Abteilung Duisburg
Seminararbeit zum Thema
Neue Rechtsprechungstendenzen zum Unternehmer- und Verbraucherschutz im Privatrecht Rechtsfragen bei Internetauktionen
Seminarleiter: Herr Prof. Dr. Budde
vorgelegt von:
Christian Tischlik
Fachbereich:
Kommunaler Verwaltungsdienst
Kurs:
K 07/02
Einstellungsbehörde:
Stadt Krefeld
Abgabedatum:
4. Februar 2009
Inhaltsverzeichnis Abkürzungen ........................................................................................ II Literaturverzeichnis ............................................................................ III 1. Einleitung .......................................................................................... 1 2. Zustandekommen von Verträgen bei Internetauktionen ............... 2 2.1 Ausgangspunkt zur rechtlichen Qualität von Internetauktionen ...................... 2 2.2 Die klassische Internetauktion ......................................................................... 2 2.3 Die umgekehrte Versteigerung ........................................................................ 5 2.4 Verbindlichkeit eines Angebotes ...................................................................... 6
3. Besondere Probleme beim Vertragsschluss .................................. 8 3.1 Bietagenten/Sniper-Software .......................................................................... 8 3.2 „Spaßbieten“ .................................................................................................... 9 3.3 Missbräuchliche Account-Nutzung ................................................................ 11
4. Widerrufsrecht ................................................................................ 12 4.1 Entstehung, Zweck und Anwendungsbereich des Widerrufsrechts .............. 12 4.2 Verbrauchereigenschaft ................................................................................ 13 4.3 Form der Widerrufsbelehrung ....................................................................... 15 4.4 Widerrufsfrist ................................................................................................. 17 4.5 Musterwiderrufsbelehrung ............................................................................. 19 4.6 Ausübung des Widerrufsrechts ..................................................................... 21
5. Fazit .................................................................................................. 21 5.1 Zusammenfassung ........................................................................................ 21 5.2 Ausblick ......................................................................................................... 22
Selbständigkeitserklärung ................................................................ 24
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Abkürzungen a. A. ABl. Abs. AG AGB Art. Aufl. B2C BGB BGB-InfoV BGBl. BGH BVerfG BVerfGE EGBGB engl. EU f., ff. FernAbsG GG ggf. HGB Hrsg. i. E. i. V. m. KG lat. LG m. krit. Anm. m. w. N. MarkenG MMR NJW NJW-RR OLG Rn. S. sog. vgl. z. B.
anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Artikel Auflage Business to Consumer (Handelsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern) Bürgerliches Gesetzbuch Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-Informationspflichten-Verordnung) Bundesgesetzblatt (I. = Teil 1) Bundesgerichtshof Bundesverfassungsgericht Amtliche Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche englisch Europäische Union folgende, fortfolgende Fernabsatzgesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Handelsgesetzbuch Herausgeber/in im Ergebnis in Verbindung mit Kammergericht lateinisch Landgericht mit kritischer Anmerkung mit weiteren Nachweisen Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz) Multimedia und Recht - Zeitschrift für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Oberlandesgericht Randnummer Seite sogenannte/r vergleiche zum Beispiel
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Literaturverzeichnis
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 1. Einleitung
1. Einleitung Der Handel im Internet gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nicht nur große kommerzielle Händler bieten per Internet Waren und Dienstleistungen an; auch Privatpersonen nehmen immer mehr die Möglichkeit wahr, ohne großen technischen und finanziellen Aufwand als Anbieter auf dem Markt aufzutreten und ihrerseits am Handel teilzunehmen. Als Plattform für den Onlinehandel haben sich Internetauktionen etabliert, weil sie zum einen kostengünstig sind und zum anderen die technischen Rahmenbedingungen vom Plattformanbieter zur Verfügung gestellt werden, so dass sich die Nutzer auf die Geschäftsabwicklung konzentrieren können. Beim Handel über das Internet treffen zahlreiche Beteiligte aufeinander, die jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen. Die Rechtsordnung ist bemüht, die Interessen der Parteien zu einem gerechten Ausgleich zu bringen und zugleich dem sich ändernden Bild der Marktteilnehmer Rechnung zu tragen. Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung zum Themenkomplex „Internetauktionen“ der letzten Jahre. Da sich die Judikatur stets an Gesetz und Recht zu halten hat, ist es bei der Betrachtung der Rechtsprechung unerlässlich, die Dynamik der Gesetzgebung mit in die Betrachtung einzubeziehen. Ferner erfährt die Rechtsprechung eine kritische Aufnahme durch die Literatur und tritt mit ihr in Wechselwirkung, so dass auch das Schrifttum berücksichtigt werden muss. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf dem verbraucherschützenden Widerrufsrecht nach §§ 312 d, 355 BGB. Insbesondere wird die Einstufung von Internetauktionen und die Frage nach der Anwendbarkeit des Widerrufsrechts bei Fernabsatzgeschäften auf Auktionen über Onlineplattformen diskutiert und es werden die hierzu vorliegenden Auffassungen in der Rechtswissenschaft der letzten Jahre beleuchtet. Diese Arbeit stellt zunächst die verschiedenen Erscheinungsformen von Internetauktionen im Vergleich zu den tradierten Vertragsformen Kauf und Versteigerung dar. Anschließend wird die neuere Rechtsprechung zu ausgewählten rechtlichen Problemen bei Internetauktionen aufgezeigt und das Spannungsverhältnis zwischen Gesetzgebung, Literaturstimmen und den Interessen der am Internethandel beteiligten Personen erläutert.
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2. Zustandekommen von Verträgen bei Internetauktionen
2. Zustandekommen von Verträgen bei Internetauktionen 2.1 Ausgangspunkt zur rechtlichen Qualität von Internetauktionen Die rechtliche Einordnung von Internetauktionen war in der Rechtsprechung lange Zeit umstritten1 und wurde in der Literatur auch noch vor wenigen Jahren diskutiert2. Um einen Ansatz zur rechtlichen Beurteilung der Vertragsform „Internetauktion“ zu finden, muss der Ablauf einer solchen Auktion näher betrachtet werden und mit der Versteigerung im Sinne des § 156 BGB verglichen werden. Charakteristisch für eine Versteigerung im traditionellen Sinne des § 156 BGB ist der Vertragsschluss durch den Zuschlag des Auktionators3. Werden keine höheren Gebote mehr abgegeben, erteilt der Auktionator dem Höchstbietenden den Zuschlag. Dieser Zuschlag ist die Willenserklärung des Auktionators, mit dem dieser das Gebot eines Bieters annimmt4. Die bloße Präsentation des Versteigerungsgegenstandes durch den Auktionator hingegen ist lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes, eine sog. invitatio ad offerendum5. Bis zum Zuschlag kann der Auktionator die Versteigerung jederzeit ohne Vertragsschluss beenden. Bei den Internetauktionen lassen sich zwei bedeutende Modelle unterscheiden, andere Systeme sind geringfügige Abwandlungen dieser oder von untergeordneter Bedeutung. Allen Erscheinungsformen ist gemein, dass der Anbieter der Auktionsplattform an den abgeschlossenen Verträgen nicht als Partei beteiligt ist, zwischen ihm und den Handelsparteien besteht ein lediglich ein Benutzungsverhältnis6 über die Funktionen der Auktionsplattform. 2.2 Die klassische Internetauktion Die klassische Internetauktion, wie sie z. B. eBay anbietet, zeichnet sich dadurch aus, dass der Verkäufer einen Startpreis sowie eine Laufzeit, die in der Regel einige Tage beträgt, festlegt. Innerhalb der Laufzeit der Auktion können potenzielle Käufer Kaufpreisangebote abgeben und damit die bisherigen Angebote anderer Interessenten überbieten. Der 1
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für eine Einstufung als Versteigerung nach §156 BGB: AG Osterholz-Scharmbeck, Urteil vom 23.8.2002, 3 C 415/02; AG Bad Hersfeld, Urteil vom 22.3.2004, 10 C 153/04; zurückhaltend: KG, Urteil vom 11.5.2001, 5 U 9586/00 = MMR 2001, 764; ablehnend: LG Hof, Urteil vom 26.4.2002, 22 S 10/02 = MMR 2002, 760; AG Itzehoe, Urteil vom 18.5.2004, 57 C 361/04 = MMR 2004, 637; LG Konstanz, Urteil vom 28.7.2004, 11 S 31/04 = MMR 2005, 54 = NJW-RR 2004, 1635 vgl. zum Meinungsstand Obergfell, MMR 2005, 495, 496 Hoeren/Müller, NJW 2005, 948, 949; Janal, JurPC Web-Dok. 4/2005, Abs. 8; Goldmann, S. 31; a. A. Obergfell, MMR 2005, 495, 498, die den besonderen Preisbildungsmechanismus einer Versteigerung betont BGH, Urteil vom 3.11.2004, VIII ZR 375/03 = MMR 2005, 37 (m. krit. Anm. Spindler) = NJW 2005, 53 Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 15; MünchKomm § 156, Rn. 4 zur näheren Einstufung siehe Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 7 ff. sowie Goldmann, S. 45 ff.
