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  • May 2020
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  • Pages: 3
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Socuellamos – kein Weg kann zu weit sein

Kurz zuvor war mein Hund, ein Hirtenhund aus dem Baskenland, plötzlich und unerwartet während einer gemeinsamen Wanderung in den Pyrenäen an Nierenversagen gestorben. Keine gute Ausgangsvoraussetzung um sich innerlich frei für ein neues Tier zu entscheiden. So wollte ich denn eigentlich mehr auf einem der ASPA Transporte helfen als ein neuen Hund holen, wenngleich ich den Gedanken schon im Hinterkopf hatte, Thor, einen verspielten Hütehund, den der Schäfer wegen Mangels an Arbeitseifer in der Perrera von Tomelloso abgegeben hatte, mal anzuschauen. Wer aber ASPA kennt, der weiß, dass alles weit im voraus und gut geplant ist. So wunderte es nicht, dass man für diesen Transport keinen Fahrer mehr benötigte. Doch der Gedanke mit Thor begann zu wirken, diesen Kerl musste ich mir mal ansehen. Kurzentschlossen fuhr ich mit dem eigenen Wagen los. Nicht ohne vorher den Kofferraum mit Futter vollzuladen, eine Tüte mit Scalibor-Halsbändern gegen Sandmücken und sonstig Nützlichem hatte meine Schwester beigesteuert. Da mein Neffe mitfuhr ließen wir den Hinweg locker angehen. Der Weg ist das Ziel und der führte uns über Paris erstmal nach Bordeaux ins Medoc zwei Tage an den Atlantik. Am dritten Tag ging es dann bei strahlendem Sonnenschein entlang der Atlantikküste ins Baskenland, San Sebastian, Burgos und dann nach Madrid, einmal Madrid umrunden und noch mal gut 150km weiter. Am späten Abend erreichten wir Socuellamos. Dank des Kontaktes zu Pablo, einem der ASPAfriends, deren Spendentransport schon zwei Tage vorher angekommen war, organisierten wir ein Hotelzimmer, denn Touristen verirren sich nicht hierhin in die Mancha, die Mitte Spaniens. Es ist heiß, selbst nachts, und trocken; außer Oliven und Wein scheint her nichts zu wachsen. Der nächste Morgen begann ruhig mit einem Frühstück bei Noemi der Tierheimleiterin von Socuellamos, wo die ASPAfriends Pablo, Frank und Bernd untergekommen waren. Lektion 1 - In Spanien gehen die Uhren anders. So fuhren wir statt früh erst am späten Vormittag nach Tomelloso zum Gelände von Eva und Marie-Carmen, zwei Tierschützerinnen, die engagiert versuchen dem unberechenbaren Leiter der örtlichen Perrera Paroli zu bieten und einige der Tiere auf ihrem Gelände unterzubringen. Denn dort sind sie, im Gegensatz zur Perrera sicher und werden nicht getötet. Schnell habe ich Thor entdeckt – und er mich. Die Begrüßung fällt fast stürmisch aus. Dieser Kerl soll Männer nicht so mögen? OK, vielleicht falle ich nicht unter die Kategorie richtiger Mann. Thor kommt mit, beschließe ich, erstmal als Pflegehund. Insgesamt sind einige Hunde dabei, die uns stürmisch begrüßen, andere wiederum sind ängstlich und meiden unseren Kontakt. Ich traue mich gar nicht zu fragen, was diese Geschöpfe wohl erlebt haben müssen. Interessanterweise fassen sie zu meinem Neffen, der mit seinem jugendlichen, schmächtigeren Aussehen scheinbar keine Ängste in ihnen hervorruft, schnell Vertrauen und kommen zu ihm. Schön zu sehen und eine gute Ausgangsbasis für ihr späteres, hoffentlich angstfreies, Leben. Ein kleiner Podencowelpe läuft mir die ganze Zeit nach und zittert. Er ist voller Parasiten, ob er überlebt ist zweifelhaft. Es wird nicht der einzige Moment bleiben, wo ich weinen muss.

