Screencasts und Podcasts - Erfahrungen in der Hochschullehre Ulrich Schrader http://info.ulrich-schrader.de
Screencasts und Podcasts Erfahrungen mit der Nutzung in der Hochschullehre Abstract An der FH Frankfurt werden im Rahmen eines Projektes Vorlesungsmitschnitte in Form von Screencasts und Podcasts Studierenden zur Vertiefung, zum Nacharbeiten und Wiederholen sowie als Ergänzung des Lernstoffes angeboten. Dieses kann als ein relativ risikoarmer Einstieg in Blended Learning Strukturen verstanden werden. Dabei wird die Verwendung der Vorlesungsaufzeichnungen in drei Szenarien untersucht: 1. als Möglichkeit zur Nach- bzw. Wiederholung des Stoffes in einem berufsbegleitenden Studiengang mit nahezu gleichbleibender Präsenz der Studierenden, 2. in einer Veranstaltung ohne Präsenznotwendigkeit und 3. als frei zugängig veröffentlichte Medien. In allen drei Fällen wurde die Häufigkeit der Aufrufe analysiert. Es zeigt sich, dass die Medien gerade in dem berufsbegleitenden Studiengang sehr häufig aufgerufen wurden, wobei die Präsenz nahezu gleich geblieben ist. Dieses kann aber auch organisatorisch bedingt sein. In dem zweiten Fall führte die Verfügbarkeit der Vorlesungsaufzeichnungen zu einem deutliche Einbruch der Anwesenheit. Die Aufzeichnungen wurden aber zur Lösung der Abschlussaufgaben benötigt und daher entsprechend stark nachgefragt. Im dritten Fall zeigt sich ein relativ großes Interesse an den Aufzeichnungen, wobei sich allerdings nicht klären lässt, wer denn die Interessenten sind.
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Einleitung
1.1 Screencasting und Podcasting als Vorlesungsmitschnitt Vorlesungen werden bereits seit Jahrzehnten aufgezeichnet und dann in Medienarchiven etwa als VHS-Kassetten Studierenden angeboten. Darüber hinaus wurde oft auch versucht, die Vortrags- oder Vorlesungsaufzeichnungen im Rahmen eines Geschäftsmodells zu vermarkten1. Diese Aufzeichnungen waren relativ aufwändig.
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Vorwiegend renommierte Hochschule vertrieben und vertreiben auf diese Weise Vorträge und Vorlesungen. Siehe etwa Leonard Bernstein's Harvard University lectures von 1976.
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Sie erforderten eine teuere Video- und Audioausstattung und gegebenenfalls eine technische Unterstützung bei der Aufzeichnung. Die zunehmende Nutzung von Rechnern in Verbindung mit Videobeamern zur Vortragsunterstützung anstelle von analogen Medien wie Dias erlaubte den Einsatz von Programmen, die sowohl das gesprochene Wort des Lehrenden als auch den dargestellten Bildschirminhalt aufzeichneten und in ein entsprechend allgemein darstellbares Dateiformat brachten. Obwohl solche Programme seit Mitte der 90er Jahre existieren, veränderte sich die Nutzung mit der Möglichkeit stark komprimierender Dateiformate (z. B. Macromedia Flash), die es erlauben, die Inhalte in ausreichend guter Qualität über das Internet zu kommunizieren. Dieses führte auf die sogenannten Screencasts. Beim Podcasting hingegen werden nur die selbst produzierten Audiodateien (Podcasts) über das Internet bereitgestellt. Dieses geschieht oft über einen Weblog dessen RSS-Feed durch den Studenten subskribiert werden kann. Dann werden neue Audioaufzeichnungen bei deren Verfügbarkeit automatisch vom Rechner des Studenten heruntergeladen und können entweder mit dem Rechner oder einem mobilen MP3-Spieler wiedergegeben werden. Podcast ist ein Kunstwort aus "broadcasting" und dem Namen des MP3-Spielers iPod. Dabei lässt sich der Podcast leicht als Nebenprodukt des Screencasts erstellen, da man sich hier nur auf die AudioInformationen beschränkt. Der Artikel von Hürst und Waizenegger gibt eine gute Übersicht über die verschiedenen Ausprägungen solcher Vorlesungsaufzeichnungen (Hürst & Waizenegger, 2006). Weil sich der zusätzliche Aufwand für den Dozenten zur Erzeugung eines Screencasts oder Podcasts auf das Starten der Aufnahmesoftware zu Beginn der Veranstaltung, das Beenden der Software am Ende der Veranstaltung und gegebenenfalls das Schneiden unerwünschter Stellen beschränkt, handelt es sich hier um eine sehr einfache Möglichkeit zum Erzeugen multimedialer Vorlesungsmitschnitte. Da in der Regel die dabei erzeugten Dateien so klein sind, dass diese über das Internet kommuniziert werden können, ist auch kein hoher logistischer Aufwand erforderlich.
