Denominationes relativae („esse aequale et simile“). Non distinguuntur in re a suis fundamentis. Concomitantia extremorum sufficit. Constituunt proprium praedicamentum relationis Suárez aber will noch weiter untersuchen, um was für einen tactus es damit handelt. Man könnte annehmen, dass es hier sich um einen reinen quantitativen tactus handelt, der sich von den physischen unterscheidet. Unter quantitativen tactus versteht Suárez nichts anderes als die Nähe (propinquitas, Ib. 5) zweier Quantitäten und ihrer Termini, so dass keine andere Quantität dazwischen kommt. Dafür genügt es, dass zwei Körper sich in einem bestimmten Platz oder Raum befinden. Der physische tactus aber benötigt außer der Relation eine physische Tätigkeit. 4) Suárez versucht alle möglichen Meinungen über diesen Unterschied unermüdlich aufzuzeigen. Er zitiert in diesem Zusammenhang (47,2,7-9) eine vierte, die behauptet, dass die reale Relation sich von ihrem Fundament und ihrem Subjekt aktuell unterscheidet, nicht aber wie ein Ding sich von einem anderen (ut rem a re, Ib. 7), sondern wie ein realer modus sich von der Sache unterscheidet, deren modus er ist175. Der Terminus modal wird von diesen Autoren mit dem Terminus formal ausgewechselt, aber sie bestehen darauf, dass die Relation schon vor jedem Vernunftakt actualiter in den Dingen selbst ist (Ib. 7). Von diesen Autoren sondert sich Fonseca ab (Met V, c. 15, q. 2, sec. 5), der einen weiteren Unterschied angibt: …relationem praedicamentalem distingui a fundamento formali distinctione, ita ut habeat proprium esse essentiae et existentiae distinctum ab esse fundamenti, negat tamen illam distinctionem esse realem, aut esse modalem, aut rationis tantum, sed quamdam aliam nediam, quam significat esse minorem reali distinctione et maiorem modali (DM 47,2,7). Suárez gefällt diese mittlere Distinktheit gar nicht. Nach ihm, der Grund, den Fonseca als Beweis für diese mittlere Distinktheit angibt ist, dass die Relation ein von Fundament verschiedenes und eigenes Sein besitzt. Das esse des Fundaments ist etwas Absolutes, das esse aber der Relation eigentlich und nach 175

So Iavellus (Met., V, q. 22); Scotus (De praedicamento „ad aliquid“, q. 2);

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Aristoteles besteht im esse ad aliquid. Suárez heißt diesen mittleren Unterschied nicht gut, denn wenn, nach Fonseca, eine reale Relation, ihr eigenes von Fundament verschiedenes esse hat und ein ad aliud ist, braucht sie keine weitere Entität oder keinen realen modus zu haben.176 Eine modale Distinktheit nennt Suárez diejenige, bei der ein Extrem sich von dem anderen ausschaltet, ohne den sie weiter bestehen kann. Eine reale Distinktheit im Gegenteil ist diejenige, bei der die Extreme sich wechselseitig trennen können oder ein ohne den anderen weiter existieren kann (Ib. 9). Zwischen beiden kann es keine mittlere Distinktheit geben.

Suárez leuchten die Gründe dieser Art von formaller Verschiedenheit nicht ein, die sich darauf gründen, dass es ein Zeichen dieser Trennbarkeit gibt („ex signo separationis“, 47,2,10): Das Fundament ist auf solche Weise von der Relation wenigstens modaliter trennbar,177 dass es weiter ohne dieser bestehen kann, denn die Relation hat ihr eigenes Sein, das intrinsece auf die habitudine ad aliud fußt. Sie muss also sich irgendwie vom absoluten Sein unterscheiden. Ein paar Beispiele kann uns das erklären: Wir können uns eine weiße allein in der Welt stehende Sache vorstellen, die mit keiner anderen in Beziehung steht. Dann gibt es noch keine existentielle Relation. Stellen wir aber in ihre Nähe eine andere weiße Sache hin. Was passiert dann? Entweder hat die erste ein reales esse respectivum (esse reale respectivum 47,2,10), das sie früher nicht hatte, oder hat sie überhaupt nichts davon, außer ihrem Fundament. Es ist klar, dass bei dem zweiten Fall jegliche reale Relation verneint werden müsste, weil sie weder früher noch nachher etwas Neues (numquam est aliquid, Ib.) hat. Man muss also den ersten Fall wenigsten in seiner modalen Verschiedenheit akzeptieren. Daraus ergibt sich, dass das hinzugefügtes esse respectivum notwendig von dem verschieden sein muss, dem es hinzugefügt wird. Nam si unum erat et aliud nondum erat, et postea additur seu consurgit, non possunt esse unum et idem in re (DM 47,2,10).

Nehmen wir zwei Beispiele: Die Ähnlichkeit zweier Sachen oder „Vater alterius“. Wenn man sagt, dass Peter Vater von Paul ist, dann kann diese Denomination entweder „intrinseca“ oder „extrinseca“ sein. Wenn man sie als „extrinseca“ versteht, dann wäre sie nicht so sehr „respectiva“, als viel mehr eine „applicatio formae extrinsecae ad subiectum denominatum“ (Ib. 11). Aller Wahrscheinlichkeit nach, handelt es sich dabei um eine intrinseca Relation; man muss also annehmen, dass sie wenigstens modal vom ihrem Fundament verschieden ist. Wenn sie äußerlich wäre könnte man überhaupt von keiner Relationalität sprechen; höchstens könnte man eher, wie gesagt, von einer applicatio formae extrinsecae ad subiectum denominatum (47,2,11) als von einer habitudo desselben Subjekts zum äusseren (extrinsecum) Terminus sprechen. Das Gleiche gilt für den Fall eines Agens, oder des „Angezogen-sein“, oder des „von-Raum-umgeben-sein“. In diesen letzten Fällen gibt es keine respektiva Denomination mit einem eigentlichen prädikamentalen respectus. Sonst wäre auch die aktuelle Relation zwischen Gott und dem Geschöpf nicht weniger real als zwischen einem natürlichen agens und seinem Effekt, denn in beiden Fällen könnte eine „extrinseca denominatio“ dazwischentreten (intercedere, Ib. 11). Aus diesen Argumenten und Beispielen ergibt sich, dass die intrinsische und respektive Form, von der diese Denomination herleitet wird, in Wirklichkeit irgendwie

176

Suárez expliziert ganz klar bei diesem Zusammenhang was er unter modus versteht: „... sicut modus est aliquid in rebus existens, ita dici potest habere entitatem aliquam, prout hac voce significatur quidquid non est nihil; quia vero talis entitas eius est naturae et conditionis ut per se non valeat ens reale primo ac per se constituere, sed necessario debet esse coniuncta et identificata alicui enti quod afficiat et modificet, ideo non res, sed modus rei appellatur“ (DM 47,2,8). 177 Vgl. Suárez DM VII.

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(in re aliquo modo, Ib. 11) von jeder absoluten Form wenigsten modaliter verschieden sein muss. Für Suárez ist diese Meinung, mit den angegebenen Bemerkungen wahrscheinlicher als die andere, die zwischen der Relation und ihrem Fundament eine aktuelle Verschiedenheit setzt. 5) Es gibt eine fünfte, den anderen total verschiedene Meinung. Es wird verneint, dass die Relation sich nicht so sehr durch eine aktuellen Verschiedenheit von ihrem absoluten Fundament unterscheidet, als viel mehr durch eine gedachten Verschiedenheit, die aber in den Dingen selbst ein gewisses Fundament hat (aliqua distinctione rationis habente in rebus aliquod fundamentum, 43,2,12).178 Zur Stützung dieser Meinung könne zum einen die Beweise angeführt werden, die gegen andere Meinungen vorgetragen wurden. Ferner, wäre es angesichts der sufficientia dieser nur gedachten Verschiedenheit überflüssig, noch irgendetwas hinzuzufügen, denn Distinctio ac multiplicatio rerum ac modorum realium fingenda aut asserenda non est absque necessitate vel ratione sufficienti (Ib. 14).

Auch darf man nicht aus dem „Zeichen der Untrennbarkeit (Scotus) oder Trennbarkeit (Thomas) zwischen Fundament und Terminus schließen, dass die Relation nicht real mit ihrem Fundament identisch sei (Ib. 15). Nicht einmal de potentia absoluta Gottes kann es vorkommen, dass zwei weiße Sachen nicht ähnlich sind, denn diese relative Denomination wird nicht aus einem von beiden zusammengenommenen Weißen verschiedenen modus genommen. Stellen wir uns einmal vor, dass Gott diesen vermeintlichen modus wegnimmt. (Er ist, nach dieser Meinung, vom Fundament verschieden) oder, dass Gott selber die resultantia solcher modi verhindert (alles hängt von seiner Wirkung ab). Diese Möglichkeit wird von Mairon179 akzeptiert, aber von Suárez mit dem Beispiel zweier weißen Sachen widersprochen (Ib. 15). At tunc interrogo an illa duo alba maneant similia, necne; hoc posterius non potest mente concipi, cum retineant unitatem in albedine; si vero dicatur primum, convincitur modum illum distinctum et resultantiam quae nunc fingitur esse sine fundamento adinventa, cum sine illis maneat vera similitudo (DM 47,2,15).

Suárez fragt sich weiter, ob es möglich ist, dass das Fundament sich durch die Erwerbung (adquisitionem, Ib. 16) einer Relation verändert. Das führt uns auf Aristoteles zurück, nämlich auf die Unveränderlichkeit: 178

Nominales (in I, d. 30); Ockham (I, d. 31, q. 1), Gregorius (d. 29, q. 2, a. 2); Aegidius (in I, d. 26, q. 4: „relationem nullum esse proprium habere ultra esse fundamenti, neque aliquam compositionem ei adiunctam“); Sylvester (Conflato, q. 28, dub. 1: „…relationem esse eamdem rem cum suo fundamento proximo“); Hervaeus (In I, d. 30, a. 1; Quodl. X, q. 1: „... has denominationes relativas sumi ex consortio plurium rerum absolutarum et non ex peculiaribus entitatibus aut modis ex natura rei distinctis, quos addant ipsis rebus absolutis.“);178 Thomas von Aquin: „Cum autem dico quod similitudo Socratis habet albedinem eius ut fundamentum, non est intelligendum quod similitudo Socratis sit aliqua res in Socrate, alia ab ipsa albedine, sed solum est ipsa albedo, ut se habet ad albedinem Platonis ut ad terminum“ (Op. 48, c. 2 de ad aliquid);178 Aristoteles (Met. V, txt. 10);178 Anselmus (Monol., c. 24); Augustinus (De civ. Dei, c. 16); Damascenus: „Oportet ea quae ad aliquid dicuntur prius ad aliud praedicamentum reduci tamquam separatim considerata, et tunc demum ut habitudinem et affectionem ad alterum habentia, ad ea quae ad aliquid sunt referri; quippe prius aliquid sine habitudine ac relatione esse necesse est, ac tunc habitudinem in ipso considerare.” (Dialectica, c. 52). Suárez legt diese Worte von Damascenus so aus, dass er von den nicht subsistierenden Relationen, nicht aber von den subsistierenden, für die es anders gilt, spricht (DM 47,2,13). 179 In I, d. 29, q. 2.

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Das Problem der Unveränderlichkeit (“…ohne bewegt zu werden, wird etwas bald grösser, bald kleiner oder gleich sein, wenn ein anderes nach seiner Quantität bewegt worden ist (Arist. Met. XIV, 1: 1088 a 35).180 Das erste Argument zugunsten der Unveränderlichkeit stimmt mit der Ansicht von Aristoteles überein, nämlich, dass eine Sache ähnlich oder gleich mit einer anderen wird, ohne dass sie sich verändert. Es genügt dafür das Hinstellen der anderen (ex positione alterius, Ib.) Es gibt also keine Veränderung. Das scheint Suárez vorübergehend nicht möglich zu sein, denn gleich wie diese Ähnlichkeit sei, kann sie keiner Sache von neuem zukommen, ohne dass sie sich verändert. Ein zweites Argument versucht diese Unveränderlichkeit dadurch zu retten, dass das, was der Sache zukommt nicht aliquid ist, sondern ad aliquid. Und das verändert anscheinend die Sache nicht, denn das Fundament, von dem die ganze Relation abhängt, existierte schon vorher in der Sache (praeexistit in re, Ib. 16). Dem Suárez scheint diese Distinktheit und diese „Präexistenz“ zuwider zu sein (involvit repugnantiam, Ib. 16) und löst das Problem der von Aristoteles angegebenen Unveränderlichkeit nicht, denn das „ad aliquid“ ist immer noch „aliquid rei“ und so gibt es eine Veränderung. Das Abstoßende bei diesem Argument könnte man so darstellen: Entweder wird dieses „non esse aliquid“ als etwas Absolutes und Transzendentales (transcendenter, Ib. 16) verstanden, oder wird es im beschränkten Masse verstanden. Im absoluten Sinn genommen, gibt es überhaupt keine Relation und folgenderweise kein „esse ad aliquid“. Es ist überhaupt Nichts. Im beschränkten Sinn aber, d. h., dass es mit dem absoluten modus übereinstimmt, stimmt auch nicht, denn, obwohl die Relation kein Absolutes ist, wenn sie aber ein von dem „aliquid rei“ verschiedenes Neues ist, das früher schon anwesend war, dann muss man sagen, dass die Sache sich intrinsece anders verhält. Es gibt also eine Veränderung. Dass das ganze Fundament schon vorher besteht, löst das Problem auch nicht, denn hier handelt es sich nicht darum, ob die Relation sich durch das Fundament verändert, sondern ob sie sich durch das, was dem Fundament zukommt verändern kann. Der einzige Ausweg wäre zu sagen, dass die Relation ihre eigene oder modale Entität von Fundament bekommt, aber nur radicaliter, d. h. insofern sie vom Fundament pullulat (Ib. 16), einmal der Terminus gesetzt ist. Das aber schliesst immer noch keine wahre Veränderung aus, denn es gibt in der Sache immer etwas Neues und Verschiedenes. Wie könnte man trotzdem die aristotelische Unveränderlichkeit gewährleisten, auch wenn man annimmt, dass das Fundament doch sich ändert, wenn eine Relation daraus entsteht (per resultantiam relationis, 47,2,17)? Es gibt Denker, die, um Aristoteles richtig zu interpretieren, vertreten, dass eine Veränderung des Fundamentes durch eine neu dazukommende Relation oder eine relative Denomination doch in derselben relativen Sache stattfindet, aber nicht durch eine eigene Aktion, sondern durch eine innerliche „Ausströmung“ (intrinsecam dimanationem, Ib. 17). Denn der Sinn, den Aristoteles dieser Unveränderung zuweist,181 bezieht sich nicht auf eine allgemeine Mutation, sondern nur auf diejenige, die durch eine Aktion und Passion stattfindet. Suárez, obwohl mit Abneigung, nimmt diese aristotelische Interpretation an, die folgerichtig verfährt, um sich nicht von Aristoteles zu entfernen (Cfr. Arist., Met. V), aber in sich selbst (per se considerata, Ib. 17) ist sie schwierig zu 180 181

Vgl. auch: Arist., Phys. V, 2: 225 b 11-13; VII, 3: 246 b 10-17. Phys. V, 2: 225 b 11-13; VII, 3: 246 a 22-35.

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glauben, denn sie gründet sich auf kein experimentum (Ib.). Wie wäre es möglich, dass, wenn immer eine Sache weiß oder warm wird, jede in der Welt existierende weiße oder warme Sache etwas Neues und Reales und ihr Inhärentes durch diese Ausströmung (pullulare, Ib. 17) erhielte? Wie gesagt, für die Denomination einer Relation der Ähnlichkeit oder Gleichheit braucht man keine solche „Ausströmung“ eines realen modus oder Entität. Außerdem, damit sich jede Anschaffung dieses realen modus stattfände, bräuchte man immer einer Effizienz, wenigstens per modum resultantiae (Ib. 17), denn jede Veränderung schlisst eine passende (proportionata, Ib.) Effizienz mit ein. Aber die Relation hängt nicht von der Effizienz weder eines äußerlichen noch eines innerlichen Prinzips ab, denn wenn auch sie aus einem inneren Prinzip erfolgte, hätte sie immer ihre eigene Tätigkeit. So ist es möglich, dass z. B. das Herunterfallen eines schweren Steines durch das Naturgesetz der Gravität des Steines (gravitate lapidis, Ib. 17) geschieht, vorangenommen, dass man jedes Hindernis ausschaltet. Trotzdem geschieht es durch die eigene Aktion und Veränderung. II. Das esse in vs. das esse ad (47,2,18). Suárez setzt sich mit dieser Unterscheidung auseinander, um diese Schwierigkeit der Unveränderlichkeit zu beantworten. Esse in bedeutet, dass eine Relation sich aus der Natur der Sache (ex natura rei, Ib. 18) sich vom Fundament nicht unterscheidet, denn sie gehört ihm notwendig zu, auch wenn der Terminus noch nicht existiert oder sie von ihm unabhängig ist. Nach dieser Interpretation, tritt die Relation nicht aus dem esse in hervor, sondern nur aus dem esse ad, ut ad, und dadurch wird das Fundament nicht geändert, denn es wird nur durch das, was ihm von neuem zukommt verändert. Esse in non distingui ex natura rei a fundamento, quia necessario illi convenit, etiam antequam terminus existat, seu independenter a termino (Ib. 19).182

Esse ad, im Gegenteil, bedeutet, dass eine Relation sich ex natura rei vom Fundament als esse in unterscheidet. Die Relation tritt also nur aus dem esse ad, ut ad hervor. esse ad distingui ex natura rei, ideoque posse resultare ex fundamento, posito termino (Ib.)

Auch diese Unterscheidung scheint für Suárez unmöglich zu sein (multa involvit impossibilia, 47,2,19) und bringt keine Lösung im Falle der Unveränderlichkeit, die Aristoteles aufstellt. Danach ergäbe sich, dass man bei ein und derselben Relation beide Aspekte aus der Natur der Sache (ex natura rei, Ib.) unterscheiden müsste: Wenn das esse in etwas von dem Fundament Unterschiedenes, und das esse ad etwas vom Fundament Verschiedenes aussagt, dann handelt es sich um eine Unterscheidung zwischen zwei kontradiktorischen Prädikaten: verschieden und unterschieden. Und so sind sie unter sich verschieden, denn sie vergleichen sich mit einem tertium, mit dem ein Glied identisch, nicht aber das andere ist. Diese Konsequenz ist, nach Suárez, unmöglich, denn das esse in und das esse ad verhalten sich wie das Allgemeine und der Modus, der dieses bestimmt und verändert, oder wie das Höhere und das Untere; sie dürfen also nicht unterschieden werden. Außerdem, und nach dieser Schlussfolgerung, ergäbe sich, dass das esse ad kein reales Akzidens einer realen, geschöpften Relation wäre, was gegen die Essenz dieser Gattung ist. Denn dieses esse ad in sich essentiell nicht das esse in mit einschließt, weil sie sich 182

Heraushebung vom Verfasser.

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von Natur aus unterscheiden. Nehmen wir trotzdem an, dieses esse ad wäre ein Akzidens von etwas. Dann würde es affizieren und das Problem würde von neuem anfangen, nämlich, dass, wegen der resultantia dieses esse ad, das Fundament von dem sie herrührt verändert würde. ...quia si illud esse ad esset accidens alicuius, illud afficeret et de novo ei adveniret, et ita reddit difficultas (47,2,20).

Ein Ausweg wäre es, zu sagen, dass das esse ad ut ad kein reales Ding ist, so dass es weder Akzidens, noch etwas In-härentes, noch fähig, das Relativum das es denominiert zu verändern. Was dann? Eine relatio rationis? Das könnte man gutheißen, denn das esse ad bei einer relatio rationis kein reales Ding ist, aber trotzdem handelt es sich dabei um einen äquivoken Terminus, der nur in der Dialektik verwendet werden darf, oder um eine analogia proportionalitatis. Das hat bei diesem Zusammenhang nichts zu tun, denn hier geht es um ein reales esse ad, das ein reales Prädikament ausmacht. Was das esse in betrifft dürfte man auch etwas Ähnliches sagen, nämlich, dass das esse in auch äquivoker- oder analogerweise verstanden werden kann, wie es bei den entibus rationis geschieht. Auf diese Weise sagt man, dass die Blindheit im Auge ist. Man könnte folgendes Dialog erdichten (24,2.21) zwischen Suárez (S) und einen Partner (P), um Suárez bei seiner Auffassung des esse in besser zu verstehen: S: -Wo ist die Blindheit? P: – Im Auge, glaube ich? S: – Aber dieses „Im-Augesein“ ist kein reales Akzidens. Glaubst du so? P: – Ja, das stimmt. S: – Aber das esse in muss ein reales Akzidens sein, denn wir sprechen von einem eigenen Akzidens, nicht wahr? P: – Jawohl. S: – Kommen wir jetzt auf das esse ad. Muss es etwas Reales sein? P: – Jawohl. S: –Dann muss es entweder etwas intrinsece Sub-sistentes oder etwas intrinsece In-härentes sein. Was würdest du für die wahre Meinung annehmen? P: – Das weiß ich nicht. S: – Bitte, pass auf: Kannst du das erste (intrinseca sub-sistentia) bei einer akzidentellen Relation annehmen? P: Nein, weil absolut und akzidentell passen nicht zusammen. S: – Hast du Recht. Müssen wir also die zweite (intrinseca inhaerentia) annehmen, denn das ist gerade was wir hier behandeln wollen. Gehen wir noch ein Stück weiter. Wenn das esse ad einer realen Relation von Fundament ex natura rei unterscheidet, muss auch das eigentliche esse in sich davon unterscheiden. Was meinst du? P: – Ich verstehe es nicht ganz. S: – Sagen wir es anders den Satz umkehrend: Wenn kein esse in einer Relation sich von ihrem Fundament unterscheidet, muss auch kein esse ad sich davon unterscheiden. Ist es etwas klarer? P: Nicht ganz. S: – Gib, bitte, auf folgendes Argument acht: Es ist unmöglich, dass eine Relation ihrem esse ad nach aus dem Fundament, als Etwas Realem und als Etwas davon ex natura rei Verschiedenem, herkommt, ohne dass dieses Reales, gleich wie es sich verhält, irgendwo inhärent sei, denn er existiert entweder in sich – und so muss er subsistent sein – oder wird er von etwas getragen. Und so ist dem inhärent. Kann es dem Terminus inhärent sein? P: – Das scheint mir unmöglich zu sein. S: – Ja, das ist evident. Dann muss es dem Fundament oder dem Subjekt inhärent sein und so wird das esse ad sich auch dem esse in nach davon unterscheiden, weil dieses jenes intrinsece einschließt. Was meinst du? P: – Es ist mir ziemlich schwierig, deinen Gedankengang genau zu folgen. S: – Na ja, glaub mir. Dann muss man daraus schließen, dass diese Unterscheidung zwischen esse in und esse ad keine Lösung ist in Bezug auf die Unveränderlichkeit des Subjekts, die Aristoteles verlangt.

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Gehen wir noch ein Stück weiter. Wie hat Suárez sich vorgestellt, dieses Problem zu lösen? (47,2,22). Er neigt sich der fünften (5) Lösung, aber sie muss sachgemäß (convenienter, Ib. 22) erklärt werden: Hegativerweise: Die Relation darf man nicht so verstehen, als ob sie nichts sei. Die Relation oder die relative Denomination ist keine äußerliche, aus irgendeiner absoluten Form herausgenommene Denomination. Sie ist auch keine von jeder absoluten unabhängige Form oder Modus. Wenn dem so wäre, könnte man von keinem realen ad aliquid sprechen. Positiverweise: Sie ist eine reale Form, die innerlich das eigene relatum ausmacht und bestimmt. Sie ist eine absolute Form, die man aber nicht als absolute, sondern als eine „andere-Form-sehende“ Form (respiciens aliam, Ib. 22) versteht, die die Korrelate einschließt und mitbestimmt. Die Ähnlichkeit zweier weißen Sachen, z. B. ist nichts anderes als das Weiße (albedo) insofern es ein anderes Weißes (aliam albedinem) „sieht“. Similitudo in re non est aliud quam ipsamet albedo ut respiciens aliam albedinem tamquam eiusdem seu similis rationis (DM 47,2,22).183

Dafür genügt es, dass es eine Vernunft-Verschiedenheit gibt, die aber in den Sachen selbst ihr Fundament hat (cum fundamento in re, Ib.). Damit könnte man glauben, dass Suárez mit dieser Problematik zu Ende ist. Aber nein; er muss sich weiter mit den anderen Meinungen, die in dieser Sektion aufgestellt sind auseinandersetzen (47,2,23-24) und auch mit denen, die in der 1. Sektion behandelt wurden. Er begnügt sich, die Argumente zu wiederholen und zu unterstreichen, die er schon dort angeboten hat. Es ist klar, dass, wenn man den Terminus wegnimmt, auch die Relation verschwindet. Das Sein der Relation ist vom Fundament nicht verschieden, aber man kann sie doch durch die Vernunft (ratione) unterscheiden, insofern dasselbe Sein der Relation so verstanden wird, dass es einigermaßen den Terminus miteinschließt und „sieht“ (respicit). Wenn eine Relation der Ähnlichkeit zweier weißen Sachen vorkommt, ist etwas Neues in den Relata? In re, nicht, doch aber im Terminus, nämlich in der zweiten weißen Sache, die dazukommt, die die Ähnlichkeit einschließt, nicht als das Weiße, sondern als Ähnlichkeit ad aliud. III. Über die modale Unterscheidung Suárez zeigt sich auch mit der modalen Unterscheidung nicht einverstanden, denn es genügt die absolute Form, um eine Relation zu gestalten, sobald der äußere Terminus vorhanden ist. Wenn aber dieser Terminus verschwindet, verschwindet auch die Relation; wenn er wiederkommt, kommt auch die Relation wieder.

183

So Jansen: „Ein Ding wird weiß genannt, wenn die Qualität der Weiße in ihm enthalten ist... Ein Ding wird aber nicht deswegen gleich genannt, weil in ihm eine bestimmte Eigenschaft enthalten ist, sondern weil es in einer bestimmten Relation, nämlich der Relation der Gleichheit, zu einem anderen Ding steht, dem es gleicht“ (Jansen, o.c., S. 9).

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Neue Argumente gegen die Unterscheidung zwischen das esse ad und das esse in (47,2,24): Dass esse ad schließt das esse in mit ein, genauso wie der Modus des Seins das Sein mit einschließt. Die Relation ist nicht etwas vom Fundament Verschiedenes, aber sie ist aliquid rei ratione distinctum, denn es gibt auch Verschiedenheiten, die sich auf die Vernunft gründen, die aber realen einen Terminus haben. Man hat gesagt, dass die Relation durch die Koexistenz der Termini entspringt (consurgit). Das ist so zu verstehen, dass die Relation ein gewisses Konsortium (consortium) oder Koexistenz der Termini erfordert, in dem Sinne, dass diese Koexistenz aus der eigenen in jedem Terminus vorhandenen Form genommen ist, insofern sie die andere Form „respicit“ (respiciente aliam). Eine reale Relation gründet sich auf ein reales und eigenes Fundament, eine gedachte oder äußere Relation aber kommt nur vor, wenn kein Fundament vorhanden ist. Bevor Suárez diese 3. Sektion abschließt, hält es für notwendig, einige Bemerkungen zu machen: IV. Über die consurgentia (cfr. 47,2,27) Dass eine Relation aus der Koexistenz von absoluten Sachen entspringt (consurgere, Ib.), ohne dass etwas Reales dazukommt, ist nicht so zu verstehen, dass diese Relation zu gleicher Zeit und auf gleiche Weise aus solchen absoluten Sachen entspringt, von denen eine eine äußere, die andere aber eine innere Sache ist. Vielmehr entspringt die Relation bei der Koexistenz der beiden Gliedern nach der Form des Glieds, insofern eine Form die Form des anderen Glieds sieht (respiciente aliam, 47,2,25), obwohl sie in re absolut bleibt. Das bedeutet, dass eine reale Relation nur dann vorkommt, wenn es in der Form des Gegenstands ein eigenes Fundament gibt. Wenn aber kein Fundament vorhanden ist, nennt man sie relatio rationis.

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3. Sektion Suárez kommt jetzt auf das 4. Argument der ersten Sektion wieder, das ihm die Gelegenheit angeboten hatte, sich weiter mit der Zahl und mit der eigentlichen Art der möglichen Relationen auseinanderzusetzen. 1) Relatio realis vs. relatio rationis Suárez zitiert eine Reihenfolge184 von Autoren, die meinen, dass der Terminus ad aliquid beide Relationen realem et rationis nämlich einschließt. Diese Einteilung wird also als eine univoke verstanden. Sie scheint von Thomas von Aquin gefördert worden zu sein.185 Es ist klar, dass all diese Autoren sich auf die zwei Definitionen von Aristoteles beziehen: die sogenannte „dialektische“ und die „ontologische“. Ob der Grund, den Aristoteles dafür angibt, auch derselbe für Suárez ist, das muss man noch fragen. Aristoteles meint, dass „Relativum“ überhaupt das gesagt wird, was einzig und allein ad aliquid se habere ist. Und das gehört sowohl den Relationen rationis (respectibus rationis, Ib. 2) als auch den realen (esse relativorum realium) zu. Eine Bemerkung ist vielleicht dazu zu machen: die Relationen rationis enthalten ein unvollkommeneres und geringeres Sein (esse magis imperfectum ac diminutum) als die realen, beide aber gründen ihre Konsistenz auf der „habitudo ad aliud“. Dürfte man danach sagen, dass beide dem Prädikament ad aliquid zugehören? Suárez beruft sich hier auf seine Meinung über die Analogizität des Seins: das Prädika184

Thomas (In I, q. 28, a. 1-2; q. 13, a. 7; Quodl. I, a. 2; Quodl. IX, a. 5, De Pot., q. 2, a. 5); Cajetan (dictis locis, 1 p.); Capreolus (in I, d. 33, q. 1); Deza (Ib., q. 1, nota bene 4); Ferrariensis (IV CG, c. 14); Soncinas (Met. V, q. 26, concl. 2). 185 “Considerandum est quod solum in his quae dicuntur ad aliquid inveniuntur aliqua secundum rationem tantum et non secundum rem. Qui quidem respectus aliquando est in ipsa natura rerum; utpote quando aliquae res secundum suam naturam ad invicem ordinatae sunt, et invicem inclinationem habent. Et huiusmodi relationes oportet esse reales. Sicut in corpore gravi est inclinatio et ordo ad locum medium, unde respectus quidam est in ipso gravi respectu loci medii. Et similiter est de aliis huiusmodi. Aliquando vero respectus significatus per ea quae dicuntur ad aliquid, est tantum in ipsa apprehensione rationis conferentis unum alteri, et tunc est relatio rationis tantum; sicut cum comparat ratio hominem animali, ut speciem ad genus. Cum autem aliquid procedit a principio eiusdem naturae, necesse est quod ambo, scilicet procedens et id a quo procedit, in eodem ordine conveniant, et sic oportet quod habeant reales respectus ad invicem. Cum igitur processiones in divinis sint in identitate naturae, ut ostensum est, necesse est quod relationes quae secundum processiones divinas accipiuntur, sint relationes reales” (in I, q. 28, a. 1, corpus). Vgl. auch De ver. q. 1, a. 5, ad 16: “Ad quintum decimum dicendum, quod cum alia genera, in quantum huiusmodi, aliquid ponant in rerum natura (quantitas enim ex hoc ipso quod quantitas est, aliquid dicit), sola relatio non habet, ex hoc quod est huiusmodi, quod aliquid ponat in rerum natura, quia non praedicat aliquid, sed ad aliquid. Unde inveniuntur quaedam relationes, quae nihil in rerum natura ponunt, sed in ratione tantum; quod quidem quadrupliciter contingit, ut ex dictis philosophi et Avicennae sumi potest. Uno modo, ut quando aliquid ad seipsum refertur, ut cum dicitur idem eidem idem; si enim haec relatio aliquid in rerum natura poneret additum ei quod dicitur idem, esset in infinitum procedere in relationibus, quia ipsa relatio per quam aliqua res diceretur eadem, esset eadem sibi per aliquam relationem, et sic in infinitum. Secundo, quando ipsa relatio ad aliquid refertur. Non enim potest dici quod paternitas referatur ad subiectum suum per aliquam relationem mediam, quia illa etiam relatio media indigeret alia media relatione, et sic in infinitum. Unde illa relatio quae significatur in comparatione paternitatis ad subiectum, non est in rerum natura, sed in ratione tantum. Tertio, quando unum relativorum pendet ab altero, et non e converso, sicut scientia dependet a scibili, et non e converso; unde relatio scientiae ad scibile est aliquid in rerum natura, non autem relatio scibilis ad scientiam, sed in ratione tantum. Quarto, quando ens comparatur ad non ens; ut cum dicimus, quod nos sumus priores his qui sunt futuri post nos; alias sequeretur quod possent esse infinitae relationes in eodem, si generatio in infinitum protenderetur in futurum. Ex duobus igitur ultimis apparet quod relatio illa prioritatis nihil ponit in rerum natura, sed in intellectu tantum; tum quia Deus non dependet a creaturis, tum quia talis prioritas dicit comparationem entis ad non ens. Unde ex hoc non sequitur quod sit aliqua veritas aeterna, nisi in intellectu divino, qui solus est aeternus; et haec est veritas prima.”

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ment des ad aliquid ist weder univok in Bezug auf das ens reale et rationis, noch hat es für beide einen nicht einmal analogen eigentlichen Begriff, höchsten einen äquivoken oder analogen, aber mit einer analogia proportionalitatis. Das Objekt der Metaphysik ist kein dem realen und dem ens rationis allgemeines Sein, sondern nur dem realen Sein, das sich weiter in die zehn suprema genera aufteilt. Die relationes rationis sind aber kein reales Sein, d. h. sie sind kein wahres Sein (vera entia, Ib. 3), konsequenterweise gehören sie nicht zum Prädikament des ad aliquid, das real ist. Sie sind also etwas vom Intellekt „Gemaltes“ (picta, Ib. 3). Der Ausweg, der Begriff ad aliquid siehe davon aus, ob er real oder nur gedacht ist,186 scheint Suárez auch nicht haltbar zu sein. Handelt es sich bei einer nur gedachten Relation um einen modus realis oder nur rationis? Das ist auch unhaltbar, denn ein realer modus kann nicht in einer nur gedachten Relation existieren. Ratio autem est quia, cum ens rationis nihil sit, non potest habere veram similitudinem ac convenientiam cum ente reali in qua convenientia fundari solet univocatio et unitas conceptus; ergo non potest aliquis verus conceptus et essentialis esse communis enti reali et rationis (47,3,3)

Es folgt eine Erklärung an Thomas von Aquin, der anscheinend, wie oben gesagt, zu denen gehört, die beiden Relationen dem ad aliquid beimessen. Suárez beschäftigt sich hier mit einem interessanten Gedankengang: Erstens, will er den hl. Thomas verteidigenn in dem Sinne, dass er eigentlich nicht dieser Meinung ist, denn was er sagen will ist nur, dass die Natur einer realen Relation so beschaffen ist, dass durch Ähnlichkeit oder durch Vergleich mit ihr auch entia rationis, in der Form einer gedachten Relation cum aliquo fundamento in re, gebildet werden könnten. Zweitens, glaubt Suárez, dass das Wort „solum“, das beim Zitat von hl. Thomas vorkommt, keine Konkomitanz und keine transzendentale ratio entis vel accidentis ausschließt. Drittens, und wichtiger, kann man diese Verwechselung verstehen, wenn man annimmt, dass die Relation als solche ein ad aliud ist, und insofern wird sie nicht ausdrücklich (expresse, Ib. 5) als etwas inhärentes verstanden, sondern nur als ein „respectum ad aliud“, das aber aliquid in se und im Subjekt Existierendes ist. Quia vero relatio quatenus praecise concipìtur aut significatur ut est ad aliud, non concipìtur nec significatur ut inhaerens, ideo ait D. Thomas ut sic solum dicere respectum ad aliud, non quia in re ipsa non sit aliquid in se, vel in subiecto existens, sed quia in tali modo concipiendi et significandi nihil aliud exprimitur (47,3,5).

2) Relatio secundum dici vs. relatio secundum esse (47,3,6) Es wird allgemein gesagt, dass diese Unterscheidung von den doppelten Definitionsversuchen des Aristoteles herkommt, und so wird sie auch von Suárez verstanden. Secundum dici: Es sind die Relationen, die verstanden (concipitur), erklärt (explicatur) oder gesagt (dicuntur) werden, im Sinne einer Bezüglichkeit (per modum respectus), die aber in sich selbst keine wahre Bezüglichkeit (verum respectum) innehaben. Secundum esse: Es sind die Relationen, die wirklich (revera) ein eigentliches esse haben in Bezug auf etwas (proprium esse cum habitudine ad aliud, Ib.).

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So meint z. B. Henricus: “Esse ad aliud ex se nullam recipit distinctionem aut diversitatem, sive fuerit in divinis, sive in creaturis, sive in relationibus secundum rem, sive in relationibus secundum rationem” (Quodl. IX, q. 3).

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Diese Unterscheidung wird verschiedenartig aufgefasst: Relatio „secundum esse“ = „relatio praedicamentalis“. Relatio „secundum dici“ = „relatio rationis“. Oder, die relatio „secundum dici“ = „relatio transcendentalis“187 a) Ob die relatio „secundum dici“ mit der „relatio rationis“ übereinstimmt (47,3,7).188 Suárez widerspricht diese Meinung, denn sie muss weiter differenziert werden: Die relatio rationis ist eine solche ihrem sachgemäßen Sein nach, und so sprechen wir von den Relationen zwischen Gattungen und Spezies, wie schon gesagt. Es ist trotzdem richtig, von den Relationen secundum dici zu sprechen, in dem Sinne, dass sie eine Art von Verstehen voraussetzen (modum concipiendi, Ib.). Aber diese Art ist nicht solche, dass daraus notwendig eine relatio rationis entsteht, denn es handelt sich dabei um keinen reflexiven oder vergleichenden Begriff, sondern um einen direkten Begriff eines realen, absoluten Dinges, das aber unvollkommener weise im Vergleich mit denen, die eine Bezüglichkeit zu Etwas haben, expliziert wird. ...dicitur de quacumque reali re cuius esse sit absolutum, et a nobis non nisi per modum habitudinis seu relationis relativae explicatur (Ib.) …non propter relationem rationis quam in illa fingimus, sed quia illam non concipimus nec explicamus nisi cum concomitantia alterius ad quod est potentia et per modum habentis habitudinem ad illud (Ib.). …quia eo modo quo haec cogitantur, non solum dicuntur, sed etiam sunt ad aliquid (47,3,6).

Als solche gehört sie überhaupt zu keinem Prädikament. Es handelt sich bei dieser Art von Relationen um eine Analogie. Wir verstehen (concipimus, Ib.) als respectiv Etwas das eigentlich absolut ist und so sprechen (loquimur, Ib.) wir davon als ob es respectiv wäre. Beispiel. Die Relation der Allmächtigkeit Gottes kann man als eine „relatio rationis“ auffassen, nicht aber durch eine solche relatio rationis, die wir dabei erdichten, sondern weil wir sie nicht anderes verstehen, als durch ihrem Zusammenhang mit den Dingen, deren Gott die Potenz ist. Boethius hat vielleicht recht, wenn er sagt, dass Aristoteles die erste dialektische Definition, die auch die Relationen secundum dici einschließt, ausklammert, um eine neue, die den Relationen secundum esse eigen ist, einzuführen (47,3,8).189

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Poinsot hat die Relationen secundum esse als „ontologische“ Relationen und die secundum dici als transzendentalle Relationen aufgefasst. Letztere sind keine realen Relationen in dem Sinne, dass sie nicht vom Intellekt unabhängig sind. Davon sind die relationes rationis zu unterscheiden, die wahre Relationen sind, die aber als solche auch nicht vom Intellekt unabhängig sind. Sie bezeichnen also keine „ontologische“ Relation. Für Poinsot eine modale Verschiedenheit zwischen Relation und Fundament besagt einen Typ von „realen Verschiedenheit“ 188 So meinen: Henricus (Quodl. III, q. 4 ex Avicenna, Met. III): „... relationem secundum dici esse illam quae solum habet esse in intellectu et convenit rebus quae non sunt simpliciter et absolute ad aliquid, sed solum secundum quod ab intellectu concipiuntur.“ 189 L. Jansen hat diesbezüglich behauptet, dass „hinsichtlich der gesamten Kategorienlehre kommt es also in zwei Schritten zu einer Verschiebung von einer dialektischen zu einer ontologischen Motivation“ (o.c., S. 9). Jansen bezieht sich dabei auf Kahn (1978) und Oehler (1984), die auf diese Entwicklung der Kategorien aufmerksam gemacht haben.

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b) Ob die relatio „secundum dici“ sich mit der relatio transcendentalis; die „secundum esse“ aber mit der relatio praedicamentalis übereinstimme. Das wird auch von Suárez zurückgewiesen (obwohl diese Meinung fast alle annehmen)190, denn die relatio transcendentalis schließt alle realen und wahren Relationen mit ein, während die secundum dici nur eine Denomination einschließt, die aus unserer Art zu verstehen und zu sprechen herkommt, d. h. es ist eine extrinseca denominatio. Nach Suárez also unterscheiden sich die relatio transcendentalis und die secundum dici.191 Man dürfte trotzdem vielleicht – sagt Suárez – die relatio transcendentalis als secundum dici benennen, denn wir sprechen von ihr nach der Art des Relativen. Und auch die praedicamentalis dürften als secundum dici genannt werden, denn wir sprechen von ihr in Bezug auf etwas. Um eine solche Einteilung vornehmen zu können muss man mit Präzision und Ausschluss handeln. Das wird hier herangezogen in Bezug auf die schon bekannte doppelte Definition des pros ti des Aristoteles. Worin liegt endlich die eigentliche Unterscheidung? Im „dici“ selbst ist nur die habitudo überhaupt. Im „esse“ aber keine, weder prädikamentale noch transzendentale 190

“…licet in ore fere omnium circumferri videatur” (47,3,9). Suárez setzt sich auch in der DM 6,6,8 damit, durch welche Handlung des Intellekts die Sachen universell werden. Es sind dafür drei Auffassungen: 1. Durch die Aktivität des intellectus agens, die jeder Handlung des possibilis vorausgeht. Dabei geht es um die Produktion der species intelligibilis¸ die eine von jedem Individuum abstrahierende Natur bezeichnet (abstractio naturae). So Thomas v. Aquin (I, q. 85, a. 1); Flandria (Met. III, q. 2, a. 2); Fonseca (Met. V, c. 28, q. 5-6); Soto (Log., q. 3 universalium). Der passive Intellekt kennt bei dieser Auffassung durch die vom intellectus agens aufgenommenen Spezies nur die allgemeine Natur, nicht die einzelne und materielle. Das ist das universale in repraesentando. 2. Das Universale wird durch die Handlung des intellectus possibilis, die mittels einer direkten Operation, nur die allgemeine Essenz kennt. Thomas v. Aquin würde auch diese Auffassung vertreten. 3. Das Universale wird durch einen Vergleich (notitia comparativa), mittels dessen, nachdem der passive Intellekt die abstrakte Natur ergreift, sie mit den Sachen vergleicht, in denen sie existiert. Diese Natur aber wird als unum verstanden, dass geeignet (aptum) ist sich in multis inferioribus zu multiplizieren und von ihnen zu prädizieren. Diese so aufgefasste abstrakte Natur kann eine in potentia proxima universale Natur genannt werden, nicht aber universale in actu, da sie per se noch keine individuelle Eigenchaft ist. Die Bezogenheit auf die Individuen erfolgt erst durch den Vergleich. Erst dann wird sie zum universale in actu. Die Universalität ist also ein conceptus obiectivus, der keine reale Existenz hat, sondern lediglich eine relatio rationis aufweisst. Das Universale kann man nur als relatio verstehen nach der Definition: Est unum in multis et de multis. Nun sind aber verschiedene Meinungen bezüglich der notitia comparativa, die allgemein fast alle zugeben. 1. Es geht dabei um eine notitia comparativa directa, d. h. das Universale wird mit den inferioribus vergleicht, insofern es in ihnen existiert und von ihnen prädiziert werden kann. 2. Es handelt sich um eine notitia comparativa reflexa, d. h. nachdem der Intellekt einen solchen Vergleich unternimmt, reflektiert er über den Vergleich und legt ihn als eine rationale Relation auf die Gattungen, Spezies, usw. aus. Für Suárez kann der Intellekt einer bestimmten Natur eine doppelte ratio universalitatis, nämlich absoluta und relativa zumessen (10), sodass die ratio absoluta als näheres Fundament der ratio relativa fungieren kann. Auf diese Weise die „gesehene oder verstandene Sache“ (esse visum-esse cognitum) ist kein additum und auch keine relatio rationis, sondern nur eine Denomination, die aus dem Akt des Sehens bzw. des Verstehens herkommt. Auf Grund aber dieser Denomination kann der Intellekt verschiedene relationes rationis herstellen (fabricare). Wie aber kann diese notitia comparativa entstehen? 1. Per puram praecisionem naturae ab uno inferiori (11). 2. Per comparationem singularium seu inferiorum inter se (12). Paul und Peter sind ihrer menschlichen Natur nach ähnlich. Dieser Vergleich der Ähnlichkeit setzt voraus, dass beide diese Natur innehaben, d. h. dass man einen allgemeinen Begriff dieser Natur hat insofern sie von den Individuen abstrahiert. Erst dann kann man sie unter sich vergleichen und feststellen, dass beide eine Ähnlichkeit in der Natur aufzeigen. Nachdem diese Relation der Ähnlichkeit in der menschlichen Natur festgestellt hat, kann man das Prädikat homo von Peter und Paul prädizieren, als vom commune ad particularia. Durch diesen Vergleich also entsteht in der Vernunft (noch besser in der vom Intellekt verstandenen Sache) eine habitudo rationis unius rei communis ad plura. Wenn man aber diese notitia comparativa als reflexa auffasst, dann handelt es sich um keine fabricatio universalitatis, sondern um deren contemplatio (12). 191

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habitudo. Warum denn ist notwendig, an etwas Bezüglichem zu denken oder davon zu sprechen, wenn man jedes Ding so wie es ist, ohne jegliche Beziehung verstehen kann? Das hängt, davon ab, dass wir die Sachen nicht so vollkommen verstehen, wie sie sind (prout ipsae sunt, 47,3,9). Oder vielleicht, weil wir uns nicht einmal eine vermeintlich vollkommen verstandene Sache vorstellen können ohne Konkomitanz mit anderen, auch wenn diese außerhalb der Essenz der Sache sind. Und das nicht sosehr wegen ihrer Abhängigkeit, sondern wegen einer höheren Konnexion oder Verknüpfung, die als Ursache „eminenter“ ihre Wirkungen einschließt. Auf diese Weise sagen die Theologen, dass man Gott nicht vollkommen „verstehen“ oder „sehen„ kann, ohne dass in ihm auch die Geschöpfe verstanden werden.192 3) Relatio transcendentalis vs. relatio praedicamentalis (47,3,10)193 Der Begriff relatio transcendentalis kann man schon beim Albert und Thomas belegen, aber er wurde von Duns Scotus eingeführt. Suárez beginnt seine Auseinandersetzung mit folgener Frage: Darf man behaupten, dass jede Relation nur zu dem Prädikament ad aliquid zugehört? Bis jetzt haben wir festgestellt, dass ein Prädikament ad aliquid real und secundum esse sein muss. Aber wir haben auch festgestellt, dass nicht jede reale Relationalität secundum esse zu einem einzigen Prädikament gehören muss. Nun aber können wir endgültig feststellen, dass es eine Relation gibt, die sich wie ein gewisser Modus von realer Relationalität verhält, so dass sie keine neue wahre und pekuliäre Gattung ausmacht (ad certum aliquod praedicamentum non pertinent, Ib.). Das sind die relationes transcendentales, die „per omnia vagantur“ (47,3,10). Suárez hat öfters (z. B. DM 47,1,17) über die Identität der relationes transcendentales mit denen, die secundum dici genannt werden, gesprochen. Nun versucht er diese Identität zu widersprechen, denn die relationes transcendentales sind wahre und reale Relationen, wie wir durch rationelle Beweise und durch Induktion (ex inductione, Ib. 11) feststellen können: a) In der Gattung der Substanz haben Materie und Form eine wahre und reale Relationalität, die im eigenen Sein essenziell beigelegen ist. Das Gleiche gilt für die akzidentellen Potenzen in Bezug auf ihre Wirkungen und von dem Wirk-habitus (habitus operativus) in Bezug auf ihre Objekte.

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Diese Theologen sind die sogenannten „connexores“, die bei der transzendentalen Relation Gott-Geschöpf sagen, dass, die Allmacht, die Liebe, das Wissen und überhaupt jedes göttliche Atrribut ad extra sich auf die Geschöpfe bezieht, nicht aber mit einer realen „Abhängigkeit“ (man spricht von „fluxus logicus“ und von „fluxus physicus“), sondern durch eine Konnexion oder quaedam convenientia. Zu diesem Problem, cfr. Jacob Schmutz, o.c. S. 478 ff. 193 Der Name „relatio transcendentalis“ stammt von Boethius her. Die Scholastiker haben also nicht immer diese Art von Relationen so benannt, obwohl sie immer ihren Sachverhalt wohl gekannt haben, vor allem in Bezug auf die Relation der Abhängigkeit des Geschöpfes zu Gott. Sie haben diesen Sachverhalt von den realen, prädikamentalen Relationen ausgeschlossen, und sie nur rationis benannt (So Vázquez, Commentaria in primam partem S. Thomae, d. 104, c. 6, n. 22: „nullam in Deo esse relationem ex natura rei intrinsecam ad creaturas, sed solum rationis“). Wenn sie also weder prädikamental noch rationis sind, muss man ihnen einen anderen Namen geben, nämlich: transzendentale reale Relationen. (Vgl. darüber: A. Pattin, „Contribution à l’histoire de la relation transzendentale“, in: Revue de l’Université d’Ottawa, 28 (1958) 137-155 (Zitat von J. Schmutz, o.c. S. 473-474). Der Nominalismus seinerseits hat die Transzendentalität der Relationen entweder mit den Prädikamentalität übereinstimmen lassen, oder hat sich nicht darum kekümmert. „Man kann ohnehin sagen – wie R. Schöberg sagt (o.c., S. 417) in Beug auf Buridan –, dass die Relevanz der Kategorienlehre zurücktritt zugunsten der Unterscheidung von absoluten und konnotativen Namen.“

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b) Auch hier gilt das „argumentum auctoritatis“. Der hl. Thomas sagt: Ea quae dicuntur ad aliquid significant secundum propriam rationem solum respectum ad aliud, qui quidem respectus aliquando est in ipsa re, utpote quando aliquae duae res secundum naturam suam ad invicem ordinatae sunt, et invicem inclinationem habent, et huiusmodi relationes oportet esse reales, sicut in corpore gravi est inclinatio et ordo ad locum medium; unde respectus quidam est in ipso gravi respectu loci medii, et similiter est de aliis huiusmodi (I, q. 28, a. 1).

Suárez legt diesen Satz des hl. Thomas in dem Sinne aus, dass es dabei um reale relationes transcendentales geht, denn sie in der Natur Sachen vorkommen, die zueinander bezogen sind. Bei der Schwerkraft, handelt es sich um einen solchen respectus transcendentalis, der zum Prädikament der Qualität gehört und nicht zu dem der Relation, denn sie macht die eigentliche Essenz dieser Qualität aus. Man könnte dagegen anfechten, dass eine absolute Sache keine Relationalität aufweist, und wenn dieser respectus transcendentalis im Begriff des Absoluten innewohnt, dann ist er überhaupt keine eigentliche Relation secundum esse. Höchstens wäre er eine relatio rationis, d. h. nach unserer Art zu denken und zu sprechen. Es gibt auch andere Autoren, wie Scotus194, der der Auffassung ist, dass diese respectus transcendentales nicht intrinsece in den absoluten Sachen innewohnen, weil sie immerhin einen respectus sind, wohl aber dass sie ihnen nachfolgen (consequi, Ib. 12). Aus diesem Grund müsste Scotus verweigern – so meint Suárez –, dass die aptitudinalis Inhärenz zur Essenz des Akzidens zugehöre. Nach dieser Ansicht ergibt sich, dass diese respectus sich nicht außerhalb der Breite des Prädikaments ad aliud befinden, sodass sie keine eigentliche transzendentale Relation bestimmen, und sich auch nicht von den prädikamentalen unterschieden werden können, denn ein bestimmtes Prädikament lässt zu, dass die in ihm enthaltenen Sachen den Sachen anderer Prädikamenten folgen, wenn sie nicht ihrer Essenz gehören, sondern ihnen folgenden Eigenschaften sind. Suárez ist dagegen und zieht die Meinung Kajetans195 vor, der sagt, dass es nicht gegen die Essenz einer absoluten Sache ist, dass sie einen ihr sachgemäßen respectus transcendentalis innehätte. Es folgt nun ein Satz, der mich besonders beeinflusst hat, denn hier finde ich den Grund, warum Suárez mit den relationes transcendentales eine auf dieser transzendentalen Relationalität gründenden Weltordnung ins Auge fasst, obwohl er früher (DM 47,1,14) diese Weltordnung als eine akzidentelle Beschaffenheit verstanden hat.196 Nun aber sagt er, dass unter den realen unvollständigen Entitäten – abgesehen von den vollständigen, einfachen und immateriellen Seienden – keine so absolut ist, dass sie keine transzendentale Relationalität (transcendentalem respectum, 47,3,12) in ihrer Essenz einschließe. Wenigsten wenn man sie als ein partizipiertes Sein ansehe, das essenziell von dem Sein per essentiam abhängig ist („ens per participationem, per se essentialiter pendens ab ente per essentiam“). Diesen Sachverhalt nennt Suárez potentialitas et imperfectio entis creati ut tale.197 Wenn gleich die aktuelle Abhängigkeit des Geschöpfes sich ex natura rei vom geschaffenen Wesen unterscheidet, die Notwendigkeit dieser Abhängigkeit ist ihm „intrinseca et essentialis“. Und wenn dem so ist, dann

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In IV, d. 12, q. unica. De ente et essentia, c. 7, q. 15. 196 Vgl. diesbezüglich hier, S. 81, Fussnote. 197 Andere Scholastiker, die von Suárez nicht zitiert werden, benennen diese transzendentale Relation in Bezug auf ihre Abhängigkeit: „connexio quidditativa“ oder „concatenatio“ (Ruiz de Mendoza, De essentia Dei, d. 5, a. 2, n. 12, S. 37a); „coexigentia“ (B. Mastri). 195

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kann man das Geschöpf weder verstehen noch sein lassen ohne seine transzendentale Relationalität zu dem von dem es abhängt, nämlich Gott. Einige Bemerkungen für die Annahme der transzendentalen Relationalität: 1) Es gibt absolute, vollständige, einfache (simplices) und immaterielle Substanzen, von denen, wie oben gesagt, hier abzusehen ist. 2) Hier ist eigentlich die Rede nur von den unvollständigen Substanzen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie, eine gewisse transzendentale Relationalität (transcendentalem respectum, 47,3,13) aufweissen. Sonst wären sie unverständlich, aus dem wichtigen Grund, dass sie naturgemäß in ihrer Relationalität zu etwas oder wegen etwas (ad aliud seu propter aliud, Ib.) errichtet sind: so die Materie ist in Bezug auf die Form und umgekehrt;198 die Potenz auf den Akt; das Akzidens auf die Substanz; der Akt auf das Objekt, usw. Zusammenfasend könnte man sagen, dass jedes Weltding einen seinem Ziel oder Anordnung (institutioni, 47,3,13) passenden Entitäts-modus bekommt. Das Ziel, das sich auf der „bonitas“ gründet ist also der Grund, warum jedes Ding eine transzendentale Relationalität bekommt.199 Daraus ergibt sich, dass – gerade weil es im Universum vorhandene Dinge gibt, die zu anderen bezogen sind – sie einen solchen modus der transzendentalen Bezogenheit erhalten, die keinem speziellen Prädikament angehören. Man muss also sie von den praedicamentales unterscheiden.

198 Suárez beschäftigt sich mit der transzendentalen Relation zwischen Materie und Form in der DM 13,5,11: “Denique, quidquid est entitatis in materia prima, totum est ad exercendum munus potentiae receptivae formae substantialis; ad hoc enim est primario ac per se instituta et ideo… in sua essentiali ratione includit transcendentalem habitudinem ad formam.” In diesem Satz kommen wieder die Termini: munus, institutio, die Suárez verwendet hat um die Unterscheidungen der Relationen zu unternehmen. Vgl. hier S. 90. 199 Ich habe darauf hingewiesen, dass die Aktivität aller Ursachen bei Suárez auf das „Bonum“ gründet und dieses wiederum auf das Ziel: “Die Kausalität überhaupt gründet auf die “bonitas”, und diese offenbart sich besonders in der Finalursache. Im Hintergrund dieser Konzeption scheint mir, ein tiefer Gedanke zu liegen, nämlich, dass das Sein alle Dinge in einer “enérgeia” oder ursprünglichen Aktivität besteht. Und gerade wegen dieser seinskonstitutiven Aktivität ist es fähig, aus sich herauszugehen, indem es zur Ursache wird”. (Vgl. Salvador Castellote, Die Anthropologie des Suárez, Alber Verlag, FreiburgMünchen 1982, S 57 ff.).