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.2 Die klassische Internetauktion
Vertragsschluss erfolgt bei Ablauf der vom Verkäufer vorgegebenen Laufzeit mit demjenigen Bieter, der bis zu diesem Zeitpunkt das höchste Gebot abgegeben hat. Hier ist also der Zeitablauf ein für den Vertragsschluss entscheidendes Element, einer weiteren Willenserklärung des Anbieters bedarf es im Gegensatz zur klassischen Versteigerung nach § 156 BGB nicht. Aufgrund dieser Unterschiede sei nach Auffassung des BGH eine Internetauktion in der Regel keine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB, so dass auch hier ein Widerrufsrecht für den Verbraucher bestehe und nicht nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen sei7. Zudem sei der Ausschluss des Widerrufsrechts bei Versteigerungen eine Ausnahmevorschrift und müsse daher nach dem Grundsatz singularia non sunt extenda restriktiv ausgelegt werden. Die Ansicht des BGH ist indes nicht zwingend. Der Begriff „Versteigerung“ wird durch die Vorschrift des § 156 BGB nicht definiert. Diese „bildet lediglich den Regelfall einer Versteigerung ab, lässt aber auch andere Gestaltungen der Versteigerung zu“8. Daher ist ein Verständnis dieses Begriffes im Sinne der klassischen Versteigerung mit einem Zuschlag durch einen Auktionator in Gegenwart der Bietenden nicht die einzig mögliche Auslegung. Vielmehr kann der Begriff auch in einem weiten Sinne verstanden werden, der auch die klassische Internetauktion einbezieht9. Insbesondere ist zu beachten, dass es sich bei § 156 BGB um dispositives Recht handelt. Dem Versteigerer steht es offen, bereits zu Beginn der Versteigerung die Annahme des höchsten Angebotes zu erklären und sich damit seines Rechtes auf Abbruch der Versteigerung ohne Zuschlag zu begeben10. Auch in methodischer Hinsicht wurde die Entscheidung des BGH in der Literatur kritisiert. Insbesondere bei dem historischen Auslegungsansatz wurde dem BGH vorgehalten, „die Gesetzesmaterialien nicht vollständig auszuwerten, sondern selektiv auf die seine Ansicht stützenden Aussagen zurückzugreifen“11. So habe der BGH nicht berücksichtigt, dass der Rechtsausschuss im Gesetzgebungsverfahren zum Fernabsatzgesetz12 zwischen „echten“ Versteigerungen und Verkäufen gegen Höchstgebot unterschieden hat. „Echte“ Versteige-
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BGH, Urteil vom 3.11.2004, VIII ZR 375/03 = MMR 2005, 37 = NJW 2005, 53; noch offen gelassen im Urteil vom 7.11.2001, VIII ZR 13/01 = MMR 2002, 95 = NJW 2002, 363 Obergfell, MMR 2005, 495, 498 a. A. Hoeren/Müller, NJW 2005, 948, 949 BGH, Urteil vom 24.4.1998, V ZR 197/97 = NJW 1998, 2350; Kramer in: MünchKomm, § 156, Rn. 7 Goldmann, S. 105 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/3195, S. 30
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.2 Die klassische Internetauktion
rungen im Internet seien demnach solche, bei denen durch das Auktionsende verbindlich ein Vertragsschluss herbeigeführt werde13. Des weiteren sei laut in der Literatur vertretenen Stimmen der teleologischen Auslegung des BGH nicht zu folgen, nach welcher der Verbraucher wie bei anderen Fernabsatzformen ein Schutzbedürfnis habe, weil er die Ware nicht persönlich prüfen könne, und diesem auch keine schutzwürdigen Interessen des Unternehmers oder der Auktionsplattform entgegenstünden14. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Bieter bei einer „Live-Auktion“ per Videokonferenz kein Widerrufsrecht haben soll, obwohl auch er die Ware nicht persönlich prüfen kann. Zudem konterkariere ein Widerrufsrecht das Wesen der Auktion als spekulatives Geschäft und zerstöre den Preisfindungsmechanismus15. Ferner sei zu beachten, dass schon das Widerrufsrecht selbst eine Ausnahme vom Grundsatz pacta sunt servanda darstellt, so dass Ausnahmen von der Ausnahme eher weit ausgelegt werden müssten16. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH angesichts der durchaus gewichtigen Gegenstimmen an seiner Rechtsprechung festhalten wird. Da die Frage nach dem Auktionscharakter für die Instanzgerichte jedoch nunmehr geklärt erscheint, wird eine große Hürde die Zulassung der Revision in einem ähnlichen Fall sein, damit sich der BGH dann mit den Meinungen im Schrifttum auseinandersetzen kann. Im Urteil vom 3.11.2004 ist der BGH nicht auf die bisherige Rechtsprechung der Instanzgerichte und die Diskussion in der Literatur eingegangen, was ihm umgehend vorgeworfen wurde17. Auch wird abzuwarten sein, wie sich die Rechtsprechung zu abgewandelten Formen der klassischen Internetauktion entwickelt. So endet beispielsweise eine Versteigerung der Zollverwaltung fünf Minuten nach Abgabe des letzten Gebotes durch Zuschlag18. Zwar behält sich der Zoll vor, keinen Zuschlag zu erteilen, der Zuschlag wird jedoch in aller Regel ebenso automatisiert erfolgen wie dies bei bei anderen Internetauktionen nach Ablauf der Laufzeit geschieht19. 13 14 15 16 17 18 19
Spindler, MMR 2005, 40, 41; Obergfell, MMR 2005, 495, 498; Janal, JurPC Web-Dok. 4/2005, Abs. 8; a. A. Hoeren/Müller, NJW 2005, 948, 949 Spindler, MMR 2005, 40, 42; Obergfell, MMR 2005, 495, 499; Janal, JurPC Web-Dok. 4/2005, Abs. 8; a. A. Hoeren/Müller, NJW 2005, 948, 949 Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Rn. 76; a. A. Krois/Naber, BLJ 2007, 77, 80 vgl. Krois/Naber, BLJ 2007, 77, 78 Spindler, MMR 2005, 40, 41; Emmerich, JuS 2005, 175, 177 § 3 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 der Versteigerungsbedingungen für Zoll-Auktion, http://www.zollauktion.de/auktion/contents.php?show=terms, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 Janal, JurPC Web-Dok. 4/2005, Abs. 15
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.3 Die umgekehrte Versteigerung
2.3 Die umgekehrte Versteigerung Eine andere Erscheinungsform von Internetauktionen ist die umgekehrte Versteigerung. Bei dieser Variante, die auch Rückwärtsversteigerung oder „holländische Auktion“ genannt wird, gibt der Verkäufer neben der Laufzeit der Auktion einen Minimal- und einen Maximalpreis vor. Über die Dauer der Laufzeit reduziert sich der Preis des angebotenen Gutes linear und schrittweise vom Maximum zum Minimum. Ein interessierter Käufer kann jederzeit seinen Kaufwunsch äußern, damit den Vertrag zum aktuellen Preis schließen und die Auktion beenden. Wartet ein potenzieller Käufer auf einen geringeren Preis, erhöht sich für ihn das Risiko, dass ihm ein anderer Käufer zuvorkommt. Ein gegenseitiges Überbieten erfolgt jedoch nicht, allenfalls kann ein „Wettbewerb“ darin gesehen werden, dass sich interessierte Personen mit sinkendem Preis zunehmend dem Wagnis aussetzen, den rechtzeitigen Vertragsschluss zu verpassen. Dieses Modell findet sich z. B. bei den Portalen hood.de und Azubo.de. Die umgekehrte Versteigerung unterscheidet sich schon sprachlich von einer „Versteigerung“ und einer „Auktion“ (von lat. augere = vermehren, vergrößern, erhöhen)20. Aber es bestehen dennoch Parallelen zur Versteigerung im Sinne des § 156 BGB. Beiden Vorgängen ist gemein, dass der Vertrag durch eine Willenserklärung zustande kommt und nicht durch Zeitablauf. Bei der klassischen Versteigerung erteilt der Auktionator den Zuschlag, bei der umgekehrten Versteigerung im Internet erklärt der Käufer die Annahme des vom Verkäufer abgegebenen Angebotes. Die Rollenverteilung verhält sich somit spiegelbildlich zur klassischen Versteigerung. Aber es überwiegen die Ähnlichkeiten mit einem konventionellen Kaufvertrag. Sowohl bei diesem als auch bei der umgekehrten Versteigerung bestimmt der Verkäufer Kaufsache und Kaufpreis, Interessierte können dieses Angebot annehmen und so den Vertragsschluss herbeiführen. Die Besonderheit der umgekehrten Versteigerung ist zwar die automatische Reduzierung des Kaufpreises durch fortschreitenden Zeitablauf, jedoch wird auch bei konventionellen Verkäufen der Anbieter eine Senkung des Kaufpreises erwägen, wenn sich für sein Angebot nach einiger Zeit kein Käufer findet. Die umgekehrte Versteigerung weist also sowohl Elemente einer traditionellen Versteigerung als auch eines klassischen Kaufvertrages auf. Wohl wegen der geringeren Verbrei20
vgl. Goldmann, S 32 f.
