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Die Geschichte Chinas von 1839 bis zur Gegenwart

Dr. Andreas Heuer

Inhalt 1. Vorspann 1.1 Chronologischer Überblick 1.2 Die beiden Hauptströmungen der chinesischen Politik des 20.Jahrhunderts 1.3 Wichtige Personen der chinesischen Geschichte des 20. Jahrhunderts Hauptteil 2.Einleitende Bemerkungen 3. Die Vorgeschichte der Gründung der Republik: 1840-1911 4. Von der Gründung der Republik bis zur Gründung der Volksrepublik China: 1911-1949 5. Die Ära Mao Zedongs 1949-1976 6. Reform-Prozess ab 1977 7. Wichtige Quellen zur Geschichte Chinas seit 1839

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1. Vorspann 1.1 Chronologischer Überblick

1839: 1839-42: 1842: 1856-60: 1860: 1851-64: 1865: 1868: 1872: 1894-95: 1898: 1900: 1900-1924: 1911/12: 1915: 1919: 1927: 1927: 1937: 1945: 1949: 1950-1953: 1949-1953: 1953-1957: 1956: 1957: 1959-1962: 1959: 1962: 1966: 1966: 1973: 1976: 1978: 1986: 1987: 1989: 1997:

Lin Tse-Hü´s (Ze Xu) „Moral Advice to the West“ 1. Opiumkrieg erster ungleicher Vertrag von Nanjing: Abtrennung von Hongkong und Öffnung von fünf Häfen, Freigabe des Handels und der Mission 2. Opiumkrieg Vertrag von Beijing: Öffnung von elf weiteren Häfen, diplomatische Vertretungen in Beijing Taiping-Aufstand Gründung des ersten industriellen Arsenals (Jiangnan-Arsenal, Shanghai) Entsendung der ersten diplomatischen Mission ins westliche Ausland (England) Gründung der ersten Dampfschifffahrtsgesellschaft, erste Entsendung von Studenten ins Ausland (USA) Chinesisch-japanischer Krieg, Friede von Shimonoseki; Unabhängigkeit Koreas, Abtretung Taiwans Hundert-Tage-Reform Niederschlagung des Boxeraufstandes durch internationale Expedition Formulierung/Ausarbeitung der Grundgedanken/Grundlehren Sun Yat-sens Sturz des Kaisertums – Entstehung der „Republik China“ Japanische Forderungen (die „21 Forderungen“) 4.-Mai-Bewegung Zerschlagung der chinesischen Arbeiterbewegung durch Tschiang Kai-shek Mao Zedongs Hunan-Bauernbewegung Zusammenarbeit der KPCh mit der Guomindang in einer antijapanischen Einheitsfront Bruch mit der Guomindang und Beginn des Bürgerkriegs Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao Zedong Koreakrieg Bodenreform 1. Fünfjahresplan Hundert-Blumen-Bewegung Der Große Sprung nach vorn Hungersnöte Liu Shaoqi wird Staatspräsident Chinas Einleitung der „Sozialistischen Erziehungsbewegung“ nach dem Beschluss des 10. Plenums des VIII. Zentralkomitees Offizieller Beginn der Kulturrevolution Mao veröffentlicht das 16-Punkte-Dokument. 10. National-Kongress (Neue Staatsverfassung) Tod Maos - Zerschlagung der Viererbande Deng Xiaopings Reformpolitik – „Emanzipiere den Geist, suche Wahrheit in Fakten Studentenaufstände Rede Deng Xiaopings zur Wiederbelebung der Reformpolitik Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens Amtsantritt Jiang Zemins 2

2003:

Amtsantritt Hu Jin Taos

1.2 Die beiden Hauptströmungen der chinesischen Politik des 20.Jahrhunderts:

Guomindang: ist die 1912 nach dem Sturz der Mandschu-Dynastie gegründete nationalrepublikanische Partei. Sie war die erste nach westlichem Vorbild organisierte Partei Chinas. Der Begründer der Partei Sun Yatsen entwickelte die „Drei Grundlehren vom Volk“: Nationalismus, Demokratie und Sozialismus. Sun Yatsen strebte ein unabhängiges China an, das langfristig zu einer Demokratie aufgebaut werden sollte. Nach dem Tod Sun Yatsens 1925 übernahm Chiang Kai-shek die Führung der Partei. Als geschulter Militär versuchte Chiang mittelfristig die Kommunisten in China auszuschalten und eine Art autoritärer Herrschaft einzuführen. Auf Grund der für China äußeren bedrohlichen Lage wurde nach jahrelangem Kampf gegen die Kommunisten ein Bündnis mit diesen im Jahr 1937 eingegangen, um gemeinsam die Japaner zu bekämpfen. Dieses Bündnis zerbrach nach Kriegsende und mündete in einem offenen Bürgerkrieg. Nach der endgültigen Niederlage gegen die Kommnisten 1949 zog sich die Guomindang nach Taiwan zurück und gründete dort den chinesischen Staat, der allerdings auf die Insel beschränkt blieb. KPCh (Kommunistische Partei Chinas): gegründet 1921 in Folge der 4.Mai Bewegung. Zunächst orientierte sich die Partei unter deren beiden Hauptbegründern Chen Duxiu und Li Dazhao an der langsamen entstehenden Arbeiterbewegung und organisierte zahlreiche Streiks in der Zeit bis 1927. Nach Beginn der Kommunistenverfolgungen durch die Guomindang spaltete sich die Partei in verschiedene Richtungen. Ab 1934 setzte sich langsam Mao Zedong mit seiner Theorie durch, dass die Bauern das revolutionäre Subjekt einer kommenden Revolution sein müsse. Seit 1949 ist die KPCh die Staatspartei Chinas und hat diese Stellung bis heute in der Verfassung verankert. 1.3 Wichtige Personen der chinesischen Geschichte des 20. Jahrhunderts

Sun Yat-sen (1866-1925): chinesischer Revolutionär und Politiker, Führer der Guomindang, nach der Revolution von 1911 im Januar 1912 provisorischer Präsident der Republik China. Chen Duxiu (1879-1942): Gründungsmitglied und erster Vorsitzender der KPCh; 1915 Gründung der einflussreichen Zeitschrift Neue Jugend; 1917 Dekan an der PekingUniversität; wichtiger Führer der 4.Mai-Bewegung 1919; 1927 wurde ihm die Verantwortung für die Politik der Zusammenarbeit mit der Guomindang angelastet; Ausschluss aus der KPCh; 1932 Verhaftung von den Guomindang-Behörden; 5 Jahre in Haft.

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Li Dazhao (1889-1927): Bibliothekar an der Beida-Universität, dort Vorgesetzter Mao Zedongs; maßgeblich an der 4.Mai-Bewegung beteiligt; Gründungsmitglied der KPCh; wirkte mit seinem agrarkommunistischen Ansatz stark auf Mao Zedong. Cai Yuanpei: Philosoph und Erziehungswissenschaftler, war 1912 Erziehungsminister der Republik China; trat für eine unbedingte Demokratisierung Chinas ein; er zog sich später als Antwort auf die autoritäre Politik der Nanjing-Guomindang nach Hongkong zurück. Deng Zhongxia (1894-1933): einer der ersten chinesischen Kommunisten; zentrale Persönlichkeit der chinesischen Gewerkschaftsbewegung von 1919-1926; von der GMD hingerichtet. Chiang Kai-shek (1887-1975): Nachfolger von Sun Yat-sen als Führer der Guomindang; brach 1927 radikal mit den Kommunisten und dem linken Flügel der GMD und unterwarf 1926–28 die örtlichen Militärmachthaber in Nordchina; 1928 wurde er Vorsitzender der Nationalregierung (Staatschef) in Nanking. 1936 als Oberbefehlshaber der chinesischen Armee durch eigene Truppenteile gezwungen, sich mit den Kommunisten auf eine gemeinsame Verteidigung des Landes gegen Japan zu einigen. Nach Inkrafttreten einer neuen Verfassung seit 1948 Staatspräsident, floh er vor den im Bürgerkrieg (erneut seit 1946) siegreichen Kommunisten 1949 nach Taiwan. Dort fungierte er im Konflikt mit der VR China ab 1950 als Präsident der Republik China (Taiwan). Liu Shaoqi (1898-1969): einer der alten Kämpfer der KPCH, Teilnahme am Langen Marsch; 1959 übernahm er von Mao das Amt des Staatspräsidenten; er übte scharfe Kritik an Maos Politik des Großen Sprungs nach vorn; Festnahme zu Beginn der Kulturrevolution; er verstarb zwei Jahre später und wurde posthum 1980 rehabilitiert. Lin Biao (1907-1971): chinesischer Politiker und General, seit 1955 Mitglied des Politbüros der KP und Marschall sowie 1959 Verteidigungsminister; 1966 beteiligte sich Lin Biao führend an der Auslösung der Kulturrevolution. 1969 zum Stellvertreter und »Nachfolger« Mao Zedongs ernannt, wurde er jedoch nach Machtkämpfen 1971 von Mao politisch ausgeschaltet, da Mao seine Instrumentalisierung durch Lin fürchtete (Mao-Kult). Mao Zedong (1893-1976): Vorsitzender der KPCh; 1949-54: Vorsitzender der Zentralregierung; 1954-59: Staatspräsident. Zhou Enlai (1898-1976): war von 1928 bis zu seinem Tod Mitglied des Politbüros der KPCh. Von 1949-1974 war er der Ministerpräsident des Landes, bis 1958 zugleich Außenminister. Im Gegensatz zu Mao Zedong genoss Zhou Enlai in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Besonders während der Kulturrevolution setzte er in der Politik ein gewisses Maß an Kontinuität durch. Nach seinem Tod feierte ihn das Volk in einer spontanen Trauerkundgebng neben Dend Xiaoping als Garant eines moderaten Kurses. Deng Xiaoping (1904-97): einer der alten Kämpfer der KPCh, Teilnahme am Langen Marsch, seit Gründung der Volksrepublik China einer der engsten Verbündeten Maos; zwei Mal wurde er als Rechtsabweichler seiner Ämter enthoben; nach Maos Tod regierte er, ohne hohes Führungsamt, bis zu seinem Tod de facto die Volksrepublik China; Durchsetzung einer wirtschaftlichen Modernisierung seit 1978; verantwortlich für die Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989.

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Jiang Zemin (geb. 1926): war von 1989-2002 Generalsekretär der KPCh und Staatspräsident von 1993-2003. Jiang setzte vor allem die Privatisierung von Staatsbetrieben durch. Anfängliches Entgegenkommen in Menschenrechtsfragen gegenüber den USA setzte er später verstärkt auf eine weitere Öffnung der Wirtschaftspolitik, um durch hohes Wirtschaftswachstum den Problemen einer immer größer werdenden Anzahl von Wanderarbeitern gerecht zu werden. Hu Jintao (gb. 1942): seit 2003 ist er ist Staatspräsident der Volksrepublik und damit Staatsoberhaupt, Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission der Volksbefreiungsarmee. In den letzten Jahren bemüht sich Hu Jintao verstärkt um eine Reform des Gesundheitswesens und eine Verbesserung des Steuerrechts zugunsten der Landbevölkerung. Damit soll die zunehmende Einkommensschere zwischen am und reich gemildert werden. In Fragen der Menschenrechte beharrt Hu weiterhin auf der Stellung der KPCh mit ihrem Alleinvertretungsanspruch. Politische Karte Chinas

2. Einleitende Bemerkungen Die Gegenwart Chinas ist ohne deren Geschichte und insbesondere der Geschichte des 19. und 20.Jahrhunderts nicht zu verstehen. Dieses entspricht nicht nur dem Selbstverständnis Chinas, so wie es im ersten Satz der Präambel der Verfassung ausgedrückt wird: „China ist ein Land mit einer der längsten Geschichten der Welt.“1, sondern ist ein Allgemeinplatz, der für alle modernen Länder gilt. Was aber ist das Selbstverständnis des gegenwärtigen China? Wie nimmt sich dieses Land selber wahr und worin unterscheidet es sich grundsätzlich von Europa und den USA? 1

Constitution of the People’s Republic of China, S.3.

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Ein erster Blick in die chinesische Verfassung aus dem Jahr 1982, die inzwischen durch mehrere Ergänzungen und Veränderungen erweitert worden ist, gibt erste Hinweise. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: -

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China sieht sich als ein Land, das im 19. und 20.Jahrhundert durch auswärtige Mächte gedemütigt worden ist und sich seit 1949 als eigenständiger, unabhängiger Staat sieht, der alles vermeiden muss, um in ähnlicher Weise wieder vom Ausland beeinflusst bzw. gedemütigt zu werden. China sieht sich als eine Gesellschaft, die am Anfang des Sozialismus steht und einen eigenständigen Sozialismus nach chinesischer Prägung aufbauen will. Die Grundlagen des Staates sind unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas der Marxismus-Leninismus, die Gedanken Mao Zedongs und die Theorien Deng Xiaopings.

Diese in der Verfassung festgeschriebenen Grundelemente des chinesischen Staates bilden zumindest das Selbstverständnis der politischen Führung. Nach dieser Sichtweise hat erst die Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 unter der Führung von Mao Zedong das Land wieder unabhängig gemacht. Trotz aller negativen Entwicklungen, die unter der Herrschaft Maos stattgefunden haben, wird ihm dieses Verdienst zugeschoben. Mit Deng Xiaoping haben im Jahr 1978 die Wirtschaftsreformen begonnen, die China in den letzten 30 Jahren auf den Weg einer sich modernisierenden Volkswirtschaft geführt haben. Besonders nach dem Zusammenbruch sozialistischer Staaten in Osteuropa zu Beginn der 1990er Jahre sieht Chinas Führung keinen Widerspruch in der Einführung von Privatwirtschaft und der Fortführung Chinas als sozialistisches Land. Die gegenwärtige Entwicklung nach den Olympischen Spielen und Chinas Rolle in der internationalen Finanzkrise zeigen, dass China als politisches und ökonomisches Zentrum Ostasiens akzeptiert wird und zumindest nicht ernsthaft darauf gedrängt wird, dass sich das Land im Sinne einer westlichen Demokratie schnell entwickeln sollte. China hat also seinen ökonomischen und politischen Wiederaufstieg erfolgreich beschritten und wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten international eine immer wichtigere Rolle spielen. Welche Rolle dies sein wird, lässt sich in Ansätzen aus der Geschichte Chinas der letzten 170 Jahre erklären. 3. Die Vorgeschichte der Gründung der Republik: 1840-1911 Es ist unter Historikern umstritten, wann der Niedergang Chinas im 19.Jahrhundert begann. Zwei Daten werden oft genannt: entweder der erste Opiumkrieg 1840 oder die Niederlage im Krieg gegen Japan 1895. Die Niederlage im ersten Opiumkrieg wird aus der Perspektive des Niedergangs Chinas im 19.Jahrhundert als der Beginn des Verlusts der chinesischen Souveränität gesehen. Die Niederlage gegen Japan dagegen wird so gedeutet, dass erst hier China tatsächlich seine nationale Einheit im Sinne einer dann folgenden territorialen Zersplitterung verloren habe. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts stellte China unter der Qing-Dynastie, die seit 1644 das Reich regierte und deren Dynastie von den Mandschus abstammte, also keine chinesische Dynastie war, die einzig verbliebene Großmacht in Asien dar. Das Land war außenpolitisch gesichert und hatte Süd- und Ostasien seine Vormachtstellung behauptet. Allerdings hatte die Qing-Dynastie bereits seinen Zenit überschritten. Während Europa zu Beginn des 19.Jahrunderts dabei war, sich politisch (in Folge der Französischen Revolution) und ökonomisch (langsamer Beginn der Industrialisierung) zu verändern, traten in der QingDynastie immer stärker restaurative Züge hervor. Es zeigte sich ein genereller Verlust an Weltoffenheit und man begann, sich gegenüber den Veränderungen außerhalb Chinas abzugrenzen. Das Wissen über die Veränderungen in Europa wurde nicht entsprechend in China registriert. Zudem schlittere das Reich zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. England begann in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts große Mengen an Opium nach China zu verkaufen, um Chinas Außenhandelsüberschuss abzubauen. Ab 1830 verschärfte sich die Auseinandersetzung um diese Opiumimporte. China hatte sich seit dem 16.Jahrhundert durch den Export von Tee, Seide und Textilien sehr viel Silber ins Land

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geholt. In der Folgezeit begann langsam der Import des Opiums den Wert des chinesischen Exports zu übersteigen. Das Silber floss folglich immer mehr aus China wider ab.2 Neben diesen ökonomischen Krisenerscheinungen hatte der Opiumimport oft verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung. In Folge des Opiumkonsums kamen viele Beamten ihren Aufgaben nicht mehr nach und Arbeitskräfte fehlten, da der Opiumkonsum einen geregelten Lebensablauf nicht mehr zuließ. Um diese Entwicklung zu stoppen, ernannte Kaiser Dao Guang (Min Ning) Lin Zexu zum kaiserlichen Kommissar, der unter kaiserlichem Befehl in der Provinz Guangdong den Drogenhandel verbieten sollte. Die Vernichtung eines großen Teils des dort importierten Opiums nahm die britische Regierung als einen ungerechtfertigten Eingriff in die eigene Handelspolitik. Gleichzeitig unternahm Lin Zexu den Versuch, in seinem berühmten Brief an die englische Königin auf die Folgen des Opiumhandels für China zu verweisen. Dieser Brief ist ein zentrales Dokument der chinesischen Geschichte des 19.Jahrhunderts, da er aus offizieller Sicht einen Einblick in die Selbsteinschätzung aus Sicht der chinesischen Führung gewährt.3 Lin Zexu argumentiert auf der moralischen Ebene mit dem Verweis, dass das Rauchen des Opiums in England nicht gestattet sei und gesteht damit indirekt die Schwäche Chinas ein, eigenständig ein Verbot des Opiums durchzusetzen. England reagiert auf diese beiden Vorkommnisse mit dem Schicken von 48 Kriegsschiffen und 4000 Soldaten nach China. Nach einer ersten Niederlage in Guandong besetze die britische Armee am 25.Januar 1841 mit Gewalt Hongkong. Es war der erste Eingriff in die innere Souveränität Chinas durch eine europäische Macht. Nach weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen mussten die Chinesen im Mai desselben Jahres das Abkommen von Guangzhou unterzeichnen. Die Qing-Truppen mussten aus der Stadt ausziehen und sich einverstanden erklären, Reparationen zu zahlen. Damit war aber dieser erste Opiumkrieg noch nicht beendet. Es gab weitere kriegerische Auseinandersetzungen bis ins Jahr 1842 und es endete mit dem Abkommen von Nanjing, dem ersten der sogenannten ungleichen Verträge. China musste 21 Millionen Silberdollar zahlen, Hongkong an die Briten abtreten und fünf Hafenstädte für den Handel öffnen: Guangzhou, Xiamen, Fuzhou, Ningbo und Shanghai.

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Sabine Dabringhaus, Geschichte Chinas 1279-1949, Oldenburg 2006, S.56.

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Lin Zexu (LinTse-hsu) writing to Britain's Queen Victoriato Protest the Opium Trade, 1839, in: http://www.international.ucla.edu/eas/documents/linzexu.htm

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Weitere Bestimmungen des Abkommens waren: die Zölle auf englische Import- und Exportwaren sollten durch bilaterale Verträge geregelt werden und die Qing-Regierung dürfe nicht in den Opiumhandel eingreifen. Damit begann eine langsame Veränderung der ökonomischen Beziehungen zu auswärtigen Mächten. Das bis dahin uneingeschränkt geltende Tributsystem wurde durch das Treaty System abgelöst. Das Tributsystem hatte über Jahrhunderte hinweg die Stellung Chinas als Reich der Mitte gefestigt. Die umliegenden Länder hatten Chinas dominierende Rolle anerkannt und wandten sich mit Tributleistungen an den chinesischen Kaiser, der selber nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten der Nachbarländer eingriff. Mit der Öffnung von fünf Häfen nach dem ersten Opiumkrieg entwickelte sich in der Folgezeit in diesen Städten eine Kaufmannsschicht und erste Formen industrieller Produktion. Dies war der Beginn der Integration Chinas in den Weltmarkt. Diese Entwicklung verstärkte sich weiter während des zweiten Opiumkrieges, der 1860 mit dem Abkommen von Beijing (Peking) endete. Der alte Sommerpalast in Beijing wurde fast vollständig zerstört und bis heute zeigen die dortigen Ruinen, inwieweit man bis heute in China an diese Erniedrigung denkt. In dem Abkommen von Beijing wurde u.a. festgelegt, dass Tianjin als zusätzlicher Handelshafen geöffnet werden musste, Jianshazui und die Halbinsel Kowlon an die Briten abzutreten war und dass Briten und Franzosen chinesische Arbeiter für ihre Kolonien rekrutieren konnten. Die Entschädigungszahlungen für Briten und Franzosen wurden auf acht Millionen Taler Silber erhöht. Aus heutiger Sicht ist dies in China der Beginn des Zerfalls der eigenen Souveränität und das Eindringen auswärtiger Mächte auf dem chinesischen Staatsgebiet. Während in Europa die Industrialisierung auf dem Vormarsch war und die europäischen Gesellschaften maßgeblich veränderten, war in China davon nur in den Küstenstädten etwas spüren. Hier entstanden Formen bürgerlichen Lebens, Europäer, Amerikaner und Chinesen arbeiteten zusammen und ein Teil der Chinesen, insbesondere die erfolgreichen Kaufleute, emanzipierte sich von konfuzianischen Traditionen der Ein- und Unterordnung. Durch die europäischen Konzessionen machten die Chinesen Bekanntschaft mit europäischem Recht und auch mit europäischem Lebensstil. Aber die politische Führung folgte diesen Entwicklungen nicht. Dies lag auch an den wenigen Kenntnissen, die man in China von Europa hatte. China schickte erst 1866 erste Botschafter nach Europa und diese verblieben bei ihren Beschreibungen oft am Ideal einer konfuzianischen Gesellschaft.4 Die Niederlagen in den Opiumkriegen machten der chinesischen Führung deutlich, dass die europäischen Mächte zwar nicht dem chinesischen Ideal eines moralischen Staates nachkamen, aber durchaus ernsthaften Konkurrenten waren. Im Gegensatz zu Japan aber, das 1868 mit den Meiji-Reformen den Prozess einer Modernisierung durchführte, war Chinas Führung nicht in der Lage, in gleicher Weise auf die Veränderungen in Europa zu reagieren. Im Gegenteil: in China entglitt der politischen Führung immer mehr die Kontrolle über das eigene Land. Die so genannte Taiping-Revolte, die von 1850 bis 1864 dauerte, markiert dies deutlich. Diese Revolte war die größte Bauernerhebung in der Geschichte Chinas. Es führte unter anderem zur Gründung des Himmlischen Reichs des Großen Friedens (Taiping Tianguo), die Taiping Armee nahm mehr als 600 Städte ein und ihr Einfluss erstreckte sich auf bis zu 18 Provinzen. Zentrale Figur der Revolte war Hong Xuiquan (1814-1864).

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Siehe hierzu das sehr gute Buch: Fang Chen, Die Entdeckung des Westens. Chinas erste Botschafter in Europa 1866-1894, Frankfurt/Main 2001.