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4. Sektion Es geht jetzt darum, die Differenzen zwischen den relationes transcendentales und die praedicamentales genau zu bestimmen. Dass es relationes transcendentales gibt ist für Suárez klar, aber es ist auch notwendig zu bestimmen, wie sie sich von den praedicamentales unterscheiden und was für Eigenschaften sie haben. Eigenschaften der relationes praedicamentales: 1) Sie erfordern ein absolutes und reales Fundament. So die Ähnlichkeit erfordert, z. B. das Weiße, und die Vaterschaft die Erzeugungskraft oder die Erzeugung. 2) Sie benötigen auch einen realen und real existenten Terminus. 3) Sie brauchen, dass es einen realen (wenigstens ex natura rei, 47,4,2) Unterschied zwischen Fundament und Terminus gibt. Die Eigenschaften der relationes transcendentales hingegeg gestatten anscheinend so etwas nicht: a) Die göttliche scientia oder die göttliche Liebe sagen eine transzendentale Relation zur göttlichen Essenz bzw. zur göttlichen Gutheit aus, und darin ist kein realer Unterschied vorhanden; höchstens ein gedachter (rationis). b) Sie erfordern nicht immer einen realen Terminus. Man kann diesen Terminus als ens rationis betrachten, so wie das Denken an ein ens rationis oder an eine Entbehrung (privatione, 47,4,2) eine transzendentale Relation aufweist, ohne dass dieser Terminus real ist. Auch die Nicht-Existenz eines Terminus zeichnet eine solche Relation aus, so z. B. wenn man an eine zukünftige Mond- oder Sonnenfinsternis denkt oder sich mit einem möglichen Objekt einer Wissenschaft befasst. Die Naturwissenschaft darf prädizieren. c) Sie brauchen kein Fundament, denn die Relationalität, z. B. Materie-Form ist in der Materie selbst eingeschlossen. Auch die Beziehung „scientia-scibile“ kann als Beispiel dafür gelten, denn die relatio transcendentalis, wie öfters gesagt, kommt nicht einer schon in ihrem Sein festgelegten (constitutae, 47, 4, 2) Sache hinzu, sondern sie verhält sich wie eine metaphysische Differenz, die die Essenz dieser Sache ausmacht und vervollständigt, von der man sagt, dass sie ein Bezug ist. Das Fundament ist das absolute Subjekt selbst, das durch diese transzendentale Relation bestimmt ist. Diese Relationalität aber ist nicht so zu verstehen, dass sie sich entweder in der Form eines Akzidens, das in der Substanz inhärieret, oder als eine vollständige Form in Bezug auf die Sache, die sie unmittelbar aktiviert, und deren respectus sie ist, sondern so, dass sie mit einer essenziellen Differenz zu vergleichen ist, die ein ens incompletum vervollständigt. Die transzendentale Relationalität also bezieht sich nicht auf etwas in der Form einer physischen Form, sondern sie bestimmt das unvollständige Subjekt in der Form einer metaphysischen Differenz, die auf etwas bezogen oder zugeordnet ist (47,4,3). Die Relationalität zu sich selbst Ist Suárez damit einverstanden? Wie üblich, nein. Er setzt sich zuerst mit dem ersten Unterschied auseinander: Die Möglichkeit einer Relationalität zu sich selbst. Ist es möglich? Darf man sagen, dass die Identität mit sich selbst eine transzendentale, wenigstens gedachte (rationis raciocinatae) auf einem sachlichen Fundament gründende Relation ist? Antwort: Wenn der transzendentale respectus eine Art Tendenz (tendentia,

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47,4,4)200 zu etwas ist, dann kann man darin keine reale Bezogenheit derselben Sachen zu sich selbst finden. Im Falle der göttlichen scientia oder der Liebe zum Objekt kann man auch nicht bestätigen, dass es eine reale Bezogenheit gibt, denn sie zielen auf kein ausserhalb seiner Essenz liegendes Objekt ab. Dass die relatio transcendentalis in Bezug auf die „entia rationis, oder auf die „entia possibilia“ möglich sei, das kann man bejahen, aber unter der Bedingung, dass man diese „entia rationis“ als „esse obiectivum“ versteht und die „entia possibilia“ als Objekte, die von der Existenz abstrahieren. Um Objekt einer Relation zu sein, genügt das „esse essentiae“ (47,4,5). Dabei aber handelt es sich um einen speziellen Fall, denn normalerweise ein Wahrnehmungs- (visio) oder Intellektsakt (intellectio) zielt auf eine relatio transcendentalis, die notwendig einen realen und existenten Terminus erfordert, ohne den sie nicht bestehen kann. Im Falle des Geschöpfes wird es noch eindeutiger, denn nur darum, dass es ein abhängiges Sein ist (ens participatum, 47,4, 5), bezeugt es eine relatio transendentalis zum Schöpfer. So gesehen, fällt aus, dass die relatio transcendentalis keinen realen Terminus hat. Noch eingehender ist der Gedankengang von Suárez (47,4,6): Die relatio transcendentalis erfordere an und für sich keinen realen Terminus, kann aber ihn aus anderem Grund haben. Die prädikamentale im Gegenteil erfordert überhaupt einen Terminus. Man könnte bei dieser Unterscheidung dringend auffordern, dass nach dieser Lehre vorausgesetzt wird, dass sowohl die prädikamentalen respectus ad terminum als auch die transzendentalen sich durch die ratio unterscheiden, durch die sie einen oder keinen Terminum erfordern. Damit aber wird die Frage nicht beantwortet, warum denn eine weitere Art des Bezugs auf einen Terminus eingeführt werden muss, denn das ist gerade, was gesucht wird. Diese Lehre erklärt nicht, um was für einen anderen Grund es sich dabei (im Falle der transzendentalen Relationen) handelt, und auch nicht, warum es notwendig ist, die Termini so zu vervielfältigen. Für Suárez genügt die Unterscheidung der transzendentalen Relationen in solche, die einen realen und solche, die einen nicht realen Terminus haben, bzw. in solche, die einen existenten und solche, die einen nicht existenten Terminus haben, um diese Art von Relationen zu erklären (Ib. 6). Suárez hält für ausreichend, was er bis jetzt dazu gesagt hat, nämlich, dass eine relatio transcendentalis normalerweise keinen realen Terminus erfordert. Im speziellen Falle aber der Relation Gott-Geschöpf muss sie notwendig, aufgrund der Notwendigkeit ihrer Abhängigkeit von Gott, einen realen Terminus haben. Zusammenfassend, kann man sagen: Erstens, dass nicht alle relationes praedicamentales ein reales vom Subjekt ex natura rei verschiedenes Fundament erfordern, sondern nur diejenigen, die der Substanz mittels eines Akzidens zukommen, wie es z. B. bei der prädikamentalen Relation der spezifischen Einheit zweier Menschen vorkommt, die sich auf ihre substantiellen Natur gründet. Zweitens, kommt die der Substanz mittels Akzidens zukommende prädikamentale Relation – obwohl sie im Vergleich mit der Substanz ein näheres Fundament hat, nämlich das der Substanz zukommende Akzidens – dennoch und in Bezug auf das gleiche Akzidens unmittelbar der Substanz zu, ohne jegliches anderes Fundament. So kommt z. B. die Ähnlichkeit dem Weißen (albedo, Ib. 7) unmittelbar zu, sonst wären wir vor einem Prozess in infinitum (47,4,7). Das Gleiche darf man sagen von den relationes transcendentales, denn es gibt solche, die keinen 200

Vgl. auch DM 18,10,6 : “Causalitas uniuscuiusque est id quo proxime per se ac intrinsece attigit effectum et quo, e converso, effectus pendet a tali causa; est enim causalitas quasi via seu tendentia ad effectum. Unde inter causam et effectum quasi inter duos terminos versatur, quia per causalitatem influit in effectum et effectus procedit a causa.“

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Terminus erfordern, weil er in der Substanz unmittelbar eingeschlossen ist; andere, die ihn erfordern, weil er der Substanz nur mittels eines Akzidens zukommt. So kommt z. B. der Bezug des Wissens zum Wissbaren dem Wissenden mittels des Wissens zu, aber dem Wissen kommt dieser Bezug unmittelbar zu.201 Diese Sonderung gefällt Suárez nicht, denn sie ist schwierig zu erklären (difficilis ad explicandum, Ib. 8). Es scheint ihm eine neue Unterscheidung zwischen beiden Relationen notwendig: a) Ad formam vel essentiam proxime constitutam per illam Respectus comparatur: b) Ad subjectum talis formae Wenn (a) stimmt, dann gehören sowohl der respectus transcendentalis, als auch der praedicamentalis essenziell der Form oder der Essenz an, und beide werden mit dieser Form bzw. Essenz in der Weise einer spezifischen Differenz verglichen, die diese Form oder Essenz konstituiert. Wenn man also über die Kategorie der relatio praedicamentalis spricht, so wird gesagt, dass sie durch das esse ad konstituiert wird wie durch einen wesentlichen Modus, der die ratio communis des Akzidens bestimmt und der eine solche Essenz formal und wesentlich konstituiert. Hier findet man keinen Unterschied. Wenn (b) stimmt, dann könnte sich der respectus praedicamentalis akzidentell auf ein Subjekt bezieht – so wie auch der respectus praedicamenalis sich akzidentell auf ein Subjekt bezieht. Denn dass eine bezügliche Form ein Subjekt ihrer letzten ratio nach informiert, ist es nur möglich, wenn sie es zum Terminus verweist, den sie auf ihre Weise „sieht“ (respicit, Ib. 8). So ist beispielweise die Relation der scientia zu ihrem Objekt, für die scientia selbst essentiell, für den Wissenden jedoch akzidentell. Suárez unterscheidet diesen respectus weiter in metaphysicus und physicus. Dabei gilt: Zwar ist der respectus metaphysicus keine physische Form, die das Subjekt zu etwas bezieht, sondern eine die Sache konstituierende Differenz. Dennoch ist diese durch den respectus konstituierte Form eine physische, bezügliche (respectiva, Ib. 8) Form, die das Subjekt zu seinem Terminus bezieht. Licet, Non est forma physica referens subiectum ad aliud Respectus metaphysice consideratus Sed est differentia constituens aliquam formam

tamen, illa forma constituta per talem respectum est forma physica respectiva referens subiectum ad suum terminum (47,4,8).

Beispiel: die Schwerkraft ist eine Kraft, die ein Ding bis zum untersten Platz der Erde bewegt, und so schließt sie eine relatio transcendentalis zu diesem untersten Platz

201

So Thomas von Aquin: “Quamvis et hoc recte posset dici, scilicet quod visus sit videntis. Refertur autem visus ad videntem, non inquantum est visus, sed inquantum est accidens, vel potentia videntis” (Met., lib. 5, lect. 17, n. 21).

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ein, weil es gerade diese Kraft ist, die das Schwerding (grave) ins Zentrum bewegt indem es informiert. Auch die von Kajetan202 vorgebrachte Theorie, wonach sich beide Relationen hinsichtlich des Aspekts unterscheiden, unter dem sie den Terminus betrachten, wird von Suárez nicht angenommen (Ib. 9). Kajetan sagt, dass nur der respectus praedicamentalis den Terminus sub ratione termini sieht. Danach gehören sowohl der respectus transcendentalis als auch der respectus praedicamentalis essentiell der Form bzw. der Essenz zu, und beide werden mit dieser Form bzw. Essenz in der Weise einer spezifischen Differenz verglichen, die diese Form oder Essenz konstituiert, während der respectus transcendentalis den Terminus unter dem Aspekt der Ursache, des Objekts, des Subjekts, der Wirkursache oder des Zieles sieht. Demzufolge müsste man annehmen, dass, wenn diese Relationen sich durch den Terminus unterscheiden, der der eigentliche Grund für die Spezifizität der Relation ist, dann ist gerade der Terminus der Grund ihrer Unterscheidung. Es gibt Relationen, wie z. B. die Bewegung, die actio und die passio, die transzendentale Relationen sind, und dennoch sehen sie den Terminus sub pura ratione termini (Ib. 9). Was die spezifizierende Funktion des Terminus betrifft, die Kajetan angibt, ist zu sagen, dass er, wenn der Terminus abstracte und allgemein aufgefasst wird, nur eine habitudo ad aliud sub ratione termini bedeutet, die von allem anderen abstrahiert. Wenn aber der Terminus contracte aufgefasst wird, d. h. als dieser oder jener, sei es durch eine prädikamentale oder transzendentale Relation, dann sagt (dicit, Ib. 9) er eine habitudo zu diesem konkreten Terminus, der Ursache, dem Effekt, dem Objekt o. Ä. So ist z.B. der respectus der Vaterschaft zwar ein prädikamentaler Bezug, und dennoch sieht dieser Bezug den Terminus Sohn als einen von Vater erzeugten Terminus an. Suarez’ eigene Meinung (47,4,11) Die Funktion (munus) der prädikamentalen Relationen besteht im „referre“ oder „respicere“, die aber verschieden ist von der der transzendentalen, die darin besteht, dass sie eine Form oder Natur ausmachen, die etwas erwirken (causantem) oder einigermaßen auf Dinge einwirken, zu denen sie einen Bezug haben. Noch besser: Der respectus praedicamentalis ist von der Natur nicht so errichtet und angeordnet (institutus), wie der transzendentaler, und so entsteht er niemals durch die Wirkung eines agens; es genügt, dass der Terminus und das Fundament vorhanden sind. Der transcendentaler aber ist am meisten von der Natur errichtet und zu etwas angeordnet, und deswegen die Form, die einen solchen respectus einschließt, wird am meistens formal und für sich von derselben eigenen Wirkung bestimmt. Suárez vermutet, dass dieser oben genannte scotische Unterschied angenommen wurde, um seine eigene Unterscheidung darzustellen: de relationibus extrinsecus und intrinsecus advenientibus (47,4,12).203 Suárez unterstreicht mit Nachdruck die Gründe seiner eigenen letzten Meinung. Die prädikamentalen Relationen, eben weil sie nicht von der Natur instituiert sind, haben nur eine nur begleitende (comitari, Ib.) Funktion, damit die Sachen sich in Beziehung treten (sese respiciant, Ib. 13), einmal das Fundament und und der Terminus vorhanden sind. Der prädikamentale respectus ist also nur ein „respectus consurgens“. Für sich selbst kommen diese respectus niemals vor. Sie sind kein „principium agendi“

202 203

De ente et essentia, c. 7, q. 15. Suárez setzt sich mit dieser scotischen Unterscheidung in der DM 48. auseinander. Vgl. hier

S. 179 ff.

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(Ib. 14). Sie sind eine „forma minima et accidentalis“, die dem Subjekt lediglich das „respicere“ gibt; zu nichts anderes dienen sie (Ib. 15). Die transzendentalen im Gegenteil, eben weil sie von der Natur errichtet und zu Etwas angeordnet sind, haben eine besondere, in ihrer eigenen und bestimmten Tätigkeit bestehende Funktion. Sie sind, wie öfters gesagt, von der Natur errichtet, um etwas zu erwirken oder zu erleiden. Sie gehören – möchte ich sagen – zur Ordnung und Struktur der Welt und insofern gehören sie zu keinem speziellen Prädikament (Ib. 16), weil ihre Natur und ihre Essenz dazu bestimmt sind, verschiedene Funktionen in der Welt zu erfüllen.204 Im Zusammenhang mit dem Begrif munus, der von Suárez, m.E. zum ersten Mal im Rahmen der Geschichte der Relationstheorie verwendet wurde, ist allerdings noch vier andere Aspekte zu berüchsichtigen, die mit jenem in enger Verbindung stehen oder sich davon absondern: die erstern sind: die ordo naturae, die dependentia-emanatio, der influxus und die actio-passio. Der zweite Fall bezieht sich auf die Schöpfung Gottes. Alle beziehen sich vornämlich auf die Wirkursache (causa efficiens), die die transzendentalen Relationen teilweise bestimmen, insofern sie ein principium agendi erfordern. Robert Schnepf205 hat versucht, den Begriff der Ursache bei Suárez als einen univoken transzendentalen Begriff zu verstehen,206 der aber dann „durch analoge Begriffsbildungen kontrolliert modifiziert werden kann“207. Der Grund dafür ist, dass nicht alle causae efficientes dieselbe Art causandi aufzeigen, vor allem wenn es sich um die Schöpfunshandlung Gottes handelt, die aber sich unter dem Oberbegriff causa befindet als causa prima.208 Suárez sieht deswegen von der analogen, metaphorischen aristotelischen Auffasung der causa ab, die mit Analogie des Handwerkes vesteht. Bei Suárez geht es hauptsächlich darum, einen formalen Begriff der causa zu entwickeln.

204

Suárez hat sich auch in seinem Traktat de gen. et corr. mit dem Problem der resistentia und der reactio in Bezug auf die Handlung befasst. Hier nur eine Zusammenfassung: Resistere ist contraagere. Das finden wir bei den Lebewesen (pugna rerum viventium), aber auch bei der Natur (pugna rerum naturalium; Empedocles). Suárez aber meint dass die resistentia nicht immer eine Handlung ist, denn es kommt vor, dass sie nur eine Art von Hindernis (impedimentum) oder indispositio passi oder Armut, Dürftigkeit (indigentia passi) ist. So kann man die resistentia entweder als contra-actio (so verhält sich das Wappenschield gegen einen Angrifswaffe) oder aber als indispositio passi [Die Densität (densitas) widersetz sich der Porosität (raritas). Die Erde widersetzt sich der Sonne], sie aber zeigen dabei keine Gegen-Aktivität. Diese Widersetzung ist also keine dem Agens widersetzende Aktivität, sondern ihre eigene resistentia, die auf der dispositione passi gründet. Alles zielt daraufhin, dass die Natur, die am meisten klug (prudentissima) ist, alle natürlichen Sachen mit den jeweiligen Werkzeugen ausgestattet hat, damit sie sich gegen ihre Gegner sei es wirkend oder sich widersetzen verteidigen. Auf diese Weise, das, was bei einigen an Aktivität emangelt, wird mit der Widersetzung ersetzt und umgekehrt (De gen. et corr., d. 1, q. 2. Castellote 523 ff.). Suárez befasst sich auch mit dem aristotelischen Begriff der antipersistasis (Phys. IV: contrarium circa positionem). Manchmal kommt es vor, dass ein contrarium gerade durch sein contrarium stärker wird. Aristoteles benutzt diesen Begriff in Bezug auf die von Plato beschriebene Bewegung. 205 „Zum kausalen Vokabular am Vorabend der „wissenschaftlichen Revolution des 17. Jahrhunderts – Der Ursache Begriff bei Galilei und die „aristotelische“ casusa efficiens im System der Ursachen bei Suárez“, in: Kausalität und Haturgesetz in der frühen Heuzeit, Franz Steiner Verlag, Stuttgart (Studia Leibnitiana 31) 2001, S. 31-46. 206 Vgl. DM 2,2,8. 207 R. Schnepf, o. c., S. 35. Suárez spricht tatsächlich in der DM 12,2: „Utrum sit aliqua communis ratio causae, et quaenam et qualis“. 208 Dico ergo primo conceptui formali entis respondere unum conceptum obiectivum adaequatum et immediatum, qui expresse non dicit substantiam, neque accidens, neque Deum, nec creaturam, sed haec omnia per modum unius, scilicet quatenus sunt inter se aliquo modo similia et conveniunt in essendo” (DM 2,2,8).

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Suárez definiert die Ursache: „causa est id a quo aliquid pendet“ (DM 12,2,4). Er zieht aber libentius eine andere Definition vor, nämlich „causa est principium per se influens esse in aliud“ (Ib.). Bei diesen Definitionen treten zwei spezifischen Aspekten hervor: die Abhängigkeit oder der Dependenzbegriff (dependentia) und der Einfluss (influxus). Suárez bezieht sich öfters auf den Begriff der Abhängigkeit, der von Duns Scotus209 scharf analysiert wird und der bei Thoms von Aquin210 nur am Rande vorkommt. Suárez muss demnach die Abhängigkeit durch den influxus explizieren, denn nicht jede Abhängigkeit ist ein principium quod influit esse. Oder anders ausgedrückt es handelt sich bei dem Dependenz-Begriff um eine spezielle Abhängigkeit.211 In diesem Zusammenhang ist der Begriff Ursache von dem des Prinzips abzugrenzen, denn „latius… patet principium quam causa… nam omnis causa principium est…, non tamen omne principium potest esse causa.“212 Ausserdem, die Ursächlichkeit wird in ihrer Verwendung bei der Physik, d. h. bei den physikalischen Mutationen, „nimis contracte et imperfecte“213 aufgefasst. Das Prinzip besagt eine habitudo entweder zum Intellekt (principium complexum) oder zu den Sachen (principium incomplexum). Die Ursache ist demnach ein „principium per habitudinem intrinsecam per positivum influxum internum [Material- unf Formalursache] bzw. externum [causa efficiens, vor allem, denn weder die causa finalis noch die exemplaris haben keine realen influxus], d. h. ein “principium per se influens esse in aliud“, wobei dieses „in aliud“ wegen theologischen Erwägungen hinzugefügt wird.214 Auch in seinem Traktat De gen. et corr. befasst sich Suárez mit dem aristotelischen Prinzip: „Activitas est potentia transmutandi aliud inquantum aliud“215 und expliziert das Wort „transmutandi“ in dem Sinne des „efficiendi“. Bei diesem Zusammenhang bezüglich des Prädikaments der actio ist auch darauf zu achten, dass Suárez den Begriff causa efficiens auf die actio ausbreitet: „Principium a quo vel unde primo manat actio“.216 D. h. die Ursache wird von Suárez in seiner Disputation de actione in der Form einer Relation entwickelt, die zur zweiten Gattung der aristotelischen Relationen angehört, nämlich „wie das Aktive in Bezug auf das Passive“. Ich bin der Meinung, dass Suárez, wenigsten bei den kreatürlichen Ursachen, nicht so viel einen formalen Oberbegriff aufsucht, sondern dass er daraus ist, die Ursachen in den Rahmen der institutio naturae zu plazieren, die allen Dingen verschiedenen Funktionen (munus) aufweisst: „begleiten“, „wirken“ (in allen Formen: influxus, emanatio, dependentia, etc.), „beziehen“, „sein“, usw. Nach diesem Exkurs gehen wir weiter. Nach seiner Art, die Probleme zu lösen, glaubt jetzt Suárez, dass es noch eine Erklärung zum Thema der scientia, das in der 1. Sektion behandelt wurde (DM 47,1,5) notwendig ist, nämlich, inwieweit sie zum Prädikament des ad aliquid gehört (fatetur esse ad aliquid, 47,1,6) und welche die Relation ist, die sie zum Wissbaren hat. 209

Vgl. Ord. I, d. 2, q. 1-2, nr. 43 ff.: „Etwas hängt von einem anderen dann ab, wenn es ohne das nicht wäre.“ 210 Vgl. STh III, q. 86, a. 6; I-II, q. 75, a. 1. 211 Cfr. hier, S. 197. 212 DM 12,1,2. Vgl. Thomas von Aquin: „Principium est id a quo aliquid procedit aliquo modo“ (I, q. 23, a. 1). 213 DM 12,2,23. 214 DM 12,2,6-10. 215 De gen. et corr. d. 2., q. 2. Castellote 523. 216 DM 17,1,3.

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Er versucht jetzt, die für die ihn richtige aristotelische Meinung darzustellen: 1. Nach Aristoteles (Top., VI, c. 1: 121 a 5-7) gilt: „Allgemein gesagt, muss das Genus zu derselben Einteilung gehören wie die Spezies“. Nach Suárez’ Übersetzung: Genus et speciem in eadem divisione, scilicet praedicamentali, esse oportet (47,4,17).

Als Beispiel dafür nennt Aristoteles das Prädikament ad aliquid: Nam genera eorum quae sunt ad aliquid, oportet habere species quae sint etiam ad aliquid, et e converso. (Arist. Top. 4, 1: 124 b 16).

2. In Top. VI, c. 4, loco 39, sagt weiter Aristoteles, der Suárez‘ Übersetzung nach: „Amplius in his quae ad aliquid sunt, considerandum, si ad quod genus assignantur, et species ad illud quoddam assignatur, ut si opinio et opinatum, et quaedam opinio ad quoddam oppinatum; si autem non sic assignatur, manifestum quoniam peccatur“.

3. In Antepraedicament, c. 3: Genera non subalternatim posita non habent easdem differentias

Die Interpretation, die Scotus diesen Stellen von Aristoteles gibt, nämlich, dass obwohl die scientia einen Bezug zum Wissbaren hat, trotzdem hat eine bestimmte scientia keinen solchen Bezug zu ihrem Objekt – das hält Suárez für falsch, denn sie ist gegen die Meinung von Aristoteles (Top., VI). 4. Man könnte sagen, dass Aristoteles die erste Antwort zurückgewiesen hat um eine zweite hinzuzufügen, d. h. dass eine und dieselbe Sache, wie die scientia, in verschiedene Prädikamente einzustellen ist, nämlich in das der Qualität und in das des ad aliquid, immer aber aus verschiedenen Gründen. 5. Andere glauben, dass Aristoteles dabei seine eigene Meinung nicht ausspricht, sondern dass er sich an der Überzeugung derer hält, die die erste Definition akzeptieren, die Aristoteles in Kapitel Ad aliquid gegeben hatte. Hier habe Aristoteles als Beispiele von ad aliquid das Wissen (scientia) und die Haltung genannt; später aber hat er sie nicht gebilligt. Und so muss man auch nicht diese Beispiele als eine Relation ad aliquid gehörend annehmen. 6. Es gibt auch solche die meinen, dass es sich dabei um Relationen secundum dici handelt. Das kann Suárez nicht akzeptieren, denn in diesen Sachen ist immer ein realer respectus. 7. Endlich kommt Suárez zu seiner eigenen Stellungnahme: Das Wissen und alles Ähnliche seiner ratio nach besagt nur eigentlich eine relatio transcendentalis, keine praedicamentalis. Es gehört also nicht zum Prädikament des ad aliquid. Aber insoweit dem Wissen (scientia) ein reiner, akzidenteller respectus zukommt, der außerhalb seiner Essenz liegt, dann kann man es nicht zum Prädikament der Qualität, sondern zum Prädikament ad aliquid zuschreiben. So könnte man die zweite Definition des Aristoteles verstehen. Nach einem so langen Gedankengang über die transzendentalen Relationen, fragt sich Suárez, warum denn brauchen wir die prädikamentalen (47,4,19).217 217

Hier begegnen wir einer fundamentalen Änderung im Suárez’ Denken. Wie schon angeführt, betrachtet er in seinem Traktat De Anima die relationes transcendentales so: „...responderi quod iste ordo animae, et similes, sunt relationes transcendentales, non praedicamentales. Quae duo genera relationum distinguuntur, quia relatio praedicamentalis est speciale genus entis, transcendentalis vero invenitur in

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Dass es wahre und reale transzendentale Relationen secundum esse gibt, das kann man mit den Argumenten belegen, die Thomas218 und Scotus219 gegeben haben. Aber hier handelt es sich darum: braucht man eigentlich die relationes praedicamentales? Genügen denn nicht die praedicamentales? Suárez gibt folgende Gründe, um die praedicamentales auch anzunehmen und zu abzusichern: Wir begegnen solchen akzidentellen Relationalitäten, die mit den transzendentalen nichts zu tun haben, z. B. „Vater-sein“, „ähnlich-sein“, „gleich-sein“. Diese sind real und weder fiktiv noch äußerliche Denominationen. Unser Verstand nimmt aus der Relationalität, die aus der Koexistenz der Korrelate und des Fundaments entsteht, diese Relationen an, deren Funktion, wie schon oben gesagt, darin besteht: in referre et ordinare unam rem ad aliam (47,4,19). Dieser respectus, wenn er auch eine besondere Form zu affizieren hat (peculiarem modum afficiendi, Ib.), wird in das Prädikament des ad aliquid eingestellt. Bei diesem respectus handelt es sich um keine neue Dinge (novas res)220 und um keine reale modi, die sich per se von ihren Fundamenten unterscheiden, aber wir pflegen ihn nach zwei Arten zu benennen (denominari): Absolut = Substantiae a) Per se et ex primaria institutione sua (Ib.) Respektiv = Relationes transcendentales b) Ex resultantia et coexistentia unius rei cum alia = Relationes praedicamentales Die erste Art des respectus (a) kann man auch in absolut und respektiv einteilen. Der respektive respectus macht die relationes transcendentales aus, und meistens erfordert er keine Koexistenz der Termini, manchmal aber doch. In diesem Falle geschieht es nicht, weil die Relation aus der akzidentellen Koexistenz der Termini entspringt, sondern weil sie so beschaffen ist, dass sie in der Wirklichkeit eine besondere Funktion über eine existente Sache zu erfüllen hat, und sie kann nicht erfüllt werden, wenn die Sache nicht existiert. Die zweite Art (b) weißt auf eine besondere und akzidentelle Relationalität hin. Dass eine Sache mit einer anderen koexistiert, gehört eigentlich nicht zu ihrer Essenz. Diese Koexistenz, die sie erfordert, bleibt immer noch akzidentell. Man kann also sagen, dass obwohl diese Relation aus den jeweiligen Entitäten entspringt, bleibt sie trotzdem immer noch akzidentell, aber mit einem genügenden Grund, damit unser Verstand diese Unterscheidung wahrnimmt als ob sie zwei Formen wären.221

multis generibus. Quae distinctio semper mihi displicuit, nisi forte de nomine sit quaestio, et quilibet ordo vel habitudo vocetur relatio; quod improprium est, nam relatio tantum dicitur illa entitas cuius esse formaliter consistit in respicere ad aliud; et omnis entitas, quae talis est, vere est relatio praedicamentalis, quia convenit illi definitio primi generis illius praedicamenti; quae vero talis non est, non est relatio“ (De an. d. 2, q. 3, 11). 218 In I, q.13, a. 7. 219 In II, d. 1. 220 Buridan setzt sich auch mit dem „dispositio addita“ auseinander. Vgl. R. Schönberger, o.c., S. 379. 221 Diese Auffassung des Suárez scheint der des Buridans (und überhaupt des Nominalismus) ähnlich zu sein: „Ideo pono conclusionem oppositam talem, scilicet quod non significantur per terminos relativos res aliae ab illis, quae significantur per terminos absolutos, nec termini relativi supponunt pro aliis rebus ab illis, pro quibus supponunt termini absoluti“ (Praed., q. 10 (Schneider 71).

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5. Sektion In dieser Sektion setzt sich Suárez mit der aristotelischen Auffassung des pros ti auseinander. In Cat 7: 6a36-37; 6b6-8 und in Cat 7: 8 a 31-32 gibt er uns zwei Definitionen des Pros ti, die heute “dialektische” beziehungsweise “ontologische” Kategorien genannt werden.222 Suárez bezieht sich bei der ersten Definition auf Cat. 7: 6b6-8 nicht auf Cat. 7: 6a36-37 1. [Praedicamenta] ea esse ad aliquid quae id quod sunt aliorum esse aut ad aliquid aliquo modo dicuntur (47,5,2). Arist. [Pros ti] sind alle diejenige Sachen, von denen, das, was sie genau sind, von anderen oder in Bezug auf eine andere irgendwie gesagt wird. Arist.: [Pros ti ist dasjenige] von dem man sagt, dass es das, was selbst ist, in Hinsicht auf ein anderes ist, oder was auf andere Weise in Bezug auf ein anderes ist. 2. “…ea esse ad aliquid quorum esse est ad aliquid sese habere” (6a36-37.) Arist. [Pros ti ist dasjenige] für das es dasselbe ist zu sein und sich in Bezug auf etwas irgendwie zu verhalten.

I. Wie versteht Suárez diese zwei aristotelischen „Definitionen“? In der allgemeinen philosophischen Art zu sprechen stellt Suárez fest, 1. dass sie sich einerseits, meistens nur in verbo unterscheiden, und anderseits, 2. dass diese Definitionen sich gar nicht unterscheiden, da das Wort „dicuntur“ im philosophischen Gebrauch manchmal an Stelle des Wortes esse genommen wird. Suárez aber glaubt, dass Aristoteles diese zwei Definitionen unterscheidet, weil das Wort „dicuntur” (legêtai) mit Genauigkeit (cum rigore) und im eigentlichen Sinne (cum proprietate, Ib. 2) anzunehmen ist. Er hat das Wort „dicuntur“ in der ersten Definition sub disiunctione gestellt, um zu sagen, dass es dem Sein der Relation nicht zugehört, dass sie nur ad aliud sei, sondern dass sie ad aliud sei oder gesagt wird (ut sit vel dicatur, Ib. 2). Aristoteles berichtet also (corrigere, Ib. 2) durch die zweite Definition die erste, um zu zeigen, dass die Relationen secundum esse und nicht die secundum dici zu der eigenen Definition der Kategorie ad aliquid gehören. Suárez ist also doch mit Aristoteles einverstanden (ex illa ergo posteriori definitione nostra desumpta est, 47,5,2), vor allem, weil in der Definition die essentiellen Elemente jeder Definition vorhanden sind: die Gattung und die Spezies.223

222 Vgl. Z. B. Ludger Jansen, “Aristoteles’ Kategorie des Relativen zwischen Dialektik und Ontologie”, in Philosophische und logische Analyse 9 (2006), passim. 223 Ludger Jansen ist auch für diese Meinung, im Gegensatz zu Trendelenburg (1846), der “eine extreme Sprachbezogenheit der Kategorien vertritt.” Nach Jansen scheint zuerst, dass beide Definitionen des Aristoteles den beiden unterschiedlichen Funktionen des pros ti zuzuorden wären. Aber Aristoteles verwirft diesen Versuch, weil “dieser Begriffbestimmung zufolge auch einige zweite Substanzen wie Kopf und Hand in die Kategorie des pros ti fallen würden… Daher scheint ihm geraten, eine bessere, engere Begriffbestimmung vorzuschlagen. Er kann und muss sich daher von dem lösen, was die sprachliche oder logische Form nahelegt.” (o.c., S. 18). So auch Bonitz (1853) und Kahn (1978). Jansen weisst auch darauf hin, dass Hood (1984, 39) die “dialektischen” Relationen als L-relative und die “ontologische” als E-relative bezeichnet, in Anspielung auf das griechische Wort “legetai” bzw. “einai”. Ich muss aber Mojsisch (1992, 592) widersprechen, der die Unterscheidung “secundum esse-secundum dici”erst Suárez zuschreibt. Auch Thomas von Aquin spricht davon. Vlg. hier, S. 32, Fussnote.

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II. Das Genus-Spezies Problem bei Suárez (Ib. 3). Mit der Relation der Gattungen zur Spezies und überhaupt mit der porphyrischen Einteilung der Praedicabilium: genus, species, differentia, proprium, accidens, und mit der algemein bekannten Einteilung: universale in causando, in repraesentando, in essendo et in praedicando oder mit der bei Suárez wohl bekannten Unterscheidung: Universale ante rem (platonische Ideen), universale in re, universale post rem, hat sich Suárez in der DM 6,8,2 beschäftigt. Abgesehen von der porphyrischen sufficientia (die Suárez nicht annerkennt), das, was Suárez hier interessiert ist, dass der Begriff des Universalen in zwei Formen aufzufassen ist, nämlich in der Form eines Begriffes des Universalen per modum absoluti (das wird durch eine einfache und abstraktive intellektuelle Handlung des Verstandes erzeugt) und in der Form eines Begriffes des Universalen relato seu comparato ad sua inferiora. Wie ist die porphyrische Einteilung zu fassen? Ist sie eine absolute, eine respektive, eine metaphysische oder eine logische? Es scheint, dass diese Einteilung zuerst das universale logicum und nicht das metaphysicum seu abstractum vor Augen hat, weil man bei diesem nicht immer eine genügende Einteilung unternehmen kann. Z. B. obwohl das Weisse (album) ein Universale abstracte conceptum ist, kann man bei ihm nicht genau wissen, ob es sich um ein aussagendes Akzidens (accidens praedicabile) oder um eine Spezies handelt, solange man es nicht mit den inferiora vergleicht, denn Beides ist möglich. Siehe folgendes Schema:

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Universale Unitas rationis cum aptitudine ad multa Nihil obstat quod eidem naturae possit per intellectum convenire duplex ratio universalitatis, absoluta, scilicet, et respectiva, et quod illae per diversas operationes intellectus fabricentur, et quod una, quae absoluta est, sit proximum fundamentum alterius, scilicet, relativae. Esse visum vel esse cognitum non est esse reale additum rebus, nec formaliter consistit in relatione rationis, sed in denominatione proveniente ab actu videndi vel cognoscendi, super quem potest intellectus fabricare relationem rationis si unum cum altero conferatur (6,7,8). Notitia comparativa (6,6,5) est notitia directa, non reflexa Absolutum

Relativum ad multa

Retinet certam universalitatem, quae non consistit in relatione secundum esse, sed in proprietate absoluta naturae, quae habet talem unitatem et communitatem: . 1. universale ante rem Platonische Ideen 2. Universale in re Non ponit universalitatem in relatione, sed in ipsa reali universalitate. Relatio efficitur per comparationem intellectus.

Comparatur ad multa, ut fundamentum proximun ad varias relationes. Ad coordinanda praedicamenta deserviunt. (6,7,12)

Comparatio ad inferiora Dicit aliquid essentiale Commune individuis numero differentibus Universale specificum

Dicit partem essentiae

Materiale seu Potentiale quid. Per pluras differentias determinabile

Per modum formae Per connexionem Contingens constituentis formalem vel dimanationem unitatem et quidditatem Praedicatur in quale quid

Commune rebus differentibus specie

Universale generis

Dicit aliquid extra essentiam

Commune rebus solo numero differentibus. Differentiae ultimae

Universale differentiae

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Proprium

Accidens

In der 10. Sektion dieser 6. Disputation beschäftigt sich Suárez auch mit der Frage, ob die metaphysischen Abstrakta (generum, specierum et differentiarum) unter sich eine Prädikation zulassen könnten. Er unterscheidet zwischen abstracta metaphysica (animalitas est rationalitas, usw.) und abstracta physica (die Akzidentien albedo est color, z. B.). Bei den ersten kann man keine Prädikation zulassen, denn die Extreme unterscheiden sich formaliter et ex natura rei. 224 Diese Falsifikation könnte auch erfolgen, wenn man auf den modus significandi achtet, denn die abstrakten Termini bezeichnen die rationes formales praecisas. Wenn eine von der anderen ausgesagt wird, dann würde es bedeuten, dass eine die andere ist (quod una sit altera, Ib. 2). Demnach die Proposition „animalitas ist rationalitas“ ist falsch, weil diese Abstrakta die Natur als einen Teil auffassen. Und ein Teil kann weder vom anderen Teil noch vom Ganzen ausgesagt werden, denn das Genus kann von der Spezies nicht ausgesagt werden. Höchsten dürfte man dabei nur eine undeutliche (confusa) Prädikation annehmen, insofern das Genus undeutlich die Spezies mit umfasst. Dagegen äussert sich Soto (q. 3 Universal., a. 2) indem er sagt, dass die distinctio rationis nigt genügt, um die Falsität dieser Proposition zu gewährleisten. Bei den lezteren, die physischen, darf man wohl eine Prädikation annehmen. Zu sagen dass die albedo eine Farbe ist, ist richtig. Auf die Frage warum denn dies bei den metaphysichen nicht möglich ist, antwortet Suárez, mit Scotus ubereinstimmend, dass bei diesen es sich um Abstrakta ultima abstractione handelt, so dass sie nicht weiter abstrahiert werden können. Bei den physischen Akzidentien aber handelt es sich nicht so: sie können weiter abstrahiert werden, solange man nicht künstlich von der albedo die albedineitas, oder vom color, die coloreitas abstrahiert. Sowohl von der Substanz als auch vom Akzidens gilt es, dass beide weiter abstrahiert werden könnten, muss man aber in Betracht ziehen, um was für eine Abstraktion es dabei geht, metaphysische oder physische. Bei einer physischen Abstraktion, z. B. der albedo vom Subjekt, handelt es sich nicht um eine Abstraktion der Essenz von der Sache (ab ipsamet re, Ib. 3) die diese konstituiert, sondern um eine Abstraktion der Form vom Subjekt (albedinis a subiecto, Ib. 3). Auf Grund dieser Abstraktion wird nur die universale Prädikation in der Form eines Akzidentes weggenommen, denn diese Form kann weder vom Subjekt (das eine res distincta ist) noch von dem compositum (das als Teil fungiert) ausgesagt werden. Ebenso kann man bei den Substanzen eine abstrakte Form vom compositum abstrahieren (z. B. anima ab animato). Hier kann man auch nicht das abstractum vom concretum aussagen („dieser Mensch ist Seele“ ist falsch), wohl aber können bei den abstrakten Formen weitere Aussagen der höheren von den unteren gemacht werden: Die Seele wird richtig von dieser Seele ausgesagt. Bei einer metaphysischen Abstraktion wird aber die Essenz von der Entität abstrahiert, die sie konstituiert. Bei diesen also Abstraktionen kann man nicht echte Prädikationen machen, solange es sich um verschiedene rationes handelt, die der Verstand unterscheidet Suárez unterscheidet vier mögliche Gattungen von Prädikation: 1. Abstractum superius et quasi genericum ab abstracto inferiori, quasi specifico et integro: humanitas est animalitas. 2. Idem abstractum genericum ab abstracto non speciei, sed solius differentiae: rationalitas est animalitas. 224

So. Scotus, I, d. 10, q. 7; Praedicab. q. 16.

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3. Abstractum formale seu differentiale ab abstracto specifico: humanitas est rationalitas. 4. Idem abstractum differentiae ab abstracto generico seu materiale: animalitas est rationalitas. Die vierte Prädikation ist falsch, weil beide Begriffe nicht in dem Sinne verglichen werden, dass unum in aliud formaliter includatur (Ib. 5). Auf diese Weise unum non dicere potest id totum quod dicit aliud, neque actu neque potentia, neque explicite, nec confuse. Die Rationalität – sagt Avicenna (Met. V, c. 6) – ist keine Differenz, sondern das Prinzip der Differenz. Man könnte auch behaupten, dass, obwohl animalitas und rationalitas die Essenz bezeichnen, das wird bei dieser Proposition nicht ausgedrückt. Dabei wird nur gemeint, dass das Prädikat dem formalen und quidditativen Begriff des Subjektes gehört und das ist falsch, denn hier wird das Prädikat nicht als eine divisive Differenz aufgeffasst, die extra genus ist. Eine solche Differenz bezeichnet höchstens eine Art Akzidens, das dem Subjekt „beiliegt“ (adiacet, Ib. 5) un so kann sie nur in concreto, nicht aber in abstracto prädiziert werden. Die dritte Prädikation ist auch falsch, weil in ihr die Rationalität kein Differenz-Prädikat ist, denn sie wird nicht in quale, sondern ut tota et integra ratio humanitatis ausgesagt. Die zweite Prädikation es wiederum falsch, denn jede Essenz, die wirklich rationalitas ist, ist auch animalitas, nicht aber umgekehrt. Die erste Prädikation dürfte man irgendwie annehmen, aber mit einem Unterschied: 1) Die humanitas schliesst die animalitas et rationalitas, die die ganze Essenz und die Natur des Menschen ausmachen, mit ein. Die humanitas aber besagt nicht die rationalität allein. Wenn also hier die humanitas als Teil eines concretum aufgefasst würde, denoch dürfte man sie als einen allgemeinen und generischen Begriff auffassen, der confuse225 et in potentia alle ihre determinationes einschliesst. Insofern ist diese Prädikation wahr. 2) Wenn aber bei der ersten Prädikation sich um eine Form animalitas handelt, die eine konstitutive ratio bezeichnet, die von den inferiora abs225

Das Adverb confuse, das man manchmal mit der despektiven Terminus von Verwirrung, Unordung übersetzt hat, hat m.E. keine solche Bedeutung. In Lateinischen kommt dieses Adverb von confundo (cum+fundo, fundus=Basis, Grundlage) her. Es hat meherere Bedeutungen: 1. epistemologische (Verwirrung): confundere vera cum falsis (Cicero). 2. psychologische (Verdunkeln): Confundere animum, vultum (Seneca, Lucanus). 3. physische (Mischen): confundere mel, acetum, oleum (Plinius); confundere ordinem diciplinae (Unordnung) (Tacitus). In der Scholastik und auch bei Descartes (…tactiles qualitates nonnisi confuse a me cogitantur, Med. 3) bedeutet dieses Adverb, das auf Thomas von Aquin zurückgeht, so viel wie implicite (mit einbegriffen). Suárez unterscheidet bei seiner Behandlung über die Dogmengeschichte, die revelatio formalis inmediata (d. h. das formale Objekt des Glaubens) von der revelatio virtualis mediata (d. h. conclusiones theologicae). Bei der ersten bezieht er sich auf eine revelatio formalis confusa, d. h. sie kann auch obiectum fidei werden, weil in ihr das obiektum fidei implicite=confuse beinhalten ist. (Vgl. in diesem Zusammenhang Reginal Maria Schultes, Introductio in historiam dogmatum, Paris 1922 und Luis Gahorca Fraga, El objeto indirecto de la infalibilidad en Santo Tomás de Aquino (Instituto Teológico de San Ildefonso) Roma 2003. Hier S. 208). Bei der Behandlung des menschlichen Samens widerspricht Suárez mit Aristoteles und Thomas die Meinung Hyppocrates und Albertus, nach denen der Samen von allen Teilen des Menschen bestimmt ist, so dass die potentia factiva seminis erit diffusa per omnia membra und in illo sit effigiata figura omnium membrorum. Das klingt nach der modernen Auffasung des Präformationismus. Nur so könnte der Samen alle verschiedenen Teile des gezeugten Kindes erzeugen. Für Suárez würde ein solcher Präformationimus eine effigies confusa darstellen, denn in ihr könnte man die rechten von den linken, die oberen von den unteren Teilen nicht unterscheiden. Hier handelt es sich um eine richtige confusio. Und noch mehr. Wenn Mann und Frau in der Erzeugung mitwirken, könnte ein und derselbe Samen einen Man oder eine Frau erzeugen, und so müsste der Samen immer beide Gattungen erzeugen. Suárez erklärt sich unschlüssig, wo denn der Samen prodiziert wird: De qua re nihil certi habeo. (Vgl. De an., d. 4, q. 9. Castellote 275 ff.). Vielleicht im Herzen? – sagt Suárez.

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trahiert, ist falsch. Man könnte einwenden, dass wenn die animalitas ein Genus ist, warum denn kann man nicht sagen, das die rationalitas seine Spezies ist? Suárez antowortet. Wie kann man eine metaphysische Definition der humanitas machen? Ist es richtich sie zu definieren: humanitas est animalitas rationalitas? Nein. Das ist absurd. Vielmehr ist die humanitas eine anaimalitas rationalis. Das rationale ist also eine Differenz Kommen wir jetzt nun auf den Gedankengang des Suárez zurück. Die Gattung der Relation ist das Akzidens. Dadurch werden ausgeklammert: a) Die göttlichen Relationen, die substantiell sind. b) Die kreierten Substanzen, die, nach dem Gesagten, keine prädikamentale Relationen sein können. c) Die nur gedachten (rationis) Relationen, die wegen ihrer Beschaffenheit keine realen Relationen sind. Suárez widerlegt die Meinung Kajetans (Ib. 3),226 der dafür stimmt, dass Aristoteles eine für die realen und für die gedachten Relationen allgemeine Definition gibt. Dass das gegen die Aristoteles‘ Auffassung ist, ist für Suárez ganz klar, denn Aristoteles hat zuerst das reale Sein in die verschiedene Kategorien unterscheiden wollen, zu denen das ad aliquid auch gehört, und erst dann gibt er eine zweite Definition davon. Obwohl Aristoteles in der Definition das Wort „Akzidens“ nicht ausdrücklich (expresse) nennt, setzt er es voraus wegen der ersten Unterscheidung des Seins in neun Kategorien. Die Spezies in der Relation ist das ad aliquid, das die eigentliche Relation ausmacht: Deshalb sondert sie Aristoteles von den anderen Kategorien ab, die absolute Kategorien sind: Diese haben ihr Sein in alio, nicht in ad aliud (Ib. 4). Die Relationen sind also Akzidenzien sui generis. Man hätte glauben können, dass Suárez sich mit dieser Erklärung zufrieden gäbe. Aber nein, es kommen jetzt die üblichen Bedenken (Ib. 5). Es scheint, dass diese Definition auch den transzendentalen Relationen zuzuschreiben ist, denn auch das Wissen ist ein “ad aliud”. Wollte vielleicht Aristoteles diese Art von Relationen ausklammern, indem er das Wort dicuntur, das in der ersten Definition vorhanden war, außer Acht lässt? Das stimmt mit dem, was Suárez über diese Relationalität gesagt hat, nicht überein, aber auch für Aristoteles schließt diese Relationalität in ihrer Beschaffenheit einen essenziellen Bezug ad aliud ein. Aristoteles hat also das Wort dicuntur nur weggelassen, um die Relationen secundum dici auszuklammern. Für Suárez bleibt es also unangefochten, dass in dieser zweiten Definition die transzendentalen Relationen auszuklammern sind. Der Grund den Suárez für diese seine Entscheidung angibt, bezieht sich ganz auf das, was er früher über die Relationen gesagt hat. Er wiederholt aber trotzdem hier diesen Grund, mit folgenden Worten: Die transzendentalen Relationen sind nicht so ad aliud bezogen, dass ihr ganzes Sein durch einen reinen respectus ad aliud, sondern durch ein anderes Verhältnis, das sie als Wirkursache oder sonst andere Handlung zum anderen Sachen bestimmt. Dafür sind sie von der Natur eingesetzt (institutae, Ib. 5). Bei dieser Auseinandersetzung handelt es sich nur um eine Relation „in puro respectu ad aliud“.

226

In I, q. 13, a. 7. “Quia data est de eis secundum quod important ad, et ita ut abstrahunt ab ente

reali.”

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Ein zweites Bedenken gibt uns die Möglichkeit, die Meinung von Suárez über die schon berühmte Unterscheidung: esse in und esse ad deutlicher zu erkennen.227 Darf man annehmen, dass die zwei aristotelischen Definitionen sich doch widersprechen? Denn wenn die Relation ein Akzidens ist, dann kann dessen Sein sich nicht nur auf ein esse ad beziehen, sondern auch auf ein esse in: Akzidens ist soviel wie ein esse in (47,5,6). Man könnte sagen, dass es hier nur darum geht, das reine esse ad der Relation zu beachten. Daraus rührt, nach Suárez, die Ansicht über die Unterscheidung: esse in, und esse ad her, sodass das esse ad von jedem realen Sein abstrahiert und auf diese Weise als univoker Begriff sowohl für die realen als auch für die gedachten Relationen gilt. Das wird von Suárez zurückgewiesen. Er besteht darauf, dass das Akzidens, seiner eigenen Essenz nach, notwendigerweise im esse in besteht, und nur so kann es im Subjekt einen realen, relativen Effekt erwirken. Sonst gäbe es in der Natur überhaupt keine reale Relation. Das esse ad ist keine Substanz und wenn es in keiner Substanz inhäriert, es ist nichts (non esse reale quid, Ib.). So meint auch Thomas von Aquin.228 Was ist denn für Suárez dieses esse ad? Wie kann das esse ad im Subjekt einen relativen Effekt erwirken? Wichtig ist für ihn anzuerkennen, dass die Relation ein Akzidens ist, und als solche ist sie etwas transzendental in Bezug auf die neun Kategorien. Wenn Aristoteles sagt: „totum esse relationis esse ad aliud“, dieses esse ad aliud, das virtualiter (47,5,7) als ausschließend gilt, schließt trotzdem die damit zusammenhängenden Sachen (concomitantia), d. h. die rationes intinsecas et transcendentales nicht aus. Nur das absolute wird damit ausgeschlossen, sodass das esse relationis ut sic nicht im Subjekt, das es affiziert besteht (non sistere), sondern dass es ordnet (ordinare, Ib.) in Richtung auf den Terminus hin. Das esse ad der Relation ist also eine Ordinatio.229 Die Ähnlichkeit, obwohl sie ihrer eigenen, ganzen und auch relativen Beschaffenheit (secundum totam rationem etiam relativam, Ib. 7) nach eine die relative Sache affizierende Form ist, trotzdem gründet sich ihre ganze „Affektion“ (affectio, Ib.) darauf, dass sie diese Sache ordnet (ordinat, Ib.) oder auf eine andere bezieht. Es wäre auch möglich, zu sagen, dass diese „ordinatio“ auf die gleiche Weise bei den relationes transcendentales (potentia, unio, scientia-scibile, z. B.) vorkommt, denn die scientia affiziert den scientem, indem ihn ad scibile so ordnet, dass er auf keine andere Weise den formalen Effekt erwirken könnte. Suárez gibt zu, dass es dabei eine Ähnlichkeit geben könnte, aber es gibt auch eine Differenz, nämlich, dass die prädikamentalen Relationen in „puro respectu“ bestehen, während (Ib. 8) die transzendentalen, wie öfters gesagt, etwas Absolutes sind, das von der Natur eingerichtet sind, bestimmte Funktionen oder Aufgaben in der Welt zu erfüllen. Insofern haben sie ihr ganzes Sein (totum esse) nicht im „ad aliud“ wie die prädikamentalen.

227

Mit dem esse in und von esse ad hat sich Suárez auch in der Sektion auseinandergesetzt. Vgl hier S. 96 ff. 228 „Quamvis relatio non ponat ex illo respectu aliquid absolutum, ponit tamen aliquid relativum, et ideo relatio est quaedam res; si enim secundum rationem relationis sive respectus non poneret aliquid, cum secundum suum esse, ratione cuius ponit aliquid inhaerens, non cadat in genere relationis, non esset aliquod entis.” (In I Sent. Ad Annibaldum, d. 25, a. 4, ad 3). Vgl. auch In I, d. 25, q. 1, a. 4, ad 3: “… quod relatio realis secundum propriam quidditativam rationem ponit aliquid in eo cuius est relatio, quamvis illud quod ponit non sit absolutum”. 229 Vgl. Thomas von Aquin: „Cum enim relatio, quae est in rebus, consistat in ordine quodam unius rei ad aliam, oportet tot modis huiusmodi relationes ese, quot modis contingit unam rem ad aliam ordinari” (Met., V, lect. 17, n. 4).

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III. Die aktuelle vs. die aptitudinäle Relation Gehört zu der abstrakten Relation eine aktuelle oder nur eine mögliche Fähigkeit, sich zu etwas zu beziehen? Man könnte sich eine vollkommene Relation vorstellen, die das Subjekt als „affizientem“, nicht aber als „referentem“ ansieht. Suárez sagt, dass diese mögliche Fähigkeit sich zu beziehen, nicht in der abstrakten oder formalen Relation selbst, sondern im Fundament, das in actu existiert, besteht (Ib. 9-11). Noch mehr: Es gibt Relationen, die in der Natur nicht existieren können, ohne dass sie notwendigerweise in Bezug zu etwas stehen, weil sie vom Subjekt getrennt nicht existieren können; sie unterscheiden sich vom ihm nicht (Ib. 12)230. Autoren,231 die diese Meinung nicht annehmen, geben folgendes Beispiel an: Gott könnte die Vaterschaft ohne Subjekt, oder in einem anderem Subjekt oder in sich selber erhalten, denn es geht bei dieser Relation um etwas anderes als bei den üblichen Relationen. Dass es dabei um etwas anderes geht, gibt Suárez zu, dass aber die Vaterschaft in einem der keinen Sohn erzeugt hat, bestehen kann ist für ihn unmöglich. So könnte man „Vater“ den nennen, der keinen Sohn erzeugt hat.232 Wie könnte man trotzdem von einer Relation sprechen, die nicht aktuell in Bezug auf ein Subjekt steht (ac referens, Ib.)? Suárez bemüht sich, eine Lösung zu finden, die mit seiner eigenen Meinung übereinstimmt: Es kommt vor, dass unser Intellekt undeutlich (confuse, Ib. 13) eine relative affizierende Form versteht, ohne dass er ihre formale Wirkung miteinschließt. So könnte man das Weiße (albedo) als eine im Subjekt inhärente und es nicht in actu affizierende Form verstehen.233 Hier wird der formale Effekt der Relation mit einem allgemeinen und undeutlichen (confuso), nicht aber mit einem eigentlichen und angemessenen Konzept verstanden. „x und y sind von Natur aus zugleich, wenn es notwendig ist, dass x dann und nur dann existiert, wenn y existiert und wenn weder x Ursache für y noch y Ursache für x ist.“

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L. Jansen sagt dazu, dass es nur in den ontologisch motivierten Relationen eine natürliche Gleichursprünglichkeit gibt. O.c. 231 Maior (In IV, d. 12, q. 3); Ledesma (1 p. quarti, q. 28, a. 2, dub. 4). 232 Das ist ein Zeichen dafür, wie Suárez bei den Naturgesetzen keinen Voluintarismus zulässt. Nicht einmal de potentia absoluta Dei könnte man sagen, dass ein Mensch Vater ist ohne eine Sohn erzeugt zu haben. Vgl. hier S. 196: Höchsten dürfte man ihn “Effector” nennen. 233 So verstehen wir in Gott die Vaterschaft bevor sie sich auf den Sohn bezieht.

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6. Sektion In dieser Sektion setz sich Suárez mit dem Subjekt, dem Fundament und dem Terminus der Relationen auseinander. Es kommen wieder dieselben Argumente vor, die für Suárez die prädikamentalen von den transzendentalen Relationen unterscheiden: I. Die Final- und die Wirkursache der Relationen Die prädikamentale Relation ist von der Natur nicht beabsichtigt und so hat sie weder eine Final- noch eine Wirkursache. Das Fundament und der Terminus gelten nur als formelle, nicht als effektive Ursachen (47,6,1). Was das Subjekt betrifft, muss man Folgendes unterscheiden:234 In abstracto (Vaterschaft, Ähnlichkeit) Subjekt In concreto (Vater) Die prädikamentalen Relationen in abstracto benötigen ein Subjekt, in concreto aber haben sie eigentlich kein Subjekt, denn ihr Subjekt wird von der Relation und vom Subjekt als ein compositum (47,6,2) verstanden. II. Die Umkehrbarkeit der Relationen Nun kommt die Frage der Umkehrbarkeit der Relationen, die bei Aristoteles als eine der 4 Eigenschaften der Relationen gilt.235 Suárez formuliert sie in diesem Sinne: Ob eine Relation secundum esse nur in einem oder in vielen Subjekten sein könnte. Das Thema wird durch die Meinung von Henricus236 hervorgerufen, nach dem es ein und dieselbe Relation zwischen den Relata gibt: Die Relation wird hier als Mittel (medium, Ib. 3; intervallum, Ib. 4) zwischen zwei Dingen verstanden. So existiert die gleiche Relation vom Vater zum Sohn, als vom Sohn zum Vater. Es ist die gleiche Distanz von Athen nach Thebas, als von Thebas nach Athen. Suárez akzeptiert diese Umkehrbarkeit nicht, denn es ist unverständlich, dass ein und dasselbe Akzidens in zwei voneinander verschiedenen, nicht miteinander zusammenhängenden und im Raum getrennten Subjekten existieren kann. Bei bloß akzidentellen Bezügen gilt nie eine Umkehrbarkeit. Der Sklave ist akzidentell Sklave eines Menschen, aber der Mensch ist nicht Mensch eines Sklaven (Cat 7: 7 a 24-30).237 Das von Henricus sogenannte intervallum oder wechselseitige Relation dürfe man nur als eine 234

Es ist evident, dass folgender Satz: „Socrates ist die Vaterschaft“ unsinnig ist. Das pros ti “wird auch bezüglich der Umkehrung ausgesagt” (Rath); “…muss sich wechselseitig fordern (Rolfes): Alles pros ti “have their correlatives” (Cooke); “…are spoken of in relation to correlatives that reciprocate” (Akrill); “…werden ausgesprochen in Beziehung zu reziproken Korrelata” (Oehler). Zitat von L. Jansen, o.c., S. 19. Jansen versucht diese aristotelische Umkehrbarkeit im Einklang mit der Sprache der Prädikatenlogik mit Hilfe von Prädikatmodifikatoren in Einklang zu bringen. Dafür stellt er erstens eine Semi-Formulierung: [(1) “G” bezeichnet ebenfalls ein pros ti. (2) Ein F ist ein F eines Gs. (3) Ein G ist ein G eines Fs]. In dieser Semi-Formilierung wird das, was in der natürlichen Sprache möglich ist, nicht in der Sprache der Prädikatenlogik in Übereinstimmug gebracht, denn in (2) und in (3) sind die Variablen sowohl an Subjekt- als auch an Prädikatstellen enthalten. 236 Quodl. IX, q. 3 237 Zitat nach L. Jansen. 235

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Relatio rationis annehmen und so, meint Suárez, gehört sie nicht zu diesem Zusammenhang. Henricus aber greift an und sagt, dass diese wechselseitige Relation einfach für beide Korrelate dieselbe ist, nicht aber dass sie in beiden sei. Sie besteht inter illa (Ib. 4). Suárez analysiert das Wort intervallum. Entweder eine „relatio rationis“ (das gehört nicht dazu)238 In se subsistens (das ist unmöglich) Intervallum ist:

oder „aliquid rei“ In aliquo subiecto (in extremis inter se relatis) Oder „aliquid abstrahens ab ente reali et ratione“ (das gilt nicht bei den konkreten Relationen)

Wie ist es zu verstehen, dass eine Relation in zwei unter sich untergeordneten Subjekten sein kann?239 Eine Relation kann untergeordnete Subjekte haben, aber in einem von denen ist sie akzidentell und unmittelbar, in dem anderen aber nur remote oder in der Substanz. So z. B. die Gleichheit ist unmittelbar in der Quantität; remote aber in der Substanz. Die Ähnlichkeit ist auch unmittelbar in der Qualität, remote aber in der Quantität. Darf man dies bei jeder Relation verwenden? Um das zu beantworten, spricht Suárez von der Verschiedenartigkeit der Relationen, die aus dem Fundament herstammen: 1. Es gibt Relationen, die das proximum und das remotum Subjekt auf gleiche Weise bestimmen. Die Quantität wird in beiden quantitativen Subjekten gleich genannt. 2. Es gibt andere Relationen, die nur das proximum Subjekt, nicht aber das remotum bestimmen. Der Intellekt, z. B. (subiectum proximum) bezieht sich als Potenz auf seinen Akt, was aber die Seele (remotum Subjekt) nicht tut. 3. Es gibt auch Relationen, die nur das remotum oder suppositum nicht aber das proximum Subjekt denominieren. Die Sohnschaft (filiatio, Ib. 6) denominiert den Sohn als suppositum, nicht aber die Menschheit. Die Vaterschaft wird als in Potenz seiend genannt, aber trotzdem denominiert sie den Vater als suppositum.

238 Das ist die Meinung des Gregorius (In I, d. 28, q. 1) gegen Petrum Aureolus, der sich so ausdrückt: “Im dem 3. Buch seines Kommentars über die Physik, sagt der Commentator [=Averroes], dass eine Relation eine dispositio zwischen zwei Dingen ist. Es ist aber ausserdem klar, dass die Vaterschaft so zu verstehen ist, als ob sie eine Art von medium wäre, das den Vater mit seinem Sohn verbindet. (Vgl. Albert der Grosse, Liber de praedicamentis, 241a 241b). Auch der hl. Thomas spricht davon: “…via est eadem ab uno termino ad alterum, et e converso, sed tamen respectus sunt diversi” (1 p., q. 28, a. 4, ad 5). Es gibt Autoren die meinen, dass es aus diesen Zitaten ganz klar hervorgeht, dass die Scholastiker doch eine Idee von polyadischen Eigenschaften hatten. (Vgl. Medieval Theories of Relations, in: Stanford Encyclopedia of Philosophy, S. 9). Für die Scholastiker aber, befinden sich diese polyadische Eigenschaften weder in der Substanz noch im Akzidens, und deswegen weisen sie sie nur aus ontologischen Gründen zurück. 239 Thomas von Aquin drückt sich in seinem Kommentar In Sent. I, d. 27, q. 1, a. 1, ad 2 so aus: “…ein Akzidens kann nicht zu zwei Subjekten gehören.”