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.3 Die umgekehrte Versteigerung
tung dieses Modells ist die genaue rechtliche Einstufung derzeit gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Höchstrichterlich entschieden ist bislang lediglich die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit umgekehrter Versteigerungen21. Der Vergleich der klassischen Internetauktion mit der umgekehrten Versteigerung zeigt, dass die erstgenannte Form wegen der besonderen Preisbildung und des spekulativen Charakters eher der Versteigerung nach § 156 BGB ähnelt, während bei der holländischen Auktion die Elemente eines Kaufvertrages dominieren, weil ihr insbesondere der direkte Wettbewerb der Bieter fehlt. Legt man dem Versteigerungsbegriff nach § 156 BGB ein weites Verständnis zugrunde, so umfasst dieser die klassische Internetauktion, nicht aber die umgekehrte Versteigerung22. Im folgenden werden daher ausschließlich rechtliche Probleme bei klassischen Internetauktionen erörtert. 2.4 Verbindlichkeit eines Angebotes Während bei einer konventionellen Versteigerung der Auktionator diese bis zur Erteilung des Zuschlages jederzeit ohne Vertragsschluss abbrechen kann, bindet sich der Anbieter eines Artikels bei einer Internetauktion in der Regel bereits mit Freischaltung seines Angebotes23. Es ist ihm grundsätzlich nicht möglich, die Auktion vorzeitig zu beenden, selbst dann nicht, wenn der Plattformanbieter die Löschung eines Angebotes in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässt24. Bei der rechtlichen Beurteilung einer Auktionseröffnung sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Plattformanbieters jedoch zumindest als Auslegungshilfe heranzuziehen25. Während eBay in seinen AGB von einem verbindlichen Angebot ausgeht26, wertet hood.de die Auktionseröffnung nur als Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes27.
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25 26 27
BGH, Urteil vom 13.3.2003, I ZR 212/00 = MMR 2003, 465 = NJW 2003, 2096 (unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung); BGH, Urteil vom 13.11.2003, I ZR 141/02 = MMR 2004, 162 = NJW 2004, 854 für eine Anwendung des § 156 BGB auf klassische Internetauktionen auch Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 18 LG Berlin, Urteil vom 20.7.2004, 4 O 293/04 = NJW 2004, 2831 AG Menden, Urteil vom 10.11.2003, 4 C 183/03 = MMR 2004, 502 = NJW 2004, 1329; LG Coburg, Urteil vom 6.7.2004, 22 O 43/04 = MMR 2005, 330; LG Berlin, Urteil vom 20.7.2004, 4 O 293/04 = NJW 2004, 2831; KG, Beschluss vom 25.1.2005, 17 U 72/04 = MMR 2005, 709 = NJW 2005, 1053; OLG Oldenburg, Urteil vom 28.7.2005, 8 U 93/05 = MMR 2005, 766 = NJW 2005, 2556 BGH, Urteil vom 7.11.2001, VIII ZR 13/01 = MMR 2002, 95 = NJW 2002, 363 § 10 Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBayWebsites, http://pages.ebay.de/help/policies/user-agreement.html?_trksid=m40, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 § 4 Abs. 1 der Allgemeinen Nutzungsbedingungen für das Handeln auf der Handelsplattform hood.de, http://www.hood.de/nutzungsbedingungen.cfm, zuletzt abgerufen am 28.1.2009
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.4 Verbindlichkeit eines Angebotes
Die AGB des Plattformanbieters, die Auktionsersteller und Bieter bei ihrer Anmeldung auf der Auktionsplattform akzeptiert haben, sind also entscheidend für die Verbindlichkeit des eingestellten Angebotes. Aufgrund der AGB ergibt sich für beide Teilnehmer ein objektiver Empfängerhorizont, der maßgeblich für die Auslegung der jeweiligen Willenserklärung ist28. Die Frage der Verbindlichkeit eines vom Anbietenden erstellten Angebotes lässt sich daher nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der AGB des Plattformanbieters beantworten. Der BGH greift jedoch dann nicht auf die AGB des Plattformanbieters zurück, wenn sich der Bindungswille des Angebotserstellers bereits aus einer bei der Erstellung abgegebenen individuellen Willenserklärung ergibt29. Ergibt sich durch Rückgriff auf die AGB des Plattformanbieters oder aus anderen Umständen, dass das Erstellen eines Angebotes grundsätzlich verbindlich ist, so kann der Ersteller diese Bindung dennoch durch ausdrückliche Hinweise wie „Achtung, dies ist vorerst eine Umfrage! Nicht bieten!“ ausschließen30. Derartige individuelle Erklärungen verdrängen die durch die AGB des Plattformanbieters vorgegebene Verbindlichkeit des Angebotes. Zwischen den an der Versteigerung Beteiligten ist es dabei ohne Belang, dass sich der Anbietende nicht an die AGB des Plattformbetreibers gehalten hat31. Von einem verbindlichen Angebot kann sich der Auktionsersteller in der Regel nur durch eine wirksame Anfechtung wegen Irrtums lösen. Eine unvollständige Artikelbeschreibung, die durch einfache Reparaturen behebbare Mängel verschweigt, rechtfertigt jedoch keine Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums, weil es sich bei geringen Mängeln nicht um verkehrswesentliche Eigenschaften handelt32. Stellt ein Anbieter einen Artikel in eine Internetauktion zu einem Startpreis von 1,00 EUR ein und eröffnet zugleich die Option, den Artikel sofort zum Preis von 60.000,00 EUR zu kaufen, so ist das Rechtsgeschäft nicht wegen Wuchers oder Sittenwidrigkeit nichtig und auch nicht wegen Irrtums anfechtbar, wenn die Auktion mit einem Höchstgebot von 51,00 EUR endet33. Der Anbieter hat es selbst in der Hand, durch einen entsprechenden Startpreis einen Verkauf weit unter dem tatsächlichen Wert zu vermeiden. 28 29 30 31 32 33
OLG Hamm, Urteil vom 14.12.2000, 2 U 58/00 = MMR 2001, 105 = NJW 2001, 1142; LG Coburg, Urteil vom 6.7.2004, 22 O 43/04 = MMR 2005, 330; OLG Oldenburg, Urteil vom 28.7.2005, 8 U 93/05 = MMR 2005, 766 = NJW 2005, 2556 BGH, Urteil vom 7.11.2001, VIII ZR 13/01 = MMR 2002, 95 = NJW 2002, 363 LG Darmstadt, Urteil vom 24.1.2002, 3 O 289/01 = NJW-RR 2002, 1139 AG Kerpen, Urteil vom 25.5.2001, 21 C 53/01 = MMR 2001, 711 = NJW 2001, 3274 OLG Oldenburg, Urteil vom 28.7.2005, 8 U 93/05 = MMR 2005, 766 = NJW 2005, 2556 OLG Köln, Urteil vom 8.12.2006, 19 U 109/06 = MMR 2007, 446
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 2.4 Verbindlichkeit eines Angebotes
Ein sehr niedriger Startpreis ist auch nicht ohne weiteres ein Indiz dafür, dass es sich bei der angebotenen Ware um Diebesgut handelt, weil ein solcher auch deswegen eingestellt werden kann, um Verkaufsgebühren zu sparen oder durch einen attraktiven Startpreis einen größeren Bieterkreis zu erreichen34. Jedoch sind bei einem Handel mit gestohlenen Waren sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft nach § 134 BGB nichtig35, unabhängig davon, ob der Bieter erkennen konnte, dass es sich bei dem Artikel um Diebesgut handelte.