1.2. Studentische Voraussetzungen Um zu klären, ob Studierende heute über die Voraussetzungen verfügen, solche über das Internet angebotenen Vorlesungsmitschnitte auch nutzen zu können, wurde drei Wochen nach Vorlesungsbeginn im Wintersemester 2006/2007 bei Studienanfängern des Studiengangs Pflege eine kleine Befragung durchgeführt. Befragt wurden insgesamt 39 Studenten und Studentinnen. Davon waren 34 weiblich und 5 männlich. Von diesen verfügten 38 über einen eigenen PC. Die Studierenden ohne eigenen PC planten allerdings alle sich zeitnah einen PC zuzulegen. 36 dieser PCs waren bereits multimediageeignet, d. h. sie verfügten über einen Lautsprecher oder Headset.
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Betrachtet man diese Ergebnisse, so kann man zu dem Schluss gelangen, dass der eigene multimediafähige PC-Arbeitsplatz auch bei technikfernen Studierenden bereits bei Studienbeginn zur Standardausstattung gehört. Für das Angebot von Multimedia-Quellen über das WWW ist allerdings auch ein Internetzugang mit einer ausreichenden Bandbreite erforderlich. Dieser Aspekt wurde in der Erhebung ebenfalls untersucht.
Tab. 1
Internetzugang bei Anfängern des Studiengangs Pflege
Zugang DSL Modem (56 kb) W-Lan ISDN nicht vorhanden
Anzahl 31 4 1 1 2
Prozent 79 % 10 % 3% 3% 5%
In Tabelle 1 sind die entsprechenden Ergebnisse der Befragung dargestellt. Hier zeigt sich, dass bereits zu Beginn des Studiums knapp 80% der 39 befragten Pflegestudierenden über einen angemessenen Breitband-Anschluss verfügen. 25 (64%) der Befragten gaben an, dass sie einen tragbaren MP3-Player besitzen, womit die technischen Voraussetzungen für die mobile Nutzung der Podcasts gegeben sind. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auf studentischer Seite die Voraussetzungen für die Nutzung von Screencasts oder Podcasts bereits zu Studienbeginn erfüllt sind.
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Nutzungsszenarien
2.1 Szenario 1: Berufsübergreifendes Studium Im Wintersemester 2006/2007 wurden Screencasts und Podcasts im Rahmen eines internen Projektes der Fachhochschule evaluierend in drei unterschiedlichen Szenarien eingesetzt. Erstens wurden bei Studierenden des Studiengangs die Vorlesungsveranstaltungen Informatik 1 und Informatik 3 vollständig aufgezeichnet. Hierbei handelte es sich um Veranstaltungen des Hauptstudiums im Studiengang Pflegemanagement. Etwa eine Woche nach jeder Vorlesung wurden die Mitschnitte in Form von Screencasts und Podcasts in der Open-Source Lernplattform Moodle der Fachhochschule eingebunden und nur diesen Studierenden angeboten. Bei dem Studiengang handelt es sich um einen berufsbegleitenden Studiengang, d.h. alle
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Studierenden sind weiterhin zu mindestens 50% berufstätig und kommen in Präsenzphasen an die Fachhochschule. Insgesamt handelte es sich in diesem Szenario um zusammen 58 Studierende in beiden Veranstaltungen. Screencasts und Podcasts wurden als Ergänzung zur Vorlesung angeboten. Sie dienten damit einerseits dem Nachholen der Inhalte im Falle von Krankheit oder beruflich bzw. familiär bedingter Inanspruchnahme, andererseits aber auch zur Vertiefung und Wiederholung des Stoffes.