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Hong Xiuquan / Hung Hsiu-Ch'üan (1814-1864) Dieser entstammte eigentlich einer Bauernfamilie aus der Provinz Guandong. Er war eigentlich ein Dorflehrer, aber nachdem er in den staatlichen Beamtenexamen durchgefallen war, beklagte er sich zunehmend über das Elend des Volkes. Beeinflusst von christlichen Ideen, die durch Missionare verbreitet worden waren, erhob er einige christliche Ideen zu einer neuen Lehre und gründete 1843 die geheime Gesellschaft zur Verehrung Gottes (Bai Shang Di Hui). Mit seinem ehemaligen Schulfreund Feng Yunshan (1815-1852) begann er ab 1842 diese neue Idee zu propagieren und vergrößerte seine geheime Gesellschaft in den kommenden drei Jahren auf über 3000 Mitgliedern. Er begann eine eigene Armee zu organisieren, nannte sein Regime das Himmlische Reich des großen Friedens, seine Armee Armee für den großen Frieden und sich selbst Himmelskönig. 1853 wurde Nanjing erobert und zur Hauptstadt des Reiches ausgerufen, das selber in vier Teile aufgeteilt wurde. Es wurde ein Himmlisches Landessystem eingeführt, jeder sollte das gleiche Stück Land bekommen und eine ideale gerechte Gesellschaft gegründet werden. Die Taiping-Revolte und der gleichzeitig stattfinde zweite Opiumkrieg zeigten, dass die chinesische Führung nicht mehr in der Lage war, das eigene Land zu führen. Zwar zerfiel im Laufe der Jahre aufgrund innerer Streitigkeiten das Taiping-Reich, aber diese lange Revolte hatte gezeigt, wie groß die Unzufriedenheit im Volk geworden war. Eine Folge dieser Ereignisse und Entwicklungen war die Hinwendung zu westlichem Denken, die von Zhang Zhidong (1837-1909) unter dem Satz „Chinesisches Wissen als Basis und westliche Techniker für eigene Zwecke“ zusammengefasst. Um den Prinzen Gong herum scharrte sich eine Gruppe von Beamten und Gelehrten, die diese Entwicklung unterstützten. Nach ihrer Ansicht musste zuerst das Militär und damit die Fähigkeit des Staates, sich verteidigen zu können, gefördert werden. Es wurden in diesem Zuge die Anqinger Waffenfabrik, das Maschinenbauwerk Jiangnan, die Fjianer Werft, die Tianjiner Maschinenbaufabrik und weitere Waffenfabriken ins Leben gerufen. Daneben wurden im zivilen Bereich die chinesische Kaufmann-Dampfschifffahrt, das Kohlenbergwerk Kaiping, das chinesische Telegrafenamt die Shanghaier Textilfabrik gegründet. Daneben wurden technische Schulen gegründet, das Amt für Übersetzung und Dolmetschen und westliche Bücher wurden übersetzt. All diese Maßnahmen wurden aber nicht voll und ganz von der politischen Führung unterstützt und viele Beamten kontrollierten nur halbherzig Projekte, die ihnen anvertraut waren. Im Gegensatz zu den zur gleichen Zeit stattfindenden MeijiReformen in Japan kam es nicht zu einer umfassenden Modernisierung, die vom ganzen Staat getragen wurde. Japan erkannte die zunehmende Schwäche Chinas und drang 1874 in Taiwan ein und begann ein Jahr später mit dem Aufbau einer Kriegsflotte. Als es 1894 zu einer Rebellion in Korea kam, rief der koreanische Herrscher den chinesischen Kaiser um Hilfe, um bei der Unterdrückung der Revolte zu helfen. Japan ergriff diese Gelegenheit, um Truppen nach Korea zu entsenden. Wenig später griff die japanische Flotte die chinesischen Kriegsschiffe in der Nähe der koreanischen Halbinsel an und versenkte das Handelsschiff

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Gaosheng, das die Qing-Regierung für den Transport von Soldaten von England gemietet hatte. In der sich zuspitzenden Auseinandersetzung erklärten sich beide Länder den Krieg. Dieser chinesisch-japanische Krieg endete ein Jahr später mit der Niederlage Chinas und dem Vertrag von Shimonoseki. China trat die Liadong-Halbinsel, Taiwan sowie die dazugehörenden Inseln und die Penghu-Insel an Japan ab und bezahlte eine Reparation von 200 Millionen Silbertalern. Außerdem musste China Chongqing, Shashi, Suzhou und Hangzhou für den Außenhandel öffnen. Gleichzeitig bekam Japan das Recht, Fabriken in China zu errichten. Damit hatten sich die politischen Machtverhältnisse nicht nur zugunsten der Europäer verändert. Nun war Japan binnen weniger Jahrzehnte zur ökonomischen und politischen Hauptmacht in Ostasien aufgestiegen. Damit endete de facto die herrschende Rolle Chinas in Ostasien. Der Vertrag von Shimonoseki war der verheerendste der ungleichen Verträge mit China, denn er beschleunigte den sich langem abzeichnenden Verfall des Landes. Die anderen westlichen Mächten, die ja bereits seit Ende des 1.Opiumkrieges ihren Fuß in das Land gesetzt hatten, gingen nun in rascher Folge über zu einer direkten territorialen Eroberung und zu weiteren Vertragsabschlüssen, die ihren Einfluss in China erheblich ausweiteten. 1896 unterzeichnete die Qing-Regierung in einem Vertrag mit Russland die Abtretung wichtiger Gebiete in den Provinzen Heilongjian und Jilin, so dass die Russen durch den Bau einer Eisenbahnlinie Wladiwostok direkt an die Transsibirische Eisenbahnlinie anschließen zu können. 1887 besetzte Deutschland die Jianozhou-Bucht , ließ sich anschließend die Bucht für 99 Jahre als verpachten und sicherte sich in der umliegenden Provinz Shandong BergbauRechte zu. 1888 besetzten britische Truppen den Hafen Weihai und pachtete die Hafenstadt, um der Besetzung von Lüshun und Dalian durch die Russen entgegenzuwirken. Im gleichen Jahr erzwang Japan von der Qing-Regierung die Zusicherung, Fujian an keine andere Macht abzutreten oder zu verpachten. So geriet diese Provinz unter japanischen Einfluss. Überall zeigte sich die Qing-Regierung unfähig, nationale Interessen gegenüber den westlichen Mächten und Japan zu verteidigen. China war innerhalb weniger Jahre auf den Status einer halbkolonialen Macht herabgesunken. Die Unfähigkeit der politischen Führung auf die Veränderungen zu reagieren, machte sich in erneuten Versuchen, diese so wie in Japan grundsätzlich in Angriff zu nehmen, deutlich. Nach der Niederlage gegen Japan formierte sich eine Gruppe von Reformern um den jungen Kaiser Guang Xu (1871-1908). Wichtige Vertreter dieser Modernisierungsgruppe waren Kang Yuwei (1865-1998), Liang Qichao (1873-1929), Tan Sitong (1865-1898) und Yan Fu (1854-1921). Sie forderten unter anderem eine Verfassung, Zivilrechte, ein Parlament und eine konstitutionelle Monarchie. Bereits 1895 gründeten sie unter der Initiative Kang Yuweis die Gesellschaft für ein starkes China durch Studium (Qiang Xue Hui), neue Zeitschriften entstanden, Forderungen für das Selbstbestimmungs- und Existenzrecht Chinas wurden gestellt, westliche Werke wurden übersetzt. Die Modernisierungsgruppe um den jungen Kaiser Guang Xu stand gegen die Gruppierung um die Kaiserinnenmutter Ci Xi, die sich diesen Forderungen entgegen stellte.

Ci Xi (1835-1908)

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Als 1898 Kaiser Guang Xu das Edikt „Reform der staatlichen Angelegenheiten“ verkündete, machte er deutlich, dass nun solche Reformen umgesetzt werden sollten. Industrie und Handel sollten gegründet und gefördert werden, das Militär nach westlichem Vorbild ausgebildet und die Nationalverteidigung verstärkt werden. Des Weiteren sollte das Prüfungssystem reformiert und die chinesische Schrift vereinfacht werden und Studenten zum Studium ins Ausland geschickt werden. Aber fast alle Gouverneure weigerten sich, das Edikt auszuführen. Zu stark waren die Bedenken der alten, konfuzianischen Führungsschicht. Ci Xi machte sich sofort daran, die Kontrolle über die Hauptstadt an sich zu reißen. Nach dem Versuch des Kaisers weitere Verbündete auf seine Seite zu ziehen, reagierte seine Mutter umgehend mit der Festnahme des Kaisers. Öffentlich ließ sie mitteilen, dass ihr Sohn schwer erkrankt sei und sie für ihn die Regentschaft ausführe. Kang Youwei konnte rechtzeitig fliehen, Liang Qichao entkam nach Japan. Sechs wichtige Persönlichkeiten, die den Reformkurs mitgetragen hatten und später als die „Sechs Tudgenhaften Männer im Jahr von Wuxu“ bezeichnet wurden, wurden hingerichtet. Die Beamten, die dir Reformen unterstützt hatten, wurden ins Gefängnis gesteckt oder verbannt. Der gescheiterte Versuch der Reformbewegung zeigte, dass die alte Elite und Bürokratie nicht gewillt war, neues Denken einziehen zu lassen. Zu sehr lastete die lange Geschichte Chinas, die als Erfolg gesehen wurde, auf den Schultern der politischen Führung. Zugleich wollte man die eigene Machtstellung nicht gefährden. Dafür wurde in Kauf genommen, dass China sich nicht auf die Veränderungen einließ, die notwendig gewesen wären, um das Land auf die Herausforderungen des 20.Jahrhunderts vorzubereiten. Direkt und indirekt wurde dabei die Qing-Regierung von den westlichen Mächten unterstützt. Diese hatten selber ein Interesse an einer schwachen Regierung, um die 1899 von den Amerikanern so bezeichnete Politik der offen in Tür in China aufrechtzuerhalten. Bis zum Untergang des Kaiserreichs im Jahr 1911 wurde das Eindringen der westlichen Mächte und Japans immer stärker. Im Boxerkrieg 1900, eine Art Aufbegehren gegen die Ausländer in China, während dessen verschiedene Geheimgesellschaften auch mit Gewalt gegen Ausländer vorgingen, wurde die Übermacht der ausländischen Mächte deutlich. Gegen das Aufbegehren wurde eine internationale Truppe zusammengestellt, an der England, die USA, Deutschland, Frankreich, Japan, Italien, Russland und Österreich zusammengestellt, um die Aufständigen niederzuwerfen. Nach der Niederlage musste die chinesische Regierung 1901 ein internationales Protokoll unterzeichnen. Darin wurde den Ausländern erlaubt, in Beijing Botschaftsviertel einzurichten, wo ausländische Truppen zum Schutz stationiert wurden und keine Chinesen wohnen durften. In der Folgezeit wurden alle Forderungen eigener Minister nach einer neuen Verfassung hinausgezögert. Bis zum Jahr 1911 scheiterten alle Versuche, das langsame zerfallene Reich neu zu ordnen.

Als im Jahr 1904 auf chinesischem Boden ein Krieg zwischen Russland und Japan über territoriale Streitigkeiten im Nordosten des Landes ausbrach, zeigte sich die Qing-Regierung erneut machtlos und musste mit ansehen, wie Japan sich weitere territoriale Eroberungen sicherte. Die Qing-Regierung erklärte sich bei Ausbruch des Krieges neutral und erkannte nach dem Krieg die vorgesehenen Gebietsaufteilungen an. Dies war der Beginn einer sich immer stärker formierenden Opposition gegen die QingRegierung. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts hatten immer mehr Chinesen im Ausland studiert

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und waren in direkten Kontakt mit westlichen Ideen und Lebensvorstellungen gekommen. Auch das Studium in Tokyo zeigte, wie die Durchführung von Reformen sich positiv auf die Entfaltung nationaler Macht auswirkte. Es erschienen zahlreiche Schriften und Bücher, die die neuen politischen Ideen propagierten. Zwei Bücher, die rasch eine große Verbreitung fanden, waren symptomatisch für diese neuen Entwicklungen. Zou Rong veröffentlichte im Jahr 1903 ein Buch mit dem Titel Die Revolutionäre Armee, in dem er den Sturz der QingDynastie und den Abzug aller ausländischen Mächte aus China forderte. Ein Jahr später veröffentlichte Chen Tianhua zwei Bücher, in denen er die aggressiven Handlungen der Westmächte und Japans kritisierte, die Qing-Regierung als Regierung für Ausländer darstellte und das Volk zur Revolution aufrief. In der Folge entstanden revolutionäre Gruppen und Organisationen, die auf einen Sturz der Qing-Dynastie hinarbeiteten. Es entstanden die Gesellschaft für den Wiederaufbau Chinas (Hua Xing Hui), die Gesellschaft für die Wiedergeburt Chinas (Guang Fu Hui) und die Gesellschaft für Tägliches Lernen (Ri Zhi Hui). All diese Gruppierungen, die in verschiedenen Provinzen tätig waren, wurden 1905 in Tokyo unter Sun Yat-sen zusammengeführt. Am 20.August fand in Tokyo die offizielle Gründungstagung statt, an der mehr als 100 Delegierte aus 17 Provinzen teilnahmen. Sie erhielt den Namen Chinesische Revolutionäre Liga (Zhong Guo Tong Men Hui) und Sun Yat.sen wurde ihr erster Generalsekretär. Die Liga verabschiedete vier Punkte, die deutlich machten, dass es mehr als um eine Reform der bestehenden Verhältnisse ging: 1. 2. 3. 4.

Vertreibung der Mandschu Wiedergeburt Chinas Gründung einer Republik Bodenreform und Neuverteilung des Landes

Nach ihrer Gründung baute die Liga im In- und Ausland geheime Zellen auf. Gleichzeitig wurden lokale Aufstände organisiert. Nach zahlreichen Niederschlagungen solcher Aufstände führte schließlich ein erfolgreicher von der Nationalen Revolutionären Liga geförderter Aufstand in der Provinz Hubei im Jahr 1911 zu einer Kettenreaktion. 15 Provinzen erklärten in weniger als zwei Monaten die Unabhängigkeit von der QingRegierung, die Auflösung der Qing-Regierung war im Gange.

(Die Revolution 1911)

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Im November versammelten sich in Wuchang delegierte der unabhängig gewordenen Provinzen, um die Bildung einer neuen Zentralregierung zu besprechen. Als am 2.Dezember von der vereinigten revolutionären Armee Nanjing eingenommen wurde, proklamierte die Versammlung der Provinzdelegierten diese Stadt als neuen Sitz der neuen provisorischen Regierung und Sun Yat-sen wurde zum Präsidenten dieser neuen Regierung gewählt.

(Sun Yat-sen 1866-1925 – mit seiner Frau Soong Ching-Ling) Dies war das faktische Ende der Qing-Regierung. Am 12.Februar dankte der letzte offizielle Kaiser Chinas ab und damit war das Ende der langen Kaiserdynastien in China besiegelt. 4. Von der Gründung der Republik bis zur Gründung der Volksrepublik China: 1911-1949 4.1 Die ersten Jahre der neuen Republik 1911-1919 Die realen Machtverhältnisse in China waren aber nicht so, dass die neue provisorische Regierung tatsächlich die Macht über das Land ausüben konnte. Nach der langsamen Zersplitterung des Reiches waren in den letzten Jahren lokale Machthaber in den Provinzen aufgestiegen, die de facto die militärische Macht in den Provinzen ausübten. Besonders die lokalen Machthaber in den nördlichen Provinzen, die an die Hauptstadt angrenzten, traten nun als die neuen Machthaber auf, die ihre politischen Ziele auch durchsetzen konnten. Besonders Yuan Shikai (1859-1916), der bereits unter der Qing-Regierung die militärische Macht innehatte, trat als neuer starker Mann hervor. Nachdem der Kaiser abgedankt hatte, wählte ihn die Provisorische Nationalversammlung zum Provisorischen Präsidenten und Sun Yat-sen wurde zum Rücktritt gezwungen. Dadurch sollte die neue Regierung gestützt werden, in Wirklichkeit aber kam dies ihrer sofortigen Entmachtung gleich. Als Reaktion darauf gründeten im August 1912 Song Jiaoren und andere die Kuomintang, deren Kern aus Mitgliedern der Revolutionären Chinesischen Liga (Tong Men Hui), einigen Konstitutionalisten und ehemaligen Beamten bestand. Sun Yat-sen wurde ihr eigentlicher politischer Führer bis zu seinem Tod 1925. Es war die erste moderne politische Partei Chinas, die später unter der Führung von Chiang Kai-shek zum großen Gegenspieler der Kommunistischen Partei Chinas werden sollte. Yuan Shikai, der am 6.Oktober 1913 zum Präsidenten gewählt wurde, verfolgte das Ziel der Wiedereinführung der Monarchie. Im Januar 1914 ordnete er die Auflösung des Parlaments an und drei Monate später hob er die Provisorische Verfassung auf und verkündete seine reaktionäre Verfassung der Republik China. Als im August der 1.Weltkrieg ausbrach, versuchte Japan seine Machtbasis in China zu erweitern. Es wollte die momentane Schwäche der europäischen Mächte, die selber untereinander verfeindet waren, ausnutzen.

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Yuan Shikai war für die Durchsetzung seiner politischen Ziele auf die Unterstützung Japans angewiesen. Diese legten ihm 1915 ihre Eindundzwanzig Forderungen vor, indem sie unter anderem forderten: a. Übertragung der deutschen Rechte in Shandong an Japan b. Öffnung anderer Teile der Halbinsel für Japan c. Anerkennung von Sonderrechten in Liaojing, Jilin und der inneren östlichen Mongolei d. Verlängerung bestehender Pachtverträge e. Verbot der Verpachtung oder Abtretung chinesischer Küstenhäfen oder Inseln an Drittländer f. Hinzunahme japanischer Berater für politische, finanzielle, militärische Angelegenheiten Yuan Shikai unterzeichnete am 25.Mai 1915 unter strengster Geheimhaltung diese Forderungen und erklärte sich im Dezember desselben Jahres zum Chinesischen Kaiser. Nach der Wiedereinführung der Monarchie kam es in ganz China zu spontanen Protesten. Die Provinzen Yunnan, Guizhou und Guanxi erklärten sich für unabhängig und organisierten eine Armee zum Schutz der Republik. Yuan Shikai erkannte, dass seine Pläne nicht durchsetzbar waren. Daraufhin kündigte er am 22.März 1916 seine Dynastie auf. Er verstarb kurze Zeit später. Danach schlitterte das Land in weitere Krisen. Es konnte sich in den Folgejahren keine legitime Regierung durchsetzen. Am Ende des 1.Weltkrieges gab es keinen funktionierenden chinesischen Staat. China war ein Konglomerat aus Halbkolonie unter der militärischen Kontrolle lokaler militärischer Machthaber und fehlgeschlagenen Versuchen der Revolutionären Chinesischen Liga, eine Republik in ganz China durchzusetzen. Dennoch veränderte sich in der Zeit nach 1912 die ökonomische Lage Chinas. Besonders der Ausbruch des 1.Weltkrieges förderte die Entstehung und Entwicklung kapitalistischer Wirtschaftsformen. Britische und französische Importe nach China gingen in dieser Zeit drastisch zurück, deutsche Importe verschwanden fast vollständig. Japan und die USA nutzten die Schwäche der europäischen Länder, um ihre Wirtschaftsmacht in China auszuweiten. US-Importe nach China stiegen stark an, japanische Investitionen in chinesische Unternehmen stiegen von 380 Millionen Yen im Jahr 1913 auf über 880 Millionen Yen im Jahr 1919. Fast die gesamte Produktion von Eisenerz und Roheisen und ein Drittel der Kohleförderung wurden vom japanischen Kapital kontrolliert. Gleichzeitig entwickelte sich aber auch ein chinesischer Kapitalismus. Im Jahr 1911 gab es ungefähr In Allein in Shanghai waren mehr als 300000-400000 Industriearbeiter tätig. Im laufe zahlreicher Streiks während der Jahre 1912 bis 1919 entwickelte sich langsam eine Arbeiterbewegung, die zur Gründung moderner Gewerkschaften führte.

4.2 Die 4.Mai Bewegung und ihre Folgen 1919-1927 Im Januar 1919 fand in Paris die sogenannte Friedenskonferenz von Versailles statt unter der Führung der Siegermächte des 1.Weltkrieges USA, Großbritannien, Frankreich, Japan und anderen Siegermächten. Der amerikanische Präsident Wilson hatte bereits ein Jahr zuvor die sogenannten 14 Punkte für die Regelung einer zukünftigen Friedenordnung formuliert. Der letzte Punkt beinhaltete im Wesentlichen das Selbstbestimmungsrecht jeder Nation: „Eine allgemeine Gesellschaft der Nationen muss aufgrund eines besonderen Bundesvertrages gebildet werden zum Zweck der Gewährung gegenseitiger Garantien für politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität in gleicher Weise für die großen und kleinen Staaten. In Bezug auf diese notwendige Berichtigung von Unrecht und Sicherung des rechts betrachten wir uns als intime Genossen sämtlicher Regierungen und Völker, die sich gegen 14

die Imperialisten zusammengeschlossen haben. Es gibt für uns keine Sonderrechte oder andersartige Ziele. Bis zum Ende stehen wir zusammen.“5 Hierauf ruhten die Hoffnungen der chinesischen Delegation bei der Friedenskonferenz. Diese forderte in Bezug auf die oben genannte Erklärung, die 21 Forderungen Japans an China aus dem Jahr 1915 aufzuheben und die Rechte in Shandong, die Japan während des Krieges von Deutschland an sich gerissen hatte, zurückzugeben. Doch die Hoffnungen der Chinesen wurden enttäuscht. Die Forderungen der chinesischen Delegation wurden offiziell abgelehnt und gleichzeitig wurde beschlossen, Deutschlands Sonderrechte in Shandong offiziell an Japan zu übertragen. Hierfür gab es verschiedene Gründe. Zwar kam es zur Gründung des Völkerbundes, aber ohne amerikanische Beteiligung, da der Präsident Wilson im Senat keine Mehrheit für die Ratifizierung des Versailler Vertrages bekam. In den USA hatte sich bereits während des 1.Weltrkieges eine wichtige politische Strömung entwickelt, die darauf hinauslief, die Amerikaner grundsätzlich aus den politischen Konflikten der europäischen Nationen herauszuhalten. Gleichzeitig brauchte man Japan, da das zu den vier Ländern gehören sollte, die ständiges Mitglied im Völkerbundrat werden sollten. Deshalb kam man den japanischen Forderungen entgegen, ohne zu bedenken, dass sich damit mittel- und langfristig China als souveräner Staat nicht entwickeln konnte. Eine Unterstützung der demokratischen Bewegung unter Sun Yat-sen hätte möglicherweise zu einer anderen Entwicklung in China geführt. Auch verstärkte sich das Bewusstsein vieler Chinesen, dass dem Ausland in seiner Politik gegenüber China grundsätzlich nicht zu trauen sei. Enttäuschung und Zorn über die Ergebnisse der Versailler Friedenskonferenz entluden sich am 4.Mai in Peking. Aus Protest gegen die Beschlüsse versammelten sich mehr als 3000 Studenten auf dem Tiananmen-Platz und demonstrierten mit Losungen wie „Schützt Chinas Souveränität“, „Bestraft die Landesverräter“ und „Keine Unterstützung des Versailler Vertrags“.

(4.Mai 1919: Demonstration auf dem Tiananmen-Platz) Sie forderten die Bestrafung pro-japanischer Politiker und riefen am nächsten Tag zu einem generellen Unterrichtsstreik auf. In den kommenden Tagen kam es zu weiteren Protesten, Verhaftungen, was zur weiteren Empörung der Bevölkerung beitrug. Es entstand nichts weniger als der moderne chinesische Nationalismus. Unter dem Druck dieser Bewegung sah sich die Regierung der Nördlichen Militärmachthaber gezwungen, die Unterzeichnung des Versailler Vertrages abzulehnen. 5

Zitiert nach: W.Lautermann/M.Schlenke (Hg.), Geschichte in Quellen – Weltkriege und Revolutionen 19141945, München 1979, S.104ff.