3. Besondere Probleme beim Vertragsschluss 3.1 Bietagenten/Sniper-Software Bietagenten sind Programme, die die Teilnahme an Internetauktionen erleichtern, indem sie innerhalb eines vom Verwender vorgegebenen Rahmens automatisch Gebote abgeben. Ein Bietagent erhöht das Gebot um den kleinsten notwendigen Betrag, um bei einer Internetauktion die anderen Gebote zu überbieten. Hat der Bietagent das vorgegebene Limit ausgeschöpft und kann somit kein höheres Gebot abgeben, wird der Verwender hierüber informiert. Viele Internetauktionshäuser wie z. B. eBay oder hood.de stellen selbst Bietagenten zur Verfügung. Auch durch den Einsatz von Bietagenten kommen wirksame Verträge zustande36. Die Verwendung und Einrichtung des Bietagenten geht auf den menschlichen Willen des Benutzers zurück, der Bietagent puffert sozusagen einen Vorrat von Willenserklärungen seines Verwenders und gibt diese nur nach Bedarf ab. Ein vom Bietagenten abgegebenes Gebot ist daher dem Benutzer zuzurechnen37. Wenn mehrere Personen bei einer Internetauktion einen Bietagenten einsetzten, so kann es bereits früh zu einem gegenseitigen Überbieten kommen, so dass hohe Gebote gesetzt werden müssen. Sniper-Software (von engl. sniper = Scharfschütze, Heckenschütze) kann hingegen im letzten Moment vor Ablauf der Auktion ein vom Benutzer vorgegebenes Gebot abgeben38. Um das Gebot möglichst dicht am Auktionsende platzieren zu können, ermittelt
34 35 36 37 38
LG Karlsruhe, Urteil vom 28.9.2007, Ns 84 Js 5040/07 = MMR 2007, 796 = NJW-Spezial 2008, 26 vgl. Armbrüster in: MünchKomm, § 134, Rn. 8 f. AG Hannover, Urteil vom 7.9.2001, 501 C 1510/01 = MMR 2002, 262 = NJW-RR 2002, 131; Kitz in: Hoeren/Sieber, Teil 13.1, Rn. 27 f.; Hoeren, S. 292 vgl. Hoeren, S. 296 f. vgl. Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 112
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 3.1 Bietagenten/Sniper-Software
die Sniper-Software die Zeit, die zwischen Abgabe des Gebotes und der Reaktion des Plattformservers vergeht und kalkuliert diese bei der Gebotsabgabe ein39. Der Einsatz von Sniper-Programmen ist in zwei Varianten möglich. Zum einen bestehen externe Lösungen, bei denen der Anbieter der Sniper-Software das Gebot von seinem Server aus abgibt. Bei der internen Variante läuft das Sniper-Programm auf dem Rechner des Bieters ab. Gegen den Einsatz von Sniper-Software wurden wettbewerbsrechtliche Bedenken erhoben, weil durch den Einsatz solcher Programme andere Bieter den Eindruck gewinnen könnten, ohne derartige Unterstützung keine Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme an Internetauktionen zu haben40. Ferner provoziere das Anbieten von Sniper-Programmen einen Vertragsbruch der Nutzer, wenn das Internetauktionshaus die Verwendung solcher Software untersagt hat41. Andere Stimmen verneinen die Wettbewerbswidrigkeit von Sniper-Software und begründen dies damit, dass die AGB, die den Einsatz dieser Programme verbieten, nur eine Nebenpflicht aufstellen und das Programm sich nicht von einem weisungsgebundenen Strohmann bei einer echten Versteigerung unterscheide42. Um dem Einsatz von Sniper-Software beim Bieten zu begegnen, untersagen einige Plattformanbieter die Verwendung dieser Programme43. Die Auktionsplattform AuVito verlängert bei Geboten kurz vor Ablauf der Auktion deren Laufzeit, um so die Verwendung von Sniper-Software zu unterbinden44. 3.2 „Spaßbieten“ Unter einem Spaßbieter versteht man eine Person, die auf Internetauktionen bietet, obwohl sie kein Interesse an der Ersteigerung der Sache hat45. Zum einen ist denkbar, dass ein Spaßbieter schlicht aus Freude am Schabernack bietet und in Wirklichkeit gar kein binden39 40 41 42 43
44 45
vgl. Goldmann, S. 12 LG Hamburg, Urteil vom 27.2.2003, 315 O 624/02 LG Hamburg, Urteil vom 16.7.2002, 312 O 271/02 = MMR 2002, 755 LG Berlin, Urteil vom 11.2.2003, 15 O 704/02; Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 114 f. § 10 Nr. 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Websites, http://pages.ebay.de/help/policies/user-agreement.html?_trksid=m40, zuletzt abgerufen am 28.1.2009; § 11 Nr. 1 Abs. 2 Satz 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz AGB) für die Nutzung von Ameros Auktionshaus, http://www.ameros.de//hilfe/index.php?sid=2585&lang=de&action=artikel&cat=351489&id=10&artlang=de, zuletzt abgerufen am 28.1.2009. Hood.de und auXion untersagen die Verwendung von Sniper-Software hingegen nicht. § 11 Nr. 8 der AuVito-AGB, http://www.auvito.de/helpid_74/agb/hilfe.html, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 Klees, MMR 2007, 275 unter Bezug auf die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spa%C3%9Fbieter&oldid=53289210 (aktueller Stand: 22.11.2008)
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 3.2 „Spaßbieten“
des Gebot abgeben will. Dieser geheime Vorbehalt ist jedoch nach § 116 Abs. 1 BGB unbeachtlich, seine Erklärung muss der Spaßbieter gegen sich gelten lassen. Geht der Bieter davon aus, dass der Auktionsersteller den Scherz erkennen werde, so liegt eine nach § 118 BGB nichtige Willenserklärung vor. Wenn ein Bieter ein Gebot zunächst bewusst und gewollt abgegeben hat, ihm später jedoch Bedenken kommen, so gilt auch diese Willenserklärung. Jedoch hat er im Rahmen seines Widerrufsrechtes (siehe dazu unten Kapitel 4) die Möglichkeit, sich von seiner Willenserklärung wieder zu lösen46. Spaßbieter, die das Höchstgebot abgegeben haben, reagieren häufig nach Auktionsende nicht auf Anfragen des Verkäufers. Die Schwierigkeit des Verkäufers besteht darin, die wirkliche Person hinter dem Mitgliedsaccount festzustellen, da in der Regel das Auktionshaus die Anmeldedaten nicht überprüft47. Selbst wenn die bei der Anmeldung hinterlegten Daten tatsächlich die Identität des Bieters wiedergeben, so kann sich der Spaßbieter seiner Verantwortung durch bloßes Bestreiten der Gebotsabgabe entziehen48. Da der Verkäufer zu beweisen hat, dass der Inhaber des Accounts das Gebot abgegeben49 hat und ihm dieser Beweis praktisch nicht gelingen wird, steht er dem Risiko von Spaßbietern nahezu schutzlos gegenüber. Dann schließt sich für ihn an das Auktionsende eine Zeit der Rechtsunsicherheit an, während der er die Ware nicht umgehend erneut in eine Auktion einstellen kann, bis er Gewissheit über die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes hat. Aus der überwiegend bieterfreundlichen Rechtsprechung sticht eine Entscheidung des AG Bremen hervor, nach der sich der Auktionsersteller gegenüber Spaßbietern durch eine Vertragsstrafe absichern könne50. Der Entscheidung lag zugrunde, dass der Anbieter Spaßbietern mit seinem Anwalt drohte und eine Vertragsstrafe in Höhe von 30% des Höchstgebotes in Aussicht stellte. Der Accountinhaber könne sich nicht dagegen wehren, wenn er vorträgt, sein Bruder habe ohne sein Wissen geboten. Nach Auffassung des Gerichtes hätte das Mitglied Sorge dafür tragen müssen, dass Unbefugte seinen Zugang nicht 46 47
48 49 50
einschränkend Becker/Föhlisch, NJW 2005, 3377, 3379, die bei evidenter Schädigungsabsicht eine Verwirkung des Widerrufsrechts fordern vgl. z. B. § 10 Nr. 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBayWebsites, http://pages.ebay.de/help/policies/user-agreement.html?_trksid=m40, zuletzt abgerufen am 28.1.2009; § 1 Abs. 5 der Allgemeinen Nutzungsbedingungen für das Handeln auf der Handelsplattform hood.de, http://www.hood.de/nutzungsbedingungen.cfm, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 Klees, MMR 2007, 275, 277 LG Bonn, Urteil vom 19.12.2003, 2 O 472/03 = MMR 2004, 179 (m. krit. Anm. Mankowski); OLG Köln, Urteil vom 13.1.2006, 19 U 120/05 = MMR 2006, 321 = NJW 2006, 1676 AG Bremen, Urteil vom 20.10.2005, 16 C 168/05 = NJW 2006, 518
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 3.2 „Spaßbieten“
benutzen können. Unter Rechtsscheingesichtspunkten müsse es daher für seinen Bruder haften und die Vertragsstrafe zahlen. Dieser Entscheidung haben sich andere Gerichte bisher nicht angeschlossen. Insbesondere ist bei dem entschiedenen Fall zu beachten, dass kein Nachweis geführt werden konnte, dass die Vertragsstrafenklausel mehrfach vom Anbieter verwendet wurde. Würde eine solche Klausel mehrfach oder gar regelmäßig benutzt, so unterfiele sie der AGB-Kontrolle nach § 309 Nr. 6 BGB51. Zudem können gewerbliche Händler solche Klauseln nicht verwenden. Bei B2C-Geschäften steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, das nicht durch eine Vertragsstrafe ausgehöhlt werden kann. 3.3 Missbräuchliche Account-Nutzung Bei einem Missbrauch der Zugangsdaten durch Unbefugte ist fraglich, inwieweit dem Accountinhaber dieser Missbrauch zuzurechnen ist. Beim Account-Missbrauch lassen sich zwei Konstellationen unterscheiden. Zum einen kann der Inhaber einer anderen Person die Zugangsdaten überlassen, die dann jedoch ohne Wissen des Inhabers bei Auktionen mitbietet, zum anderen ist denkbar, dass sich eine fremde Person ohne Wissen des Inhabers dieser Daten bemächtigt. Wenn eine andere Person unter dem Account eines Mitgliedes erfolgreich bei einer Auktion mitbietet, stellt sich die Frage, ob das angemeldete Mitglied oder aber der tatsächlich Bietende Vertragspartei geworden ist. Diese Frage ist nach den Grundsätzen des Handelns unter fremdem Namen zu beantworten52. Bietet eine andere Person als das tatsächliche Mitglied unter dessen Account, so liegt nicht lediglich eine Namenstäuschung, sondern eine Identitätstäuschung vor. Der Bieter handelt nicht in fremdem Namen, sondern unter fremdem Namen53. Demnach finden die Vorschriften der §§ 164 ff. BGB entsprechende Anwendung. Durch das Gebot des Unberechtigten kommt ein Geschäft zwischen dem tatsächlichen Accountinhaber und dem Auktionsersteller zustande, das jedoch wegen der fehlenden Vertretungsmacht des Bieters schwebend unwirksam ist. Es wird erst dann wirksam, wenn der Accountinhaber es nach §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt. 51 52 53
vgl. Kieninger in: MünchKomm, § 309 Nr. 6 Rn. 2 Hoeren, S. 297 LG Bonn, Urteil vom 19.12.2003, 2 O 472/03 = MMR 2004, 179 (m. krit. Anm. Mankowski); OLG München, Urteil vom 5.2.2004, 19 U 5114/03 = MMR 2004, 625 = NJW 2004, 1328; LG Köln, Urteil vom 27.10.2005, 8 O 15/05; OLG Köln, Urteil vom 13.1.2006, 19 U 120/05 = MMR 2006, 321 = NJW 2006, 1676
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 3.3 Missbräuchliche Account-Nutzung
Bislang haben die Gerichte es abgelehnt, dem Mitglied die Verantwortung und damit die Haftung für seine Zugangsdaten zuzuschreiben. Demnach kommt eine zu Lasten des Mitglieds gehende Beweislastverteilung durch einen Anscheinsbeweis nicht in Betracht. Dieser
Anscheinsbeweis
müsste
einen
typischen
Geschehensablauf
voraussetzen,
demzufolge eine unter einem passwortgeschützen Account abgegebene Willenserklärung auch regelmäßig vom tatsächlichen Inhaber stammt. Im Hinblick auf die noch unzureichenden Sicherheitsstandards von Passwörtern im Internet sei ein solcher Anscheinsbeweis abzulehnen54.
