Strafrecht Tdp 2008-11-24

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UNIVERSITÄT WIEN – Rechtswissenschaftliche Fakultät Modulprüfung aus Strafrecht und Strafprozessrecht am 24. November 2008 Die Fabrik des Lederwarenherstellers XY GmbH leitet seit einiger Zeit ihre Abwässer ungefiltert in einen Fluss, weshalb es zu einem großen Fischsterben gekommen ist. Bei einer Betriebsfeier des Unternehmens diskutieren die dafür verantwortlichen Angestellten Alfred und Branko Medienberichte über ein Ermittlungsverfahren, das möglichen Zusammenhängen des Fischsterbens mit der Missachtung von Auflagen in der Betriebsgenehmigung nachgeht. Eine Hausdurchsuchung steht offenbar bevor. Alfred und Branko erwägen die Vernichtung bestimmter Aktenvermerke der Geschäftsführung, da diese Vermerke Hinweise auf den fraglichen Verstoß enthalten. Nach Besiegelung dieses Vorhabens wird „feucht-fröhlich“ weitergefeiert. Am Ende der Feier sind Alfred und Branko ziemlich alkoholisiert. Branko lässt daher sein Auto stehen. Clara, Alfreds Frau, hat – wie es die beiden vor der Feier abgemacht haben – keine alkoholischen Getränke zu sich genommen, um das Auto nach Hause lenken zu können. Auf dem Weg zum Auto wird Clara aber plötzlich und überraschend übel. Sie fragt daher Alfred, ob doch er fahren könnte. Trotz seiner spürbaren Alkoholisierung (0,8 Promille) stimmt er zu und bietet auch dem Branko an, ihn mitzunehmen. Branko nimmt dieses Angebot dankbar an. Wegen seiner verlangsamten Reaktion übersieht Alfred nach einer Kurve den unbeleuchteten Radfahrer Rudi und reißt zu spät das Lenkrad herum. Dadurch gerät das Auto ins Schleudern und stößt den Radfahrer nieder. Dieser fällt so unglücklich, dass er sich die Sehnen und Pulsadern an einem Arm durchtrennt. Branko, der nicht angegurtet ist, hat sich durch die Schleuderbewegung den Kopf angeschlagen und eine Rissquetschwunde an der Schläfe erlitten, die genäht werden muss (Heilungsdauer: drei Wochen; es bleibt eine etwa 3 cm lange Narbe). Branko bleibt benommen auf der Rückbank sitzen, während Alfred und Clara aussteigen und den blutenden Radfahrer sehen. Sie bekommen es mit der Angst zu tun und beschließen, schnellstens wegzufahren. Zum Schutz vor rechtlichen Nachteilen für Alfred sprechen sich die beiden Eheleute ab, im Fall einer Befragung durch die Polizei anzugeben, dass Clara von Anfang an gefahren sei. Clara übernimmt nun das Steuer. Dass beim Unfall eine Nummerntafel des Autos verloren gegangen ist, fällt ihnen nicht auf. Auf Grund dieser Nummerntafel kommt Tags darauf die Polizei zu Alfred und Clara. Die Beamten vernehmen beide zum Unfall, an dessen Folgen der verunglückte Radfahrer noch am Unfallort gestorben ist (Tod durch Verbluten). Rudi hätte, wie der Gutachter später feststellt, bei rascher Hilfe sicher überlebt. Vereinbarungsgemäß gibt Alfred bei der Befragung an, seine Frau Clara sei gefahren. Sie selbst weigert sich zunächst auszusagen. Alfred verwickelt sich bei seiner Aussage aber in derartige Widersprüche, dass in der Folge auch Branko vernommen wird. Durch dessen korrekte Aussage wird offenbar, dass Alfred der Unfalllenker war. Bei Arbeitsbeginn am Morgen nach der Feier hat Branko zunächst den besprochenen Plan ausgeführt und die Aktenstücke beseitigt. Dazu hat er allerdings nicht – wie vereinbart – den Reißwolf verwendet, sondern sie bei sich zu Hause versteckt. Nun befürchtet Branko aber, die Polizei könnte auch auf das Verstecken der Akten aufmerksam werden. Nach seiner Vernehmung zum Unfallhergang informiert er deshalb die Beamten und bringt ihnen die Unterlagen. 1) Beurteilen Sie die Strafbarkeit von Alfred (A), Branko (B) und Clara (C)! Bitte wenden!