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Bis heute gilt in China diese 4.Mai-bewegung als der eigentliche Beginn des modernen China. Wer waren ihre Träger und wie entwickelte sich die Bewegung in der Folgezeit? Wie kam es dazu, dass plötzlich Nationalismus, öffentliche Meinung und Massendemonstration ein solches Gewicht in der chinesischen Politik hatten? Die Phase von 1919 bis 1923 kann als intellektuelle Revolution bezeichnet werden. Die seit Anfang des Jahrhunderts aufkeimenden Ideen einer radikalen Erneuerung Chinas äußerten sich jetzt darin, dass die mithilfe von solchen Medien wie Magazinen und Zeitschriften unzählige westliche Ideen wie Liberalismus, Sozialismus, Pragmatismus, Agnostizismus und Anarchie diskutiert wurden. Es war eine intellektuell turbulente Zeit. Der Fokus lag insbesondere auf der Wissenschaft und der Demokratie, die als Hauptmittel gegen die nationalen Krankheiten in Politik, Moral, Erziehungswesen und Denken befunden wurden. Die Tradition und der Konservatismus hatten kaum Gewicht vor der Masse der Menschen, welche gerade gegen diese „veralteten Modelle“ vorgehen wollte. Hauptlenker dieses Phänomens waren unter anderem Chen Du Xiu, Cai Yuan Pei und Hu Shi, die im Ausland studiert hatten und bis 1917 nach China zurückkehrt waren. Cai Yuan Pei(1876-1940) wurde in der Provinz Zhe Jiang geboren, erhielt ein ‚2.’ und ‚3.’ Diplom im traditionellen System und erhielt eine begehrte Mitgliedschaft bei der Han Lin Akademie. 1907 verbrachte er einen Auslandsaufenthalt an der Leipziger Universität und ein paar Jahre danach studierte er in Frankreich. Er wirkte bei der republikanischen Revolution in China mit und wurde während Yuan Shi Kais Amtzeit Bildungsminister. 1916 lehnte er den Gouverneurstitel für Zhe Jiang ab und wurde stattdessen Kanzler an der Nationalen Pekinger Universität (Bei Da). Dort trug er maßgeblich zur intellektuellen Revolution bei, indem er die Bei Da in eine offene moderne Universität umwandelte. Dabei verkündete unter anderem: 1. Die Universität sollte eine Institution der Forschung sein. Es sollte nicht nur die westliche Zivilisation vorgestellt, sondern auch die chinesische Kultur neu erschaffen werden. 3. Absolute akademische Freiheit, Ausdrucks- und Meinungsfreiheit sind garantiert, solange sie rational begründet sind. Unter Cais Führung entwickelte sich in der Bei Da ein äußerst vielfältiges und dynamisches Intellektuellenleben mit Professoren aller möglichen politischen Überzeugungen, welche ihre Ansichten den Studenten vortrugen. Die Universität war der „Herd“, auf dem die Revolution kochte. Intellektuelle von ganz China kamen an die Universität, um an dem Diskurs über politische Reformen teilzunehmen. Ausländische Theoretiker wie John Dewey, die Philosophen Bertrand Russell und Hans Driesch sowie der Erzieher Paul Monroe wurden eingeladen, um Vorträge zu halten. Es arbeiteten viele nennenswerte Personen an der Universität, welche die intellektuelle Szene dort beeinflussten und/oder von ihr beeinflusst wurden. (Bsp.: Chen Du Xiu war dort Studiendekan der „Schule der Schrift“, Li Da Zhao war Bibliothekar und Mao Ze Dong war sein Assisstent.) Cai vertrat die Ansicht, dass eine Demokratisierung Chinas unbedingt notwendig für das Land sei. Chen Du Xiu(1879-1942) aus der Provinz An Hui bestand noch in der Qing Dynastie um 1896 das klassische Staatsexamen.

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(Chen Du Xiu 1879-1942) In den Jahren 1902 und 1906 hatte er kurze Auslandsaufenthalte in Japan. Später in den Jahren 1907-1910 blieb er in Frankreich, wo er stark von der dortigen politischen und literarischen Szene beeinflusst wurde. Er nahm später, nach seiner Rückkehr an zwei gescheiterten Aufständen teil und musste kurzzeitig nach Japan fliehen. Um 1915 kam er dann aus Protest über die von Japan gestellten 21 Forderungen wieder zurück. In Shanghai gründete er dann eine einflussreiche monatliche Zeitschrift, die später unter dem Namen „Neue Jugend“ („La Jeunesse“) bekannt wurde und darauf zielte, die Jugend des Landes aufzufordern, alles traditionelle und alte („China behindernde“) Denken abzuschaffen und eine neue Kultur, neues Denken und neues Verhalten zu begründen. Hierbei sollte sie die besten Elemente aller anderen Zivilisationen auswählen und zusammentragen. In dem Text „Aufruf an die Jugend“ zählte er sechs Prinzipien auf, an die man sich halten sollte: Sei: 1. unabhängig und nicht ergeben 2. progressiv und nicht konservativ 3. aggressiv und nicht regressiv 4. weltoffen und nicht isolationistisch 5. utilitaristisch und nicht unpraktisch 6. wissenschaftlich und nicht visionär. Später im Jahre 1917 wurde er Dekan der Bei Da Universität und leistete wichtige Beiträge zur Reformdiskussion, wo er vor dem 4. Mai als überzeugter Liberalist argumentierte. Hu Shi (1891-1962), welcher auch eine klassische chinesische Erziehung erhalten hatte, ging aufgrund eines Regierungsstipendiums nach Amerika zum Studieren. Dort machte er Bekanntschaft mit der amerikanischen Literatur und den dortigen Sozialbewegungen. Durch die Ideen von John Dewey und Thomas Huxley beeinflusst öffnete er sich den Ideen des Pragmatismus, des Agnostizismus, der Wissenschaft, dem Liberalismus und der Demokratie. Um 1915 begann er dort zusammen mit Y. R. Chao eine Reform der chinesischen Schrift und Literatur zu entwickeln. Als er 1917 von den USA zurückkehrte, kam er an die Bei Da Universität und wurde Professor für Literatur. Das Fehlen einer klar strukturierten Schreibart für die Studenten nach der Abschaffung des klassischen „Achtbeinigen Aufsatzes“ verwandelte Hu Shis Ideen für eine neue, umgänglichere Form der Sprache (was dann als „Bai Hua“, „gewöhnliche Sprache“ bekannt wurde) in einen Trend, der weite Akzeptanz fand. Die Bai Hua unterschied sich vom Klassischen nur in der Form und nicht im Inhalt. Die Grundidee dieser Sprachform war die, dass sie durch klaren, lebendigen Stil die Ansichten und Gefühle des Schreibers ausdrücken soll und dadurch den klassischen, nun „toten“ Sprachstil durch einen neuen ersetzt. Tote Sprache, so meinte er, könne keine lebendige Literatur hervorbringen. Dies fand sofort eine positive Aufnahme bei den liberal und 17

pragmatisch orientierten Akademikern. Die Sprachform verbreitete sich so schnell, dass sie 1920 von der Regierung zur Nutzung für die Schulen freigegeben wurde. Dieser Reformbeitrag von Hu Shi ist einer der Hauptgründe warum manche die intellektuelle Revolution auch als chinesische Renaissance bezeichnen. Hu Shi behielt seine ideologische Grundposition u.a. des Pragmatismus selbst nach dem 4.Mai weitgehend bei. Ein Verweis auf diese Protagonisten der 4.Mai-Bwegung zeigt, dass demokratische Ideen unter den bürgerlich Intellektuellen weit verbreitet waren. Die fehlende Unterstützung durch das Ausland und die nach wie vor ungeklärten Machtverhältnissen im inneren des Landes erschwerten eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ideen hin zu einer demokratischen Staatsform. Die russische Revolution im Jahr 1917 in einem ebenfalls kapitalistisch rückständigen Land zeigte, dass eine Radikalisierung revolutionärer Bewegungen möglich war und durchaus erfolgreich sein konnte. Der Marxismus mit seiner Überzeugung, wissenschaftlich die Entwicklungsgesetze der Geschichte erkannt zu haben, wurde zu einer realen politischen Alternative. Die fehlende Durchsetzungskraft der bürgerlichen Revolution deutete auf dessen Schwäche hin, sich in der Auseinadersetzung um die Erneuerung Chinas behaupten und durchsetzen zu können. In der Folge kam es zur Gründung der KPCh dem großen Gegenspieler der 1912 gegründeten Kuomintang bis 1949. Im Mai 1920 gründete Chen Duxui (1879-1942) in Shanghai die erste kommunistische Gruppe Chinas. Es folgte die Gründung weiterer kommunistischer Gruppen in verschiedenen Provinzen. Im Juli 1921 versammelten sich Vertreter der jeweiligen Kommunistischen Gruppen in Shanghai zur Gründung einer nationalen kommunistischen Partei, deren erster Generalsekretär Chen Duxui wurde. Im Juli 1922 fand der zweite Parteitag der KPCh statt auf der die wesentliche Ziele der Partei für die kommenden Jahre formuliert wurden: g. h. i. j. k.

Beendigung der Bürgerkriege Sturz der Militärmachthaber Herstellung des inneren Friedens Abschüttelung des Jochs der Fremdherrschaft Gründung eines souveränen chinesischen Staates

In den Anfangsjahren konzentrierte sich die KPCh auf die Ausweitung der Arbeiterbewegung. Im Gegensatz zur späteren Entwicklung unter Mao Zedong wurde die Basis der Partei in der Arbeiterbewegung gesehen. Dies führte zur Organisation zahlreicher Streiks, unter denen der Generalstreik der Eisenbahner im Jahr 1923 der bedeutendste und größte war. 30000 Arbeiter traten entlang der 2000km langen Eisenbahnlinie in den Streik. Die Militärmachthaber unter Wu Peifu reagierten mit Gewalt und Erschießungen auf diesen Streik. Es wurde deutlich, dass ein alleiniges Vorgehen der Kommunisten genauso wenig erfolgreich war wie ein alleiniges Handeln der Kuomintang. Im Jahr 1924 zogen beide Parteien die Konsequenzen aus der unbefriedigenden Lage. Auf dem Nationalkongress der Kuomintang 1924 beschloss die Partei unter Führung Sun Yat-sens ein neues Parteistatut und billigte den Beitritt von Kommunisten. Wichtige Mitglieder der KPCh wurden Mitglieder des Zentralen Exekutivkomitees der Kuomintang und es wurden drei neue Richtlinien beschlossen: l. Bündnis mit Russland m. Bündnis mit den Kommunisten n. Unterstützung der Bauern und Arbeiter

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Dies wurde auch aus der Einsicht beschlossen, dass die westlichen Mächte eine demokratische Entwicklung nur unzureichend unterstützt hatten und es ihnen vornehmlich um die Durchsetzung eigener politischer und ökonomischer Interessen ging. Mit der Unterstützung des neuen Bündnisses begab sich Sun Yat-sen im November 1924 nach Beijing mit den Zielen, eine Nationalversammlung einzuberufen, gegen die Militärmachthaber zu kämpfen und die ungleichen Verträge und den Einfluss der imperialistischen Mächte zurückzudrängen. Der Tod SunYat-sens am 12.März 1925 vereitelte dieses Vorhaben. Die politische Lage in China kam nicht zur Ruhe. Es häuften sich größere Streiks, die sich vornehmlich gegen die von Japanern betriebenen Textilfabriken in Shanghai und Qingdao richteten. Nachdem am 15.Mai von japanischen Textilfabrikanten der chinesische Arbeiter Gu Zhenghong getötet und weitere 10 Arbeiter verletzt worden waren, weitete sich der Streik rasch zur bis dahin größten Streikbewegung in China aus, die heute als 30.Mai Bewegung bekannt ist. Mehr als 200000 Shanghaier Arbeiter traten in den Streik, über 50000 Studenten verließen die Hörsäle, die meisten Kaufleute schlossen ihre Geschäfte. In weiteren 30 Städten wurde die Streikbewegung unterstützt, in Guangzhou und Hongkong kam es zu weiteren Generalstreiks. Britische Matrosen und Polizisten schossen auf die Streikenden und töteten 52 unter ihnen. Dies führte zu einer weiteren Ausweitung der Streikbewegung. Unter diesen Einflüssen konstituierte sich am 1.Juli 1925 in Guangzhou die Nationalregierung. Einen Monat später wurden sämtliche der Nationalregierung unterstehenden Militäreinheiten in Nationale Revolutionsarmee umbenannt. In der Militärakademie von Whampoa wurden die ersten Korps der Nationalen Revolutionsarmee ausgebildet. Im Jahr darauf gab die Nationalregierung ein Manifest zum Nordfeldzug bekannt und begann mit einem Straffeldzug gegen die Nördlichen Militärmachthaber. Damit sollte die territoriale Integrität Chinas als erster Schritt zur nationalen Unabhängigkeit umgesetzt werden. Innerhalb von sechs Monaten gelang es der Nationalen Revolutionsarmee die Hälfte des chinesischen Territoriums zu besetzen. Allerdings sahen die ausländische Mächte in diesem Nordfeldzug langfristig ihre eigenen ökonomischen Interessen geschadet. Im März 1927 beschossen Kriegsschiffe Großbritanniens, der USA, Frankreichs, Japans und Italiens die zuvor von der Nordfeldzugarmee befreite Stadt Nanjing. Die Kuomintang begann sich zu spalten. Unter Chian Kai-sheks Führung entwickelte ein Teil der Partei die Strategie, durch ein moderates Vorgehen mittel- und langfristig die Unterstützung der Westmächte und Japans zu bekommen. Am 18.April 1927 verkündete Chiang Kai-shek in Nanjing die Gründung seiner Nationalregierung. Kurz- und mittelfristig sollten die Kommunisten bekämpft und ein autoritärer Staat unter der Führung der Kuomintang aufgebaut werden. In den Provinzen Hubei, Hunan und Jiangxi behielt die alte Nationalregierung die Kontrolle. China war in drei Teile auseinandergefallen. Es begann der erste lange Bürgerkrieg zwischen der Kuomintang und der KPCh. 1. Der Bürgerkrieg zwischen der Kuomintang und der KPCh 1927-1237 Die Zeit von 1927 bis 1937 ist durch vier entscheidende Entwicklungen gekennzeichnet: 2. Die Spaltung der Einheitsfront zwischen der Kuomintang und der KPCh 3. Die Invasion Japans in China und die Gründung des Marionettenstaates Mandschuko im Jahr 1931 4. Maos Weg an die Spitze der KPCh und die strategische Neuausrichtung der Partei als revolutionäre Partei der Bauern 5. Der lange Marsch 1934-1936

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Chiang Kai-shek war hatte sich nach dem Tod Sun Yat-sens 1925 als neuer Führer der Kuomintang durchgesetzt. 1887 in der Provinz Zhejiang geboren, war er später in Japan ausgebildet worden und hatte dann 1923 als Nationalistischer Stabschef eine Abordnung in die Sowjetunion geleitet. Zu dieser Zeit existierte das Bündnis zwischen der Kuomintang und den chinesischen Kommunisten. Da die westlichen Mächte und Japan den Kampf um Chinas nationale Unabhängigkeit bekämpften, blieb die Sowjetunion als einziger Verbündeter für diesen Kampf übrig. Während seines dreimonatigen Aufenthaltes aber wurde Chiang Kaisheks Ablehnung des Kommunismus begründet. Die Vorstellung, in China einen Klassenkampf durchzuführen, widersprach seiner traditionellen chinesischen Gesinnung. Zunächst aber hielt er mit diese Auffassung zurück. Heimlich aber arbeitete er daran, Kommunisten aus wichtigen Schlüsselpositionen des gemeinsamen Bündnisses herauszudrängen. Als Reaktion darauf bereitete die Sowjetregierung die Verhaftung und mögliche Liquidierung Chiank Kai-sheks vor. Als Dokumente über diese Absichten in Peking entdeckt wurden, reagierte Chiang Kai-shek und begann unmittelbar die Verfolgung und radikale Bekämpfung der Kommunisten.6 Damit war das Bündnis zwischen der Kuomintang und der KPCh zerbrochen. Es kam zu Massenerschießungen und Chiang Kai-shek verfolgte das Ziel, die chinesischen Kommunisten auszuschalten, rücksichtslos. Die Reaktion der chinesischen Kommunisten folgte unmittelbar. In den folgenden Monaten und Jahren musste der Kampf gegen die Kuomintang organisiert und die Partei neu strukturiert werden. Während die Nanjing-Regierung rasche Erfolge auf dem Nordfeldzug errang, organisierten die chinesischen Kommunisten erste Aufstände gegen die Regierung. Im August 1928 startete die Partei unter Führung von Zhou Enlai den Nanchang-Aufstand. Über 30000 Mann nahmen an diesem Aufstand teil. Sie bildeten das Herz der zukünftigen Revolutionsarmee. Der Nordfeldzug, die Auseinandersetzung zwischen Kuomintang und der KPCh wurde durch eine weitere Entwicklung verschärft. In der Nacht vom 18.September 1931 zerstörten japanische Truppen einen Teil der südmandschurischen Eisenbahnlinie durch Bomben und gaben chinesischen Truppen die Schuld dafür. Japanische Truppen antworteten mit einem Angriff und besetzten wichtige Städte im Nordosten des Reiches. Damit folgten sie einer in den 1920er Jahren entwickelten Strategie, die darauf abzielte, mittel- und langfristig China politisch und militärisch zu kontrollieren. Sie gründeten den Marionettenstaat Mandschuko und setzten den letzten chinesischen Kaiser Pu Yi als offiziellen Herrscher ein. Proteste des Völkerbundes verhallten ergebnislos und Japan trat zwei Jahre später aus dem Völkerbund aus. Damit war der Weg frei, um Japan als zentrale Großmacht des ost- und südostasiatischen Kontinents auf- und auszubauen. Die mangelnde Unterstützung der Westmächte für ein national unabhängiges China nutzten die Japaner aus, um ihre Vormachtstellung dauerhaft zu sichern. Chiang Kai-shek reagierte zögerlich auf die Invasion der Japaner. Militärisch zu schwach, um gegen Japan vorzugehen, arrangierte er sich mit den neuen Verhältnissen, was ihm den Ruf eintrug, nicht vorbehaltlos für die Unabhängigkeit Chinas einzutreten. Die Kommunisten beschimpften Chiang als Vaterlandsverräter. Dies vertiefte die Spannungen zwischen der Kuomintang und der KPCh zusätzlich. Dies verstärkte gleichzeitig den Druck auf die chinesischen Kommunisten, eine Antwort auf die neuen Herausforderungen zu finden. Innerhalb der KPCh gab es erhebliche Differenzen, wie man gegen die Kuomintang und die Japaner vorgehen sollte. Zwischen 1930 bis 1933 startete die Nationalregierung unter der Führung von Chiang vier militärische Belagerungen des kommunistischen Stützpunktes in Jiangxi. Dort hatte die KPCh Anfang 1930 einen ihrer Hauptstützpunkte errichtet und im November 1931 fand dort der erste allchinesische Sowjet-Kongress statt und es wurde die 6

Jung Chang/Jon Halliday, Mao. Das Leben eines Mannes., das Schicksal eines Volkes, München 2005, S.68.

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provisorische Zentralregierung der chinesischen Sowjetrepublik gegründet. China war in drei Teile zerfallen: den Marionettenstaat Mandschuko im Nordosten des Landes, die von der Kuomintang beherrschten Gebiete in Mittel- und Ostchina und die von den chinesischen Kommunisten beherrschten Gebiete im Süd- und Südwesten des Landes. Die Kuomintang-Regierung begann in ihren Gebieten mit einer umfassenden Reformpolitik, um Infrastruktur, Handel und Erziehungswesen zu modernisieren. Dadurch sollte langfristig der Grundstein für ein neues China gelegt werden. Der Kampf der chinesischen Kommunisten im Süden- und Südwesten des Landes wollte Chiang Kai-shek für eigene Zwecke ausnutzen. Erstens musste er dadurch den dortigen Warlords nicht selber den Krieg erklären und zweitens hoffte er, dass sich die Warlords aus Angst vor den Kommunisten direkt an ihn wenden würden. Engsten Mitarbeitern erklärte er: „Wenn nun die kommunistische Armee nach Guizhou zieht, können wir nachfolgen. Das ist besser, als einen Krieg zur Eroberung Guizhous anzufangen. Sichuan und Yunnan werden uns freudig aufnehmen müssen, um sich zu retten…Von jetzt an können wir, wenn wir unsere Trümpfe geschickt ausspielen…ein geeintes Land schaffen.7 Hiermit unterschätze Chiang die Widerstandkraft der chinesischen Kommunisten und er ermöglichte dadurch unfreiwillig den Aufstieg Mao Zedongs. Mao hatte seit 1927 begonnen, die marxistische Theorie auf die Verhältnisse Chinas zu übertragen und damit letztendlich neu zu deuten. Während seines Aufenthaltes in der Provinz Hunan in den Jahren 1925-27 organisierte Mao erfolgreich einige Bauernaufstände. Dabei erkannte er die Kampfbereitschaft vieler Bauern gegen die Grundherren. Obwohl diese Aufstände von der Parteiführung nicht mitgetragen wurden und diese von lokalen Kriegsherren blutig niedergeschlagen wurden, formte sich hier Maos Ideal einer Revolution, die von den Bauern und nicht von Arbeitern durchgeführt wird. Seine Erfahrungen legte er im März 1927 im „Bericht über die Untersuchung der Bauernbewegung in Hunan“ nieder. Dort schrieb er: „Der Schlag der Bauern richtet sich vor allem gegen lokale Grundherren und Eliteangehörige…, aber nebenbei werden auch verschiedene partriarchalische Vorstellungen und Einrichtungen, korrupte Beamte in der Stadt sowie schlechte Sitten und Gebräuche im Dorf getroffen. Dieser Schlag gleicht in seiner Wucht einem Orkan, der den Nachgiebigen bestehen lässt und den Widerspenstigen niederwirft. Im Ergebnis werden die jahrtausendealten Privilegien der feudalen Grundherren in Stücke geschlagen. Ihr Ansehen und ihr Machtnimbus sind völlig dahin. Mit dem Sturz der Grundherrenmacht sind die Bauernvereinigungen zu den einzigen Machtorganen geworden, und die populäre Losung „Alle Macht den Bauernvereinigungen!“ ist Wirklichkeit geworden.“8 In den Bauern erkennt Mao die revolutionäre Klasse Chinas. Doch damit stand Mao zunächst allein innerhalb der Parteiführung. Gleiches galt für seine Kriegstatik. Während in der Führung der Partei nach wie vor die Vorstellung hielt, dass strategisch wichtige Städte einzunehmen seien, forderte Mao die kriegerischen Auseinandersetzungen in Form eines Guerillakrieges durchzuführen. Erst die Veränderungen der Jahre 1931 bis 1934 gaben Mao die Möglichkeit, seine Vorstellungen durchzusetzen. Die zum Teil erfolgreiche Reformpolitik der Kuomintang und die Stabilisierung ihrer Regierung infolge des relativ erfolgreich durchgeführten Nordfeldzuges zwangen die chinesischen Kommunisten zum Umdenken. Der militärische Druck durch die Kuomintang hatte 1934 dazu geführt, dass die Kommunisten 7

Zitiert nach Jung Chang, S.178. Zitiert nach: Klaus Mäding, China: Kaiserreich und Moderne. Eine ferne Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne, Berlin 2002, S.133. 8

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ihren revolutionären Stützpunkt in Jiangxi verlassen mussten. Es begann das Kapitel, das bis heute den Ruf legendären Ruf Maos begründet. Der lange Marsch von 1934-36 wird bis heute als eine der großen Heldentaten Maos gefeiert. Dieser lange Marsch verlief aber keineswegs so heldenhaft, wie er heute oft dargestellt wird. Mao setzte hier seine Guerillataktik durch. Verschiedene Korps durchzogen zunächst die Gebiete von Süd-Jiangxi, Hunan, Guiszhou. Im Januar besetzte die „Rote Armee“, wie sie genannt wurde, die im Norden der Provinz Guizhou gelegene Stadt Zunyi, wo die kommunistische Partei eine erweitere Sitzung des Politbüros abhielt, auf der die Führung Mao Zedongs festgelegt wurde. Im Mai überquerte die Rote Armee den Fluss Jinsha und zog durch das Daliang-Gebirge. Über das Liupang-Gebirge ging es weiter durch die Provinz Sichuan durch die Steppe Richtung Norden. Von der Provinz Gansu ging es weiter über das Gebirge Minshan. Nachdem die Rote Armee Nord-Shaanxi erreicht hatte, wurden in den Folgemonaten die verschiedenen Armeeeinheiten zusammengeführt. Der lange Marsch war militärisch gesehen kein wirklicher Erfolg. Von den über 80000 Beteiligten überlebten dem langen Marsch nur 4000. Aber die psychologische Wirkung war ungemein. Mao hatte gezeigt, dass er mit der neuen Taktik nicht endgültig zu besiegen war. Zudem hatte der lange Marsch einen weiteren wichtigen Aspekt. Die politische Führung und Mao kamen in Kontakt mit Menschen aus den Randprovinzen und es schärfte sich das Bild über die wahren Verhältnisse im eigenen Land. Hier setzte sich endgültig die Idee durch, dass eine Revolution und der Weg in ein unabhängiges China nur über die Landbevölkerung und die Bauern durchzusetzen war.