4. Widerrufsrecht 4.1 Entstehung, Zweck und Anwendungsbereich des Widerrufsrechts Durch die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz55 (Fernabsatzrichtlinie) wurden den Mitgliedsstaaten der EU Vorgaben gemacht, bei Geschäften im Fernabsatz verbraucherschützende Regeln vorzusehen. Der europäische Normgeber ging davon aus, dass sich der Verbraucher dem Unternehmer gegenüber in einer wirtschaftlich schwächeren Position befindet und daher eines besonderen Schutzes bedarf. Insbesondere sollte der Verbraucher vor aggressiven Verkaufsmethoden geschützt werden und die zur Einschätzung der Bedeutung eines Fernabsatzvertrages notwendigen Informationen erhalten56. Die Vorgaben der Richtlinie wurden durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.6.200057 (FernAbsG) in nationales Recht umgesetzt. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.200158 wurden die Regelungen des FernAbsG in das BGB überführt.
54 55 56 57 58
LG Bonn, Urteil vom 19.12.2003, 2 O 472/03 = MMR 2004, 179; LG Köln, Urteil vom 27.10.2005, 8 O 15/05; OLG Köln, Urteil vom 13.1.2006, 19 U 120/05 = MMR 2006, 321 = NJW 2006, 1676; OLG Hamm, Urteil vom 16.11.2006, 28 U 84/06 = MMR 2007, 449 = NJW 2007, 611 ABl. Nr. L 144 S. 19 vgl. Erwägungsgründe Nr. 5, 11, 12, 13 und 19 der Fernabsatz-RL BGBl. I S. 897 BGBl. I S. 3138
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.1 Entstehung, Zweck und Anwendungsbereich des Widerrufsrechts
Zusammen mit den Bestimmungen der BGB-Informationspflichten-Verordnung59 (BGB-InfoV) werden Unternehmern bei Fernabsatzgeschäften umfassende Aufklärungspflichten auferlegt, während Verbrauchern ein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen eingeräumt wird. Der Begriff des Fernabsatzvertrages wird in § 312 b Abs. 1 Satz 1 BGB legaldefiniert. Entscheidend für das Vorliegen eines solchen Fernabsatzvertrages ist zum einen die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und zum anderen der Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Somit finden die Bestimmungen über das Widerrufsrecht nur bei B2C-Geschäften Anwendung. 4.2 Verbrauchereigenschaft Wer Verbraucher und wer Unternehmer ist, wird in den §§ 13, 14 BGB bestimmt. Da von der jeweiligen Einstufung einer an einem Fernabsatzvertrag beteiligten Partei weitreichende Rechte und Pflichten abhängen, gibt es immer wieder Auseinandersetzungen, die einer gerichtlichen Entscheidung bedürfen. Die Unterscheidung erfolgt zumeist über die (ggf. negative) Feststellung der Unternehmereigenschaft. Zur Abgrenzung zwischen Verbraucher und Unternehmer hat sich eine instanzgerichtliche Kasuistik herausgebildet, die alles andere als einheitlich ist60. Insbesondere wird um die Voraussetzung „gewerbliche Tätigkeit“ gestritten. § 14 BGB definiert diesen Begriff selbst nicht, zum Verständnis kann aber auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 1 HGB zurückgegriffen werden61. Einigkeit besteht in der Judikatur und dem Schrifttum darüber, dass für die Einstufung eines Marktteilnehmers als Unternehmer in Sinne des § 14 BGB eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalles erforderlich ist62. Hierzu sind Indizien heranzuziehen, aus denen ein Gesamtbild zu gewinnen ist63. Indizien, die auf eine Unternehmereigenschaft hindeuten können, sind insbesondere Anzahl und Häufigkeit der bereits abgewickelten Geschäfte, Anzahl der von Käufern abgegeben Bewertungen, Art der angebotenen Ware (gebraucht oder neu, gleichartige oder verschiedene Artikel), Höhe des Umsatzes, professionelle Gestaltung der Internetseite, 59 60 61 62 63
zurzeit aktuell in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.2002 (BGBl. I S. 3002), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2069) vgl. Rohlfing, MMR 2006, 271 m. w. N.; Obex in: Hoeren/Müller, MMR-Beil. 2008, Heft 7, S. 17 Micklitz in: MünchKomm, § 14, Rn. 18; Rohlfing, MMR 2006, 271, 273 OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.6.2007, 4 U 210/06; Obergfell, MMR 2005, 495, 499; Micklitz in: MünchKomm, § 14, Rn. 28 OLG Hamburg, Beschluss vom 27.2.2007, 5 W 7/07, kritisch hierzu Rohlfing, MMR 2006, 271 passim
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.2 Verbrauchereigenschaft
Werbeaussagen, die Verwendung eigener AGB sowie das Betreiben eines „Shops“ auf der Auktionsplattform64. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für die Unternehmereigenschaft jedoch nach überwiegender Ansicht nicht erforderlich65. Für eine Unternehmereigenschaft spricht insbesondere, wenn der Auktionsersteller auf der Plattform eBay als sog. „Powerseller“ geführt wird. Die Anmeldung als „Powerseller“ setzt neben einer gewissen geschäftlichen Erfahrung und monatlichen Mindestumsätzen unter anderem auch voraus, dass das Mitglied sich zuvor als gewerblicher Anbieter registriert hat66. Der Status „Powerseller“ führt zu einer Beweislastumkehr, so dass die Unternehmereigenschaft des Anbieters vermutet wird und er beweisen muss, dass er nicht als Unternehmer handelt67. Für eine Beurteilung als Unternehmer ist die Registrierung als „Powerseller“ jedoch nicht notwendig68. Umgekehrt ist es aber auch möglich, über ein als „Powerseller“ eingerichtetes Mitgliedskonto rein private Verkäufe abzuwickeln. Es genügt jedoch nicht, lediglich einen Hinweis wie „dies ist ein privater Verkauf“ in die Angebotsbeschreibung aufzunehmen69. Wenn auch bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft eine Gesamtschau erforderlich ist, so wird als wichtiges Indiz regelmäßig die Anzahl der bisher abgeschlossenen Auktionen als Verkäufer herangezogen. Insbesondere bei diesem Aspekt ergibt die Betrachtung der Rechtsprechung ein äußerst diffuses Bild. Verkauft ein Student eine Vielzahl von Studienunterlagen, Literatur sowie ein Notebook über ein Internetauktionsportal, so handele er nach Auffassung des LG Hof nicht planvoll und damit nicht gewerblich, weil gerade bei jüngeren Personen der Handel über das Internet weit verbreitet sei70.