2) Was hat die Anklagebehörde nach Erhalt des polizeilichen Abschlussberichtes über den Unfall zu tun, um eine Hauptverhandlung zu veranlassen? Vor welchen Gerichten oder welchem Gericht wird diese durchzuführen sein? 3) Gibt es für die Staatsanwaltschaft Alternativen zu einer Anklageerhebung? 4) Kommt im Fall einer Verurteilung des Alfred eine Geldstrafe für ihn in Betracht? 5) Im getrennt geführten Verfahren wegen der Vernichtung der Akten behauptet Alfred, er habe nichts davon gewusst. Das Gericht findet dies nicht unglaubwürdig und spricht ihn frei. Kann die Staatsanwaltschaft etwas gegen dieses Urteil unternehmen?

Um sich nach dem Unfall etwas abzulenken, geht Clara mit ihrem Enkelsohn und ihrem Hund Flocki zum Kinderspielplatz. Den Hund nimmt sie pflichtgemäß an die kurze Leine (eine Beißkorbpflicht besteht an diesem Ort nicht). Das zweijährige Mädchen Y, das in Begleitung seines Vaters Dieter ist, will den Hund streicheln. Clara sagt Dieter, dass das Kind sich dem Hund jedenfalls nur vorsichtig nähern darf, und erklärt daraufhin dem Mädchen genau, wie es vorzugehen hat, um den Hund zu streicheln. Das geschieht auch problemlos. Dann leitet Dieter seine Tochter an aufzuhören. Als er in der Folge zu telefonieren beginnt, springt Y spontan dem Hund auf den Schwanz. Reflexartig dreht sich Flocki zu Y und schnappt nach dem Gesicht des Mädchens. Dieses erleidet durch einen spitzen Eckzahn des Hundes einen Kratzer an der Wange. Der Vater beendet sein Telefonat und kümmert sich um die Tochter. Obwohl Dieter meint, dass es zu keiner ernsten Verwundung gekommen ist, fährt Clara mit allen in die Unfallambulanz, wo ihnen nach Desinfektion der Kratzwunde gesagt wird, dass keine weitere Behandlung nötig sei. Ein Freund von Dieter, der bei einer Versicherung arbeitet, rät ihm dennoch zu einer Anzeige. Dieter geht deshalb zur Polizei und erstattet Anzeige. 6) Woran wird die Strafbarkeit von Clara (C) und von Dieter (D) scheitern? (Hier wird von Ihnen keine vollständige Fallprüfung erwartet!) 7) Was hat die Polizei auf Grund der Anzeige dennoch zu tun? 8) Nach Erhalt des polizeilichen Abschlussberichts findet die Staatsanwaltschaft keinen Grund zu einer Anklageerhebung oder Durchführung einer Diversion. Was hat diese dann zu tun? 9) Wie kann sich Dieter (D) gegen das Vorgehen der Staatsanwaltschaft wehren? An wen wendet er sich? Wie lange hat er dafür Zeit? Entwerfen Sie den vollständigen Antrag! 10) Welche Stelle wird in weiterer Folge damit befasst? Welche Möglichkeiten hat diese? Begründen Sie Ihre Antworten und nennen Sie immer die gesetzlichen Grundlagen! Sollte ein Umstand nicht eindeutig sein, treffen Sie ausdrücklich eine Zusatzannahme! Schreiben Sie in ganzen Sätzen, übersichtlich und leserlich! Unleserliches gilt als nicht geschrieben!

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