4.3 Der Krieg gegen Japan 1937-1945

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Japan war bereits 1931 mit der Eroberung der Mandschurei dazu übergegangen, seine Herrschaft auf China auszudehnen. Bereits 1910 war Korea offiziell eine Kolonie Japans geworden. Während Japan seinen politischen und militärischen Druck auf China erhöhte, errichtete Chiang Kai-shek im Sommer 1935 in Xi’an das nordwestliche Hauptquartier zum Kampf gegen die Kommunisten. Chiang hatte zu der Zeit eine nicht aggressive Haltung gegenüber den Japanern eingenommen und hielt die Kommunisten für eine größere Gefahr für China als die Japaner. Seine Strategie zielte darauf ab, zunächst die Kommunisten zu beseitigen, bevor er sich den Japanern zuwandte. Der wachsende nationalistische Zorn gegen Japan machte diese Politik jedoch sehr unpopulär, was zu Zhangs Vorgehen gegen Chiang führte. Doch Chiang Kai-shek verlor teilweise die Unterstützung führender Militärs, die den antijapanischen Widerstand verstärken und dafür auch zeitweise mit den Kommunisten zusammenarbeiten wollten. Es kam zum sogenannten Zwischenfall von Xi’an. Zhang Xueliang, der 1930 die Najing-Regierung unter Chiang Kai-shek militärisch gegen die nördlichen Kriegsherren unterstützte, verbündete sich mit General Yang Hucheng, um Chiang gefangen zu nehmen und zu entführen. Sie führten den Plan im Dezember 1936 durch, um Druck auf Chinag auszuüben, damit dieser sich vorübergehend mit den Kommunisten gegen die Japaner verbündet. Beide verkündeten die Auflösung des nordwestlichen Hauptquartiers und errichteten das nordwestliche provisorische Militärkomitee der vereinigten antijapanischen Armee. In einem offenen Brief stellten sie unter anderem folgende Forderungen auf: 1. 2. 3. 4. 5.

Umbildung der Nanjinger Regierung Beendigung des Bürgerkrieges Öffnung der patriotischen Volksbewegung Befolgung des Willens Sun Yat-sens Einberufung einer Konferenz zur Rettung des Vaterlandes

Bereits am 6.April 1936 war es zu einem Treffen zwischen Zhang Xueliang und Zhou Enlai gekommen, indem geklärt wurde, indem über ein antijapanisches Bündnis verhandelt wurde. Im Anschluss an die Entführung trafen am 17.Dezember Vertreter der KPCh unter der Führung Zhou Enlais in Xi’an ein. In mehrtätigen Verhandlungen wurde vereinbart, dass die Kuomintang ein Einheitsbündnis mit den Kommunisten zum gemeinsamen Kampf gegen Japan eingehen solle. Chiang Kai-shek musste bei einem Treffen mit Zhou Enlai beschwören, sich an diese Abmachung zu halten. Im Gegenzug dazu solle Chiang freigelassen werden. Der Zwischenfalls von Xi’an zeigte, dass Chiang nicht mehr mit uneingeschränkter Unterstützung des Militärs im Kampf gegen die Kommunisten rechnen konnte, solange die japanische Bedrohung vorhanden war. Es zwang Chiank Kai-shek dazu, den Bürgerkrieg gegen die Kommunisten zu beenden und eine vereinigte Front gegen die japanischen Invasoren zu bilden. Im Jahr 1937 brach dann der Krieg Japans gegen China endgültig aus. Ein Zwischenfall in der Stadt Wanping war der Beginn der japanischen Aggression. Im Juli griffen japanische Truppen Peking und Tianjin an und besetzten nach heftigen Kämpfen beide Städte. Als nächstes folgte der Angriff auf Shanghai. Die chinesische Armee kämpfte mit 70 Divisionen und über 70000 Mann drei Monate gegen die übermächtigen Japaner. Im November wurden Shanghai und Taiyuan besetzt und die nationale Regierung musste nach Chongqin verlegt werden. Im Dezember erfolgte dann der Angriff auf Nanjing, das in die Geschichte als das Massaker von Nanjing eingegangen ist. Nach offiziellen chinesischen Angaben wurde dabei über 300000 Zivilisten auf zum Teil grausamste Art ermordet. Dieses Massaker schweißte die antijapanische Front zusammen. Die japanische Armee drang weiter nach Süden vor und die chinesische Armee musste sich weiter in den Südwesten zurückziehen. Wichtige

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Industrien, Hochschulen, Bibliotheken etc. wurden in das südwestliche Hinterland geholt. Als Japan im Dezember 1941 Pearl Harbour angriff, begann der pazifische Krieg. Englang und USA erklärten Japan den Krieg. Dies führte mittelfristig zu einer Schwächung der japanischen Kampfkraft in China. China begann 1942 mit einer Expeditionsarmee in Burma die alliierten Militärkräfte zu unterstützen. Im folgenden Jahr häuften sich die militärischen Niederlagen Japans. Dennoch leistete die japanische Armee großen Widerstand gegen die chinesischen Truppen und erst 1945 gelang es den chinesischen Truppen innerhalb weniger Monate, fast das gesamte chinesische Territorium zurückzuerobern. Nach Abwurf der Atombomben Anfang August und der Kriegserklärung der Sowjetunion gegenüber Japan kam es dann am 15.August zur bedingungslosen Kapitulation der Japaner. Am 2.September unterzeichneten Vertreter der japanischen Regierung die Kapitulationsschrift mit chinesischen und amerikanischen Vertretern. Am 9.Sptember fand die Kapitulationszeremonie der chinesischen Kriegszone in Nanjing statt. Es markierte das Ende des achtjährigen anti-japanischen Krieges. 4.4 Der erneute Bürgerkrieg und der Sieg der KPCh 1945-1949 Nach Beendigung des Krieges brachen die Konflikte zwischen der Kuomintang und der KPCh schnell wieder auf. Zwar unterzeichneten beide Parteien am 10.Oktober 1945 eine Vereinbarung unter dem Titel „Zusammenfassung der Gespräche zwischen der Regierung und den Vertretern der KPCh“, indem sie sich für eine friedliche Lösung innerer Probleme aussprachen. Doch die Differenzen beider Parteien waren zu groß. Ende des Jahres benannte daraufhin der amerikanische Präsident Truman General Marshall zum Sonderbeauftragten des Präsidenten, um die Konflikte zwischen Koumintang und der KPCh zu schlichten. Im April 1946 unterzeichneten beide Parteien unter der Vermittlung Marshalls ein Abkommen, um militärische Konflikte zu vermeiden, und sie gründeten eine Militärgruppe mit drei Personen: Marshall, Zhang Qun und Zhou Enlai. Daraufhin kehrte die Nationale Regierung nach Nanjing zurück. Doch bereits drei Monate später brachen die Konflikte erneut auf. Während Chiang Kai-shek erhoffte, durch die finanzielle Unterstützung der USA den Kampf gegen die Kommunisten gewinnen zu können, erkannten die Kommunisten ihrerseits, dass mittelfristig ein Kompromiss mit der Kuomintang nicht zu einer Herrschaftsbeteiligung geschweige denn zu einer Machtübernahme führen würde.

(Chiang Kai-shek 1887-1975) Nach schweren Niederlagen der Kuomintang in Anhui, Shandong, Shanxi, Hebei und im Nordosten des Landes im Frühjahr und Sommer 1947, verkündete die Nationalregierung die allgemeine Mobilmachung des ganzen Volkes, um die Rebellion niederzuschlagen. Aber alle Angriffe wurden von der Nordwestfeldarmee und der Ostchina-Feldarmee der KPCh abgewehrt. Hier machten sich die Erfahrungen des langen Marsches und die Unterstützung der ländlichen Bevölkerung bemerkbar. In ihren Augen vertraten die Kommunisten nicht nur die unmittelbaren Interessen der Kleinbauern, sondern nun wurde die KPCh auch als die Partei angesehen, die nie mit den Japanern paktiert hatten. Die KPCh war somit der

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eigentliche Vertreter chinesischer Interessen, während die Kuomintang mit Hilfe der USA wieder mit auswärtigen Mächten zusammenarbeite. Zudem erhöhte die Regierung die Steuern, die Wirtschaft in den von der Kuomintang kontrollierten Gebieten brach teilweise zusammen. Die Korruption zahlreicher Beamten erschütterte zusätzlich das Vertrauen in die Nationalregierung. Von Oktober 1949 bis Januar 1949 erlitt die Nationalregierung verheerende Niederlagen und im Januar marschierte die Rote Armee in Peking ein. Am 21.Januar erklärte Chiang Kai-shek seinen Rücktritt. In den Folgemonaten eroberte die Rote Armee Nanjing, Shanghai, den Südosten und den Nordwesten des Landes. Chaing Kai-shek floh mit Gefolgsleuten und der Staatskasse nach Taiwan, um erklärte von dort aus den Alleinvertretungsanspruch für ganz China. Die Kommunisten aber waren siegreich aus dem Bürgerkrieg hervorgegangen und waren nun die einzige politische Kraft in dem neu zu gestaltenden China. 5

Die Ära Mao Zedongs 1949-1976

5.1 Die Anfangsjahre und der Große Sprung nach vorn 1949-1965 Am 1.Oktober 1949 wurde offiziell vom Platz des Himmlischen Friedens aus die Volksrepublik China unter der Führung der KPCh ausgerufen.

(Mao Zedong ruft am 1.10.1949 die Volksrepublik China aus) In den ersten Jahren der jungen Republik gab es drei zentrale Aufgaben: 1. Sicherung der territorialen Integrität und Kampf gegen Armeeeinheiten der Kuomintang, die dich noch auf dem Festland befanden 2. Wirtschaftliche Maßnahmen für den Aufbau des neuen Landes 3. Außenpolitische Absicherung in der internationalen Staatengemeinschaft Mit der Proklamation der Volksrepublik China stellte die neuer politische Führung unter Mao Zedong klar, dass sie die einzig legitime Regierung im Namen des Volkes der Volksrepublik China sei. Sie war bereit, mit allen Staaten diplomatische Beziehungen aufzunehmen, die die Prinzipien der Gleichberechtigung und das Territorium und die Souveränität der neuen Regierung achteten. Im Zuge des beginnenden Kalten Krieges bedeutete dies, sich zunächst für eine der beiden Supermächte entscheiden zu müssen. Die USA hatten lange auf ein neues China unter der Führung der Kuomintang gesetzt. Chiang Kai.shek hatte sich zwar mit anderen Führern der Kuomintang nach Taiwan abgesetzt, aber immer noch standen große Truppenteile in den Provinzen Guandong, Guanxi, Sichuan, Yunnan und Xikang. Ende des Jahres 1949 wurden diese Provinzen von der Volksbefreiungsarmee besetzt. Mit dem Einmarsch in Tibet im Jahr 1951 wurde der Prozess der territorialen Eingliederung in die neue Volksrepublik abgeschlossen. Zum ersten Mal seit den Opiumkriegen gab es eine chinesische Regierung, die die politische und militärische Souveränität des Landes für sich in Anspruch nehmen konnte. Lediglich Taiwan unter der Führung der Kuomintang entzog sich ihrer direkten Kontrolle. Da die USA weiterhin die Regierung in Taiwan unter Chiang Ka-shek als einzig legitime Regierung für Gesamtchina anerkannte, blieb der KPCh keine andere Wahl, als sich politisch der Sowjetunion anzuschließen. Mao selber hatte starke Vorbehalte gegen diese Ausrichtung, sah aber wie die anderen Führungsmitglieder der Partei keine

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Alternative, um international politisch anerkannt und entsprechende Wirtschaftshilfe beim Aufbau des zerstörten Landes zu bekommen. Der 1950 ausbrechende Koreakrieg verstärkte zudem die politische Abhängigkeit von der Sowjetunion. Zwei Tage nach Ausrufung der Volksrepublik beschloss die Sowjetunion, mit China diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Wenig später folgten Bulgarien, Rumänien, Ungarn, die Mongolei, Polen, die DDR, Albanien, Vietnam, Indonesien, Schweden, Dänemark und die Schweiz. Damit war zunächst ein erstes Ziel erreicht: die internationale Anerkennung der neuen Volksrepublik. Zwar konnte Taiwan seinen Alleinvertretungsanspruch für ganz China mit einem Sitz in der UNO unterstreichen, aber de facto führte kein Weg daran vorbei, dass Festlandchina eine eigene, unabhängige Regierung hatte. Vertraglich begann die Anbindung an die Sowjetunion im Februar 1950 mit dem Vertrag der freundschaftlichen Allianz und gegenseitiger Unterstützung. Der Ausbruch des Koreakrieges und die Amerika feindliche Haltung Maos beschleunigten diesen Prozess. Mao war davon überzeugt, dass die Amerikaner den Koreakrieg dazu nutzen würden, um über die angrenzenden Gebiete nach China einzumarschieren. Tatsächlich gab es Pläne unter General MacArthur, der 1950 den Oberbefehl für die von der UNO ausgestatteten Truppen in Korea erhielt, nach einem erfolgreichen Kriegsabschluss in Korea nach China einzudringen, um die dortige Regierung abzusetzen. Am 18.Oktober 1950 traf das Zentralkomitee der KPCh die strategische Entscheidung, an den koreanischen Krieg teilzunehmen und Truppen nach Korea zu entsenden. Mao nutzte den Krieg innenpolitisch aus. Durch massive Propaganda wurde das Volk darauf eingeschworen, sich dem imperialistischen Amerika zu widersetzen und das eigene Vaterland zu verteidigen. Es ging eine Welle patriotischer Begeisterung durch das Land und weite Teile der Bevölkerung identifizierten sich mit der Regierung und den Kommunisten als die einzigen aufrechten Verteidiger des Vaterlandes. Gleichzeitig hatte die Regierung damit begonnen, eine umfassende Bodenreform durchzusetzen, die Millionen von besitzlosen Kleinbauern zum ersten Mal zu kleinen Landbesitzern machte. In der Zeit von Juni 1950 bis Ende 1952 wurde der größte Teil des Landes neu verteilt. Der Koreakrieg erhöhte aber auch den Druck auf die Regierung, die am Boden liegende Wirtschaft neu aufzurichten. Hier begab sich die KPCh auf den später oft wiederholten Weg großer Kampagnen. Im Oktober 1952 stellte das Zentralkomitee der KPCh die Richtlinie auf: „Bessere Truppen und einfache Administration, Erhöhung der Produktion und Praktizierung von Sparmaßnahmen“. Das ganze Land wurde in einer Welle des Patriotismus zur Steigerung der Produktion und Materialeinsparung aufgerufen. Gleichzeitig sollten die drei Übel „Korruption“, „Verschwendung“ und „Bürokratismus“ bekämpft werden. Es fehlten der Regierung ganz einfach die finanziellen Mittel und eine klare ökonomische Vorstellung, wie die Wirtschaft des Landes wiederaufgebaut bzw. überhaupt erst aufgebaut werden sollte. Mao favorisierte zunächst nicht das Modell der Sowjetunion, die Schwerindustrie mit Hilfe von Fünfjahresplänen aufzubauen. Vielmehr sollten die Dörfer und die Bauern als Träger der Wirtschaftsentwicklung dienen, in dem ihnen Geräte zur landwirtschaftlichen Produktion zur Verfügung gestellt werden und dann von hier aus der Beginn einer Industrialisierung in Gang gesetzt werden sollte. Aber die politischen und ökonomischen Realitäten im Zuge des Kalten Krieges entwickelten sich anders. 1953 unterzeichnete China ein Abkommen mit der Sowjetunion zur Hilfe der chinesischen Regierung bei der Entwicklung der Volkswirtschaft. Damit war der Weg einer ökonomischen Modernisierung am Leitbild der Sowjetunion vorgezeichnet. Dieser zeichnete sich durch zwei Prinzipien aus: Fünfjahrespläne und die Förderung der Schwerindustrie und Kollektivierung der Landwirtschaft zur effektiveren Nutzung des Bodens. Dass beide Wege nicht erfolgreich waren, wurde von den Vertretern dieser Ideologie Anfang der 1950er Jahre nicht gesehen. Der erste Fünfjahresplan als Modell einer Planwirtschaft auf dem Übergang zum Sozialismus wurde 1928/29 in der Sowjetunion in Gang gesetzt. Hohe Wachstumsraten in der Schwerund Rüstungsindustrie konnten den Eindruck vermitteln, dass eine solche Politik einer forcierten, geplanten Industrialisierung erfolgreich sei. Die erfolgreiche Abwehr NaziDeutschlands konnte als weiterer Beleg dafür gesehen werden, wie erfolgreich das Modell Sowjetunion sei. Auch Mao teilte die Überzeugung, dass der Imperialismus und der Kapitalismus keine Zukunft haben. Er blieb bis zu seinem Tod der Auffassung, dass jede

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Form des Kapitalismus eine Form der Unterdrückung und Ausbeutung sei. Die Führung der KPCh war so überzeugt vom ihrem Weg, dass sie bereits 1952 vorgab, innerhalb von 10-15 Jahren den Übergang des Sozialismus im Großen und Ganzen beenden zu können. 1955 führte der nationale Kongress der KPCh die Resolution über den ersten Fünfjahresplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft ein. Die Herrschaft der KPCh war gefestigt und international war China ein anerkannter Staat. China hatte die Annäherung an Indien und di blockfreien Staaten gesucht und im Juni 1954 wurde eine gemeinsame Erklärung der Außenminister von China, Indien und Burma bekannt gegeben, in der ein gegenseitiger Nichtangriffpakt, die Achtung der jeweiligen territorialen Integrität und die gegenseitige Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Staaten verlautet wurde. Mao fühlte sich sicher und lancierte seine erste große Kampagne. 1956 begann er die Kampagne „Lasst Hundert Blumen blühen, lasst hundert Schulen miteinander wetteifern“, um Missstände in der Parteibürokratie und außerhalb der Partei offenzulegen und die Intellektuellen für den Aufbau des Staates zu gewinnen. Womit Mao nicht gerechnet hatte, war die nun heftig einsetzende Kritik gegenüber der Partei insgesamt und gegenüber Mao selber. Forderungen nach Demokratie und Beseitigung der Einparteienherrschaft werden laut und es werden demokratische Reformen, Rede- und Pressefreiheit gefordert. Ein Jahr später greift die Partei zur Notbremse und dreht die Kampagne in eine Kampagne gegen die Rechtsabweichler um. Regimekritiker und -gegner werden rigoros, werden in Arbeitslager geschickt oder umgebracht. Gleichzeitig verfolgt Mao misstrauisch die Entwicklungen in der Sowjetunion. Er sieht in Chrustschow von Anfang an einen Revisionisten und Verräter der Idee des Sozialismus. Mit dessen Kritik an Stalin auf dem Parteitag der KPdSU 1956 und der Einführung von Reformen für mehr Offenheit sah er die Sowjetunion auf dem Weg zurück in kapitalistische Wirtschaftsund Denkformen. China musste nach Maos Überzeugung selber seinen Weg zum Sozialismus beschreiten. Mao selber wurde von der Propaganda als Vorbild in allen Bereichen des Lebens dargestellt.

("Verwandle China in ein fruchtbares, reiches und starkes industrialisiertes sozialistisches Land unter der Führung der Kommunistischen Partei und des Vorsitzenden Mao! 1954")

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Der Großen Sprung nach vorn, von Mao initiiert, sollte den chinesischen Weg zum Kommunismus ebnen. Nachdem die Sowjetunion 1957 verkündet hatte, die USA innerhalb von 15 Jahren ein- bzw. zu überholen, stellte Mao im März 1958 auf einer Konferenz in Chengdu die allgemeine Linie auf, mit voller Kraft und hohem Ziel große, schnelle, bessere und mehr Erfolge im Aufbau der Wirtschaft zu erzielen, um den Sozialismus aufzubauen. Das Ziel war, mit allen Traditionen zu brechen und eine neue Gesellschaft aufzubauen. Dies sollte durch eine große Produktionssteigerung in der Schwerindustrie und dem Aufbau von Volkskommunen auf dem Land erreicht werden. Diese Politik wurde unter der Losung der Drei Roten Banner eingeführt: 1. Banner: Die "Generallinie des sozialistischen Aufbaus" sollte die gleichzeitige Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft bei gleichzeitiger Nutzung moderner und herkömmlicher Produktionsmethoden vorantreiben. 2. Banner: Der "Grosse Sprung nach vorn" sollte ein Konzept arbeitsintensiver Entwicklungspolitik durchsetzen. 3. Banner: Die Errichtung von "Volkskommunen" sollte die umfassende Kollektivierung des Lebens vorbereitet werden Letzteres wurde umgehend umgesetzt. In der zweiten Hälfte des Jahres 1958 wurden aus den damals bestehenden 740.000 Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften 26.000 Ländliche Volkskommunen gebildet. Insgesamt 120 Millionen Bauernhaushalte oder 99% aller chinesischen Bauernhaushalte wurden erfasst. Eine Parteidirektive vom 29.August 1958 besagte, dass das Gebiet einer Volkskommune mit dem eines Verwaltungsgebiets zusammenfalle und im Durchschnitt etwa 2000 Haushaltungen umfassen sollte.9

(Plakat für Kooperativen in der Landwirtschaft 1956: "Schreite voran auf der Strasse der Kooperativierung.") Die Volkskommunen sollten wirtschaftlich weitgehend autark sein, also landwirtliche und industrielle Güter herstellen, und zugleich sollten neue Formen des kollektiven Lebens verwirklicht werden. Der "neue Mensch" sollte sich lösen von bäuerlichem Eigennutz und vom Familienegoismus. Zu diesem Zweck lebten die Menschen in Gemeinschaftsbaracken, aßen in Kantinen, waren alle gleich gekleidet, und sie hatten keinen Lohn. Gleichzeitig gab das Zentralkomitee der Partei im August 1958 die Direktive aus, dass im selben Jahr 10,57 Millionen Tonnen Stahl produziert werden sollte, etwa zweimal so viel wie 1957. Überall im Land wurden kleine Verbrennungsöfen errichtet, in denen die Bürger ihr Stahlgeschirr und 9

Gottfried-Karl Kindermann, Der Aufstieg Ostasiens in der Weltpolitik 1840 bis 2000, Stuttgart/München 2001, S.457.

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andere Gegenstände aus Stahl einschmelzen sollten. Um die Ernte zu verbessern, wurde eine Kampagne für das Töten von Spatzen ins Leben berufen. Überall im Land trommelten die Menschen so laut, bis die Spatzen tot von den Bäumen fielen. Das eingeschmolzene Stahl erwies sich als wenig brauchbar. Mao wollte letztendlich mit diesem Programm die schnelle Verwirklichung der kommunistischen Gesellschaftsordnung vorbereiten und meldete damit zum ersten Mal seinen Führungsanspruch in der internationalen kommunistischen Bewegung an, was in Moskau als ideologische Offensive gegen die Sowjetunion gewertet wurde. Wichtiger waren für Mao allerdings die innenpolitischen Ziele, die er mit der Politik der "Drei Roten Banner" glaubte erreichen zu können. Durch die Kollektivierung des gesamten Lebens sollte das herkömmliche chinesische Familiensystem zerstört, der Parteiapparat in seine Schranken und die Revolution wirklich von den Bauern durchgeführt werden. Die Wirklichkeit sah allerdings anders aus. Durch die Einrichtung der Volkskommunen vernachlässigten viele Bauern die Felder, die Ernteerträge gingen auch aufgrund schlechter Witterungsbedingungen drastisch zurück. Es begann einer der größten Hungerperioden in der Geschichte Chinas, bei der über 20000000 Millionen Menschen ums Leben kamen. Auf der Parteikonferenz in Lushan wurde erstmals in der Partei deutlich Kritik an Mao geübt. Dieser trat von allen öffentlichen Staatsämtern zurück und Liu Shaoqi wurde neuer Staatspräsident der Volksrepublik China.

(Liu Shaoqi: 1898-1969) Dieser verfolgte mit Argwohn von Mao beobachtet, einen moderaten Kurs. Er versuchte, die Fehler des Großen Sprungs zu beheben und setzte auf eine Reprivatisierung der Wirtschaft auf dem Lande. Der entscheidende Unterschied zwischen Mao und Liu lag in der Frage, ob der Klassenkampf oder die Produktion im Vordergrund stehen sollte. Liu Shaoqi und Deng Xiaoping favorisierten politische Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung führen würden und sahen diesbezüglich die Reprivatisierung von Land als ersten wichtigen Schritt ökonomischer Reformen. Deng Xiaoping äußerte damals in einer Rede den Satz: „Egal ob eine Katze schwarz oder grau ist, Hauptsache sie fängt Mäuse.“ Und er fügte hinzu, dass Privatbesitz gestattet werden müsse, wenn dies der Erhöhung der Produktion diene. Als Mao daraufhin aus Südchina nach Peking zurückkehrte und in einer Rede vor dem Politbüro mitteilte, dass die Rückgabe von Privatbesitz Revisionismus sei, zog Deng seine Ansichten zurück. Hier zeigte sich bereits der anschwelende Konflikt hin zur Kulturrevolution. Während dieser Auseinandersetzung vollzog sich gleichzeitig der Bruch mit der Sowjetunion. Im Juni 1959 hatte die Sowjetunion das Abkommen über die Lieferung neuer Technologien zur nationalen Verteidigung, das beide Staaten im Oktober 1957 unterzeichnet hatten, aufgekündigt. Im Juli überreichte die Sowjetregierung der chinesischen Regierung eine Note und beschloss unilateral, alle Techniker aus China zurückzuziehen und Verträge hinsichtlich der Kooperation in Wirtschaft und Technologie abzuschaffen. Liu sah deshalb die vornehmliche Aufgabe darin, die katastrophale Ernährungslage möglichst schnell zu verbessern und sah den einzig gangbaren Weg in einer Reprivatisierung auf dem Land.