2.2 Szenario 2: Vollzeitstudium Im zweiten Szenario handelt es sich um eine dreizügige PCEinführungsveranstaltung für Studienanfänger im Studiengang Pflege. Dieser Studiengang ist ein Vollzeitstudiengang. Die Veranstaltung findet üblicherweise in PC-Räumen statt, damit jeder den Umgang mit den gezeigten Funktionen sofort praktisch üben kann. Im Wintersemester 2006/2007 stand allerdings ein solcher PC-Raum bedingt durch umfangreiche Baumaßnahmen an der FH nicht zur Verfügung. Im Rahmen eines Notfallkonzeptes wurde die PC-Einführung und der Umgang mit den Anwendungen erläutert und beispielhaft den Studierenden gezeigt sowie als Screencast aufgezeichnet. Nach jeder Veranstaltung wurden die Screencasts wiederum in die Lernplattform Moodle eingebunden und den 68 Studierenden angeboten. Diese hatten jetzt die Möglichkeit, sich die gezeigten Funktionen am häuslichen PC beliebig häufig vorzuspielen und anschließend praktisch zu erproben. Ob diese Funktionen anschließend durch die Studierenden ausreichend beherrscht wurden, wurde am Ende des Semesters durch eine Hausarbeit überprüft.
2.3 Szenario 3: Freier Zugang Im dritten Szenario wurden weitere Vorlesungen und Vorträge des Dozenten als Screencast oder Podcast ohne Zugangsbeschränkung allen Studierenden und sonstigen Interessierten über das Internet angeboten. Dieses Vorgehen folgt im wesentlichen der Idee der OpenCourseWare (Lerman & Miyagawa, 2002), in deren unterschiedlichen Ausprägungen2 Lehrmaterialien einzelner Hochschulen frei zugängig angeboten werden. Dieses Angebot wird dabei aber von den Hochschulen bewusst nicht als Fernstudienangebot verstanden, sondern dient eher dem Peer-Review der Lehrmaterialien und scheint als Nebeneffekt eine Anpassung der Curricula mit sich
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Beispiele sind: MIT OpenCourse Ware (USA), Open Learning Initiative at Carnegie Mellon University (USA), Open University Open Content Initiative (UK), China Quality OpenCourseWare (China).
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zu führen, wie während der Panel Diskussion anlässlich der Syllabus Konferenz 2003 in Boston3 geschildert wurde.
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Erfahrungen
In allen drei Szenarien wurden die Zugriffe von Dezember 2006 bis 28. März 2007 auf die Multimedia-Dateien der Screencasts und Podcasts gezählt, wobei die Zugriffe von Suchmaschinen nicht gezählt wurden. Es war leider nicht möglich, zwischen einem Zugriff, bei dem der gesamte Screencast genutzt wurde, und einem nur kurzfristigen Zugriff zu unterscheiden.