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7. Sektion Über das Fundament der prädikamentalen Relationen Aristoteles sagt bei seiner Aufzählung der Fundamente der Relationen (Met. V), dass sie immer etwas von der Substanz Verschiedenes sind, so z. B. die Quantität, die Handlung und so ähnliches. Suárez fasst das so auf, dass alle Relationen allgemein ein reales Fundament brauchen, denn sie haben keine Entität, sie müssen also ihre eigene Entität nicht im Terminus (dieser ist etwas Äußerliches und verschiedenes, 47,7,1), sondern im realen Fundament haben. Außerdem, und im Bezug auf seine oben gesagte Ansicht über die relationes transcendentales, sagt jetzt Suárez, die prädikamentalen seien von der Natur nicht beabsichtigt, sodass sie erst dann aufkommen wenn der Terminus und das Fundament vorhanden sind. Die Scholastiker haben sich damit auseinandergesetzt, ob das Fundament sich von der Substanz und von der Relation unterscheidet. Die Nominalisten, dank dem Prinzip der Ökonomie im Denken, haben diese Unterscheidung abgelehnt. Im allgemein aber haben die Scholastiker sie positiv angenommen.240 In wieweit unterscheidet sich dieses Fundament vom Subjekt (47,7,2), erklärt Suárez mit einer Unterscheidung: a) Proprium subiectum inhaesionis Subiectum ist b) Remotum et quasi fundamentale subiectum (ipsa substantia) Bei a) ist es kein Zweifel, dass es sich mit dem Fundament identifiziert, sonst müsste man in infinitum gehen.241 So hat die Relation der Ähnlichkeit, die der Quantität inhäriert, ihr Fundament gerade in der Quantität. Bei b) aber ist es schwer zu erklären, ob außer der Substanz noch ein von ihr verschiedenes, akzidentelles Fundament notwendig sei. Einige Autoren, wie Thomas von Aquin242, scheinen es zu behaupten. Wenn das Fundament sich mit der Substanz unmittelbar identifiziere, wäre es kein Akzidens, sodass der Akzidens-Charakter völlig

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J. Poinsot hat die verschiedenen Meinungen über dieses Thema so differenziert: „Utrum relatio distinguatur a parte rei a suo fundamento… Circa hanc ergo difficultaten divisi sunt auctores. Quidam in uno extremo existimant relationes non distingui a parte rei a suis fundamentis, sed solum ratione, quod Nominalibus tribui solet, contra quos egimus art. 1 [in: Tractatus de signis, appendix B, art. 1]. Aliqui tamen, qui contra illos admittunt relationes praedicamentales, sententiam istam sequuntur de distinctione rationis a fundamento. Ita P. Suárez disp. 47. Metaph., sec. 2. Et alii in alio extremo omnes Relationen praedicamentales realiter distinguunt a suo fundamento, quod communiter thomistae sequuntur, licet aliqui distinguant relationem a fundamento ut rem a re, alii solum ut modum“ (Ars Logica, p. 2, q. 17, aqrt. 4). Poinsot identifiziert hier die modale Verschiedenheit mit einen Typ von realen Verschiedenheit. 241 Wenn eine Relation ein inhärierendes Subjekt wäre, dann müsste zwischen beiden eine Relation angesetzt werden: die Relation von Grund und Begründetem. Das Subjekt ist der Grund für die Akzidentien. Da jedoch von dieser Grund-Relation (causalitas) dasselbe gelten muss wie von der inhärierenden Relation selbst, ergibt sich daraus ein unendlicher Regress. Durandus z. B. will dieses „in infinitum“ dadurch vermeiden, dass die Relationen sich mit den absoluten Sachen identifizieren. (Vgl. R. Schönberger, o.c., S. 389). 242 „Relatio realiter substantiae adveniens, et postremum et imperfectissimum esse habet; postremum quidem, quia non solum praeexigit esse substantiae, sed etiam esse aliorum accidentium, ex quibus causatur relatio” (IV CG, c. 14).

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aufgegeben werden müsste; und wir wissen, nach Aristoteles (Met V, 15: 1021 b 6-8),243 dass die Relation in der Substanz ein Akzidens voraussetzt. Es kann also nicht möglich sein, dass eine Relation sich mit der Substanz identifiziere. Ist es aber immer so? Könnte man nicht trotzdem von einigen Relationen sprechen, die ihr Fundament direkt in der Substanz haben? (47,7,4). Es bleibt sowieso bestehen, dass die realen Relationen ein Fundament brauchen; nicht aber so, dass es (in der Art von Akzidens oder von realen modus) von dem ersten Subjekt oder Substanz real verschieden sei. Denn, obwohl eine Relation – um sie angesetzt zu werden [consequatur], sobald ein Terminus vorhanden ist – eine reale Ursache im Subjekt erfordert, ist es auch möglich, dass diese Ursache dieselbe Natur des Subjekts sei. Sind es nicht die Quantität und die Qualität so beschaffen, dass sie aus sich selbst (ex naturali conditione et natura, Ib. 4) die genügende ratio haben, um eine Relation ansetzen zu lassen? (consequatur, Ib. 4). Man könnte auch das mit der aristotelischen Autorität (Met. V, 15: 1021 a 14) bestätigen: Es sind gleich diejenige, deren Substanz eine ist; es sind ähnlich diejenigen, deren Qualität eine ist; es sind gleich diejenigen, deren Quantität eine ist.

Das wird von Suárez mit folgendem Worten interpretiert: Es gibt Sachen die gleiche Proportionen und Übereinstimmungen zwischen zwei Substanzen wie zwischen zwei Qualitäten bzw. Quantitäten (47,7,5) aufweissen. Das stimmt für Suárez im Falle der Schöpfung, wie er öfters behauptet, denn diese Relation ist eine reale und gründet sich auf derselben Substanz.244 Den wichtigen Grund dafür findet er in der ratio dependentiae (Ib. 6), denn, obwohl sich in dieser eine gewisse Relation stattfinden könnte, ist es trotzdem die eigene erschöpfliche, substantielle Abhängigkeit, die sich selbst wirkursächlich oder fundamentaliter (Ib. 6) zu Gott bezieht. Ein Beispiel kann uns dieses Problem erklären: die Relation der Sohnschaft (filiationis). Sie kann nicht so innerlich in der aktiven oder passiven Zeugung gründen, dass wenn die Zeugung vorbei ist, bleibt trotzdem die Relation der Sohnschaft erhalten. Wenn es also klar ist, dass ein relatives Akzidens sich auf der Substanz gründen kann, was für Akzidens ist es? (Ib. 8). Wie üblich muss man eine Unterscheidung vornehmen: physicum accidens praedicamentale Ein physiches Akzidens kann nicht in re (Ib. 8) das gleiche (omnino idem) sein wie die Substanz. Aber das prädikamentale dürfte man von ihr ratione ratiocinata unterscheiden.245 243

„Weiterhin [wird dasjenige pros ti genannt], dem gemäss die dieses Habenden pros ti genannt werden, wie die Gleichkeit, weil das Ähnliche…” 244 Suárez bezieht sich auf die Autoren, die diese Meinung mitteilen: Thomas v. Aquin (De Pot. 7, a. 9, ad 4): “Creatura refertur ad Deum secundum suam substantiam, sicut secundum causam relationis; secundum vero relationem ipsam formalem, sicut aliquid dicitur simile secundum qualitatem causaliter, secundum similitudinem formaliter”; Kajetan (I, q. 45, a. 3); Ferrariensis (IV CG, c. 14); Soncinas (Met. V Met, q. 31); Iavellus (q. 21). Auch der Nominalist Buridan zeigt sich dafür, dass die Abhängigkeitsrelation zu Gott nicht akzidentell sein kann, da die Abhängigkeit von Gott allererst endliche Wirklichkeit stiftet, Akzidentien aber ein Subjekt vorausetzen. (Vgl. Schönberger, o.c., S. 390). 245 Ein Unterschied ratione ratiotinata bedeutet bei der Scholastik, dass es sich nicht um eine blosse relatio rationis handelt, sondern, dass diese ein Fundament in den Dingen selbst hat.

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Thomas von Aquin muss berücksichtigt werden, aber nach Suárez scheint er sich zu widersprechen: Einerseits sagt er, dass die reale Relation sich einigermaßen vom Fundament unterscheidet (was Suárez als wahrscheinlich anerkennt), aber in IV CG sagt Thomas, dass diese Relation der Substanz mittels eines Akzidens zugehört. Das kann, nach dem von Suárez Gesagten nicht immer (universaliter, Ib. 9) der Fall sein. Er möchte Thomas von Aquin so auslegen, dass Thomas in diesem Fall von den realen, physischen und akzidentalen Relationen spricht. Mit den oben zitierten Worten des Aristoteles in Bezug darauf, wie die Unterscheidung der Fundamente zustande kommt, will sich Suárez später auseinandersetzen.246 Ratio fundandi vs. fundamentum (47,7,10) Wozu kommt jetzt diese neue Unterscheidung? Alles kommt darauf an, wie man diese zwei Elemente versteht: Fundament ist nichts anderes als das, wodurch eine Relation dem Subjekt zukommt. Auf den ersten Blick scheint es eigentlich die ratio fundandi zu sein. Ist es angebracht, weiter zu gehen? Suárez, immer treu den tradierten Meinungen, die diese Unterscheidung annehmen, versucht seinen Beitrag dazu zu geben. Der Grund dieser Unterscheidung, der im Beispiel der Vaterschaft am klarsten ist, besteht darauf, dass die Vaterschaft notwendig einen Erzeugungsakt (actus generandi, Ib. 11) benötigt,247 dieser aber ist kein Fundament der Vaterschaft, denn sie bekommt nicht von ihm ihre Entität, denn die actio generandi ist in dem erzeugten Sohn, die Vaterschaft aber im Vater. Die Erzeugung muss also als ratio fundandi betrachtet werden (47,7,12), der man auch den Namen „vermittelnde notwendige Bedingung“ (conditio medians, simpliciter necessaria, Ib. 12) anlegen kann, die den Terminus und das Fundament zusammenhält. Dass die Erzeugung eine „conditio sine qua non“ für diese Relation der Vaterschaft ist, wird eindeutig, wenn wir die Erzeugung ins Auge fassen: Wenn diese Erzeugung nicht existiert, dann dürfen wir von keiner Relation der Vaterschaft sprechen. Zwischen zwei weißen Sachen z. B. ist die albedo das Fundament ihrer Ähnlichkeit, während die ratio fundandi in der unitas formalis utriusque albedinis (Ib. 11) liegt. Diese zwei Begriffe unterscheiden sich also. Die Fundamente können unendlich sein, während die rationes fundandi nach Aristoteles auf drei Typen zurückgeführt werden.

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¿Wo? Danto, A. C., Analytische Philosophie der Geschichte, Frankfurt a. M. 1974, 121-122, nennt “Vater”… einen “vergangenheits-bezogenen Begriff” (Zitat aus L. Jansen, o.c., S. 26). Auch Ocham hat diesbezüglich gesagt: „Quae vero consueta sunt dici de relationibus, multa impropria, nonnulla falsa et fabulosa esse constat, sicut latissime patet perscrutanti volumina de his edita a modernis, licet eorum aliqua verum habeant intellectum, ut quod pater paternitate est pater et filius filiatione est filius et similis similitudine est similis, et his similia. In quibus locutionibus non oportet fingere rem aliquam per quam pater sit pater et filius sit filius et similis sit similis. Nec oportet multiplicare res in talibus lucutionibus 'columna est dextera dexteritate', 'Deus est creans creatione, bonus bonitate, iustus iustitia, potens potentia', 'accidens inhaeret inhaerentia', 'subiectum subicitur subiectione', 'aptum est aptum aptitudine', 'chimaera est nihil nihilitate', 'caecus est caecus caecitate', 'corpus est mobile mobilitate', et sic de aliis innumeris. Explicite igitur et absque ambiguitate loquendo quaelibet harum propositionum resolvenda est in duas, utendo descriptione loco nominis, ut: Pater est pater paternitate, id est pater est pater quia genuit filium; filius est filius filiatione, id est filius est filius quia genitus est; similis est similis similitudine, id est similis est similis quia habet qualitatem eiusdem speciei cum alio. Et sic de aliis“ (Summa Logicae, I, 51). 247

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Es ist auch üblich bei Suárez dies mit dem Beispiel der potentia absoluta Dei zu veranschaulichen. So ist es auch hier: Nehmen wir an, dass Gott Peter und Paul (die jetzt Vater bzw. Sohn sind) mit allen ihren absoluten Eigenschaften, die sie jetzt haben, erschafft. Wenn keine Erzeugung erfolgt, könnte keine Relation daraus entstehen (exorta relatio, Ib. 12), nicht einmal de potentia absoluta Dei. Wenn aber die Erzeugung existiert, entspringt (pullulet, Ib. 12) sofort (statim) die Relation. Suárez legt so viel Wert auf das Wort „Bedingung“, dass er es der „ratio fundandi“ bevorzugt. Er findet kein zupassendes Wort für dieses Verhalten der Erzeugung als das der „notwendigen Bedingung“, weil sie als solche keinen Einfluss (influxum, Ib. 12) in die Relation der Vaterschaft hat, wie es im Fall der „ratio fundandi“ ist. Ganz vorsichtig versucht Suárez den genauen Sinn der Wörter herauszufinden, weil dieser nicht immer eindeutig ist. Zuerst möchte er die Sache selbst und erst dann den Wortgebrauch (usum vocum, Ib. 12) analysieren (Ib. 12). Gibt es immer bei allen Relationen diese „Bedingung“? Nein, sagt Suárez. Die Relationen der Ähnlichkeit oder der scientia-scibile brauchen keine solche Bedingung; sie entstehen unabhängig davon, wer sie gemacht hat, oder woher sie kommen oder worin sie sich befinden. Trotzdem aber ist es notwendig, damit eine Relation existiert, dass sie irgendwelche intrinseca Eigenschaft besitzt, wodurch sie zur Fundamentierung geeignet ist. Es ist also notwendig, dass, z. B. im Falle der Vaterschaft, neben dem Erzeugungsakt eine weitere dem Fundament passende ratio fundandi existiert. Damit ein principium creatum efficiens geeignet sei, als Fundament zu fungieren, ist es angebracht (oportet, Ib. 13), dass man ihm eine ratio intrinseca connaturalis zuweist, durch der es geeignet ist, Fundament einer Relation zu sein. Die ratio fundandi und das Fundament unterscheiden sich aber nicht physisch, sondern nur metaphysisch oder durch die Vernunft (metaphysice seu ratione, Ib. 14). So ist es angebracht, beide Wörter mit Vorsicht zu benützen.248 Suárez hat sich in der 9. Disputation näher damit beschäftigt.

248

Vgl. dazu Hispalensis (I, d. 13, q. 1, art. 3, notab. 4).

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8. Sektion Über den Terminus der prädikamentalen Relation Jede Relation erfordert einen realen Terminus, denn so lautet die Definition dieser Kategorie: esse ad aliud, und dieses ad aliud ist nichts anderes als der Terminus. Für Suárez ist dies eine fast allgemeine Assertion. Darüber hinaus muss man auch studieren, unter welchen Bedingungen das geschieht und auf welche Weise der Terminus bei der Relation konkurriert. Das erste Bedenken ist, ob die relatio praedicamentalis sich auf einen real (actu, Ib. 2) actu existenten Terminus beziehen muss und ob die transzendentalen ihrerseits sich auf einen nicht existenten oder nicht wahren Terminus oder auf ein ens rationis beziehen kann. Warum denn geschieht das Letzte nicht bei den Relationen prädikamentalen? Wenn wir uns auf den Fall der Relation scientia-scibile als Beispiel beschränken, dürften wir sagen, dass das Wissen sich auf das Wißbare beziehen kann, das davon abstrahiert ob es existiert oder nicht. Die Phantasie und die Vorstellungskraft können sich auch auf eine nicht existierende Sache beziehen. Und auch die Finalursache bezieht sich in gleicher Weise so viel auf ein existentes als auch auf ein nicht existentes Ziel. A priori kann man auch ein Argument anführen, dass nämlich die Relation im Fundament ihre eigene Entität (entitatem suam, Ib. 2) hat. Das genügt damit die Relation entstehen kann. Es ist aber auch evident, dass die Relation sich irgendwie auf den Terminus actu (Ib.) bezieht, das aber bedeutet nur eine äußerliche Benennung, die von der habitudo einer Sache hergeleitet wird, die zur anderen bezogen wird, die als terminare (Ib.) gilt. So meint auch Gregorius. Wenn man vom Terminus spricht, kommt immer die Eigenschaft der Umkehrbarkeit (pros antitrephonta legetai, Top. VI,12: 149 b 12) vor, die Aristoteles einigen Relationen zuschreibt. Suárez zitiert bei diesem Zusammenhang die Meinung des Gregorius249, der die Notwendigkeit des Terminus dadurch begründet, dass das Nicht-sein sich auch zum Sein beziehen kann, um damit die Umkehrbarkeit (relativa realis semper esse mutua, Ib. 3) zu gewährleisten. Suárez glaubt, dass Gregorius sich hier nur auf die Relata (ens, non-ens) bezieht, nicht aber auf den Terminus. Die Mutualität der Relata ist für Suárez unwahrscheinlich, im Bezug aber auf den Terminus ist sie weniger unwahrscheinlich (Ib. 3). Für Suárez scheint ein realer und real existierender Terminus für die prädikamentale Relationen notwendig zu sein (47,8,4).250 Von den zitierten Autoren die so denken, unterstreicht Suárez die Unterscheidung die Mayron feststellt, nämlich dass es eine fundamentale (relationem fundamentalem, Ib. 4) Relation zum non esse geben kann, nicht aber eine formale (non vero relationem formalem, Ib.), die er als eine prädikamentale Relation versteht. Was er aber unter fundamentale Relation versteht, das sagt Mayron leider nicht.251 Suárez wäre mit dieser fundamentalen Relation einverstanden, nur wenn Mayron sie als eine reale transzendentale begreift, weil diese, wie öfters gesagt, sich nicht nur auf diejenigen Termini 249

In I, d. 28, q. 23. So, nach Suárez, Aristoteles (Met, V, c. 15); Thomas v. Aquin (I, q. 13, a. 7: „…relationes omnes quae sunt inter ens et non ens esse rationis, quia eas format ratio apprehendens non esse tamquam quoddam extremum”; q. 28, a. 1, ad 2; II CG, c. 12, rat. 3, De pot., q. 3, ad 5 (mit Bezug auf avicenna, Met. III, c. ult.); Kajetan, Ferrariensis, Soncinas (Met. V, q. 27), Capreolus (In I, d. 7, q. 2; latius in d. 13 et 20), Scotus (In I, d. 13), Mairon, d. 29, q. 6 et 8). 251 Franciscus Mayron de Digna (* in Digna in Provence; † 1327), gehört zur scottistischen Schule, und ist bekannt als „Magister abstractionum“. 250

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beziehen, die noch nicht existieren, sondern auch auf das nicht reale Sein (Ib. 4.) Das Wissen, z. B. hat eine Beziehung zum Wissbaren, das an und für sich nicht nur nicht notwendig existieren muss, sondern es ist etwas Universelles, das von dem Singulären abstrahiert. Aber Suárez gibt sich mit dieser Argumentation nicht zufrieden, denn es ist nicht leicht, für die prädikamentalen Relationen zwingende Gründe in Bezug auf die reale Existenz eines Terminus zu geben (Ib. 5). Es ist auch interessant in diesem Zusammenhang zu sagen, dass die Relation wie ein Hexus (nexus, Ib. 5)252 zwischen den Extrema zu verstehen ist, um damit die Notwendigkeit des Terminus zu gewährleisten. Nach Suárez darf man bei den Relationen von keinen Nexus oder unio der Korrelata sprechen, sondern nur von einer Tendenz (tendentia, Ib. 6), die nur äußerlich ad aliud enden kann. Der eigentliche Grund zugunsten dieser Assertion bestünde darin, dass die Relation und der Terminus zu gleicher Zeit (simul tempore, Ib. 7) sein müssen, sodass, wenn der relative Terminus weggenommen wird, auch die Relation, und umgekehrt, wenn der Terminus da ist, supposito fundamento, auch die Relation. Das sind Beispiele mit denen dieses Problem anschaulicher wird. Doch Suárez gibt auch eigentliche Argumente, die die Essenz der Relation bestimmen. Die Relation besteht in puro respectu und sie hat keine andere Funktion in der Natur zu erfüllen, als „respicere“, denn sie ist von der Natur nicht beabsichtigt (intenta, Ib. 7); sie entspringt aus der Natur als etwas, das den Dingen akzidentell zukommt, abgesehen davon, wie sie eigentlich sind und zu welcher zu erfüllenden Funktion sie von der Natur bestimmt sind. Daraus ergibt sich, dass eine solche prädikamentale Relation notwendig das Fundament und den Terminus benötigt, damit sie in der Natur existieren kann. Außerdem, hat diese Relation überhaupt keine Leistungsfähigkeit (modum productionis, Ib. 7). Die prädikamentale Relation gründet sich also auf das Fundament selbst, insofern es eine relative Denomination ausdrückt. Diese Relation aber kann es nicht geben, wenn der Terminus nicht koexistiert. Jede andere respektive Benennung würde entweder absolut oder essentiell sein, und in diesem Sinn würde man sie nur als eine respektive, transzendentale Relation auffassen. Nachdem Suárez die Gegenargumente derer, die nicht so denken zurückgewiesen hat, versucht er die Essenz dieses Terminus herauszufinden (Ib. 9). Auf welcher Weise gehört der Terminus essenziell zur Relation? Die verschiedenen Meinungen darüber, die sich nur ex modo loquendi unterscheiden: 1. Die Zugehörigkeit des Terminus zur Relation darf man nicht als absolut verstehen, denn der Terminus ist etwas der Relation vollkommen Äußerliches (omnino extra ipsam relationem, Ib. 9).253 2. Der Terminus gehört essentiell der Relation zu.254 Für Suárez ist der Terminus kein innerliches Element (weder Genus noch Spezies) einer Relation, sodass er in diesem Sinne nicht essentiell zur Relation gehört. Das kann man sich vorstellen, wenn man denkt, dass die prädikamentale Relation sich es252

Suárez hat sich schon oben (DM 47,6,4) mit dem Wort “intevallum” auseinandergesetzt. Vgl hier S. 123 ff. 253 So Soncinas (Met., V); F. Mayron (I, d. 19, q. 5); Cajetan (In Praedicabilibus, c. de specie) 254 Nach Suárez das ist die Meinung der Peripateticorum, wie Kajetan, und Niphus sagen (Met. V, d. 16).

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senziell auf „respiciendo et tendendo ad terminum“ (Ib. 10) gründet. Den Terminus der prädikamentalen Relationen kann man nur insofern akzeptieren, als die Relation sich von ihm nicht lösen kann. Aus diesem Grund hat man von alters her gesagt, dass der Terminus nicht so sehr essentiell zur Relation gehört, als viel mehr, dass er in ihr als conceptus quidditativus gilt.255 Wenn das definiendum essentiell definiert werden muss, dann können die prädikamentalen Relationen nur in Bezug auf den Terminus (per ordinem ad terminum, Ib. 11) definiert werden (Ib. 11). Suárez widerspricht der oben zitierte Meinung von Mayron, wobei er auch mit der von Scotus256 nicht übereinstimmt. Nach so viel hin und her, bietet uns Suárez einige Bemerkungen: Bei all dieser Argumentation, sollen wir darauf achten, dass man nicht von den Korrelativen spricht, sondern von dem Terminus der Relation. Später wird Suárez sich damit befassen, ob das Korrelativum auch ein Terminus sein kann, obschon er nicht ein formaller Terminus sei, und auch damit, ob die Korrelate im Denken und im Definieren simul sein könnten. Auf jeden Fall – sogar de potentia absoluta Dei – wird der Terminus im formalen Effekt einer Relation mit eingeschlossen, sodass die Relation in der Natur der Dinge (in rerum natura, 47,8,13) ohne dass sie ihren formalen Effekt ausübt nicht erhalten werden kann. Und dieser formale Effekt gründet sich gerade auf das „actu referre ad terminum“. Aber dieses „referre“ erfordert notwendigerweise den Terminus. ([quod] denominatio sit pure respectiva tantum consistit in quadam habitudine orta ex existentia termini, Ib. 14).

Kann man von den Relationen transzendentalen das Gleiche sagen, nämlich ob sie auch den Terminus „sehen“ (respiciant, Ib. 12)? An und für sich könnte man das bejahen, aber unter einer Differenz: Die prädikamentale Relation bedarf eines actu existierenden Terminus, während die transzendental nicht so aus dem Terminus entspringt (resultat, Ib.) und ihn auch nicht unter dem präzisen Aspekt vom Terminus, sondern immer mit einer ihm zusammengehörigen Ordnung zum Objekt oder zur Ursache oder zu etwas Ähnliche „sieht“ (respicit, Ib.). So könnte man sagen, dass in der prädikamentalen Relation die habitudo zum Terminus noch mehr innerlich und formell ist als in den transzendentalen. Diese Differenz kann man auch im Falle der Bewegung und der Handlung bestätigen, denn man keine von denen verstehen kann ohne ihren Bezug auf ihren Terminus oder auf etwas, das eine Art von „Weg“ (via, Ib. 13) ist.

255 256

So Kajetan und Soncinas. In I, d. 30.

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9. Sektion Nachdem Suárez sich mit dem Fundament und dem Terminus beschäftigt hat, will er jetzt zeigen, ob es zwischen ihnen doch noch eine Unterscheidung gibt. I. Dafür sind sämtliche Meinungen: 1. Es gibt einen realen Unterschied, denn das Fundament und der Terminus können nicht, wie Soncinas257 glaubt, als das Ganze und der Teil (totum et partem, 47,9,1) genügend unterschieden werden, sonst würde es unendliche Relationen geben, was er mit dem Beispiel des “compositum simplex” zu veranschaulichen versucht.258 Diese Unterscheidung gilt für Soncinas als eine absolute (omnimoda, Ib. 1). Suárez zitiert auch den Beweis von Thomas von Aquin: Eine Quantität kann sich nicht auf eine noch möglich größere Quantität mit einer realen Relation beziehen, sonst gäbe es zugleich unendliche Relationen: Die Zahlen und die Quantitäten können sich unendlich vervielfältigen. 2. Sie unterscheiden sich in Wirklichkeit nicht. Der Grund dafür ist die Relation der Identität mit sich selbst (eiusdem ad se ipsum, Ib. 2), wobei Fundament und Terminus sich a parte rei identifizieren. Aber auch wenn das Fundament sich in zwei verschiedenen Subjekten befände, müsste man keinen Unterschied annehmen. Z. B. wenn das gleiche Weiß-sein (albedo) in zwei Menschen wäre, dann sagen die Vertreter dieser Ansicht, dass sie sich miteinander real beziehen, weil das Fundament sich von Terminus, qui terminat, absondert, obwohl sie sich nicht durch die ratio terminandi unterscheiden.259 Suárez entscheidet sich für die erste Meinung, die auch Thomas von Aquin vertritt,260 denn die Korrelate in der Metaphysik immer als gegenseitig (opposita, Ib. 3) verstanden werden müssen.261 Die Opposition verlangt immer einen Unterschied. Ein und dieselbe Sache kann sich selbst nicht widersetzen. Auch die gegensätzlichen realen Relationen müssen sich in der Wirklichkeit irgendwie unterscheiden: 1. wegen der Opposition mit der sie sich verhalten, und 2. weil jede Relation sich mit ihrem Terminus real identifiziert, sodass, wenn die Termini distinkt sind, die Relationen sich auch unterscheiden müssen. Konsequenterweise, wenn der Terminus einer Relation eine entgegengesetzte Relation ist, dann müssen die Relation und der Terminus in der Wirklichkeit distinkt sein. Auch wenn der formale Terminus einer Relation eine absolute Form ist, müssen sie distinkt sein, denn dieser formale Terminus kann nicht umhin als das Fundament der entgegengesetzten Relation sein. Es zeigt sich auch notwendig zu sein, dass das Fundament einer Relation sich auf dieselbe Weise von der entgegengesetzten Relation unterscheidet, als dieselben miteinander entgegengesetzte Relationen, weil Relation und Fundament identisch sind (in re idem, Ib. 3). Auch aus der Pluralität der Extreme 257

So Soncinas (V Met., q. 9); Thomas von Aquin (I, q. 42, a. 4, ad 3; II CG, c. 12, rat. 3). Wenn “Fundament” und “Terminus” nicht real verschieden sind, könnte das “continuum” sich mit den unendlichen realen Relationen seiner verschiedenen Proportionen von Unähnlichkeiten auf die unendlichen proportionellen Teile beziehen. Vgl. über dieses Problem: D. W. Mertz, The Hatur and Hecessity of Composite Simples, E. g. Ontic Predicates (Vgl. Internet). 259 Das ist auch die Ansicht von Scotus (In I, d. 31; Quod., q. 6). 260 In I, q. 42, a. 4, ad 3, wo er den realen Unterschied der göttlichen Personen dadurch verneint. Idem kann sich nicht zu sich selbt real beziehen: „Ad tertium dicendum quod relatio in divinis non est totum universale, quamvis de pluribus relationibus praedicetur: quia omnes relationes sunt unum secundum essentiam et esse, quod repugnat rationi universalis, cuius partes secundum esse distinguuntur. Et similiter persona, ut supra dictum est, non est universale in divinis. Unde neque omnes relationes sunt maius aliquid quam una tantum; nec omnes personae maius aliquid quam una tantum; quia tota perfectio divinae naturae est in qualibet personarum”. Die Thomisten folgen in dieser Hinsicht den Thomas nach. 261 Nach Arist., Cat. 6: 6 a 1. 258

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oder der Subjekte darf man auf eine Distinktheit erschließen, denn sie sind in der Wirklichkeit verschieden. Aus der Definition der Relativen kann man auch einen Beweis für diese Distinktion hernehmen: sie sind „ad aliud“, und wenn die Subjekte der entgegengesetzten Relationen unter sich distinkt sein müssen, das kann man in einem noch höheren Grad für die nahe vorstehenden (proximos, Ib.) Subjekte oder Fundamente akzeptieren, denen die Relationen nahe inhärieren, denn es sind diese, die den Relationen ihre eigene und formelle habitudines geben. II. Der Begriff „Distinktion“ erfordert aber eine weitere Diskussion (Ib. 4): 1. Sie muss nicht immer für alle Fälle dieselbe sein; es kommt auf die Natur der Fundamenten und der Modi der Relationen an. a) Suárez meint, dass dieser Unterschied zwischen Fundament und Terminus in bestimmten Relationen als realis et suppositalis – so im Falle der Vaterschaft, wie oben gesagt, (Ib.) verstanden werden muss. Was darunter zu verstehen ist, expliziert er mit dem Beispiel der Relation „Vater-Sohn“. Diese Relation gründet sich auf dem realen Herkommen (in processione, Ib. 4) aus einem „suppositum“; und ein „suppositum“ kann nicht mehr als aus anderem „suppositum“ herkommen. Daraus ergibt sich, dass die „supposita“ verschieden sein müssen. Das gleiche gilt „mutatis mutandis“ für die Relationen der Ähnlichkeit oder der Gleichheit.262 b) Für andere Relationen genügt eine modale Distinktheit, die auch eine reale Relation bestimmt. Da aber Soncinas sich oben (Ib. 1) über den Progress in infinitum geäußert hat, den er damit verhindern will, dass die Distinktion zwischen dem Ganzen und den Teilen keine genügende und eigentliche Distinktion bestimmen kann, will nun Suárez sich damit beschäftigen. Suárez versteht, dass diese Distinktion eine reale oder wenigsten höher als die modale sein muss. Erstens, weil die Material- oder die Formalursache können sie sich zu ihrem respektiven Effekt beziehen, der das compositum ausmacht. Von diesem aber unterscheiden sie sich wie das Ganze von seinen Teilen.263 Zweitens, weil zwei Hälften (medietates, Ib. 5) von ein und demselben continuum scheinen sich, mit einer realen Relation der Gleichheit zu beziehen, denn sie sind so real kondistinkt, dass es dabei um keine Relation zwischen dem „Einschließenden“ und dem „Eingeschlossene“ (includens-inclusum, Ib. 5) handelt. Man könnte sich noch vorstellen, dass diese Hälften an262

Die Relationen „Vater-Sohn“ hat auch Suárez in der DM 26, bei der Behandlung der Finalursächlichkeit und des Vergleichs der Ursachen mitinander, behandelt, wobei diese „relatio suppositalis“ näher betrachtet wird: Das gegenseitige Verhältnis der Ursachen zueinander kann man in Bezug auf die Perfektion der Ursachen, die nach zwei Formen verstanden wird: „in ratione et perfectione entis“ und „in ratione causandi“. Was uns hier interessiert ist dieser letzte Vergleich nach seiner materiellen Aspekt, nämlich in Bezug auf die Relation zwischen „Erzeuger“ (generans) und „Erzeugten (generatum). Der Erzeuger wirkt (Wirkursache) bestimmt durch seine Form (forma a qua), wodurch er sich von anderen Seienden unterscheidet, die bloss mittels einer transeunten Wirkursächlichkeit ihre „operari“ zu Ausdruck zu bringen vermögen (De an. 2,7,2). Nehmen wir uns jetzt vor, das Lebewesen als „generatum“ ins Auge zu fassen. Das Lebewesen ist in dieser Hinsicht Finalursache der Erzeugung, wenn auch durch die Form (forma ad quam) gelenkt und bestimmt. Die suarezische Teleologie ist immer eine Funktion der Form oder der sich zeitigenden Perfektion eines Lebewesens, d. h die Teleologie ist eine „forma ad quam“. 263 In Bezug auf die Relation totum-partes, gilt es für Aristoteles, dass das Ganze früher als seine Teile ist (Pol., I, 2: 1253 a 19). Dieses Problem wird von Augustinus bei seiner Behandlung der menschlichen Komposition aus Körper und Seele besonders unterstrichen: „Utrum anima alicuius corporis sit tota in toto et tota in qualibet parte“ (De Trin., VI, 6, 8). In der Scholastik gibt es dafür verschiedene Meinungen. Das Ganze kann, erstens, als die teillose Vollkommenheit eines Dinges, und, zweitens, als ein mit Teilen zusammengefügtes Totum aufgefasst werden.

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einandergrenzende Hälfte (contiguae, Ib. 5) sind, dann, sagt Suárez, beziehen sie sich auch zueinander mit einer realen Distinktion, denn die Verbindung (unio) per continuationem kann diese reale Distinktion nicht verhindern. Wohl an! Wenn diese Hälften sich zueinander mit einer realen Bezogenheit da stehen, so könnte man das Gleiche sagen von den Hälften der Hälften und so in infinitum. Es besteht kein Hindernis zu sagen, dass es bei einem continuum unendliche Relationen gibt, genauso wie es im continuum unendliche Punkte oder Teile gibt, denn die Relationen den Fundamenten Nichts hinzufügen.264 Damit gibt Suárez seine eigene Antwort auf die erste Meinung (47,9,1). III. Was die zweite Meinung betrifft, sagt Suárez bezüglich der Identität mit sich selbst, dass sie keine reale Relation ist.265 Höchstens könnte man dabei von einer 264

Vgl. dafür die Meinung von Ochkam: „Unde arguitur sic: si relatio esset res extra animam, distincta realiter a re absoluta, sequeretur quod potentia materiae primae, qua potest recipere formam, esset alia res a materia; consequens est falsum, quia tunc essent in materia infinitae res, ex quo potest successive infinitas formas recipere. Item, si esset talis alia res, quandocumque asinus moveretur localiter hic inferius, quodlibet corpus caeleste mutaretur et reciperet aliquam rem de novo in se, quia aliter distaret ab isto asino nunc quam prius, et si distantia esset alia res, vere perderet unam rem et aliam de novo reciperet. Item, tunc in isto corpore essent infinitae res. Probatio: quia a qualibet parte alterius corporis distat realiter; sed partes alterius corporis sunt infinitae; igitur in isto corpore sunt distantiae infinitae ad infinitas partes alterius corporis. Praeterea, istud lignum est duplum ad suam medietatem. Si igitur illa dupleitas sit talis res alia ab isto duplo, eadem ratione relatio qua istud lignum excedit medietatem suae medietatis erit res alia existens in isto ligno, et eadem ratione ad quamlibet medietatem cuiuscumque medietatis erit alia res in isto ligno. Cum igitur in isto ligno sint tales partes eiusdem proportionis infinitae, et non est eadem proportio istius totius ligni ad quascumque duas illarum partium, sequitur quod in isto ligno erunt relationes infinitae, distinctae specie. Si dicatur: illae partes illius ligni non sunt in actu sed in potentia, et ideo relationes illae non sunt infinitae actu, contra: illae partes sunt in rerum natura, quia aliter ens componeretur ex non-ente; igitur relationes correspondentes istis partibus sunt in rerum natura, et per consequens res infinitae, distinctae specie, sunt in isto ligno. Praeterea, hoc lignum realiter est duplum ad suam medietatem, igitur in hoc ligno est realiter et actualiter relatio dupleitatis ad suam medietatem. Sed non plus est una pars in actu quam alia, quia omnes partes sunt similes; igitur quaelibet alia pars est in actu, ita quod ad eam potest esse relatio realis. Ergo ad quamlibet erit relatio realis et actualis; et illae partes sunt infinitae; igitur in isto ligno sunt infinitae relationes. Praeterea, si aliqua relatio sit talis res, dupleitas erit talis res. Tunc quaero: aut illa dupleitas a ad b est accidens divisibile aut indivisibile. Non potest dici quod sit accidens indivisibile: tum quia in isto ligno nullum est accidens indivisibile quod denominet totum illud lignum; tum quia quaero de primo subiecto illius accidentis: aut est divisibile aut indivisibile. Non indivisibile, manifestum est. Igitur oportet quod sit subiectum divisibile; sed subiectum divisibile non potest esse primum subiectum accidentis indivisibilis; igitur illud accidens non est indivisibile. Nec potest dici quod est accidens divisibile et extensum, quia quaero de partibus illius accidentis: aut sunt similes aut dissimiles. Si similes, igitur conveniunt in nomine et definitione totius, et per consequens quaelibet pars dupleitatis erit dupleitas; et per consequens quaelibet pars erit dupla ad illud ad quod totum est duplum, quod est absurdum. Si sint partes dissimiles, igitur distinguuntur specie, et per consequens si componant unam rem, oportet quod una illarum rerum sit actus et alia in potentia, et per consequens dupleitas componeretur ex actu et potentia. Similiter, si una pars esset actus et alia potentia, et actus et potentia quando faciunt unum non distant situaliter, oporteret quod illae partes non distarent situaliter, et per consequens non constituerent unum extensum nisi ponantur aliae partes praeter illas » (Summa Log. 1,50: Quod relatio non sit alia res a re absoluta). 265 Vgl. Thomas v. Aquin, I, d. 26, a. 1, arg. 2: “Praeterea, ipse [Boethius] dicit, quod relationes quibus pater refertur ad filium, et filius ad patrem, sunt similes relationibus quibus aliquid ad seipsum refertur, ut cum dicitur idem eidem idem. Sed tales relationes nihil secundum rem ponunt in eo de quo dicuntur, ut videtur dicere philosophus [Aristoteles], sed sunt solum secundum intellectum.“ Ib, ad. 2: „Ad secundum dicendum, quod in relatione identitatis duo est considerare: scilicet illud respectu cuius dicitur identitas, scilicet ipsa essentia, sicut aequalitas respectu quantitatis; et id cuius est identitas, quod dicitur idem secundum unam essentiam, sicut aequale, quod habet unam quantitatem. Et quia etiam unum numero est essentia quam pater filio communicat, ideo similitudo est harum relationum cum relatione identitatis, quantum ad id cuius respectu dicuntur; sed non est quantum ad ea quae invicem referuntur secundum illud. Unde etiam filius non dicitur idem patri masculine, sed neutraliter.“

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nur gedachten (rationis tantum, Ib. 6) Relation sprechen, denn der Intellekt beide Extreme unter sich vergleicht (comparatio intellectus, Ib.), als ob sie zwei verschiedene Sachen wären. Außerdem, wenn man dieses Vergleichen von der Wirklichkeit abstrahiert, bleibt nur eine absolute Sache mit der Verneinung ihrer Distinktion.266 Auch beim Beispiel der Ähnlichkeit zweier weißen Sachen, stellt man fest, dass, wenn sie ein numerisch gleiches Weiß-sein hätten, diese Identität als eine Identität in derselben numerischen Form gelte. Man könnte auch diese Identität auf verschiedene Weise verstehen: (1) Übereinstimmung in der Form des Weiß-seins (convenientia in forma albedinis). (2) Übereinstimmung in der Vereinigung mit einer verschiedenen Form (convenientia in unione ad eamdem formam). Bei (1) stimmt die Übereinstimmung mit der Identität zusammen, so dass es dabei keine reale Relation gibt. Bei (2) aber kann man von einer Übereinstimmung der Ähnlichkeit und der Relation reden, denn obwohl die Form die gleiche ist, die „unio“ aber in Bezug auf verschiedene Subjekte notwendig verschieden sein muss (Ib. 6). Mit einem Beispiel über die menschlichen Relationen bei Christus expliziert Suárez diesen Fall: Wenn zwei Menscheiten (humanitates, Ib.) mit dem „göttlichen Wort“ (verbo divino) vereinigt wären, besteht dann kein Zweifel, dass sie in der „hypostatischen Union“ ähnlich wären, die aber bei beiden nicht numerisch dieselbe ist, sondern verschieden, so dass diese humanitates sich mit einer realen Relation beziehen könnten. Trotzdem gefällt Suárez dieses Beispiel nicht, denn der Rekurs auf die göttlichen Relationen ist nicht erlaubt: Bei Gott handelt es sich um eine „simplicissima identitas“.

266

Vgl. Thomas von Aquin: „Unde patet, quod si relatio semper requirit duo extrema, et in huiusmodi relationibus [cum dicitur aliquid esse idem sibi ipsi] non sunt duo extrema secundum rem, sed secundum intellectum solum, relatio identitatis non erit relatio realis, sed rationis tantum, secundum quod aliquid dicitur idem simpliciter“ (Met., V, lect. 11, n. 7).

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10. Sektion Es kann uns nicht befremden, dass Suárez bis jetzt kein direktes Kommentar über die aristotelischen Relationen geschrieben hat, obwohl er mancherorts Aristoteles zitiert hat. Es scheint mir, dass Suárez gerade dort anfängt wo Aristoteles endet. In dieser 10. Sektion beschäftigt er sich direkt mit der aristotelischen dreifachen Unterscheidung der Relationen aufgrund ihrer drei Fundamente:267 (A) Die drei Gattungen (1) 1. Gattung (47,10,2-4): Das Fundament in der 1. Gattung gründet sich auf der Einheit (unitas) und auf der Mehrheit (multitudo).268 Problemstellung Unitas269 Fundamentum

similitudo (una qualitas); aequalitas (una quantitas); identitas (una substantia) Multitudo

Die unitas und die multitudo verteilt Aristoteles (Met., V, 15: 1021a10-15) weiter in verschiedene Spezies: Ähnlich sind diejenigen Sachen, die die gleiche Qualität haben; Gleich diejenigen, die die gleiche Quantität haben; Identisch diejenigen, die die gleiche Substanz haben. (Substanz ist entweder als Substanz im eigentlichen Sinne, oder aber allgemein als Essenz zu verstehen). Der Schwerpunkt liegt demnach nicht so sehr in der Quantität, bzw. Qualität, sondern in ihrer Einheit, d. h. ob alles auf der formalen Einheit des Fundaments zurückzuführen ist, und wenn dem so ist, ob diese Einheit unmittelbarer ist als die Quantität bzw. Qualität. Anderseits müsste man auch fragen, ob die zur ersten Gattung zugehörigen Einheit eine Etwas Positives oder nur eine Negation oder Entbehrung ist. Wenn es sich um eine Negation handelte, dann würden die Relationen der Ähnlichkeit keine reale Relationen sein. Die numerischen Relationen – so interpretiert Suárez Aristoteles – sind diejenigen, die einigerweise der Quantität nach benannt werden und sich von der Einheit (unitate) entfernen, sei es auf eine bestimmte (duplum, triplum) oder auf eine unbestimmte (multiplex, excedens) Weise. Diese numerischen Relationen, obgleich sie auch in den zusammenhängenden (continuae, Ib. 2) Quantitäten zu finden sind, werden sie trotzdem auf solche Weise auf der Zahl gegründet, dass sie bei der Quantität eine Man267

Met. V, 15: 1020 b 15-21: Πρός τι λέγεται τὰ µὲν ὡς διπλάσιον πρὸς ἥµισυ καὶ τριπλάσιον πρὸς τριτηµόριον, καὶ ό̔λως πολλαπάλσιον πρὸς πολλοςηµόριον καὶ ὑπερέχον πρὸς ὐπερεχόµενον· τα δ’ὡς τὸ θερµαντικὸν πρὸς τὸ θερµαντὸν καὶ τὸ τµητικὸν πρὸς τὸ τµητόν, καὶ ὅλως τὸ ποιητικόν πρὸς τὸ παθητικόν· τα δ’ὡς τὸ µετρητόν πρὸς τό µέτρον, καὶ ἐπιςητὸν πρὸς ἐπιςήµην καὶ αἰσθητὸν πρὸς αἵσθησιν. 268 Vgl. Scaltsas, Theodore, "Numerical versus qualitative identity of properties in Aristotle's Categories”, in: Philosophia 10-11: 328-345 (1981). 269 Die Einheit und die Zahlen dürfen nicht im genauen (in rigore, 47,10,2) sondern im allgemeineren Sinne angenommen werden (generalius, Ib.). Suárez behandelt den Begriff der individuellen Einheit in DM V: De unitate individuali eiusque principio.

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nigfaltigkeit (diversitatem, Ib.) erfordern. Dazu gehören auch die Relationen der Ungleichheit und der Verschiedenheit. Dass Aristoteles dabei immer im Plural spricht, ist für Suárez beachtenswert, denn Aristoteles spricht meistens im Singular.270 Für Suárez kann das sich davon herleiten, dass es für Aristoteles diese der ersten Gattung zugehörigen, gegenseitigen Relationen sind, die als Fundament eine Zahl oder andere numerische Einheit benötigen (requirunt in fundamento aut numerum aut aliam unitatem plurium [ita enim est haec unitas intelligenda], 47,10,2). Damit will Suárez sagen, dass diese Zahl und diese numerische Einheit sich auf der numerischen Einheit gründen, die die Arten oder die Spezies ausmachen. So die Menschen, die Tiere, usw. …respondetur hominem prout existit in natura rerum singularem esse, quia non est aliud a Petro et Paulo (DM 5,1,8).

Wenn wir aber von einzelnen Relationen sprechen, so nur, weil jede ihr jeweiliges, eigenes Fundament braucht, nicht in dem Sinne, dass es eine Zahl, sondern dass es eine kompositive Zahl oder Einheit (cum alio componat numerum vel habeat unitatem, Ib. 2) aufweist. So z. B. Paul und Peter bilden mit den anderen Menschen eine kompositive Einheit. Petrus et Paulus conveniunt in communi natura et differunt inter se propriis rationibus; ergo illas addunt naturae communi (DM 5,2,8).

(2) 2. Gattung: Zu dieser 2. Gattung gehören jene Relativa, die sich auf die aktive und passive Potenz oder auf ihre Tätigkeiten gründen.271 „Ea relativa, quae fundantur in potentia agendi et patiendi vel in actionibus eorum“272 (Ib. 3).

Aristoteles’ weitere Unterscheidung des Terminus: (a) In sola potentia (abstrahendo ab actione): Beispiel: calefactivumcalefactibile Fundatur (b) In actione seu faciente: Beispiel: calefaciens-calefactum273 Wieder stellt uns Suárez einige Bemerkungen vor: 1) Gregorius schließt aus diesen aristotelischen Beispielen, dass es nur reale Relationen zu einem möglichen gibt, nicht aber zu einem nicht existenten Terminus.274 Aristoteles aber spricht ganz klar über eine passive Potenz, d. h. über das erwärmungsfähige (calefactibile, Ib.) Subjekt. 270

Auch Boethius spricht davon, dass die Relationen des Intellekts nicht als individuelle Relationen verstanden werden können, trotzdem nimmt er aber an, dass die Relation ihrer Beschafenheit nach, den Bezug einer Sache zu einer anderen einschliesst (Vgl. In categorias Aristotelis: PL, 64, 217). Daher ist es vorgekommen, dass die Scholastiker Aristoteles manchmal so interpretieren, dass er die Relationen als ein Paar von Korrelata oder von relativen Akzidentien verstanden werden will. Insofern gehören diese Relationen nicht zu genuinen aristotelischen Relationen. 271 Vgl. hier, S. 272 Arist. Met. V, 15:1021 a 15. 273 “Das, was fähig ist zu erwärmen bezieht sich auf das, was fähig ist, erwärmt zu werden” (Ib.) 274 Gregorius legt diese Beispiele so aus, dass Aristoteles niemals den möglichen Effekt als objektiv versteht.

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„Activa autem et passiva, ex potentia activa vel passiva potentiarumque actionibus dicuntur, ut calefactivum ad calefactibile“ (DM 47,10,3).

2) Der Terminus der Relation bei (a) unterscheidet sich von dem (b), denn beim (a) gibt es keinen realen Terminus, während bei (b) der Terminus derselbe Effekt ist insofern er aus der aktiven Potenz „fließt“ (fluens, Ib. 3). Noch wichtiger ist das zu beachten, was Aristoteles über die mit der Zeit bezogenen Relationen sagt, nämlich, dass sie manchmal auf bestimmte Zeitperioden bezogen sind: ... alia in actione praeterita, ut relatio patris; et alia in actione futura, ut quod facturum est (inquit) ad id quod faciendum. (47,10,3).

Suárez unterscheidet: (a) In praesenti actione (relatio aedificantis, 47,10,3) (b) In actione praeterita (relatio Patris)275 (3) In actione futura (quod facturum est ad id quod faciendum, Ib.) Diese letzte auf die Zukunft bezogene Relation hält Suárez als schwierig zu verstehen. Er wird sich damit später auseinandersetzen (Cfr. DM 47,10,9; 47,11,8). 3) 3. Gattung: mensurabilis ad mensuram; scientia ad scibile; intellectus ad intelligibile; aspectus ad spectabile (Ib. 4).276 Diese 3. Gattung hat viel Kopfzerbrechen hervorgerufen, denn damit scheint Aristoteles diese Relationen von denen, die zur 1. und 2. Gattung zugehören, zu unterscheiden. In den zwei ersten Gattungen gilt es, dass sie reziprok sind; in der 3. aber scheint es anders zu sein: Das Wissen, z. B. bezieht sich auf das Wißbare, nicht aber umgekehrt (scientia sic dicitur quia vere est ad aliud; scibile vero minime. Ib. 4). Suárez wiederholt die Worte Aristoteles: „[utrumque relativum dicitur ad aliquid], quia idipsum quod unumquodque ist, ad aliud dicitur, et non quia aliud ad ipsum“ (Ib. 47,10,4).

Er traut sich zu sagen, dass Aristoteles diese letzte (scientia ad scibile) Differenz mit keinem Argument verteidigt; er betrachtet sie einfach als evident (manifestam, Ib. 4). (B) Die Frage nach der Zweckmäßigkeit (47,10,5-10) und nach der „sufficientia“ (47,10,11-16) der aristotelischen Einteilung des „pros ti“ in drei Gattungen Jetzt kommt wieder die Frage der „sufficientia“277 dieser Einteilung, die Suárez früher in Bezug auf die sämtlichen Kategorien betrachtet hat (DM 39,2). Hier bezieht er sich auf die Zweckmäßigkeit und auf die „sufficientia“ dieser neuen Unterscheidung in drei Gattungen. Dabei sind zwei Fragen zu beantworten, die etliche Schwierigkeiten haben.

275

„oúto gàr kaì patèr uiou légetai patèr; tò mèn gàr pepoiekós, tò dè pepoiekós, tò dè peponthós tí hesin“: Arist., Met V, 15: 1021 23-25. 276 Arist: „tò dè metretòn kaì tò epistetôn kaì tò dianoetòn tô hallo pròs aútò légesthai pròs ti légontai. tó te gàr dianoet`n semaínei oti èstìn autou diánoia, ouk exi d’e diánoia pròs touto ou exi diánoia“ (Met. V, 15: 1021 a 29-32). 277 Suárez hat sich schon mit der sufficientia, in Bezug auf die aristotelische Unterscheidung in zehn Prädikamente auseinandergesetzt. Vgl. DM 39,2.

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1. Ist diese Unterscheidung in drei Gattungen zweckmäßig (convenienter, Ib. 5) gestellt? 2. Ist sie den prädikamentalen Relationen angemessen (adaequata, Ib.)? Hinsichtlich der ersten Frage kommen sechs Schwierigkeiten vor: (1) Die zu der ersten Gattung gehörigen Relationen scheinen nicht real zu sein, da die Einheit,278 auf der sie sich gründen, keine reale ist; es handelt sich dabei, um keine „numerische Einheit“ (unitas numeralis, Ib. 5), die eigentlich die Identität mit sich selbst bestimmt (die eigentlich eine relatio rationis ist), sondern um eine spezifische oder noch höhere Identität. Auf jeden Fall handelt es sich um eine gedachte Einheit, denn nur die unitas numeralis ist real.279 Das braucht aber einer Erklärung: 278

Über die organische Einheit in Bezug auf die Lebewesen hinsichtlich ihre „Vitalaktion“, hat sich Suárez in dem in seiner Jugend verfassten Traktat De anima gründlich beschäftigt. Die Identität einer Sache fusst auf ein inneres Prinzip ihrer Operationen, die mittels einer Aktion zustandegebracht werden. Das Resultat dieser Operationen wird als termini productionis bezeichnet. Diese Termini müssen mit dem Verhalten jener Wesen verglichen werden, die wir Lebewesen nennen, um daraus auf ein echtes Lebensmerkmal schliessen zu können. Ein vermeintlich im Laboratorium produziertes Lebewesen kann uns über das substantielle Leben überhaupt nichts sagen, wenn wir dabei kein inneres Prinzip erkennen könnten. Das „operari“ setzt die Seele, als „Radikalakt“, voraus, insofern es von ihr als von seiner Wirkursache herstammt (De an., 1,3,3). Suárez fragt sich dabei, ob diese termini productionis von Gott oder von einem äusseren Agens – als „principium quod“ – diese Resultate bewirken können, die ein Lebewesen – als „principium quo“ – bei sich selbst bewirkt. Wenn dem so wäre, diese Termini productionis wären nicht der gleichen Spezies als die von dem Lebewesen produzierten (Vgl. De an. 1,4,16). Die materielle Identität der termini productionis genügt also nicht, um sie als „Lebens-merkmale“ zu bezeichnen. Man kann auch eine formelle Distinktion konstatieren, nach der die Vitalität (vitalitas) der Operationen nicht aus dem Terminus abzulesen ist, sondern aus ihren Relationen zu einem inneren Prinzip, von dem sie auch ihre Benennung bekommen: „Vitalitas actionum non dicit aliquid absolutum in ipso termino, sed habitudinem ad talem principium, cum denominatione ab illo“ (De an., 1,4,16). Wenn aber eine formelle Identität festgestellt wird, dann besteht kein Hindernis, zu sagen, dass ein und dasselbe Ding, das durch die Vitalaktion realisiert wird, auch von einem äusseren Agens ohne Vitalaktion verwirklicht werden könnte. Es ist aber sehr wichtig anzuerkennen, dass dann diese mit einer spezifischen Identität ausgezeichneten und von einem äusseren Agens produzierten Termini keine Vitalaktionen sind, sondern lediglich „res“, oder Qualitäten, die obwohl spezifisch gleich sind, trotzdem werden sie von verschiedenen Verwirklichungsmodus erwirkt, denn alles kommt darauf an, um was für einen Verwirklichungsmodus (quod-quo) es sich dabei handelt. Dass diese künstliche Lebensproduktion möglich ist, fusst darauf, dass die Lebensmerkmale sich von dem substantiellen Leben unterscheiden, das eigentlich der Effekt der Seele, als „actus primus“ ist, dessen erste Funktion im „informare“ ausgefüllt wird. Dieser „actus primus“ ist bezüglich der Vitalaktion ein entferntes Fundament (fundamentum remotum, Ib. 1,3,3,), das auf diese Weise von der Seele als „primum principium“ (Ib.) herrührt. 279 Aristoteles hat in seiner Met. IV, 2: 1003 b 22-24 gesagt: „Was auch immer wirklicht ist, ist es ein Eines“, und in Met. V, 6: 1016 b 35-1017 a 2: „Die primäre, alle andere Typen enthaltende Einheit ist die numerische“. Auch der Nominalismus beschäftigt sich mit dem Einheitskonzept. Buridan unterscheidet zwei Typen von Einheiten, die, nach Schönberger (o.c., S. 418 ff.) von der viel zitierten (cfr. Thomas von Aquin: STh. I, q. 85, a. 3) Unterscheidung des Boethius herkommt, nach der in der Einheit eine Art des Zusammengehörens, des Ganzen nämlich zu verstehen ist: 1. Das totum integrum, dessen Teile nur dann real sein können, wenn sie voneinander getrennt sind. Suárez ist, wie gesagt (cfr. Ib. 5 über die medietates) anderer Meinung. 2. Wenn aber diese Einheit als totum universale verstanden wird – sagt weiter Buridan – dann sind seine Teile nicht trennbar, obwohl sie sich voneinander unterscheiden, weil es sich dabei um keine eigentlichen Teile handelt, sondern um die Termini, die „simplex“ sind. Diese Termini nennt Buridan „spezifisch“, „generisch“ und „analog“. Was den Grund dieser Unterscheidung betrifft, sagt Buridann, dass alles darauf ankommt, wie man die sufficientia versteht: 1. Das numerisches Eine kommt daher, dass von demselben in quidditativer Weise dasselbe ausgesagt wird. 2. Dass von demselben ein anderer Terminus ausgesagt wird. Das kann weiter in zwei Formen ausgesagt werden: Entweder kann der quidditative Terminus von einem oder von verschiedenen Begriffen ausgesagt werden. Im ersten Fall handelt es sich entweder um eine Definition (wobei eine speziphische Einheit vorliegt), oder der Terminus ist nicht mehr definierbar (wobei ein generischer Begriff vorliegt). Die Analogie rührt da-

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Man kann nicht annehmen, dass die formale Einheit eine reale ist, denn sie ist nur real, insofern sie mit der numerischen übereinstimmt; sie unterscheiden sich nur ratione. Sie vervielfältigt sich genau wie die numerica (Ib. 5). Die einzige numerische Einheit, die man annehmen kann, um das Fundament einer Relation zu sein, ist die unitas plurium, denn die unitas uniuscuiusque kein Fundament sein kann (Ib.). Nun aber ist dem so, dass diese unitas plurium, die sich voneinander unterscheiden, auch eine gedachte Einheit darstellt.280 Man dürfte sagen, dass es nur im Falle der positiven oder universellen Einheit, eine gedachte Einheit gibt, nicht aber im Falle einer negativen Einheit, wie einige Thomisten281 behaupten, wodurch eine Sache sich nicht anders verhält als eine andere. Nur dann – sagen sie – dürfte man von einer realen Einheit sprechen. Das gefällt Suárez nicht, denn eine Hegation (negatio, Ib. 5) kann kein Fundament für eine realen Relation sein, genauso wie ein ens rationis kein Fundament dafür sein kann.282 (2) Wenn die spezifische Einheit genügen würde, dann ergäben sich etliche Ungereimtheiten (Ib. 6): (a) Zwischen Sachen, die zu verschiedenen Prädikamenten gehören, könnte eine Relation der Ähnlichkeit oder der Identität entstehen, insofern sie zur gleichen Spezies gehören. So z. B. zwei weiße Sachen sind genau so ähnlich wie zwei ubi oder zwei actiones. Aristoteles scheint, diese Konsequenz angenommen zu haben: „eadem esse quorum una est substantia.“283 Wenn dem so ist, dann könnte man von zwei Relationen einer und derselben Spezies – wie zwei Vaterschaften – sprechen, die sich real auf Grund einer Relation der Ähnlichkeit beziehen. Aber, nach Suárez, kann eine Relation nicht das Fundament für eine andere sein, sonst müsste man in infinitum fortschreiten, denn genauso wie die erste Relation eine zweite bestimmt, so könnte auch diese eine dritte bestimmen, usw.

her, dass zwischen den Begriffen eine analogia attributionis besteht. (Vgl. für diese Buridan’ Lehre Schönberger, o.c., S. 418 ff.). 280 So auch Scotus: “Et est sciendum quod, si unitas magnitudinis alicubi sit realis et realiter, hic verissime est realis; quia haec unitas est numeralis, licet, secundum aliquos, forte sit unitas aliqua universalis, sive rationis… Tamen certum est quod nulla unitas verius est realis, quam unitas numeralis” (Quodl., q.6, a. 1. (Alluntis, n. 29, S. 219). 281 Capreolus (I, d. 30, q. 1); Soncinas (Met. V, q. 34); Kajetan (De ente et essentia, q. 7). 282 Suárez befasst sich mit der formalen und universalen Einheit in der DM 6. Er fragt sich dabei ob es in den Dingen eine formale von der numerischen verschiedenen Einheit gibt. Er widerspricht die Meinung der Nominalisten, die aus der Tatsache, dass es in der Welt nur Individuen gibt, auf die einzige numerische und individuelle Einheit schliessen. Für Suárez im Anschluss mit Aristoteles (Die Natur secundum se, d. h. insofern sie von den Individuen abstrahiert, hat eine bestimmte Einheit) gibt es auch eine formale Einheit, denn die Menschen, obwhol sie numerisch verschieden sind, haben sie die gleiche Natur und Essenz, die eine formale Einheit bildet. Diesbezüglich stimmen Scotisten (II, d. 3, q. 1) und Thomisten (Kajetan, De ente et essentia, c. 4, q. 6) überein, nur unterscheiden sie sich in der Art, wie sie diese formale Einheit auffassen. Für Scotus sind beide Einheiten (die formale und die numerische) formal und ex natura rei verschieden, sodass die formale Einheit der Natur sich auch in den Individuen re ipsa befindet. Für die Thomisten aber unterscheiden sie sich nur ratione. Die formale Einheit, die sich in den Individuen der gleichen Natur befindet, kann sich nur per convenientiam vel similitudinem (6,1,2) von der numerischen unterscheiden. Es gibt also keinen Widerspruch zu sagen, dass Peter, z. B. eine von Paul verschiedene Menschheit, Essenz und formale Einheit hat, obwohl sie ähnlich sind. 283 Das Wort “Substanz” wird hier, nach Suárez, eigentlich als Substanz, nicht als Essenz verstanden (DM 47,10,6). “taùtà mèn gàr ôn mía e ousía, hómoia d’ôn e poiótes mía (Met., 5, 15: 1021 a 1112).