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Bauern sollten wieder eigenständig produzieren können. Mao sah darin einen Weg zurück zu kapitalistischen Produktionsformen. Nachdem sich die Lage in den Jahren 1963/64 langsam entspannte, konnte Zuhou Enlai eine neue Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs ankündigen, der allem Anschein nach mit dem 3.Fünfjahespaln 1966 beginnen sollte. Dieser Fünfjahresplan beinhaltete Wirtschaftsreformen, die eine Modernisierung in Richtung Teilprivatisierung vorsah. Dies war ein Schlag ins Gesicht Maos und seiner Anhänger. Es verschärfte sich die Auseinandersetzung über die Sozialistische Erziehungsbewegung und den richtigen Weg zum Sozialismus. 5.2 Die große Kulturrevolution und das Ende Maos 1966-1976 Seit dem Frühjahr 1962 entwickelten sich in der Partei zwei Flügel. Liu Shaoqi und Deng Xiaoping kritisierten Maos Politik der Drei Roten Banner und setzten auf eine Weiterführung des 1959 begonnen Weges einer Reprivatisierung der Wirtschaft. Mao konnte diese Entwicklung zunächst auf der Sitzung des 10.Plenums des siebten Zentralkomitees verhindern. Gemeinsam einigte man sich auf eine Sozialistische Erziehungsbewegung. Ziel der Bewegung sollte die Korruption ländlicher Kader sein. Maos Intention aber war es, die Privatwirtschaft in den Dörfern wieder einzudämmen und das Bewusstsein der Bauern im Interesse des Aufbaus einer kommunistischen Gesellschaft zu verändern. Liu Shaoqi und Deng Xiaoping dagegen wollten mit Hilfe der Kampagne diejenigen Kader aus der Partei entfernen, die sich ihrem Reformprozess widersetzten. Im Januar 1965 erließ Mao neue Anweisungen, die grundlegend seine Sichtweise, unterstrichen. Mao forderte Mao eine Allianz zwischen den Bauern, den ländlichen Kadern und Arbeitsvereinigungen um die in seinen Augen korrupte Minderheit zu isolieren. Gleichzeitig wies Mao daraufhin, dass Korruption nicht nur ein Problem auf dem Land sei, sondern ebenfalls im Zentralkomitee der KPCh, in dem sich einige, nach seinen Worten, auf einem kapitalistischen Weg befanden, die mit ihrem luxuriösen Lebensstil einen radikalen Gegensatz zu dem der restlichen Bevölkerung aufwiesen und so ein höchst unsozialistisches Vorbild gaben. Diese Forderungen in den sogenannten 23 Artikeln veröffentlicht waren somit das erste Anzeichen der bevorstehenden Kulturrevolution. Zur gleichen Zeit befürchtete Mao, China würde ein ähnliches Schicksal widerfahren wie der Sowjetunion, dessen politische Führung Mao heftig kritisierte. Er deutet das Verhältnis zwischen Partei und Volk in der Sowjetunion wie das zwischen Kapitalist und Arbeiter. in ihrer Beziehung zum Volk er nichts mehr als eine zwischen Kapitalist und Arbeiter sah. Er erkannte, dass sich in der Sowjetunion die Partei im Sinne einer Bürokratie entwickelt und nun eine Herrschaft der Parteibürokratie über das Volk entstanden sei. Mao wollte eine solche Entwicklung in China verhindern. Das Bildungs- und Gesundheitswesen hatte sich zudem nicht vorteilhaft im Sinne einer Öffnung für die Bauern und Arbeiter entwickelt. Auch von den Intellektuellen fühlte sich Mao im Stich gelassen. Nach seiner Überzeugung hatten sie die KPCh und besonders Maos Ideen nicht entsprechend gewürdigt. Aber Mao war sich seiner Position innerhalb der Partei nicht sicher. Erst mit der Hilfe und Unterstützung Lin Biaos, des Verteidigungsministers, konnte Mao den Schritt in die offene Auseinandersetzung wagen. Maos Forderung nach einer Offensive, einer gewaltsamen Säuberungsaktion gegen intellektuelle Kritiker seiner Politik, die er in seiner Kampagne der Hundert-Blumen-Bewegung herausgefiltert hatte, war Ende September 1965 in einer Abstimmung vor dem Politbüro gescheitert, was ihn abermals erkennen ließ, dass die Partei und der Staat längst nicht mehr einheitlich seiner politischen Linie folgte. Maos politische Stellung zu dieser Zeit war also erheblich geschwächt und er zog sich im Oktober 1965 nach Hangzhou und Shanghai zurück. Von dort aus begann ein Konkurrenzkampf zwischen den Führungsgremien um Mao in Hangzhou und Liu Shaoqi in Peking, die einander widersprechende Anweisungen erließen. Anfang 1966 verdichteten sich die Ereignisse, die auf einen Stimmungsumschwung zugunsten der Linie Maos hindeuteten. Es erschienen in kurzen Abständen Artikel in verschiedenen Zeitungen, in denen führende Kräfte des Pekinger Parteikomitees unter der Beschuldigung angegriffen wurden, antisozialistische Aktivitäten durchzuführen. Dies war ein

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Hinweis auf die dich zuspitzende Lage. Es entwickelten sich spontan verschiedene Gruppen, die noch nicht miteinander koordinierten und sich als Rote Garden den Zielen einer Durchsetzung sozialistischer Politik im Sinne Maos verpflichtet fühlten.

("Mache das ganze Leben lang Revolution, lese die Bücher des Vorsitzenden Mao das ganze Leben lang!") Die Parteiführung um Liu Shaoqi versuchte zunächst, diese Entwicklung einzudämmen bzw. mit verschiedenen Gruppen zu verhandeln. Aber erste gewaltsame Bestrafungsaktionen an Universitätsprofessoren zeigten, dass die Entwicklung nicht aufzuhalten war, zudem die Parteiführung befürchten musste, bei einem härteren Eingreifen Mao und seine Anhänger in der Partei gegen sich aufzubringen. Die eigentlich treibende Kraft der nun einsetzenden Kulturrevolution war Lin Biao. Mit seiner Losung „Krieg gegen die Alte Welt“ entfachte er das Feuer unter den Studenten. Es kam zu skurilen Erscheinungen. Die Straße vor der sowjetischen Botschaft wurde in „Anti-Revisionismus-Straße“ umbenannt und die vor der vietnamesische Botschaft in „Unterstützt-Vietnam-Straße“. An der Akademie für Wissenschaften wurde die Abteilung für Philosophie in „Mao-Zedong-Denken-Abteilung“ umbenannt. Personen, die Namen hatten, die auf feudale oder kapitalistische Verbindungen schließen ließen, mussten sich umbenennen. Alte und westliche Kultur wurden verboten, Museen geplündert, buddhistische Tempel zerstört. Schulen und Universitäten wurde geschlossen. Es begann eine öffentliche Kampagne gegen den Staatspräsidenten Liu Shaoqi, dem vorgeworfen wurde, gegen die Gedanken Maos zu verstoßen. Im Oktober mussten Liu Shaoqi und Deng Xiaoping öffentlich Fehler ihrer revisionistischen Politik eingestehen. Im Dezember wurde vom Kulturrevolutionskomitee gefordert, dass sich Liu vor dem ganzen chinesischen Volk zu seinen Fehlern bekennen müsse. Jede Form einer rationalen Auseinandersetzung war unmöglich geworden.

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Die Macht des roten Buches

Zerstört die konterrevolutionäre Linie von Liu und Deng Chedi fensui Liu-Deng fandong luxian Unbekannter Künstler Hebei c. 1967

Bewaffnet mit revolutionärer Leidenschaft und Maos kleinem roten Buch, gibt sich ein übermächtiger Arbeiter daran, die winzigen Gestalten von Deng Xiaoping und Liu Shaoqi anzugreifen. Liu Shaoqi, der Staatspräsident wurde, als Mao sich nach dem missglückten "Großen Sprung nach vorne" 1959 zurückgezogen hatte, und Deng Xiaoping, der 1979 wieder an die Macht gelangen sollte, wurden in den Anfangsjahren der Kulturrevolution beide zur Zielscheibe der Attacken, weil sie sich während des "Großen Sprungs" und vor allem auch danach gegen die totale Kommunalisierung in Industrie und Landwirtschaft gewandt hatten und somit, in der Sprache der Zeit, einen "kapitalistischen Weg" für China einschlagen wollten. Mao ließ die Roten Garden gewähren, da sie seiner Idee einer dauerhaften Revolution nahe kam. Liu schrieb Mao im August einen Brief, in dem er ihm seinen Rücktritt mitteilte. Mao reagierte nicht darauf, denn er wollte Liu auf dem kommenden Parteitag bloßstellen. Liu wurde unter Hausarrest gestellt. Auf dem 12.Plenum des Parteikongresses wurde er in Abwesenheit aller Ämter enthoben und aus der Partei ausgeschlossen. Um die Roten Garden wieder unter Kontrolle zu bringen, wurde schließlich die Volksbefreiungsarmee eingesetzt. In der Folge wurden Hundertausende meist Jugendliche auf das Land geschickt, um dort die Revolution fortzuführen. In ihren Erfahrungen wurden die meisten bitter enttäuscht. Weggerissen von ihren Familien ohne die Möglichkeit einer Rückkehr verbrachten sie Jahre auf dem Land, ohne eine Schulausbildung zu erhalten. Auf dem 9.Parteitag im August 1969 wurde die Kulturrevolution offiziell für beendet erklärt und Lin Biao zum Nachfolger Maos ernannt. Um die Frau Maos, Jiang Qing, bildete sich die sogenannten Viererbande, die besonders auf kulturellem Gebiet die Kulturrevolution fortsetzte. Als Verteidigungsminister Lin Biao bei einem Absturz 1971 ums Leben kam, wurde spekuliert, ob Mao für den Absturz verantwortlich sei. Maos Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend und Zhou Enlai war nun die verantwortliche Person, die versuchte, die Folgen

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der Kulturrevolution abzumildern. Außenpolitisch suchte er neue Wege und er nahm Kontakte zu den USA auf. In der Folge kam es zu dem berühmten Besuch Nixons in China im Jahr 1972. Es wurde eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen vereinbart. Eine Aufwertung erfuhr China dadurch, dass die Amerikaner im Jahr zuvor einen Antrag vor der Generalvollversammlung unterstützt hatten, indem die Volksrepublik China als einzig rechtmäßiger Vertreter des chinesischen Volkes anerkannt wurde. China ersetzte Taiwan und wurde damit auch ständiger Vertreter im UN-Sicherheitsrat. Als Zhou Enlai im Januar 1976 verstarb, trauerte das ganze chinesische Volk. Als Mao Zedong acht Monate später verstarb, war es ehe wir eine Erleichterung. Mit dem Großen Sprung nach vorn und der Kulturrevolution hatte Mao das Land nicht wie erhofft dem Sozialismus näher gebracht, sondern eine notwendige Öffnung und Modernisierung des Landes verhindert. Eine ganze Generation wurde durch die Kulturrevolution um ihre Schul- und Universitätsausbildung gebracht. Unzählige Menschen verbrachten viele Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern, andere hatten nicht mehr die Möglichkeit, in die Städte zurückzukehren, aus denen sie einst im Namen der Kulturrevolution weggeschickt worden waren. Erst nach Maos Tod wurde die Kulturrevolution endgültig beendet. Kurz nach Maos Tod wurden dessen Frau und die Mitglieder der Viererbande verhaftet. 1981 wurden sie vor Gericht gestellt. Jiang Qing und Zhang Chunqiao erhielten die Todesstrafe, beide Strafmaße wurden später in lebenslange Haft umgewandelt; Yao Wenyuan und Wang Hongwen hatten sich während des Prozesses reuig gezeigt und wurden jeweils zu einer 20-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt. 6. Reform-Prozess ab 1977 6.1 Die Ära Deng Xiaoping 1978-1997 Bereits 1973 wird Deng Xiaoping zurück in das Politbüro berufen. Die wirtschaftliche Lage Chinas ist katastrophal. Die Produktion liegt am Boden, das Eisenbahnnetz liegt danieder, die meisten Universitäten sind geschlossen. Ein Jahr vor Maos Tod, beginnt Deng Xiooping mit einem Reformprogramm. Zusammen mit Zhou Enlai verkündet er das Programm der Vier Modernisierungen: Landwirtschaft, Industrie, Wissenschaft/Technik und Verteidigung sollen grundsätzlich modernisiert werden. Doch als Anfang 1976 Zhou Enlai stirbt, scheint das Reformprogramm gefährdet. Das Programm der Vier Modernisierungen wird von Mao gestoppt, Hua Guofeng zu seinem Nachfolger bestimmt und Deng seiner politischen Ämter enthoben. Nach Maos Tod kam es zu einem kurzen Interregnum und langsam und konsequent musste Dend Xiaoping seinen Weg an die Spitze von Partei und Staat vorbereiten, denn zunächst wurde Hua Guofeng zum Ministerpräsidenten ernannt. Maos Frau, Jiang Qing, die ebenfalls Ambitionen auf Maos Nachfolge hatte, wurde wenige Tage nach Maos Tod so wie die anderen Mitglieder der Viererbande verhaftet. Hua Guofeng übernahm anschließend auch das Amt des Parteivorsitzenden und den Vorsitz des Militärauschusses. Er sah sich in der direkten Nachfolge Maos und proklamierte die Erfüllung Maos politischer Gedanken. Doch er besaß nicht die Führungseigenschaften, die notwendig waren, um das Land aus der Misere nach der Kulturrevolution zu führen. In den Augen vieler alter Parteimitglieder wurde Hua Guofeng als Emporkömmling der Kulturrevolution betrachtet. Die wirtschaftliche Lage Chinas war zudem katastrophal, weitere Experimente im Sinne Maos hätte das Land nicht verkraftet. Deng Xioping wurde von vielen als einzig möglicher Nachfolger Maos gesehen, der die Autorität und Unterstützung der Partei hatte und den Mut, neue Wege zu gehen. Man erinnerte sich an die erfolgreichen Reformversuche unter Liu Shaoqi und Deng Xiaoping zu Beginn der 1960er Jahre, die dann durch die ausbrechende Kulturrevolution abrupt beendet worden waren. Hua Guofeng sträubte sich lange Zeit dagegen, Deng zu rehabilitieren, musste aber Mitte 1977 dem Druck aus Partei, Bürokratie und Armee nachgeben und holte Deng in das Politbüro zurück. Deng versprach im Gegenzug auf das Amt des Premierministers zu verzichten. Dafür sollte er in alle Ämter wieder eingesetzt werden, die er vor der Degradierung Maos innegehabt hatte.

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Langsam begann der schnelle Aufstieg Dengs zurück an die Spitze des Staates und der Partei.

(Deng Xiaoping: 1904-1997) Deng kritisierte mit Maos eigenen Worten die Auswüchse der Kulturrevolution. Er zitierte Mao mit dem Satz: „Suche die Wahrheit in den Fakten.“ Nur deutete er diesen Satz anders als Mao. Für Deng war es offensichtlich, dass die wirtschaftspolitischen Vorstellungen Maos, wie sie im Großen Sprung nach vorn und in der Kulturrevolution umgesetzt worden waren, nicht zukunftsweisend waren. Selbst Hua Guofeng bezog sich zunehmend in seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen auf die Reformphase zu Beginn der 1960er Jahre, bezog sich aber immer wieder auf Mao und hielt daran fest, dass alles, was Mao gesagt und getan hatte, richtig gewesen sei. Deshalb konnte er seine Vorstellungen nicht in gleicher Weise wie Mao glaubwürdig vertreten. Zu eng war sein politisches Schicksal an das von Mao und der Kulturrevolution verknüpft. Im Dezember 1978 krönte schließlich die Dritte Volksversammlung des Elften Zentralkomitees Deng Xiaoping zum neuen Herrscher Chinas. Hua behielt zwar seinen Posten offiziell bei, doch spielte er keine entscheidende Rolle mehr im nun beginnenden Reformprozess. Als Deng Xiaoping 1979 die USA besucht, wird er wie ein Staatsoberhaupt empfangen. Deng beeindruckte seine amerikanischen Gesprächsteilnehmer durch seine Offenheit. Auch im Ausland festigte damit Deng seinen Ruf als Wirtschaftsreformer und eigentliches Staatsoberhaupt. 1980/81 schied Huo Gaofeng schließlich aus allen drei Ämtern aus, Deng übernahm das Amt des Vorsitzenden der Militärkommission, das Amt des Parteivorsitzenden wurde abgeschafft und wurde durch das Amt des Generalsekretärs ersetzt, das Dengs Günstling Hu Yaobang übernahm. Das Amt des Ministerpräsidenten fiel an einen weiteren Kronprinzen Dengs, an Zhao Ziyang.10 Dengs Reformprogramm umfasste vier zentrale Punkte: 1. 2. 3. 4.

Aufbau einer Sozialisten Marktwirtschaft Entwicklung einer Sozialgesetzgebung Außenpolitische Öffnung insbesondere zu den Nachbarstaaten Aufrechterhaltung der Alleinherrschaft der KPCh

Bezüglich des Aufbaus einer Sozialistischen Marktwirtschaft plädierte Deng zunächst für eine Fortführung der Reformen der 1960er Jahre. Die Bauern sollten als Vertragspartner vom Staat Boden, Geräte und Kredite erhalten und als Gegenleistung einen Teil der Ernte abliefern, den Rest könnten sie auf dem Binnenmarkt absetzen. Das Finanzwesen sollte erneuert, ein einheitlicher Wechselkurs und ein Devisenmarkt eingeführt werden. Unrentable staatliche Betriebe sollten privatisiert werden, die behördliche Bürokratie durch professionelles Management ersetzt werden. Ausländisches Kapital und Know-how sollte zugelassen ebenso wie Einzelgewerbebetriebe und die Einführung von leistungsbezogenen Löhnen. Der Wegfall einer umfassenden staatlichen, aber oft uneffektiven Versorgung sollte durch eine Sozialgesetzgebung kompensiert werden, die die 44-Stundenwoche, die 6-Tagewoche, den 8-Stundentag, Arbeitsschutzgesetze, die Einführung von Mindestlöhnen, einer Krankenkasse und einer Altersversorgung vorsah. 10

Konrad Seitz, China. Eine Weltmacht kehrt zurück, Berlin 2000, S.215f.

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Außenpolitisch sollte eine Öffnung insbesondere zu bisherigen Gegnern durchgeführt werden Indien, Taiwan, Südkorea, Japan, Russland, Israel und langfristig eine engere wirtschaftliche Kooperation mit den USA. An einem Punkt aber war Deng nicht bereit, wirkliche Reformen durchzusetzen: das Monopol der KPCh sollte in keiner Weise angerüttelt werden. Dieser Punkt ist besonders wichtig, da bis zum dem Ereignis am Tiananamen-Platz 1989 zum Teil die Hoffnung auftrat, Deng könne auch hier zu weiteren Reformen bereit sein. Deng hatte aber immer, vor und nach 1989, die Ansicht vertreten, dass nur unter der Führung der KPCh das Land ohne größere Krisen die entsprechen ökonomischen Reformen durchführen könne. Die ersten Ansätze der Reformen wurden auf dem Land durchgeführt. Bereits 1977 waren Bauern in den Provinzen Sichuan und Anhui dazu übergegangen, Land an sich zu nehmen und eigenständig zu bewirtschaften. Diese Versuche wurden von Regierungsseite gebilligt und es zeigte sich schnell, dass die Ernteerträge im folgenden Jahr schlagartig anstiegen. Daraufhin beschloss die vierte Plenarsitzung des 11.Parteikongresses diese Reformen auszuweiten. Dieser Prozess wurde dadurch unterstützt, dass die staatlichen Ankaufpreise für Getreide um 20% erhöht wurden, während gleichzeitig die Preise für Landmaschinen, Düngemittel und Pestizide gesengt wurden. Aber der Reformprozess sollte nicht auf die Landwirtschaft beschränkt bleiben. 1979 wurden die Wirtschaftssonderzonen in Shenzhen, Zhuhai und Shantou in der Provinz Guandong und Xiamen in der Provinz Fujian eingerichtet. Hier sollte das neue Wirtschaftsmodell erprobt werden. Es wurde ausländisches Kapital, die Gründung von Firmen auf privatwirtschaftlicher Basis und der Auf- und Ausbau einer modernen Infrastruktur gefördert. Die schellen wirtschaftlichen Erfolge zeigten, dass bei größerer individueller Autonomie die Produktion rasch anstieg. Zahlreichen Städten wurde größere Autonomie in Wirtschaftsfragen zugebilligt und 1984 wurde beschlossen, die Insel Hainan und 14 weitere Städte entlang der Ostküste zu öffnen. Das Modell der Sonderwirtschaftszonen wurde somit Schritt für Schritt ausgeweitet. Im gleichen Zeitraum verselbständigte sich der beginnende ländliche Kapitalismus. Die Bauern erwirtschafteten große Überschüsse, die sie anfingen, selber zu verkaufen. Sie brachten ihre Waren in die nahegelegenen Städte und weil die staatlichen Geschäfte und Kaufhäuser die Produkte nicht aufnehmen konnten, begannen sie selber, eigene Märkte einzurichten. Diese waren eigentlich illegal, breiteten sich aber so rasch aus, dass in de Regel nicht gegen sie eingegriffen wurde. Die Versorgungslage verbesserte sich erheblich und zum ersten Mal konnten Bauern Überschüsse erzielen, aber es gab nichts für sie zu kaufen. In der Folge entstanden viele kleine Unternehmen, die begannen, eigenständig für den Markt zu produzieren. Daneben gab es nach wie vor die unrentablen Staatsbetriebe. Viele Parteikader vor Ort sannen darauf, diese Unternehmen profitabel zu machen. Deng gab hier mit seiner Politik die richtigen Anreize. 1979 wurde von der Regierung die Weisung ausgegeben, dass der Anteil der Brigade- und Kommuneunternehmen am Gesamteinkommen der Gemeinden bis zum Jahr 1985 von knapp 30% auf 50% gesteigert werden soll. Den Parteikadern vor Ort winkte also eine Karriere, wenn sie diese Vorgaben umsetzen konnten. Gleichzeitig wurde die Steuerpolitik im Sinne einer Dezentralisierung reformiert. Mussten bisher alle Steuern nach oben abgegeben werden, um dann in Form von Haushaltszuweisungen zurückgeführt zu werden, wurden nun die Steuereinnahmen geteilt. Manche Steuern, sämtlich örtliche Angaben sowie die Gewinne der Kollektivunternehmen gehörten von nun an den Dörfern. Finanzzuweisungen von der zentrale wurden eingestellt. Damit wurden Gemeinden und Städte bezüglich der Einkommen unabhängig und selbständig. Sämtliche Beschränkungen und Eingriffe in die Produktion bzw. die Produktpalette wurden aufgehoben. So entwickelte sich eine erste Unternehmerschicht und ein Markt für Konsumgüter. 1984 wurde dann offiziell die Gründung von Privatunternehmen erlaubt. In den Sonderwirtschaftszonen wurde durch besondere Steueranreize, die Möglichkeit, Gewinne nach Steuern ins Ausland transferieren zu können, Sondergenehmigungen für ausländische Investoren, ein niedriger Standardsteuersatz von 15%, Befreiung oder Senkung von Importzöllen auf importierte Maschinen und Ausrüstungen, Ersatzteile, Rohmaterialien sowie Transportgüter, die für die Produktion benötigt werden und günstige Regelungen für die Landnutzung ein günstiger Rahmen für Investitionen und die Gründung