Zugriffe auf Screencasts und Podcasts 350 293
300
Anzahl
250 200 150 94
100 50
5
12
Feb 07
Mrz 07
0 Dez 06
Jan 07 Monat
Abb. 1
Zugriffe auf Screencasts und Podcasts im Szenario 1 (berufsbegleitend)
3.1 Szenario 1: Berufsübergreifendes Studium Da die Screencasts und Podcasts in der Lernplattform eingebunden waren und nicht öffentlich verlinkt waren, konnte auf diese in der Regel nur von den Studierenden der beiden Veranstaltungen Informatik 1 und 3 zugegriffen werden. Insgesamt wurde von den 58 Teilnehmern der beiden Veranstaltungen 404 mal auf die Dateien zugegriffen. Verteilt über die vier Monate ergab sich das in Abbildung 1 dargestellte Bild. Die niedrigen Zugriffsraten im Februar und März erklären sich dadurch, dass im Februar zunächst die zwei Prüfungswochen liegen, an die sich die vorle3
Webcast der Panel Diskussion unter: http://stellar.mit.edu/S/project/opensource/index.html
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sungsfreie Zeit anschließt. Es wurde gehäuft während der regulären Vorlesungszeit auf die Dateien zugegriffen. Dabei wurden im Januar nicht nur auf die neu hinzugekommenen Dateien aufgerufen sondern alle bis dahin verfügbaren Dateien der Veranstaltung genutzt. Da die geforderte Studienleistung in der kontinuierlichen Bearbeitung eines Weblogs bestand, war es nicht notwendig den Screencast oder Podcast zur Prüfungsvorbereitung zu nutzen. Betrachtet man die Anwesenheit der Studierenden im zeitlichen Verlauf, um zu klären, ob das Vorhandensein von Vorlesungsmitschnitten darauf einen Einfluss hat, so war diese bis auf die letzte Veranstaltung vor den Prüfungswochen annähernd konstant hoch. In diesem Szenario scheinen Vorlesungsmitschnitte keinen Einfluss auf die Anwesenheit zu haben. Dieses kann aber auch allein dadurch begründet sein, dass die beiden Veranstaltungen in den Präsenzzeiten der Studierenden an der FH lagen, und sie zudem zeitlich zwischen anderen Veranstaltungen eingebettet waren. Es konnte also direkt nichts "eingespart" werden, indem sich das Anwesenheitsverhalten änderte.
3.2 Szenario 2: Vollzeitstudium In der PC-Einführungsveranstaltung, bei der Screencasting quasi als Notfallkonzept genutzt wurde, zeigt sich in Abbildung 2, dass auch hier auf die Dateien zugegriffen wurde. Dabei wurden diese insgesamt 495 mal von den 68 Teilnehmern nachgefragt.
Zugriffe auf Screencasts 300 263 250
Anzahl
200 150
50
104
91
100 37
0 Dez 06
Jan 07
Feb 07
Mrz 07
Monat
Abb. 2
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Zugriffe auf Screencasts im Szenario 1 (Vollzeitstudium)
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Bedenkt man, dass die zur Erlangung des Scheins notwendige Hausarbeit im Februar bekannt gegeben wurde, so erklärt sich die starke Nutzung genau in diesem Zeitraum. Die Zeitpunkt der Abgabe war der 14. März, daher gibt es auch hier noch Zugriffe. Die geringe Nutzung in den ersten Semestermonaten lässt somit in der Hinsicht deuten, dass erst bei Bekanntwerden der Hausarbeit problemorientiert auf die Inhalte zugegriffen wurde. Auch bei dieser Veranstaltung, bei der keine Anwesenheitspflicht bestand, wurde die Anwesenheit mit untersucht. Dieses ist hier besonders interessant, da die Veranstaltung als erste des Tages stattfand. Ein Fernbleiben ermöglicht zumindest ein längeres Ausschlafen. Entsprechend zeigte sich ein deutlich anderer Verlauf, wie auch in Abbildung 3 dargestellt.