64 65
66 67 68 69 70
a. A. Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586, 2588, die bei Einrichtung eines „Shops“ stets die Unternehmereingenschaft bejahen, weil ein virtueller Shop mit einem realen Ladengeschäft vergleichbar sei und ein Ladenverkäufer sich nicht darauf berufen könne, kein Unternehmer zu sein. OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.7.2004, 6 W 54/04; LG Mainz, Urteil vom 6.7.2005, 3 O 184/04 = MMR 2006, 51 = NJW 2006, 783; BGH, Urteil vom 29.3.2006, VIII ZR 173/05 = NJW 2006, 2250; Rohlfing, MMR 2006, 271, 273; Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007, Abs. 5; Hütte/Helbron, Rn. 972; a. A. LG Coburg, Urteil vom 19.10.2006, 1 HK O 32/06 = MMR 2007, 399; Schmidt, Rn. 564 eBay-Powerseller-Portal, http://powerseller.ebay.de/pub/criteria, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 4.7.2007, 6 W 66/07; OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.6.2007, 4 U 210/06 OLG Koblenz, Beschluss vom 17.10.2005, 5 U 1145/05 = MMR 2006, 236 = NJW 2006, 1438; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.3.2007, 6 W 27/07; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 4.7.2007, 6 W 66/07 OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 7.4.2005, 6 U 149/04 = MMR 2005, 458 = NJW 2005, 3361 LG Hof, Urteil vom 29.8.2003, 22 S 28/03
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.2 Verbrauchereigenschaft
Strenger entschied das LG Berlin im Falle einer Mutter von vier Kindern, die über eBay Kinderbekleidung verkaufte71. Ausschlaggebend war für das Gericht, dass rund ein Drittel der angebotenen Bekleidung Neuware war und die Mutter über das Auktionshaus auch Kinderbekleidung einkaufte, die sie wenige Monate später wieder zu einem höheren Preis verkaufte. Daher sei sie als Unternehmerin anzusehen. Dem LG Hanau genügten zur Annahme der Unternehmereigenschaft bereits 25 erhaltene Bewertungen als Verkäufer innerhalb von zwei Monaten, wenn der Anbieter neuwertige Artikel ankauft, um sie anschließend über Internetauktionen gewinnbringend wieder zu veräußern72. Da nicht jeder Bieter im Anschluss an eine Onlineauktion eine Bewertung über den Verkäufer abgibt, liegt die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Auktionen teilweise deutlich über der Zahl der Bewertungen. Auch reißerische Anpreisungen des Verkaufsgutes können auf eine unternehmerische Tätigkeit hindeuten. Wer mit Aussagen wie „gebrauchte Hardware in Massen“, „tonnenweise Hardware“ sowie „eine Riesen-Menge Hardware“ wirbt und innerhalb von zwei Jahren 242 Bewertungen als Verkäufer erhalten hat, müsse sich nach Ansicht des OLG Hamburg als Unternehmer behandeln lassen73. Der BGH hat zum Begriff des „geschäftlichen Verkehrs“ im Sinne des § 14 Abs. 2 MarkenG entschieden, dass bei über 25 Bewertungen als Verkäufer geschäftlicher Verkehr vorliege74. Inwieweit sich diese Rechtsprechung zum MarkenG auf verbraucherschützende Institute wie das Widerrufsrecht im Fernabsatz übertragen lässt75, wird sich in der Zukunft zeigen müssen, zumal für Fragen des Markenrechts der I. Senat des BGH zuständig ist, über zivilrechtliche Streitigkeiten bei Onlineauktionen jedoch der VIII. Senat entscheidet. 4.3 Form der Widerrufsbelehrung Über das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht ist dieser vom Unternehmer gemäß §§ 312 c Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV zu unterrichten. Die Widerrufsbelehrung muss dem Verbraucher nach § 312 c Abs. 2 BGB in Textform 71 72 73 74 75
LG Berlin, Urteil vom 5.9.2006, 103 O 75/06 = MMR 2007, 401= NJW 2007, 2647; i. E. zustimmend Szczesny/ Holthusen, NJW 2007, 2586, 2591 LG Hanau, Urteil vom 28.9.2006, 5 O 51/06 = MMR 2007, 339 OLG Hamburg, Beschluss vom 27.2.2007, 5 W 7/07 BGH, Urteil vom 30.4.2008, I ZR 73/05 = MMR 2008, 531 = NJW-RR 2008, 1136 für eine inhaltliche Übereinstimmung des „geschäftlichen Verkehrs“ nach § 14 Abs. 2 MarkenG mit der „gewerblichen Tätigkeit“ nach § 14 Abs. 1 BGB: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 7.4.2005, 6 U 149/04 = MMR 2005, 458 = NJW 2005, 3361; Schubert, JurPC Web-Dok. 194/2007 Abs. 7; Becker/Föhlisch, NJW 2005, 3377 f.; a. A. Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586, 2588 f.
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.3 Form der Widerrufsbelehrung
mitgeteilt werden. Die Textform wird durch die Vorschrift des § 126 b BGB näher bestimmt. Ferner hat die Belehrung bei Warenlieferungen spätestens bis zur Lieferung zu erfolgen (§ 312 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB). Bei Internetauktionen stellt sich wie bei allen Warenbestellungen im Internet das Problem, dem Verbraucher vor Vertragsschluss eine der Textform entsprechende Mitteilung zu erteilen. Die Textform nach § 126 b BGB erfordert nämlich, dass die Erklärung auf eine zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise erfolgen muss. „Dauerhaft“ bedeutet nicht „für immer“76, jedoch ist eine gewisse zeitliche Beständigkeit erforderlich. Der Textform entsprechen beispielsweise Belehrungen in Papierform, auf Diskette oder CDROM oder Speicherung auf Festplatte77. Ausweislich der Gesetzesbegründung entsprechen Mitteilungen per Fax oder E-Mail ebenfalls der Textform78. Über die genauen Anforderungen an eine Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform bei Internetgeschäften bestand lange Zeit ein Meinungsstreit in Rechtsprechung und Schrifttum79, der erst durch zahlreiche Entscheidungen der Instanzgerichte einer Klärung zugeführt wurde. Umstritten war, ob auch eine Belehrung auf einer Internetseite den Formanforderungen entspricht. Zunächst wurde eine Widerrufsbelehrung als ausreichend erachtet, die nur über einen Klick auf einen Link zu einer Internetseite mit Angaben zum Verkäufer erreichbar war80, wobei es auch Stimmen gab, die eine eine eindeutige Bezeichnung des Links verlangten81. Die weitere Auseinandersetzung mit den neuen rechtlichen Regelungen und die fortschreitende Rechtsprechung führte aber schon bald zu Bedenken. Es bildete sich eine Tendenz dahingehend, dass auch eine Belehrung im Internet auf der Angebotsseite nicht ausreicht, weil es hier an der Dauerhaftigkeit der Wiedergabemöglichkeit fehlt82.
76 77 78 79 80 81 82
Hahn, JurPC Web-Dok. 132/2008, Abs. 11 Einsele in: MünchKomm, § 126 b, Rn. 4; Wiebe/Neubauer in: Hoeren/Sieber, Teil 15, Rn. 81; Schmidt Rn. 1111 BT-Drs. 14/4987, S. 18-20 vgl. die Nachweise bei Hoeren, S. 353 sowie bei Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169 LG Traunstein, Urteil vom 18.5.2005, 1 HK O 5016/04 = MMR 2005, 781; LG Flensburg, Urteil vom 23.8.2006, 6 O 107/06 = MMR 2006, 686; LG Paderborn, Urteil vom 28.11.2006, 6 O 70/06 = MMR 2007, 191 OLG Hamm, Urteil vom 14.4.2005, 4 U 2/05 = MMR 2005, 540; LG Berlin, Beschluss vom 9.10.2007, 137 C 293/07; Schmidt, Rn. 589 KG, Beschluss vom 17.7.2006, 5 W 156/06 = MMR 2006, 678 = NJW 2006, 3215; OLG Hamburg, Urteil vom 24.8.2006, 3 U 103/06 = MMR 2006, 675 = NJW 2007, 1893; LG Hanau, Urteil vom 12.6.2007, 5 O 34/07; OLG Naumburg, Urteil vom 10.7.2007, 1 U 14/07 = NJW-RR 2008, 776; OLG München, Urteil vom 26.6.2008, 29 U 2250/08 = MMR 2008, 677; Buchmann, MMR 2007, 347, 349; offen gelassen von LG Berlin, Beschluss vom 9.10.2007, 137 C 293/07
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.3 Form der Widerrufsbelehrung
Als unerheblich wurde beurteilt, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, die Internetseite auf seinem Rechner abzuspeichern oder auszudrucken83. Auch die Tatsache, dass der Internetbrowser Webseiten vorübergehend im Verzeichnis für temporäre Dateien abspeichert, reiche für die Dauerhaftigkeit nicht aus84, weil zum einen der Verbraucher von der Existenz dieser Datei nicht zwingend Kenntnis haben muss und die gespeicherte Datei bei Erreichen der Speicherplatzgrenze automatisch gelöscht oder bei erneutem Aufruf der Internetseite aktualisiert wird. 4.4 Widerrufsfrist Die Widerrufsfrist des Verbrauchers beträgt grundsätzlich zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB) und beginnt mit der Mitteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, die auch den Namen und die Anschrift desjenigen, dem gegenüber der Widerruf zu erklären ist, enthalten sowie auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB hinweisen muss. (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ferner beginnt die Frist bei der Lieferung von Waren nicht vor der Lieferung (§ 312 d Abs. 2 BGB). Wenn die Belehrung jedoch erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wurde, beträgt die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat. Bei den meisten Verkäufen im Internet gibt der Verkäufer auf seiner Internetseite einen Überblick über die von ihm angebotenen Artikel. Wie bei Auslagen in einem Ladengeschäft oder Angebotsinformationen in einem Prospekt oder einem Katalog wurde dies nicht als Angebot, sondern als invitatio ad offerendum eingestuft, wenn nicht der Verkäufer ausdrücklich einen Bindungswillen erklärt85. Bei solchen Geschäften gibt also der potenzielle Käufer das Angebot ab, welches der Verkäufer annehmen kann. Vor der Annahme hat der Verkäufer daher die Möglichkeit, den Käufer, sofern er Verbraucher ist, über dessen Widerrufsrecht zu belehren. Anders gestaltet sich die Situation bei Internetauktionen, weil hier in der Regel der Verkäufer durch die Erstellung einer Auktion seinen Bindungswillen in Form eines verbindlichen 83
84 85
LG Kleve, Urteil vom 2.3.2007, 8 O 128/06 = MMR 2007, 332; LG Hanau, Urteil vom 12.6.2007, 5 O 34/07; OLG Köln, Urteil vom 3.8.2007, 6 U 60/07 = MMR 2007, 713; OLG Naumburg, Urteil vom 10.7.2007, 1 U 14/07 = NJW-RR 2008, 776; einschränkend KG, Beschluss vom 17.7.2006, 5 W 156/06 = MMR 2006, 678 = NJW 2006, 3215 sowie OLG München, Urteil vom 26.6.2008, 29 U 2250/08 = MMR 2008, 677, die die Textform zumindest dann gewahrt sehen, wenn der Verbraucher die Belehrung tatsächlich auf seinem Rechner abgespeichert hat; a. A. Krois/Naber, BLJ 2007, 77, 82 OLG Jena, Urteil vom 9.5.2007, 2 W 124/07; LG Hanau, Urteil vom 12.6.2007, 5 O 34/07; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3170; Einsele in: MünchKomm § 126b, Rn. 4; Hahn, JurPC Web-Dok. 132/2008, Abs. 16 BGH, Urteil vom 26.1.2005, VIII ZR 79/04 = MMR 2005, 233 = NJW 2005, 976; Kitz in: Hoeren/Sieber, Teil 13.1, Rn. 88; Schmidt, Rn. 272 f.