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(b) Das Gleiche gilt im Falle zweier Stadien von Wärme, die verschiedene Intensionen (calorem intensum vel remissum, Ib. 6) haben. Es gäbe hier zwei Relationen: eine in Bezug auf die reale Identität der Essenz (Wärme); eine andere in Bezug auf die verschiedene Intensionen der Grade der Wärme. Wenn wir zwei Quantitäten, die zwei Füße (bipedales, Ib. 6) lang sind, zueinander beziehen, dann könnten wir sagen, dass es dabei um zwei reale Relationen handelt: eine der Identität, insofern sie die gleiche Essenz haben; eine andere der Gleichheit, insofern sie die gleiche Länge haben. (c) Eine dritte Ungereimtheit würde auch entstehen, wenn man sagt, dass die spezifische Ähnlichkeit – und sogar die generische oder die analoge – eine reale Relation bestimmen könnte. Denn alle drei haben eine proportionale ratio (Ib. 7), d. h. wenn auch die generische Ähnlichkeit nicht so groß ist (non sit tanta, Ib. 6) wie die spezifische, es handelt sich dabei trotzdem um eine wirkliche Ähnlichkeit und Einheit, sodass beide eine reale obwohl nicht so gleich vollkommen gestaltete Relation bestimmen könnten. Der Folgesatz ist falsch, denn Sachen, die spezifisch verschieden sind, bleiben sowieso verschieden, obwohl sie in der Gattung nicht distinkt sind. Das Weiße und das Schwarze gehören zu der gleichen Gattung, nämlich der Farbe, aber sie unterscheiden sich durch ihre Spezies (weiß, schwarz, grün, usw.) (Ib. 7). Dieses Unterschieden- oder Ähnlichsein könnte der Intellekt durch Abstraktion bei einer und derselben Sache oder bei ihrem Bezug auf andere in infinitum erweitern. Suárez setzt sich jetzt mit den Mathematikern auseinander: Was diese über die arithmetischen Zahlenproportionen grübeln (speculantur, Ib. 7)284, kann nicht real sein, weil sie vielmehr Relationen, Vergleichungen oder gedachte Betrachtungen unseres Intellekts zu sein scheinen.285 Aristoteles aber zählt sie als zu dieser Gattung gehörend. ... Aristoteles aeque numerat omnes illas ut species sub hoc genere contentas (47,10,7).

(3)

Eine dritte Schwierigkeit in Bezug auf die erste Gattung ist folgende.

Die zu dieser Gattung gehörenden Relationen sind entweder real (oder reale modi), die den absoluten Sachen hinzukommen, oder sind sie es nicht. Real können sie nicht sein, wie schon oben dargelegt, sonst würden unendliche modi möglich sein, die nicht nur unnötig, sondern auch unverständlich sind. Wenn sie aber keine real verschiedene modi sind, dann können sie nur eine mera coexistentia plurium rerum absolutarum talium conditionum (Ib. 8) sein. Sie sind entweder intrinsecae oder additae habitudines. Eine albedo wird durch eine intrinseca und reale Addition nicht mit einer anderen ähnlich. Eine Addition kann nicht verständlich werden wenn keine Distinktion besteht zwischen dem, was hinzugefügt wird und dem, dem hinzugefügt wird. Das geschieht so viel im Falle der absoluten Formen schwieriger zu verstehen als auch im Falle der transzendentalen Relationen. Bei diesen wäre noch leicht zu verstehen, dass sie ohne eine re284

Diese anscheinend verschlechternde Auszeichnung, die Suárez den Mathematikern zumisst, ist ein Zeichen dafür, dass er leider die Mathematik nicht so sehr geachtet hat, sonst hätte er den von Phydias erfundenen Prinzip des „goldenen Schnitts“ (φ) gut gekannt, nach dem bei einer Gerade die Verhältnisse der Teile Minor zur Major und Major zum Ganzen immer gleich sind, nämlich: das Ganze ────|──────── minor major (hier wird keine exakte geometrische Angabe dargestellt) 1 + √5 = 1,6180 … 2 285 Thomas von Aquin expliziert diese Proportionen in mehreren Punkten seiner Metaphysik. φ=

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ale Addition bestehen, denn ein und derselbe respectus kann je nach den verschiedenen Gesichtspunkten oder rationes prädikamental und transzendental sein. Bei den ersteren aber ist es unmöglich, dass zwischen ihnen eine reale habitudo besteht ohne dass ihnen etwas intrinsecum hinzugefügt wird, was tatsächlich geschieht. Bei den Relationen also, die zu dieser Gattung gehören gibt es nur gedachte Relationen oder gewisse Formen zu sprechen, die aus dem Vergleich zwischen den diversen Formen entstammen, den unser Intellekt vornimmt; keine reale also. (4) Die vierte Schwierigkeit bezieht sich auf die zweite Gattung. Suárez zeigt den Aristoteles wegen Falschheit an (plane false videtur quod Aristoteles ait relationem causae effecturae ad effectum futurum esse sub hoc genere, 47,10,9). Hier bezieht sich Suárez auf das, was er oben (47,10,3) über die actione futura gesagt hat.286 Diese auf einen zukünftigen Effekt bezogene Handlung, wird von Aristoteles in die 2. Gattung gestellt.287 Das kann Suárez nicht annehmen, da diese Relation keine reale ist, weil: (a) der Terminus weder existiert actu (quod futurum est, nondum est, Ib. 9) noch wird er gewirkt (nondum fit, Ib.), weil die Erzeugung, als „conditio necessaria“ hat sich noch nicht stattgefunden; und vor allem, (b) weil es dort keine in actu wirkende Ursache gibt. Suárez benützt dieses dritte Gegenargument um eine weitere Distinktion aufzustellen (Ib. 9): operatura (in der Zukunft) causa operantis (in der Gegenwart wirkend) Wenn die Ursache nicht actu wirkt, dann würde die auf die Ursache bezogene Relation vielmehr eine „relatio causae operaturae“ als eine „relatio operantis“ sein, weil die Erzeugung immer eine „unbedingte Bedingung“ für diese Art von Relationen ist. (B) Das Beispiel der Vaterschaft Dass Peter (Vater) den Paul (Sohn) erzeugt hat ist eine „denominatio extrinseca ab actione praeterita“ (Ib. 9). Sie kann also kein „respectus intrinsecus realis“ sein. Das „Erzeugt-haben“ bleibt trotzdem bestehen, wenn auch Paul gestorben ist, denn man könnte ohne weiteres immer weiter sagen: „Peter hat den Paul erzeugt“ (Petrum genuisse Paulum, Ib. 9).288 286

Vgl. Thomas von Aquin, Met., V, lect. 17, n. 25: „Sciendum etiam est quod eorum relativorum, quae dicuntur secundum potentiam activam et passivam, attenditur diversitas secundum diversa tempora. Quaedam enim horum dicuntur relative secundum tempus praeteritum, sicut quod fecit, ad illud quod factum est; ut pater ad filium, quia ille genuerit, iste genitus est; quae differunt secundum fecisse, et passum esse. Quaedam vero secundum tempus futurum, sicut facturus refertur ad faciendum. Et ad hoc genus relationum reducuntur illae relationes, quae dicuntur secundum privationem potentiae, ut impossibile et invisibile. Dicitur enim aliquid impossibile huic vel illi; et similiter invisibile.“ 287 Arist. Met. V,15: 1020 b 15-24. 288 L. Jansen hat gesagt: “Die Existenz von Kindern zu einer bestimmten Zeit ist… nicht daran gebunden, dass es zur gleichen Zeit auch Eltern gibt. Ebenso ist die Existenz von Eltern nicht an die gleichzeitige Existenz von Kindern gebunden. Eltern und Kinder sind also keineswegs von Natur aus zugleich.” (o.c., S. 25). Kann man aus diesem Grund deduzieren, dass die Relation der Vaterschaft eine Relation secundum dici ist, nur weil sie zu den aristotelischen Ausnahmen der Gleichursprünglichkeit gehören, die Jansen mit den bloss dialektisch motivierten Relationen identifiziert? Darf Jansen sagen, dass er

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Noch schwieriger ist zu sagen, dass auch die Relation des aktuellen, gegenwärtigen agens (relatio agentis, etiam de praesenti, Ib.) im selben agens real sei, denn diese actio inhäriert ihm nicht, sondern benennt ihn äußerlich (extrinsece, Ib.). So sollte man denken, wenn man Aristoteles’ Meinung akzeptiert, nämlich dass er dafür ist, dass die Relation des Wissbaren nicht real ist, weil das Wissen sich auf das Wißbare bezieht, nicht aber umgekehrt (scientia sic dicitur, quia vere est ad aliud; scibile vero minime. Ib. 4). Auf die gleiche Weise, wird der agens als solcher, nur wegen der Relation seiner Aktion, die im passo ist, zum „principium agendi“ (Ib.) benannt. Keine also dem agens innerlich gehörende Relation wird aufkommen (resultabit, Ib.). Das gleiche gilt für den „agens in potentia“, vor allem wenn dieses „principium agendi“ nicht von der Natur dazu bestimmt ist, eine spezielle Funktion zu erfüllen. In diesem Falle würde es auch keine nicht einmal transzendentale Relation zu dem möglichen Effekt geben.289 (5) Bezüglich der 3. Gattung bezweifelt Suárez, ob Aristoteles sie richtig formuliert hat, sodass sie sich von den anderen zwei Gattungen wirklich unterscheidet (47,10,10). Suárez beginnt mit dem Problem des Maßstabes (ratio mensurae, Ib. 10). Wie kann man verstehen, dass ein Maßstab Fundament einer realen Relation sein kann, angenommen das jenes nicht real, sondern „rationis“ ist? Suárez versucht Aristoteles zu retten, denn vielleicht – sagt er – hat Aristoteles nicht von eine quantitativen Maßeinheit, sondern von eine „Wahrheitsmessung“ (mensura veritatis, Ib.) gesprochen. Aber diese vermeintliche Rettung scheitert sofort: umso schlimmer wäre es so anzunehmen – sagt weiter Suárez –, denn das Wissen sich genauso zu existentem als auch zu nicht existentem Objekt beziehen kann.290 Außerdem, ist ein Maßstab für Suárez weder eine Aktion noch ein reales Ding (aliquid rei, Ib.). (6) Die letzte Schwierigkeit bezieht sich auf die sufficientia dieser aristotelischen Einteilung. Es scheint, dass die Relationen des appetitus ad appetibile, amoris ad amabile, desiderii ad desiderabile auch reale Relationen sind, die sie sich nicht auf die Einheit oder auf die actio und auch nicht auf die mensura gründen, denn in der Liebe gibt es keine Wahrheit, die durch das liebenswürdige Objekt gemessen wird. (a) Liebe vs. Wahrheit Man könnte behaupten, dass bei der Liebe keine Wahrheit ist, doch aber eine „Vollkommenheit oder Ehrbarkeit der Liebe“ (perfectio vel honestas amoris, Ib. 11), die durch das liebenswürdige Objekt gemessen wird. Wenn dem so wäre, dann könnte man “in diesem Punkt Thomas von Aquin widerspricht, der pater und filius als Beispiele für die relatio secundum esse anführt?“ Ich glaube, dass man die verschiedenen Meinungen in ihrem Kontext analysieren sollte. 289 Arist. „tà d’ôs tò metretretòn pròs tò métron“ (Met. V, 15: 1020 a 19-20). 290 Aristoteles hat sich mit diesem Typ von Relationen in Cat. 7: 7 b 23-35 beschätigt, mit folgendem Resultat: “Ferner hebt das Wissbare, wenn es aufgehoben wird, damit auch das Wissen auf, das Wissen aber hebt damit nicht auch das Wissbare auf. Wenn es kein Wissbare gibt, gibt es kein Wissen – denn von nichts mehr wird es Wissen sein –, gibt es hingegen kein Wissen, so hindert nichts, dass es Wissbare gibt”. Wenn Suárez sagt, dass “das Wissen genauso von einem existenten wie auch von nicht existenten Objekt gemessen werden kann“ (...quia scientia vel iudicium intellectus aeque mensuratur ab obiecto existente vel non existente“ (DM 47,10,10), will er den aristotelischen Satz: „wenn es kein Wissbare gibt, gibt es kein Wissen“ so auffassen: Ein Wissen kann es auch geben, wenn es ein mögliches (eine zukünftige Sonnenfinsternis, z. B.) Wissbare ist, auch wenn es noch nicht real existiert. Das heisst „Prädizibierbarkeit“.

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es überhaupt bei jeder Relation zwischen Ursache (sei es formelle Ursache – d. h. die eigentliche Maßregel der Vollkommenheit – oder Wirk-, Exemplar- oder Finalursache) und ihrem Effekt annehmen. Aber alle diese Ursachen gelten nur als äußerliche Maßstäbe, wie es auch im Falle der Messung der unvollkommenen und der vollkommenem Spezies ist, die zu einem Genus gehören: sie werden durch eine äußerliche Messung in Bezug auf die gemeinsame Gattung gemessen. (b) Die Relation der Einheit Nun kommt wieder das Problem der „relatio unionis“ (Ib.). Es scheint, dass sie zu der ersten Gattung nicht gehört. Dass sie für die zwei letzten Gattungen nicht gilt ist klar. Aber zu welcher dann? Wie üblich, will Suárez uns mit einer Unterscheidung helfen, um das Einheitskonzept besser zu explizieren. Es stellen sich zwei Auffassungen: - Convenientia et unitas - Unio seu coniunctio Hier handelt es sich eigentlich um die Übereinkunft (convenientia) oder Unität (unitas),291 denn wenn die Einigung (unio) eigentlich ein Zusammenhang von verschiedenen Sachen ist, dann hat sie hier keinen Platz.292 Es ist auch noch wichtig ein Problem klarzustellen: Wohin eigentlich die Relationen des Kontakts (contactus, Ib.), der Nähe (proximitas, Ib.), der Distanz (distantia, Ib.), der Final- (causa finalis, Ib.), der Material- oder der Formalursache einzustellen sind. Alle diese Relationen haben kein ähnliches Fundament und deswegen ist nicht klar, wohin sie einzuordnen sind. Nach einer so langen Diskussion überrascht uns Suárez, wenn er sagt, dass die aristotelische Einteilung einigermaße anzunehmen ist293 (47,10,12), doch muss sie weiter expliziert werden: Wenn man von der Autorität des Aristoteles absieht, so besteht der Grund der „sufficientia“ dieser Einteilung darin, dass alle Relationen, die zu den drei Gattungen gehören real sind, vor allem die Ähnlichkeit (1. Gattung), die Vaterschaft (2. Gattung), und die des Wissens zum Wissbaren (3. Gattung). Nichtsdestoweniger, bleibt Suárez dabei, dass auch die Relationen rationis in diese Einteilung einzugliedern sind, weil sie eine gewisse Analogie oder Proportion mit den realen haben. Außerdem, und zurück zu Aristoteles, kann er bestätigen, dass die Relationen sich gerade durch ihre Fundamente oder durch die rationes fundandi (Ib.) unterscheiden, denn das Subjekt (subiectum remotum, Ib.) hat eigentlich (per se, Ib.) keine Wirkung auf die Relation. (C) Die Relationen und ihre Termini Darf man sagen, dass Aristoteles die Relationen durch ihre Termini absondert? Denn die Relation hat einen essentiellen Bezug auf den Terminus: die Bewegung, die Potenz und der habitus (Ib. 14) bekommen aus ihrem jeweiligen Termini ihre Unterscheidung. 291

Als Beispiel der “unio” zitiert hier Suárez die “unio humanitatis [Christi] ad Verbum”

(47,10,11). 292

Vgl. hier über die zusammenhängende Einheit, S. 51 (dritte Schwierigkeit). So meinen auch, nach Suárez: Thomas von Aquin (I, q. 3, a. 7; q. 28, a. 1, II CG, c. 11 et 12); Cajetan und Ferrariensis (in denselben Zitaten); Capreolus et Hispalensis (I, partim d. 19, q. 2 et 3; partim d. 30 et 31); Scotus et alii theologi. 293

144

Diese Frage hat, nach Suárez, Gültigkeit nur: (1) In Bezug auf die spezifische Unterscheidung, denn die gatungsmäßige (generica, Ib.) oder die „subalterna“ Unterscheidung können woanders ihre Fundamente haben. (2) Man kann daran denken, dass Aristoteles bei dieser Einteilung die formalen Termini nicht außer Acht gelassen hat, denn er hat in allen Gattungen die Termini als konstitutiv eingeschlossen. (D) Über die „sufficientia“ der Einteilungen in drei Gattungen Suárez ist der Meinung, dass keine „sufficientia“ vorhanden ist, denn die rationes die man dafür angibt reichen nicht aus. Suárez bezieht sich auf die Einteilung des Thomas von Aquin: (1) Secundum esse: Ein Ding hängt von einem anderen ab (Thomas v. Aquin, Met., V, lect. 17294. (Suárez: DM una res pendet in esse ab alia, 10,15); (2) Secundum unitatem activam et passivam: Ein Ding bekommt von einem anderen oder gibt einem anderen ein aliquid (Thomas v. Aquin, Met, V, lect. 17295. DM una res ab alia recipit vel alteri confert aliquid, Ib.); (3) Secundum quod quantitas unius rei potest mensurari per aliam“: Die Quantität eines Dinges kann durch eine andere gemessen werden (Thomas von Aquin, Met. V, lect. 17296; Suárez: Ib.). Diese aus dem hl. Thomas von Aquin übernommene Unterscheidung ist für Suárez schwierig zu verstehen. Die sufficientia secundum esse scheint vielmehr und allgemein (generatim, Ib.) zu der zweiten Gattung zu gehören, denn sie ist, genauso wie der Effekt, in seinem Sein (in esse, 47,10,15) von seiner Ursache abhängig. Mit einem gewissen Wohlwollen, gesteht Suárez zu, dass vielleicht diese kausale habitudo (habitudo ad aliud, Ib.) als eine pekuliäre (secundum peculiarem modum, Ib.) anzunehmen sei, wie es im Falle der Relation des Wissen zum Wissbaren geschieht. Aber dann gäbe es so viele Relationen wie Abhängigkeiten. Diese also genügt nicht für die Konstitution einer bestimmten Gattung.

294

“Ordinatur autem una res ad aliam, vel secundum esse, prout esse unius rei dependet ab alia, et sic est tertius modus. Vel secundum virtutem activam et passivam, secundum quod una res ab alia recipit, vel alteri confert aliquid; et sic est secundus modus. Vel secundum quod quantitas unius rei potest mensurari per aliam; et sic est primus modus.” 295 “Sciendum etiam est quod eorum relativorum, quae dicuntur secundum potentiam activam et passivam, attenditur diversitas secundum diversa tempora. Quaedam enim horum dicuntur relative secundum tempus praeteritum, sicut quod fecit, ad illud quod factum est; ut pater ad filium, quia ille genuerit, iste genitus est; quae differunt secundum fecisse, et passum esse. Quaedam vero secundum tempus futurum, sicut facturus refertur ad faciendum. Et ad hoc genus relationum reducuntur illae relationes, quae dicuntur secundum privationem potentiae, ut impossibile et invisibile. Dicitur enim aliquid impossibile huic vel illi; et similiter invisibile.” 296 “Tertius modus est secundum quod mensurabile dicitur ad mensuram. Accipitur autem hic mensura et mensurabile non secundum quantitatem (hoc enim ad primum modum pertinet, in quo utrumque ad utrumque dicitur: nam duplum dicitur ad dimidium, et dimidium ad duplum), sed secundum mensurationem esse et veritatis. Veritas enim scientiae mensuratur a scibili. Ex eo enim quod res est vel non est, oratio scita vera vel falsa est, et non e converso. Et similiter est de sensibili et sensu. Et propter hoc non mutuo dicuntur mensura ad mensurabile et e converso, sicut in aliis modis, sed solum mensurabile ad mensuram. Et similiter etiam imago dicitur ad id cuius est imago, tamquam mensurabile ad mensuram. Veritas enim imaginis mensuratur ex re cuius est imago.”

145

(E) Andere Meinungen über die „sufficientia“ Andere Autoren bejahen diese „sufficientia“,297 die von der in drei universellen Modi des Seins (ex tribus modis universalibus entis, 10,16.) von Alexander herkommenden Unterscheidung stammt.298 1. Idem et diversum (1. Gattung). 2. Potentia et actus (2. Gattung). 3. Perfectum et imperfectum (3. Gattung). Außer dass Alexander für diese „sufficientia“ keine genügende ratio dafür gibt, stimmt sie für Suárez nicht. Wenn Alexander meint, dass in die 3. Gattung das Sinnliche (sensibile, Ib.) oder das Verständliche (intelligibile, Ib.) einzugliedern ist, dann ist es nicht richtig, weil sie nicht so wie das Unvollständige durch das Vollständige gemessen werden, sondern nur durch den spezifizierenden Terminus, der manchmal vollkommener, manchmal aber gleich oder weniger vollkommen (Ib., 16) ist. (F) Die aristotelische „sufficientia“ nach Suárez Was denkt endlich Suárez über diese aristotelische „sufficientia“? Existimo ergo nullam aliam rationem sufficientiae Aristotelem habuisse, praeter inductionem quamdam qua intellexit nullam inveniri relationem quae ad hoc aliquod ex dictis capitibus revocari non possit... Nam si nullam invenimus relationem quae non habeat aliquod ex his fundamentis, sufficiens signum nobis erit divisionem illam sufficientem esse (DM 47,10,16).

Der einzige Grund, den Aristoteles hatte, diese drei Gattungen zu unterscheiden, gründet sich also darauf, dass er sich eine gewisse Induktion vorgestellt hat, nach der keine andere nur mögliche Relation zu finden sei, die sich nicht auf eine der drei Gattungen zurückzuführen ließe.

297

So, nach Suárez (47,10,16), Alexander Alensis. “Et perfectum (inquit) vel imperfectum, quoad tertium, eo modo quo imperfectum a perfecto mensuratur et diminutum a completo; et quia isto modo sufficienter varians naturam fundamentorum, ideo sunt tres species relationis”. 298

146

11. Sektion Die 1. Gattung: De primo genere in numero et unitate fundato (Cfr. 47,1) Suárez möchte in dieser Sektion klarheitshalber auf die Argumente, die in der vorhergehenden Sektion diskutiert wurden, zurückkommen: 1)

Über die Relationen die sich auf die Einheit oder auf die Zahl gründen (Cfr. 47,10,5)

Erste Unterscheidung nach der Art zu sprechen: (a) Wir sprechen von zwei Relationen zweier Extremen, die sich auf der Einheit gründen (b) Über die jeweiligen Relationen untereinander (a) Wenn wir von den Relationen zweier Extremen sprechen, sagen wir, dass sie sich auf ihre Einheit gründen, weil die ratio, warum sie beide zugleich entstehen – einmal die zwei Extreme präsent sind – nicht nur darauf besteht, dass ein jeder der Extreme eine solche Einheit hat, sondern auch, dass diese Einheit bei jedem der Extreme von der gleichen ratio ist. Es gibt also zwischen beiden Extremen eine realis convenientia (Ib. 2), von der, obwohl sie keine Einheit mit beiden Extremen ausmacht, man trotzdem mit Begründung über irgendeine Einheit (negativa oder rationis) sprechen darf, damit solche Relationen in beiden Extremen entstehen können. (b) Bei zwei Relationen der Ähnlichkeit z. B. jede von denen fußt auf eine Qualität, die eine formale Einheit ist, nicht aber insofern sie etwas dem Sein addiert (das ist eine Negation und kann keine Relation bestimmen), sondern in Bezug auf jene positive ratio entis, die der Negation unterliegt (substernitur, 11, 2). 2) Über die Relationen, die sich auf die Mehrheit (multitudine), Unterscheidung (distinctione, Ib.) und Verschiedenheit (diversitate, 11, 3) gründen. Sie scheinen nicht real zu sein, denn sie haben weder ein reales und formales Fundament noch einen formalen Terminus. Trotzdem, sagt Suárez, dass sie gleich zu verstehen sind wie die Relationen, die sich auf die Einheit gründen. „.... quamvis verus sit in relatione inaequalitatis alterum extremum carere parte aliqua magnitudinis alterius extremi, tamen relatio non fundatur formaliter in ea carentia, sed in hoc quod haec quantitas tanta est, illa vero tanta“ (DM 47,11,3).

Ein Beispiel kann diese Situation erklären: Nehmen wir das „Glänzende“ und das „Dunkel“ (lucidum-tenebrosum, Ib. 3). Sie unterscheiden sich nicht weil das „Glänzende“ das hat, dessen das „Dunkle“ ermangelt, sondern weil das erste einen bestimmten Grad Licht hat der sich von dem anderen Grad unterscheidet. 3) Ob eine Relation der Ähnlichkeit sich nur auf die Quantität und Qualität oder auch auf andere Kategorien gründen kann (47,11,4) Suárez bezieht sich auf seine früher angegebene Meinung. Ein Beispiel könnte auch das erläutern: Warum sind zwei Stadien der Wärme real ähnlich und zueinander bezogen und nicht zwei Stadien der Erwärmungen oder zwei Stadien des ubi? Der hl. Thomas aber scheint, die vier letzten Kategorien auszuschließen: 147

Qualitas autem rei, inquantum huiusmodi, non respicit nisi subiectum in quo est. Unde secundum ipsam una res non ordinatur ad aliam, nisi secundum quod qualitas accipit rationem potentiae passivae vel activae, prout est principium actionis vel passionis. Vel ratione quantitatis, vel alicuius ad quantitatem pertinentis; sicut dicitur aliquid albius alio, vel sicut dicitur simile, quod habet unam aliquam qualitatem. Alia vero genera magis consequuntur relationem, quam possint relationem causare. Nam quando consistit in aliquali relatione ad tempus. Ubi vero, ad locum. Positio autem ordinem partium importat. Habitus autem relationem habentis ad habitum (Met. V, lect. 17)

Suárez legt diesem Satz des Thomas so aus: Diese letzen Kategorien werden nach ihren eigenen rationes verstanden, nicht aber in dem Sinne, dass sie eine convenientia oder Proportion (Ib. 4) mit den anderen in Bezug auf ihre Einheit oder Distinktheit beinhalten. 4) Ob eine Relation sich auf eine andere Relation gründen kann a) Das scheint für bestimmte Autoren unmöglich zu sein.299 Erstens, weil, wenn es dem so wäre, würde man in infinitum weitergehen. Außerdem, kann es keine Bewegung zu anderer Bewegung geben (ad motum motus, Ib. 5). Oder, anders ausgedrückt, wenn eine Form ihren Effekt denominiert, muss man bei der Form bleiben. Das wird durch diese Formel erhalten: ...si forma ipsa aliquo modo participat effectum vel denominationem eius sistendum est in illa ut per se ipsam talis sit, quod aliter dici solet, procedendo a quod in quo, sistendum esse in quo (Ib. 5)300.

Eine Relation ist das, wodurch (quo) das Relativum sich bezieht, nicht quod sich bezieht. b) Das ist trotzdem in einigen Fällen möglich.301 Wenn es eine wahre Relation der Ähnlichkeit zweier weißer Sachen gibt, warum auch nicht zwischen zwei Vaterschaften? In beiden Fällen findet man den gleichen modus convenientiae et unitatis formalis (Ib. 6). Und beide werden a parte rei als ähnlich denominiert. Den Ausweg, dass zwei Vaterschaften nur fundamentaliter vel negative (Ib. 6) ähnlich benannt werden, d. h. dass sie keine diversa ratio haben, will Suárez nicht annehmen, sonst müsste man von jede Relation immer einen genügenden Grund für die Verschiedenheit verlangen. Das gleiche Argument gilt für die Relation der Unähnlichkeit, die zwischen der Vaterschaft und der Relation der Wissenschaft sein kann. Die Arithmetik könnte uns dabei helfen: 4 3 = 8 6 Hier stellt man fest, dass es sich dabei um eine Proportionalität zwischen zwei Proportionen handelt. Die Proportion aber ist nicht anderes als eine Relation. Und die Proportionalität besagt eine Ähnlichkeit der Proportionen (proportionalitas ergo nihil aliud esse videtur quam similitudo proportionum, Ib.). Dann haben wir eine Relation der Relation (relatio relationis, Ib.). 299

So meinen nach Suárez: Thomas v. Aquin (I, q. 42, a. 4; II CG c. 13; De pot., a. 11; I, d. 3, q. 1, a. 1). Soncinas (Met. V, q. 29, ad 1); Ferrariensis (IV CG, c. 11). 300 Heraushebung von Verf. 301 So Scotus (In II, d. 1, q. 4 et 5M In IV, d. 6, q. 10); Lychetus (in his locis) et Mairon (in his locis et In I. d. 29, q. 6); Antonius Andraeas (Met. V, q. 13; Lib. de sex principiis, q. 10).

148

Das kann Suárez nicht verneinen und gibt zu, dass eine Relation sich in bestimmten Fällen zu einer anderen in diesem Genus sich befindenden Relation real beziehen kann. Genauso wie unum und multa alle Kategorien transzendieren, so könnte man auch die Relationen dieser ersten Gattung bei jeder Gattung finden. c) Versuch, beide Meinungen in Übereinstimmung zu bringen. Eine Relation kann sich selbst (se ipsa, Ib. 7) auf eine andere beziehen, nicht aber mit einer anderen neuen Relation, damit der Prozess in infinitum vermieden wird, d. h. das quod und das quo stimmen übereinander. Kajetan302 scheint, die Worte von hl. Thomas: „Una relatio non refertur ad aliam per aliquam aliam relationem“,303 so zu interpretieren, dass sie nicht deswegen real sind, sondern dass sie mit den Fundamenten übereinstimmen. Wenn die göttlichen Relationen – sagt weiter Kajetan – keine Identität in der Natur hätten, könnten sie sich mit einer realen Relation der Gleichheit zueinander beziehen. Dann aber wäre die Sohnschaft selbst die Gleichheit des Sohnes mit dem Vater und die Vaterschaft selbst die des Vaters mit dem Sohn. d) Suárez’ Meinung (Ib. 8) Die Meinung Kajetans kann man – nach Suárez – nicht für alle Fälle annehmen, denn damit eine Form eine Denomination bekäme, d. h. damit sie sich „ut quod et quo“ verhalten könnte, müsste diese Denomination innerlich und untrennbar von der Form sein. Wenn aber eine Relation sich real zu einer anderen bezieht, dieser respectus ist nicht so innerlich und untrennbar von der Form und verhält sich als äußerlich und akzidentell. Eine Relation also kann sich nicht durch sich selbst auf eine andere beziehen, sondern durch eine andere Relation. 5) Das Beispiel zweier Vaterschaften. Der formale Effekt der Vaterschaft ist, sich zum Sohn zu beziehen. Wenn man aber sagt, dass eine Vaterschaft real ähnlich ist mit der zweiten Vaterschaft, dann hat dieser zweite formale Effekt (der zweite Sohn) eine ganz andere Bezogenheit zum Vater, denn es geht hier um einen verschiedenen Terminus. Außerdem, die vermeintliche Ähnlichkeit zweier Relationen der Vaterschaft ist vollkommen akzidentell, denn, wenn es auf der Welt keine zweite Vaterschaft gäbe, dann wäre auch keine Ähnlichkeit vorhanden. Genauso ist es, wenn es eine zweite gibt, was ein Zeichen ist, dass die zweite Vaterschaft sich zum zweiten Sohn nicht durch sich selbst bezieht, sondern durch eine andere Relation. Das kann mit folgender Argumentation bestätigt werden. Dass eine Relation sich auf eine andere real bezieht, nicht aber durch eine andere, kann man verschiedenartig auslegen. (a) Dass sie sich nicht durch eine andere Relation bezieht, die real oder ratione verschieden ist. (b) oder dass diese andere Relation nur ratione verschieden ist. Es ist danach angebracht, sagt Suárez, eine Distinktion zu unternehmen (Ib. 10): (a) „respectus intime inclusi in ipsis relationibus et inseparabiles ab ipsis secundum proprias rationes eorum“. Diese beziehen sich auf die eigenen Termini oder auf die entgegengesetzten Relationen.

302 303

Kajetan, I, q. 42, a. 1. I, q. 42, a. 1, ad 4.

149

(b) „alii vero [respectus] sunt accidentarii“. Diese beziehen sich auf andere Termini, die der Relation akzidentell sind. Wieder bezieht sich Suárez auf das Beispiel der Vaterschaft, um das zu erklären: Dass der Vater auf den Sohn sich bezieht, schließt innerlich und untrennbar (intrinsece und inseparabiliter, Ib. 10) die Entgegenseztheit (oppositionem, Ib. 10) der Sohnschaft ein, und insofern auch ihre Verschiedenheit (distinctio, Ib.), da die Verschiedenheit in der Entgegengesetzheit mit eingeschlossen ist; die Verschiedenheit aber ist in der Korrelation mit eingeschlossen. Aber der respectus einer Vaterschaft zu einer zweiten, nur weil sie ähnlich sind, ist in der eigentlichen Relation der Vaterschaft nicht mit eingeschlossen, sodass die zweite Vaterschaft nur ein äußerlicher und akzidenteller Terminus in Bezug auf die erste ist.304

Vgl. DM 47,17,17-21.

150

A. Respectus intime inclusi in ipsis relationibus (a) ad proprios terminos (b) vel ad relationes oppositas oppositio includit distinctionem

(a) ad proprios terminos

respectus

terminus

distinctio oppositio a) ad relationes oppositas relatio α respectus

relatio opposita

B. Respectus non inclusi in ipsis relationibus

respectus

termini accidentales

relatio

151

Der Prozess in infinitum305 Diesen Prozess kann man doch annehmen bei den Relationen in denen Punkte oder Teile vorhanden sind, die relationes rationis sind, bei den realen aber nicht, die den Prozess in infinitum nicht zulassen.306 Das wird wieder mit dem Beispiel der Vaterschaft veranschaulicht: Obwohl eine Vaterschaft einer zweiten ähnlich sei, passt es nicht dazu, dass diese Ähnlichkeit durch eine neue Relation zustande kommt (Ib. 12), denn diese Denomination ist von der gleichen Spezies, und so genügt es, dass es nur eine Relation gibt. Wenn aber die Relation der Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Spezies vorkommt, dann kann man auch nicht unendliche Relationen der Ähnlichkeit annehmen, weil die Welt, in der sie vorkommen könnten, endlich ist (Ib. 13). 6) Worin bestehen die Relation der Identität, der Ähnlichkeit und der Gleichheit? Die Relation der Identität gründet sich auf die essenzielle Identität, die kleiner als die numerica (Ib. 14) ist, und insofern stimmt sie mit der Substanz überein. Zwei Qualitäten, die der gleichen und essenziellen Spezies gehören, kann man als eine Relation der Identität betrachten. Auf die gleiche Weise kann man sagen, dass eine eigentliche Relation der Ähnlichkeit diejenige ist, die mit den Qualitäten wegen ihrer intension übereinstimmt. Die Relation der Gleichheit ist diejenige, die mit den Quantitäten wegen ihrer extension übereinstimmt. Man muss aber darauf achten, dass ein und dieselbe Qualität zwei Relationen begründen kann: die der Identität und die der Ähnlichkeit. Die erste gründet sich auf ihre Essenz; die zweite auf die Einheit der Intension. Beide können verschieden sein, denn eine Qualität kann ohne Intension als essenzielle Qualität weiter bestehen. Und im Gegenteil, kann man auch sagen, dass, obwohl eine qualitative Intension immer bei der Relation eine essenzielle Einheit der Qualität voraussetzt, trotzdem können das Schwarze und das Weiße in Bezug auf einem bestimmten Grad der Intension ähnlich genannt werden, obwohl sie essenziell verschieden sind (Ib. 14). Bei einer continua Quantität, kann man auch so verfahren wie bei den oben genannten Relationen. Das stimmt aber nicht bei den Zahlen, denn bei ihnen scheint die Relation der Ähnlichkeit nicht von der der Identität verschieden zu sein: zwei Doppelte (binarii, Ib. 15) sind immer gleich, sodass es bei ihnen keinen Unterschied zwischen der Relation der spezifischen Identität und der Relation der Ähnlichkeit geben kann. Die diskrete Quantität hat, im Gegenteil, ihre Essenz in der „Zählbarkeit“ (numerabilitatem, Ib. 15), und deswegen kann man bei ihr die Spezies nicht von der Mehrheit (multitudo, Ib.) unterscheiden, während bei der continua es möglich ist. 7) Ob nur die gatungsmäßige oder auch die spezifische Einheit eine reale Relation begründen kann Früher hat sich Suárez damit auseinandergesetzt. Nun will er auf diese Frage zurückkommen, um sie besser zu verstehen.

305 306

Vgl. DM 47,10,6. Vgl. Aristoteles, Met. II, 5, 994a24-25.

152

An und für sich könnte man beides annehmen, aber er gesteht zu, dass nicht nur die gatzungsmäßige Einheit, sondern auch die spezifische genügend ist, um eine Relation der Ähnlichkeit zu begründen.307 Es hindert nicht dabei, dass man zwei spezifisch verschiedene Sachen viel mehr als unähnlich als ähnlich benennt, eben durch ihre spezifische Verschiedenheit, denn daraus ergibt es sich nur, dass die gattungsmässige Relation der Ähnlichkeit nicht so „kräftig“ (tam potentem, Ib. 16) ist wie die spezifische, um eine Relation der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zu begründen. Trotzdem aber ist die generische Einheit dazu notwendig, um eine Relation als „talis“ zu denominieren. Es ist auch wahrscheinlich, dass diese Relationen der Ähnlichkeit, sowohl spezifisch wie auch generisch, nur wegen ihrer Beziehungen zu diversen Sachen (respectu diversorum, Ib. 17) oder weil jede sich an ihrem eigenen und formallen Terminus und Fundament anpasst, verschieden sind. Wenn man zwei Menschen der Gattung und der Spezies nach für ähnlich hält – beide sind vernünftige Menschen –, dann ist es nicht notwendig, dass sie sich durch eine doppelte (Spezies und Gattung) und reale Relation aufeinander bezogen werden. In einer angemessenen Relation sind beide respectus eingeschlossen, nämlich in der spezifischen Relation der Ähnlichkeit, weil sie sich nicht nur auf der letzten Differenz gründet, sondern auf eine solche Form, die das „esse specificum“ ausmacht (Ib.). Im Gegenteil, die generische Relation der Ähnlichkeit zwischen einem Menschen und einem Pferd (beide sind „animalia“), ist spezifisch und von der verschieden, durch die ein Mensch einem anderem ähnlich ist. „Relatio autem qua homo est similis equo in ratione animalis, diversa est in specie ab illa qua unus homo est similis alteri“ (DM 47,11,17).

Nichtsdestoweniger, diese Relation schließt jede andere Relation der Ähnlichkeit zwischen dem Menschen und dem Pferd mit ein, die man sich in den höheren Graden, die im Begriff „animal“ eingeschlossen sind, ausdenken kann. Auf diese Weise entstünde nicht nur die unendliche Zahl, sondern auch die weitschweifige Vielheit der Relationen. 8) Ob die analogische Einheit eine prädikamentale Relation begründen kann (Ib. 18). Die analogische Einheit wird hier als diejenige verstanden, die einen objektiven Begriff beinhaltet, der innerlich mit den beiden Analogata übereinstimmt. „...[ea] quae dicit unum conceptum obiectivum intrinsece convenientem utrique analogatorum“ (DM 47,11,18).

Die metaphorische Einheit kommt hier nicht in Frage, denn sie wird von unserem Intellekt erdichtet. Suárez nimmt diese Ansicht als nicht unwahrscheinlich an, weil es zwischen den Analogata eine reale Relation geben kann, die sich auf diese Einheit gründet, denn zwischen den Extremen ist eine reale Übereinstimmung (convenientia, Ib.) möglich. Das Beispiel der Relationen Gott-Geschöpf erläutert diese Frage:

307

Vgl. Thomas von Aquin: „Relatio quae importatur per hoc nomen ‚idem’ est relatio rationis tantum, si accipìatur simpliciter idem; secus autem est cum dicuntur aliqua eadem esse non in numero, sed in natura generis sive speciei“ (I, q. 28, a. 1, ad 2). Andreas (Met. V, q. 13, ad 3).

153

Die Effekte der Schöpfung beziehen sich durch eine reale Relation der Ähnlichkeit oder des „Bildes“ (imago Dei) zu Gott.308 Bei den endlichen Wessen befinden sich verschiedene Beziehungen zu Gott, je nach dem er sie als von sich ganz verschieden oder ihm assimiliert erschafft. An diesen Sätzen wird deutlich, wie Suárez die Graduirbarkeit des Seins versteht: Das kreatürliche Dasein partizipiert an Gottes Sein. Endlich ist noch zu fragen, ob die Relationen, die sich in der Vielheit (multitudine, Ib. 19) gründen, und sich auf verschiedene Zahlen beziehen, reale oder nur reine Denominationen sind, die dem Vergleich, den unser Intellekt mit ihnen macht, entstammen. Wenn man Aristoteles und anderen Philosophen Recht gibt, besteht kein Zweifel, dass sie sie genauso betrachten wie die Relationen, die dem 1. Genus angehören, denn die Relationen der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit, z. B. werden den Sachen selbst entnommen. Wenn aber – erwidert Suárez – die Relation ein Ding oder ein modus ist, der sich „ex natura rei“ vom Fundament unterscheidet, dann kann man schwer erklären, wie eine reale Relation sich auf ein Doppeltes oder Dreifaches gründet, denn sie kann in der ganzen Zweiheit (in toto binario, Ib.) keine einfache (una et simplex, Ib. 19) Relation sein. Welchem Subjekt würde sie inhärieren? Auch kann sie sich nicht auf die eine mehr als auf die andere Einheit gründen, denn beide haben die gleiche ratio. Und dass sie gleichzeitig in beiden Einheiten ist, ist es auch unmöglich, denn ein Akzidens kann in vielen Subjekten und in einem jeder nicht gleichzeitig sein. Es ist auch unmöglich, dass sie teilweise in einem, teilweise im anderem Subjekt sei, denn hier handelt es sich um eine „einfache“, und nicht um eine „zusammengesetzte“ Relation, wie es bei der Zahl geschieht, weil es sich nicht damit verträgt, dass die Relation eine verschiedene Sache oder modus ist. Sonst würde bei jeder beliebigen Einheit eine besondere Entität oder modus entstehen, der an und für sich eine Relation wäre, die zusammen mit den anderen eine zusammengesetzte Relation ausmachte, auf die gleiche Weise, wie die Zahl „eins“ ist (ad eum modum quo numerus est unus, Ib. 19). Das kann man aber nicht annehmen, denn das Fundament existiert in keiner Einheit als das, dem dieser modus entnommen werden kann. Anders verhält es sich, wenn man annimmt, dass die Relation kein modus ist, der dem Fundament hinzugefügt wird. Auf diese Weise, kann man leichter die Zahl, so wie sie in den Sachen ist, und ihrer unvollständigen Einheit nach, verstehen, sodass sie, als ein Extrem, mit der anderen Zahl als gleich oder als doppelt, usw. verglichen und bezogen werden könnte. Das Fundament dieser Relation ist bei jeder Zahl nichts anderes als dieselbe konkrete Quantität, insofern sie eine Einheit oder Differenz mit den anderen aufweist; und diese Quantität ist die Relation selbst, insofern sie diese Denomination dem Subjekt, in Bezug auf einen ähnlichen oder unähnlichen Terminus, zuschreiben kann. Eine letze Bemerkung ist noch wichtig, um die Relationen, die der 1. Gattung zugehören, besser zu erklären, nämlich welches sind eigentlich die Relationen die zu dieser 1. Gattung gehören. Für Suárez ist es nicht notwendig, dass diese Relationen ein reales „additum“ zum vom ihnen unterschiedenes Fundament (Ib. 20), oder nur eine reine äußerliche Denomination sind, die aus der Koexistenz der Extreme herrührt. Dazwischen kann man ein „medium“ finden, nämlich, dass es eine innere Denomination gibt, die die Koexistenz des anderen Extrem miteinschließt, zu dem sie in Bezug (dicit habitudinem, Ib.) steht. 308

Vgl. dazu Thomas v. Aquin (I, q. 4, a. 3, ad 4; I, q. 93, a. 3, ad ult.; De pot., q. 7, a. 6).

154

Bei dieser habitudo wird weiter gefragt, ob sie, auch wenn es den Terminus nicht gibt, innerlich im Fundament vorausgesetzt wird – obwohl es sich dabei um keine prädikamentale, sondern um eine transzendentale Relation handelt – oder ob sie ein neues „additum“ ist, sobald der Terminus da ist (posito termino, Ib.). Darauf antwortet Suárez, dass im Sinne einer prädikamentalen oder transzendentalen Relation oder einer habitudo, sie nicht vorausgesetzt wird, weil das Fundament dieser 3. Gattung keine habitudo transcendentalis aufweist.

155

12. Sektion Die 2. Gattung: in potentia vel actione fundato In dieser Sektion bezieht sich Suárez auf die 4. Schwierigkeit (DM 47,10,9), die bei der Behandlung der in der Ursache sich gründenden Relation aufgetreten waren, vor allem was die mögliche vergangene Ursache (Vaterschaft) betrifft. Im Allgemeinen, so glaubt er, sind sie reale und prädikamentale Relationen, wie viele Kommentatoren des Aristoteles meinen. Aber das ist nicht immer der Fall: (1) Sind alle Beispiele, die Aristoteles einführt, reale und prädikamentale Relationen? (2) Was für ein Fundament haben diese realen Relationen? Suárez vermindert die Exaktheit der aristotelischen Einteilung, indem er sagt: Ipse enim non intendit illo loco tradere propriam et rigorosam coordinationem praedicamenti ad aliquid, sed explicare omnes modos relativorum et ad certa quaedam capita eos revocare, sive sint propria relativa realia, sive solum ea imitantur secundum nostrum loquendi modum (47,12,2).

1. Die Vaterschaft Was Suárez besonders interessiert ist nicht so sehr die Relation, die sich auf einer zukünftigen, sondern diejenige, die sich auf einer vergangenen (praeterita, Ib.) Ursache (die Erzeugung) gründet, die einen actu existenten Terminum (den Sohn) zurücklässt.309 Diese ist für Suárez, eine reale und prädikamentale Relation. Sie besteht solange Ursache und Effekt actu existieren, Aber wie ist es möglich, dass eine solche bestehende und existierende Relation sich auf eine vergangene Ursache beziehen kann, die nicht mehr existiert? (quae iam non est, Ib. 4). Seine Antwort lautet so: Dicendum vero est non fundari in illa ut in proprio fundamento in quo insit aut a quo habet suam entitatem, sed illam esse rationem fundandi talem relationem vel, ut supra dicebamus,310 conditionem requisitam ut talis relatio resultet (DM 34,12,4).

Suárez beschäftigt sich hier weiter mit dieser besonderen Relation der Vaterschaft, indem er diese „conditio requisita“ weiter expliziert: Per eam positus est terminus necessarius ad talem relationem, quantum ad solam eius entitatem absolutam... per illam influit causa in talem effectum; ex quo influxo manet ordinata ad illum effectum et respective denominata a relatione insurgente vel a suamet potentia seu virtute agendi, quatenus peculiariter influit in illum effectum (47,12,4).

Aber damit ist nicht alles erklärt; man muss fragen, ob sie sich auf die „proxima potentia et accidentali“ oder auf die „principali et substantiali“. Und dafür gibt es verschiedene Meinungen: (1) (2)

309 310

Auf die „proxima potentia et accidentali“, d. h. auf die Erzeugungsfähigkeit (in potentia generandi, Ib. 5). Auf das „principium principale et substantiale“, das sich mit der Relation identifiziert.

Davon hat schon Suárez ausgiebig gesprochen. Vgl. Vgl.

156

An und für sich könnte die Relation sich auf (1) und (2) beziehen, wenn man davon abstrahiert, ob die Relation in actu ist oder nicht. Aber Suárez unterscheidet auf sybillinische Art das „Vater-sein“ („esse patrem“) vom „Erzeugt-haben“ („genuisse“). Das „genuisse“ ist eine „extrinseca denominatio ab actione praeterita“ (Ib. 6) und auf diese Weise bleibt sie bestehen, auch wenn der Sohn gestorben ist. Das „esse patrem“ aber erfordert die Koexistenz beider Extreme. Die eigentliche Relation der Vaterschaft ist, nach Suárez, vielmehr diejenige, die sich in der Substanz inhäriert, mittels der „principio principali“. Denn, wenn im Falle des erzeugten Sohnes, die Sohnschaft (filiatio) unmittelbar ihre Substanz oder ihr „suppositum“ affiziert (afficit, Ib. 5), so auch die Vaterschaft ihre Substanz oder das „substantiale principium“ affiziert (Ib.) und sich mit ihm identifiziert. Die Vaterschaft also wird bestehenbleiben auch wenn der Sohn gestorben ist,311 weil, wenn Paul Vater genannt wird nach der vergangenen Erzeugung (post actionem praeteritam, Ib. 7). genau so wird er weiter Vater genannt solange er lebt (praesente et durante actione, (Ib.). Aber genaugenommen dürfte man nicht sagen, dass Paul „Vater ist“, sondern dass „er Vater war“ (fuisse, Ib.). Aber man muss sich weiter mit dieser Relation auseinandersetzen: Wie kann man dieses „affiziert-werden“ verstehen?: (1) Entweder ist es nur eine äußerliche Denomination (solum extrinsece denominans, Ib. 7), (2) oder ist es eine in der Substanz inhärierenden Relation. Anscheinend wäre (1) genügend, aber es ist für Suárez nicht ganz klar, denn eine nur äußerliche Denomination bezieht sich vielmehr auf das von ihr denominierte Subjekt, als dass es sich auf sich selbst bezieht: ... quia quod extrinsece denominat potius refertur ad ipsum quod denominat quam referat ipsum (Ib. 8).

In der Weise: Dicendum est propriam relationem, quae per se refert causam agentem vel generantem, ab eo instanti in quo actu generat, esse intrinsecam et immediate inhaerentem illi (DM 47,12,8).

Das wird von hl. Thomas bestätigt: ... a relatione vero non invenitur aliquid denominari quasi exterius existente, sed inhaerente... Non enim denominatur aliquis pater nisi a paternitate quae ei inest (Contra Gentes, II, c. 13).

Aber so wie ich Suárez interpretiert, möchte er die „Inhärenz“ nicht in quo, sondern quo beibehalten, so dass die „Referenz“ zusammengehalten wird, wie es sich aus dem folgenden Satz ergibt: ...licet verum sit actionem ipsam referri ad terminum, tamen non proprie refert ipsum suppositum agens; quia non denominat illud ut id in quo est, sed ut quo est (DM 47,12,8).

Es bleibt noch zu fragen, ob die Relation der Vaterschaft die gleiche ist, wenn sie in actu oder schon vergangen (de praeterito, Ib. 9) ist. Einige meinen, dass sie verschieden ist, nach den Worten Aristoteles über die Verschiedenheit der Relationen nach

311

Das behauptet Suárez denjenigen gegenüber, die das verneinen. Vgl. DM 57,10,9.

157

der Zeit in der sie vorkommen312. Daraus scheint, dass es zwei Sorten von Relationen je nach der Zeit gibt: (1) denominat in actu. So die Vaterschaft bleibt solange die Erzeugungskraft dauert. (2) [denominat] ut illum qui agit. So entsteht die Relation nach der Erzeugung. Für Suárez gibt es für beide Fälle eine und dieselbe numerische Relation: In patre eamdem numero esse relationem quae in ipsomet instanti quo generat consurgit, et permanet quamdiu talis pater cum filio durat (Ib. 9).

Aber Suárez wird nicht müde, zu wiederholen, dass für die Entstehung der Relation die Erzeugung als „notwendige Bedingung“ gilt. Nun ist es so, dass ein Erzeugungsakt notwendigerweise einmal aufhören muss. Bleibt also die Vaterschaft in fieri et in conservari von dieser Bedingung abhängig? Wenn die Vaterschaft in conservari nicht von ihm abhängig bleibt, so bleibt trotzdem die Vaterschaft bestehen, und noch mehr, wenn sie davon abhängig ist. Das Aufhören eines Tuns ist etwas Negatives oder eine Entbehrung (privatio, Ib. 9), die für sich allein keine neue Relation hervorrufen kann. Und der vergangene Erzeugungsakt kann auch nicht eine neue Relation hervorrufen, weil, solcher Akt, schon seine Funktion zu einer bestimmten Zeit erfüllt hatte, als vergangener Akt aber nichts anderes hinzufügt als eine „privatio“. Es gibt also nur eine und dieselbe Relation der Vaterschaft: ... illam relationem esse unam et eamdem, manere vero postea, quia non pendet in conservari ab ipsa actione, sed a fundamento et termino... Quocirca paternitas ut sic nec includit denominationem de praeterito nec de praesenti, sed absolute refert ad unum qui habet esse ab illo qui pater denominatur abstrahendo ab hoc quod actio per quam habet esse existat vel non existat (DM 47,12,9).

2. Ob die Relation sich auf das Mögliche beziehen kann Die Antworten, die Suárez den früheren Bedenken (DM 47, 10,9) gegenüber stellt: Jetzt handelt es sich darum, ob eine reale und prädikamentale Relation sich auch auf ein ens possibile beziehen kann. Dort hatte schon Suárez festgestellt, dass sie sich nicht auf einen möglichen Effekt, ut sic gründet, sondern auf eine reale und passive Potenz, die actu existiert gegenüber denen die sagen, dass es doch möglich ist. Nun aber beschäftigt er sich damit, dass diese Relation vielleicht in die 2. Gattung einzustellen ist, da Aristoteles nicht über Proportionen zwischen der zwei Fakultäten (passive und aktive) spricht – was eine Art von Einheit darstellen könnte –, sondern über Potenzen, die eigentlich zur zweiten Gattung gehören. Trotzdem, meint Suárez, dass die aktive und passive Potenz streng (stricte, Ib. 13) genommen nicht nur in die 2. Gattung einzustellen ist, sondern dass sie in allen Geschöpfen zu finden sind. ...in proposito est quod una virtus sit eiusdem ordinis cum alia potentia et quod natura sua habeat vim agendi, quod est habere veluti physicum quoddam dominium in illam ut inde possit oriri respectus praedicamentalis seu relativa denominatio (47,12,13).

312

„tôn dè katà dynamin kaì katà jrónos ede légontai pròs ti, oion tò pepoietikòs pròs tò pepoieménon kaì tò poiêson pròs tò poiesómenon. outo gat patèr iuou lègetai patèr, to mèn gàr pepoiekòs, tò dè peponzòs tì esin“ (Met. 5, 15: 1021 a 21-25).

158

13. Sektion De tertio genere relationis in ratione mensurae fundato (47,13,1). Wenn man Aristoteles achtsam ließt, stellt man fest, dass er nur Beispiele gibt, die sich eigentlich nicht nur auf die Relation der „Wissen-Wissbaren“, oder „Wahrnehmung-Wahrnehmbaren“, sondern im allgemeinen auf jede entgegengesetzte Relation (oppositarum relationum (ut ita dicam)313, Ib. 1) bezieht. Das Beispiel „MessbaresMessung“ wird nur als Beispiel genannt. Das einzige, das diese Gattung bestimmt, ist also nur ein allgemeines Verhältnis des Messbaren (in aliqua ratione communi mensurabili, Ib. 2). ... nullam... aliam communem rationem eius [generis] ponit, nisi quia alia relativa, per relationem quas in se habent, relativa dicuntur, haec vero solum suscipiunt denominationem relativam, quia alia ad ipsa dicuntur. Unde simpliciter interpretando hanc litteram Aristotelis non videtur ipse in hoc tertio genere ponere novam aliquam relationem realem quae intrinsece insit et referat suum subiectum, sed solum denominationes quasdam relativas, sumptas ex relationibus existentibus in oppositis extremis. ... relatio autem scientiae ad scibile non videtur ab Aristotele collocari in hoc tertio genere, quia scientia non dicitur relative eo quod aliud referatur ad ipsum, sed quia ipsa in se vere habet respectum ad aliud. Aristoteles autem solum ponit in tertio modo ea quae dicuntur relativa, quia alia referuntur ad ipsa (47,13,3). (Cfr. Aristoteles: Met. V, 15: 1021 a 28-29).

So müsste man weiter fragen, zu welcher Gattung die Relation scientia-scibile“ und „sensus ad sensibile“ gehören. Für Suárez gehören sie eigentlich zur 2. Gattung an, denn sie sind Relationen eines gewissen Effekts in Bezug auf ihre Ursachen. (Ib. 4). Man könnte auch sagen, dass wenn jede Relation auf einer Proportion besteht, man sie alle auf die erste Gattung zurückführen dürfte; und so auch die Relation „scientiascibile“, die sich auf eine Anpassung oder Koaptation und Proportion zum Objekt gründet. 1. Die mensura Dass diese Proportion mit der Messung, von der hier die Rede ist, viel zu schaffen hat, ist evident, da das Wissen vom Wissbaren und die Erkenntnis vom wahren Objekt und das Geschöpf von der göttlichen Idee gemessen wird: Scientia mensuratur ab scibile... et cognitio mensuratur in veritate ab obiecto, et creatura in suo esse seu veritate essendi ab idea divina (Ib. 5).

2. Das Messbare Was versteht Aristoteles unter dem „Messbaren“ (mensurabile, Ib.)? Er gibt dazu eine neue Distinktion: (1) Intrinsece mensurabilis. Handelt es sich um eine Koaptation (coaptatio „ut ita dicam“ – sagt Suárez)314 oder um eine Ähnlichkeit.

313

Heute spricht man von “Polar-konträren Eigenschaften”. (Vgl. L. Jansen, o.c., S. 21). Es wäre interessant, festzustellen, dass bei Suárez dieser Satz: “ut ita dicam” (immer in Klammern) öfters vorkommt, das ich so verstehe, dass er das vorherstehende Wort erfunden hat oder dass es nicht üblich ist, oder dass er ihn im analogen Sinn versteht. 314

159

(2) Extrinsece mensurabilis. Es handelt sich hier darum, dass durch eine äußerliche Messung die Quantität der Sache bestimmt wird. Das Ergebnis hängt von unserer Erkenntnis ab, insofern sie eine Mitte darstellt, wodurch wir die Quantität oder die Masse einer Sache bestimmen können. ... mensura... dicit habitudinem ad nostram cognitionem, scilicet, quatenus est medium quo nos uti possumus ad cognoscendam alterius quantitatis, aut molis aut perfectionis, quomodo diximus supra rationem mensurae non addere rebus aliquam rationem realem, sed sumitur mensura pro reali termino vel obiecto ad quod res aliqua dicit habitudinem, secundum quam illi copatatur seu commensuratur, quomodo scientia comparartur ad obiectum scibile, et iudicium ad rem cognitam (47,13,9).