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von Unternehmen gelegt. Dabei gab es allerdings keinen festen, konkret umzusetzenden Plan, vielmehr konnten entsprechende Regelungen flexibel gestaltet und schnell den sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. Der ökonomische Erfolg der Sonderwirtschaftszonen lässt sich am Beispiel der ersten und wichtigsten Sonderwirtschaftszone Shenzhen ablesen. Diese Stadt, nur 20 km nördlich von Hongkong gelegen, hatte 1980, als es als Sonderwirtschaftszone eingerichtet worden ist, eine Einwohnerzahl von 20000. Bis heute hat die Stadt die Einwohnerzahl von Hongkong überholt. Dabei zeigen sich aber auch die Probleme dieser schnellen Entwicklung: die erhöhten Umweltbelastungen, das Anwachsen der Schere zwischen arm und rein und gesellschaftliche Missstände wie das Fehlen eines funktionierenden Gesundheitswesens für die ärmere Bevölkerung. Erste Ansätze einer Demokratiebewegung wurden von Deng zunächst akzeptiert. Es breitete sich die Mauer der Demokratie aus, eine Bewegung, die dazu führte, dass auf öffentlichen Wandzeitungen chinesischer Bürger ihre Artikel veröffentlichen konnten. Es wurde öffentlich Kritik an Mao geübt, die Deng durchgehen ließ. Als aber öffentlich in der sogenannten Demokratiebewegung die Forderung nach der Umsetzung von Menschenrechten, Zivilrechten und Pressefreiheit laut wurden, zeigte Deng, dass er nicht gewillt war, diese Entwicklung fortschreiten zu lassen. Als Wie Jingshen, einer der wichtigsten Vertreter der Demokratiebewegung, öffentlich eine fünfte Modernisierung fordert, nämlich die Einführung der Demokratie, ließ Deng ihn am 29.März 1979 verhaften. Er wird zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Mauer der Demokratie, die öffentlichen Wandzeitungen wird verboten und abgerissen. Wenige Tage später revidiert Den sein politisches Programm und er ergänzt die Vier Modernisierungen durch die sogenannten Vier Grundprinzipien: Der sozialistische Weg, die Diktatur des Proletariats, der Führungsanspruch der KPCh und die Ideologie des Marxismus-Leninismus sowie der Mao-Zedong-Ideen. Damit machte er deutlich, dass Demokratie bzw. eine politische Modernisierung nach westlichem Vorbild nicht zur Modernisierung Chinas gehören sollte. 1980 ist Deng der unangefochtene Führer von Partei und Staat. Diejenigen, die in der Partei auch eine Öffnung des politischen Systems befürworteten, waren auf Deng angewiesen, um die noch vorhandenen maoistischen Strömungen in der Partei zurückzuhalten. Dafür mussten sie aber vorläufig die Hoffnung auf eine politische Öffnung des Systems aufgeben. Um die Führungsrolle der Partei festzuschreiben, argumentierte Deng über Maos Politik, dass diese zu 70% gut und zu 30% schlecht gewesen sei. Damit konnte die Rolle Maos in der Partei und die Führungsrolle der Partei gerechtfertigt werden, ohne die Fehler Maos unausgesprochen zu lassen. Die erfolgreiche ökonomische Modernisierung führte im Laufe der 1980er Jahre zu neuen Problemen. Die unrentablen Staatsbetriebe, die privatisiert wurden, setzten Millionen von Arbeitskräften frei, die Wanderarbeiter. Ihre Zahl stieg bis Ende der 1980er Jahre auf über 50 Millionen. Die Auflösung der kollektiven Lebensgemeinschaften beendete das System einer lebenslangen Versorgung. Um die Landflucht einigermaßen kontrollieren zu können, wurde das System der Hukou, der Wohnberechtigungsscheine, aufrecht erhalten. Viele Wanderarbeiter hielten sich somit illegal in den Städten auf und die Kinder hatten kein Anrecht auf den Besuch regulärer Schulen. Das Rechtssystem war nach nie vor in den Händen der Partei, die meisten Richter hatten nicht einmal Recht studiert, sondern waren über Beziehungen in der Partei in ihre Ämter gelangt. Die Wohnverhältnisse waren zum Teil katastrophal. Dennoch gab es scheinbar keine Alternative zu dem System Dengs: ökonomische Modernisierung bei Aufrechterhaltung der politischen Kontrolle durch die Partei. Das entscheidende Ereignis, das seither die Befürworter und Gegner dieses Weges spaltet, ist das Jahr 1989 und die Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen 1989. Politisch verschärfte sich seit 1986 die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern einer Demokratisierung des Landes. Seit jenem Jahr verstärkten sich Studentenunruhen, die sich gegen die starren Strukturen des politischen Systems richteten und eine Demokratisierung forderten. Deng verfolgte diese Entwicklung mit Argwohn und zwang Anfang 1987 den Parteichef Hu Yaobang, der den Reformkräften als Hoffnungsträger galt, zum Rücktritt, da dieser nicht Dengs politischer Linie folgte. Hu Yaobang hatte sich bis

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dahin moderat gegen verschiedene Kampagnen eingesetzt, wie zum Beispiel gegen die Kampagne zur geistigen Verschmutzung 1983 oder die Kampagne gegen Liberalisierung 1985. Er hatte in der Partei ein Netzwerk von Reformern entwickelte, das zusehend das Misstrauen Dengs weckte. Kritiker in der Partei, denen bereits die ökonomische Liberalisierung Dengs zu weit ging, machten Hu dafür verantwortlich, durch weitere Liberalisierungen die negativen sozialen Folgen der ökonomischen Modernisierung weiter zu verstärken. Seine Absetzung deutete darauf hin, dass die Reformkräfte innerhalb der Partei zu schwach waren. Sein Tod im April 1989 löste die großen Studentenproteste auf dem Tiananmen aus. Nach dessen Tod artikulierte die maßgeblich von Studenten getragene Studentenbewegung ihre Forderung nach politischer Liberalisierung. Diese Proteste fanden immer größeren Zulauf, die trotz Drohungen des Staates und der Verhängung des Kriegsrechts fortgesetzt wurden. Die Entwicklungen in der Sowjetunion unter Gorbatschow beeinflussten zusätzlich die Forderungen der Studenten und dessen Staatsbesuch in China Mitte Mai wurde von den Studenten als weiteres Zeichen gesehen, sich für ihre Forderungen einzusetzen. Das Aufbrechen autoritärer politischer Strukturen schien auf der Tagesordnung der Geschichte zu stehen. Es begann eine Welle von Hungerstreiks und am 18.Mai wurde zum ersten Mal im Fernsehen eine öffentliche Diskussion zwischen Ministerpräsident Li Peng und weiteren Parteiführern und Vertretern der Studentenbewegung gezeigt. Partei und Konservative zeigten sich angesichts der scheinbaren Offenheit und Respektlosigkeit der Studentenführer pikiert. Einen Tag später begab sich Zhao Ziyang, Generalsekretär der Partei, auf den Platz des Himmlischen Friedens. Er wurde zu den Vertretern eines offeneren Kurses gerechnet. Unter Tränen bat er die Studenten, den Hungerstreik zu beenden und den Platz des Himmlischen Friedens zu räumen. Am selben Abend versammelte sich die Spitze von Partei und Militär und im Anschluss erkläre Li Peng in einer Sondersitzung des Fernsehens, die Führung der Partei und das sozialistische System zu schützen. Einen Tag später wurde für Peking der Ausnahmezustand erklärt. Die Studenten selber waren uneins, ob sie ihre Proteste beenden oder weiterführen sollten. Am 30.Mai kam es zu einer vorläufigen Abschlusskundgebung, auf der die Studenten eine 12 Meter hohe Freiheitsstatue errichteten. Dennoch verharrten danach viele Studenten auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Eindringende Militär- und Polizeieinheiten stießen auch in der Bevölkerung auf zähen Widerstand. Es begann der Einsatz von Schusswaffen, da die Studenten auch mit Lastwagen und Panzern nicht auseinanderzureißen waren. Am 3.Juni bewegten sich dann Militäreinheiten mit Schützenpanzern auf die Innenstadt zu. Am Morgen trafen sie auf dem Platz des Himmlischen Friedens ein, auf dem noch ungefähr 5000 Studenten waren. Hunderte von Studenten und Polizisten waren ums Leben gekommen und zum ersten Mal hatte die Regierung es gewagt, mit Hilfe des Militärs gegen die eigene Bevölkerung loszugehen. Die Niederschlagung der Unruhen und der Demokratiebewegung hat nachhaltige Folgen. Hier setzte sich Dengs Idee der wirtschaftlichen Modernisierung ohne gleichzeitig Öffnung der politischen Strukturen endgültig durch. Zhao Ziyang musste im Anschluss an die Niederschlagung von seinen politischen Ämtern zurücktreten. Als neuen Vorsitzenden der KPCh lancierte Deng Xiaoping seinen politischen Ziehsohn Jiang Zemin, ebenso ein Gegner politischer Reformen wie der seit 1987 amtierende Ministerpräsident Li Peng. Zugleich schied Deng aus seinen formellen Führungsfunktionen aus, behielt aber seinen maßgeblichen politischen Einfluss. Im März 1993 wählte der Nationale Volkskongress Jiang Zemin zum neuen Staatsoberhaupt Chinas. Sein Amt als Parteichef behielt er bei. Mit der Übernahme des Postens des Staatspräsidenten im Jahr 1993 endete de facto die Rolle Deng Xioapings, dessen Gesundheitszustand sich in den letzten Jahren bis zu seinem Tod 1997zunehmend verschlechterte. Das letzte große Ereignis Chinas im 20.Jahrhundert, das er maßgeblich in zähen Verhandlungen vorbereitet hatte, konnte er nicht mehr miterleben: die Rückgabe Hongkongs an China und die von ihm ausgerichtete Politik „Ein Land, zwei Systeme“.

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6.2 China seit 1997 Zwei Persönlichkeiten repräsentieren die Politik China seit Dengs Ausscheiden aus der Politik: sein unmittelbarer Nachfolger Jiang Zemin, der von 1993 bis 2002 Staatsoberhaupt Chinas war und der seitdem amtierenden Staatspräsident Hu Jintao. Jiang Zemin machte sich schon unter Deng Xiaoping einen Namen als Befürworter wirtschaftlicher Reformen unter Beibehaltung der politischen Strukturen. 1978 kehrte er unter Dengs Führung in den inneren Kreis der Parteiführung zurück. Während mehrerer Auslandsreisen machte er die Erfahrungen, die ihn in seinen Ansichten eines wirtschaftlichen Reformkurses bestärkten. Er zeigte sich besonders beeindruckt von einer Freihandelszone in Irland sowie Singapurs Jurong Industriepark. Er empfahl solche Sonderzonen in China einzurichten und in einem Vortrag vor dem Ständigen Komitee des Nationalen Volkskongresses im November 1981 setzte er sich dafür ein. Damit stieg seine Bedeutung innerhalb von Dengs Reformprogramm. Seine Zurückhaltung während der Studentenunruhen in Shanghai 1989, wo er inzwischen Bürgermeister geworden war, und die unblutige Lösung des Konflikts brachten ihm von Seiten Dengs Bewunderung ein. Zudem hatte er dich an keiner Stelle mit Sympathie über die Studenten geäußert. Dies machte ihn in den Augen Dengs zu seinem idealen Nachfolger. Nach der Niederschlagung des Tiananmen Aufstandes und der Verhängung des Kriegsrechts erwies sich Jiang als treuer Ergebner Dengs. Im Gegensatz zu den Veränderungen in der Sowjetunion sah sich Jiang nicht als eine Art chinesischer Gorbatschow.Jiangs Devise lautete: Stabilität hat Vorrang. Gleichzeitig versuchte Jiang, den Begriff des Sozialismus in Anlehnung an Deng neu zu definieren. Die Marktkräfte müssten für die Entwicklung Chinas genützt werden und seien mit einer Entwicklung hin zu einem chinesischen Sozialismus vereinbar. In Peking brachte er seine Vertrauensleute in Stellung, die seine Machtübernahme vorbereiteten. Mit Unterstützung seiner Anhänger gewann er die Kontrolle über das Militär und gelangte 1993 schließlich offiziell in das Amt des Staatspräsidenten. Nach seiner Amtsübernahme orientierte er sich stark an asiatischen Vorbildern: Südkorea, Taiwan, Singapur. Wirtschaftliche und soziale Freiheiten sollten mit einer strikten und medialen Kontrolle verbunden werden. So hatten sich die drei Tigerstaaten in den Zeit von 1960-Mitte der 1980er Jahre zu Industrienationen entwickelt, ohne einem Druck aus dem westlichen Ausland bezüglich ihrer politischen Verhältnisse nachzugeben. Als sich Mitte der 1990er Jahre erste Anzeichen einer Ermüdung am Reformkurs zeigte, griff Jiang zu dem alten Mittel der politischen Kampagne. Politische und ideologische Fragen bekamen nun den gleichen Stellenwert wir ökonomische Fragen. Konfuzianisches Gedankengut wurde nun nicht mehr als reaktionär, sondern als eine Grundsäule der chinesischen Zivilisation angesehen. Als es 1996 zu einem Zwischenfall kam, als ein Mitglied der Volksbefreiungsarmee in ein Haus einbrach und einen Vizevorsitzenden des Nationalen Volkskomitees umbrachte, reagierte Jiang mit einer Säuberungskampagne gegen das Verbrechen, bei der über 300000 Menschen verhaftet und mehrere tausend hingerichtet worden sind. Jiang zeigte sich in der Tradition des Hardliners von Deng Xiaoping. In wirtschaftlichen Fragen galt sein Augenmerk dem Kampf der Korruption, dem Schüren des Patriotismus, der Einführung von Firmenanteilen als öffentlichen Besitz sowie der Stärkung des politischen Systems. 1998 wurde Jiang mit 98 % der Stimmen des Nationalparlaments als Staatspräsident und Vorsitzender der Militärkommission bestätigt. Damit wurde sein politischer und wirtschaftlicher Kurs von der Partei fast einhellig bestätigt. Jiang hatte sich mit seiner Linie durchgesetzt. In einer Rede anlässlich des 80.Gründungstages der KPCh hielt Jiang eine Rede, in der er die historische Bedeutung der KPCh für die Befreiung des Landes und den Aufbau des Sozialismus als die wesentlichen Errungenschaften der Partei kennzeichnete: „Wir bewahren Mao Zedong, Zhou Enlai Liu Shaoqi, Zhu De, Deng Xiaoping […] und anderen verstorbenen proletarischen Revolutionären der älteren Generation, die große Beiträge zu Chinas Revolution, Aufbau und Reform und zur Gründung, Konsolidierung und Entwicklung der KP Chinas geleistet haben, ein herzliches Andenken. Wir bewahren den revolutionären Märtyrern, die heldenhaft ihr Leben für die Gründung, die Verteidigung und den Aufbau des Neuen China hingegeben haben, ein herzliches Andenken. Wir bewahren

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allen Pionieren, die seit Beginn der Neueren Zeit für die Unabhängigkeit und Befreiung der chinesischen Nation gekämpft haben, ein herzliches Andenken. Ihre Verdienste, die sie sich um das Vaterland erworben haben, sind in die Annalen der Geschichte eingegangen. […] Die grundlegende Aufgabe des Sozialismus ist es, die Produktivkräfte zu entwickeln, die umfassende Landesstärke des sozialistischen Landes zu erhöhen und den Lebensstandard des Volkes zu verbessern, um so die Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus fortwährend zu verkörpern. In den verschiedenen historischen Phasen der sozialistischen Gesellschaft ist es notwendig, den Erfordernissen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend durch rechtzeitige Reformen die Selbstvervollständigung und -entwicklung des sozialistischen Systems kontinuierlich voranzutreiben. Nur so kann es ermöglicht werden, dass das sozialistische System voller Vitalität ist. Alle Genossen der Partei müssen von der grundlegenden Anschauung über und dem Bewusstsein für die sozialistische Reform und Entwicklung ausgehen.“11 In diesem Ausschnitt wird deutlich, dass Jiang Dengs Theorie eines chinesischen Sozialismus und die Verbindung von Marktwirtschaft und Einparteienstaat als grundlegend für die weitere Entwicklung Chinas ansieht. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich unter seiner Regierungszeit diese Theorie durchgesetzt und die Demokratiebewegung, die Deng während seiner Regierungszeit noch so viel Kopfzerbrechen gemacht hat, an Elan verloren hatte. Auf der Tagung des Volkskongresses im März 2003 vollzog sich dann der Machtwechsel von Jiang Zemin zu Hu Jintao. Gleichzeitig wurde das Zentralkomitee zur Hälfte neu besetzt. Der friedliche Machtwechsel, der gleichzeitig ein Generationswechsel gewesen war, war neu in der Geschichte der Volksrepublik. Einstimmig wurde JiangsTheorie der Drei Vertretungen „Fortschrittliche Produktivkräfte“, „Fortschrittliche Kultur“ und „Breite Masse des Volkes“ in die Verfassung aufgenommen ebenso wie die Formulierung des Ziels einer „Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand“. Seit 2003 ist Hu Jintao der neue Staatspräsident. Er hat seit Amtsantritt zwei Schwerpunkte gelegt. Sein politischer Aufstieg in der Partei begann in den 1980er Jahren. Nach dem Besuch der zentralen Parteischule in Peking 1981, wurde er im folgenden Jahr Sekretär des Zentralkomitees des Kommunistischen Jugendverbandes in Peking und ein Jahr später deren Vorsitzender. Auf dem weiteren Weg seines politischen Werdegangs übernahm er 1985 das Amt des Parteisekretärs der Provinz Guizhou und drei Jahre später das Amt des Parteisekretärs in Tibet, wo er 1989 für die gewaltsame Niederschlagung von Protesten und die Verhängung des Kriegsrechts verantwortlich war. Seit 1992 gehört er dem Ständigen Ausschuss des Politbüros an und 1993 wurde er Präsident der Parteischule des Zentralkomitees. Deng wurde in diesen Jahren auf Hu aufmerksam und empfahl ihn 1992 als zukünftigen Parteichef. Hu hatte auch in seiner Tätigkeit bei der Niederschlagung der Unruhen in Tibet 1989 gezeigt, dass er in der Lage war, ganz im Sinne des Alleinvertretungsanspruchs der Partei notfalls auch Gewalt anzuwenden, um die Führungsrolle der Partei aufrechtzuerhalten. 1998 schließlich wurde Hu Vizepräsident der Volksrepublik China. Nach der Übernahme des Amtes des Generalssekretärs der Partei im Jahr 2002 übernahm er schließlich im Jahr 2003 das Amt des Staatspräsidenten. Hus Politik lässt sich durch zwei Grundprinzipien umreißen. Einerseits hält er strikt an der politischen Entwicklung und den politischen Idee seiner Vorgänger Deng Xiaoping und Jiang Zemin fest. Programmatisch hat er dies auf dem XVII. Parteitag der KPCh in seinem Rechenschaftsbericht dargelegt. Dort stellt er am Anfang des Berichts fest:

11

Rede vom Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, Herrn Jiang Zemin, auf der Versammlung zur Feier des 80. Gründungstags der KP Chinas am 1. Juli 2001 in der Großen Halle des Volkes.

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„Das große Banner des Sozialismus chinesischer Prägung hochhalten, sich von der DengXiaoping-Theorie und den wichtigen Ideen des ‚Dreifachen Vertretens“ (die KP Chinas vertritt die Erfordernisse der Entwicklung fortschrittlicher Produktivkräfte, die Richtung des Vorwärtsschreitens fortschrittlicher Kultur und die grundlegenden Interessen der überwiegenden Mehrheit des chinesischen Volkes) leiten lassen, das wissenschaftliche Entwicklungskonzept tief gehend durchführen und in die Tat umsetzen, das Denken weiter befreien, an der Reform und Öffnung festhalten, die wissenschaftliche Entwicklung vorantreiben, die Harmonie der Gesellschaft fördern und um den Sieg beim umfassenden Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand kämpfen. „12 Innenpolitisch will Hu die Idee einer Harmonischen Gesellschaft vorantreiben. Fünf Schwerpunkte sind in seiner Reformpolitik zu beobachten: 1.Agrarsteuer, 2.Gesundheitswesen und schulische Bildung, 3.Steuerpolitik, 4.Arbeitsrecht, 5.Umweltpolitik.13 Hu schaffte die Agrarsteuer ab, um so den Bauern zumindest steuerlich eine gewisse Entlastung zu geben. Die Bauern, die ja zunächst zu Beginn der Reformprozesses diesen mit in Gang gesetzt hatten, sind inzwischen zu Verlierern des Modernisierungsprozesses geworden. Die Agrarpreise sind zu niedrig, viele Kleinbauern mussten als Wanderarbeiter in die Städte abwandern und ohne rechtliche und soziale Sicherung ihr Leben fristen. Hier sind zwar die Investitionen verstärkt worden, aber die meisten Chinesen haben heute keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Bei der Steuerpolitik setzt Hu auf stärkere Transferzahlungen von der Zentralregierung an lokale Behörden vor allem in ärmeren Gebieten. Dadurch soll die zunehmende ungleiche Entwicklung zwischen den Küstenregionen im Westen und den zurückgebliebenen Teilen im Osten des Landes aufgefangen werden. Die Verbesserung des Arbeitsrechts sollte die Unsicherheit nach den Massenentlassungen aus den Staatsbetrieben in den 1990 er Jahren auffangen und den Arbeitnehmern durch unbefristete Arbeitsverträge höhere Sicherheit gewähren. In der Umweltpolitik soll eine schrittweise Verbesserung der zum Teil dramatischen Umweltbedingungen eingeleitet werden. Insgesamt lässt sich erkennen, dass die Folgen der einseitigen ökonomischen Modernisierung nun politisch abgemildert werden sollen. Wie die Unruhen in Tibet im Frühjahr 2008 zeigen, lässt Hu Jintao dabei an der Führungsrolle der Partei nicht zweifeln. Jede Einmischung von außen in die innenpolitischen Angelegenheiten Chinas werden zurückgewiesen. Hier zeigt sich das Erbe der Politik des 19. und 20.Jahrhunderts besonders deutlich. Die negativen Erfahrungen, die China in jener Periode mit ausländischen Mächten gemacht hat, führen dazu, dass die Souveränität des Landes in jeder Beziehung verteidigt wird. Dies zeigt sich auch in der Außenpolitik. Hier geht es Hu Jintao um eine zunehmende Integrierung Chinas in die internationale Staatengemeinschaft bei gleichzeitiger Wahrung der chinesischen Interessen. China geht hier einen Weg der Diversifizierung. Chinas führende Rolle in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die seit 2002 eine engere wirtschaftliche Kooperation mit den Mitgliedsstaaten Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan. China hat in den letzten Jahren begonnen, eine einheitlichere Afrikapolitik zu formulieren. Im Januar 2006 veröffentlichte die chinesische Regierung ein Dokument über die Politik Chinas gegenüber Afrika, in dem der zukünftige Kurs der chinesischen Afrikapolitik festgelegt wurde, Hus Staatsbesuche im gleichen Jahr in Marokko, Nigeria und Kenia zeigen die Bedeutung, die China zukünftig dem afrikanischen Kontinent einräumt, auch um Chinas wachsenden Bedarf an Erdöl zu sichern. Im November 2006 war China Gastgeber des Forums für Chinesisch-Afrikanische Zusammenarbeit, zu der Regierungschefs und Vertreter aus 46 afrikanischen Ländern und der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Alpha Oumar Konaré, sowie Vertreter regionaler und internationaler Organisationen in Beijing anwesend waren. Auch in der UNO und bei den Verhandlungen mit Nordkorea erweist sich China zunehmend als ernstzunehmender Partner im internationalen Dialog. 12

Dokumente des XVII. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas, Verlag für Fremdsprachige Literatur, Peking 2007, S.1f. 13 Yu Liu, Opium fürs Volk, in: Internationale Politik, Dezember 2008, S.84f.