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.4 Widerrufsfrist
Angebotes erklärt. Dieses kann der Käufer annehmen und so unmittelbar den Vertragsschluss herbeiführen. Weil die Akteure bei Internetauktionen üblicherweise unter Pseudonymen handeln, erfährt der Verkäufer erst nach Vertragsschluss, wer sein Vertragspartner geworden ist und kann ihm erst dann die Belehrung erteilen. Da eine Widerrufsbelehrung auf der Angebotsseite nicht die Textform nach § 126 b BGB erfüllt und eine formgemäße Belehrung des Verbrauchers per E-Mail erst nach Vertragsschluss möglich ist, beträgt die Widerrufsfrist bei Internetauktionen nicht nur zwei Wochen, sondern einen Monat86. Das unverständliche und unbefriedigende Ergebnis, dass bei Internetauktionen die Widerrufsfrist einen Monat beträgt, bei gewöhnlichen Warenverkäufen im Internet aber nur zwei Wochen, führte zu der Überlegung, § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB teleologisch einzuschränken. Wenn Vertragsschluss und Belehrung bei natürlicher Betrachtung einen einheitlichen Vorgang bilden, so könne noch von einer rechtzeitigen Belehrung ausgegangen werden87. Überwiegend wurde dies jedoch abgelehnt88. Auch die Bundesregierung befürchtet neue Auslegungsprobleme, wenn eine Belehrung „alsbald“ nach Vertragsschluss zur zweiwöchigen Widerrufsfrist führte89. Umstritten ist auch der Beginn der Widerrufsfrist. Einerseits wurde die Ansicht vertreten, die Widerrufsfrist beginne erst am Tag nach Erhalt der Ware90, andererseits gibt es auch Stimmen, die die Frist bereits mit Erhalt der Ware beginnen sehen91. Diese Unterscheidung ist wichtig für die Beurteilung, ob eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorliegt. Die Widerrufsbelehrung muss nämlich nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Fristbeginn informieren. Betrachtet man den Wortlaut des § 187 Abs. 1 BGB, so wird deutlich, dass der Erhalt der Ware und einer Belehrung in Textform das fristauslösende Ereignis ist und lediglich bei der Berechnung der Frist vom darauffolgenden Tag auszugehen ist. Der Fristbeginn und der 86 87 88 89 90 91
KG, Beschluss vom 18.7.2006, 5 W 156/06 = MMR 2006, 678 = NJW 2006, 3215; OLG Hamburg, Urteil vom 24.8.2006, 3 U 103/06 = MMR 2006, 675 = NJW 2007, 1893; OLG Köln, Urteil vom 3.8.2007, 6 U 60/07 = MMR 2007, 713; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3171; Hoeren, S. 353 Masuch in: MünchKomm § 355, Rn. 54; Becker/Föhlisch, NJW 2005, 3377, 3378; Hoffmann, MMR 2006, 676, 677 OLG Köln, Urteil vom 3.8.2007, 6 U 60/07 = MMR 2007, 713; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169, 3173 Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 16/3595, S. 5 AG Bremen, Urteil vom 28.9.2007, 9 C 314/07; OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2007, 4 U 126/07 = MMR 2008, 176; Grothe in: MünchKomm § 187, Rn. 1; Buchmann, MMR 2007, 347, 351; Masuch, NJW 2008, 1700, 1702 LG Braunschweig, Urteil vom 6.11.2007, 21 O 1899/07 = MMR 2008, 59 (mit zustimmender Anmerkung Faustmann); wohl auch OLG Köln, Urteil vom 3.8.2007, 6 U 60/07 = MMR 2007, 713
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.4 Widerrufsfrist
Ausgangspunkt für die Berechnung des Fristendes sind folglich streng voneinander zu trennen92, so dass der zweiten Auffassung zuzustimmen ist. 4.5 Musterwiderrufsbelehrung Um Zweifeln zu begegnen, wann eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vorliegt, enthält Anlage 2 der BGB-InfoV eine Musterwiderrufsbelehrung. Verwendet der Unternehmer eine Belehrung nach diesem Muster, so soll die Belehrung nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 BGB genügen. Umstritten ist aber, ob die Musterwiderrufsbelehrung nach Anlage 2 selbst diese Anforderungen erfüllt. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des LG Halle, die der Musterwiderrufsbelehrung mehrere Unklarheiten und Fehler bescheinigte93. Insbesondere seien Angaben des Musters zum Beginn der Widerrufsfrist, zur Berechnung der Frist sowie zu den bei einem schriftlich abzuschließenden Vertrag neben der ordnungsgemäßen Belehrung noch erforderlichen Voraussetzungen (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB) nicht vorhanden oder unklar. Dies führe nach Ansicht des Gerichtes dazu, dass sich § 14 Abs. 1 BGB-InfoV und die Anlage 2 mit der Musterwiderrufsbelehrung nicht mehr im Rahmen der Verordnungsermächtigung nach Art. 245 EGBGB halten. Diese Vorschrift ermächtige den Verordnungsgeber nur, Inhalt und Gestaltung der Belehrung nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB festzulegen, wobei die Belehrung dem Verbraucher seine Rechte deutlich machen müsse. Wenn aber das Muster Fehler und Unklarheiten beinhaltet, so sei es nicht geeignet, dem Verbraucher seine Rechte deutlich zu machen und entspreche nicht mehr der Verordnungsermächtigung, weshalb § 14 Abs. 1 BGB-InfoV sowie die Anlage 2 wegen Verstoßes gegen Art. 80 Abs. 1 GG nichtig seien. Die Argumentation des LG Halle wurde in der Rechtsprechung aufgegriffen. Es wurde jedoch hervorgehoben, dass die BGB-InfoV nach dem der Entscheidung des LG Halle zugrundeliegenden Sachverhalt durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2.12.200494, ein vom parlamentari-
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insoweit ist die Überschrift „Fristbeginn“ des § 187 BGB missverständlich LG Halle, Urteil vom 13.5.2005, 1 S 28/05 = MMR 2006, 772 BGBl. I S. 3102
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.5 Musterwiderrufsbelehrung
schen Gesetzgeber erlassenes förmliches Gesetz, selbst Gesetzesrang erhalten habe und daher normhierarchisch mit dem BGB auf einer Stufe stehe95. Diese Auffassung muss angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes überraschen. Dieses hat nämlich bereits im September 2005, also nur wenige Monate nach dem Urteil des LG Halle, entschieden, dass auch Rechtsverordnungen, die vom Gesetzgeber durch ein förmliches Gesetz geändert wurden, wegen der Normenklarheit, der Normenwahrheit und der Rechtsmittelsicherheit einheitlich als Rechtsverordnungen einzustufen sind96. Mit den Worten des Bundesverfassungsgerichtes auf den Punkt gebracht: „Überschrift und Einleitung eines Regelwerkes müssen [...] halten, was sie versprechen.“97 Somit war die BGB-InfoV unabhängig von ihrem Zustandekommen durch ein förmliches Gesetz eine Rechtsverordnung98. Dies führt dazu, dass jedes deutsche Gericht sie für nicht ermächtigungskonform und nichtig erklären kann. In der Folge haben sich der Auffassung des LG Halle mehrere Gerichte angeschlossen99. Eine höchstrichterliche Entscheidung des BGH zu dieser Frage erging bisher nicht. Eine dazu anhängig gemachte Revision100 wurde in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Zum 1.4.2008 wurde die BGB-InfoV durch die Dritte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung vom 4.3.2008101 modifiziert, wobei auch das Muster der Widerrufsbelehrung in Anlage 2 angepasst wurde. Das bisherige Muster konnte während einer Übergangsfrist noch bis zum 30.9.2008 verwendet werden. Zwar wurden mit der Neufassung viele Mängel der bislang gültigen Musterwiderrufsbelehrung behoben, dennoch ist das neue Muster noch nicht ideal102. Daher hat die Bundesregierung im November 2008 einen Gesetzentwurf beschlossen, der unter anderem die Widerrufsfrist bei Onlineauktionen unmissverständlich auf zwei Wochen festlegt und die Bestimmungen der
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LG Münster, Urteil vom 2.8.2006, 24 O 96/06 = MMR 2006, 762; LG Flensburg, Urteil vom 23.8.2006, 6 O 107/06 = MMR 2006, 686; LG Kassel, Urteil vom 2.2.2007, 1 S 395/06 = NJW 2007, 3136 96 BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13.9.2005, 2 BvF 2/03 = BVerfGE 114, 196 = NJW 2006, 1195 97 BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13.9.2005, 2 BvF 2/03, Rn. 207 = BVerfGE 114, 196, 236 f. 98 Masuch in: MünchKomm § 355, Rn. 57; Buchmann, MMR 2007, 347, 348 99 AG Bremen, Urteil vom 28.9.2007, 9 C 314/07; OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2007, 16 U 70/07; offen gelassen vom OLG Köln, Urteil vom 3.8.2007, 6 U 60/07 = MMR 2007, 713 100 Verhandlungstermin vom 26.9.2007, VIII ZR 25/07, Pressemitteilung Nr. 128/07, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py? Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2007&Sort=3&Seite=2&nr=41157&pos=72&anz=200, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 101 BGBl. I S. 292 102 Masuch, NJW 2008, 1700, 1701; kritisch auch Obex in: Hoeren/Müller, MMR-Beil. 2008, Heft 7, S. 19
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 4.5 Musterwiderrufsbelehrung
BGB-InfoV in ein förmliches Gesetz kleidet103. Das Gesetz soll am 31.10.2009 in Kraft treten. 4.6 Ausübung des Widerrufsrechts Der Verbraucher kann sein Widerrufsrecht zum einen durch eine Erklärung in Textform an den Unternehmer, zum anderen durch Rücksendung der Sache an diesen ausüben (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine Begründung muss die Widerrufserklärung nicht enthalten, muss aber den betroffenen Vertrag sowie die Person des widerrufenden Verbrauchers erkennen lassen104. Der Begriff „Widerruf“ muss in der Widerrufserklärung nicht enthalten sein, jedoch muss der Unternehmer erkennen können, dass der Verbraucher an seiner Willenserklärung nicht festhalten will105. Nicht ausreichend ist jedoch, wenn der Verbraucher erklärt, er „habe eine Rücksendung“, weil nicht klar ist, ob er eine Nachbesserung wegen eines Sachmangels verlangt oder sein Widerrufsrecht ausüben möchte106. Hat der Verbraucher eine Widerrufserklärung abgegeben, ohne im Gerichtsverfahren darzulegen, dass sein Vertragspartner Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist, so hat das Gericht die Einwendung des § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sich Hinweise auf die Unternehmerschaft aus Unterlagen ergeben, die nicht der Verbraucher, sondern der Unternehmer vorgelegt hat107. Das Gericht kann sich nicht auf die Würdigung der vom Verbraucher vorgetragenen Tatsachen beschränken.