In diesem Sinne spricht Aristoteles von dem Messbaren, das für Suárez nur eine äußerliche, zusätzliche Messung, nicht aber eine interne Proportion bedeutet. Man wird ziemlich müde so und so vielen Argumentationen zu folgen. Am Ende ist man bereit, mit Suárez übereinzustimmen, wenn er sagt, dass das alles nur aus Streitlust („disputationis gratia“) behandelt worden sind. Und das stimmt, denn Suárez als resolutio diesen Satzt schreibt: ... Aristotelem hic non agit de his relationibus [reales oder rationis], sed de variis modis quibus res denominantur relativae ex rebus ipsis. Et ita distinguit duos generales modos, scilicet, quod quaedam denominantur quia ipsa referuntur, alia vero quia alia referuntur ad ipsa. Et rursus primum membrum distinguit ex duplici fundamento quantitatis seu unitatis, vel potentiae, et ita constituuntur tres modus relativorum. Atque ita fit ut, iuxta hanc interpretationem, illi tres modi relativorum non sint tria genera relativorum realium, nam tertius modus non addit novum genus relationis, sed declarat solum specialem modum denominationis quae ex aliquibus relationibus aliorum generum in terminos earum redundat (DM 47,13,8).

quantitatis, unitatis (1. genus) 1. modus: ipsa referuntur ad illa dupplici fundamento potentiae (2. genus) relationes 2. modus: alia referuntur ad ipsa (non est novum genus)

Ich möchte Suárez sein Recht und seine Streitlust nach schmälern, und auch es nicht aus seiner Feder reißen, denn er selber erkennt es mit solchen Worten an: „Haec tota sententia et huius [Aristotelis] textus interpretatio solum disputationis gratia proposita sit“ (DM 47,13,8).

Aber obwohl er Aristoteles nicht selten wegen Falschheit anklagt, wie wir oben festgestellt haben, neigt Suárez dazu dem Text von Aristoteles wohlwollend zuzustimmen: ... quoniam in littera Aristotelis, simpliciter inspecta, videtur habere non parvum fundamentum, et in ratione stando non improbabiliter defendi posset. Nihilominus non volumus discedere a communi sententia, quae habet hunc triplicem modum relativorum constituere tertium genus relationum realium quae in uno extremo realiter insunt illudque per se primo referuntur ad aliud, quod non iterum refertur per propriam relationem realem quam in se habet, sed terminat tantum relationem alterius et inde denominatur (DM 47,13,8).

160

14. Sektion Suárez bezieht sich in dieser 14. Sektion auf die Argumente, mit denen er sich in der 10. Sektion auseinandergesetzt hat, nämlich, wie jede reale Relation sich auf die drei modi zurückgeführt werden kann, die Aristoteles eingesetzt hat. Er fängt mit der Diskussion über die Relation „Liebe-Liebenswürdiges“ und „appetitus-appetibile“ an, von der Aristoteles nichts sagt. Es scheint, dass Thomas von Aquin315 die Relation Liebe-Liebenswürdiges von der des Wissen-Wissbares unterscheidet, denn diese hat ihr Fundament in scientia, nicht aber in scibili. Diese Relation gründet sich also in der Apprehension der Sache ihrem geistigen Sein nach, das im Wissenden, nicht in der bewussten Sache ist. Jene aber gründet sich auf das Appetit des Guten, das nicht nur in der Seele, sondern auch in den Dingen selbst ist.316 Auf diese Weise, hat die Relation Liebe-Liebenswürdige ihr reales Fundament in beiden Extremen (Ib. 2). Aber Thomas sagt nicht zu welcher Gattung die Relation Liebe-Liebenswürdige gehört – und das ist gerade das, was Suárez hier interessiert –. Anscheinend kann sie nicht der 2. Gattung zugeschrieben werden. Das Objekt wird hier weder in Bezug auf die Liebe bzw. Appetit in der Form einer passiven Potenz, noch in der Form eines Effekts des Tuns, sondern in der Form einer materia circa quam, die mit dem wißbaren bzw. wahrnehmbaren Objekt übereinstimmt. Zu der 3. Gattung kann sie auch nicht zugezählt werden (denn hier „aliud refertur ad ipsum“). Wird sie dann zu der 1. Gattung gezählt? Das scheint Suárez unmöglich zu sein, denn, obwohl die Liebe auf einer gewissen „convenientia“ oder Einheit gründet, ist es trotzdem nicht diese Eigenschaft, die die 1. Gattung bestimmt, wie Suárez in der 10. Sektion, n. 11 gesagt hat. Diese „convenientia“ oder „proportio“ findet man auch zwischen der scientia bzw. sensus und ihre Objekte, und das umso mehr als die Kognition (cognitio, Ib. 3) per assimilationem quamdam wird. Suárez bestreitet weiterhin die Unterscheidung, die Thomas aufgestellt hat. Warum werden die Relationen „scientia (bzw. sensus)-scibile (bzw. Wahrnehmbare)“ durch ihre Objekte ausgemessen und nicht die Relation der Liebe durch ihr Objekt (Ib. 4)? Die Liebe tendiert auf die Sachen prout sunt in se. Si mensura veritatis est sufficiens fundamentum relationis, cur non mensura honestatis vel bonitatis amoris? (47,14,4)

Dass es dabei um eine Relation handelt, die eine zur 3. Gattung zugehörige Eigenschaft ist, wird von Suárez widersprochen, denn es handelt sich dabei um kein angemessenes Fundament, weil es weder im Sinne einer formalen Wahrheit des Erkennens verstanden wird, noch wird der Intellekt, als Potenz, von dem verständlichen Objekt der Wahrheit nach ausgemessen, sondern der entitativen Vollkommenheit nach. Es ist auch nicht zu verneinen, dass alles, was zwischen den Sachen ist, die eine Beziehung zum Objekt haben und ihre Spezifikation dadurch bekommen – sodass sie eine subalterne Gattung (genus subalternatim, Ib. 4) ausmachen – zu dieser Gattung überhaupt gehöre. Suárez hält die Meinung Avicennas und Thomas für wahrscheinlich, bevorzugt aber die des Aristoteles. Es ist angebracht, die Relation der Liebe von dieser 3. Gattung 315

„Nam (inquit) illa est realis in uno extremo tantum, haec vero in utroque (In I, d. 20, q. 1, a. 3, ad 3). Nach Suárez, hat der hl. Thomas diese Unterscheidung von Avicenna übernommen (Met. VII, txt. 8). 316 Vgl. Met., V, text. 8.

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auszuschließen. (1) Weil sie nach Aristoteles keine mutuae relationes sind. (2) Weil der Unterschied zwischen Liebe und Wissen nicht befriedigt, denn wenn man das Wißbare mit dem liebenswürdigen Objekt als Fundamente (ut ita dicam) vergleicht, beides sind Etwas Reales im Objekt. Res est in se bona et vera secundum esse et apta ut intelligatur.

Nach Aristoteles: Unumquodque ita est verum et intelligibile, sicut est ens (Met. II, 1: 993 b 20); actum esse magis agnoscibilem quam potentia (Met. IX, c. 7).

Diese Sätze sind insofern wahr als sie sich zur intelligibilitas beziehen, die sich in den Sachen selbst gründet (fundantur, Ib. 5). … non oportere obiectum praesens esse eodem modo quo cernitur, sed eo tantum, quo aptum sit speciem imprimere (De an. 3,12,4).

Man könnte einwenden, dass manchmal die ratio, durch die das wißbare Objekt erreicht (attingere, Ib.) wird, eine äußerliche sein kann. Aber genauso äußerlich ist öfters die ratio amandi in Bezug auf ihr Objekt: Man kann die Mitteln lieben wegen einem äußerlichen Ziel. Quod si ratio attingendi obiectum scibile potest esse extrinseca, etiam ratio amandi saepe est extrinseca ipsi obiecto, ut patet in amore medii propter finem extrinsecum (DM 47,14,5).

Es besteht also die gleiche Proportion zwischen Liebe und Wahrheit.317 …sicut ergo scibile non dicitur referri nisi quia aliud refertur ad ipsum, ita neque amabile (47,14,5).

Zusammenfassend, präsentiert Suárez eine Serie von Begriffen, die uns vielleicht helfen können, seine Ansicht besser zu verstehen, vor allem in Bezug auf die des hl. Thomas. (Cfr. DM 47,10,11): Es handelt sich zunächst um ein Dilemma: (1) Entweder exklusion dieser Relation aus der 3. Gattung (2) Oder Inklusion dieser Relation in die 3. Gattung Suárez entscheidet (probabilior, Ib. 5) sich für die Inklusion. Wenn man das Wißbare mit dem liebenswürdigen Objekt in Bezug auf ihre Fundamente (ut ita dicam, Ib. 5) unter sich vergleicht, dann haben beide etwas intrinsecum und reale in ihren Subjekten, weil genauso wie ein gutes Ding in sich gut ist, ist es auch wahr seinem Sein nach und auch fähig, verstanden zu werden. Iuxta hanc ergo sententiam, quae probabilior apparet, dicendum est ad sextam difficultatem [cfr. S. 143] relationes illas pertinentes ad actus, habitus et potentias appetendi respectu obiectorum pertinere ad hoc tertium genus, quod non tantum in mensura veritatis, sed etiam perfectionis, seu in commensuratione et proportione alicuis rei ad obiectum fundari potest (DM 47,14,6).

Bei dieser sechsten Schwierigkeit hatte man eingewendet, dass alle Effekte in diese dritte Gattung eingegliedert werden können, insofern sie durch ihre Ursachen ausgemessen werden. Diese Schlussfolgerung könnte Suárez einerseits zulassen, anderseits aber nicht. Um das zu erklären, unterscheidet Suárez hier zwischen ratio mensurae et 317

Vgl. DM X über de bonitate.

162

mensurati (= 3. Gattung), ratio dependentiae (= 2. Gattung) und ratio similitudinis (= 1. Gattung). Wenn man die ratio mensurae et mensurati präzis ins Auge fasst, kann man sie bejahen. Wenn aber die ratio dependentiae berücksichtigt wird, dann könnten diese Relationen zur 2. Gattung gehören; zur 1. Gattung aber, wenn man die ratio similitudinis annimmt. Es besteht also kein Hindernis, dass zwischen zwei Sachen verschiedene Relationen auftauchen, wenn sie sub diversis rationibus verstanden werden. So die Relation exemplati ad exemplar. Nun aber glaubt Suárez, dass die ratio mensurae et mensurati kein reales Sein hinzufügt, sondern dass sie nur eine Denomination in Bezug auf die Erkenntnis, die keine besondere von der Wirkursächlichkeit, Abhängigkeit oder Ähnlichkeit verschiedene Relation ist. Bei der 3. Gattung gibt es keinen anderen Typ von Relationen als diejenige, die eine pekuliäre Form ihres Verhaltens besitzen, die durch die Tendenz oder Konmensuration ad aliud als Objekt, Terminus oder inneres Ziel per se primo et intrinsece bestimmt ist: nämlich die potentiae, die actus und die habitus. Nun ist diese terminatio obiectiva (Ib. 6) keine Wirkursächlichkeit,318 sodass diese Konmensuration zum Objekt nicht zur 2. Gattung gehört. Und sie gehört auch nicht zur 3. Gattung, denn die Proportion zwischen der Wirkursache und ihrem Effekt bedeutet entweder eine reine Wirkursächlichkeit oder eine effektive Abhängigkeit oder eine Ähnlichkeit zwischen ihnen. Es folgen die Bedenken über die Einheit, als Grund der Eingliederung in die 1. Gattung, die auch früher schon behandelt worden waren. (Cfr. hier S. 147 ff.). (1) Es wird gesagt, dass die Relationen der Einheit zur 1. Gattung gehören, da jeder Zusammenhang „unio“ (Ib. 7) eine gewisse Einheit oder eine gewisse „via“ zur Einheit ist. Dieselbe schon oben behandelte spezifische oder generische Identität macht eine gewisse „unitas plurium“ (Ib.) aus. Demzufolge würde man sagen können, dass die „unio realis“ noch realer und eigentlicher ist. (2) Die numerische Einheit (unitas numerica, Ib. 7) einer einfachen Sache in Bezug auf sich selbst oder auf eine zusammengesetzte gegenüber ihrem „compositum“ kann keine reale Relation sein. Trotzdem kann – so Suárez – die numerische Einheit des ganzen „compositums“ als genügendes Fundament gelten, insofern in ihm die Teile sich vereinigen, die früher in der Wirklichkeit verschieden waren. (3) Alle Relationen die eine Ursache benötigen, gehören zur 2. Gattung, denn obwohl Aristoteles dabei nur diejenige Relationen in diese 2. Gattung einzugliedern scheint, die vor allem der aktiven und passiven Ursachen angehören, könnte man trotzdem überhaupt jede Ursache in diese Gattung eingliedern, die sich anders verhalten als passiv oder aktiv. (a) Die Materialursache. Sie ist eine passive Ursache; gehört sie also zu der 2. Gattung. (b) Die potentia informativa (ut ita dicam, Ib. 8). Die Form ist auch eine reale Ursache und so gehört sie auch zur 2. Gattung. (c) Die Finalursache. Obwohl die Finalursache keine reale Ursache ist, dürfte man sie auch als eine zur 2. Gattung zugehörige Relation annehmen. (d) Die relatio unionis. Insofern sie eine gewisse Ursächlichkeit darstellt, die eigentlich nur eine Nachahmung dieser voraussetzt, dürfte sie auch in dieser 2. Gattung eingegliedert sein.

318

Vgl. DM 12,3,17.

163

15. Sektion Ob die Relationen der dritten Gattung unwechselseitig (non mutuae) sind und ob sich dadurch von den Relationen der anderen Gattungen unterscheiden (A) Was heißt Wechselseitigkeit und Unwechselseitigkeit? (a) Die Unwechselseitigkeit kann sich unterscheiden: (1) secundum specificas rationes relationum (Ib. 1) (2) In suprema et generalissima Bei (1) heißt es, dass eine Relation, ihrer spezifischen Beschaffenheit nach, nicht wechselseitig (non mutua) ist, wenn sie in beiden Extreme keine gleiche spezifische Beschaffenheit hat. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um etwas Uneigentliches und Ungewöhnliches, denn wenn ein Extrem sich zum anderen bezieht, beziehen sie sich mutuell (mutuo). Deswegen heißen sie besser „relativa diversarum rationum“ oder „disquiparantiae“ (Ib.). Bei (2) heißt es, dass eine Relation nicht wechselseitig (non mutua) ist, wenn sie nur in einem ihrer Extreme real und wahr ist, nicht aber im anderen Extrem (Ib. 1). (b) Die wechselseitigen (mutuae) Relationen können sich ihrerseits unterscheiden in: (1) Relationes aequiparantiae (Ib. 2).319 (2) Relationes disquiparantiae (B) Der Bezug dieser Relationen zu den aristotelischen drei Gattungen. 2. Gattung = Relationes disquiparantiae, weil die „ratio fundandi“ einigermaßen in beiden Extremen verschieden ist: in einem Extrem können sie als aktive Ursache, im anderen aber als passive Ursache oder Abhängigkeit von der aktiven Ursache verstanden werden. Aequiparantiae = relatio unitatis320, aequalitatis, similitudinis, identitatis 1. Gattung = Disquiparantiae = fundatae in numero vel diversitate ihren spezifischen rationes nach (duplo, subduplo, aliae proportiones: excessum-defectum). Das Weiße ist vom Schwarzen zu unterscheiden. Sie können aber ihren generischen rationes nach zusammenkommen (convenire, Ib.): das Weiße und das Schwarze haben die gleiche generische Form: die Farbe, nämlich. 3. Gattung = sunt „plus quam disquiparantiae“, weil sowohl die „aequiparantia“ als auch die „disquiparantia“ von beiden realen Extremen ausgesagt wird. Sagt aber

319

Scotus und Buridan identifiziert die Relationen disquiparantiae mit dem “Vergleich” (comparatio), und die aequiparantiae mit der Konnexion. J. Buridan versteht auch die Relationen als “Vergleich” (Vgl. E. Schönberger, Relation als Vergleich. Die Relationstheorie des Johannes Buridan im Kontext seines Denkens & der Scholastik, E.j. Brill, Leyden-NewYork-Köln, 1994, passim. 320 Vgl. Arist., Met. V, text. 20.

164

Aristoteles, dass hier die Relation nur von einem Extrem zum andern ist, und nicht umgekehrt. Und so können sie nicht wechselseitig genannt werden. Suárez aber meint, dass Aristoteles sich irrt, wenn er sagt, dass die Relationen, die zur 3. Gattung gehören unwechselseitig sein können, höchstens in dem Falle der Relation „scientia-scibile“, „sensus-sensibile“. Doch gibt es auch hier eine Reziprozität (reciprocicatio, Ib. 3) und Wechselbeziehung (relativa denominatio, Ib. 3), weil genauso wie das Wissen ein Wissen des Wissbaren ist (scibilis scientia), auch wird das Wißbare durch das Wissen wißbar (scibile est scientiâ scibile, Ib. 3). Und diese Reziprozität ist nicht vom Intellekt erdichtet, sondern real. Sollte man aber behaupten, (1) dass das „gesehen-werden“ (esse scitum, Ib. 4) des Objekts kein reales Fundament in ihm hat, oder (2) dass es durch keine Veränderung gewusst wird, sondern durch eine Denomination, die aus der im anderem existierenden Form genommen wird… beide Gründe sind ungenügend. Beim (1), weil es dabei falsch vorausgesetzt wird, dass das Wißbare kein reales Fundament in denselben Dingen und in ihren Eigenschaften hat (Ib. 4). Das Licht, z. B., als etwas Wahrnehmbares, ist von der Natur so beschaffen, dass es den Wahrnehmenden affektieren (immutare, Ib. 4) kann.321 Das geschieht aber nicht beim intellektuellen Akt, weil die immateriellen und geistigen Dinge actu intelligibiles sind (Ib.). Beim (2), weil sonst die relatio agentis in actu wäre auch nicht real, denn der agens wird actu agens ohne Veränderung und ohne Hinzufügung einer absoluten Form. Wenn man, nach Aristoteles, annimmt, dass es nicht unwechselseitige (non mutuale, Ib. 6) Relationen gibt, dann müsste man sagen, dass sie nicht nur zu der 1., sondern auch zu allen Gattungen gehören müssen. Das kann man bei der Relation GottGeschöpf bestätigen, denn sie ist ganz klar nicht wechselseitig (non mutual), trotzdem gehört sie aber zur 2. Gattung. Auch die Relationen die sich in der 1. Gattung befinden sind non mutuale, z. B. die Relation der realen Verschiedenheit, der Substanz, der Gradualität beim Denken, die obwohl sie analog, trotzdem real sind. In der Natur der Sachen kommen auch Relationen non mutuale vor, die nicht zur 3. Gattung gehören, wie die Relation rechts-links, denn bei ihr findet man keine Art von Messung (mensura). Genauso geschieht es bei der non mutual Relation Finalursache-Finaleffekt, und sie gehört zur 2. Gattung. Da haben die Nominalisten leichter, denn sie akzeptieren keine non mutualen Relationen. so Gregorius In I, d. 18, q. 1. Suárez geht ganz vorsichtig weiter, denn zur 3. Gattung gehören eigentlich nur die Relationen, die „ex propria ratione formali sui fundamenti non mutuae sunt“ (ib. 8). Und so geschieht es, dass die oben genannten Beispiele der non mutualen Relationen nur „materialiter“ zu dieser Gattung gehören: ... has relationes non mutuas per se et quasi ex propria ratione sui fundamenti inveniri in tertio genere, in aliis vero minime, nisi veluti materialiter, ex peculiari conditione alicuius subiecti seu extremi (DM 47,15,8).

So ist nach Suárez Aristoteles zu interpretieren (Ita censeo esse interpretandam Aristotelis sententiam, Ib. 8). Glauben wir aber nicht, dass damit diese Problematik zu Ende ist: Suárez möchte sich auch mit einem Argument, das Kajetan hier einführt, auseinandersetzen. Es handelt sich darum, zu wissen, ob auch in den Relationen non mutuale beide Korrelate real

321

Das hat viel zu tun mit der modernen Theorie der spezifischen Sinnesenergie.

165

sind, d. h. ob das Wißbare sich auf das Wissen real bezieht, was Kajetan zu bejahen scheint. Suárez versucht Kajetans Argument,322 das er als „singularis“ und gegen den hl. Thomas betrachtet, mittels einer Unterscheidung zu explizieren: Relationes mutuae Relationes non mutuae

= Die Korrelate beziehen sich „per intrinsecam relationem“. = Ein Extrem bezieht sich auf das andere nur durch die Relation, die in diesem ist und die das andere benennt

„... in mutuis utrumque refertur per intrinsecam relationem, non mutua vero non ita, sed alterum extremum refertur realiter per relationem existentem in alio et extrinsece denominantem alterum“ (47,15,9).

Das kann seine Schwierigkeit bei der Relation Gott-Geschöpf haben, denn wie der hl. Thomas sagt, ...relationes Dei ad creaturas non esse res aliquas extra Deum existentes a quibus extrinsece denominetur [Deus] relative (II CG, c. 13).

Wenn aber die Relation Gott-Geschöpf non mutual wäre, dann hätte auch Gott einen realen Bezug zu dem Geschöpf, nicht wegen der realen in Gott existierenden Relation, sondern wegen der Relation, die im Geschöpf selbst ist (Ib. 9). Nach diesem Exkurs nimmt Suárez die Frage auf, ob das Wißbare sich auch real zum Wissen verhält. Wieder ein Dilemma: (1) Entweder das Wißbare bezieht sich real zum Wissen, mittels einer Relation die im Wissen ist, (2) Oder es handelt sich dabei um eine verschiedene Relation. (1) kann man nicht annehmen, denn ein und dieselbe Relation kann zwei verschiedenen Subjekten keine verschiedene Denomination geben, wie es beim Wissen und Wissbaren der Fall ist. Wenn dem es so wäre, könnte die Sohnschaft, die im Sohn existiert, auch den Sohn innerlich (intrinsece, Ib. 11) denominieren und ihn zum Vater beziehen, so wie sie auch den Vater selbst extrinsece denominiert und ihn zum Sohn bezieht. Alias pari ratione eadem filiatio existens in filio posset filium denominare intrinsece et referre ad patrem, et patrem ipsum extrinsece denominare patrem et referre illum ad filium (DM 47,15,11).

(2) kann man auch nicht für wahr halten, denn es kann zwei Relationen nicht geben: scientia ad scibile und scibile ad scientiam, wie Aristoteles mit Recht sagt: Das Wißbare bedeutet, dass es ein Denken davon gibt, aber das Wissen ist nicht relativ zu dem, dessen es ein Wissen ist, denn so würden wir dasselbe zweimal wiederholen (Met. 1021 a 30).

Diese vermeintliche doppelte Relation hat also in Aristoteles keine Grundlage, denn er sagt ganz ausdrücklich, dass das Wißbare so genannt wird, weil das Wissen zu Wissbaren in Beziehung steht. Es wäre auch kein Ausweg zu sagen, dass diese doppelte Relation nur dann eine rationis ist, wenn sie ein „fundamentum in re“ benötigt, das es hier nicht gibt.

322

In I, q. 13, a. 7. Vor Kajetan hat Gregorius diese Meinug vertreten (In I, d. 28, q. 3).

166

Noch führt Suárez ein weiteres Argument dagegen ein: terminative et quasi passive verhält (1) Mit scibile wird gemeint das, was sich correlative ad scientiam verhält (2) (1) Hier wird das Wißbare extrinsece vom realen Wissen denominiert, sodass diese Denomination auch in den Dingen ein Fundament hat, das nicht vom Intellekt erdichtet ist (Ib. 13). Und auf diese Weise handelt es sich hier um eine transzendentale Relation zum Objekt. (2) Das bedeutet eigentlich eine Art zu sprechen, die sich daraus ergibt, dass unser Verstand, um die Relation scientia-scibile auszulegen, dieses Wißbare als korrelativ zum Wissen versteht. So scheint auch Aristoteles das auszulegen, indem er, um diese Relation zu erklären, nicht auf die Korrelate (extrema) achtet, sondern nur auf die Relation die dazwischen kommt, und wenn er vom ad aliquid spricht, achtet er auch nicht auf die Korrelate, sondern nur auf den passiven Terminus. Suárez versucht noch eine andere Auslegung anzugeben. Man könnte zulassen, dass Aristoteles – wenn er sagt, dass diese Relationen ad aliquid sind, weil andere von ihnen ausgesagt werden – diese Relation causaliter (Ib.) annimmt. D.h. dass er das ad aliquid in der Relationen „sensus-sensibile“, usw. so versteht, weil „alia referuntur ad ipsa“. Suárez hat oben ein Argument eingeführt, nach dem eine non mutual Relation bei dieser 3. Gattung in einem Korrelat nicht real ist. Der eigentliche Grund dafür –sagt er jetzt – ist, dass es in einem Extrem (im Wissbaren, z. B.) kein reales Fundament gibt für diese Relation, nicht weil es nichts sei, sondern weil man in ihm kein Fundament dafür findet. (C) Die Relation Gott-Geschöpf Gibt es hier immer eine non mutual Relation? Obwohl es sich dabei um eine theologische Frage handelt, möchte Suárez dieses Problem anpacken. Es gibt Namen (nomina), die man Gott zeitlich (ex tempore, Ib. 15) durch die Relation zum Geschöpf beimisst. Sind sie real oder nur rationis? Wie kann man diese zeitliche Relation verstehen: (1) respectus liberus seu non naturalis (praedestinatio, providentia, scientia visionis) „ex aeternitate“ (2) respectus necessarius seu naturalis (scientia, potentia, usw.) „ex tempore“:

(3) Gott als Schöpfer

(1) Diese respectus könnten absolut Gott nicht passen; sie sind also keine reale respectus, denn sie haben ex aeternitate keinen realen Terminus. (2) Diese respectus könnten – so einige Theologen – von der Existenz des Terminus absehen, sodass sie als reale und transzendentale Relationen bezeichnet werden könnten. Diese wären danach weder akzidentell noch veränderlich; sie gehören zu der intrinsischen Substanz Gottes zu.

167

Für Suárez bezeichnen diese respectus keine transzendentale Relation in Gott, sondern nur secundum dici, d. h. nach unserer Art, sie als respektive zu benennen. Sie sind also nur Relationen secundum dici. Wenn man aber darauf besteht, sie als secundum esse zu halten, so sind sie nur Relationen rationis, wenigstens solange die Termini (die Geschöpfe) nicht existieren. Die scientia, die potentia und der Wille Gottes sind an und für sich nur die Essenz Gottes und so „berühren“ (attingunt, Ib.) oder „berühren“ könnten die Geschöpfe ohne jegliche transzendentale Relation (Ib. 15). Die potentia Gottes ist nicht ad opus extra se hin geordnet; ihre Wirksamkeit bekommt sie nur concomitanter (Ib.) und secundum rationem. (3) Da die Geschöpfe, die Termini dieser respectus sind, ex tempore existieren, darf man Gott als Schöpfer und Herr bezeichnen. (a) Die Hominalisten323 in Bezug auf diesem Problem Dass eine reale Relation auch zu Gott passt, ohne dass sich in ihm etwas verändert (für die Nominalisten gründet sich eine reale Relation nur auf eine Denomination, die aus der Existenz zweier Termini entspringt), oder aber, dass es sich um eine absolute Sache handelt, die aus der Koexistenz einer anderen Sache durch sich selbst wegen irgendeiner Konnexion zwischen ihnen sie „sieht“ (respicit, Ib. 16), das – sagt Suárez – widerspricht die Meinung hervorragenden Theologen324 (Ib. 17). (b) Anselm und die Relation Gott-Geschöpf Inzwischen hält es Suárez für angebracht, die Meinung des hl. Anselms in die Diskussion einzubringen.325 Anselm hat einerseits bejaht, dass in Gott kein Akzidens vorkommen kann, weil er unveränderbar ist: Quomodo non est [Deus] particeps accidentis, cum et hoc ipsum quod maior est omnibus aliis naturis, et quod illis dissimilis est videatur accidens? (Monol. c. 24)

Anderseits macht er dagegen eine Einwendung: Sed quid repugnat quorundam quae accidentia dicuntur, susceptibilitas, et naturalis incommutabilitas, si ex eorum assumptione nulla substantiae consequitur variabilitas? (Ib.)

Weiter sagt er: Nam ego nec maior vel minor, nec aequalis vel similis sum homini post annum nascituro; omnes autem relationes has illo nato habere potero sine omni mei mutatione (Ib.).326

323

Ockham (I, d. 30); Gabriel Biel (I, q. 5); Durandus (q. 3); Gregorius (d. 28, q. 3, a. 1) Marsilius (In I, q. 32, a. 1). 324 Thomas von Aquin (I, q. 13, a. 7; CG II, c. 12); Kajetan (Ibidem); Ferrariensis (Ibidem); Capreolus (I, d. 30, q. 1, a. 1, concl. 3; a.2 et 3); Hispalensis (Ibidem, a. 1); Bonaventura (Ibidem, a. 1, q. 3); Richardus (Ibidem, a. 1, q. 4); Scotus (Ibidem, q. 1); Aegidius (Ibidem, q. 2); Henricus (Quodl. IX, q. 1); Alensis (I p. q. 35). 325 Auch Okham beschäftigt sich mit der Meinung Anselms: “Aliter dicitur accidens omne illud quod contingenter potest praedicari de aliquo, ita quod stante ueritate propositionis in qua enuntiatur esse de subiecto potest illud praedicari et non praedicari de illo. Et tam generaliter accipiendo accidens non est inconueniens attribuere aliquod accidens Deo, immo tale accidens attribuit Anselmus Deo, sicut patet Monologion, cap. 24. Verumtamen Deus non suscipit tale accidens realiter in se, sicut declarat ibidem, quia accidens sic dictum non est nisi quoddam praedicabile quod potest contingenter praedicari de aliquo. Et tunc in definitione accidentis non accipitur 'adesse et abesse' pro aduenire et recedere realiter, sed pro aduenire et recedere per praedicationem, hoc est quod aliquando praedicatur et aliquando non praedicatur.“ (Summa Logicae, I, 54: De relativis).

168

Am Schluss seiner Argumentation entscheidet sich Anselm dafür, dass diese „accidentia“ nicht im eigentlichen Sinn zu verstehen sind, denn es gibt in Gott keine Akzidenzien. (c) Die „modi loquendi“ Suárez hat uns daran gewöhnt, ein Problem nicht so leicht aus dem Weg zu räumen. Es gibt verschiedene „modi loquendi“: (1) Eine Relation oder ein Modus ist „ex natura rei“ von Fundament oder vom korrelativen Subjekt verschieden. (2) Eine Relation ist vom absoluten Ding nicht verschieden. (1) Es ist absurd, denn so müsste man annehmen, dass in Gott eine Relation aufkommt oder verschwindet, sobald die Geschöpfe geschaffen sind bzw. sich ändern. Der Ausweg, den Gilbertus Porretanus anbietet, nämlich dass die göttliche Relation nicht in Gott ist, sondern ihm beisteht (assistere, Ib. 18), kann Suárez nicht annehmen, denn man kann nicht sagen, dass dieses Beistehen subsistent ist. Wenn Gott etwas geschaffen hat, dann hätte er zu ihm eine Beziehung und so „in infinitum“. Auch darf man nicht diese Subsistenz als eine göttliche (subsistentia divina, Ib.) verstehen, denn dann begegnen wir einer hypostatischen Einigung (hypostatica unio, Ib.) oder einer Identität. (2) Den zweiten „modus loquendi“ könnte man akzeptieren, indem man diese Beziehung Gott beimisst (tribuendo, Ib. 20), denn es gibt kein Hindernis, dass Gott „ex tempore“ als Schöpfer eines real existenten Geschöpfes denominiert wird. Soncinas und Hervaeus glauben aber, dass es in Gott eine reale Relation als „Herr“ gibt, die sich auf seiner realen und wahren Potenz gründet. In diesem Moment begegnet wir einem Suárez, der sich schwer zum Urteil bekennen will, bevor er alle theoretischen Möglichkeiten durchdiskutiert hat. Das können wir, einerseits, als ein Hindernis ansehen, seine eigene Meinung herzustellen, anderseits aber auch als eine Möglichkeit, sein metaphysisches „acumen“ zu bewundern. Das ist hier der Fall: (d) Die verschiedenen „Ordines“ Er geht so weit, mit Soncinas und Hervaeus zu sagen, dass doch in Gott reale Relationen existieren können, aber um das anzunehmen muss man die verschiedenen metaphysischen „Ordines“ ins Auge springen: (a) ea quae, extra omne genus et extra omnem dependentiam [sunt], ut divinae personae (47,15,23) [Eiusdem ordinis sunt] (b) [ea quae] sunt sub eodem genere, ut substantiae creatae (Ib.) (c) [ea quae sunt] sub diversis generibus [substantia creata et genera accidentium]

326

Vgl. diesbezüglich die Meinung Buridans: “Nemo nostrum idem est in senectute, qui fuerit iuvenis” (Zitat aus R. Schönberger, o.c., S. 437-438. In einer Fussnote der Seite 437 zitiert er Stellen von Autoren, die sich diesbezüglich geäussert haben: Plato, Boethius, Duns Scotus.

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Alle geschöpften Dinge (außer den menschlichen Personen, die insofern sie sich beziehen, nicht zu dieser Disputation gehören)327 sind „eiusdem ordinis“ unter der Bedingung, dass (1) sie zu der gleichen Gattung gehören. (2) sie eine univoke Zweckmäßigkeit (convenientia, Ib. 23) besitzen. (3) sie sich untereinander helfen in Bezug auf ihre Vollkommenheit, sei es individuell, spezifisch oder wenigstens generisch. (4) sie durch Ursächlichkeit eine Vollkommenheit erreichen, nicht nur der Effekten, sondern, in einem gewissen Sinne, auch der Ursachen selbst, denn die Kreaturen haben ihre Funktion: a) Im Wirken (ad agendum ordinantur, Ib), b) „In conservari“ (in effectibus conservantur, Ib.), c) „secundum genus perficiuntur varietate differentiarum aut specierum“ (Ib.). „... entia creata sint diversorum ordinum, omnia habent inter se aliquam connexionem aut secundum rationes genericas aut secuundum specificas, cum proportione eas comparando. In hoc ergo sensu dicimus in praesenti omnia entia creata esse eiusdem ordinis“ (DM 47,15,23)

Nicht damit zufrieden, versucht weiter Suárez diese „ordines“ nach Kajetan328 weiter zu explizieren. Diversi ordinis sunt [ea] quae habent inter se essentialem dependentiam in ratione causae et causati“ (Ib. 24).

Auf diese Weise vergleichen sich alle Kreaturen mit Gott, nicht aber mit sich selbst, denn, obwohl sie manchmal unter sich verursachen, tun sie das nicht ihrer eigenen essenziellen Abhängigkeit nach (non secundum propriam dependentiam essentialem, Ib.). Suárez hat nicht immer zu Kajetan eine besondere Zuneigung. Hier ein Zeichen dafür: Was Kajetan sagt passt nicht zu den intrinsischen Ursachen: Material- und Formalursache. Bei diesen hat man es mit einer speziellen Ordnung zu tun und so gehören sie nicht zu der gleichen Ordnung. Etwas Ähnliches sagt Hervaeus, aber das tut er, nach Suárez, ziemlich dunkler. Die Schlussfolgerung dieser langen Diskussion ist folgende: „Nihil referri ad aliud vere ac realiter per intrinsecam formam, nisi sit eiusdem ordinis cum eo (DM 47,15,24).

Das wird mit dem Beispiel der Relation „scientia-scibile“ bestätigt. Wenn das Wissen sich auf das Wißbare bezieht, nicht aber umgekehrt, um so mehr geschieht es bei der Relation Gott-Geschöpf, sodass Gott sich umso weniger auf das Geschöpf bezieht, als das Wißbare zum Wissen: „... minus est [Deus] per seipsum referibilis ad creaturas quam scibile ad scientiam“ (DM 47,15,25).

327

Ein klares Beispiel, dass die Anthropologie des Suárez in einem ganz anderen GedankenZusammenhang zu betrachten ist, denn Aristoteles hat nicht von der “Person” gesprochen. 328 I, q. 4, a. 3, ad 4.

170

Jede Relation Gott-Geschöpf ist also „secundum rationem“ und hängt von unserer Art zu verstehen ab. Trotzdem ist es recht, über Gott als Schöpfer zu sprechen, denn es gehört ihm realiter extrinsece in Bezug auf seine reale Aktion, realiter intrinsece aber in Bezug auf seine reale Macht. Alle diese Relationen sind real nur insoweit sie von absoluten Formen hergenommen werden; was aber ihre formale Relationalität betrifft, gründen sie sich nur auf unsere Art zu sprechen. Suárez kommt jetzt auf die oben behandelten Argumente über die non mutuae Relationes (Ib. 3) zurück und versucht, sie weiter zu explizieren: Er ist mit Aristoteles einverstanden, dass die zu der 3. Gattung gehörenden Relationen non mutuae sind. Aber es besteht kein Hindernis, sagt Suárez, dass die zu der 3. Gattung gehörende Relation sich von den anderen unterscheidet, weil bei jener die Relationen immer non mutuae sind, bei diesen aber nicht immer oder selten. Bei der Relation Ursache-Effekt, Gott-Geschöpf kann man sagen, dass sie, nur wenn man die Potenz und die Aktion (potentia et actus, Ib. 27) formaliter betrachtet, mutua sein kann, aber und im eigentlichen Sinne und in Anbetracht der Erhebung ihrer Entität (eminentia suae entitatis, Ib.) ist sie non mutua. (e) Die Relationen Finalursache-Finaleffekt in Bezug auf ihre Wechselseitigkeit Wenn diese Relationen non mutuae sind, könnte man sie auf die 3. Gattung zurückführen, wenn bei ihnen die Mittel und die Ziele angepasst sind (coaptantur, Ib.), sodass sie von den Zielen bestimmt sind und durch sie gemessen (mensurantur, Ib.) werden. (f) Das Beispiel der Säule und des Menschen329 Im Mittelalter das Beispiel der Säule und ihrer Relationalität war wohl bekannt. Suárez nimmt es auch es bei dieser Problematik in Anspruch. Stellen wir uns vor, dass ein Mensch in Relation mit einer Säule tritt: Er kann verschiedene Positionen annehmen in Bezug auf die immer auf dem gleichen Raum stehende Säule. Diese räumlichen Variationen, sind sie real? Sehen wir es uns näher an: Auf den ersten Blick, scheint es, dass diese Relation in keinem der Extremen (Mensch-Säule) real sind, denn woher könnte die Form oder die Kraft für diese räumlichen Variationen bekommen? Vom Menschen? Diese Form oder Kraft müsste eigentlich intrinsece und real nur im Menschen („animal“, sagt Suárez, Ib. 29) liegen. Aber es ist nicht klar, dass sich davon eine reale Relation ergibt, weil diese Relation sich weder auf die „unitas“ noch auf die Quantität gründet; weder auf die vermeintliche aktive Potenz des Menschen (wenn es so wäre, hätten wir vor Augen eine mutua Relation, da der aktiven Potenz die passive Potenz der Säule korrespondiert). Noch auf die Konmensuration (conmensuratione, Ib.), denn der rechte Teil des Menschen z. B. keine transzendentale Relation in Bezug auf die Säule herstellt, das besagt er ist nicht von der Natur dazu bestimmt, eine Säule zu seinem Linken oder zu seinem Rechten zu haben. Oder von der Säule? Auf welche Weise kann diese relative Form in der Säule inhärieren? Auf jeden Fall nur extrinsece. Sie hat auch keine Kraft (virtus, Ib.), was eigentlich eine „privatio“ (Ib.) ist. 329

Suárez hat sich oben (DM 39,2,14) mit diesem Beispiel beschäftigt und gesagt, dass eine Säule keine “passio” erfährt, wenn sie von Luft oder Wasser umgeben ist.

171

Man kann also keinen Grund finden, diese Relation als real zu betrachten. Er rührt viel mehr von einem intellektuellen Vergleich (comparatione intellectus, Ib.) her, der durch eine gewisse Proportion oder Proportionalität zwischen dem rechten bzw. linken Teil des Menschen stattfindet. Man muss aber bejahen, dass bei Lebewesen es überhaupt zwischen rechts und links immer eine reale und mutua Relation gibt, wegen der Raumverschiedenheit (ex diversitate situum, Ib.) und wegen der verschiedenen realen Kräfte, die beiderseits vorhanden sind. Und es kommt gerade aus dieser nur beim Lebewesen vorhandenen räumlichen Relation, dass man sie in die leblosen Dinge übersetzt hat, die rechts und links stehen können. Auf diese Weise könnte diese räumliche Relation als non mutua gelten (da die Kraft, sich zu bewegen, nur beim Lebewesen anzutreffen ist). Sie gelten als real nur wegen ihrer räumlich-zeitlichen verschiedenen Situationen.330

330

Bei den heutigen biologischen Untersuchungen kommt es viel darauf an, ob die biochemischen Elemente „rechts“ oder „links“ sind. Die Symetrie spielt auch in der leblosen Natur eine grosse Rolle.

172

16. Sektion Ob der formale Terminus einer Relation eine andere Relation ist oder ein absoluter Terminus Eine erste Bemerkung wird hier nötig: (1) (2)

Hier handelt es sich nicht um eine formale Denomination des Terminus ut actu terminantis, sondern es handelt sich vielmehr um die Form oder ratio, die der Terminus erfordert, um Terminus zu sein (apta ad terminandum, 47,16,1).

Ein Beispiel von (1) ist die Wand, die gesehen wird. Das „Gesehen-werden“ der Wand ist kein aliquid in pariete, sondern es ist nur eine äußerliche Denomination, die dem Sehen entnommen ist, denn „Gesehen-werden“ (videri, Ib.) ist nichts anderes, als dass das Sehen in actu beendet wird.331 Idem est videri quod actu terminare visionem (Ib.)

Trotzdem etwas wird in derselben Wand notwendig sein, damit sie fähig wird, in der Hatur-Umgebung des wahrnehmenden Menschen gesehen zu werden, da nicht jedes Sein in der Hatur-Umwelt gesehen werden kann. Quia non omne ens potest terminare quamcumque relationem (Ib.).

Was hier also gesucht wird ist es, wie sich diese formalis ratio terminandi verhält, nämlich ob sie ein absoltes oder ein relatives Sein darstellt. Prozess eines Funktionskreises332 und einer Planmäßigkeit bei den Relationen des Wahrnehmbaren bzw. der Objektivierbarkeit der Hatur und des wahrnehmenden bzw. intelligiblen Menschen, einerseits, und bei der Relation Gott-Geschöpf, anderseits. Ich möchte die Meinung Suárez, wie sie sich im dieser Sektion seiner DM äußert, mit dem oben stehenden Satz zusammenzufassen. Es handelt sich eigentlich darum, festzustellen, ob bei jeder Relation der zu ihr bezogene Terminus ein absolutes oder ein relatives Seiendes sein muss. Und ob sich in der Natur eine doppelte Relation stattfinden kann oder nicht, was ein epistemologisches Problem darstellt. Auch handelt es sich darum zu wissen, inwieweit der Schöpfungsakt bei den Relationen Gott-Mensch eine endgültige Rolle spielt.333 331

Im Falle, dass eine Wand gleichzeitig mehrmals (pluribus visionibus simul) gesehen wird, sagt man nicht, dass es viele Sehensakte gibt, sondern nur einen, denn bei dem konkreten Sehen wird die Einheit vom Suppositum oder Subjekt her genommen, das sieht, und nicht von dem Wahrnehmenden (Vgl. DM 6,3,12). “Universale in concretum simpliciter non multiplicatur, quia id quod substat tali intentioni universalitatis formaliter non multiplicatur, sed sumitur ut habens eamdem omnino formalem unitatem cum eadem praecisione.” 332 Ich habe diesen Ausdruck dem Werk von J. von Üexküll, Umwelt und Innewelt von Tieren und Menschen, Berlin 1921, entnommen. 333 Kann es sein, dass alles, was uns die Welt angenehm, lebenswert und kostbar macht, nicht Kunde des Seins dieser Welt sein sollte? Es ist die Frage nach der Objetivierbarkeit des Phänokosmos, mit allen seinen Qualitäten; oder vom anderen Ende aus begriffen: die Frage nach der Überwindung des physikalischen Realismus, mit seiner alleinigen Realsetzung des Logokosmos der Wissenschaften. Eines ist klar nach den bisherigen Untersuchungen: Wir können nicht zum „naiven Realismus“ (wie Erich Becher sagte) der aristotelischen Schule zurückkehren; denn – nach einer wahren Feststellung

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1) Bedingungen bei diesem Prozess: Es gibt verschiedene Ansichten: 1) Dass der Terminus bei jeder Relation relativ sein muss, wird, nach Suárez, von Kajetan,334 dem Hispalensis335 und von den modernen Thomisten vertreten. Diese Meinung wird dadurch erklärt, dass jedes relativum formaliter terminatur ad suum correlativum (Ib. 3). Ein Paar Beispiele, deren Beweiskraft anscheinend auf Aristoteles zurückgeführen ist,336 können uns den Grund dieser ersten Ansicht veranschaulichen. a) Die Vaterschaft Die Relation Vaterschaft-Sohnschaft hängt vom Erzeugungsakt ab, denn die Sohnschaft ist eine vom dem erzeugten Menschen abgeleitete Eigenschaft. Es ist evident, dass der Erzeuger prior natura ist als der erzeugte Mensch. Daraus ergibt sich, dass auch die Vaterschaft prior natura ist als die Sohnschaft. ..quia si pater, verbi gratia, ut pater non terminatur ad filium, ut filius est relativus, sed ut ist hic homo genitus ab illo, ergo pater, ut pater, non est simul natura cum filio, ut filio, sed cum hoc homine, ut genito; at vero hic homo prius natura est genitus ab alio quam habeat relationem filiationis ad ipsum, quia filiatio est proprietas resultans in homine genito; ergo pater, ut pater, erit prius natura quam sit filius, ut filius… Quia relatio, ut relatio, non pendet nisi ex fundamento et termino; ergo, si formalis terminus non est altera relatio, per se non pendet ab illa nec requirit illam; ergo ex se est prior natura quam illa (DM 47,16,3).

b) Ein anderes Beispiel (scientia-scibile): Wenn das Wißbare oder das Wahrnehmbare nicht relativ zum Wissen bzw. zum Wahrnehmen, sondern etwas Absolutes wäre, dann müsste man die vollständige Natur des Wissbaren oder des Wahrnehmbaren genau erkennen.337

des Mathematikers, Physikers und Philosophen Hermann Weyl – „es ist schlechterdings unverständlich, wie die Qualität, losgelöst vom Bewusstsein, einem Ding an sich als Eigenschaft an sich beigelegt werden kann“. Wie aber, wenn diese seit zweieinhalb Jahrtausenden eingeprägten Begriffe des „Dinges an sich“ und der „Eigenschaften an sich“ von Grund aus falsch wären? Wie wäre es, wenn es keine vom Bewusstsein losgelöste Qualität gäbe? Dann kämen wir zu einer Kette von klaren Schlussfolgerungen: Wir leben in einer von uns wahrgenommenen und erkannten Welt (Phänokosmos und Logokosmos). Diese Welt ist in ihrem Sosein und Dasein von uns Menschen unabhängig; wir erschaffen ja nicht die Dinge, sondern wir nehmen sie wahr. Trotzdem: Keine Qualität und somit auch kein Sosein (Wesen) kann gedacht werden ohne Bezug auf ein wahrnehmendes und erkennendes Bewusstsein. Kein Seiendes ist denkbar ohne ein irgendwie qualitativ bestimmtes Sosein oder Wesen. Auch W. Heisenberg hat sich in der Beziehung zwischen Welt und menschlicher Erkenntis so ausgedrückt: “Das eigentliche der Naturwissenschaft gehörige Bild des Universums ist nicht mehr das, was eine Wissenschaft hat, deren Objekt die Natur ist” (Das Bild der Hatur, S. 25). 334 I, q. q. 3, a. 7 335 I, d. 30, q. 1, notab. 3. 336 Cat. 7 b 15: Die korrelative pros ti sind „von Natur aus gleichzeitig“. Relativa sunt simul natura. 337 In dieser Hinsicht, nähert sich diese Ansicht der Meinung des Aristoteles, der bei der Behandlung der Gradualität des pros ti (Cat. 8: 10 b 26-11 a 14) „nicht alles, aber das meiste“ (10 b 29-30) des Qualitativen als graduel ansieht. Bei der Diskussion (10 b 32) ob es von der Erkenntnis kein mehr oder weniger gibt, entscheidet sich Aristoteles dafür, dass jemand mehr oder weniger von etwas wissen kann als ein anderer. (Vgl. L. Jansen, o.c. S. 21).

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Das hat sein Problem gerade bei der non mutua Relation Gott-Geschöpf, denn, um die Relation des Geschöpfes zu Gott zu erkennen, müsste man die absolute Entität Gottes erkennen (Ib. 3),338 und es stimmt, dass man sie keineswegs genau wissen kann. 2) Die zweite Meinung (Ib. 4) stimmt mit der ersten (1) in der mutua Relation überein (es gibt dabei einen relativen Terminus), nicht aber in der non mutua Relation, denn in diesem Falle endet (terminatur) sie „ad absolutum“, „ad aliquid reale“,339 wie es bei der Relation Gott-Geschöpf geschieht. Es ist gerade die absolute Potenz Gottes, die die Relation des Geschöpfes zu Gott bestimmt.340 Das billigt Suárez bei der non mutua Relation. Bei der mutua aber stimmt diese Meinung mit der ersten überein. 4) Alle Relationen enden (terminari, Ib. 5) überhaupt ad absolutum.341 Die mutua Relation erfordert eine begleitende Korrelation (correlationem concomitantem, Ib. 5), nur wenn sie actu terminat (quando actu terminat, Ib. 5). Bei der non mutua Relation erfordert es aber nur „secundum nostrum modum concipiendi“ (Ib. 5). Das hält Suárez für die wahre Meinung,342 aber nur wenn man sie formaliter et per se intellectam annimmt (Ib. 5). Suárez bemüht sich jetzt, seine vorübergehende Meinung durch einige Behauptungen zu explizieren, denn man muss sie deutlich (distincte, Ib. 5) formulieren und in Bezug auf die mutuae et non mutuae Relationen beweisen, denn ihre ratio ist verschieden. a) Este Behauptung: Die ratio bei den non mutuae Relationen ist, dass sie einen realen und actu existenten terminum haben, in dem keine reale Relation zu der entgegengesetzten besteht (Ib. 6). Kajetan aber will einen Ausweg (effugium, Ib. 7) finden, indem er sagt, dass auch die non mutuae Relationen sich real aufeinander beziehen, aber unter der folgenden Bedingung: „quamvis relatio non utrique insit“ (Ib.) Das hatte Suárez auch oben zurückgewissen. Und das Beispiel „scientia-scibile“ kann uns das bestätigen, wenn man dabei Aristoteles recht gibt: …prius... relationem scientiae terminari ad scibile quam vicissim scibile ad scientiam (Ib.). Quocirca intelligo nullo modo potest quod unum extremum constituatur proxime aptum ad terminandam relationem alterius per ipsammet relationem realem quae est in altero extremo, cum omnis relatio praedicamentalis consurgat, praesuppositis fundamento et termino, non quidem actu terminante, sed apto ad terminandum, nam ut actu terminans non supponitur, sed constituitur ex alterius habitudine ad ipsum (Ib.).

Suárez weißt auch einen anderen Ausweg zurück, nämlich, dass die relatio rationis, die es in Gott oder im Wissbaren gibt, eine reale ratio terminandi ist. Für ihn kann es niemals gelten, denn der Terminus bei diesen Relationen muss immer real existieren (Ib.). Diese relatio rationis könnte höchstens als objektiv in einem Intellekt sein, sodass es nicht notwendig ist, dass sie actu existiert. Auch wenn kein Intellekt diese Re338

Vgl. diesbezúglich, J. Schmutz, in: Rem in se ipsa cernere, o.c. S. 472-520. So Ferrariensis (II CG, c. 11) und Niphus (Met., V, d. 14). Der Hispalensis neigt dazu, den zweiten Teil dieser Meinung anzunehmen (d. h. bei den non mutae Relationen). 340 So Niphus (Met. V, d. XIV). 341 So meinen, nach Suárez, Scotus (I, d. 36, q. 1, ubi Lychetus); Capreolus (q. 1, a. 2, ad 3); Soncinas (Met., V, q. 30, ad 2). 342 Scotus (In I, d. 36, q. 1; ubi Lychetus et alii scotistae); Capreolus (q. 1, a. 2, ad 3); Soncinas (Met., V, q. 30, ad 2). 339

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lation erdichtete (fingat, Ib. 9), endet die erschöpfliche Relation vere ad Deum. Man könnte immer noch dabei bestehen, dass es unmöglich ist, dass diese Relation nicht objective in einem Intellekt – wenigstens im göttlichen – ist, insofern Gott sie unmittelbar erschafft oder der menschliche Intellekt sie als erschöpfbar erkennt. Suárez erwidert, dass, obwohl es bei Gott wegen seines unendlichen Wissens notwendig ist, es per se et formaliter keine Relation des Geschöpfes betrifft, denn sie Gott nicht als speculantem dieser Relation auffasst, sondern als influentem esse in ipsam. Jede relatio rationis, insofern sie vom göttlichen Intellekt erkannt ist, ist also hier unpassend. Das Gleiche gilt in Bezug auf die Relationen sensus-sensibile, scientia-scibile, denn diese Relationen würden in sensibile bzw. in scibile enden (terminarentur, Ib.), auch wenn kein Intellekt davon weißt. Dices impossibile esse quin illa relatio sit obiective in aliquo intellectu, saltem divini, sive ipse illam immediate efficiat, sive cognoscat ut factibilem suo modo ab intellectu humano. Respondetur, quidquid horum verum sit, esse impertinens ad rem de qua agimus, quia licet id sit necessarium ex infinita scientia Dei, tamen per se ac formaliter id non postulat relatio creaturae, quia non respicit Deum ut speculantem (ut sic loquar) relationem rationis, sed un influentem esse in ipsam… Et idem est de sesu et sensibili, et scientia et scibili, nam, si per impossibile nullus intellectus de illis consideraret, relatio sensus terminaretur ad sensibile, et scientia ad scibili (DM 47,16,9).

Darauf antworten andere Autoren, dass dieses Argument nur dann gilt, wenn man diese relatio rationis in proxima potentia talis termini (Ib. 10) ist. Was bedeutet aber dieser Satz für Suárez? Entweder ist diese Relation ein reales Fundament, das dem Intellekt die Gelegenheit bietet, sie ad modum relativi zu verstehen, oder ist sie dieselbe relatio rationis ihrem esse essentiae nach. Beides wird von Suárez zurückgewiesen: Dass sie dem Intellekt eine Gelegenheit bietet ist kein Fundament, sondern nur die nächste Ursache oder Veranlassung (occasio, Ib. 10), die den menschlichen Intellekt befähigt, so zu denken. An und für sich ist sie nichts anderes als eine absolute Sache. Die göttliche Potenz wirkt auf das Geschöpf einfach ein. Dass sie ihrem esse essentiae nach verstanden wird, bedeutet nur, dass der menschliche Intellekt z. B. sie als eine absolute Sache per modum relativi auffasst. Außerdem, in den non mutuae Relationen genügt das esse essentiae nicht, wo fern es nicht ad existentiam zurückversetzt wird. Sonst ist es potentiale quid et simpliciter nihil (Ib.). Fonseca343 versucht zu beweisen, dass diese relatio rationis zu Gott passt (convenire, Ib. 11), obwohl sie nicht actu existiert. Es genügt, dass sie obiectiv im göttlichen Intellekt ist. Es gibt, nach Fonseca, einen gewissen Parallelismus zwischen der relatio realis im Geschöpf und der relatio rationis in Gott. Sie passen Gott bzw. Menschen zu, obwohl sie nicht actu existieren. Dass beide Relationen voneinander getrennt werden können, will Fonseca dadurch beweisen, dass das esse animal zum Menschen actu passt, obwohl es nicht actu existiert. Diesen Ausweg billigt Suárez nicht. Dass eine Form die actu nicht existiert zu einem Subjekt passt ist entweder falsch oder handelt es sich um ein Missverständnis, denn actu convenire ist nicht anderes als actu inesse, je nach den verschiedenen Formen durch die es möglich ist, nämlich inhaerendo, denominando, referendo. Sie muss also actu existieren. Nach den Regeln der Dialektik, dürfen die kontingenten Propositionen nicht von der Zeit abstrahieren, sonst könnte man sagen, dass Peter z. B., der actu existiert, eine spezifische Identität mit Paul hätte, der nur in potentia existiert, weil Paul ab intrinseco ein Mensch ist, wenn auch er nicht existiert (etiamsi non existat, Ib. 12). Es gibt also keinen Platz für eine Verdrehung der

343

Met., V, c. 15, q. 5, sect. 4.

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Wahrheit, denn nach der allgemein angenommene Meinung über die non mutuae Relationen, ist ihr Terminus aliquid absolutum formaliter et per se loquendo (Ib. 13) Damit will Suárez sagen, dass es manchmal vorkommt, dass der Terminus einer non mutua Relation eine reale Relation sein kann, die aber weder der ersten entgegengesetzt (opposita, Ib. 13) noch gegenseitig (reciproca, Ib.) ist. Ein Beispiel: Stellen wir uns ein Wissen von einer Relation oder einer Liebe vor, die unmittelbar auf eine Relation abzielt. Dieses Wissen bezieht sich doch wirklich auf eine Relation, die als Objekt oder als Maßregel (mensura, Ib.) verstanden wird. Aber diese Relation bezieht sich nicht formaliter auf die erste, als eine entgegengesetzte Relation, sondern nur materialiter, d. h. als der Stoff dieses Wissens (materia circa quam scientia versatur, Ib.). Suárez will noch tiefer eingehen. Was ereignet sich wenn diese entgegengesetzte Relation eine rationis ist? Suárez‘ Antwort lautet so: Eine transzendentale Relation dieses Wissens zielt doch (teminatur, Ib.) auf den Terminus, aber dieses Wissen wird nicht fähig sein, eine prädikamentale Relation herzustellen, wegen des Fehlens eines realen Terminus (propter defectum termini realis, Ib.). b) Zweite Behauptung: Die mutuae Relationen enden ins absolutum. Das wird, außer von anderen philosophischen Argumenten, mit einem aus dem Familienverhältnissen entnommene Beispiel veranschaulicht: Wenn Petrus (Sohn) das Fundament seiner Relation zum Paulus (Vater) in seiner vom diesem erzeugten Substanz hat, so könnte man gleicherweise sagen, dass die Relation der Vaterschaft Paulus-Petrus auch in Petrus endet, und umgekehrt, weil, so wie in Paulo seine Erzeugungskraft, als notwendige Bedingung, das naheliegende (proximum, Ib.) Fundament seiner Vaterschaft ist, so ist sie auch die naheliegende ratio, durch die Paulus die Sohnschaft Petri in ihm endet (terminare, Ib.). Das Motiv dieser zweiten Behauptung rührt daher, dass die Relation ein Akzidens ist, das “in esse ad aliud“ besteht. Und dieses „aliud“ kann keine zweite Relation sein, sonst gäbe es nicht ein, sondern zwei „suprema genera“. Wenn man also von zwei entgegengesetzten Relationen sprechen darf, so nur weil sie „per concomitantiam“, nicht aber „per formalem terminationem unius ad aliam“ dastehen (Ib. 16). Es gilt als Axiom dass „posito fundamento et termino, resultare relationem praedicamentalem“. (Ib. 17). Es kann daher keine entgegengesetzte Relation als Terminus einer Relation gelten. Suárez zitiert hier die Ansicht von Scotus, für den die „relationes extrinsecus advenientes“344 nicht zu diesem Prädikament gehören. Für Suárez gehören sie zu den transzendentalen Relationen. Dieser Terminus muss also bei diesem Axiom als etwas formale et proximum verstanden werden, d. h. „quasi in actu primo (ut sic dicam) (Ib. 17), nicht aber „in actu secundo“, denn so verstanden, gilt das Axiom nicht. Es gilt auch nicht, wenn man den Terminus als etwas materiale et remotum versteht, weil aus diesem so verstandenen Terminus zusammen mit dem Fundament, sich nicht ergibt, dass eine Relation aufkommt. Nam de illo termino ut sic non est verum quod illo posito cum fundamento sequatur relatio, nam potius ipse constituitur in ratione termini actu terminantis per ipsammet relationem ut actu tendentem in ipsum et extrinsece denominantem ipsum denominatione terminativa (DM 47,16,17) 344

Vgl. hier S. 179.

177

Wenn man sagt, dass „una relatio non consurgit ex positione alterius“ (Ib.), das Verhältniswort ex besagt ein Vorangehen in der Natur oder in der Entstehung. Eine prädikamentale Relation aber weder geht anderer entsprechenden Relation voran noch hat aus ihr ihren Ursprung. Cum autem relatio dicitur resultare positis fundamentis et terminis, sensus indubitatus est positionem fundamenti et termini antecedere seu praesupponi ordine naturae, et inde statim resultare relationem, quod ex proprietate ipsius locutionis manifestum est et ex re ipsa, quia in relativis mutuis utraque relatio simul resultat, positis fundamentis et terminis (Ib.).

3) Die dritte Behauptung beschäftigt sich mit der Erklärung folgenden Prinzips: Id quod in unoquoque extremo est ratio fundandi propriam relationem, est ratio terminandi alteram correlationem (DM 47,16,18).