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Die Politik der ökonomischen Modernisierung kann im Rückgriff auf die Entwicklung Chinas in der Zeit von 1840 bis 1949 verstanden werden. Der Zerfall des Landes und die Haltung der westlichen Mächte und Japans nach dem 1.Weltkrieg sind eine tiefgreifende Erfahrung in China bis heute. Aus chinesischer Sicht lag es im Interesse dieser Mächte, China zu minimieren und den Status Chinas zu verringern. Die demokratischen Bewegungen nach dem 1.Weltkrieg sind nicht ausreichend unterstützt worden. Die Erfahrungen, die China im Zuge der durch die Industrialisierung veränderten Welt, waren primär negativ. Das einst so stolze Reich, das sich über Jahrhunderte als Mittelpunkt der Welt sah, hatte binnen weniger Jahrzehnte seinen Machtpolitischen Status verloren. Die westlichen Mächte waren nicht gewillt, Chinas Souveränität anzuerkennen. Bei erst bester Gelegenheit nutzten sie die Schwächen des Reiches, um sich einseitig Vorteile zu verschaffen. Die Öffnung des Landes, die Sonderrechte, die sich erst die westlichen Mächte und dann Japan in China verschafften, war für das Land eine Demütigung. Erst die Wiederherstellung der nationalen Unabhängigkeit im Jahr 1949 machte dieser Schmach ein vorläufiges Ende. Der Status, den die KPCh zunächst in weiten Teilen der Bevölkerung hatte, lag in der Tatsache begründet, dass die Kommunisten die einzigen waren, die vorbehaltlos gegen die japanische Invasion gekämpft hatten. Während die Kuomintang noch nach dem Krieg auf die Hilfe der Amerikaner setzte, verfochten die chinesischen Kommunisten den Weg in eine selbständige Souveränität. Die ersten Jahre nach der Unabhängigkeit unterstanden der Freude der Wiedererlangten Unabhängigkeit Chinas. Maos Politik seit Mitte der 1950er Jahre aber brachte Katastrophen und Rückschläge. Der Beginn der ökonomischen Modernisierung seit 1978 hat China den Weg zurück in die internationale Staatengemeinschaft gebracht. Dabei achtet China darauf, dass die eigene Souveränität um jeden Preis gewahrt bleibt. Jede Einmischung in die aus Chinas Sicht inneren Angelegenheiten des Staates wird mit Argwohn betrachtet. Dengs Devise, ökonomische Modernisierung bei Aufrechterhaltung der politischen Verhältnisse wird die Partei auch in Zukunft gehen. Die Stimmen in China für eine Demokratisierung sind seit dem Massaker 1989 kleiner geworden. Auf der anderen Seite entsteht in China im privaten und halböffentlichen Bereich eine Zivilgesellschaft. Solange die Herrschaft der Partei nicht in Frage gestellt wird, kann auch kritisch zu politischen Entwicklungen Stellung genommen werden. Die olympischen Spiele haben zwar nicht, wie manche westliche Beobachter es erhofft hatten, zu einer Öffnung des politischen Systems im Sinne einer Demokratisierung geführt. Menschenrechtler wie Hu Jia und Liu Xiaobo wurden verhaftet und unter Arrest gestellt. Es gibt aber auch Anzeichen für ein öffentliches Eintreten der Umsetzung der Menschenrechte wie etwa die Tibeterklärung aus dem März 2008 oder die Charta 2008, in denen diese Rechte öffentlich von chinesischen Intellektuellen in China eingefordert werden. Und selbst längjährige Kritiker des Regimes wie der mittlerweile 81 jährige Anwalt Zhang Sizhis, der in China Menschenrechtler, tibetanische Mönche und Dissidenten verteidigt hat, und das Erziehungswesen und die Nichtaufarbeitung der Vergangenheit kritisiert, setzt auf die junge Generation Chinas und das dort entstehende Rechtsbewusstsein. Eine aktive Kritik an politischen Entwicklungen in China sollte so wie es auch im Westen gegenüber eigenen Regierungen gemacht wird, fortgesetzt werden. Aber aus westlicher Sicht sollte dies mit einem Verständnis für China gemacht werden, die zeigt, dass in der Vergangenheit das Eingreifen und Urteilen über China oft aus dem Blickwinkel der Überheblichkeit kam, ohne die besondere Umstände dieses Landes überhaupt zu kennen. Hier gilt es mit einem Blick auf die Geschichte des Landes um zudenken.

7. Quellen zur Geschichte Chinas seit 1839

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Der Sonderbeauftragte und hohe chinesische Beamte Lin Zexu an die britische Königin Viktoria (1839): „Unser großherziger Kaiser beruhigt und befriedet China und die fremden Länder, er betrachtet alle mit gleicher Freundlichkeit. Wenn es Gewinn gibt, teilt er ihn mit den Völkern der Welt. Wenn es Schaden gibt, beseitigt er ihn zugunsten der Welt. Denn er macht den Wunsch von Himmel und Erde zu seinem Wunsch. […] Wir haben Eure mehrfachen Tributeingaben gelesen, die sagten: „Im Allgemeinen haben unsere Landsleute, die zum Handel nach China fahren, immer gnädige Behandlung und gleichartige Gerechtigkeit von Seiner Majestät, dem Kaiser, erhalten.“ […] Aus welchem Recht aber benutzen sie dann im Austausch die giftige Droge, um das chinesische Volk zu verletzen? […] Lasst uns fragen: „Was ist Euer Gewissen?“ Ich habe gehört, dass in Eurem Lande das Opiumrauchen sehr streng verboten ist. Und das, weil der Schaden, den das Opium verursacht, klar erkannt wird. Wenn es nicht erlaubt ist, Eurem eigenen Land Schaden zuzufügen, dann solltet ihr [das Gift] umso weniger zum Schaden anderer Länder weitergeben lassen – wie viel weniger erst an China. Von allem, was China nach fremden Ländern ausführt, gibt es keine einzige Sache, die für die Leute nicht nützlich wäre.“ Zitiert nach: Klaus Mäding, China: Kaiserreich und Moderne, Berlin 2002, S.93. Aus dem Vertrag von Naking vom 29.August 1842 „Artikel I. Es soll künftig Frieden und Freundschaft herrschen zwischen Ihrer Majestät, der Königin der Vereinigten Königreiches von Großbritannien und ihren Untertanen, die in den Dominien des anderen volle Sicherheit und Schutz ihrer Person und ihres Hab du Guts genießen sollen. Artikel II. Seine Majestät, der Kaiser von China, erklärt, dass es britischen Untertanen erlaubt sein soll, sich unbelästigt und unbehindert mit ihren Familien und ihrem Inventar in den Städten und Ortschaften Kanton [=Guangzhou], Amoy [=Xiamen], Fuzhou, Ningbo und Shanghai niederzulassen mit dem Zweck dort Handel zu treiben. Ihre Majestät, die Königin von Großbritannien etc., wird Superintendenten oder Konsularbeamte ernennen, die in jeder der oben genannten Städte und Ortschaften residieren, als Vermittler zwischen den chinesischen Behörden und besagten Kaufleuten fungieren und dafür sorgen, dass die oben genannten Verpflichtungen und die anderen in diesem Vertrag festgelegten Verpflichtungen der chinesischen Regierung gegenüber den Untertanen Ihrer britischen Majestät erfüllt werden. Artikel III. D es erforderlich und wünschenswert ist, dass den britischen Untertanen ein Hafen zur Verfügung steht, in dem sie ihre Schiffe auf Kiel legen können und, wenn notwenig, wieder instand setzen können und zu diesem Zweck Lager unterhalten, überlässt Seine Majestät, der Kaiser von China, Ihrer Majestät, der Königin von Großbritannien etc., die Insel Hongkong, auf dass sie in Ewigkeit Besitz Ihrer britischen Majestät, Ihrer Erben und Nachfolger sei und den Gesetzen und Bestimmungen unterliege, die Ihre Majestät, die Königin von Großbritannien etc, zu erlassen für notwendig erachtet. […] Artikel V. Während die chinesische Regierung die britischen Kaufleute, die sich in Kanton betätigt haben, bisher gezwungen hat, ausschließlich mit bestimmten chinesischen Händlern, genannt Hong-Händlern, zu verkehren, die zu diesem Zweck von der chinesischen Regierung lizenziert worden waren, verpflichtet sich der Kaiser von China, diese Praxis künftig in allen Häfen abzuschaffen, in denen britische Kaufleute ansässig sind, und ihnen zu gestatten, ihre Geschäfte mit jedem Beliebigen zu tätigen. […] Artikel VIII. Der Kaiser von China verpflichtet sich, bedingungslos alle Untertanen Ihrer britischen Majestät freizulassen (ob sie nun in Europa oder Indien geboren sind) […]. Artikel X. Seine Majestät, der Kaiser von China, verpflichtet sich, in allen Häfen, die durch den zweiten Artikel dieses Vertrages britischen Kaufleuten geöffnet werden, Export- und Importzölle und andere Abgaben gerecht und gleichmäßig zu erheben und ihre Höhe öffentlich der Allgemeinheit bekannt zu geben.

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Ausgefertigt in Nanking, unterzeichnet und besiegelt von den Bevollmächtigten an Bord Ihrer britischen Majestät Schiff „Cornwallis“, am 29.Tag des August 1842, übereinstimmend mit dem chinesischen Datum, dem 24.Tag des siebten Monats im 22.Jahr Taou Kwang.“ Zitiert nach: Klaus Mäding, China: Kaiserreich und Moderne, Berlin 2002, S.94. Aus den agrarpolitischen Zielen der Taiping (1850er Jahre) „Alle Felder sind in Güteklassen einzuteilen. […] Die Landverteilung geschieht nach Anzahl der Personen, gleichgültig, ob Männer oder Frauen. […] Es sollen für jeden Haushalt bei der Verteilung die neun Klassen gemischt sein. […] Alle Felder im Reich sollen gleichermaßen durch alle Personen bearbeitet werden. Wenn das Land in einer Gegend nicht reicht, sind die Menschen in eine andere Gegend umzusiedeln. […] Alle Felder im gesamten Reich, ob von hohem oder niedrigem Ertrag, gelten als eine Einheit: Wenn die Ernte an einer Stelle nicht ausreicht, dann ist der Ertrag von Überschussgebieten dorthin zu bringen. […] Wo Felder sind, lasst alle sie bearbeiten, wo Essen ist, lasst alle essen, wo Kleider sind, lasst alle sich kleiden, wo Geld ist, lasst alle es benutzen, sodass nirgends Ungleichheit besteht und niemand nicht gut ernährt und gekleidet ist. Alle Männer und Frauen über sechzehn Jahre sollen Land erhalten.“ Zitiert nach: Klaus Mäding, China: Kaiserreich und Moderne, Berlin 2002, S.81. Deng Zhongxia über die 4.Mai-Bewegung (mit der Niederschrift begonnen 1927 im russischen Exil nach der Zerschlagung der Streikbewegung durch Chiang Kai-shek, 1933 wurde Deng Zhongxia von der Nationalregierung hingerichtet: „Nach dem 1.Weltkrieg gab es in China spontane Streikkämpfe. Unsere größte Aufmerksamkeit sollte den Streiks gelten, die die Bewegung des 4.Mai unterstützten. Nach dem 1.Weltkrieg hielten die imperialistischen Großmächte 1919 in Paris die sogenannte ‚Friedenskonferenz’ ab. Das war jene Konferenz, auf der die siegreichen Staaten des Imperialismus das unterlegene Deutschland maßregelten, jene Konferenz, auf der die Weltmärkte als unrechtmäßige Beute aufgeteilt wurden. Auf dieser Konferenz sollte auch die Shandongfrage in China geregelt werden. Lange vor dem 1.Weltkrieg war Deutschland in Shandong eingefallen, hatte Tsingtao gepachtet, die Tientsin-Tsinan-Eisenbahn gebaut und sich die Schürfrechte der nahe der Eisenbahn gelegenen Bodenschätze genommen. Nach Ausbruch des Krieges, als Deutschland nicht mehr die Kraft hatte, Shandong zu verteidigen, nutzte der japanische Imperialismus in seiner Eigenschaft als Alliierter die Gelegenheit, griff Tsingtao an und übernahm mit Gewalt die deutschen Rechte in Shandong. Damals erklärte China Deutschland den Krieg, und so mussten notwendigerweise sämtlichen deutschen Nutzungsrechte an China zurückfallen. Dennoch übertrugen die imperialistischen Großmächte auf der Pariser Konferenz Shandong an Japan. Die Nachricht darüber erschütterte China, die Massen gerieten in helle Empörung und führten zuerst in Peking eine beispiellose, bisher nicht dagewesene Massendemonstration durch. Entfesselt wurde diese Bewegung von den Pekinger Studenten am 4.Mai, daher der Name 4.Mai-Bewegung. In ihrem Zorn legte die demonstrierende Masse an diesem Tag Feuer an das Ministerium des mit der pro-japanischen Clique verbundenen Verkehrsministers Cao Rulin und verprügelten den chinesischen Botschafter in Japan Zhang Zongxiang. Die Studenten stellten der Regierung Forderungen: „Die chinesischen Vertreter sollten die Unterschrift unter die Vertragsbedingungen der Pariser Friedenskonferenz verweigern und die mit der ‚projapanischen Clique verbundenen Cao Rulin, Lu Zhongyu und Zhang Zongxiang sollten aus ihren öffentlichen Ämtern entfernt werden.’ Dem gab die Regierung natürlich nicht statt, und als die Studenten unter Aufbietung aller Kräfte am 3.Juni in den Straßen der ganzen Stadt Reden hielten, ließ die Regierung am Nachmittag 1000 Studenten verhaften. Als diese Nachricht in Shanghai eintraf, traten die Händler, die Studenten und die Arbeiter in den Streik, um so die Pekinger Studenten zu unterstützen. […]

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Die Initiatoren der 4.Mai Bewegung waren die akademische Jugend, die nationale Bourgeoisie und die bürgerlichen Intellektuellen (die Universitätslehrer). Die nationale Bourgeoisie nahm an der nationalen Bewegung ganz offensichtlich deshalb teil, weil die Interessen der Bewegung mit ihren eigenen genau zusammenfielen. […] Aber es gab auch eine schwärmerische, kleinbürgerliche Studentenschaft, man kann auch sagen, eine äußerst demokratische Studentenschaft, die, im antiimperialistischen Kampf stehend, sich ihrer eigenen, isolierten Kraft bewusst war und sich auf die Suche nach einem gemeinsamen Kampfgefährten befand. Dieser gemeinsame Kampfgefährte, so stellten sie in ihrer praktischen Erfahrung fest, war die neu entstehende Arbeiterklasse. Tatsächlich begab sich ein Teil der Studentenführer während der 4.Mai-Bewegung unter dem Leitspruch ‚ins Volk gehen’ sofort in die Arbeiterschaft, um dort Ausbildungs- und Gewerkschaftsarbeit zu leisten. Diese kleinbürgerliche Studentenschaft näherte sich der Arbeiterklasse, wandte sich später dem Kommunismus zu und trat schließlich in die Kommunistische Partei ein.“ Zitiert nach: Deng Zhongxia, Anfänge der chinesischen Arbeiterbewegung 1919-1926. Herausgegeben von Werner Meißner und Günther Schulz, Hamburg 1975, S.19ff. Sun Yatsen: Die drei Prinzipien der Kuomintang (Aus dem Parteitags-Manifest von 1924, nach Sun Yat-sen: Aufzeichnung eines chinesischen Revolutionärs, Wien 1926. Das erste Prinzip: Das Prinzip des Nationalismus der Kuomintang hat eine doppelte Bedeutung. Zunächst fordert es die Selbstbestimmung der chinesischen Nation, dann fordert es die Gleichberechtigung der Rassen, die sich innerhalb der chinesischen Republik zusammengefasst finden. Das zweite Prinzip handelt von den Rechten des Volkes, von der Demokratie. Die Kuomintang fordert nicht allein die indirekten Rechte der Volksvertretung, sondern auch die direkten politischen Rechte des Volkes. Das bedeutet, daß das Volk nicht allein das Recht der Wahl haben wird sondern auch das Recht der Initiative, des Referendums und der Abberufung der gewählten Vertreter. . . Die Erfahrung hat gelehrt, daß die sogenannten demokratischen Regierungen der westlichen Länder oft in Wahrheit gar nicht den Willen des Volkes zum Ausdruck bringen, sondern daß sie nur Werkzeuge geworden sind, durch die die Kapitalisten die arbeitenden Klassen, das gewöhnliche Volk, ausbeuten. Die Volksrechte der Kuomintang dagegen gelten für das ganze Volk. Das dritte Prinzip von der Wohlfahrt des Volkes (vom Sozialismus) . . . enthält zwei wichtige Punkte: erstens die gleichmäßige Verteilung des Bodenbesitzes, zweitens die Beschränkung des Kapitalismus. [...] Der Staat wird denjenigen Bauern, die ihres Landes beraubt sind [...] Land zur Bearbeitung übergeben. Die Kuomintang ist der Meinung, daß der Staat besondere Vorkehrungen zum Schutze der Arbeitslosen zu treffen hat. Besonders wichtig wird es sein, Arbeitsgesetze zu erlassen, um die Lebensverhältnisse der Arbeiter zu verbessern. Zitiert nach: Hermann Meyer / Wilhelm Langenbeck u.a.: Vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart. (Grundzüge der Geschichte – Sekundarstufe II. Historisch politisches Arbeitsbuch, Quellenband II.) Frankfurt am Main: Verlag Moritz Diesterweg 1975 (7. A.),S. 309f.) Sun Yat-sen in seinem Werk “Das Prinzip der Demokratie” 1925: „Die Idee der politischen Demokratie des chinesischen Volkes kommt aus dem Westen, deshalb folgen wir westlichen Methoden, wenn wir die Revolution der Neugestaltung unserer Regierung fortführen. Warum? Weil wir erkennen, dass sich die westliche Zivilisation in großen Sprüngen entwickelt hat und der chinesischen Zivilisation in jeder Hinsicht überlegen ist.

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Seit der Niederlage im Boxeraufstand sind chinesische Denker dazu übergegangen, westliche Länder in jeder Hinsicht zu kopieren, um die Schmach und Folgen dieser Niederlage wettzumachen. Sie müssen nicht nur Naturwissenschaften, sondern auch die politischen und die Sozialwissenschaften aus dem Westen studieren. Seit dem Boxeraufstand haben die Chinesen ihr Vertrauen in ihre eigene Stärke verloren und den ausländischen Mächten wurde ein immer größerer Respekt entgegengebracht. Ein Ergebnis dieser Entwicklung ist die Aufnahme vieler westlicher Ideen in China. Chinesen wollten folglich nichts mehr aus dem alten China übernehmen; alles muss aus dem Westen kommen. Wenn wir von etwas Ausländischem hörten, sind wir dem sofort nachgelaufen und haben versucht, es nachzuahmen. Auch die Aufnahme der Demokratie fiel unter diesen Missbrauch. Nach der Revolution 1911 spielte die ganze Nation verrückt und forderte, dass in ganz China das politische Prinzip der Demokratie aus dem Westen eingeführt werden sollte, ohne ihre Bedeutung genauer zu studieren. […] Aber auch im Westen gibt es keine fertige Lösung über das Problem der Demokratie; dies ist immer noch ein wichtiges Thema. […] Die Methoden der westlichen Demokratie kann folglich nicht unser Model oder Führer sein.“ Zitiert nach: Sun Yat-Sen, The Principle Of Democracy. Translated into English by Fank W. Price, Connecticut 1970, S. 82f (eigene Übersetzung) Chiang Kai-shek: Rede über "Sechs Grundsätze für den Aufbau der Provinz Sichuan" (14. Juni 1935) „Notwendig ist, daß wir so schnell wie möglich unsere Aufgabe erfüllen, die in der Niederhaltung der restlichen kommunistischen Elemente und in der Verbesserung der provinzialen Regierungsverwaltung besteht, damit Friede, Ordnung, Wohlergehen und Glück wieder zu dem Sichuan-Volk zurückkehren. Zur Erreichung dieses Zieles ist die einmütige Anstrengung und aufrichtige Mitwirkung aller Volksgenossen dieser Provinz gemeinsam mit der Nationalen Zentralregierung erforderlich. Die Anwesenheit eines großen Heeres sowie reiche Waffen- und Munitionslieferungen würden wenig Wert haben, wenn die vollständige Unterstützung von seiten des Volkes fehlen würde; denn die heutigen deutlich ungesunden Verhältnisse in Sichuan gründen sich nicht auf einen Mangel an militärischer Kraft, sondern sind durch den herrschenden verderbten Geist und die fehlende Moral unter dem Volk hervorgerufen worden. Diese bilden die Wurzel des Sichuan-Problems. Wenn die Hebung der Moral nicht schnell durchgeführt wird, werden alle anderen Bemühungen um den Fortschritt der Provinz fruchtlos sein. Gewinnt die Vaterlandsliebe neue Kraft und streben alle Bewohner der Provinz nach Wiedererlangung der guten Moral, dann wird eine gewaltige soziale Kraft erzeugt werden, die alle vor uns liegenden politischen, militärischen und sozialen Probleme von Sichuan ohne große Schwierigkeiten und mit verhältnismäßiger Geschwindigkeit lösen würde. Um den Kommunismus zu zerschlagen und Sichuan wieder aufzubauen, müssen wir Anstand und Geist des Volkes zu neuem Leben zu erwecken suchen [. . .] Aus meiner eigenen Erfahrung möchte ich, um die jetzigen Verhältnisse in Sichuan zu verbessern, sechs einfache Grundsätze vorschlagen, welche ich selbst seit Jahren befolge. " Zitiert nach: Wolfgang Franke: Das Jahrhundert der chinesischen Revolution. 1958, S. 233 f. - Aus: Hermann Meyer / Wilhelm Langenbeck u.a.: Vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart. (Grundzüge der Geschichte – Sekundarstufe II. Historisch-politisches Arbeitsbuch, Quellenband II.) Frankfurt am Main: Verlag Moritz Diesterweg 1975 (7. A.), S. 311 f.)

Mao Zedong: Probleme des Krieges und der Strategie (1938)

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I. DIE BESONDERHEITEN CHINAS UND DER REVOLUTIONÄRE KRIEG Die zentrale Aufgabe der Revolution und ihre höchste Form ist die bewaffnete Machtergreifung, ist die Lösung der Frage durch den Krieg. Dieses revolutionäre Prinzip des Marxismus-Leninismus hat allgemeine Gültigkeit, es gilt überall, in China wie im Ausland. Wenn jedoch das Prinzip auch ein und dasselbe bleibt, so kommt doch seine Verwirklichung durch die Partei des Proletariats gemäß den verschiedenen Bedingungen auf verschiedene Weise zum Ausdruck. In den kapitalistischen Ländern besteht - abgesehen von Perioden, da dort der Faschismus herrscht und Kriege im Gange sind - folgende Situation: Innenpolitisch gibt es keine Feudalordnung mehr, sondern die bürgerliche Demokratie, außenpolitisch werden diese Länder nicht national unterdrückt, sondern unterdrücken selbst andere Nationen. Entsprechend diesen Besonderheiten besteht die Aufgabe der proletarischen Parteien in den kapitalistischen Staaten darin, durch einen legalen Kampf während eines langen Zeitabschnitts die Arbeiter zu erziehen, Kräfte zu sammeln und so zum endgültigen Sturz des Kapitalismus zu rüsten. Dort geht es um einen langwierigen legalen Kampf, um die Ausnutzung des Parlaments als Tribüne, um wirtschaftliche und politische Streiks, die Organisierung der Gewerkschaften und die Schulung der Arbeiter. Die Formen der Organisation sind dort legal, die Formen des Kampfes unblutig (nicht militärisch). Was die Frage des Krieges betrifft, so kämpft die kommunistische Partei eines solchen Landes dagegen, dass ihr Land imperialistische Kriege führt; falls jedoch ein solcher Krieg ausbricht, besteht die Politik der Partei darin, für die Niederlage der reaktionären Regierung des eigenen Landes zu kämpfen. Der einzige Krieg, den die Partei braucht, ist der Bürgerkrieg, auf den sie sich vorbereitet. Aber solange die Bourgeoisie nicht wirklich versagt hat, solange die Mehrheit des Proletariats nicht von der Entschlossenheit durchdrungen ist, den bewaffneten Aufstand zu beginnen und den Bürgerkrieg zu führen, solange die Bauernmassen dem Proletariat nicht freiwillig zu helfen beginnen, soll man den bewaffneten Aufstand und den Bürgerkrieg nicht beginnen. Und wenn die Zeit für Aufstand und Krieg gekommen ist, bemächtigt man sich in erster Linie der Städte und führt dann erst den Angriff gegen die Dörfer und nicht umgekehrt. All das haben die kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder getan, und all das wurde durch die Oktoberrevolution in Rußland bestätigt. Anders ist es aber in China. Die Besonderheiten Chinas bestehen darin, daß es kein unabhängiger, demokratischer Staat ist, sondern ein halbkoloniales, halbfeudales Land, daß innerhalb des Landes keine Demokratie herrscht, sondern feudale Unterdrückung, während das Land außenpolitisch keine nationale Unabhängigkeit besitzt, sondern unter dem Joch des Imperialismus leidet. Deshalb gibt es in China kein Parlament, das wir ausnutzen könnten, kein legales Recht, die Arbeiter zur Durchführung von Streiks zu organisieren. Die Aufgabe der Kommunistischen Partei besteht hier im wesentlichen nicht darin, über einen langwierigen legalen Kampf zu Aufstand und Krieg zu kommen, und auch nicht darin, zunächst die Städte zu erobern und dann die Dörfer zu gewinnen. Sie muß völlig anders vorgehen. Für die Kommunistische Partei Chinas steht die Frage so: Wenn der Imperialismus keinen bewaffneten Überfall auf China unternimmt, führt sie entweder zusammen mit der Bourgeoisie einen Bürgerkrieg gegen die Militärmachthaber (die Lakaien des Imperialismus), wie das in den Jahren 1924 bis 1927 zur Zeit des Krieges in der Provinz Kuangtung und des Nordfeldzugs der Fall war, oder einen Bürgerkrieg im Bündnis mit der Bauernschaft und dem städtischen Kleinbürgertum gegen die Grundherrenklasse und die Kompradorenbourgeoisie (ebenfalls Lakaien des Imperialismus), wie das zur Zeit des Agrarrevolutionären Krieges in den Jahren 1927 bis 1936 der Fall war. Wenn aber der Imperialismus einen bewaffneten Überfall auf unser Land unternimmt, führt die Partei im Bündnis mit allen Klassen und Schichten des Landes, die den ausländischen Aggressoren entgegentreten, einen nationalen Krieg gegen den äußeren Feind, wofür der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge ein Beispiel ist. All das zeigt den Unterschied zwischen China und den kapitalistischen Ländern. In China ist die Hauptform des Kampfes der Krieg und die Hauptform der Organisation die Armee. Alle