Anwesenheit (Monatl. Durchschnitt) 90%
82%
80% 70% Prozent
60% 47%
50% 40%
34% 28%
30% 20% 10% 0% Oktober
November
Dezember
Januar
Monat
Abb. 3
Anwesenheit (Monatlicher Durchschnitt)
Deutlich zu sehen ist, dass die Anwesenheit im Oktober während der ersten Veranstaltungen noch relativ hoch ist. Dabei ist zu bedenken, dass die Zahl der Studierenden mit entsprechenden Vorkenntnissen in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Es drängt sich die Vermutung auf, dass mit der zunehmenden Sicherheit, dass die Screencasts jederzeit zur Verfügung stehen, die Motivation zur Teilnahme an der Veranstaltung deutlich abnahm. Erst zu dem Zeitpunkt, als die Hausarbeit dann bekanntgegeben wurde, nahm die Teilnehmerzahl wieder deutlich zu. In den vorangegangenen Jahren, in denen keine Screencasts angeboten wurden, war die Anwesenheit während des Semesters annähernd konstant hoch. Es scheint als ob die Screencasts als gleichwertige Alternative zum Besuch der Veranstaltung betrachtet wurden. Ulrich Schrader
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Vergleicht man die Ergebnisse, mit denen die Hausarbeiten bewertet wurden, mit den Ergebnissen des vorangegangenen Jahres, so lässt sich mit einem WilcoxonRang-Test kein statistisch signifikanter Unterschied selbst bei einem Signifikanzniveau von 10% aufzeigen. Auch bei ergebnisorientierter Betrachtung scheint in der Nutzung der Screencasts eine Alternative zur Präsenz mit PC-Übungsraum vorzuliegen. Dieses müsste allerdings noch über eine methodisch einwandfreie Studie nachgewiesen werden. Hier bietet sich etwa ein Cross-Over-Design an, wie von Auhuber beschrieben (Auhuber, 1998).
3.3 Szenario 3: Freier Zugriff auf Screencasts und Podcasts Ab Dezember wurden einige Vorlesungen und Vorträge nach und nach frei im Internet Studierenden und Interessierten angeboten. Auf diese wurde insgesamt 274 mal zugegriffen. Hierbei lässt sich allerdings nichts über den Zugreifenden selber aussagen.
Zugriff auf Screencasts und Podcasts 160 140 140 112
Anzahl
120 100 80 60 40 20
14
8
0 Dez 06
Jan 07
Feb 07
Mrz 07
Monat
Abb. 4
Freier Zugriff auf Screencasts und Podcasts
Zunächst waren die Medien über Links auf der Homepage des Autors zu erreichen, ab Februar 2007 sind diese dann zunehmend auf einem Weblog veröffentlicht worden, da hierdurch gleichzeitig die Einbindung der MP3-Dateien über den Musikanbieter iTunes möglich war. Hierüber können Interessierte die MP3-Dateien subskribieren, so dass diese automatisch auf ihren Rechner heruntergeladen werden. In Abbildung 4 ist die Entwicklung der Zugriffszahlen dargestellt. Der Einbruch im 8
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Februar 2007 lässt sich aus der Umstellung auf den Weblog erklären, da in dem Zusammenhang auch die Verzeichnisstruktur auf dem Webserver überarbeitet wurden und eine Zeitlang die Dateien nicht korrekt verlinkt waren beziehungsweise der Weblog noch nicht ausreichend in Suchmaschinen aufgenommen war. Es scheint aber auch ein Interesse an den Screencasts und Podcasts außerhalb der Fachhochschule zu bestehen, wie die doch relativ hohen Zugriffszahlen während der vorlesungsfreien Zeit zeigen, obwohl das vorwiegend behandelte Themengebiet Pflegeinformatik (nursing informatics) sicher nicht von allgemeinem Interesse ist.