Beispiel: Bei zwei weißen Sachen liegt die Ähnlichkeit (similitudo, Ib.) in dem Weiße (albedine, Ib.). Die Relation also ist zwischen zwei weißen Sachen und sie werden aufeinander als ähnlich bezogen, sodass, genauso wie bei der einen weißen Sache diese Ähnlichkeit sich im Weißen gründet, so auch bei der anderen im Weißen endet, sonst hätten wir vor Augen eine „similitudo similitudinis“ (Ib. 19). Das Gleiche könnte man sagen bei den Relationen „disquiparantiae“ die in den Familienverhältnissen vorkommen: Vater (Peter)-Sohn (Paul). Der Sohn Paul bezieht sich auf seinen Vater, Peter, weil dieser Paul erzeugt hat, nicht aber, weil Paulus sich auf Petrus so bezieht, dass die Relation sich formaliter von der Erzeugung unterscheidet (distinguendo formaliter relationem a generatione, Ib.). Quamquam enim pater non referatur ad filium, nisi cum filius referatur ad ipsum, non tamen haec est ratio, quae ex parte termini reddi possit, cur pater referatur ad filium, scilicet, quia filius referatur ad ipsum, sed praecise quia genitus est ab ipso; nam una relatio nullo modo est ratio alterius, nec ex parte termini nec ex parte fundamenti, alias non essent simul natura (DM 47,16,20).345

Diese vermeintliche doppelte Referenz ist nur so, weil der Vater den Sohn erzeugt hat, und nicht, weil der Sohn sich so auf den Vater bezieht, wie der Vater auf den Sohn. Diese vermeintlich allgemeine Regel scheint aber nicht bei allen Relationen zu gelten: (a) Bei den non mutuae Relationen der zweiter aristotelischen Gattung346 (in diesem Falle die Relation Gott-Geschöpf z. B.), weil die ratio, durch die Gott die Relation zu dem Geschöpf endet, die Potenz Gottes zu erschaffen ist.

345

So drückt sich Aristoteles über die Gleichursprünglichkeit aus: „Von Natur aus zugleich wird genannt, was sich einerseits in der Abfolge des Seins umkehren lässt, bei dem andererseits niemals das eine für das andere Ursache des Seins ist, wie zum Beispiel bei den Doppelten und Halben. Dieses lässt sich nämlich umkehren, denn wenn Doppeltes existiert, existiert Halbes, und wenn Halbes existiert, existiert Doppeltes, keines von beidem aber ist für das andere Ursache des Seins” (Arist., Cat. 1: 14 b 27-32). Jansen formuliert so: X und Y sind von Natur aus zugleich, wenn es notwendig ist, dass X dann und nur dann existiert, wenn Y existiert und weder X Ursache für Y noch Y Ursache für X ist. Ausnahmen davon sind, nach Aristoteles, die Relation Wissen-Wissbare, die keineswegs gleich ursprünglich sind (L. Jansen, o.c. S. 22). Hotabene: In der Ausgabe der DM von der “Biblioteca Hispánica de Filosofía” (Madrid 1964) gibt es bei diesem Text Nr. 20 (DM 47,16,20) einen Liniensprung, der zu beachten ist. 346 Arist., Met. V, 15: 1020 b 29-30.

178

(b) Seitens des Terminus dieser Relation Gott-Geschöpf, die ratio seiner Relation ist nichts anderes als Gott, der durch seine Allmacht es geschaffen hat. (c) Bei den mutuae Relationen der ersten Gattung (Relation der Ähnlichkeit oder Unterscheidung zwischen Gott und Geschöpf) könnte man genauso fortschreiten. (d) Bei den Relationen, die zur dritten Gattung gehören (Wissen-Wißbare), die ratio, durch die das Wißbare zum Wissen endet (terminatur, Ib.), ist die entsprechende objektive Veranlagung (intelligibilitas, amabilitas, veritas, bonitas). ...quaedam aptitudo obiectiva ut circa illam possit talis actus vel habitus, aut potentia versari, quae potest nominari veritas aut bonitas... illa enim aptitudo est ratio quae reddi potest ex parte obiecti vel termini talis relationis; ideo enim scientia versatur circa talem obiectum, quia talem habet veritatem seu intelligibilitatem... (DM 47,16,21)347.

(e) Man könnte einwenden: Wie kann es dem sein, dass eine solche Entität oder Fähigkeit, die keine weitere neue Relation begründen kann, die genügende ratio sei, um die andere Relation zu enden (ad terminandam relationem alterius, Ib.). Die mögliche Antwort wäre, weil der Grund, eine Relation einzurichten (ad fundandam relationem, Ib.), seitens des Fundaments selbst, eine „Ordinierbarkeit“ (sit venia verbo) „ordinabilitas ad alium“ sein muss (Ib. 22). So müssen sie zur gleichen Ordnung gehören. Aber, um eine Relation zu beenden (ad terminandum autem relationem, Ib.) ist es nicht notwendig, „ut terminus sit ordinabilis ad aliud, sed ut aliud sit ordinabile ad ipsum“ (Ib.), obwohl der Terminus nicht zu der gleichen Ordnung gehört. Suárez kommt jetzt auf die oben348 angeführten Argumente zurück, die er noch einmal zu widersprechen versucht: Es wird verneint, dass das Relativum auf das Korrelativum endet (relativum ad correlativum terminari, Ib. 23), was bei den non mutae Relationen evident zu sein scheint, denn hier gibt es kein Korrelativum. Das kann man auch bei den mutuae Relationen verneinen, aber hier nicht auf dieselbe Weise, weil dieses „relativum ad correlativum terminari“ nicht formaliter anzunehmen ist, nämlich, dass dieselben Sachen sich zueinander beziehen, sondern dass die eine zum Fundament der anderen tendiert (tendat, Ib.) und umgekehrt.

347

Vgl. bei diesem Zusammenhang das, was Suárez bezüglich der Intelligibilität sagt: „Universale non fieri ab intellectu agente, sed a possibili per operationem directam qua cognoscit naturam communem secundum suam praecisam rationem formalem et essentiam, nihil de inferioribus rationibus vel de individuis considerando, neque etiam formaliter et quasi in actu signato considerando communitatem ipsius naturae sed solum essentiam, quae communis est (DM 6,6,3). Primo modo intelligeretur substantia universalis, si esset homo a parte rei subsistens separatus ab omni contractione, juxta Platonicam opinionem; neque esset universalis propter relationem realem secundum esse ad inferiora, sed propter unitatem suam cum intrinseca et substantiali aptitudine ad existendum in multis. Ad quem fere modum dicebant Doctores citati sectione praecedenti, naturam in statu potentiali, quem habere fingitur ante existentiam in individuis, habere universalitatem quamdam, quae non consistit in relatione secundum esse, sed in proprietate quadam absoluta naturae habentis talem unitatem et communitatem … Nec refert quod haec aptitudo videatur per modum respectus explicari. Nam, sicut in potentia reali intelligimus respectum transcendentalem et secundum dici, priorem respectu praedicamentali secundum esse et inclusum in re absoluta, ita in praesenti possumus concipere hanc aptitudinem rei universalis ut absolutam quidem in se, licet explicetur per modum respectus transcendentalis. Et hinc fit ulterius ut haec aptitudo, quia concipitur ad modum potentiae habentis saltem transcendentalem ordinem ad ea quibus potest se communicare, possit etiam intelligi ut fundamentum sufficiens ad relationem vel habitudinem ad ea quibus potest se communicare, quae habitudo concipitur ut quaedam relatio secundum esse, et dici etiam potest universalitas quaedam, cum sit habitudo unius ad multa in quibus esse potest vel de quibus potest praedicari“ (DM 6,6,8). 348 Vgl. hier, S. 156.

179

Bezüglich des dabei vorgeführten Beispieles, dass die Vaterschaft prior natura ist als die Sohnschaft, antwortet Suárez, dass es nicht stimmt, weil die Relation posterior natura als ihr Terminus ist. Eine Relation entspringt erst dann wenn das Fundament und der Terminus vorhanden sind. Was versteht Suárez unter prior-posterior-simul natura? Die Relation tritt in der Natur später als der Terminus in actu primo ein, oder sie ist formaliter fähig, die Relation zu beenden (ad terminandum, Ib. 24). Suárez unterscheidet: (a) Terminus in actu primo, oder formaliter, d. h. die Fakultät oder die Fähigkeit eine Relation zu beenden. (b) Terminus in actu secundo, seu ut actu terminante, (Ib. 25) d. h. die Ausübung dieser Fakultät. Kajetan benennt diesen Typ von Relationen „relatio signata vel exercita“ (Ib. 26). (c) Gleichursprünglich sind die mutuae Relationen. (d) Nicht gleichursprünglich sind die non mutuae Relationen. Bei (a) tritt die Relation in der Natur später als ihr Terminus ein, da die Relation erst dann eintritt, wenn das Fundament und der Terminus vorhanden sind. In diesem Falle übt der Terminus noch nicht seine Funktion aus. Hier findet also keine Gleichursprünglichkeit statt. Bei (b) findet sich die Gleichursprünglichkeit statt. Man könnte aber einwenden, dass diese Relation als formale Ursache des aktuellen Terminus zu verstehen ist, und so wären sie gleichursprünglich, wie Aristoteles sagt: „keines von beidem aber ist für das andere Ursache des Seins“ (Cat. 13, 14 b 32). Suárez will hier von keiner Art der Ursächlichkeit wissen, denn wenn wir es so annehmen, würde es sich um unsere Art zu sprechen handeln, weil die Relation ohne jede Ursache den Terminus „sieht“ (respicit, Ib. 25) nur wegen ihrer innwendigen Essenz. Und so sind sie gleichursprünglich. Ein paradigmatisches Beispiel ist die Relation zwischen dem „Sehen“ und dem „gesehenen Ding“:349 Das Sehen (visio, Ib.) benennt die gesehene Sache ohne jegliche Art von Ursächlichkeit; sie tut es nur, weil es eine inwendige (intrinseca, Ib.) habitudo zum sehen hat. Wenn kein Licht existiert, existiert auch kein Sehen. Dieses Beispiel wird umso klarer, als wir es mit einem konkreten Sehenden zu tun haben. Bei Abstrakten aber könnte man diese Relation nicht als gleichursprünglich, sondern als prior natura (Ib.) in Bezug auf das Relativum verstehen, weil eine abstrakte Relation sich nicht selbst zum Terminus bezieht; sie ist im Gegenteil das wodurch (quo) das Subjekt sich bezieht Non refertur ipsa ad terminum, sed est qua subiectum refertur (Ib. 26).

Suárez nimmt gern die oben von Kajetan zitierte Denomination dieser Art von Relationen: „relatio signata vel exercita“, um es besser zu explizieren: Bei diesem Fall handelt es sich um keine solche Relation, weil sie ihre Funktion noch nicht ausübt: sie ist nur eine abstrakte Relation in actu primo, und so kann sie noch nicht gleichursprünglich sein.

349

Vgl. P. Hurtado de Mendoza, Disputationes physicae, d. 8, s. 2, subs. 2, n. 27; Th. Compton, Disputationes physicae, d. 6, s. 1, n. 1; Oviedo, Controversiae metaphysicae, contr. 10, punct. 3, p. 409b. Alle diese Autoren beziehen sich eigentlich auf die Relationes transzendentales.

180

Bei der ersten Meinung ist das Beispiel der Relation Vater-Sohn eingeführt und man hat dabei gesagt, dass wenn Vater und Sohn sich nicht zueinander beziehen als zwei Relationen, dann wären Vater und Sohn nicht von Natur aus zugleich. Suárez beginnt noch einmal mit ganz abstrakten Distinktionen, um diese Art von Familienrelationen zu erläutern. Ich versuche diesen für mich komplizierten Gedankengang so viel wie möglich zusammenzufassen: (a)

Thesis: „...respondetur negando ... patrem ut patrem non esse simul natura cum filio, ut filius est, sed ut est hic homo genitus“. Sie sind, im positiven Sinne, von Natur aus zugleich. Wie ist das möglich?

... sicut hic homo ut genitus est prius natura quam ut filius, ita etiam est prius natura quam pater ut pater, quamvis sit posterius natura quam hic homo ut generans. Et ideo, quamvis pater ut sic terminetur ad hunc hominem ut a se genitum, nihilominus non prius natura terminatur ad ipsum quam in ipso filiatio, non propter terminationem formalem ad ipsam filiationem, sed propter simultaneam concomitantiam omnino necessariam... Quapropter, licet hic homo ut genitus sit prius natura quam ut filius, tamen in illo priori ut sic nondum intelligitur in patre paternitas; immo verissime etiam dicitur prius natura esse hunc hominem ut genitum quam in patre sit paternitas, nam ex positione huius termini cum fundamento, quod est in generante, resultat paternitas. 29. ...concedo, formaliter loquendo, unam relationem non pendere ab alia, nego tamen inde sequi non esse simil natura, naturaliter loquendo.... Dico autem formaliter non pendere unam relationem ex alia, nam concomitanter possunt dici aliquo modo invicem pendere, quia non potest esse una sine alia ex natura rei... Atque hinc facile declaratur... ex praedicto modo dependentiae non sequi relationes non esse simul natura. Nam potius, si proprie et formaliter una ab alia pendet, non posset non esse una prior natura alia, quia ipsamet dependentia est quaedam posterioritas naturae; quia vero habent necessariam concomitantiam qua non potest esse una sine alia absque ullo ordine inter se, ideo sunt simul natura (DM 47,16,28-29).

(b) Analysis der wichtigsten Begriffe, die bei diesem langen Satz vorkommen: 1. Hic homo ut generans: Der Erzeuger oder die Erzeugnungskraft 2. Hic homo ut genitus: Der Erzeugter 3. Pater ut pater, ut sic: Der Erzeuger wird erst dann Vater genannt, wenn er den Sohn erzeugt hat. Das „Vater-sein“ kommt formaliter nach dem „Erzeuger-sein“. Die Erzeugung gilt hier als eine „notwendige Bedingung“.350 4. Filius, ut filius, ut sic: Der Erzeugte wird erst dann Sohn genannt, wenn er erzeugt wird. Das „Sohn-sein“ kommt formaliter nach dem „Erzeugt-werden“. 5. Paternitas: Die Relation der Vaterschaft 6. Filiatio: Der Terminus der Relation 6. Filius: Man setzt voraus, dass er erzeugt worden ist 7. Pater: Man setzt voraus, dass er erzeugt hat 8. Prior natura: Der Erzeugte (2) ist prior natura als filius, ut filius (4) und auch als Vater ut Vater (3). 9. Posterius natura: Der Erzeugte (2) ist posterius natura als hic homo ut generans (1) 10. Simultanea concomitantia: Obwohl „pater ut pater“ (3) in „hic homo ut genitus a genitore“ (2) endet (terminetur, Ib. 28), endet er trotzdem nicht prior natura in 350

Vgl. hier oben, S. 113.

181

ihm als ihm schon die Sohnschaft (6) inhäriert. Und das eben nicht wegen der formalen Beendigung zu derselben Sohnschaft, sondern wegen der simultaneam concomitantiam, die notwendig dafür ist. Independentia relationum: Es ist möglich, dass zwei Relationen voneinander formaliter unabhängig sind, wie es im Falle der Relation Christus (filius) - Maria (mater) ist,351 aber daraus ergibt sich nicht, dass sie nicht von Natur aus zugleich (simul natura, Ib. 29) sind, sonst könnte eine Relation ohne ihren Terminus existieren. Die Unabhängigkeit zweier Relationen ist also kein Zeichen, dass sie nicht zugleich sind. Wenn aber sie proprie et formaliter voneinander abhängig wären, könnte eine nicht umhin prior natura als die andere sein, da die Abhängigkeit eine Art von natürlicher Hachherigkeit (posterioritas naturae, Ib.) ist. Wenn also sie formaliter unabhängig sind, können sie zugleich sein. Dependentia relationum: Wenn man aber diese Relationen concomitanter versteht, dann dürfte man sagen, dass sie einigermaßen von Natur aus (ex natura rei, Ib. 29) voneinander abhängig sind, denn eine kann ohne die andere nicht existieren. Diese Nachherigkeit erlaubt aber die concomitantia, nämlich, dass sie zugleich sein können. Über die Gleichzeitigkeit (de simultate, Ib. 47,16,30) der Relativa in cognitione (47,16, 30-33) et in definitione (47,16,34). (1) In cognitione: In unserer Erkenntnis hängt die Relation formaliter von ihrem Terminus und nicht von der anderen entgegengesetzten Relation ab. (a) In den non mutuis Relationen ist es evident. Damit wir z. B. die Relation der Abhängigkeit des Geschöpfes von Gott verstehen, ist es nicht angebracht, dass wir die reale göttliche Relation der Herrschaft erkennen, weil sie keine ist und es auch nicht notwendig ist, in Gott eine relatio rationis zu erdichten. Wenn aber wir uns so ausdrücken, nur wegen unserer mangelhaften Art zu sprechen (ex imperfecto modo cognoscendi nostro, Ib. 30). Nun stellt Suárez sich selbst die wichtige Frage: Ist es nicht notwendig, dass wir erst Gott als Herrn erkennen, um das Geschöpf als Knecht (servus, Ib. 30) zu erkennen? Wie kann man ein Paar genuiner korrelativer Ausdrücke wie „Herr“ und „Knecht“ miteinander vergleichen? Darf man eigentlich nicht sagen, dass der Knecht Knecht eines Herrn ist, aber auch, dass der Herr Herr eines Knechtes ist? Wie kann man dann behaupten, dass Gott Herr ist, ohne dass die göttliche Relation der Herrschaft mit eingeschlossen ist? Handelt es sich um reziproke Korrelative (Oehler), die sich wechselseitig fordern (Rolfes)? Natürlich gilt es nicht bei nur akzidentellen Situationen, bei denen die Reziprozität keine eigentliche ist in Bezug auf das, wovon gesagt wird: Der Sklave ist Sklave eines Menschen, aber der Mensch ist nicht Mensch eines Sklaven; der Flügel ist Flügel eines Vogels, aber der Vogel ist nicht Vogel eines Flügels.352 Jansen353 hat diese Umkehrbarkeit, die nach Aristoteles bei dem pros ti anzutreffen ist, mit der semi-formalen Formulierung zu veranschaulichen versucht: (1) „G“ bezeichnet ebenfalls ein prot ti. (2) Ein F ist ein F eines Gs. 351

Nach dem hl. Thomas, gibt es in Christus keine reale Relation der Sohnschaft zu seiner Mutter, wohl aber gibt es in Maria eine reale Relation der Mutterschaft zu Christus. Daraus ergibt sich, dass eine [relatio] (Christus) nicht von der anderen (Maria) essentiell abhängig ist. 352 Vgl. Arist., Cat. 7: 7 a 24-30. Wenn wir von dem „Herrn“ nur sein „Mensch-sein“ im Auge halten, fällt die Reziprozität aus, denn man kann nicht mehr sagen, dass ein Mensch, Mensch eines Sklaven ist, wohl aber, dass ein Herr, Herr eines Sklaven ist. 353 O.c., S. 19-20.

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(3) Ein G ist ein G eines Fs. Da wird der relationslogische Satz hineingelesen, dass es für jede Relation R, in der ein geordnetes Paar (x, y) steht, eine zu R konverse Relation R-1 gibt. Das aber ist von (2) und (3) weit entfernt. Jansen versucht, diesen Zusammenhang mit Hilfe von Prädikatmodifikatoren deutlich zu machen:

∀x( F ( x) ⊃ ∃y(G( y) & (vonyF )( x))) (3*) ∀x( g ( x) ⊃ ∃y ( F ( y ) & (vony G)( x))) (2**) ∀x ((∃v R( x, v)) ⊃ ∃y ((∃w R(w, y)) & R( x, y )) (3**) ∀x ((∃v R(v, x)) ⊃ ∃y ((∃w R( y, w)) & R( y, x)) (2*)

Es lässt sich zeigen - sagt weiter Jansen - dass (2**) und (3**) allgemeingültige prädikatenlogische Theoreme sind. Wenn aber (2**) und (3**) allgemeingültige sind, dann auch die zu diesen äquivalenten Behauptungen (2*) und (3*).]

Suárez sagt dazu, dass es notwendig ist, Gott als Herr realiter zu erkennen, um das Geschöpf als Knecht zu verstehen, nicht aber relative secundum rationem (Ib. 30). Gott ist realiter Herr,354 weil er die reale Macht (potestatem, Ib.) hat: erstens die Untertanen zu zwingen (potestatem realem coercendi subditos, Ib.) und zweitens, weil die reale Relation einer realen Knechtschaft, die im Geschöpf ist, in ihm endet (terminatur, Ib.). Auf beide Art ist es notwendig, Gott als Herrn zu erkennen, um die Relation der Knechtschaft richtig zu erfassen: erstens, weil seine Herrschaft der Grund ist, der die Relation der Knechtschaft endet (ratio terminandi relationem servitutis, Ib. 30), so dass ihre Erkenntnis ursächlich und früher (antecedenter et causaliter, Ib.) sein muss als die Erkenntnis der Knechtschaft. Zweitens, weil die gegenwärtige, respektive Tendenz des Geschöpfes zu Gott (relative secundum rationem, Ib.) nur eine äußerliche Denomination darstellt; da aber kein Relativum erfasst werden kann wo fern es nicht in seinem Terminus endet, so kann man auf diese Weise behaupten, dass Gott als Herr nicht früher, sondern concomitanter (Ib.) erkannt werden kann. Je besser die Macht Gottes erkannt wird, desto besser wird die Relation der Knechtschaft verstanden. (Ib. 31). Es ist aber nicht notwendig, dass man die absolute Herrschaft Gottes genau und in sich erkennt, denn es genügt, sie durch eine undeutliche (confusa, Ib.) Erkenntnis zu begreifen, die aber umso besser und deutlicher wird je besser die Relation der Knechtschaft begriffen ist. Ein Beispiel in der Relation Vater-Sohn. Damit man bei einem Menschen die Relation der Vaterschaft begreift, genügt es, dass ich mir die Existenz eines Menschen vorstelle, der von einem anderen erzeugt worden ist, auch wenn ich keine Ahnung von der Relation der Sohnschaft im anderen Extrem habe (Ib. 32). (b) In den mutuis Relationen. Bei diesen Relationen gibt es – was die concomitantia betrifft, in Bezug auf die non mutuae – eine Verschiedenheit, denn, wenn man eine mutua Relation begreift, begreift man auch concomitanter die andere. Das hängt davon ab, dass diese Relationen zugleich, wenigstens concomitanter, entstehen, wenn ihre Fundamente und ihre Termini vorhanden sind. Diese Relationen entstehen also zugleich, wenn man die Fundamente und die Termini miteinander vergleicht und erkennt: Quia ergo relationes mutuae saltem per concomitantiam simul resultant positis fundamento et termino, ideo consimili ratione simul cognoscuntur cognitis et inter se collatis fundamento et termino; et quia hoc necesse est ad singularum relationum cognitionem. Ideo consequenter fit ut, una cognita, simul concomitanter cognoscatur alia (DM 47,16,33).

354

Vgl. Thomas v. Aquin, De pot. q. 7, a. 10, ad 4.

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Das hängt von unserer Art, die Relationen zu erkennen ab, denn wir sind nicht fähig, sie prout in se sunt zu begreifen, und so halten wir uns daran, die Fundamente und die Termini zu verstehen und miteinander zu vergleichen. Quoad relativa vero mutua est... maior necessitas, aut quia relationes non distinguuntur actu a parte rei a suis fundamentis, aut si fortasse distinguuntur ex natura rei, sunt ita coniunctae et connexae cum suis fundamentis simul existentibus et inter se collatis, ut non possit cognosci respectus unius ad aliud quin cognoscatur etiam vicisssim respectus alterius ad alterum (DM 47,16,33).

In diesem Punkt vergleich Suárez die mutuae Relationen mit den non mutuae. Von den ersten sagt er, dass wir sie vollkommen, prout in se sunt verstehen können, bei den mutuae aber bestreit er diese Vollkommenheit der Erkenntnis, indem er sagt, dass wir sie nicht prout in se sunt begreifen, sondern nur durch Vergleich ihrer Fundamenten und Termini. Den suarezische Satz: „prout in se sunt“, möchte ich nun näher betrachten. Er kommt bei verschiedenen DM355 vor, und bezieht sich auf seine Epistemologie. Was bedeutet, dass wir die mutuae Relationen der Außenwelt nicht „wie sie sunt“ erkennen? Woher kommt es, dass wir sie nicht so vollständig begreifen als die non mutuae? [Exkursus. Ein Überblick über die Geschichte der Naturerkenntnis wird uns helfen, denn es handelt sich dabei gerade um diese Naturerkenntnis der Relationen. Ich möchte mich hier nur auf die Auffassung der moderne Physik über die Natur beschränken, die sich derjenigen der klassischen Physik widersetz. Für die materialistische Physik, die auf die Existenz der Atome fußt, kommt alles darauf an, dass diese als die kleinste objektive Realität der Außenwelt „existieren“. Die moderne Physik hat dem widersprochen: die Atome sind nicht unteilbar, sie können in Elementar-Partikeln geteilt werden. Aber die Objektivierbarkeit dieser Partikeln ist eine zu grobe Simplifikation. Die Frage ob diese Partikeln „an sich“ existieren kann man negativ beantworten, denn, wie Heisenberg festgestellt hat, sie sind nur mittels mathematischer Formeln zu begreifen, die eigentlich nichts sagen über das objektive Verhalten dieser Partikeln, sondern nur über unsere Erkenntnis derselben. Der moderne Physiker darf nicht mehr über die Natur „an sich“ sprechen (prout in se ist), und das, weil wir mit unseren technischen Instrumenten das Verhalten dieser Erkenntnis gewaltig beeinflussen. So hat Heisenberg über die „Unbestimmtheits-Relation“ gespro-

355

Vgl. z. B. „Cum ingenium humanum non statim comprehendat caetera prima principia prout in se sunt... (DM 3,3,9); „...quia nos simplicia non perfecte cognoscimus prout in se sunt, partim negationibus, partim comparationibus... ad ea distincte explicanda“ (DM 3,1,11).- „Obiecta autem superiora non possunt ab hoc intellectu naturaliter cognosci prout in se ipsa sunt, sed tantum per analogiam et proportiones ad suum obiectum proportionatum“ (DM 30,11,17): „Cum enim aliquando [intellectus] non possit cognoscere res prout in se sunt, eas concipit per comparationem unius ad aliud, et ideo format relationes rationis, ubi verae relationes non sunt“ (DM 54,1,3); “… radicaliter oriri ex eo quod homo non cognoscit res per proprias species, et prout in se sunt, hoc autem ex eo provenit quod non immediate, sed per species ministerio sensuum acceptas res concipit et apprehendit; nam hinc fit ut saepe ex imperfecta apprehensione sensus oriatur imperfecta apprehensio intellectus et ex imperfecta apprehensione falsum iudicium; hoc enim modo interdum iudicamus aliquid esse animal quod non est. Aliquando vero, existente perfecta apprehensione in sensu et in intellectu circa obiectum per se sensibile, potest in intellectu accidere falsitas ex inepta compositione conceptuum simplicium; quia ipsa coniunctio eorum inter se non semper per propriam speciem cognoscitur aut sufficienter repraesentatur; idemque contingit ex mala illatione. Ac denique tota ratio huius defectus est quia homo non assequitur evidentem veritatis cognitionem; nam omnis cognitio quae huiusmodi non est et ex rebus ipsis sumitur, de se est exposita falsitati. Quod autem actu sit falsa quasi contingenter et per accidens provenit ex eo quod res aliter se habet quam iudicatur; per se enim nunquam hoc provenire potest ex intentione assentientis, quia non potest tendere in falsum qua falsum est“ (DM 9,2,10). “Breviter tamen dicendum est aliud ese loqui absolute de cognitione materiae secundum se, aliud vero de modo quo a nobis cognosci potest… Quoad secundum autem dicendum est, pervenire quidem nos in aliquem proprium conceptum materiae primae, non tamen omnino distinctum et prout in se est sed negativum partim, partim confusum… Ratio vero est quia nos vix cognoscimus simplicia propriis conceptibus nisi adiungendo aliquam negationem, quare hic est frequentior modus declarandi naturam materiae per carentiam formae et completae actualitatis” (DM 13,6,1.3).

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chen, nach der wir die Geschwindigkeit und die Position ein und derselben Partikel nicht zugleich bestimmen können. Das einzige Mittel, das die Quanten-Physik erdacht hat ist die Statistik.]

(2) In definitione. In einer Definition gibt es das definiendum und das definiens. Suárez hat schon etliches davon gesagt, nämlich, dass das Akzidens als genus und das „ad esse“ al Spezies (47,5,3) zum definiens gehört. Die Definition versteht man als: (a) „cognitio quaedam“, wenn sie „in mente ist“ (b) „signum cognitionis... signum rei cognitae“, wenn sie „in voce“ ist356 Daraus ergibt sich, dass die Relativa, insofern sie in der Definition vorkommen, auch in der Erkenntnis zugleich sein müssen. Alles hängt also davon ab, ob Genus und Spezies in der Definition einer Relation gleichzeitig sind. Auch wird ein Relativum nicht durch das andere Korrelativum definiert, sondern nur durch seinen Terminus. Deswegen hat Scotus gesagt, dass es zu verneinen ist, dass das Korrelativum in der Definition einer Relation vorkommt, sonst würde man einen „circulus vitiosus“ oder eine Leichtfertigkeit (nugatio, 47,16,34) begehen, denn dann würde man an Stelle des in der Definition gesetzten Namens seine Definition stellen. Genauso darf man nicht sagen, dass dasselbe gleichzeitig früher und später sei, denn in einer Definition soll man annehmen, dass das definiendum „früher“ ist als das definiens. Ist das notwendig? Aristoteles sagt in seiner Metaphysik, dass nur die Substanz definiert werden kann. Die Definition einer Kategorie, die ein Akzidens ist, muss also „per additum“ (ek proszeseos, Met. 7, 5: 1031 2-3) aufgestellt werden. Die Gleichzeitigkeit der Korrelativa in einer Definition stimmt also nicht, aber genauso stimmt sie auch nicht bei der möglichen Gleichzeitigkeit in der Erkenntnis beider Korrelate, und so dürfte man hier diese Gleichzeitigkeit in der Definition nur dann annehmen, wenn sie „concomitanter“ (47,16,34) vorkommt. Über die relative Entgegensetzheit Nach den Beispielen des Aristoteles, sind Tugend und Schlechtigkeit, Wissen und Unwissenheit entgegengesetzt.357 Aber sie kommt nicht immer vor, denn es gibt nichts was dem Doppelten oder dem Dreifachen entgegengesetzt ist Nach Suárez, kann diese Entgegengesetzheit so verstanden werden: (a) zwischen der Relation und ihrem Terminus (b) zwischen dem Relativum und dem Korrelativum (47,16,39). Bei (a) darf man sie als eine allen Relationen gemeinsame Entgegengesetzheit annehmen, denn das Relativum und der Terminus zeigen eine so große Differenz in ihrer Beschaffenheit, dass sie notwendigerweise als entgegengesetzt verstanden werden müssen. Suárez beschreibt sie als „alietas“ (Ib. 39). Bei (b) kann man nicht behaupten, dass sie allen realen Relationen gemeinsam ist, weil diese Entgegengesetzheit von den non mutuis Relationen nicht ausgesagt wer356

Hier wäre es interessant, das Werk von Poinsot (Juan de Santo Tomás): Cursus philosophicus, Alcalá (Spanien) 1631, besonders p. II, qq. 21-23: Tractatus de signis nachzulesen. Vgl. John N. Deely, St. Mary’s College, Notre Dame, Indiana, The two Approaches to Language: Philosophical and Historical Reflections on the Point of Departure of Jean Poinsot’s Semiotik (Internet: www.thomist.org/). Der Autor bezieht sich auf die Edition von Turin, Marietti, 1930, p. 249, in der vorkommt das Vorwort das Poinsot zu der Edition von Madrid 1640 addiert. 357 Cat. 7, 6b15.

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den kann, obwohl wir uns sie immer als solche vorspiegeln (fingi posset, Ib.) können. Von den realen mutuae Relationen kann man aber wohl sagen, dass es dabei eine relativa oppositio (Ib.) gibt, die eigentlich nicht darin besteht, dass eine die andere als Terminus „sieht“ (respiciat, Ib.), sondern darin, dass die eine das Fundament der anderen als Terminus „sieht“ und umgekehrt, d h. dass sie entgegengesetzte Beschaffenheiten (oppositas rationes (ut ita dicam), Ib.) haben. Daher kommt es, dass ihnen eine solche Widerwertigkeit (repugnantia, Ib.) so strak zu eigen ist, dass sie nicht in dem einen und dem selben Subjekt sein können.358 Diese Entgegengesetzheit kommt vor allem bei den Relationen, die verschiedenen Beschaffenheiten haben, wie zwischen Vaterschaft und Sohnschaft. Sie können aber auch irgendwie bei den Relationen aequiparantiae vorkommen, denn, obwohl die letzteren der gleichen Spezies zugehören, können sie bei einem konkreten und individuellen Subjekt als entgegengesetzt verstanden werden, weil sie es mit entgegengesetzten habitudines affizieren. Noch eine weitere Unterscheidung der Entgegengesetzheit: (a) Relatio opponi termino terminative, (b) alteri vero relationi relative (a) Hier handelt es sich vielmehr um eine Entgegengesetzheit der Relativen (relativorum, Ib.), weil sie eine Unterscheidung zwischen den Extremen (extremorum, Ib.) erfordert.359 (b) ist die „formalis oppositio“, weil sie sich in den Formen befindet, die sich auseinander beim gleichen Subjekt ausschließen.

358

Vgl. die aristotelische Definition der Entgegengesetztheit: „Zwei Eigenschaften werden üblicherweise dann als [konträr] entgegengesezt bezeichnet, wenn sie einem Ding nicht zugleich zukommen können“ (Cat. 6: 6 a 1). 359 So meint, nach Suárez, der hl. Thomas (De pot., q. 7, a. 8, ad 4).

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17. Sektion Wie kann das Prädikament „ad aliquid“ von einer Gattung durch die subalternen Gattungen und Spezies bis zu den Individuen herunterkommen? Es geht also in dieser Sektion um die Unterordnung (subordinatio, Ib. 1), Übereinstimmung (convenientia) und Unterscheidung (distinctio) der Relationen. Es folgen drei Punkte, mit denen Suárez sich auseinandersetzt, um diese Frage zu beantworten: (I) Die erste Frage, die Suárez als „vulgaris“ (Ib. 2) bezeichnet, fußt darauf, dass ein Relativum sich auf ein anderes Relativum beziehen kann. Das hat, wie Suárez sagt, viele Probleme herbeigeführt (magnum facessit negotium, Ib. 2). Und da hat er Recht, denn manche scholastische Philosophen, im Gefolge von Boethius, haben die aristotelische Art von den Relationen in Plural zu sprechen, so interpretiert, dass die Relationen als ein paar von Korrelativem zu verstehen sind (heute dürften wir sagen: ein Paar von einstelligen Prädikaten),360 die zusammen genommen sind. Können alle Relativa auf eine einzige Gattung zurückgeführt werden? Es scheint, dass es nicht möglich ist, denn nach der Definition der Relation: esse ad aliud, müssen wir annehmen, dass wir sie nicht so abstrahieren können, ohne dass ihr ein aliud zukommt. Es müssen also zwei „Sachen“ geben, die zueinander in Bezug stehen, und zu zwei Gattungen gehören. Die Beziehung zu sich selbst muss sowieso ausgeschlossen werden. ... iuxta hanc sententiam, cum dicitur relativun in communi esse id cuius esse est esse ad aliud, necesse est subintelligi in definitione ad aliud correlativum (DM 47,17,2).

Suárez sträubt sich dagegen und behauptet, dass es nur eine Gattung für alle Relativen gibt, ganz abgesehen davon, ob sie abstrakt oder konkret sind. Alles hängt davon ab, was man unter dem Wort „aliud“ meint: Albert der Große sagt, dass dieses „aliud“ jede spezifische oder partikuläre Korrelate mit sich bringt.361 Suárez versucht, diese Ansicht zu erklären: Wenn auch die Relation ganz abstrakt als „esse ad aliud“ definiert wird, dieses „aliud“ kommt nur bei bestimmten (determinatis, Ib. 4) Relationen vor, bei denen nämlich die ihre Funktion „ad aliud“ bei den „inferioribus“ erfüllen. Welche sind aber diese bestimmten Relationen? – fragt sich Suárez –. (a) Die Relationen disquiparantiae. Bei diesem Typ, könnte ein Korrelat sich auf ein anderes mit ihm gleiches oder entgegengesetztes Korrelat beziehen, z. B. bei der Relation der Vaterschaft oder der „Mehr-Weniger“, weil man dabei (sie haben verschiedene „habitudines“ und werden nicht mit einem gemeinsamen Begriff verstanden) zwei verschiedene, gleiche oder entgegengesetzte Begriffe abstrahieren kann. Et ratio est, quia cum hae relationes sint diversarum rationum, non concipiuntur uno conceptu communi specifico, et ideo possunt abstrahi duo conceptus communes aequales et sibi oppositi ac correspondentes (DM 47,17,5).

(b) Relationen aequiparantiae. Da sie eben gleiche „habitudines“ besitzen, haben sie auch den gleichen gemeinsamen Begriff der Spezies und so kann diesem Begriff 360

Vgl. Abelard, Logica “ingredientibus”, 80-95; Albert der Grosse, Liber de praedicamentis,

361

So Albert (Met., V, tract. III, c. 7; Praed. ad aliquid); Simplitius et Boethius.

22.

187

ein anderer, gemeinsamer, objektiver und entgegengesetzter Begriff korrelativerweise nicht entsprechen. Von der Ähnlichkeit sagt man nicht, dass sie „ad aliud simile in communi“ (Ib. 5) ist; von der Gleichheit sagt man auch nicht, dass sie „ad aliud aequale in communi“ ist, sondern nur bei den individuellen Fällen, bei denen man sagen kann, dass sie ein voneinander verschiedenes Gleiches haben: ... nam, cum [hae] sint eiusdem rationis, habent eumdem communem conceptum specierum, et ideo non potest tali conceptui correspondere alius conceptus obiectivus communis et oppositus correlative... sed solum ratione individuorum in quibus datur unum aequale distinctum ab alio (DM 37,17,5).362

Suárez’ Meinung Er würde diese Meinung als wahrscheinlich annehmen, wenn sie sich nicht auf ein falsches Fundament gründete, nämlich, dass ein Relativum sich auf ein anderes Relativum formaliter beziehe, weil es der Essenz einer Relation nicht gehört, dass sie, sogar mittelbar und bei den Individuen, diese Funktion der relativen Reziprozität ausübt, wenigsten bei den non mutuae Relationen: ... non esse de essentia eius ut etiam mediate et in inferioribus exerceat dictam reciprocitatem relativam (DM 47,17,6).

Suárez besteht darauf, dass dieses „aliud“ nicht als ein Korrelativum verstanden werden kann, und bietet uns andere Gründe: (1) Der essenziellen Definition der Relation gehört es nicht, dass man das „aliud“ als Korrelativum versteht, denn, wenn dem so ist, könnte man weiter fragen, ob es real (a) oder nur rationis (b), beides (c), oder nach den Erfordernissen der individuellen Relationen ist (d). (a) und (b) werden ganz klar ausgeschlossen, denn sie gehören nicht universell jeder Relation. (c) und (d) sind unwahrscheinlich, denn dieses „aliud“ würde dann ein zweideutiger Begriff darstellen. Suárez entscheidet sich für folgende Interpretation dieses „ly aliud“. Das „aliud“ besagt in der Definition nur den Terminus der Relation, der nicht als Korrelativum verstanden werden soll, sondern als Terminus, insofern er eine ratio terminandi darstellt. Dico igitur illud aliud in dicta definitione dicere terminum relationis ut sic, qui non dicit correlativum ut tale est, sed aliud extremum, prout in se habet sufficientem rationem terminandi, quae ratio fere semper est absoluta; et, si interdum est aliqua relatio, non tamen exercet munus relationis oppositae alteri relationi, sed prout in se habet aliquam unitatem, vel similem rationem communem rebus absolutis (DM 47,17,8).

Trotzdem findet er diese Meinung ganz nützlich (utilis, Ib. 6). Sie könnte uns zu verstehen helfen, wie wir mit unserer Abstraktion von den Korrelativen sprechen. Der Terminus kann auch keine neue, eigene Gattung darstellen, denn er „vagatur per omnia praedicamenta, immo et extra praedicamentum, quia ipsi Deo convenit“ (Ib. 10). Deswegen kann man ihn als transzendental und vielleicht auch als nicht univoken 362

Suárez bestätigt diese Meinung mit den folgenden Worten des hl. Augustinus; “specialiter et regulariter, ut haec categoria manifestius dignoscatur, non recte dici ad aliquid nisi cum singulare ad singulare refertur” (Cat., c. 11)

188

Terminus bezeichnen, weil er nichts anderes ist als die Entität jedes Dinges, insofern sie fähig ist, Terminus der Relation einer anderen Entität zu sein. Wenn man aber den Terminus insbesondere bei den Relationen verwendet, nur weil er auf das „relativorum prädicamentum“ als „quoddam additum“ (Ib.) zurückzuführen ist. Es besteht kein Zweifel, dass es zu jeder Relation allgemein irgendwie passt, ein Fundament und einen Terminus zu haben, das aber besagt nicht, dass diese allgemeine convenientia eine neue Gattung erfordert, denn es handelt sich dabei um eine transzendentale ratio, die bei allen Gattungen zu finden ist (vagatur, Ib. 10). Dasselbe gilt für das Fundament: Auch das Fundament ist keine respektive ratio. Aristoteles selbst schreibt der Quantität zu, dass sie ein genügendes Fundament für die Gleichheit oder Ungleichheit ist; der Qualität aber, dass sie ein Fundament für die Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit ist. Auf diese Weise, kann man nicht erfordern, dass weder der Terminus noch das Fundament eine neue Gattung ausmachen; sie werden als Eigenschaften auf die Gattungen der respektiven Formen zurückgeführt. Höchstens könnten sie ein dem Prädikament der Relation zugehöriger Terminus bzw. Fundament sein Quae ratio fundamenti ut sic non est in eis [relationibus] aliqua ratio respectivi, neque etiam est aliqua ratio absoluta distincta ab ipsis, sed est ipsamet entitas uniuscuiusque, quatenus per se habet talem aptitudinem, et ideo ad praedicamentum uniuscuiusque formae reducitur per modum proprietatis, et indirecte posset reduci sub ea ratione ad praedicamentum relationis tamquam fundamentum eius (DM 47,17,10).363

(II) Mit einem zweitem Punkt (47,17,11) versucht Suárez, zu explizieren, wie ein „supremum genus“, durch verschiedene Gattungen bis zum „inferiora“ oder bis zu den letzen Spezies herunterkommt (descendat, Ib. 11). Schema, wie ein „supremum genus“, durch verschiedene Gattungen bis zum „inferiora“ oder bis zu den letzen Spezies herunterkommt (descendat, Ib. 11)

363

Vgl. dazu Buridan: „... eandem rem possumus concipeere absolute, scilicet non comparando eam ad aliam rem... Alio modo illam eandem rem possumus concipere relative comparando eam ad aliam rem.“ (Prad,. q. 10; Schneider 73). Zitat aus Schönberger, o.c., S. 397.

189

(I) Genus supremum

ad inferiora

(1a) Unitas (1b) Multitudo

diversae formae

diversae formae

(2) actio-passio potentia activa-passiva causa-effectus

diversae formae

(3) Mensura

diversae proportiones

Die Streifrage bei diesem „Heruntersteigen“ ist es, woher die spezifische und essentielle Unterscheidung herkommt: vom Terminus oder vom Fundament? (47,17,15). (a) Vom Fundament haben die Relationen ihre Entität. (b) Vom Terminus, ihre Spezifizität oder ihre essenzielle Unterscheidung. Für Suárez gilt Folgendes: Soviel der Terminus als auch das Fundament haben bestimmte Funktionen, aber jede nach ihrer Gattung: (a’) Von Fundament, als ein innerliches Erfordernis (intrinsece requisitum, Ib. 15) oder als „causa materialis extrinseca“ (Ib. 15). (b’) Vom Terminus, als „ultima forma extrinseca“, denn die Relationen haben ihre Essenz in Bezug auf ihn.364 Suárez beschäftigt sich in der DM 6, sek. 4 mit dem Problem: Quid sit in natura universali aptitudo ut sit in multis. Seine Antwort lautet zussamenfassend so: Das Universalle unterscheidet sich nicht a parte rei von den singularibus seu inferioribus, weil a parte rei gibt es nur Individuen, deren Natur nur individua ist. In ihr also gibt es keine aptitudo ad essendum in multis. Diese aptitudo kann man nur verstehen, wenn sie keine individuelle Kontraktion aufzeigt, die nur vom Verstand ermöglicht wird. Trotzdem gibt es individuale Dinge, die sich ahnlich sind (1. Gattung) so dass sie spezifisch vervielfälltigen könnten. Man muss aber eine Äquivokation vermeiden. Wenn man sagt, dass die Individuen sich in der gleichen Spezies multiplizieren können und dass die allgemeine, spezifische Natur ihnen mitgeteilt (communicare) werden könnte, das ist nur so aufzufassen, nämlich, dass bei diesen Sachen die communicatio 364

Vgl. Thomas von Aquin (III, q. 35, a. 5; I, q.32, a. 2) und Soncinas (Met. V, q. 32).

190

nichts anderes ist als eine assimilatio et convenientia zwischen den Individuen, die nicht dagegen ist, dass andere Individuen existieren. Diese assimilatio hängt aber von unserer Art zu denken (opus rationis est et modus intelligendi noster (Ib. 13) mit Fundament in re.365

(II) Relationes ex fundamento (47,17,12)

non mutuae

mutuae

(2) actio-passio

Unitas - mensura (1a-1b) (3)

Relationes Deus-creatura [quae] ex peculiari natura et conditione Dei habent quod non sunt mutuae (Ib. 12) Relationes, nach Damascenus, Dialectica, c. 8 (DM 47,17,13)

aequiparantiae

disquiparantiae

praecellentiae

inferioritatis

(servus, minus, effectus) non est illa diversitas (III) Ein dritter Punk: Suárez gibt zu, dass bei jedem Prädikament die Anordnung der prädikamentalen Linie (constitutio lineae praedicamentalis, Ib. 16) von der ersten Gattung her bis zu den Individuen herabkommt. Darf man das auch bei dem Prädikament der Relation annehmen? An und für sich, ja, aber es bleibt, zu diskutieren, ob der Terminus auch bei der Individuation der Relationen eine essentielle Rolle mitspielt. Davon hängt es ab, ob ein und dasselbe, spezifische Subjekt sich mit der numerischen gleichen Relation auf verschiedene Termini beziehen kann.

365

Vgl. hier S. 112.

191

Wir wissen schon was Suárez über die Individuation und über ihr Prinzip denkt (Cfr. DM 5,8). Bei diesem Zusammenhang will er uns daran erinnern: ...concedi potest plures relationes solo numero differentes, respicientes diversos terminos, esse simul in eodem subiecto, ut, verbi gratia, duas paternitates in eodem homine respectu duorum filiorum (DM 47,17,17).

Der Grund dafür ist, dass der formale Effekt der ersten Vaterschaft nicht derselbe ist als der der zweiten. Jede Relation erfolgt (resultat, Ib.) wenn ein Terminus da ist, und sie wird von ihm abhängig; wenn aber ein zweiter Terminus hinzugefügt wird, entsteht ein neuer respectus, der bestehenbleibt auch wenn der erste verschwindet. Handelt es sich dabei nur um eine Art zu sprechen? Das glaubt Suárez. Deswegen versucht er sich mit diesem Problem weiter auseinanderzusetzen. Die Frage zweier Vaterschaften und wie Vater und Mutter zur Erzeugung ihrer Kinder beitragen (I) Nehmen wir an, dass ein Vater zwei Kinder erzeugt. Wird dadurch dem Vater bei der zweiten Erzeugung etwas von der ersten Erzeugung Neues und Respektives hinzugefügt? Wenn man das bejaht, könnten unendliche (!) Relationen der Vaterschaft existieren. Außerdem, gibt es ein Axiom gegen diese Multiplizität: In uno subiecto tantum esse unum accidens unius speciei.

Wie kann man aber die Unizität der Vaterschaft in Bezug auf dem zweiten (dritten...) Kind verstehen? Suárez spielt mit verschiedenen Möglichkeiten, bevor er uns seine eigene Meinug anbietet: (1) Die Relation unterscheidet sich „ex natura rei“ vom Fundament. (2) Die Relation unterscheidet sich „solum ratione“ (Ib. 18) vom Fundament. Nach (1) kann man nicht verneinen, dass die Relationen sich in der Tat vermehren, wenn verschiedene Termini vorhanden sind. So im Falle zweier Vaterschaften. Eine individuelle, numerische (haec numero, Ib.) Relation, wie Aristoteles behauptet, wird nicht so genannt, wo fern sie sich nicht auf einen konkreten, realen Terminus bezieht. Wenn Peter (Vater), bei der Erzeugung seines ersten Sohnes, eines neuen, realen und verschiedenen Modus bedarf, um sich zum Sohn zu beziehen, warum nicht auch so bei der Erzeugung des zweiten Sohnes? Gibt es also zwei oder nur eine von beiden Beziehungen zusammengesetzte Relation? Diese zusammengesetzte Identität wird von einigen Autoren behauptet, damit die Relationen sich nicht in infinitum vermehren, und auch damit das oben zitierte Axiom („in uno subiecto tantum esse unum accidens unius speciei“) weiter gültig bleibt. Man muss aber über diese zusammengesetzte Identität Rechenschaft ablegen. Was bedeutet sie? (a) Eine Identität durch Hinzufügung oder Zusammensetzung (per additionem vel compositionem, Ib. 21). Der gleiche Unterschied besteht zwischen der ersten Vaterschaft und dem, was dem Vater zukommt, wenn er den zweiten Sohn erzeugt, als zwischen derselben Vaterschaft und ihrem Fundament. Wenn das letzte sich real oder mo-

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dal unterscheidet, auch das erste. Diese Identität ist für Suárez künstlich ausgedacht (artificiosa, Ib. 20). (b) Eine Identität durch Veränderung der Relationen (per mutationem relationum, Ib., 21). Jede bleibt für sich unteilbar (indivisibilis, Ib.) aber sie unterscheiden sich darin, dass die eine sich auf den ersten Sohn bezieht, die andere aber auf den zweiten, dritten... Wenn dem so ist, ergibt sich, dass, wenn der Vater den zweiten Sohn erzeugt, seine Relation auf den ersten Sohn verschwindet, und bleibt nur die neue, die sich unmittelbar auf den ersten, zweiten, dritten, vierten... Sohn bezieht. Auch bei den transzendentalen Relationen befände sich die mehrfache Relation, denn das Wissen kann sich auf mehrere wißbare Dinge, obwohl das in uneigentlichem Sinne geschieht. (II) Über den Beitrag des Vaters und der Mutter bei der Erzeugung ihrer Kinder Die verschiedenen Meinungen: (a) Es scheint, dass auch die gleiche Lösung gilt bei der Relation eines Sohnes zu seinem Vater und zu seiner Mutter, weil sie eine und die gleiche ungetrennte Relation ist, vor allem wenn Vater und Mutter bei der Erzeugung aktiv zusammenwirken (praesertim si die Mutter active mitwirkt (Ib. 22)366. Daraus ergibt sich anscheinend, dass, wenn Vater und Mutter gestorben sind, diese Relation notwendig verschwinden muss. Wenn aber ein der Erzeuger am Leben bleibt, tritt eine neue Relation hervor (consurgit, Ib.), die sich zum noch Lebenden bezieht. (b) Suárez zitiert die Meinung von Ferrariensis (II CG, c. 11, § Ex istis), nach dem es im Sohne zwei numerische und spezifisch verschiedene Relationen gibt, weil auch die Relationen zum Vater und zur Mutter spezifisch verschieden sind, denn der Vater sich bei der konkurrierenden Erzeugung aktiv, die Mutter aber passiv verhält (active; passive, Ib. 24). (c) Suárez will die Situation bis zu den letzen Konsequenzen führen und zitiert auch die Meinung Fonsecas (Met. V, c. 15, q. 5, sect. 3). Dieser behauptet, dass es nur eine einzige Relation zum Vater und zur Mutter gibt, obwohl die Mutter sich bei der Erzeugung passiv verhält, sodass diese Relation, auch unverändert bleibt wenn einer der Erzeuger stirbt. (d) Galeno und Scotus verteidigen bei der Erzeugung die aktive Konkurrenz der Mutter (was Suárez als probabiliter annimmt, Ib. 26), so dass es zwei spezifisch verschiedene Relationen gibt, die aber keine alleinige Wirkursache, sondern nur eine Sammlung davon ausmachen, und so kann man auch verstehen, dass ihr auch eine Sammlung von Termini korrespondiert: Et quamvis pater et mater simul componant unam causam totalem efficientem, iuxta hanc sententiam, tamen, sicut non sunt una causa nisi collectione plurium partialium, ita satis est ut illis correspondeat unum correlativum collectione plurium relationum (DM 47,17,26).

Alle diese Ansichten werden von Suárez zurückgewissen, weil (a) Wenn die Mutter und der Vater sich passiv bzw. aktiv verhalten, dann müssten wir annehmen, dass es zwei verschiedene Relationen gibt, denn sie haben auch ver-

366

Vgl. Thomas von Aquin: “Aliqua vero dicuntur ex aliquo non primo, sed secundum partem. Ex hoc secundum quaecumque praedictorum modorun, sicut puer dicitur fieri ex patre, sicut principio motivo, et matre sicut ex materia; quia quaedam pars patris movet, scilicet sperma, et quaedam pars matis est materia, scilicet menstruum.” (Met., V, lect. 21, n. 82655).

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schiedene Fundamente.367 Es gibt eine gatzungsmäßige verschiedene Relation EffektUrsache, auch wenn sie materiell, oder formell oder wirkursächlich sei. Es gibt also zwei verschiedene Relationen. (b) Es ist schwer zu glauben, dass bei einer ungetrennten Relation, die eine zusammengesetzte Ursache ausmacht, die Relation vollständig (integra, Ib. 25) bleibe. (c) Für Suárez sind sowohl die Identität durch Hinzufügung als durch Veränderung willkürlich und ohne Fundament angegeben, obwohl sie scharfsinnig (acute, Ib. 23) ausgedacht sind. (d) Es kann nicht sein, dass der Vater seine Beziehung zum ersten Sohn verliert, wenn der zweite erzeugt wird, weil nichts was notwendig ist, um eine Relation zu gründen, verloren geht, auch wenn der zweite Sohn geboren ist. Außer dass beide Söhne durch verschiedene Erzeugungen geboren sind (Ib. 23). (e) Wenn auch es möglich wäre, dass eine anpassende Relation mehrere Termini „sähe“ (respicere, Ib, 23), das geschieht nur wenn diese Relation solche plurale Termini erfordert, um seine Funktion auszuüben. So geschieht im Falle der Relation des Ganzen zu ihren Teilen. (f) Das aber kommt nicht weder bei der Relation der Vaterschaft, noch der Sohnschaft vor. Diese Vermehrung oder Multiplikation also darf man beim diesem Fall nur „accidentaliter“ (Ib. 23) annehmen. Die endgültige Suárez’ Meinung: (a) „Quod enim una relatio possit adaequate respicere plures terminos indivisibiliter certum videtur; sic enim in relativis realibus praedicamentalibus totum refertur ad pluras partes, vel unitas ad binarium relatione subduplici; et in transcendentalibus idem intellectus respicit plura intelligibilia inadaequate, et in relativis eadem relatio generis respicit plures species. Sic ergo intelligi potest in quocumque genere vel specie relationum dari aliquas in individuo, indivisibiliter et adaequate respicientes plures terminos, qui respectu illarum erunt partiales, ex illis vero consurget terminus adaequatus qui sit unus collectione quadam“ (DM 47,17,21). (b) Nichtsdestoweniger, meint Suárez endgültig, dass, nach seiner öfters wiederholten Meinung, dass die Relation sich auf das Fundament gründet, alle diese Ansichten über die Multiplizität der Relationen und über die Beziehungen auf verschiedene voneinander nicht zusammenhängenden Termini, nur eine relatio rationis ratione ratiocinatae (... distinguantur ratione ratiocinatae, Ib. 27) ist. Alle die sich wundern über diese Multiplizität, können schon diese Bewunderung vergessen (tollitur admiratio de multiplicatione relationun, Ib.), denn, wie schon bekannt, dürfte man die Seienden nicht ohne Notwendigkeit vervielfältigen: „entia non sunt multiplicanda sine necessitate“. Das wird auch von dem hl. Thomas bestätigt (STh. III, q. 35, a. 5, ad 3), wenn er sagt, dass es in einem Sohn nur eine Relation zu den beiden Erzeugern gibt, zwei aber nach der Vernunft (secundum rationem, Ib.). Das Beispiel das Thomas dafür angibt ist sehr anschaulich: Stellen wir uns ein Schiff vor, das von vielen Matrosen aufs Meer verschleppt wird. Da gibt es nur eine einzige Relation, die sich nicht auf eine Einheit gründet, denn es sind mehrere Matrosen, die das Schiff verschleppen.368 Die Kräfte, die die Matrosen zusammen ausüben, 367 368

So der hl. Thomas (I, q. 32, a. 2), nach Suárez. So spricht auch, nach Suárez, Hispalensis (In III, d. 8, notab. 3) und Capreolus (Ibidem, in

solut. arg.).

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werden nur ratione als verschiedenen Kräften verstanden. Arithmetisch gesagt, die endgültige Kraft ist die Summe der individuellen Kräften.