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Auf geht’s zur Perrera von Tomelloso. Das wird mein schwerster Gang an diesem Tag. Von diesem frisch getünchte Gebäude mit recht guten Zwingeranlagen und vielen Bäumen als Schattenspender geht selbst in der Mittagshitze ein Gefühl von Kälte aus, oder stammt sie nur von dem Leiter, der uns in frischer blauer Montur begleitet, während Eva, Marie-Carmen und die ASPAfriends nach Nachfolgern für die Hunde, die am nächsten Tag ihr Gelände in Tomelloso Richtung Deutschland verlassen werden. Ich sondere mich ab, hier könnte ich nicht auswählen, ich bin auch froh es nicht tun zu müssen. Auf meinem eigenen Weg durch die Perrera finde ich in einem Zwinger einen Mastino-Rottweiler Mischling, Rüde, vermutlich unkastriert, natürlich mit Stachelhalsband, wohl angelegt vom Perreraleiter persönlich. Ich gebe ihm ein Leckerchen. Er freut sich, kommt näher, drückt sich an die Zwingerstäbe und lässt sich kraulen. Hoffentlich hat das dieser Unmensch nicht gesehen. Ich traue ihm zu, dass er Prügel bekommt für Freundlichkeit. Er will ihn scharfmachen und dann verkaufen… armer Mastino! Er schaut ohnehin traurig, einen Blick, den hier alle Hunde draufhaben. Das habe ich bei den Hunden von Eva und Marie-Carmen nicht gesehen, sie scheinen zu wissen, dass sie das Gröbste hinter sich haben, sicher sind und ihnen niemand weh tun will. Dort schauen sie alle viel fröhlicher einher. Am Nachmittag geht’s dann nach Socuellamos. Pablo zeigt mir stolz die Neuerungen dort. Das ganze wirkt vielversprechend. Vieles wurde erreicht, Neues ist in Planung und meines Erachtens auch realistisch. Hier arbeiten Leute, die was von der Sache verstehen, das merkt man sofort. In einem der neuen Quarantäneräume treffe ich Aranda, eine Galga mit Leishmaniose. Für sie würde der Transport mit allen anderen zusammen zu stressig. Die fährt 1. Klasse nach Deutschland beschließen wir alle zusammen. Kein Problem, ich räume die Rücksitzbank frei für diese tolle Maus. Die Verladung all der Hunde erfolgt am nächsten Tag in Socuellamos. Die Hunde von Tomelloso werden dazu auch aufs Gelände des ASPA Tierheims gebracht. Erstmal alle und alles raus auf den Freilauf zum Kennenlernen. Was in Deutschland undenkbar wäre, ist die schiere Notwenigkeit. Und was passiert…nichts, kein Beißen, kein Zanken, nichts. Das lässt mich so einige Zwänge und stringente Regeln in Deutschland anzweifeln. Kurzum: Viele Hunde in den ASPA Transporter; zwei in meinen Kombi: Thor hinten und Aranda auf die Rücksitzbank. Wir fahren noch in Villarobledo an, wo die ASPAfriends noch einige Hunde aufnehmen. Das Gelände der Tierschützerinnen dort ist mehr ein Sammelsurium von Gegenständen. Alte Jalousien und Wellblech als Sonnenschutz, alte Sprungrahmen als Türe. Sieht man die Industrieanlagen vor Ort oder die modernen Rathäuser müsste dieser Gegensatz beschämen – meint man, tut es aber offenbar nicht. Abfahrt! 2000km liegen nun vor mir. Die ASPAfriends sind zu dritt, wechseln sich ständig beim Fahren ab und werden vor mir da sein, egal, wir fahren dafür temperiert mit Klimaanlage. Unterwegs mache ich häufiger Rast, lasse die Hunde sich lösen, gebe ihnen Wasser. Unterwegs bekommt Aranda noch Nasenbluten, was erst die Tierärztin, bei der sie zunächst in Pflege kommt, zum Stillstand bringt. Einen ganzen Tag brauche ich bis ich zuhause bin, mehr als eine Woche, bis die Bilder in meinem Kopf halbwegs entwirrt sind. Derartige Erlebnisse wirken nach. Das werden mir sicherlich die Debütanten der ASPAfriends Transporte beipflichten. Nochmal machen? Jederzeit wieder – nur nicht morgen, erstmal ausschlafen.

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Denjenigen, die sich einen der Hunde unten in Spanien ausgesucht haben, kann ich nur zuraten, ihn sich selbst dort abzuholen. Es schafft eine neue und ehrliche Perspektive für die Probleme aber auch für das bislang Ereichte vor Ort, das Verständnis für den Charakter des Tieres ist ein ganz anderes und die Bindung zwischen Mensch und Hund wird auf eine ganz andere Ebene gestellt. Vamos! Aranda besuche ich immer mal wieder. Sie hat es gut erwischt und wird eine tolle Pflegefamilie bekommen. Der Blick und die Freude von ihr sind mein Lohn für die Hilfe; klarer Fall von übertariflicher Bezahlung. Und Thor? Solche knuffigen Bären bleiben nicht lange Pflegehund. Nach nicht einmal einer Woche wurde er adoptiert. Von wem…von mir natürlich! Nachtrag: Zuhause haben mir viele beim Erzählen meiner Erlebnisse interessiert zugehört. Viele haben gesagt „ich würde alle mitnehmen, ich könnte keinen zurücklassen“. „Zurücklassen“, nein! Wir haben keinen zurückgelassen. Sie warten lediglich in der Obhut von Eva, Marie-Carmen in Tomelloso, bei Noemi in Socuellamos oder den Frauen von Villarobledo darauf, in ein neues Zuhause zu kommen (fairerweise muss man sagen, es gibt mittlerweile auch einige aber wenige tierfreundliche Männer in Spanien). Fotos der Hunde fürs Internet haben Bernd und Frank gemacht – Hoffentlich der Anfang für einen neuen Lebensabschnitt.

© by Michael

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