5. Fazit 5.1 Zusammenfassung Nach einer Differenzierung zwischen der konventionellen Internetauktion und der umgekehrten Versteigerung wurden dargestellt, wie der rechtliche Charakter von Internetauktionen in Literatur und Rechtssprechung beurteilt wurde. Ferner wurden einzelne Probleme des Vertragsschlusses erörtert. 103 Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 5.11.2008, http://www.bmj.bund.de/enid/47e0f1dd1abbd2324e4248c4dac7f74c,19efb9706d635f6964092d0935353037093 a0979656172092d0932303038093a096d6f6e7468092d093131093a095f7472636964092d0935353037/Presse stelle/Pressemitteilungen_58.html, zuletzt abgerufen am 28.1.2009 104 Masuch in: MünchKomm § 355, Rn. 34 105 Masuch in: MünchKomm § 355, Rn. 34; Schmidt, Rn. 572 106 AG Schopfheim, Urteil vom 19.3.2008, 2 C 14/08 = MMR 2008, 427 107 BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 15.12.2008, 1 BvR 69/08
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 5.1 Zusammenfassung
Anschließend wurden die Rahmenbedingungen des Widerrufsrechtes bei Fernabsatzverträgen dargestellt und die zum Teil stark divergierenden und sich im Wandel befindlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur aufgezeigt. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere bei der Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Unternehmern sowie bei der Gestaltung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung. Die Wechselwirkung zwischen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum zeigt sich auf dem Gebiet des Internetvertragsrechts sehr deutlich und eindrucksvoll. Innerhalb weniger Jahre hat sich ein umfassendes und dynamisches Meinungsspektrum herausgebildet108. Viele Fragen sind trotzdem noch ungeklärt und erfordern eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, denn wie aufgezeigt wurde, wird auch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht unbedingt geteilt. Der nationale Gesetzgeber steht dabei im Spannungsfeld zwischen europarechtlichen Vorgaben und der Meinungsvielfalt im eigenen Lande. Die öffentliche Diskussion über Notwendigkeit und Ausmaß des Verbraucherschutzes ist förderlich, einen breiten Konsens zu erzielen. Nur der lebhafte und streitbare Meinungsaustausch kann eine Rechtsordnung gewährleisten, die die Interessen von Verbrauchern und Unternehmern angemessen verwirklicht. 5.2 Ausblick Neben den hier dargestellten Fragen, die sich mit dem Zustandekommen und der Wirksamkeit der im Rahmen von Internetauktionen geschlossenen Rechtsgeschäfte stellen, verdienen auch andere Aspekte Aufmerksamkeit. Hier wären zum einen wettbewerbsrechtliche Probleme zu erörtern, die sich insbesondere aus der Verwendung unzulässiger AGB ergeben. Diese können nämlich dem Verwender einen nicht gerechtfertigten Vorteil gegenüber Mitbewerbern eröffnen, wenn beispielsweise die Ausübung des Widerrufsrechts durch unrichtige oder unvollständige Belehrungen beschränkt wird und die Bieter von der Ausübung dieses Rechtes abgehalten werden. Korrespondierend zum Wettbewerbsrecht erscheinen Fragen zu Abmahnungen diskussionswürdig. Inzwischen haben sich einige Anwälte auf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen spezialisiert, wahre Abmahnwellen stellen zunehmend eine Bedrohung für den freien
108 kritisch zur allgemeinen Informationsüberflutung in der Literatur zum Medienrecht: Hoeren, S. 25
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Rechtsfragen bei Internetauktionen - 5.2 Ausblick
Handel im Netz dar109. Mögen die Verbraucherschutzrechte auch sinnvoll und gut gemeint sein, so ist eine Grenze überschritten, wenn Kleinunternehmer systematisch mit Unterlassungsverfügungen und Androhungen von Ordnungsgeld in sechsstelliger Höhe oder Ordnungshaft überzogen werden, obwohl sie keine wettbewerbsschädliche Absicht verfolgen. Ein weiterer Aspekt, der eingehendere Betrachtung verdient, ist der Handel mit virtuellen Gütern wie Waffen, Rüstungen, besonderen Fähigkeiten aus Online-Rollenspielen, den sog. MMORPGs110. Auch virtuelle Spielercharaktere (Avatare) werden online gehandelt. Hier stellen sich Fragen, die nicht ohne weiteres mit den Instrumenten der hergebrachten Rechtsgeschäftslehre zu beantworten sind und die Rechtsnatur virtueller Gegenstände ist unklar111, so dass nähere gesetzliche Regelungen wünschenswert erscheinen. Im asiatischen Raum, wo diese Art der Onlinespiele weit verbreitet und beliebt ist, werden bereits seit längerer Zeit rechtliche Regelungen erwogen112. Schließlich sind auch die Bewertungssysteme zu betrachten, innerhalb derer sich die Teilnehmer an Onlineauktionen gegenseitig bewerten können und somit anderen Benutzern wichtige Anhaltspunkte zur Verlässlichkeit eines potenziellen Vertragspartners geben. Hier ist insbesondere zu erörtern, welche Abwehrmöglichkeiten einem Marktteilnehmer zur Seite stehen, der sich ungerechtfertigten Bewertungen ausgesetzt sieht113. Der Bereich Internetauktionen stellt einen kleinen Ausschnitt des Rechtsgebietes Onlinerecht dar. Unter Berücksichtigung der zunehmenden Bedeutung der Kommunikation und des Handels im weltweiten Datennetz bedarf es zur Klärung der zahlreichen noch offenen Fragen neben einer eingehenden rechtlichen Betrachtung und Diskussion in Literatur und Rechtsprechung einer Gesetzgebung, die mit den aktuellen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen Schritt hält.
109 vgl. Föhlisch in: Hoeren/Sieber, Teil 13.4, Rn. 8; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169; Hoffmann, NJW 2007, 2594 110 Massive Mulitplayer Online Role Playing Games 111 vgl. die unterschiedlichen Ansätze bei Lober/Weber, MMR 2005, 660; Krasemann, MMR 2006, 351 sowie Psczolla, JurPC Web-Dok. 17/2009 112 vgl. Koch, JurPC Web-Dok. 57/2006, Abs. 5 f. 113 siehe hierzu z.B. Hoeren, S. 240; Janal, NJW 2006, 870; Meyer, NJW 2004, 3151; Petershagen, NJW 2008, 953
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Selbständigkeitserklärung Ich versichere, dass ich die vorstehende Arbeit eigenständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und mich anderer als der in der Arbeit angegebenen Hilfsmittel nicht bedient habe. Alle Stellen, die sinngemäß oder wörtlich aus Veröffentlichungen übernommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher weder in Teilen noch insgesamt einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Christian Tischlik Matrikelnummer: 5070035
Willich, 30. Januar 2009 Unterschrift
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