195

18. Sektion Hier beschäftigt sich Suárez ganz kurz mit den vier Relationeneigenschaften, die Aristoteles in seinen Cat. 7: 6 b 15 ff vorführt, die aber keinen Platz in seiner Metaphysik einräumen (Ib. 1). Die Bündigkeit mit der Suárez sie hier betrachtet ist darauf zurückzuführen, dass er sich schon mit ihnen beschäftigt hat. Interessant wäre allerdings sich mit den dem Sein gemeinsamen Attribute: unum et bonum, zu beschäftigen, denn bei ihnen kommen eine spezielle Schwierigkeit vor. Über die Einheit ist schon hier vieles gesagt worden.369 Über das bonum ist schon Suárez in der DM 10 der Frage begegnet, ob die Relation eine Perfektion darstellt. Er hat darauf geantwortet, dass das bonum insofern eine Perfektion bedeutet, als es eine Entität hat. In Bezug auf das gegenwärtige Thema, möchte Suárez sich zwei verschiedene Situationen vorstellen: 1. Wenn eine Sache etwas von Fundament oder von einem realen Modus „ex natura rei“ Verscheidens ist, dann ist es notwendig, dass die Perfektion dem Sein etwas Reales zufügt. 2. Wenn aber kein Reales zugefügt wird, sondern sie nur durch die Vernunft als verschieden aufgefasst werden, dann ist das bonum doch eine reale Perfektion, nicht aber als eine vom ihm verschiedene. (a) Entgegengesetzheit (an relatio contrarium habeat, Ib. 2).370 Wenn man die Tugend mit der Schlechtheit vergleicht, können wir ohne weiteres sagen, dass sie einander entgegengesetzt sind. So lautet das Beispiel, mit dem Aristoteles hier diese Situation veranschaulichen will. Suárez meint, dass Aristoteles hier dieses Beispiel einführt, nicht weil er dieser Meinung ist (non assignatur ab Aristotele ex propria sententia, 47,18,2), sondern als Folgerung (consequens, Ib.) aus der ersten nur dialektisch motivierten Definition, nach der alle Relationen secundum dici sind.371 Auf diese Weise darf man vielmehr das Entgegengesetzte als eine Eigenschaft der Relationen auffassen, als eine Relation, denn die Relation selbst hat keine ihr entgegengesetzte Relation, wie Aristoteles in De qualitate sagt. Aber die Relationen haben ihre eigentliche Gattung der Entgegengesetzheit.372 Davon war schon die Rede. (b) Gradualität Graduell werden diejenige Relationen genannt die ein mehr und ein weniger zulassen (Ib. 3). Diese Eigenschaft wird von Aristoteles, nicht bei allen Relationen ver-

369

Vgl. hier S. 120. Suárez hat sich in DM 47,6,19 damit beschäftigt. Nach Aristoteles: „Zwei Eigenschaften werden üblicherweise dann als [konträr] engegengestezt bezeichnet, wenn sie einem Ding nicht zugleich zukommen können“ (Cat. 6: 6 a 1). 371 Ich möchte hier die Ansicht von L. Jansen über die Entgegengesetzheit zitieren: „Es ist merkwürdig dass Aristoteles das Doppelte und das Dreifache unter den Beispielen der entgegengestezten Relationen nicht einführt. Das kann sein, weil es dabei um einen strengen Begriff von Kontrarietät handelt, der aber nicht einfach zu charakterisieren ist.“ Jansen unterscheidet zwei Fällen: 1. Wenn es nur ein Gegenteil gibt, dann ist es das Entgegengesetztes. 2. Gibt es aber viele, dann sind es zwei Situationen denkbar: a) Die Kontraria sind graduell: Grau-Weiss. In diesem Falle bilden die Kontraria ein von zwei Extremen begrenztes Kontinuum von Eigenschaften. Im strengen Falle sind aber nur die beiden Extreme einander entgegengesetzt (die sogenannten “polar-konträren Eigenschaften”). b) Die Kontraria durchlaufen keinen Übergangsfeld und so haben sie keine entgegengesetzte Pole (o.c. S. 21-22). 372 Buridan versteht diese Entgegengetzheit von Wissen und Unwissenheit vielmehr als eine Privative, als eine konträre. Vgl. R. Schönberger, o.c., S. 404. 370

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wendet, denn das Doppelte z. B. keine Gradualität zulässt, während das Ähnliche oder das Gleiche sie zulassen.373 Man muss aber, wie immer, vorsichtig sein. Die Gradualität wird auf verschiedene Weise zu der Relation und zur Qualität zugeschrieben. Der Qualität kommt sie zu, weil sie intensibilis et remissibilis (Ib. 3) ist. Die Relation aber als solche ist nicht so graduell, denn sie kann kein Mehr oder Weniger zulassen, weil weder sie noch ihr Fundament vergrößert werden können: Zwei weiße Sachen z.B., die mit einem bestimmten Grad von Weiße (ut octo) ähnlich sind, sind deswegen nicht mehr oder weniger ähnlich, wenn sie durch einen anderen höheren oder minderen Grad von Weiße (ut quattuor, Ib. 3) steigern. Die Relation der Ähnlichkeit bleibt also bestehen auch wenn die Grautöne sich abwechseln. Sie wird aber mehr oder weniger ähnlich, nur wenn das Fundament oder der Terminus sich mittels einer Addition zum Prädikat ändern.374 Für die Nominalisten ist das eine Sprachform, die sich durch einen Komparativ oder Vergleich stattfindet.375 Die Gradualität kommt also bei den Relationen nicht durch ihre Intension,376 sondern durch ihre Variation vor.377 Ein Beispiel wird das uns das erklären: Die konkrete und individuelle Relation der Ähnlichkeit lässt kein Mehr oder Weniger zu, weil sie unteilbar (indivisibilis, Ib. 4) ist, d. h. wenn bei zwei gleichen Sachen eine grösser als die andere wird, dann werden die Relationen nicht sosehr weniger ähnlich, als viel mehr verschwindet diese konkrete Relation der Ähnlichkeit. Der Relation der Unähnlichkeit lässt aber ein Mehr oder ein Weniger zu, denn sie wird mit de Begriff der „vollständigen Ähnlichkeit“ verglichen und so können die Korrelate mehr oder weniger von dieser vollständigen Ähnlichkeit abweichen (propter maiorem vel minorem recessum a perfecta aequalitate, Ib.).378 Dasselbe kann man bejahen von den Relationen der Gleichheit. Trotzdem sind die Relationen, die eine größere oder kleinere Unähnlichkeit zulassen, eigentlich verschieden, nicht aber ein und dieselbe Relation, die grösser oder kleiner wird, denn sowohl ihre Fundamente als auch ihre Proportionen verschieden sind. Die Relationen also die ein Mehr oder ein Weniger zulassen, nennt man so, weil sie von einem vollständigen Terminus abweichen (per accessum et recessum ab uno perfecto termino, Ib. 4) und nicht weil sie sich vergrößern oder vermindern:

373

Vgl. Cat. 6 b 19-20. Für Buridan das ‘mehr’ und ‘weniger’ sind Hinzufügungen (cum additione) zum Prädikat (R. Schönberger, o.c., S. 405). 375 Vgl. Schönberger, dessen Buch über die Relationstheorie des Buridan so lautet: „Relation als Vergleich“. „Sprachlich genommen – sagt R. Schönberger – ist dies [Socrates ist weisser als Plato] nur eine Weise, einen Komparativ –einen Vergleich somit –auszudrücken“ (Ib. S. 405.) 376 Das ist die Meinung von Fonseca (Met. V, c. 15, q. 15, sect. 2). Hier wird das Wort “intension” als die Fähigkeit einer Beschafenheit, ein Mehr oder ein Wenig zu bekommen, nicht aber in dem Sinne der Logik, nach der Intension und Extension eines Begriffes die Definition einer Sache ausmachen. Definition ist die Eingrenzung oder Abgrenzung des Umfangs einer Bedeutung, durch Bestimmung ihres Inhalts. Intension, Komprehension oder Inhalt eines Begriffes, ist sein Bedeutungsgehalt. Z. B. die Intensión des Begriffes “Mensch” ist “animal rationale”. Extension oder Umfang eines Begriffes ist die Menge der Objekten, denen man einen kollektiven Terminus zuschreibt, d. h. seine Anwendungsbereich. Z. B., die Extension des Begriffes “Mensch” ist die Menge aller Menschen. Diese beiden Eigenschaften eines Begriffes verhalten sich nach der Regel: je grösser die Intension, um so kleiner die Extension. 377 So Fonseca (Met. V, c. 15, q. 5, sect. 2). 378 Nach Aristoteles sind die Grautöne den Extremen und einander entgegengestezt (Phys. V, 1: 224 b 28-35). In diesem Falle spricht man von „polar-konträren“ Eigenschaften. Vgl. L. Jansen, o,c., S. 21. 374

197

Sic ergo dicuntur quaedam relativa suscipere magis et minus, id est, denominari magis et minus talia per accessum vel recessum ab uno perfecto termino, non per intensionem aut remissionem (DM 47,18 4).

Umkehrbarkeit oder Konvertenz379 Omnia relativa dicuntur ad convertentia (Arist., Cat. 7: 6 b 28 sqq.)

Diese Bestimmung scheint also nach Aristoteles für alle Relationen zu gelten (!) Es gibt die meinen, dass die Umkehrbarkeit dasselbe ist wie „sich wechselseitig beziehen“ (mutuo referri, Ib. 5), d. h. dass einer Relation eine andere zugehört. Das würde Suárez akzeptieren nur wenn diese Eigenschaft auch die Relationen rationis mit einschließt.380 Der Sinn, den Aristoteles dieser Eigenschaft gibt, ist, nach Suárez, dass etwas in Zusammenhang mit anderem denominiert wird (unum denominetur cum adiuncione alterius, Ib. 5)381. So z. B. die Wissenschaft wird Wissenschaft des Wissbaren, und das Wißbare wird wißbar durch die Wissenschaft genannt. ...scientia dicitur scibilis scientiâ, et scibile dicitur scientiâ scibile (DM 47,18,5).

Aber an und für sich gehört diese Eigenschaft unserer Art zu sprechen an, die aber ein Fundament „in rebus“ hat. Aristoteles selbst sagt, dass diese Umkehrbarkeit nicht bei allen Relationen zu treffen ist, denn, wenn wir von den akzidentellen Relationen sprechen, dürfen wir wohl sagen, dass ein Sklave, Sklave eines Menschen ist, nicht aber, dass ein Mensch, Mensch eines Sklaven ist.382 Et ideo ait Aristoteles hanc conversionem interdum in eodem, interdum in diverso casu fieri (DM 47,16,5).

Wie kann sich aber das Wort „omnia relativa“ mit den vorkommenden Ausnahmen versöhnen? Nach Aristoteles rührt es von einem uneigentlichen Gebrauch dieser Eigenschaft her.383 Diese Eigenschaft der Umkehrbarkeit ist für Suárez keine eigentliche Eigenschaft der prädikamentalen Relationen, denn sie gehört auch den transzendentalen Relationen zu.384

379

So Aristoteles: “pros antitrephonta legetai” (Cat. 7: 6 b 28). Das ist die einzige Eigenschaft, die, nach Aristoteles, für jede Relation gilt. 380 Boethius wollte die Konvertenz nur auf die relationes rationis beschränken wissen (De rel. III, 4), denn die von Aristoteles angegebenen Beispiele zeigen, dass er damit irgendwie die Allgemeingültigkeit (omnia) dieser Beschafenheit auf die der dritten Gattung zugehörenden Relationen beschränken will. 381 Der Begriff convertentia wird auch von Buridan gebraucht. R. Schönberger interpretiert ihn so: „Der Begriff der Konvertentia meint hier nicht die Austauschbarkeit synonymer Ausdrücke (wie etwa Definition und Definiertes), sondern das Wechselverhältnis relativer Bezugnahmen“ (o.c., S. 406). Damit würde Buridan nur eine Suppositionslehre behaupten, keine neue Relationstheorie. „A ist der Sohn von B“ wird dann falsch, wenn der B nicht mehr lebt. Denn „B“ supponiert in diesem Fall für nichts mehr. Die Wahrheit eines Satzes liegt nach Buridan jedoch darin begründet, dass die Termini dieses Satzes für etwas supponieren“ (Ib. S. 406). Über den Begriff der „dispositio addita“. Vgl. R. Schönberger, o.c., S. 379-380. 382 Cat. 7: 7 a 24-30. 383 Aegidius will die Konvertenz auf die bloss logischen Relationen zurückführen, indem er sagt: “Sed de hac quaestione dico similiter et universaliter, sicut mihi videtur, quod Aristoteles dicat, omnia relativa dicuntur ad convertentiam; hoc dicit Aristoteles in Praedicamentis, ubi dicit, quod omnia relativa ad convertentiam dicuntur, et exemplificat de diciplina et de diciplinato, de sensitivo et sensato, quae sunt relativa tertii modi” (De relationibus, III, 4).

198

Gleichursprünglichkeit385 Darüber hat schon Suárez vieles gesagt: Ob die Relationen von Natur aus im Verstand und in der Definition zugleich sind. Siehe oben.386 Hier sei nur daran erinnert, dass diese Beschaffenheit mit dem Zeitbegriff zu tun hat. Suárez, genauso wie andere Scholastiker, verstehen das „von Natur zugleich sein“ im Sinne temporaler Gleichzeitigkeit, d.h. „simul tempore“.387 „Zugleich sein“ bedeutet, dass ein und dieselbe Sache das „früher“ und das „später“ ausschließt. Danach ergibt sich, dass z. B. Vater und Sohn in der Zeit nicht „zugleich“ sein können, denn der Vater, durch seinen Erzeugungsakt immer vor dem Sohn sein muss, nach der Regel: „omnis causa est prior causato“. Das heißt, dass alle Kausalrelationen als gleichursprünglich ausgeschlossen sind.

384

Über die Konvertenz bei den Relation Vater-Sohn, cfr. hie, S. 112 ff. Arist. Cat. 13: 14 b 27-29: “Von Natur aus zugleich wird genannt, was sich einerseits in der Abfolge des Seins umkehren lässt, bei dem andererseits niemals das eine für das andere Ursache des Seins ist.” 386 Vgl. hier, S. 159. 387 So Buridan, der aber diese Konvertenz nicht auf die verlautenden Worte bezieht, denn diese Verlautbarung geschiet in der Zeit, also im Nacheinander (Vgl. Schönberger, o.c., S. 407). 385

199

Exkurs Die mehrstellige oder polyadische Prädikaten vs. Existenz realer Relationen Aristoteles und die Scholastik verstehen das logische Prädikat als das, was von dem Subjekt in einem Urteil ausgesagt wird, oder als das, was dem Subjekt in einem Urteil entweder zu- oder abgesprochen wird. „Suárez ist ein Mensch“; „Suárez ist kein Tier“. Ein Prädikat kann auch in einem anderen Urteil die Funktion des Subjektes ausüben: Der Ausdruck „Mensch“ kann Prädikat in einem Urteil und Subjekt in einem anderen Urteil sein: „Der Philosoph ist ein Mensch“, aber es gilt auch: „Einige Menschen sind Philosophen“. In der modernen philosophischen Semantik oder Prädikaten-Logik, Prädikat ist eine Bezeichnung für einen unvollständigen Ausdruck, der durch die Entfernung eines oder mehrerer singulären Ausdrücke aus einem Satz entsteht, der eine Behauptung darstellt. Danach unterscheidet man zwischen monadischen (x ist weiß) und polyadischen (zwei- drei-, n-stellige) Prädikate oder Relationsbezeichnungen („x ist Vater von y“: xVy; V(x,y)). Die Prädikate werden auch Satzfunktionen (engl. „sentential function“) genannt. Die Prädikate werden durch große Buchstaben E, F, G, H, die offenen Stelle aber mit den variablen x, y, z symbolisiert. Der Satz „Sokrates ist Vater von Sophronikos“ wird mit F(xy) symbolisiert (diadische Relation); der Satz „Sokrates ist Vater von Sophronikos und von Plato“; F(xyz) (triadische Relation). Es gibt in der allgemeinen Sprache Sätze oder Verben, die immer einen zweistelligen Prädikat erfordern, z. B. das Werb „lieben“ erfordert notwendigerweise wenigstens einen Liebenden und einen Geliebten; ich sage „wenigsten“, denn es könnte sein, dass ein Liebender mehrere Geliebte hat oder dass mehrere Liebende einen einzigen Geliebten haben. Es kommt aber auch vor, dass einige Sätze sich nur auf ein Individuum beziehen, z. B. „Sokrates ist gestorben“, die aber auch mehrere Variablen (zwei-stellige Prädikate) haben könnten, z. B. „Socrates ist wegen Krebs gestorben“. Nun ist dem so, dass weder Aristoteles noch die Scholastik polyadische Prädikate kannten, wenigsten was ihre moderne logische, semantische Ausdruckweise betrifft. Sollte man daraus schließen, dass sie überhaupt keine „Idee“ darüber hatten? Es gibt die meinen, dass „mehrstellige Prädikate nicht wie einstellige Prädikate behandelt werden dürfen“. Andere aber, wie L. Jansen, hat versucht, zu zeigen, dass „man sehr leicht von einstelligen zu zweistelligen Prädikate übergehen kann“.388 Die Scholastiker haben also danach eine klare Idee eines zweistelligen Prädikats, verfügten sie aber über keine logische Ausdruckweise.

388

“Ich habe gezeigt, dass die Mehrstelligkeit eines Prädikats weder notwendig noch hinreichend ist für ein rationales Sein… Im Rahmen einer Aristoteles-Studie hat das den Nachteil, dass Aristoteles gar keine mehrstelligen Prädikate kammte… In einer Metasprache lässt sich vieles sagen, was in der Objektsprache nicht ausdrückbar ist. Dennoch kann es auch für den Aristoteles-Interpreten erstrebenswert sein, sein Analyse-Instrumentarium nöglich nahe an die Aristoteles eigene Begriffswelt anzunähern… Um einen logischen Rahmen zu erhalten, der nahe an den begrifflichen Vorstellungen des Aristoteles liegt, bieten sich jedoch Prädikatmodifikatoren an…. Prädikatmodifikatoren nehmen Prädikate und bilden aus ihnen neue, komplexere Prädikate… Das einstellige Prädikat “Vater” lässt sich dann mit HIlfe dieses Modifikators zu dem komplexen Prädikat “(vony Vater)” erweitern, das durch den y-Indez des Modifikators eine zweite Einsetzungsstelle bekommt. Der von-Modifikator ist abtrennbar, d. h. wer auch immer Vater von jemandem ist, ist auch Vater schlechthin. “ (o.c., S14-15),

200

Die Mehrstelligkeit und die reale Relationen Wenn es keinen realen, mehrstelligen Formen in der Außenwelt gibt, dann gibt es nichts in der Außenwelt, das unseren relationalen Begriffen zukommen könnte. Das ist wahr nur wenn es zwischen der Struktur der Außenwelt und unserer Erkenntnis keinen Isomorphismus gibt. Haben wir also keinen Grund zu verneinen, dass ein mehrstelliges Prädikat gar nichts zu tun hat mit dem einstelligen Prädikat.389 Damit wollen wir sagen, dass Suárez, auch wenn er eine solche Prädikatenlogik gekannt hat, doch ist er damit einverstanden, dass nicht jedem verschiedenen Typ von Begriffen ein verschiedener Typ der Realität irgendwie korrespondiert. Er spricht öfters von: „secundum nostrum modum concipiendi“ (Ib. 47,16, 5); „es ist notwendig, dass der Intellekt beide Extreme unter sich vergleicht (comparatio intellectus, 47,9,6), als ob sie zwei verschiedene Sachen wären“. Für Suárez wäre die eigentliche Streitfrage nicht so sehr, ob es Dinge in der Außenwelt gibt, die unserer Art zu denken korrespondieren, sondern viel mehr, was sie in sich selbst sind (prout in se sunt). Einmal angenommen, dass es in der Außenwelt keine polyadischen Eigenschaften gibt, geben ihnen die Scholastiker trotzdem keine Chance, denn sie ergreifen einerseits Partei für Aristoteles, nach dem die Relationen nur monadischen Eigenschaften haben, andererseits aber “identifizieren“ sie einige Relationen mit Substanzen. Suárez gibt zu, dass die Relationen eine solche besondere Entität haben, die mit den genuinen Akzidentien nicht übereinstimmen. Er nimmt auch an, dass die Prädikation, die relative Termine einhüllt (z. B. „x ist grösser“) nicht komplett ist, wohl aber die die keine relative Termine einschließt (z. B. „x ist weiß“). Er muss danach anerkennen, dass die Relationen, in Unterschied von den absoluten Sachen, immer irgendwie paarweise vorkommen, so dass jedes Relatives ein Korrelatives hat: Wenn man sagt, dass „x ist grösser“ oder „z ist ähnlich“ erwartet man, das es durch ein anderes Korrelat „kleiner“ bzw. „ähnlicher“ ersetzt wird. Und das hat seinen Sinn, wenn wir vom Fundament einer Relation sprechen. Wenn wir aber von „x ist weiß“ sprechen, dann erwartet außer dieser Behauptung nichts mehr; setzen wir aber in der Nähe oder woanders eine weitere weiße Sache ein, dann können wir sie miteinander vergleichen und sagen, ob eine weißer als die andere ist. Hier sprechen wir von einer Gradualität im Weißen, die Aristoteles als eine der Eigenschaften der Relationen versteht.390 Diese Gradualität kommt aber bei anderen Relationen, wie „x ist dreieckig“ nicht vor. Dass bei Suárez auch mehrstellige Prädikate vorkommen, kann man den Beispielen die er anbietet entnehmen: eine doppelte, dreifache... Vaterschaft und eine Vaterschaft in der der Vater verstorben ist.

389

Vgl. Albert der Grosse, Liber de praedicamentis, 224 a-b. Vgl. Arist. Cat. 7: 6 b 19-20: Graduell ist etwas, wenn ein Mehr und ein Weniger zulässt… Einige pros ti würden ein Mehr oder Weniger zulassen, wie etwa das Ähnliche oder das Ungleiche.” 390

201

DM 48: De actione Suárez beschäftigt sich in dieser Sektion mit der aristotelischen Kategorie der Handlung (actio). Er ist bewusst, dass Aristoteles nicht immer dieselbe Zahl der Kategorien angegeben hat: in der Metaphysik V, c. 7, hat er habitus und situs weggelassen.391 In der Physik III behandelt Aristoteles 2 Kategorien: actio et passio. In der Physik IV: tempus et locus. Problemstellung Das Motiv dieser Disputation ist es, 1. die Essenz der actio, 2. ihre Ursachen, und 3. ihre Teile deutlich zu verstehen.392 Außerdem, muss man genau wissen, ob die actio, die eine reale Kategorie ausmacht, sich von den anderen Kategorien unterscheidet. Dass sie sich wahrlich von den Prädikamenten der Substanz, der Quantität, der Qualität, und der Ubi unterscheidet, wird von Suárez vorübergehend vorausgesetzt, denn wenn es bewiesen wird, dass die actio sich von ihrem Terminus unterscheidet, dann wird auch bewiesen, dass sie sich von diesen Kategorien unterscheidet. Mit den Kategorien aber des habitus und des situs hat die actio überhaupt weder Ähnlichkeit noch Identität. Man kann aber auch alle diese Kategorien in dem Sinne verstehen, dass sie irgendwie von der actio produziert werden können. In diesem Falle, sind es die Termini, die die Unterscheidung ausmachen. De caeteris vero res est clara, nam ad substantiam, quantitatem, qualitatem et ubi comparatur actio ad terminos suos; et ideo, probata distinctione actionis a termino, probata est distinctio ab his praedicamentis; cum habitu vero et situ nullam habet similitudinem, nedum identitatem; quod si illa considerentur quatenus per actionem aliquo modo fieri possunt, erit eadem distinctio actionis ab his, quae est ab aliis terminis (48,1, prooemium).

Einerseits, hat die actio einen essenziellen Bezug auf den agens, ohne dem sie weder verstanden werden kann noch kann sie sich von der passio unterscheiden. Wenn aber, andererseits, die Relation ein besonderes Genus ist, kann sie nicht in die Essenz eines anderen Prädikaments eingeschlossen werden.

391

Averroes sagt dazu, dass Aristoteles so verfahren hat “propter abbreviationem sermonis, vel quia latent” (Met. V, com. 14). 392 Suárez hat sich auch mit dem Handlungsbegriff in Zusammengnag mit dem Ursache-Begriff, in den DM 17-20 beschäftigt. Die Problematik diese Begriffe genau zu definieren kommt Aus Diesem Satz hervor: „aeque autem obscurum est quid sit actio“ (DM 17,1,6).

202

1. Sektion Utrum actio essentialiter dicat respectum ad principium agendi Problemstellung (a) Die actio scheint, einen essenziellen respectus zum agens zu haben. (b) Wenn aber die Relation eine prädikamentale Gattung ist, kann sie nicht in die Essenz eines anderen Prädikaments eingeschlossen werden. Drei verschiedene Auffassungen: 1) Nun beschäftigt sich Suárez mit der Meinung von Scotus,393 der zwischen Relationen extrinsecus et intrinsecus advenientes unterscheidet. Suárez hat oben auf diese Unterscheidung hingewiesen.394 Den Grund für diese Unterscheidung besteht, nach Suárez darin, dass Scotus der actio einen realen respectus zum agens zumisst, [cfr. (a)], der aber kein prädikamentaler ist, [cfr. (b)]. Muss er also eine andere Form von respectus sein, nämlich extrinsece adveniens. Relatio intrinsece adveniens ist diejenige, die notwendig entsteht, wenn das Fundament und der Terminus vorhanden sind. Diese Relation gehört also zum Prädikament ad aliquid. Relatio extrinsece adveniens ist für Scotus diejenige, die durch die Stellung (positione, Ib. 2) des Fundaments und des Terminus nicht notwendig entsteht.395 Zu dieser Relation gehört die actio. Es kommt nicht immer vor z. B., dass das Feuer ein Stück Holz verbrennt, denn es kann entweder ein Hindernis dazwischen geben oder dass man dem Holz kein Feuer anlegt. Noch wichtiger ist zu beachten, dass bei dieser Gattung der Relation der menschliche Wille eine große Rolle spielt, der eine Relation durch seine frei Handlung verhindern kann. Diese Relation gehört also weder zum Prädikament ad aliquid noch macht sie ein eigenes Prädikament, sondern mehrere aus. Suárez bemüht sich einen Grund für diese Unterscheidung zu geben, denn Scotus gibt keinen dafür. Er nimmt hier wieder seine Auffassung auf,396 die Relationen nach ihrer Funktion (munus, Ib. 2) in der Welt zu unterscheiden. Die Relationen intrinsece advenientes haben in der Welt keine andere Aufgabe als „referre“, oder „comitari“. Die anderen aber, da sie extrinsece vorkommen, haben mehrere Aufgaben in der Welt zu erfüllen und es gibt auch bei ihnen unterschiedliche und verschiedene Gattungen (Ib. 2). Dass die actio ein respectus secundum dici sein könnte, gibt keine befriedigende Lösung, denn sowohl die actio wie die passio unterscheiden sich in ipsa ratione significata (Ib. 3) und nicht secundum dici. Sie unterscheiden sich secundum esse, weil die actio de intrinseca ratione eine emanatio und Ursächlichkeit des Agens ist, sodass sie quid medium397 zwischen dem agens und dem Effekt ist.

393

Vgl. Scotus, In IV, d. 13, q. 1, § Ad cuius autem; IV, d. 6, q. 10; III, d. 11, q. 1. Vgl. hier S. 90. 395 “Licet Deus privet entia secunda actionibus suis, praeveniendo causalitatem eorum et causando effectus quos illa possent causare, non oportet quod privet illa suis entitatibus; manent enim et non causant suos effectus, quia alia causa immediate causat illos, possent tamen illos causare; sicut manet iste ignis, et tamen non causat ignem in hoc ligno si aliud agens fortius preveniat in igniendo, posset tamen causare, quia formam quae est principium igniendo habet” (Quodl., q. 7, a. 2; Alluntis, n. 64, S. 278). 396 Vgl. hier S. 26. 397 Vgl. auch DM 17,1,1: „Est via ad effectum seu dependentia effectus ab agente…“ 394

203

Die Thomisten398 sind gegen diese Unterscheidung, denn, obwohl Scotus sie als secundum esse voraussetzt, der Ursprung (origo, Ib. 4) und die resultantia der Relation sind an und für sich kein genügender Grund, um sie zu unterscheiden. Obwohl es dabei eine essentielle Unterscheidung gibt, gibt es trotzdem auch bei ihnen einen essentiellen Zusammenhang (convenientiam, Ib. 4), der als univok und nicht als analog zu verstehen ist. Man dürfte gegen diese thomistische Interpretation des Scotus einwenden, dass es damit genauso bewiesen werden könnte, dass die transzendentalen Relationen keine respectus secundum esse wären und zum Prädikament der Relation nicht gehörten (Ib. 5), was gegen die Meinung des Suárez ist. Suárez würde diese scotische Einteilung nur dem Namen nach annehmen, d. h. wenn Scotus die Relationes extrinsece advenientes als transzendentale Relationen verstehen würde; aber man muss mit Scotus vorsichtig sein, weil die transzendentalen Relationen überhaupt allen Dingen zueigen sind (omnia entia percurrit, Ib. 5). Und wenn Scotus damit sagen will, dass außer den Relationen transzendentalen und prädikamentalen es auch noch eine neue Art von Relationen gäbe, dann ist Suárez dagegen, denn wenn dem so wäre, müsste man eine neue, spezielle, allgemeinere und supertranscendentalis (Ib. 6) Gattung annehmen. Ein Paar Beispielen dürfte diese Unterscheidung in Bezug auf die extrinsece advenientes Relationen bestreitten: Die Relation der Nähe zwischen Peter und Paul ist eine prädikamentale, akzidentale Relation, trotzdem entsteht sie nicht zugleich. Die zwei Menschen sind lediglich die entfernten Fundamente; es ist dazu noch eine ratio fundandi notwendig, damit die Relation entsteht. Ähnliches kommt bei der Relation des agens zu dem patiens vor. Sie entsteht nur wenn eine Mutation oder ein neuer modus bei den Relata vorkommt, die aber keine Relation begründen, obwohl dieser modus einen transzendentalen respectus einschließt oder ihm die Relation nachgeht. Auf diese Weise, kann die Relation scientia-scibile nicht stattfinden solange sie nicht fit (Ib. 7). Vielleich denkt Scotus – sagt Suárez weiter – dass es zwei Relationen oder respectus gibt (Ib. 8): (1) Agens  passum (oder Effekt) (2) ipsa actio  principium agendi (1)

(2)

Stimmt nicht, denn der Effekt wird nicht in der actio eingeschlossen, weil er vielmehr deren Resultat ist. Außerdem, er kommt ihm nicht extrinsece zu, denn einmal das Fundament, die ratio fundandi und der Terminus vorhanden sind, entsteht notwendig (necessario, Ib. 8) diese Relation. Wem kommt extrinsece dieser respectus zu?: (a) der actioni selbst? Das kann man nicht behaupten, denn der Effekt gehört ihr essenziell und innerlich (intrinsecus, Ib. 8) zu. (b) oder dem Subjekt, dem die actio inhäriert? Wenn dem so wäre, dann könnte es viele prädikamentalen Relationen „extrinsecus advenientes“ geben, denn sie kommen dem Subjekt immer akzidentell zu.

Nehmen wir das Beispiel der Relation scientia-scibile. Dabei könnte man sagen, dass diese Relation dem Subjekt, das die scientia hat, immer extrinsecus zukommt, denn 398

Hervaeus (Quodl. VII, q. 14); Soncinas (Met. V, q. 39); Soto (Praed. ad aliquid).

204

zwischen Subjekt und Objekt besteht noch keine Relation, wohl aber zwischen scientia und scibile (Objekt). Der Schluss ist also: Nulla est ergo specialis ratio ob quam talis respectus vere dicatur extrinsecus adveniens (DM 48,1,8).

2) Die zweite Auffassung399 Die actio schließt essentialiter keinen respectus zum agens ein. Es gibt dabei nur eine äußerliche Denomination. Die Erwärmung ist nichts anderes als die Wärme, die das Feuer erwirkt, das als agens ignis denominiert wird (Ib. 9). Dazu erwidert Suárez, dass die actio ein Mittleres400 (aliquid medium, Ib. 10) zwischen Ursache und Effekt bezeichnet, das ex natura rei von beiden verschieden ist. Die vermeintliche Denomination wird nicht von der Koexistenz der Dinge genommen, sondern von der Abstammung (processione, Ib. 11; emanatione, Ib. 12), die sie vermittelt. Bei der Erklärung dieser Behauptung, bietet uns Suárez ein Beispiel, das den Familienverhältnissen entnommen ist: Wenn ein Mensch Petrus (Vater) Paulus (Sohn) auf natürliche Art erzeugt hat, dann sagt man, dass er “Erzeuger” und “Vater” ist. Wenn aber Petrus divina virtute, z. B. durch einen Willensakt (!) (per actum voluntatis, Ib. 11) Paulus erzeugt hätte, dann dürfte man ihn weder Erzeuger noch Vatter, höchstens Effector nennen, was ein Zeichen ist, dass die actio unbedingt einen respectus zum Agens hat.401 3) Die dritte Auffassung Die actio besagt ein Absolutes, aber mit einem respectus zum agens402 Die Relation, die die actio bezeichnet – so sagen diese Autoren –, ist diejenige, die sich im agens in Bezug auf den Effekt oder auf das passum stattfindet. Das ist für Suárez unmöglich, denn die actio ist immer prior natura als die Relation und von ihr unabhängig. Wenn dieser respectus eine prädikamentale Relation bezeichnet – wie sie meinen –, das könnte man auch nicht annehmen, denn ein Prädikament kann nicht essentiell durch ein anderes Prädikament bestimmt werden. Sonst würden die Prädikamente sich vermischen.

399

Hervaeus, Quodl. I, q. 9 und Iavellus (Met. V, q. 23). Vgl. DM 17,1,6. 401 Vgl dazu die Meinung Ochkams: “…omnem rem quam Deus conseruat sine alia re, potuit uel potest producere de nouo etsi illa alia res non sit nec unquam fuerit. Si ergo paternitas qua pater refertur ad filium sit alia res a patre et filio, et Deus eam conseruat sine generatione, quia illa praeterita est, igitur potest uel potuit Deus istam paternitatem de nouo producere etsi numquam fuisset illa generatio, et per consequens poterit aliquis pater esse illius quem non genuit. Item, ponatur quod Deus creet de nihilo unum hominem, post quem creet alios homines, et postea alii generentur. Quo posito arguo sic: qualis res et in aliquo istorum hominum potest Deus de sua potentia absoluta facere talem rem in isto homine; sed filiatio est in uno illorum, hominum; igitur potest Deus facere talem filiationem in isto. Et per consequens, isto posito, iste erit filius, et nonnisi hominis. Et non est aliquis alius homo ab isto nisi iunior eo, per casum; igitur iste homo erit filius hominis iunioris se, quod contradictionem uidetur includere.” (Summa Log. [1.50. quod relatio non sit alia res a re absoluta]. 402 Averroes (Commentator), Phys., III, com. 9, Thomas von Aquin (Ibidem); Capreolus, In II, d. 2, 1. 1, ad 1, Soncinas, Met. V, q. 38, Scotus, Quodl., q. 13, a. 1-2. 400

205

Sie aber erwidern, dass die actio per se primo et in recto (Ib. 13) das Absolutum und das Respectivum directe et per se als absolutum quid betrachten (z. B. die Bewegung die sich im passo stattfindet konnotiert die Relation die sich daraus im agens ergibt). Das wird von Suárez zurückgewiesen, denn die actio ut actio setzt diese Relation voraus. Um diese Ansicht besser zu verstehen, versucht Suárez sie Teil für Teil zu analysieren: (a) Die actio ist nichts anderes, als die spezielle Abhängigkeit, die der Effekt von der Wirkursache (Ib. 15-16) hat, denn sie ist weder die Wirkursache (res faciens, 15), noch die gewirkte Sache (res facta, Ib.), noch ihre Zusammenhang, noch eine Denomination, die aus ihrer Koexistenz entsteht. Sie ist vielmehr die Mitte (aliquid medium inter illas, Ib. 15) zwischen der Ursache und den Effekt und das heißt spezielle Abhängigkeit einer Sache von der anderen. Speziell, weil nicht jede Abhängigkeit eine solche Bestimmung hat, z. B. die Abhängigkeit von der Formursache, die keine actio ausmacht, sondern nur eine Verbindung (unio) bezeichnet, die denselben modus der Abhängigkeit hat. Hier handelt es sich nur um die Wirkursächlichkeit. Wenn man aber sagt, dass diese Abhängigkeit403 so aus der actio entsteht, dass der Effekt darum abhängig ist, weil er wird (quia fit, Ib. 15), sodass die actio immer die ratio der Abhängigkeit ist und vor ihr herkommt, dazu erwidert Suárez, dass die Abhängigkeit nicht durch der actio entsteht, sondern sie ist die actio selbst. Und dieses “kausal”-Adverb “weil” (quia) muss nicht im Sinne einer eigentlichen Wirkursächlichkeit, sondern einer Formalursächlichkeit verstanden werden, sodass die Abhängigkeit nicht aus der actio herrührt, sondern sie wird durch die actio agentis konstituiert (constituitur ratio agentis, Ib.). (b) Die actio sagt einen realen, essenziellen, wesentlichen (intrinsecum, Ib. 17) und transcendentalen respectus zum agens oder zum principium agendi aus (Ib. 17-19). (c) Durch diesen respectus der actio zum agens wird der agens nicht zum Etwas bezogen, sondern es ist vielmehr dieselbe actio, die sich zum agens bezieht, aus dem sie herauskommt (egreditur, Ib. 18). (d) Die actio ist der letzte Akt der aktiven Potenz und derer Übung (exercitium, Ib. 20). Die actio ist nicht anderes, als die Wirkursächlichkeit der Wirkursache, durch die jene als actu causans bestimmt wird.404

403

Der Dependenzbegriff (dependentia), der von Suárez auf Okham und Scotus zurückgeführt wird (“Tertia definitio est quam potissime afferunt aliqui moderni [die Nominalisten und Scotus]: causa est id quo aliquid per se pendet” (DM 12,2,4), wird von Suárez weiter expliziert, indem er von einer speziellen Abhängigkeit spricht (Vgl. hier, S. 197): „Libentius tamen eam sic describerem: Causa est principium per se influens esse in aliud“ (DM. Ib.). Vgl. dazu: Robert Schnepf, o.c., S. 37, fussnote 73. Ich wispreche aber die Meinung von R. Schnepf, der bei der Behandlung der Handlung bei Suárez sagt, dass Suárez die Kausalverhältnissen nur durch die „tendentia ad effectum“ und nicht durch die Dependenz-Begriff geleistet werden, um diesen Typ der Relationsverhältnissen von den anderen zwei Typen zu unterscheiden. Suárez spricht ganz klar, dass es sich hier um einen speziellen Fall der Dependenz handelt. Die actio ist der letzte Akt der aktiven Potenz und deren Übung. 404 Die Bezogenheit der Handlung (actio) zur Ursache wird bei Suárez aus dem folgenden Satz ersichtlich: “Sed actio est id quo causa efficiens actualiter attingit suum effectum et quo effectus pendet a sua causa; nam est ipsamet dependentia effectus facti a causa faciente.“ Und dies gerade, weil die Ursache erst dann als solche konstituirt wird, wenn sie actu wirkt. “Idem autem est esse causam efficientem in actu quod esse agens.“ (DM 18,10,5). Sonst bleibt sie nur als potentia agendi („nam causa dum intelligitur habet tantum potentiam agendi non intelligitur actu agens.“ (Ib.).

206

2. Sektion Wie verhalten sich actio und terminus, besonders bei den actiones immanentes, transeuntes und instantaneae?405 Actio immanens406 ist diejenige, die eigentlich keinen äußeren Terminus hat: sie bleibt beim Subjekt, das sie verursacht. Ein Beispiel dafür ist die Vitalaktion, über die Suárez in seinem Traktat De anima vieles gesagt sagt407. Die Vitalaktion erfordert einen aktuellen, sich bewegende und fortwährende408 Wirksamkeit.409 Trotzdem, kann man behaupten, dass es doch einen inneren Terminus gibt, der durch die actio verursacht wird. Aristoteles bietet uns als Beispiel davon das Zitherspielen (Met. IX, 8: 1049 b 30-31). Auch das Beispiel des Intellekts-, Willens- und Sehaktes können uns etwas Licht dazu werfen: Obwohl sie immer zum jeweiligen Objekt (terminus) tendieren, reflektieren sie trotzdem in sich selbst (es ist das “nóesis noéseos” des Aristoteles). Suárez aber bemerkt ganz richtig, dass diese Reflexion in sich selbst nicht bestehen kann ohne den Bezug auf das Objekt. Ich würde es Autogefälligkeit benennen, die ihr Gefallen an ihren eigenen, autistischen Gedanken findet, ohne sich um die Wirklichkeit zu kümmern. Die Ähnlichkeiten mit dem Phänomenalismus von Husserl ist evident: Jede Intellektsakt muss eine “Intention” zum Objekt haben: “Zurück zu den Sachen” –hatte Husserl einmal gesagt. Actio transiens ist diejenige, die einen Terminus hat. Sie heißen transeuntes, weil sie “durch-gehende” (trans-euntes) sind. So z. B. das Bauen eines Gebäudes. Actio instantanea ist diejenige, die sich sofort (in instanti, Ib. 22) auf ihren Terminus bezieht. Diese gehört auch zu der Kategorie der Handlung (actio), denn dass diese actio schneller (celerius; cellerrima seu velocissima, Ib.) oder langsamer (tardius, Ib.) oder sofort vor sich geht, ist etwas ihr akzidentelles. 405

Vgl. Aristoteles, Met. IX, c. 6; Ethik, c. 3-6; Mag. Mor. I, c. ult. Die falsche Interpretation der actiones immnentes-actiones transeuntes, ist, nach Suárez von Hervaeus eingeführt (Quodl. II, q. 8): “Operationem immanentem non esse effectionem neque esse ullam causalitatem causae efficientis, quae esse possit actio immanens… actionem vel operationem immnentem solum dici posse de causalitate formae vel materiae, fortasse quia hae causae ita causant ut maneant in suo effectu.” 407 Die Vitalaktion, sagt Suárez in diesem Traktat, hat ihr fundamentles Merkmal in der Immanenz. Diese jedoch bedeutet nicht Reflexion, die an und für sich nur einigen bestimmten Lebewesen zu eigen ist, sondern eine Operation zu den transeunten Operationen (De an. 3,4,2). Die actio immnenens ist jene, die von einem aktiven inneren, mit dem Lebewesen wessentlich verbundene Prinzip herrührt. Das kannn auf verschiedene Weise erfolgen: 1. Die Handlung bleibt inhärent der Potenz, aus der sie stammt, oder dem Organ, durch das sie realisiert wird. 2. Die Handlung bleibt im Suppositum, obgleich sie von einem Teil desselben durch einen anderen verwirklicht wird (Ib. 1,4,13). Die anorganischen Wesen haben also keine Vitalaktion, weil ihre Veränderungen nur transeunte Operationen sind. Bei bestimmten anorganischen Dinge (z. B. beim Feuer, und gewissen Metallen) scheint es eine Vitalaktion vorhanden zu sein, da sie wachsen und sich zu ernähren scheinen. Auch bei den schweren und leichten Sachen darf man zweifeln, ob ihre Veränderungen und Bewegungen durch einen inneren Prinzip erfolgt. Auf jedem Fall, sind ihre Veränderung keine Vitalaktion, da sie nicht per se erfolgen, sondern quasi per accidens in illa natura, weil diese nicht per se instituta est, ut in illa seu per illam actionem se exerceat, sed per accidens illi convenit, ut statum connaturalem acquirat vel recuperet ety in eo quiescat. (De an. 1,4,12). 408 Vgl. Aristoteles, Phys. 202 a 21; Met. 1048 b 18: “omnis actio est motus”. Suárez setzt sich mit diesem Satz in DM 48,2,23 auseinander, und sagt, dass diese Behauptung unsinnig in der Metaphysik ist (Aristoteles in Phys. 200 b 32 sagt: „ouk esti dè kínesis parà tà prágmata“. Vgl. auch Met. 1065 b 7-9), möglich aber verhältnismässig in der Physik. 409 Ich möchte dazu die aristotelische Theorie des “actus energeticus” nennen, die manche mit der Bewegung (actus entis in potentia quatenus in potentia) identifizieren, andere aber denken, dass dieser Akt “energeticus” so genannt wird, weil es noch nicht eine “entelécheia” (actus) wird. (Vgl. F. Cubells, El concepto de acto energético en Aristóteles, Valencia 1960, S.49 ff.) 406

207

Die verschiedenen Meinungen: (1) Viele behaupten,410 dass die actio immer auf einen Terminus tendiert auf den sie sich transzendental bezieht. Sie macht daher ein eigenes von den anderen verschiedenes Genus der Akzidentien aus. Diese Beziehung aber gehört nicht der ratio jeder actio, z. B. der Wirkursächlichkeit, insofern sie ihre Aktualität ausübt. Der Grund, den diese Autoren angeben ist, dass nur die actiones transeuntes zum Prädikament der Handlung gelten, die sich notwendig auf einen Terminus beziehen muss. Diesen Handlungen gehören auch die transzendentalen Relationes zu. In Bezug aber auf die immanentes Relationes sagt Soncinas,411 dass sie nicht zur Gattung der Handlung (actio) gehören, denn sie sind eine Art von Qualitäten, und deswegen brauchen sie keinen eigentlich von sich selbst verschiedenen Terminus (Ib. 2). Soncinas stützt seine Meinung auf die von Aristoteles angegebene Unterscheidung zwischen den actiones transeuntes et immanentes, nämlich, dass jene etwas erwirken, nicht aber diese, die eigentlich nicht zum Prädikament der actio gehören. Darauf antwortet Suárez im Absatz 20 dieser Sektion: Er meint, dass Aristoteles keineswegs behauptet, dass die actiones immnentes nichts erwirken, sondern, dass das Resultat dieser actio beim operantem bleibt oder dass nichts produziert wird, das bleiben könne wenn die actio einmal vorüber ist. Die actio besteht also in ipso usu (48,2,20). Sic ergo dicitur per actiones immnentes nihil factum relinqui, quia per illas nihil fit quod illis finitis maneat (Ib.).

Dürfte man – sagt weiter Suárez – annehmen, dass es keinen Unterschied zwischen den immnentes et transeuntes gibt? Nein, sagt er. Der Unterschied besteht für ihn darin, dass die actio immnanens niemals einen Terminum post ipsam erwirkt, während die actio transiens normalerweise (regulariter, Ib. 21) einen dauernden Terminus hat. Wenn es vorkommt, dass manchmal die transeuntes keinen dauernden Terminus haben, das ist nur wegen ihrer Unvollkommenkeit (imperfectionem vel imperfectam participationem, Ib.) zu verstehen. So ist der Fall beim Schall (sonus, Ib.) oder beim Licht, die nicht dauern, wofern sie nicht actu von der Zither bzw. von der Sonne oder von irgendeine Lichtquelle unterhalten werden. 412 Bei den actiones vitales immanentes aber hängt 410

Paulus Barbus (Soncinas: * in Soncino, Lombardia, Italien; † 1494), Met. V, q. 21; q.26. Met., c. 9, text. 16. 412 Es ist bekannt, dass für Leibniz die Ursache ihre Wirursächlichkeit nicht verliert nachdem sie aufhört, sie auszuüben. Ihre Aktivität beruht gerade in ihrem Konzept (Vgl. Primary Truths. in: Opuscules et Fragments Inédits de Leibniz, (Hrsgb. L. Couturat), Paris, F. Alcan, 1903, S. 521; auch in: Philosophical Papers and Letters (Hrsgb. L. Loemker), Dordrecht, Reidel, 19692, S. 269. Für Suárez hängt diese actu dauernde Abhängigkeit von der Ursache davon ab, dass “illum effectum pendere ab illis causis et ab unaquaque earum. Cum autem probatur non pendere, quia ablata qualibet illarum causarum manet idem effectus totus, respondetur negando consequentiam. Est enim aequivocatio in illo verbo dependere, nam, ut una res ab alia pendeat, non est necesse ut, illa ablata, haec etiam de medio auferatur, sed satis est quod ab illa recipiat esse, etiamsi illa non dante esse, possit retinere esse, ut datum ab alia. Sic enim lumen huius aeris vere pendet nunc ab hac lucerna, et nihilominus hac extincta posset idem lumen conservari, si in eodem momento aliud luminosum applicaretur sufficiens ad tale lumen conservandum. Igitur cum res dicitur pendere a causa quia illa ablata tollitur, intelligitur de causa quae est unica, et quia regulariter et naturaliter ita esse solet causa totalis, ideo solet illo modo declarari dependentia ab illa. Vel certe subintelligenda ibi est conditio, nimirum, ablata causa a qua effectus pendet, tolli etiam effectum, nisi aliunde succurrat alia causa quae effectum possit in esse conservare, ut in praesenti fit”. In Bezug auf die Intensibilitäd des Effektes sagt Suárez weiter: “At vero, si effectus ille esset intensibilis et non esset productus secundum totam latitudinem talium causarum, tunc posterior causa efficeret intensionem eius. Duobus autem modis id intelligi posset, primo, ut prima causa praecise perseveraret in priori actione, posterior vero adderet tot gradus qualitatis; et tunc utraque esset causa 411

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ihre Immanenz von ihre Vollkommenkeit ab; sie sind die letzten actus vitae, die nicht verbleiben ohne den unmittelbaren Einfluss413 (influxu) des vitalen Prinzips. In Bezug auf das von der ersten Meinung angegebene Argument, dass nur die actiones transeuntes zum Prädikament der Handlung gelten, erwidert jetzt Suárez, dass beide, die immnentes und die transeuntes, zum Prädikament der actio gehören. Die Beleuchtung ist eine wahre actio, die ihren Terminus produziert. Meint vielleicht Soncinas, dass die Beleuchtung eine Qualität ist? Aber dann, warum sagt er nicht dasselbe von der Erwärmung? (Ib. 22). Auch die actio succesiva und die instantanea sind keiner spezifischen Unterscheidung unterworfen. Beide gehören zum Prädikament der actio. Weiter befasst sich Suárez mit dem Sinne, den der aristotelische Satz: „omnis actio ist motus“ hat. Im metaphysischen Sinne (der auch bei der actio creativa Gottes vorkommt) verneint es Suárez, nicht aber im physischen Sinn, der aber verhältnismässig (cum proportione, Ib. 23)414 anzunehmen ist. Suárez unterwirft auch den Satz: „Num omnis actio inferat passionem“ einer Analyse (Ib. 24). Wenn es sich um eine physische actio handelt, ist er wahr, nicht aber wenn es sich um eine absolute actio handelt. Eigentlich sind die actiones immanentes vielmehr metaphysische als physische actiones, denn sie abstrahieren von der Materie, aber sie stimmen mit den physischen überein, insofern diese Handlung ex subiecto fit (Ib. 24). Die actio immnanens schliesst also ein Leiden (passionem) ins Subjekt mit ein. Soncinas führt einen anderen Grund an: Jede actio verhält sich fortwährend (succesive, Ib. 3), wie es im Falle der Bewegung ist (Nach Aristoteles – Phys. IX, txt. 19: “omnis actio est motus”, Ib. 3), dann gehört sie eigentlich zu keiner Gattung der actio. Soncinas, auf die Aufforderung, dass dieser Ansicht nach die Beleuchtung (illumi-

totalis alicuius partis (ut ita dicam) seu aliquorum graduum illius effectus; esset autem utraque causa partialis respectu totius effectus, partialitate, at aiunt, non tantum ex parte causae, sed etiam ex parte effectus. In quo dicendi modo solum est difficile, cum agentia illa sint similia et aequalia, ut supponimus, cur illa maior intensio fiat a solo posteriori agente, cum illa actio maioris intensionis perfectior aliquo modo videatur” (DM 26,4,15.32) 413 Bezüglich des Einflusses (influxus), als Ursache, insbesondere des influxus physicus oder effectivus, möchte ich einige Bemerkungen machen. Leibniz sagt, dass der Weg des Einflusses der ganzen Philosophie gemein ist. Aber seitdem es unmöglich zu verstehen ist, dass materiale Partiklen oder Spezies oder inmateriale Substanzen von einer dieser Substanzen in die andere übergehen können, muss diese Ansicht zurückgewissen werden (Vgl. Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz (Hrgb. C. I. Gerhardt), Berlin, Weidman, 1875-1890, IV, S. 498 f.). “… nothing ever enters into our mind naturally from the outside; and we habe a bad habit of thinking of our soul as if it recived certain species as messangers and as if has doors and Windows” Discours on Metaphysics, ¶ 7, in: Philosophical Essays (Hrgb. R. Aried & D. Garber, IV, S. 451). Aber das Schlimme dabei ist, dass Leibniz den influxus physicus des scholastikers Franz Suárez als eine “barbaric expression metaphorical and more obscure than what it defines” widerspricht (Vgl. Vorwort der Ausgabe von Nizolius, Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, IV, S. 150). Die Zitate habe ich dem Artikel “Leibniz on Causation” (Stanford Encyclopedia of Philosophy, 15. Feb. 2005) entonmmen, in dem der Verfasser mit Recht sagt: “Whether Suárez actually held the wiew Leibniz ascribes to him is another matter entirely” (Ib. ¶ 2: Why does Leibniz reject Physical Influx? Tatsächlich, setzt sich Suárez im Rahmen des Verhaltens der Lebewesen gegen diesen influxum effectivum. Jede Motio in diesem Rahmen ist nur metaphorisch zu verstehen, nicht aber in dem Sinn, dass sie nicht real sei, sondern dass sie sich nicht verwirklicht “per influxum effectivum” (DM 23,1,14), sondern nur mittels der “cognitio”. Vgl. auch mein Buch: Die Anthrologie des Suárez, o.c., S. 74. In seiner DM 17,2,6 aber äussert sich Suárez folgendermasse: “Iinfluxus physicus aliquando vocatur ille qui fit per veram causalitatem realem, propriam ac per se, et hoc modo et Deus est causa physica dum creat, et angelus dum efficit motum, vel in caelo vel etiam in seipso, et intellectus dum efficit intellectionem, et voluntas volitionem, et sic de caeteris.” 414 Vgl. hier S. 203.

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natio, Ib. 3) keine wahre actio wäre, gibt es zu. Umso mehr müsste er zugeben, sagt Suárez, dass die generatio substantialis auch keine actio ist. Ein drittes Argument lautet so: Die actiones immanentes, in Gegenteil zu den transeuntes bringen mit sich keine passio (non inferunt passiones, Ib. 4): Das Sehen verändert nicht das Gesehene. Ein viertes Argument wird auch von Suárez zu Verteidung dieser Ansicht angeführt: Die actio immanens besagt die Vollkommenheit des agens – darin besteht gerade seine Glückselichkeit (beatitudo, Ib.). Nun ist keine actio, insofern sie zu diesem Prädikament gehört, ihre Vollkommenheit: Das Feuer wird von der Erwärmung nicht vervollkommt. (2) Es gibt auch Autoren, die behaupten, dass es der Essenz der actio nicht gehört, dass sie einen durch sie erwirkten Terminus haben müsste, und zu dem sie einen respectus hätte, denn es gibt welche, die sich in Bezug auf den Terminus verschiedenartig verhalten: Die, die keinen Terminus haben, sind die immanentes; die, die ihn haben, die transeuntes. Bei diesen letzten stimmen diese Autoren mit der ersten Meinung überein. In Bezug auf die immanentes, im Gegenteil zu der ersten Meinung, sagen diese Autoren, dass sie zur Gattung der actio gehören, sind sie aber reine actiones (puras actiones, Ib. 5), die ihr Objekt unmittelbar erreichen, d. h. sie bewirken keinen intrinsecum terminum. Sie alle beziehen sich auf Aristoteles, der in seiner Metaphysik IX, (text. 16: 1050a25-b2) sagt, dass “wenn es kein anderes Werk gibt außer der actio, diese findet sich im agens selbst statt”. Und diese actio ist eine immanens. Wie es nicht anderes zu erwarten wäre, beginnt Suárez sich mit dem epistemologischen Problem der Erkenntnis auseinanderzusetzen, das bei der Behandlung der actiones immanentes auftaucht, nämlich, wie der Intellekt, die Sinnen und die beiden Appetite sich auf ihre jeweilige Objekte beziehen.415 Dass einige Autoren,416 die als Schüler des hl. Thomas gelten, die Produktion des verbi als wessentlichen Effekt des Intellekts besonders (peculiariter, Ib. 5) annehmen ist bekannt, aber sie messen nicht jeder actio immanens den ähnlichen oder angepassten Effekt bei. Bei den Sinnen und bei den beiden Appetiten erkennen fast alle es nicht an. Beim Intellekt aber stimmen sie alle nicht überein, denn viele sind der Meinung, dass diese Produktion sich nur erst dann stattfindet, wenn das Objekt nicht vorhanden ist (propter absentiam obiecti, Ib, 5). Sie alle beziehen sich auf die Autorität des Aristoteles (Met. IX, txt. 16: 1050 a 34-35), nach dem, wenn es außer der actio kein Werk vorhanden ist, diese findet sich in sich selbst statt. So verstehen der Kommentator, der hl. 415

Vgl. Scotus, Quodl., q. 13: „Utrum actus cognoscendi et appetendi sind essentialiter absoluti vel essentialiter relativi“. Seine Problemstellung lautet so: [1] „Primo, quod in omni intellectione, et generaliter operatione quacumque de qua loquimur, est aliqua entitas absoluta. [2] Secundo, qualiter illud absolutum habeat aliquam relationem ad obiectum sibi annexam. [3] Tertio, an illa relatio si actui isti essentialis“. Und seine Antwort darauf ist: [1] „est ibi aliqua entitas absoluta“. [2] „Relatio potest tripliciter se habere ad absolutum… [a] contingenter et per accidens (Die Ähnlichkeit in Bezug auf das Weisse]; [b] necessario (Die Relation des Geschöpfes zu Gott); [c] secundum veram identitatem (Die personale, göttliche Relation zur Essenz). Nun bleibt bestehen, dass „absolutum et relativum non possunt constituere aliquid per se unum“. Es klingt mir befremdend, dass R. Schönberger, die Kategorien in Mittelalter “auf die Endlichkeit reduziert” sieht. Das wird in Bezug auf Plotin gegründet, der die Kategorien auf “die sinnliche Welt” einschränkt (O.c., S. 361). Dass die Scholastiker die aristotelischen Kategorien nicht in Gott für anwendbar halten ist klar, aber daraus egibt sich nicht, dass diese nur in der sinnlichen Welt ihern Platz haben, denn sie werden auch in Bezug auf die inmanentes relationes verwendet. 416 Kajetan (I, q. 27, a. 1, dub. 1 et 3); Ferrariensis (CG, I, c. 53); Capreolus (In I, d. 27, q. 2).

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Thomas und die “neuzeitlichen Interpreters”417 die actiones immanentes. Suárez zitiert auch beim diesem Zusammenhang das Beispiel des “Sehens”, das Aristoteles418 selbst angibt: “Das Sehen ist in dem Sehenden”. Ein weiteres von Suárez sehr beliebtes Argument bezieht sich auf die Funktion (munus, Ib. 6) die die actio immanens in der Welt zu erfüllen hat: Sie ist von der Natur nicht eingesetzt, entweder um etwas zu produzieren oder um sein Sein mitzuteilen, sondern darum, dass sie sich mit ihrem Objekt vereignet (sese uniant obiectis suis, Ib. 6). Das ist ihre Funktion (munus). Sie gehört also nicht der materialen, notwendigen Struktur der Welt zu. Diese Struktur hindert also nicht, dass die Freiheit des Menschen weiter existieren kann. Das verbum wird von ihnen nicht als terminus oder als actio productiva verstanden, denn für sie sind das verbum und die Intellektion vollkommen verschieden, (omnino distinctas, Ib.). Das aber widerspricht dem Begriff der actio, denn die actio kann nur als modus derjenigen Sachen gelten, die Termini sind. Sie sind also nicht unterscheidbar. Zusammenfassend: Es gehört nicht der rationi actionis, dass sie einen innerlichen Terminus hat, auf dem sie als ihre Vollkommenheit abzielt. “Non esse multiplicandas res absque necessitate” (Ib. 6).419 Suárez beschäftigt sich im Absatz 26 dieser Sektion damit, ob die Potenzen sich mit ihren Objekten durch die actiones immanentes vereinigen (uniri, Ib. 26), wie aus dieser zweiten Meinung zu erwarten wäre. Er zeichnet diese unio als metaphorisch aus. Die actio unitiva wird niemals ohne die Produktion eines Terminus produziert, der entweder als modus formalis dieser unio gilt, oder es handelt es sich dabei um das compositum ex unione resultans (Ib. 26). (3) Jede actio hat einen Terminus, den sie innerlich “sieht” (respicit, Ib. 7).420 Suárez hält diese letzte Option für die wahre, aber er will sich zuerst klar machen, wie es sich bei den immanenten Aktionen verhält. Erstens, möchte er sich mit der Meinung des Hervaeus auseinandersetzen. Haerveus421 scheint, nach Suárez, in Bezug auf die actiones transeuntes et immanentes die Worte missbraucht zu haben. Für ihn ist eine immanente actio keine Effektion (effectionem, Ib. 8) der Wirkursächlichkeit. Es gibt keine Wirkursächlichkeit die sich mit der actio immanens vereinbaren kann, denn das widerspricht der Definition einer aktiven Potenz, nämlich esse principium transmutandi aliud inquantum aliud (Ib. 8). Jede actio immanens kann also nur in Bezug auf die Formal- und Materialursachen stehen. Vielleicht hat Hervaeus das in dem Sinne gesagt, dass nur diese Ursachen in demselben Effekt bleiben. Suárez führt zwei Gründe ein, um diese Ansicht zu widersprechen: (a) Weder die Materie noch die Form sind actiones. Kein Philosoph und kein Theologe haben niemals gewagt, zu sagen, dass die actiones immanentes eine Material-

417

Iavellus (Met., IX, q. 16); Ioannes Vincentius (In Relectiones de gratia Christi, q. 7, dub. 1). Met. IX, 8: 1050 a 35-36. 419 Scotus unterscheidet zwischen actio und operatio. Die actio ist eine actio productiva, die zum Genus der actio gehört, während die operatio wird pro actu intrínseco quo ipsum operans perficitur ultimate verstanden (Quodl. q. 13, Prooemium (Alluntis, n. 4, S. 446). 420 Simplicius (Tract. de sex Praedicamentis); Albert der Grosse (De sex praedicamentis), der, nach Suárez, der Ansicht von Archita Tarentino entnommen hat (DM 48,2,14); Durandus und Gabriel (In I, d. 27); Scotus (I, q. 3. a. 1, q. 1 ad ult.); Antonius Andreas (Met. IX, q. 4); 421 Quodl. II, q. 8. Diese Ansicht von Hervaeus ist dem Iavellus und dem Soncinas entnommen, die sie widersprechen. 418

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und Frormursächlichkeit erfordern. Sie verstehen darunter nur den actus der vitalen Potenzen (actus potentiarum vitalium, Ib. 8), der von diesen erwirkt wird. (b) Es gibt keinen Widerspruch, dass eine Potenz in sich selbst einwirkt. Hic ergo per actionem immanentem intelligimus veram ac propriam efficientiam quorundam actuum qui manent in ipsis potentiis a quibus fiunt easque informant (Ib. 48,2,8).