3.4 Nutzung von Screencasts und Podcasts Sowohl in Szenario 1 als auch in Szenario 3 wurden sowohl Screencasts als auch Podcasts der jeweiligen Veranstaltung angeboten. In Szenario 2 war dieses nicht sinnvoll, da hierbei vorwiegend die Bedienung von PC-Anwendungen demonstriert werden sollte. Hier schien die visuelle Information von vorrangiger Bedeutung zu sein. Es stellt sich daher in Szenario 1 und 3 die Frage, welches Medium bevorzugt wird. Dieses wird in Tabelle 2 näher untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass die Gruppe der berufsbegleitend Studierenden sich in diesem Fall deutlich von den externen Nutzern in Szenario 3, dem freien Zugriff, unterscheidet. Während die Nutzer in Szenario 1 fast nur die Screencasts nutzen und nur ca. 4% der Zugriffe auf Podcasts erfolgen, ist dieses im Falle des freien Zugangs deutlich anders. Hier erfolgen ca. 39% der Zugriffe auf den Podcast. Ein Chi-Quadrat-Test zeigt diesen Unterschied als statistisch sehr signifikant (p < 0,001). Tab. 2
Verteilung der Zugriffe auf Screencasts und Podcasts
Zugriffe auf ... Screencast Podcast Szenario 1 (berufsbegleitend) 387(96%) 17(4%) Szenario 3 (freier Zugriff) 168(61%) 106(39%) Im Falle des berufsbegleitenden Studiums handelt es sich um Studierende, die deutlich älter sind als grundständig Studierende. Sie haben zunächst einen Beruf erlernt und üben diesen jetzt bereits zum Teil in leitender Funktion aus. Es wäre zu überprüfen, ob dieser Personenkreis überhaupt ausreichend über MP3-Spieler verfügt. Beim Abspielen auf dem PC bietet aber der Screencast den Vorteil der zusätzlich angebotenen visuellen Informationen. Die Befragung bei den Studienanfängern im Studiengang Pflege - also einem wesentlich jüngeren Personenkreis - zeigte, dass dort immerhin schon 25 von 39 (64%) der Befragten über einen mobilen MP3Spieler verfügten. Ulrich Schrader
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Hinzu kommt, dass im Falle von Szenario 3, die angebotenen Screencasts und Podcasts in der Regel erst über Suchmaschinen aufgefunden werden mussten. Die Thematik der angebotenen Inhalte legt den Schluss nahe, dass es sich hierbei um einen technisch interessierten Personenkreis handeln muss, der vielleicht eher über mobile MP3-Spieler verfügt.
Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen, dass in allen drei Szenarien Vorlesungsaufzeichnungen in Form von Screencasts und Podcasts auch in technikfremden Studiengängen durch Studierende genutzt werden. Werden diese Aufzeichnungen parallel zu den Veranstaltungen angeboten und bietet die Veranstaltung selber keinen deutlichen Mehrwert, so kann dieses Angebot als Alternative zur Anwesenheit in der Veranstaltung verstanden werden (Szenario 2). Sofern Aufgaben oder Prüfungen auf den Inhalten der Screencasts oder Podcasts aufbauen, werden diese zur Vorbereitung hinzugezogen. Das Argument, dass die heutigen Studierenden nicht über die notwendige Infrastruktur verfügen, konnte in der Befragung verneint werden. Da es sich hier um ein Convenience-Sample handelt, ist aber die Übertragbarkeit fraglich und müsste eingehender untersucht werden. Zukünftig können die aufgezeichneten Vorlesungen dann in einem Vorlesungsarchiv angeboten werden und im Rahmen des ausgewiesenen Anteils des Selbststudiums in den neuen Studienabschlüssen des Bologna-Prozesses ihren Einsatz finden.
Literatur Auhuber, T. C. (1998). Entwicklung und Evaluation eines computergestützen Lernsystems in der Medizin. Frankfurt am Main: Peter Lang. Hürst, W., Waizenegger, W. (2006). An overview of different approaches for lecture casting (PDF). In Proceedings of IADIS International Conference Mobile Learning 2006 in Dublin, Ireland, July 2006. http://ad.informatik.uni-freiburg.de/ ~huerst/Publications/2006_ml.pdf Lerman, S. R., Miyagawa, S. (2002). Open Course Ware - A Case Study in Institutional Decision Making. Academe, 88(5). http://www.aaup.org/publications/ Academe/2002/02so/02soler.htm
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