Zweitens, und wie es bei ihm üblich ist, will Suárez jeden Zweifel aus dem Weg räumen und versucht, diese Abhängigkeit der Handlungen von ihren Potenzen zu explizieren (Ib. 9). Es wird von Suárez vorausgesetzt, dass diese Qualitäten per se ipsas unmittelbar und ohne jegliche mittlere von ihnen verschiedene actio aus ihren jeweilichen Potenzen herauskommen (egrediantur, Ib. 10). Letzter Satz ist ganz sicher, obwohl die Frage, ob diese immanentes et vitales actiones die Seelenpotenzen in actu secundo bestimmen, wenn jene von diesen nicht effektiv gemacht werden, umstritten ist. Sicher ist es auf jeden Fall, dass der Mensch ex natura rei weder verstehen noch lieben kann mittels dieser Handlungen, wofern er sie nicht durch dieselben Potenzen macht, durch die er versteht und liebt. Dazu muss man noch hinzufügen, dass die freien Handlungen der Menschen notwendig und effective von ihrer freien Potenz (libertas) gemacht werden müssen, damit ihre Freiheit gewährleistet wird. Nicht einaml de potentia absoluta dürfte anders sein. Demnach ergibt sich, dass bei diesen actiones immanentes es nicht nur Qualitäten, sondern auch eine effektive Abhängigkeit und Ursächlichkeit von ihren Potenzen gibt, denn es sind gerade diese Potenzen, die diese Qualitäten ausmachen. Man dürfte immer noch fragen, ob die Abhängigkeit dieser Qualitäten von ihren Potenzen von der jeweiligen Qualität ex natura rei verschieden ist (Ib. 10). Suárez setzt voraus, dass der wahrscheinlicher Sinn der ersten Meinung422 ist, dass diese Qualitäten durch sich selbst und unmittelbar, ohne jegliche mittlere von ihnen verschiedenen actio aus ihren Potenzen herauskommen (egrediantur, Ib. 10). Demnach muss man wahrscheinlich verneinen, dass bei der Effektion der Qualitäten eine prädikamentale actio dazwischentritt. Und auf diese Weise könnte man auch behaupten, dass sie reine Qualitäten und keine actiones sind. Suárez versucht aber eine Äquivocation bei diesen Aussagen zu verhindern. (a) Wenn man diese actiones als grammaticales oder äquivoke actiones auffasst, dann besagen sie nur einen modus loquendi, insofern sie zum Objekt als Terminus tendieren ohne dass sie in ihm etwas produzieren. (b) Man könnte auch diese actiones als eminenter auffassen, insofern sie durch Etwas erwirkt werden, dass vorragender als die actio ist (eminentius actione, Ib. 10). Demnach wird nach Suárez die essenzielle Abhängigkeit dieser actiones von ihren Potenzen gewährleistet. Wenn man diese Handlungen als reine Qualitäten auffasst, die von den jeweiligen Potenzen aktiv abhängen, dann ist es unmöglich, dass diese Qualitäten ohne Abhängigkeit weiter bestehen können. Diese so aufgeklärte Meinung wird von Suárez als wahrscheinlich angenommen (Ib. 11), aber mit folgenden Bemerkungen:

422

Vgl. hier, S. 184.

212

Daraus ergäbe sich nicht, dass es eine actio ohne einen Terminus geben kann. Vielmehr würde sich daraus ergeben, dass es einen Terminus ohne actio geben kann! (si ita loqui licet, Ib. 11), denn es gibt eine produzierte Qualität ohne eine mittlere actio. Natürlich spricht Suárez diese Konsequenz völlig ab. Es handelt sich dabei um etwas Neues und ohne Fundament, denn niemals findet man eine eigentliche Effizienz einer aktiven Potenz in das Objekt ohne eine mittlere actio. Das Argument, dass diese actio eine von der Potenz fortdauernd (continue, Ib. 11) abhängige actio ist, hat keinen Wert, denn auch das Geschöpf ist fortdauernd von der Allmacht Gottes abhängig (creatio continua) und das Licht von seiner Quelle. Für Suárez ist es wahrscheinlicher, dass es eine Unterscheidung zwischen eine effektive Abhängigkeit oder Auströmen423 (emanationem, Ib. 12) und denselben Qualitäten ex natura rei geben muss, sodass bei der Effektion dieser actiones eine prädikamentale actio notwendig ist, die ihre von ihr produzierte eigene und innerliche Termini hat, nämlich die actiones als Qualitäten, die ihre Potenzen informieren. Um diese Meinung zu beweisen führt Suárez ein Argument ein, das den Unterscheidugsmerkmalen des geschöpften Seins entnommen wird: Kein geschöpftes Ding hat eine solche essenzielle und unveränderliche Abhängigkeit von seinen Potenzen, dass sie nicht von Gott selbst erwirkt werden könnte, ohne den effektiven Konkurs der menschlichen Potenzen. Ergo dependentia harum qualitatum a potentiis non est de essentia et entitate harum qualitatum; ergo est aliquis modus ex natura rei distinctus ab ipsis (DM 48,2,12).

Suárez beschreibt diese Abhängigkeit als “dependentiam et dimanationem activam” (Ib. 12), die sich von den Qualitäten unterscheidet. Das wird von den alten Aristoteles Kommentatoren in Bezug auf die Worte von Aristoteles424 bestätigt, der zwischen actiones immanentes et transeuntes unterscheidet, wobei er immer die actus immanentes als actiones immanentes bezeichnet. Suárez bezieht sich auch auf die Meinung des Simplicius, der sogar die actiones der lebenslosen Sachen im Prädikament der actio hinstellt. Inter res illius praedicamenti ponit affici dolore et voluptate, quae sunt actiones immanentes… Unde etiam Simplicius… ait… in praedicamento actionis collocari tam actiones rerum inanimatorum quam viventium, atque etiam ipsius hominis… (15) Tandem constat ex his omnibus, si actiones immanentes sumantur ut verae actiones sunt, non carere termino intrinseco ad quem tendant ut ad proprium finem et perfectionem suam (DM 48,2,14-15).

Auch Thomas von Aquin wird als Verteidiger dieser Meinung zitiert: …impossibile esse ut primum amabile sit ipse amor aut primum visibile ipsa visio, quia omnis visio est alicuius obiecti visibilis (I-II, q. 1, a. 1, ad 2).

Wenn die actio, wie oben gesagt, die Wirkursächlichkeit oder die Produktion der Wirkursache ist, dann kann man sich keine actio ohne ihren Effekt vorstellen (Ib. 16).

423

Leibniz spricht auch von „emanation“: „It is very evident that created substances depend upon God, who preserves them and who even produces them continually by a kind of emanation, just as we produce our thoghts“ (Discours on Metaphysics, ¶ 14, in: Philosophical Essays (Hrgb. and Übersetzung: R. Aried & Daniel garber), Indianapolis, Hackett, 1989, S. 439. Vgl. auch Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz (Hrsgb. C. I. Gerhardt), Berlin, Weidman, 1875-1890, IV, S. 439. 424 Vgl. Met. IX, 6: 1048 b 18-22; Ethik, X, 3-6; Magn. Mor. I, c. ult.

213

Suárez bezieht sich dabei auf seine oben425 dargestellte Meinung, dass die transzendentalen Relationen durch die Funktion bestimmt sind, die sie in der Welt zu erfüllen haben. …actionem essentialiter includere transcendentalem ordinem ad suum terminum, quia natura sua non est ad aliud instituta nisi ut in illum tendat eumque in rerum natura constituat (Ib. 19).

425

Vgl. hier, S. 91.

214

3. Sektion Welche der zweier Relationen – zum Prinzip oder zum Terminus – ist der actio essentieller und woher nimmt sie ihre Spezifikation Jede Handlung schließt innerlich und essenziell zwei respectus ein: (a) zur Ursache (principium agendi, Ib. 1) (b) zum Terminus Die Frage ist, ob sie sich gattungsmässig oder spezifisch unterschieden? Suárez meint, dass diese Frage bei diesem Zusammenhang meistens übersprungen ist und nur in Bezug auf die Spezifikation der Bewegung durch den Terminus betrachtet wird (Ib. 2). Allgemein kann man behaupten, dass jede actio ut actio einen besonderen (peculiarem, Ib.) respectus zum agens hat,426 sodass sie durch ihn ihre Spezifikation bekommt, nur aber in dem Sinne, dass diese habitudo wegen der Verschiedenheit der Sachen, zu denen sie eine habitudo hat, verändert wird. …iuxta diversitatem rei ad quem est habitudo, varietur habitudo ipsa et consequenter essentia rei (Ib. 2).

Die verschiedenen Ansichten: (a) Die actio bekommt ihre Spezies von dem principium agendi und nicht vom Terminus (Ib. 3). Das scheint, die Meinung des Thomas von Aquin gewesen zu sein.427 Die ratio dieser Auffassung besteht darin, dass die actio einen solchen essentiellen respectus zum principium efficiens hat, dass es notwendig ist, dass sie sich verändert wenn dieses verändert wird. Dagegen ist, dass diese Abhängigkeit vom Terminus nicht so stark ist, dass diese Variation sich immer notwendig stattfände. Ist es nicht die Erzeugung eines Löwen oder eines Menschen spezifisch verschieden? Doch, das ist wahr, nach Aristoteles, der sie als konträre Erzeugungen versteht (Phys. V, c. 3). Die göttliche Schöpfung428 der Erde und des Himmels haben in Bezug auf Gott (principium activum) dieselbe Spezies, obwohl die erschaffenen Sachen sich spezifisch unterscheiden. Und auch die actiones vitales sind durch ihren aktiven vitalen Ursprung von den nicht vitalen zu unterschieden. A priori könnte man sagen, dass die actio die Produktion und die Mitteilung eines bestimmten esse ist, und insofern bekommt sie ihre Spezifikation vom principium agendi. Dazu sagt Suárez, dass, obwohl der Bezug auf das principium agendi und auf den Terminus essenziell für die actio notwendig ist, trotzdem hängt die Spezifikation der actio viel mehr vom Terminus ab, weil dieser das Vermögen auf eine bestimmte Art

426

Vgl. Thomas v. Aquin, I-II, q. 54, a. 2. Vgl. Thomas v. Aquin: „Cum motus distinguatur per actionem et passionem, utrumque eorum ab actu speciem sortitur; actio quidem ab actu qui est principium agendi, passio vero ab actu qui est terminus motus. Unde calefactio [ut] actio nihil aliud est quam motio quaedam a calore procedens; calefactio vero [ut] passio nihil aliud est quam motus ad calorem; definitio autem manifestat rationem speciei“ (I-II, q. 1, a. 3). 428 Dass Suárez bei seiner Auffassung der Ursache auch die göttlichen Schöpfungshandlungen (creatio ex nihilo) umfassen wollte hat R. Schnepf besonders hervorgehoben, sodass es plausibel wird, dass Suárez den Ursache-Begriff als einen irgendwie univoken Begriff auffasst: „Suárez geht von der ganz anderen [Aristoteles] Annahme aus, dass es in einem genauer zu bestimmenden Sinn einen univoken [wohl aber unscharfen] Begriff des Seienden gibt“. Aber auch des Ursache-Begriffes: „Der Begriff der Ursache im allgemeinen kann nicht durch Analogien gebildet werden, soll er doch ein in gewissen Sinne univoker sein“. Vgl. o.c., S. 19.33.36. 427

215

zu wirken beschränkt (limitat, Ib. 15).429 In Bezug auf die Schöpfungen, sagt Suárez, dass die Schöpfungen der spezifisch verschiedenen Sachen, auch spezifisch verschieden sein müssen, wenn auch sie von der gleichen Ursache herstammen. Was die vitales actiones betrifft, meint Suárez, dass sie sich wohl durch ihren jeweiligen verschiedenen Ursprung unterscheiden, aber sie haben immer einen essenziellen Bezug auf den jeweiligen Terminus. Stellen wir uns vor, dass ein und derselbe Terminus durch vitalen und nicht vitalen actiones erwirkt werden könnte, dann sind diese actiones nicht spezifisch verschieden secundum rem, sondern nur secundum extrinsecam denominationem, in der Weise, wie sich die freien von den unfreien actiones unterscheiden (Ib. 15). Trotzdem neigt sich Suárez, anzuerkennen, dass die actiones vitales sich durch ihre Ursachen und durch ihre Termini unterscheiden, aber sie müssen immer eine Ordnung zum Terminus aufweisen. Dabei ist Suárez unschlüssig, denn für ihn ist diese Ansicht auch irgendwie anzunehmen. (b) Die actio bekommt ihre Spezies vom Terminus und nicht vom principium agendi (Ib. 4). Das vertritt der hl. Thomas von Aquin.430 Durch die Vernunft kann man das beweisen. Wenn die actio nicht von ihrem Terminus, sondern vom principium agendi ihre Spezifikation bekäme, dann würden alle actiones, die von dem gleichen Ursprung herkommen, zu der gleichen Spezies gehören, was ungläubig (incredibile, Ib. 4) ist: Die Erwärmung und die Beleuchtung, die die Sonne erwirkt dürfen nicht als spezifisch gleich betrachten werden, obwohl beide von demselben principium agendi herstammen. Der Agens ist das, a quo die actio herkommt; der Terminus oder die Form aber ist das ad quam sie tendiert. Die Spezifikation wird also von der Form ad quam bestimmt. (c) Die actio bekommt zugleich (simul, Ib. 5) vom principium agendi und vom Terminus ihre Spezies.431 Es genügt eine Veränderung von beiden oder von jedem, damit die Verschiedenheit der actio festgesetzt wird. …ita tamen ut variatio utriusque et singulorum ad diversitatem actionis sufficiat (Ib. 5).

Ab eodem agente ad eumdem terminum Actio est eiusdem speciei A diverso agente ad idem terminus Actio est diversa Ab eodem agente ad diversum terminum Actio est distincta ab utraque praecedentium (Ib. 5)432 429

L. Jansen ist der Meinung, dass „die einzelnen Vermögen können also in ihren Trägern inhärierende Qualitäten sein, während bei der Verwendung des Gattungsbegriffs ‚Vermögen’ beachtet werden muss, dass dieser sich stets auf bestimmte Typen von Verwirklichung bezieht... Die verschiedenen Verwirklichungen, zu denen die Vermögen befähigen, können also allen Kategorien entstammen; aus allen Kategorien gibt es also energeia. Wie dynamis schlechthin ist dann auch energeia (und entelecheia) schlechthin ein Bezügliches: Man muss spezifizieren, was für eine Verwirklichung nur vorliegen soll, wovon diese Verwirklichung eine Verwirklichung sein soll: von welchem Vermögen oder von welcher Tätigkeit ‚Vermögen’ und ‚vermögend sein’ bezeichnen also ein pros ti, ein Bezügliches: Sie bedürfen der Ergänzung, um richtig verstanden werden zu können. Stets muss man wissen, um welches Vermögen wofür es sich handelt. “ (o.c., S. 30 f.). 430 Vgl. Thomas v. Aquin: „Proprie actio sicut et motus a termino speciem habet, a principio autem habet quod sit naturalis“ (De Pot., a. 8). 431 Vgl. Thomas v. Aquin: „Ex his duobus actio speciem recipit, scilicet ex principio vel ex fine seu termino“ (I, q. 77, a. 3). Suárez unterstreicht in diesem Satz das „vel“, d. h. das Eine oder das Andere oder beide genügen zur Spezifikation der actio.

216

Suárez benutzt hier ein Axiom, um diese Ansicht zu bekräftigen. So wie das Gute ex integra causa und das Übel ex quocumque defectu zustande kommt, so muss auch hier die Einheit die Übereinkunft (convenientia, Ib. 5) aller Ursachen verlangen, während für die Verschiedenheit es die Verschiedenheit eines jeden genügt. Die Anwendung dieses Axioms bei dieser Auseinandersetzung lautet wie folgt: Die actio „sieht“ (respicit, ib.) sowohl das principium als den terminus. Von ihrer Einheit und Übereinkunft wird die Einheit bestimmt; von ihre Absonderung, die Verschiedenheit. Durch Induktion kann man auch das beweisen: Die göttliche Schöpfung und die menschliche Erzeugung eines und desselben Menschen sind durch ihre Ursache spezifisch verschiedene actiones, auch wenn beide den gleichen Terminus haben. Genauso sind die Erzeugung und die Auferstehung ein und desselben Menschen so wie die natürliche und die göttliche, wunderbare Produktion ein und desselben Sehens (visio) verschiedene actiones. Aber es ist auch notwendig, außer diesen drei Meinungen, noch eine dritte hinzuzufügen, nämlich die modi actionis, denn es kann vorkommen, dass sowohl das principium agendi als auch der terminus gleich, während die modi verschieden sind. Damit will Suárez irgendwie das Beispiel der Auferstehung und der Erzeugung ein und desselben Menschen näher betrachten, denn die Verschiedenheit dieser actiones rührt nicht sosehr von principium agendi und von Terminus, als vielmehr von dem modus agendi her.433 Noch ein Beispiel, das von der Naturwissenschaften herkommt: Die zirkuläre und die gerade Bewegung sind spezifisch verschieden, obwohl beide die gleiche Ursache und den gleichen Terminus haben. Man kann auch sich zwei Wege vorstellen, die zum gleichen Ziel (terminus) hinführen. Trotzdem unterscheiden sie sich durch die modi und durch die Strecke die sie durchlaufen. Man kann zu Fuß, mit Auto oder mit Rad diese Strecke durchlaufen. Auch der habitus unterscheidet sich nach der Art (modus) der Tendenz, obwohl der Terminus gleich ist. Suárez’ Meinung (1) Die spezifische Einheit der actio hängt immer irgendwie (aliquo modo, Ib. 7) von der Einheit des Terminus.434 Konsequenterweise, die spezifisch verschiedenen Termini erfordern immer spezifisch verschiedene actiones. Das wird ersichtlich wenn man einsieht, dass die actio nichts anderes ist als die Form oder die Sache, die wird (fit, Ib. 432

Vgl. Thomas von Aquin: “Ex his duobus actio speciem recipit, scilicet ex principio vel ex fine seu termino” (I, q. 77, a. 3 und De Pot., a. 8). Für Suárez ist das Wörtchen vel beachtenswert, denn damit wird gemeint, dass entweder das eine oder das andere genügt um die Spezifikation der actio zu bestimmen. Zur Bekräftigung dieser thomasischen Ansicht zitiert Suárez eine andere Stelle (I-II, q. 54, a. 2) in der Thomas sagt: „Omnia quae dicuntur secundum ordinem ad aliquid, distinguuntur secundum distinctionem eorum ad quae dicuntur. Ergo quo dicitur secundum ordinem ad plura, distinguuntur secundum distinctionem eorum“. 433 Auch in seinem Traktat De anima äussert sich Suárez folgendermasse: “Unde concedo non repugnare eamdem rem, quae per actionem vitalem fit, posse fieri ab altero agente absque vitali actione, si diverso modo fiat. Nam fortasse etiam ipsas entitates seu qualitates actuum vitalium rigorose permanentium potest Deus facere sine concursu potentiae, et tunc actiones non essent vitales, licet res seu qualitates productae essent eaedem.” (De an. 1,4,16 in Ed. Iacobi Cardon & Petri Cavellat, Lugduni 1621, S. 25). Dieser Satz befindet sich nicht in der neuen Fassung, die Suárez unternommen hat und von mir in der Form einer kritischen Ausgabe veröffentlicht wurde. 434 Vgl. Arist., Phys. V, txt 4, 31 et 48; Aegidius, I, d. 17, a. 2.

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7), insofern sie vom principium agendi herkommt. Wenn aber diese erwirkte Form eine bestimmte Spezies hat, dann auch die actio. Wie gesagt, alles kommt auf die Art der Einheit des Terminus an. Was für eine Einheit ist es notwendig? Es genügt nicht eine spezifische Einheit; es muss auch einen Unterschied in der formallen Art zu enden geben (in ratione formali terminandi, Ib. 8). Suárez widerspricht diesen formallen Unterschied; es muss einen Unterschied “secundum esse” geben. Die Erzeugung eines Löwens und eines Pferdes ist spezifisch verschieden, denn ihre Termini sind konträr. (2) Es ist wahrscheinlich, dass die actio niemals ihre Spezifikation von principium agendi bekommt, wenn der Terminus idem ist. Das kann man durch Induktion beweisen: Die Erzeugung und die Schöpfung ein und desselben Menschen unterscheiden sich dadurch, dass die Schöpfung ex nihilo ist, während die Erzeugung nur die Verbindung vom Materie und Form ist. Das kann man ohne weiteres sagen. Wenn man aber bei der Schöpfung die Produktion der Materie und der Form streng (acurate, Ib. 10) versteht, sodass nur die actio der Verbindung von beiden ins Auge fasst, dann scheint diese genau genommene actio der menschlichen Erzeugung nicht von der creatio verschieden zu sein. Es gibt Theologen, die behaupten, dass die Auferstehung des Menschen (wenn man nur auf die Verbindung von Körper und Seele achtet), die gleiche Spezifikation hat als die substantielle menschliche Erzeugung, durch die Körper und Seele verbunden sind, so dass dafür kein übernatürliches Wunder notwendig ist. Die Wiederholung (iteratio, Ib.) oder das Aufhören der Dauer (durationis interruptio, Ib.) besagt keinen Grund, um die actio als spezifisch verschieden zu betrachten. “Sic igitur numquam creatio eiusdem rei est actio specie diversa ab alia eius productione, sine aliqua distinctione in ipsis terminis” (48,3,11).

218

4. Sektion Hier geht es darum, die Unterscheidung der actio in immanentem et transeuntem näher zu betrachten, insofern sie einen essenziellen Bezug zum Subjekt hat. Wie üblich, stellt uns Suárez die verschiedenen Urteile vor, die es über dieses Problem gibt: (a) Die actio ut actio transiens “sieht” (respicit, Ib. 2) den Agens als das Subjekt, dem sie inhäriert.435 Die actio muss irgendwo inhärieren; und dies kann nicht anderes sein als der agens, insofern er actu wirkt. Diese actio aber wird von den Scotisten436 so verstanden, dass sie nur einen prädikamentaler Bezug zwischen dem agens und dem Effekt oder dem passum besagt. Auch Aristoteles,437 und Thomas von Aquin438 sind, nach Suárez, dieser Meinung. Ihr wichtigstes Fundament fußt darauf, erstens, dass die actio ein Akzidens ist, so dass sie einem Subjekt inhärieren muss. (Ib. 3); zweitens, dass die geschöpfte actio immer die Vollkommenheit des agens ausmacht. Suárez aber meint, dass es hier um keinen Bezug handelt, sondern darum, dass es zwischen dem Effekt und der Ursache eine mittlere von beiden ex natura rei verschiedene actio gibt, die prior natura diesem Bezug vorhergeht und dessen Fundament ist (Ib. 2). Dass die actio ein Akzidens ist, nimmt Suárez an, aber es handelt sich um ein analoges Akzidens (Ib. 16). 4) Die zweite Ansicht besagt auch, dass jede actio ein subiectum inhaesionis braucht, aber dieses Subiectum muss nicht immer der agens sein: die actiones immanentes, ihrerseits, inhärieren doch dem agens, die transeuntes aber inhärieren dem passo, nach Aristoteles, der in Phys. III, c. 3, sagt, dass die Bewegung selbst zugleich eine actio und eine passio ist. Noch deutlicher sagt Aristoteles in De an. II, c. 2, txt. 24 et 25: Actio agentium in eo quod patitur atque disponitur inesse videtur.

Für Suárez sind es unter anderen zwei wichtige Gründe, die diese Ansicht bekräftigen: (1) die actio kann sich nicht wirklich von den von ihr erwirkten formallen Terminus unterscheiden, dessen modus sie ist. Die actio ist, wie öfters von Suarez gesagt,439 nicht anderes als die Abhängigkeit des Effekts von ihrer Wirkursache. Diese Abhängigkeit aber kann nicht von der Sache verschieden sein, die abhängig ist; sie ist nur ihr modus. (2) Aus dem Agens rührt wirklich (fluit active, Ib. 8) nicht nur der Effekt her, sondern auch die actio per se ipsam. (Ib. 8). Aus dem Agens aber, der eine durchgehende (transeunte, Ib. 8) actio erwirkt, rührt die actio nur so her, dass sie in passo aufgenommen wird. Suárez bezieht sich auf Aristoteles, nach der der agens sich gerade, weil er wirkt, nicht ändert, denn dem agens nur akzidentell gehört, sich zu ändern. Ein dritter Beweis ist die Abhängigkeit der Geschöpfe von Gott.

435

Vgl. Kajetan (I, q. 25); Hispalensis (I, d. 27, q. 1, notab. 3); Flandria (Met. V, q. 22, a. 2); Scotus (IV, d. 13, q. 1); Ant. Andreas (Lib. De Sex Principiis, c. De actione); P. Venetus (Summ. Physic. c. 18); Avicenna (De Sufficientia II, c. 5). 436 Vgl. Scotus, Quodl. 13. 437 De coelo, c. 3: „Unumquodque est propter suam operationem; est autem unaquaeque res propter suam perfectionem; ergo omnis operatio est operantis perfectio“. 438 „Actio, quae non est substantia agentis, inest ei sicut accidens subiecto, et ideo inter novem praedicamenta computatur“ (CG II, c. 9); „Actio ut actio consideratur ut ab agente; in quantum vero est accidens, consideratur ut in subiecto agente“ (De potentia, a. 9, ad 7); Vgl. auch: In II, d. 40, q. 2, a. 4. 439 DM 48, 1.

219

5. Sektion Über die Hatur, die Ursachen und die Eigenschaften der actio 1. Die Hatur tíder Actio Suárez zitiert hier Gilbertus Porretanus, dessen Definition der actio so lautet: Actio est forma per quam in materiam subiectam denominamur agere (Ib. 1)

Sie ist ähnlich der des Aristoteles in Bezug auf die Qualität ist: Qualitatem esse qua quales esse dicimur.

Das gefällt Suárez nicht, denn damit wissen wir gar nicht was eigentlich diese Form ist. Es handelt sich gerade darum, zu wissen was für eine Form es ist. Es wäre besser, die actio so zu definieren: …actionem esse formam qua principium activum primo in actu reducitur (Ib. 1).

Oder sie ist die Form, die durch sich selbst fließt (fluit, Ib.) kraft der das, was vom dem agens erwirkt wird, abhängig ist. 2. Die Ursachen der actio (Ib. 2). Die Wirkursache ist das Prinzip aus dem sie herkommt. Die unmittelbare Finalursache der actio ist der Terminus. Die mittelbare kann entweder derselbe agens oder jegliches Ziel zu dem sie sich beziehen kann. Die Materialursache, wenn es überhaupt eine gibt, ist ipsum passum. Es gibt bei der actio keine Formalursache, denn sie ist schon eine Form. 3. Die Eigenschaften der actio. Wieder bezieht sich Suárez auf Gilbertus, der drei oder vier Eigenschaften andeutet: 1.

Der actio gehört es, immer in Bewegung zu sein. Aber wie versteht Suárez dieses “In-Bewegung-sein”? a) Der actio ist immer eine Bewegung beiliegend. b) Wenn es aber sich um eine zerstörende Bewegung handelt, dann ist es nicht notwendig, dass es immer durch eine positive actio stattfinde.

2.

3.

4.

440

Die actio bringt (inferre, Ib.) immer in die unterworfene Materie (materia subiecta, Ib. 3) ein Leiden (passionem, Ib.) ein. Dieses “inferre” ist, nach Suárez, nicht als eine Wirkursächlichkeit zu verstehen, sondern nur in dem Sinne, dass eine Eigenschaft die ratio einer anderen ist. Ob die actio ein Entgegengesetztes zulässt. Diese Eigenschaft wird auf die, die Aristoteles angibt, zurückgeführt, nämlich dass die actio ein Entgegengesetztes (contrarium, Ib. 4) zulässt, nur aber dann wenn der Terminus ein solcher hat. Ob die actio ein Mehr oder ein Weniger zulässt. Darauf bezieht sich auch Aristoteles.440 Suárez legt diese Eigenschaft folgenderweise aus:

Vgl. Cat., 6 b 19-20.

220

a) “ratione termini” (Ib. 4), d. h. ob eine Gradualität dabei vorkommt, z.B. wenn die Beleuchtung mehr oder weniger intensiv sein kann.441 b) “ratione temporis” (Ib.), d. h. ob eine actio intensiver ist, wenn sie schneller geht, während eine andere mehr Zeit verbraucht, um zum selben Ziel zu kommen. Das kann man auf die Geschwindigkeit der Bewegung zurückführen, denn es handelt sich um eine succesiva actio. Eigentlich kann man aber die Geschwindigkeit nicht als eine Intensität betrachten, denn sie ist vielmehr eine Dehnbarkeit der Teile (extensio partium, Ib. 4) derselben actio, je nach der Dauer oder Reihenfolge.

441

Vgl. L. Jansen (o.c. S. 20), der sich bei der Behandlung der aristotelischen Eigenschaften des pros ti mit der der Gradualität befasst. Eigentlich ist die Gradualität nicht bei jedem pros ti zu treffen: Das Ähnliche und das Ungleiche lassen eine Gradualität zu („A ist ähnlicher als C“). Andere pros ti, aber, wie das Doppelte lassen es nicht zu („A ist doppelter als B“ ist unsinnig).

221

6. Sektion Über die Gattungen und die Spezies der actiones und in welchem Sinne stellt man sie unter einem einzigen Genus Um das zu erklären, beginnt Suárez mit einer Einteilung der actiones, von der man nicht bezweifeln kann, dass sie genügend ist, denn es handelt sich dabei um eine Unterscheidung des Seins, das entweder Substanz oder Akzidens sein muss. Und beides kann durch die Wirkursache produziert werden (Ib. 1). substantialis: ad substantiam terminatur (I) actio accidentalis: ad accidens terminatur Die Frage die nun entsteht ist, ob diese Einteilung univok oder analog ist (Ib. 2). Nach dem Gesagten scheint sie, analog zu sein, denn so wie die Wirkursache allgemein sich analog zur Substanz und zum Akzidens verhält, so auch diese Wirkursache, die eine eigentliche actio ist. Die Erzeugung, z. B. verhält sich analog in Bezug auf die substantielle und auf die akzidentelle Erzeugung,442 die als eine “via ad esse” verstanden wird. Wenn aber jede actio sich zum formallen Terminus bezieht, dann bringt die Analogie der Termini die Analogie der actiones mit sich (Ib. 3). In Gegenteil dazu könnte man einwenden, dass, wenn diese Einteilung nicht univok wäre, dann dürfte man ihr kein summum genus zuweisen. Oder nur dann wenn es sich um eine prädikamentale actio handelt, wodurch zwei Prädikamente der actio entstehen würden (Ib. 4). Suárez entscheidet sich für die Analogie dieser Einteilung. Dass es daraus zwei verschiedene Prädikamente der actio entstehen könnten, widerspricht Suárez, denn die substantielle Erzeugung ist eine “via ad substantiam” und keine akzidentelle Form, sodass sie in das Prädikament der Substanz als modus substantialis einzustellen ist. … generatio substantialis, cum sit via ad substantiam, non habet propriam rationem accidentis, sed intrinsece est modus substantialis, et ideo convenienter ad praedicamentum substantiae revocatur (DM 48,6,5).

Dass Aristoteles nicht daran geachtet hat, wird dadurch erklärt, dass die alten Philosophen über die Schöpfung keine deutliche Ahnung hatten. (Ib. 5). Suárez ist hier sehr großzügig und gibt denen, die diese Analogie nicht annehmen, einen “trügerischen” Ausweg: 1) Wenn es sich dabei um eine “via ad terminum” handelt, dann ist sie analog. 2) Wenn aber sie als “actus agentis” verstanden wird, der die potentia in actum setzt, dann könnte man sie als univok verstehen, aber trotzdem kann man auch bei dem actus agentis auf keine “via ad esse” verzichten. 3) Man könnte auch davon absehen, ob sie im Prädikament der actio hingestellt, oder ob sie nur wie eine veluti forma agentis illud sic denominans 442

Vgl. Arist., De gen. I, der die Erzeugung einer Substanz als generatio simpliciter, während die Erzeugung eines Akzidens als generatio secundum quid betrachtet. Vgl. auch Thomas v. Aquin (de spir. creat. a. 1, ad 9; a. 3; De veritate a. 5: „generatio est via ad esse“.

222

(Ib. 6) betrachtet wird; so dürfte man eine logische univocatio annehmen, keine aber metaphysische. creatio (sine subiecto, ex nihilo)

(II) Actio

in varias species dividi iuxta varietatem terminorum productio generatio (ex subiecto) conservatio

Diese Einteilung darf man nur secundum rationem annehmen (Ib. 7). Wieder taucht hier die Frage auf, ob sie analog oder univok ist. Dass es analog ist, wird daraus ersichtlich, dass Gott in der Reihe der Wirkursachen das primum analogatum ist. Auch die creatio unterscheidet sich von der generatio, indem jene simpliciter das Sein, während diese nur “dieses Sein” (tale esse, Ib. 7) gibt, indem sie die Form der Materie auflegt (applicando, Ib.). Diese vermeintliche Analogie gefällt Suárez nicht, denn durch die Erzeugung wird eine Substanz produziert, die simpliciter ein Sein ist und das Sein wird univokerweise allen geschöpften Dingen beigemessen. Es kann auch vorkommen, dass eine erzeugte Sache vollkommener als eine erschöpfte ist, obwohl die Schöpfung ex modo immer eine hervorragendere actio ist (Ib. 8). Dazu kommt es noch, dass jede menschliche Erzeugung immer den Konkurs der actio Dei erfordert. Aber, obwohl man die actio Dei, ihrer Kraft nach, als analog zu verstehen ist, trotzdem, ihrem gegenwärtigen Tun nach (quoad actualem actionem, Ib. 8), ist es nicht ratsam, sie als analog zu verstehen, denn auch Gott wird wegen der geschöpfte Sache actu agens denominiert. … tamen quoad actualem actionem, non oportet ut intercedat analogia, quia etiam Deus denominatur actu agens ab actione creata, et interdum ab eadem a qua creatura etiam agere dicitur (DM 48,6,8).

transiens (non manet formaliter in eadem potentia proxima) actio accidentalis immanens (formaliter manet in eadem potentia proxima) Die eigentlichen actiones immanentes sind für Suárez das Denken und das Lieben. (Ib. 9). Manchmal aber wird der Name “actio immanens” auf die “actiones vitales” erweitert, die in dem wirkenden Subjekt bleiben (so die Ernährung, die Vergrößerung, die räumliche Bewegung der beseelten Wesen, usw.). Davon werden die natürlichen Bewegungen der unbeseelten Wesen ausgeschlossen, die auf einem äußeren agens zurückgeführt werden können. (Ib. 10). Eine letze Frage am Schluss dieser Disputation, stellt uns Suárez, nämlich, ob eine actio formaliter immanens et virtualiter transiens (Ib. 11) sein kann. formaliter (ab agente exiens et in passum recepta)

223

actio transiens virtualiter (tantum quoad efficientiam) Es gibt die meinen, dass jede actio, die im agens ist, nur durch ihre Wirksamkeit (nisi ob efficatiam, Ib.) als actio transiens bezeichnet werden kann. Suárez stellt sich entgegen, denn jede actio transiens wird dadurch denominiert, dass sie vom agens ausgeht und in den Terminus aufgenommen wird. …unde, si talis est actio quae in agente maneat, ideo est quia in eo manet terminus eius… Omnis ergo actio transiens, si proprie et in ratione actionis transiens ist, ideo talis dicitur quia est formaliter transiens, id est ab agente exiens et in passum recepta (DM 48,6,11).

Wenn aber durch einem actum immanentem etwas ad extra verschaffen wird, das wird nicht durch ihn, als actio, sondern als principium agendi erwirkt. Das wird ersichtlich, wenn man die actiones des göttlichen und des menschlichen Willens und Wissens in Betracht zieht, insofern sie etwas ad extra erwirken. Die actiones transeuntes können weiter in verschiedene Spezies und modi dieser actiones unterteilt werden, deren Behandlung eigentlich zu den Physikern gehört, denn es handelt sich dabei um sinnliche Sachen und um Bewegungen. Suárez wiederholt die Einteilungen der actiones immanentes in vitale und nicht vitale actiones, die er früher (DM 48, Sektion 3) behandelt hat. Es gibt auch weitere von ihm schon behandelten Einteilungen, nämlich: diejenige actiones, die durch ihre eigene Wirksamkeit oder durch resultantiam etwas erwirken; die unaufhörliche (instantaneae, Ib. 12) und die die aufeinanderfolgende (succesivae).

224

DM 49. Die passio Pooemium

Suárez stell fest, dass der Name „passio“ vieldeutig sein kann, wie es aus den von Suárez angegebenen Zitaten verschiedener Autoren ersichtlich wird.443 Die seelischen Stimmungen können auch passiones benannt werden. Und Aristoteles selbst sagt, dass gewisse Qualitäten, affectiones oder passiones benannt werden.444 Auch ist es üblich zu sagen, dass jemand „leidet“, wenn ihm etwas prater naturam „leidet“, oder wenn er etwas „verliert“. Allgemein kann man die passio so definieren: ...passio dicitur omnis receptio alicuius formae, qualiscumque illa sit (DM 49, Prooemium).

Die passio entspricht der actio, sodass zwischen ihnen eine große Konnexion besteht. Problemstellung 1. Was für einen Zusammenhang oder Verschiedenheit gibt es zwischen actio und passio. 2. Über die Natur und die Spezies der passio.

443 444

Arist., Met. V: 1022 b 15-20; Thomas v. Aquin, I-II, q. 22, a. 1. Arist., Cat. 8: 9 a 29-9 b 19.

225

1. Sektion Ob die passio sich von der actio unterscheidet Etliche Meinungen werden zurückgewissen445. 1. Die actio und die passio unterscheiden sich realiter. Die actio ist nicht anderes als die Relation des Agens zum Patiens; die passio hingegen, die Relation des Patiens zum Agens Suárez aber meint, dass der Patiens sich nicht durch die passio auf den Agens bezieht. Der Patiens wird nur von der passio affiziert in Bezug auf einen Terminus, denn die passio ist eigentlich die Rezeption einer Form. Es hindert aber dabei nicht, dass die passio von einem agens erwirkt wird, denn es handelt sich dabei um eine äußerliche Wirkursächlichkeit. Man darf auch nicht von einer transzendentalen Relation des Patiens zum Agens sprechen. 2. Die actio und die passio unterscheiden sich manchmal realiter, manchmal aber nicht. Wenn die actio im Agens ist und sie in patientem einwirkt, unterscheiden sich realiter. Wenn aber die actio zusammen mit der passio auf den passum überträgt wird oder beide in demselben Agens bleiben, der gleichzeitig ein passum ist, unterscheiden sie sich nicht realiter. Für Suárez gibt es keine actio, die eine passsio in einem Subjekt erwirkt, außer dem, in dem sie ist. Zwischen der passio und der actio, die jene mit sich bringt (inferat, Ib. 2) muss sich ein formaler Vergleich stattfinden. In dem Falle eines „unsinnigen“ (disparate, Ib.) Vergleich, dürfte man oft sie als real verschieden annehmen, aber dabei handelt es sich um einen äußerlichen und akzidentellen Vergleich. Die passive Erzeugung unterscheidet sich real von der göttlichen Schöpfung, denn diese hat keine ihr verbundene passio. Suárez’ Meinung Es gibt keine reale Distinktion.446 Wenn sie sich unterscheideten, würden sie sich auf zwei mögliche Weisen unterscheiden: Als zwei Dinge (duae res, Ib. 3) oder als zwei reale Modi (duo modi reales, Ib.). Dass sie sich real unterscheiden wie zwei Dinge ist unmöglich, denn die actio ist kein „Ding“ und sie kann deswegen keine Entität haben. Dementsprechend, gehört auch die passio zur gleichen Ordo447 wie die actio. So kann man auch sagen, dass die Bewegung kein „Ding“ ist, denn beide haben die gleiche Entität. Dass sie sich wie zwei Modi unterscheiden, ist auch unmöglich, denn die realen modi zeigen ex se keinen realen Unterschied auf,448 sondern nur in Bezug auf die Dinge deren sie modi sind. Für Suárez sind die actio und die passio modi von ein und derselben Sache. Unterscheiden sich also nicht real. 3. Über eine mögliche modale Distinktion (Ib. 4) Die actio ist der Akt einer aktiven Potenz. Die passio einer passiven Potenz. Sie unterscheiden sich also actualiter und ex natura rei. Andere ducken sich (lubrice loquuntur, Ib. 4) und benennen sie eine formale Distinktion. 445

Scotus (In IV, d. 13, q. 1; Quodl. 11); Antonius Andreas (Lib. De sex principiis, q. 9). Vgl. Arist., Physik III, c. 3: „actionem et passionem in re esse eumdem actum seu motum diferreque penes diversos respectus“. 447 Über den Begriff “ordo” nach Suárez, cfr. hier S. 146. 448 Vgl. DM 7. 446

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Hervaeus449 gibt ein weiteres Argument zugunsten einer Distinktion. Der Agens – sagt er – gehört extrinsece et per additionem zur ratio actionis; das passum aber zur ratio passionis, genauso wie die Ursache zur ratio des Effekts gehört. Was will eigentlich Hervaeus damit sagen? – fragt sich Suárez –. Zielt er vielleicht darauf, dass die actio und die passio sich je nach ihren verschiedenen respectus zum Agens bzw. Patiens unterscheiden? Das kann jeder bejahen. Aber Hervaeus scheint anders zu meinen. Er sagt ex professo, dass die Relationen zum Agens bzw. zum passum nicht zur ratio der actio bzw. der passio gehören. Die im passo existierende „Bewegung“ ist eine actio insofern sie den Agens durch eine äußerliche Denomination actu denominiert; sie ist aber passio insofern sie das patiens actu als Subjekt denominiert, auch wenn es keine Relation gibt. Capreolus450 trägt bei, um diese dunkle Auslegung zu klären. Die actio und die passio unterscheiden sich je nach ihren verschiedenen Relationen, die aber nicht „in recto“, sondern „in obliquo“ zu verstehen sind. Das heißt, intrinsece unterscheiden sie sich nicht, doch aber extrinsece durch die bezüglichen Relationen: die Relation der actio ist die Relation des Agens zum Effekt, die im Agens selbst ist; die Relation im passo ist die Relation des Effekts zur Ursache. Suárez erwidert dazu, dass das passum selbst formaliter keinen zur Ursache bezogenen Effekt, sondern nur das von der passio affizierte Subjekt besagt, insofern es zum Terminus tendiert (tendente in aliquem terminum, Ib. 6). 4. Die actio und die passsio unterscheiden sich nicht ex natura rei, sondern nur ratione ratiotinata.451 Der Grund dafür ist die Untrennbarkeit der actio von der passio und umgekehrt. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie sie sich ex natura rei nicht unterscheiden. Dass sie sich aber ratione ratiocinata unterscheiden ist klar, denn es handelt sich um verschiedene Namen, die nicht willkürlich gesetzt sind. Suárez erklärt sich damit einverstanden, dass diese Unterscheidung auch formalis genannt werden darf.

449

Quodl. VII, q. 14. In II, d. 1, q. 2, a. 1, concl. 2. 451 Diese Meinung vertritt auch Thomas von Aquin (Met., V, lect. 9; CG II, c. 9): „actionem et passionem tantum diferre ratione“. Sie wird dem Aristoteles entnommen (Pysik III): „eumdem motum esse actum agentis et patientis, et secundum eas diversas rationes actionem et passionem appellari“. 450

227

2. Sektion passio vs. motus Zwischen passio und motus besteht keine Unterscheidung. Muss man aber dazu sagen, dass die „Bewegung“ hier nicht physice (sie befindet sich nur in den körperlichen Sachen), sondern metaphysice (sie befindet sich in allen Sachen, sogar in den inmaterialen Substanzen) aufgefasst werden muss. I. Die drei üblichen Auffassungen der Bewegung 1. „Bewegung“ = actio 2. „Bewegung“ = passio 3. „Bewegung“ = Terminus in fieri. Fluxus tendens in perfectionem formae Nur die dritte Auffassung kann man als motus452 betrachten, der sich von den zwei ersten Auffassungen formaliter unterscheidet:453 passio ist ein Prädikament, motus aber gehört zu keiner Gattung. Beim ihm handelt es sich um einen analogen Terminus, der auf das Prädikament der vollkommenen Form zurückgeführt werden kann, auf die er tendiert. Insofern ist der motus etwas Unvollkommenes und Unvollständiges, der nur einen Terminus besagt, der teilweise erreicht wird teilweise nicht. Dass die Bewegung sich von der actio und von der passio unterscheidet, wird dadurch erklärt, dass ihre Definitionen verschieden sind: Motus ist actus entis in potentia prout in potentia Actio und passio dagegen sind verschiedene Affektionen der Bewegung. Wenn actio und passio sich ex natura rei als verschiedene modi unterscheiden, dann unterscheiden sie sich respektive von der Bewegung. Wenn aber sie sich nur ratione unterscheiden, unterscheiden sie sich auch ratione von der Bewegung, als von einem materialen Ding, das von ihnen modifiziert wird. II. Trotz dieser von Suárez angenommenen Unterscheidung, will er weiter untersuchen, ob die passio irgendwie mit der Bewegung übereinstimmt. (1) Wenn sie, passio et motus, proportionaliter (Ib. 4) verglichen werden, besteht kein Unterschied:

passio succesiva passio instantanea = motus succesivus motus instantaneus passio perfectiva passio corruptiva = motus perfectivus motus corruptivus (2) Sowohl die passio als der motus tendieren zu einem Terminum, der bei dem motus als via oder fluxus denominiert wird.454 Dieser Bezug auf einen Terminum ist eine transzendentale Relation.

452

“actus entis in potentia prout in potentia” (Vgl. Arist., Physik III). Vgl. Arist., Physik III. 454 Arist., Physik III, text. 4; Thomas von Aquin: “non ut res a re, sed quatenus modus” (I-II, q. 1, a. 3; Physica V, text. 9). 453

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(3) Nach Aristoteles und Thomas von Aquin sagen sowohl die passio als der motus eine habitudo ad subiectum aus (Ib. 7). III. Was versteht man unter motus localis? Diese Bewegung befindet sich nicht im dem sich bewegenden Subjekt, sondern in den umgebenden Körper – so wird behauptet. Suárez aber glaubt, dass diese Form der Bewegung sich intrinsece mobili inhäret (Ib. 8), sodass der Terminus der Bewegung das ubi intrinsecum ist, und kein es umgebender Ort, wie es nach der aristotelischen Definition der Bewegung ersichtlich wird. Die Bewegung, als actus imperfectus, stimmt also mit der aufeinanderfolgenden Bewegung überein. Die passio succesiva ihrerseits stimmt mit der Bewegung insofern überein als sie immer das Subjekt in potentia zu sonstige Vervollkommnung lässt. Suárez entschließt sich endlich nicht für eine Unterscheidung ratione ratiocinata. Passio und motus unterscheiden sich nur per appelationem (Ib. 13)455, aber mit folgenden Bemerkungen: Man kann vielleicht von einer Unterscheidung rationis oder von einer Abstraktion, Präzision (praecisionem (Ib. 14) oder Konnotation sprechen wodurch passio und motus sich irgendwie (aliquo modo, Ib.) unterscheiden. Das muss weiter untersucht werden. (1) In Bezug auf die Präzision des Begriffes. In jedem Subjekt kann man zwei modal und ex natura rei verschiedene Sachverhalte annehmen, nämlich die Form selbst, die ins Subjekt induziert wird und ihre Abhängigkeit vom agens. Die Form ist keine Bewegung und auch keine passio:456 Die Form ist der Terminus der Bewegung. Kann sie also ohne fluxus und ohne Bewegung weiter bestehen. Das Gleiche gilt im Falle der actio und der passio. Der fluxus,457 die eine Abhängigkeit von der Form ist, ist das ein455

Suárez spricht hier von “per appellationem” in dem Sinne der nominatio, d. h. die Annahme eines Wortes (terminus) für ein suppositum oder für mehrere, die actualiter existieren. Appellatio und der korrespondierende Verb appellare, wird in den frühen römischen Schriftstellern benutzt, um den Antrag eines Individuums gegenüber einem Friedensrichter und insbesondere einem Tribun, auszudrücken, um sich selbst vor ihm zugefügtem oder gedroht zugefügt zu werden Unrecht zu schützen. Es wird von provocatio unterschieden, die in den frühen Schriftstellern einen Aufruf zum Volk bedeutete in Bezug auf ein das Leben implizierenden Verhalten. Es scheint, dass die provocatio ein altes Recht der römischen Bürger war. Die Aufrufe wurden auf kriminelle Sachen beschränkt. In zivilen Rechtsstreiten gab es nicht. Jeder Friedensrichter hatte die Macht, sich schließlich innerhalb der Grenzen seiner Gerichtsbarkeit zu entscheiden. Die einzige Form, in der eine Person in solchen Fällen eine Erleichterung haben konnte, war durch die intercessio eines überlegenen Friedensrichters oder durch die appellatio der Tribune möglich. (2) In der Philosophie hat dieses Wort verschiedene Auffassungen: Schon früher als in Anselm's De Grammatico finden wir einen Unterschied zwischen significare per se und significare pro aliud. Das Letzte wurde auch als appellare, d. h. „nennen“ oder „appellieren“, bekannt. Wohingegen im ersten Sinne (pro se) das, was bezeichnet wurde, ist eine Form; in dem zweiten, eine Sache. Eine einzelne Form ist mit einer Anzahl von Sachen, die wir mit den gleichen Namen nennen, gemeinsam. Auf diese Art können wir die Bedeutung verstehen, die im zwölften Jahrhundert die univocatio in Kontrast mit der appellatio hatte. Eigennamen, die individualen Items bezeichnen, stehen in Kontrast mit appellativen Namen, die mehrere Items bezeichnen. Univocation ist die Bedeutung eines eindeutigen Wortes. Die Verbindung dieses Namens als Gegenstand von der Sache, der genannt wird, wurde seine appellatio genannt. Wir finden auch bei Buridan eine Definition der appellatio: „…terminus innatus pro aliquo supponere, dicitur appellare omne illud quod ipse significat vel consignificat, praeter illud pro quo supponit… Verbi gratia ‚album‘ supponens pro homine, appellat albedinem“ (Zitat aus R. Schönberger, o.c., S. 396. Was Buridan unter appellatio versteht ist das, was Okham unter einem ‚terminum connotativus‘ versteht. (Ib.) 456 Anderer Meinung ist Averroes, Phys. V, comm. 8. 457 Der Name “Fluxus”, der mit der Bewegung (motus) übereinstimmt, kommt öfters bei Buridan vor, der wahrscheinlich von Albert von Saxen übernommen hat. Dieser aber versteht unter “motus” eine

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zige das diese Denominationen bekommt. Unsere Verstand kann nur den „fluxus“ erwägen, insofern er ein Weg (via, Ib.) zum Terminum ist, von dem dabei affektierten Subjekt abstrahierend. Auf diese Weise darf man sagen, dass die Bewegung mit dem fluxus übereinstimmt, sodass dieser Begriff von der passio und von der actio ratione unterschieden werden kann, obwohl er in beiden in der Form eines transzendenten Begriff mit eingeschlossen ist. Für Suárez ist aber diese Auffassung der Bewegung ziemlich uneigentlich (balde impropria, Ib.), denn die Bewegung und die Mutation sagen immer eine habitudo ad subiectum, das bewegt und verändert wird. Trotzdem, neigt es sich eine distinctio rationis zwischen motus und passio anzunehmen, denn im Sinne einer Präzision in der Auffassung der Bewegung gibt es keine „Intension“ (non est omnino intensiva, Ib.), sodass die Bewegung analogisch mehr in Bezug auf die passio als auf die actio verstanden wird. (2) In Bezug auf die Konnotation, dürfte man sagen, dass die Bewegung insofern sie das mobile bewegt und verändert, eine Negation früherer Bewegung einschließt, denn „bewegt zu werden“ (mutari, Ib. 15) bedeutet, dass die Sache sich anders verhält als früher. Die passio aber scheint sich nicht so per connotationem zu verhalten. Man kann weiter sagen, dass die Veränderung davon abstrahiert, dass sie durch eine positive Wirkung oder bloß durch Mangel einer Form erwirkt wird: „Die Luft hat kein Licht“ bedeutet ein Mangel an Licht. Die passio aber verhält sich anders, nämlich durch eine positive Einwirkung. Für Suárez sind beide Auffassungen ungewöhnlich (Ib.), denn bei ihnen wird keine Proportionalität zwischen passio und Veränderung unternommen, sondern zwischen zwei verschiedenen Sachen.

alteratio. Die räumliche Bewegung oder die “res successiva” stimmt mit den permanenten Sachen überein.

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3. Sektion In dieser Sektion behandelt Suárez die Frage, ob der Essenz der passio eine actualis oder eine aptitudinalis Inhärenz gehört. Diese Frage wird dadurch hervorgerufen, dass (1), wie früher gesagt, zur Essenz des Akzidens nicht nur die actualis inhaerentia, sondern auch die aptitudinalis gehört. Man könnte sagen, dass die passio kein Akzidens ist, sondern nur ein realer modus, der nur eine aptitudinalis inhaerentia zulässt. Für Suárez, erfordert die passio nicht nur eine aptitudinale, sondern auch eine aktuelle Inhärenz (Ib. 3). Der Name (si vim nominis… spectemus, Ib.) Passio streng genommen bedeutet seine aktuelle Inhärenz, denn pati bezeichnet einen Akt und nicht nur eine aptitudo. Um dieser Erfordernis gerecht zu werden, unterscheidet Suárez zwei Arten von passio: a) Passio pure unitiva formae praeexistentis vel tempore vel natura, ad subiectum. b) Passio unitiva et factiva formae. Beim (a) ist es selbstverständlich, dass die passio eine aktuelle und essentielle Vereinigung (unio, Ib. 7) mit dem Subjekt erfordert. So geschieht es bei der Erzeugung eines Menschen, denn es gibt dabei weder eine andere vorher bestehende Form, noch wird die Erzeugung durch eine dem compositum vorher in der Natur bestehende actio produziert, außer die rationale Seele. Die in der Materie sich vollziehende passio in dem Moment in dem die rationelle Seele sich mit der Materie vereinigt, hängt essentialiter von der Materie ab. Durch diese passio wird nur eine Vereinigung (unio, Ib.) und keine Form produziert, denn die rationelle Form (die Seele) besteht schon vorher. Auch in der übernatürlichen Auferstehung des Menschen und in der hypostatischen Vereinigung der Menschheit mit dem Verbum wird die passio nur als unio verstanden.458 Beim (b) wird auch eine aktuelle Vereinigung erfordert, wie es im Beispiel der räumlichen Bewegung zu sehen ist. Es ist unmöglich, dass die in der Bewegung sich vollziehende passio sich außerhalb des Subjekts befindet (Ib. 8).

458

Über die Erzeugung und die Auferstehung, cfr. hier die Meinug des Suárez, S. 185.

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4. Sektion Gehören die succesiva und die momentanea passio zum Prädikament der passio? Dass die passio im Augenblick oder aufeinanderfolgend geschieht wird durch Induktion bewiesen: Das Denken, das Wollen, die Beleuchtung und die substantiale Erzeugung sind augenblicklich; andere, succesiv. Beide gehören zum Prädikament der passio. Unterscheidung der passio instantanea (Ib. 3) (1) Sie dauert per solum instans (substantiale Erzeugung). Und sie kann als passio instantanea transiens bezeichnet werden, denn sie ist eine transmutatio der Materie von einer Form zu anderen. (2) Sie ist permanens. D.h. sie dauert solange der von der Ursache produzierten Effekt dauert, denn er hängt in fieri et in conservari von ihr ab. Die Bezeichnung permanens wird aber von Suárez nicht gern angenommen, denn eigentlich diese Art von passio ist pro primo instanti zu verstehen (Ib. 3). Unterscheidung der passio succesiva (Ib. 5) (1) Continuo fluxu (räumliche Bewegung; die Bewegung des Sonne). Sie ist eine zusammenhängende Bewegung, die als unitas verstanden werden kann. (2) Discrete (per interruptas morulas). Die langsame Erwärmung des Wassers, die auf einmal aufhört, und fängt wieder an. Sie bezeichnet eigentlich nur eine Vervielfältigung (multiplicatio, Ib.) der passio, die Akzidensell ist, denn diese passiones machen keine reale unitas aus. Suárez‘ Meinung. (1) Erste Auffassung, die allgemein (vulgaris, Ib. 8) ist: Passio succesiva Sunt modi diversi etsi formaliter aut sensu composito459 comparentur unus est essentialiter diversus ab alio (Ib. 8) Passio instantanea (2) Zweite Auffassung: vel sunt accidentales actionibus quibus conveniunt Modi vel sunt intrinseci vel causent essentialem diversitatem simpliciter, non vero in sensu composito vel formali Drei Situationen: (a) Die passio ist succesiva, weil der Terminus notwendig eine amplitudo, intensio vel extensio erfordert.

459

Über die Begriffe “de sensu composito” - de sensu diviso”, cfr. Heytesburg, Tractatus de sensu composito et diviso. Regulae solvendi sophismata, Venetiis, Bonetus Locatellus, 1494.

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(b) Die passio ist succesiva, weil sie intrinsece der Veränderung oder der passio inhäriert, insofern ihre Teile eine Abstoßung (repugnantia, Ib. 9) mit dem Terminus aufweisen. (c) Die passsio ist succesiva, nicht weil sie intrinsece in Bezug auf den Terminus ist, sondern in Bezug auf den Agens, der entweder die konträren Hindernisse nicht auf einmal besiegen kann, oder kann er nicht seine Wirkung in distans überleiten. Sie unterscheiden sich also nicht, weil sie instantaneae oder succesivae sind – denn diese Unterscheidung ist in diesem Sinne akzidentell – sondern, weil sie per se von der intrinseca natura termini (Ib. 10) abhängig ist, die verschieden sein kann. Die Beleuchtung kann entweder succesiva oder instantanea sein: succesiva, wenn ein Hindernis vorhanden ist, instantanea aber wenn kein Hindernis in den Weg gelegt wird. Der agens wirkt alles auf einmal so viel er kann, wenn kein Hindernis vorhanden ist. Hier gibt es keine Differenz zwischen diesen modi. Wenn aber die Natur des Terminus eine passio successiva erfordert, dann unterscheiden sie sich. Trotz allen diesen Unterscheidungen, meint Suárez, dass er bei den reinen Mutationen keine succesiva passio gefunden hat außer die die bei den räumlichen Bewegungen der Körper ist, weil ihre Termini eine solche extensionem et latitudinem besitzen, dass es von Natur aus unmöglich erscheint, dass sie sich nicht succesiv verhalten. Diese Unmöglichkeit aber hängt nicht so sehr von dem Terminus, als von dem mobile, das nicht auf einmal sein Ziel erreichen kann.

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Fonseca, 38, 88, 168, 185, 189 Francisco de Arriaga, 11 Gilbertus Porretanus, 161, 211 Grabmann, 10, 11, 12 Gregorius, 17, 51, 90, 117, 122, 129, 157, 158, 160 Harclay, 86 Heidegger, M. 3, 14, 68 Heisenberg, 5, 43, 44, 45, 166, 176 Henricus, 97, 98, 116, 117, 160 Hervaeus, 90, 161, 162, 196, 197, 199, 218 Jansen, L. 31, 65, 75, 82, 83, 94, 98, 111, 115, 116, 120, 134, 151, 166, 170, 174, 175, 188, 189, 192, 207, 212 Juan de Salas, 2 Kajetan, 80, 82, 86, 106, 141, 157, 158, 162, 166, 167, 172 Kepler, 43 Leibniz, 10, 11, 29, 31, 42, 80 Lombardus, 2 Marsilius, 160 Mastri, 12, 101 Mayron de Digna, 122 McMahon,, 67 McMahon, W., 62 Niphus, 123, 167 Ockham, 29, 35, 38, 49, 74, 79, 84, 90, 160 Peñalver, 46 Philopon, 67 Plato, 2, 14, 41, 43, 67, 192 Poinsot, 40, 98, 118, 177 Quintilian, 41, 51 Richardus, 160 Ruiz de Mendoza, 101 Schmutz, 2, 3, 7, 8, 12, 100, 166 Scholz, 43 Schönberg, 48

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Schönberger, 8, 51, 62, 63, 68, 92, 118, 119, 131, 132, 156, 181, 188, 189, 190, 191 Scotus, 8, 10, 12, 36, 38, 58, 69, 79, 80, 86, 88, 90, 101, 106, 109, 110, 122, 124, 125, 136, 140, 156, 160, 167, 169, 177, 185, 195, 196, 203, 210, 217 Siewerth, 4 Simplicius, 67, 203, 205 Soncinas, 69, 96, 119, 122, 123, 124, 125, 126, 132, 140, 161, 167, 182, 196, 197, 199 Themistios, 41

Thomas von Aquin, 4, 6, 8, 12, 15, 30, 32, 35, 36, 37, 40, 51, 53, 54, 62, 63, 71, 79, 81, 85, 86, 90, 96, 97, 105, 113, 114, 117, 118, 120, 125, 127, 131, 134, 136, 137, 153, 160, 182, 185, 197, 205, 218, 219, 220 Üexküll, 165 Venetus, 67, 210 Vorlivesi, 9 Weizsäcker, 43 Wenzl, 14 Weyl, 43, 165 Zenon, 14, 47, 84 Zubiri, 37

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