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übrigen Formen, wie beispielsweise die Organisation der Volksmassen, der Kampf der Volksmassen usw., sind von außerordentlich großer Bedeutung, sind alle unbedingt notwendig, und man darf sie keineswegs übersehen, aber sie sind alle den Interessen des Krieges untergeordnet. Bevor ein Krieg ausbricht, dienen alle Organisationen und alle Kämpfe der Vorbereitung zum Krieg, wie das beispielsweise in der Periode zwischen der Bewegung des 4. Mai (1919) und der Bewegung des 30. Mai (1925) der Fall war. Nach Ausbruch des Krieges sind alle Organisationen und alle Kämpfe direkt oder indirekt mit dem Krieg koordiniert. Diese Koordinierung aller Organisationen und Kämpfe mit dem Krieg galt beispielsweise in der Periode des Nordfeldzugs unmittelbar für das Hinterland der Revolutionären Armee und mittelbar für die von den Militärmachthabern des Nordens beherrschten Gebiete, in der Periode des Agrarrevolutionären Krieges unmittelbar für die roten Gebiete und mittelbar für die außerhalb derselben gelegenen Gebiete. Und schließlich jetzt, in der Periode des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge, sind alle Organisationen und alle Kämpfe im Hinterland der antijapanischen Armeen und in den vom Feind besetzten Gebieten ebenfalls unmittelbar oder mittelbar mit dem Krieg koordiniert. [...] Da nun ein nationaler Widerstandskrieg vor sich geht, müssen sie auch für die Nation die militärische Macht erstreben. Wer von der Kinderkrankheit in der Frage der Militärmacht befallen ist, wird sicherlich zu nichts kommen. Dem arbeitenden Volk, das jahrtausendelang ein Opfer des Betrugs und der Einschüchterung seitens der reaktionären herrschenden Klassen war, fällt es nicht leicht, sich zu der Erkenntnis aufzuschwingen, daß es wichtig ist, Gewehre in den eigenen Händen zu haben. Das Joch des japanischen Imperialismus und der Widerstandskrieg der ganzen Nation gegen die japanische Aggression haben das werktätige Volk auf den Schauplatz des Krieges treten lassen, und die Kommunisten müssen sich als politisch höchst bewußte Führer dieses Krieges erweisen. Jeder Kommunist muß diese Wahrheit begreifen: "Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen." Unser Prinzip lautet: Die Partei kommandiert die Gewehre, und niemals darf zugelassen werden, dass die Gewehre die Partei kommandieren. Zitiert nach: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.255-274 Mao Zedong: Kümmern wir uns um das Alltagsleben der Volksmassen, achten wir auf die Arbeitsmethoden! (27.Januar 1934) Es gibt zwei Fragen, die von den Genossen in der Diskussion nicht ausreichend beachtet worden sind. Ich bin der Ansicht, daß sie behandelt werden sollen. Die erste Frage betrifft das Alltagsleben der Volksmassen. Gegenwärtig besteht unsere zentrale Aufgabe darin, die breiten Volksmassen für die Teilnahme am revolutionären Krieg zu mobilisieren, durch diesen Krieg den Imperialismus und die Kuomintang zu zerschlagen, die Revolution über das ganze Land auszubreiten und die Imperialisten aus China zu verjagen. Wer diese zentrale Aufgabe unterschätzt, ist kein guter revolutionärer Funktionär. Wenn unsere Genossen diese zentrale Aufgabe wirklich klar sehen und begreifen, daß man die Revolution um jeden Preis über das ganze Land ausbreiten muß, dann sollen sie auch nicht im geringsten die Fragen der unmittelbaren Interessen der breiten Volksmassen, die Fragen ihres Alltagslebens, vernachlässigen oder unterschätzen. Denn der revolutionäre Krieg ist ein Krieg der Volksmassen. Nur wenn man die Massen mobilisiert, kann man Krieg führen; nur wenn man sich auf die Volksmassen stützt, kann man Krieg führen. Werden wir den Feind besiegen können, wenn wir uns nur auf die Mobilisierung des Volkes für den Krieg beschränken und uns mit nichts anderem befassen, gewiß nicht. Wenn wir siegen wollen, müssen wir noch sehr viele andere Dinge tun. Wir müssen die Bauern in dem Kampf um den Boden führen und den Boden unter sie aufteilen, ihren Arbeitsenthusiasmus steigern und die landwirtschaftliche Produktion erhöhen; wir müssen die Interessen der Arbeiter verteidigen, Genossenschaften gründen und den Außenhandel entwickeln ; wir müssen die Probleme der Volksmassen lösen: Fragen der Bekleidung, Ernährung und Wohnung, das Problem der Versorgung mit Brennholz, Reis, Speiseöl und Salz, Fragen des Gesundheitsschutzes und Eheprobleme. Kurzum, allen praktischen Fragen des täglichen Lebens der Volksmassen

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müssen wir unsere Beachtung schenken. Wenn wir diesen Fragen unsere Aufmerksamkeit zuwenden, sie lösen und die Bedürfnisse der Volksmassen befriedigen, werden wir zu wahren Organisatoren des Lebens der Volksmassen, die Massen werden sich wirklich um uns scharen und uns begeistert unterstützen. [...] Unter manchen unserer Funktionäre haben wir beobachtet, daß sie nur von der Vergrößerung des Bestandes der Roten Armee, von der Vergrößerung der Transportabteilungen, von der Eintreibung der Bodensteuer, von der Zeichnung der Anleihe sprechen. Was aber das übrige betrifft, diskutieren sie weder darüber, noch kümmern sie sich darum; mehr noch, sie machen sich überhaupt keine Sorgen. [...] Mit allem Nachdruck möchte ich den Kongreß darauf hinweisen, daß wir den Fragen des Alltagslebens der Volksmassen eindringlich unsere Aufmerksamkeit widmen müssen, angefangen von den Fragen des Grund und Bodens und der Arbeit bis zu den Fragen der Versorgung mit Brennholz, Reis, Speiseöl und Salz. Da wollen Frauen pflügen und eggen lernen. Wer könnte ihnen das beibringen? Die Kinder möchten in die Schule gehen. Haben wir schon Grundschulen eingerichtet? Die Holzbrücke da drüben ist so schmal, daß man abstürzen könnte. Sollten wir sie nicht einmal erneuern? Viele Menschen leiden an Geschwüren und anderen Krankheiten. Was machen wir da? Alle diese Fragen des täglichen Lebens der Volksmassen müssen auf unsere Tagesordnung gesetzt werden. Wollen wir die Unterstützung der Massen gewinnen, wollen wir, daß die Massen ihre ganze Kraft für die Front hergeben? Wenn dem so ist, dann müssen wir mit den Massen verbunden sein, ihre Aktivität entfalten, uns um ihr Wohl und Wehe sorgen, ehrlich und aufrichtig in ihrem Interesse arbeiten und die Fragen ihrer Produktion und ihres Alltagslebens wie die der Versorgung mit Salz, Reis, Wohnung, Kleidung, die Frage der Sorge um Mutter und Kind kurzum, alle möglichen Fragen der Volksmassen lösen. Wenn wir so handeln, werden uns die breiten Volksmassen unbedingt unterstützen, werden sie die Revolution als die Sache ihres Lebens und als ihr glorreiches Banner betrachten. Wenn die Kuomintang die roten Gebiete überfällt, werden die Volksmassen, ohne ihr Leben zu schonen, den Kampf aufnehmen. Das unterliegt keinem Zweifel. Haben wir denn nicht tatsächlich den ersten, den zweiten, den dritten und den vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes zerschlagen? [...] Die zweite Frage bezieht sich auf unsere Arbeitsmethoden. Wir sind die Führer und Organisatoren des revolutionären Krieges, und zugleich sind wir die Führer und Organisatoren des Lebens der Volksmassen. Den revolutionären Krieg zu organisieren und die Lebensbedingungen der Massen zu verbessern - das sind unsere beiden großen Aufgaben. Und hier erhebt sich vor uns die ernste Frage der Arbeitsmethoden. Wir müssen nicht nur Aufgaben stellen, sondern auch die Frage lösen, mit welchen Methoden diese Aufgaben zu erfüllen sind. Wenn wir die Aufgabe haben, einen Fluß zu überschreiten, können wir das ohne eine Brücke oder ein Boot nicht tun. Wird die Frage der Brücke oder des Bootes nicht gelöst, dann ist es müßig, von einem Übersetzen auf das andere Ufer zu reden. Wird die Frage der Methoden nicht gelöst, dann ist auch das, was man über die Aufgabe sagt, nur ein leeres Geschwätz. Wenden wir der Anleitung zur Vergrößerung der Roten Armee keine Aufmerksamkeit zu und schenken wir den diesbezüglichen Methoden keine Beachtung, dann werden wir keinen Erfolg haben, wenn wir auch tausendmal die Parole von der Vergrößerung der Roten Armee im Munde führen. Auch auf allen anderen Tätigkeitsgebieten wie bei der Überprüfung der Bodenzuteilungen, beim Aufbau der Wirtschaft, auf dem Gebiet der Kultur und Volksbildung, bei der Arbeit in den neuen Gebieten und Grenzgebieten werden wir keine Aufgabe erfüllen können, wenn wir nur Aufgaben stellen, ohne den zu ihrer Erfüllung notwendigen Arbeitsmethoden Beachtung zu schenken, ohne die bürokratischen Arbeitsmethoden zu bekämpfen und praktische, konkrete Arbeitsmethoden anzuwenden, ohne mit der Arbeitsmethode des Kommandierens Schluß zu machen und uns der Methode der geduldigen Überzeugung zu bedienen. Zitiert nach: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.169-175

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Mao Zedong: Das chinesische Volk ist aufgestanden* (21. September 1949) Werte Delegierte! Die vom ganzen Volk sehnlichst erwartete Politische Konsultativkonferenz ist hiermit eröffnet. Auf unserer Konferenz sind mehr als 600 Delegierte, die alle demokratischen Parteien und Massenorganisationen Chinas, die Volksbefreiungsarmee, die verschiedenen Gebiete und Nationalitäten des Landes sowie die Auslandschinesen vertreten. Das zeigt, daß unsere Konferenz eine Konferenz der großen Einheit des Volkes des ganzen Landes ist. Diese große Einheit ist erreicht worden, weil wir die vom USA-Imperialismus unterstützte reaktionäre Kuomintang-Regierung besiegt haben. In etwas mehr als drei Jahren hat die heldenhafte Chinesische Volksbefreiungsarmee, eine Armee, wie sie die Welt noch selten gesehen hat, alle Offensiven der mehrere Millionen Mann starken Truppen der reaktionären Kuomintang-Regierung, die von den USA unterstützt wurde, zerschlagen und ist zum Gegenangriff und zur Offensive übergegangen. Gegenwärtig nähern sich die mehrere Millionen Mann zählenden Feldarmeen der Volksbefreiungsarmee bereits Taiwan, Kuangtung, Kuangsi, Kueitschou, Szetschuan und Sinkiang. Die große Mehrheit des chinesischen Volkes ist schon befreit. In etwas mehr als drei Jahren hat sich das ganze Volk zusammengeschlossen, es hat die Volksbefreiungsarmee unterstützt, gegen den Feind gekämpft und im wesentlichen den Sieg errungen. Auf dieser Grundlage ist die heutige Politische Konsultativkonferenz des Volkes einberufen worden. [...] Werte Delegierte! Wir sind alle überzeugt, daß diese unsere Arbeit in die Geschichte der Menschheit eingehen wird, und sie wird zeigen: Die Chinesen, die ein Viertel der Menschheit bilden, sind nunmehr aufgestanden. Die Chinesen sind von jeher eine große, mutige und arbeitsame Nation; erst in der neueren Zeit sind sie zurückgeblieben. Diese Rückständigkeit ist einzig und allein auf die Unterdrückung und Ausbeutung durch den ausländischen Imperialismus und durch die einheimischen reaktionären Regimes zurückzuführen. Seit mehr als einem Jahrhundert haben unsere Vorgänger unbeugsam gegen die in- und ausländischen Unterdrücker gekämpft und niemals damit aufgehört. Zu diesen Kämpfen zählt auch die von Dr. Sun Yatsen, dem großen Vorkämpfer der chinesischen Revolution, geführte Revolution von 1911. Es ist das Vermächtnis unserer Vorgänger, daß wir ihr unvollendetes Werk fortsetzen mögen. Wir haben dementsprechend gehandelt. Wir haben uns zusammengeschlossen, durch den Volksbefreiungskrieg und die große Volksrevolution die in und ausländischen Unterdrücker niedergeschlagen und proklamieren jetzt die Gründung der Volksrepublik China. Unsere Nation wird sich nun in die Gemeinschaft der Frieden und Freiheit liebenden Nationen der Welt einreihen, wird mutig und fleißig arbeiten, sich ihre eigene Zivilisation und ihr eigenes Glück schaffen und zugleich Frieden und Freiheit in der Welt fördern. Unsere Nation wird niemals mehr eine Nation sein, die sich beleidigen und demütigen läßt. Wir sind aufgestanden. Unsere Revolution wurde von den Völkern der ganzen Welt mit Sympathie und Jubel begrüßt. Überall in der Welt haben wir Freunde. Unser revolutionäres Werk ist noch nicht vollendet, der Volksbefreiungskrieg und die revolutionäre Volksbewegung entwickeln sich weiter, und wir müssen unsere Anstrengungen fortsetzen. Die Imperialisten und die einheimischen Reaktionäre werden sich niemals mit ihrer Niederlage abfinden, sie werden noch bis zuletzt einen Verzweiflungskampf führen. Nachdem im ganzen Land Ruhe und Ordnung eingekehrt sind, werden sie immer noch mit allen Mitteln Sabotage treiben und Unruhe stiften, sie werden jeden Tag und jede Stunde Versuche unternehmen, ihre Macht in China wiederherzustellen. Das ist unausbleiblich, unterliegt keinem Zweifel, und wir dürfen keinesfalls in unserer Wachsamkeit nachlassen. Unser Staatssystem, die demokratische Diktatur des Volkes, ist eine mächtige Waffe, mit der die Ergebnisse des Sieges der Volksrevolution geschützt und die Intrigen der in- und ausländischen Feinde zur Wiederherstellung ihrer Herrschaft vereitelt werden können. Wir müssen diese Waffe fest in Händen halten. In internationaler Hinsicht müssen wir uns mit allen Frieden und Freiheit liebenden Ländern und Völkern zusammenschließen, vor allem mit der Sowjetunion und den neudemokratischen Staaten, damit wir in unserem Kampf zum

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Schutz der Ergebnisse des Sieges der Volksrevolution und gegen die auf Restauration abzielenden Intrigen der in- und ausländischen Feinde nicht allein stehen. Solange wir an der demokratischen Diktatur des Volkes und am Zusammenschluß mit unseren ausländischen Freunden festhalten, werden wir stets siegreich bleiben. Die demokratische Diktatur des Volkes und der Zusammenschluß mit unseren ausländischen Freunden werden rasche Erfolge bei unserer Aufbauarbeit ermöglichen. Wir stehen zur Zeit vor der Aufgabe des wirtschaftlichen Aufbaus im Landesmaßstab. Wir haben äußerst günstige Bedingungen dafür: eine Bevölkerung von 475 Millionen und ein Territorium von 9,6 Millionen Quadratkilometern. Es ist wahr, vor uns liegen Schwierigkeiten, sehr viele sogar, aber wir sind fest davon überzeugt, daß der heldenhafte Kampf des ganzen Volkes alle Schwierigkeiten überwinden wird. Das chinesische Volk hat darin äußerst reiche Erfahrungen. Wenn unsere Vorgänger und wir selbst die langen Jahre größter Schwierigkeiten durchstehen und die mächtigen einheimischen und ausländischen Reaktionäre besiegen konnten, warum sollten wir nach dem Sieg nicht imstande sein, ein blühendes und gedeihendes Land aufzubauen? Wenn wir weiterhin den Stil des einfachen Lebens und harten Kampfes bewahren, uns eng zusammenschließen und an der demokratischen Diktatur des Volkes und am Zusammenschluß mit unseren ausländischen Freunden festhalten, werden wir an der Wirtschaftsfront rasch Siege erringen können. Der Aufschwung im wirtschaftlichen Aufbau wird unweigerlich von einem Aufschwung in der kulturellen Entwicklung begleitet sein. Die Zeiten, in denen die Chinesen für unzivilisiert gehalten wurden, sind nun vorbei. Wir werden in der Welt als Nation mit hochentwickelter Kultur in Erscheinung treten. Wir werden unsere Landesverteidigung stärken und es keinem Imperialisten mehr erlauben, in unser Land einzufallen. Die bewaffneten Kräfte unseres Volkes, deren Fundament die heldenhafte und erprobte Volksbefreiungsarmee ist, müssen erhalten bleiben und sich weiterentwickeln. Wir werden nicht nur ein starkes Heer, sondern auch eine starke Luftwaffe und eine starke Marine haben. Laßt die einheimischen und ausländischen Reaktionäre vor uns zittern! Laßt sie nur sagen, wir würden dieses oder jenes nicht zustande bringen! Durch unermüdliche Anstrengungen wird das chinesische Volk sicheren Schrittes sein Ziel erreichen! Ewiger Ruhm den im Volksbefreiungskrieg und in der Volksrevolution gefallenen Helden des Volkes! Es lebe der Sieg im Volksbefreiungskrieg und in der Volksrevolution! Hoch die Gründung der Volksrepublik China! Auf den Erfolg der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes! Zitiert nach: Mao Tse-tung: Ausgewählte Werke, Band V, Peking 1978, S. 11 – 15. Liu Shaoqi, Bericht über die Agrarreform, gehalten auf der 2.Sitzung des Landkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes. Er bezieht sich auf das Agrarreformgesetz, das am 30.6.1950 von der Zentralen Volksregierung verkündet wurde: „Der wesentliche Inhalt der Agrarreform ist die Enteignung des Bodens der Klasse der Landlords zur Verteilung an die landlosen oder landarmen Bauern. Auf diese Weise werden die Landlords als Klasse in der Gesellschaft vernichtet und das Bodeneigentumssystem der feudalen Ausbeutung wird in ein System bäuerlichen Bodeneigentums umgewandelt. Das ist in der Tat die größte und durchgreifendste Reform in Jahrtausenden chinesischer Geschichte. Warum sollte eine solche Reform durchgeführt werden? Kurz gesagt, weil das bisheriger Bodeneigentumssystem in China extrem unvernünftig ist. Im Allgemeinen ist die Bodensituation im alten China grob folgende.

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Landlords und reiche Bauern, die weniger als 10% der ländlichen Bevölkerung ausmachen, besitzen etwa 70-80% des Bodens und beuten die Bauern mit Hilfe ihres Bodens brutal aus. […] Darin liegt der Hauptgrund, warum unser Volk zum Opfer von Aggression und Unterdrückung geworden ist und verarmt und rückständig blieb. Das ist auch das Haupthindernis für Demokratisierung, Industrialisierung, Unabhängigkeit, Vereinigung und Wohlfahrt unseres Volkes. Wenn wir diese Lage nicht ändern, kann der Sieg der Revolution des chinesischen Volkes nicht gefestigt werden, die Produktivkräfte in den ländlichen Gebieten können nicht freigesetzt, die Industrialisierung des neuen China nicht verwirklicht werden, und das Volk kann sich nicht der grundlegende Vorteile des Sieges der Revolution erfreuen. Um aber die Lage zu ändern, müssen wir, wie in Artikel 1 des Entwurfes über des Agrarreformgesetzes dargelegt, ‚das Bodeneigentumssystem der feudalen Ausbeutung durch die Klasse der Landlords beseitigen und das System des bäuerlichen Bodeneigentums einführen, um die Produktivkräfte in den ländlichen Gebieten freizusetzen, die landwirtschaftliche Produktion zu entwickeln und so den Weg für die Industrialisierung des neuen China ebnen.’ Aus diesen Hauptgründen und mit diesem wesentlichen Ziel müssen wir die Agrarreform durchführen. […] Aber das Grundziel der Agrarreform besteht nicht nur in der Hilfe für die verarmten Bauern. Sie ist vielmehr darauf angelegt, die ländlichen Produktivkräfte von den Fesseln des feudalen Bodeneigentumssystems der Klasse der Landlords zu befreien und die landwirtschaftliche Produktion zu entwickeln und so den Weg für die Industrialisierung des neuen China zu ebnen.“ Zitiert nach: Liu Shaoqi. Ausgewählte Schriften und Materialien. Band 2. Herausgegeben von Th. Bergmann/U. Menzel/U. Menzel-Fischer, Stuttgart 1982, S.32-35. Chen Boda, kommunistischer Theoretiker, Chefredakteur der „Roten Fahne“ (Hongqi), Politbüromitglied und führender Politiker an der Seite Mao Zedongs: (1955) Chen Boda im Oktober 1955: „Die sozialistische Industrialisierung kann nicht isoliert, nicht ohne landwirtschaftliche Kooperation durchgeführt werden (...) Wir können nicht den einen Fuß auf die sozialistische Industrie setzen und den anderen auf kleinbäuerlicher Wirtschaft belassen. Der Sieg des Sozialismus ist undenkbar, sofern wir nicht die fünfhundert Millionen starke ländliche Bevölkerung dazu bringen, an der sozialistischen Aufbauarbeit teilzunehmen. (...) Es ist ein unabänderliches Gesetz, dass, sobald das Feudalsystem abgeschafft ist, auf dem Land ein Kampf einsetzt, der eine Entscheidung zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen Weg verlangt.“

Die "Mao-Bibel" (1927-1966) Die "Mao-Bibel", auch genannt: "Das kleine Rote Buch" erschien 1966 unter dem Titel "Die Worte des Vorsitzenden Mao". Es wurde seit Beginn der Kulturrevolution 1966 von der chinesischen Regierung herausgegeben wird und enthält Zitate sowie Versatzstücke aus Maos Reden und Publikationen. Das Buch wurde in etliche Sprachen übersetzt und war die Grundlage, auf die die jungen Revolutionäre während der Kulturrevolution zurückgriffen. Auszüge aus den "Worten des Vorsitzenden Mao Zedong" "Genosse Mao Zedong ist der größte Marxist-Leninist unserer Zeit. In genialer, schöpferischer und allseitiger Weise hat Genosse Mao Zedong den Marxismus-Leninismus als Erbe übernommen, ihn verteidigt und weiterentwickelt; er hat den Marxismus-Leninismus auf eine völlig neue Stufe gehoben. Die Ideen Mao Zedongs sind der Marxismus-Leninismus 51

jener Epoche, in welcher der Imperialismus seinem totalen Zusammenbruch und der Sozialismus seinem weltweiten Sieg entgegengeht. Die Ideen Mao Zedongs sind eine mächtige ideologische Waffe im Kampf gegen den Imperialismus, eine mächtige ideologische Waffe im Kampf gegen Revisionismus und Dogmatismus. Die Ideen Mao Zedongs sind das Leitprinzip für die gesamte Tätigkeit der ganzen Partei, der ganzen Armee, des ganzen Landes." (Aus dem Vorwort des Genossen Lin Biao zur zweiten Auflage) "Die den Kern bildende Kraft, die unsere Sache führt, ist die Kommunistische Partei Chinas. Die theoretische Grundlage, von der sich unser Denken leiten lässt, ist der MarxismusLeninismus." (Eröffnungsansprache auf der 1. Tagung des 1. Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China, 15. September 1954) "Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, das mehrere hundert Millionen Menschen zählende chinesische Volk einem glücklichen Leben zuzuführen, unser wirtschaftlich und kulturell zurückgebliebenes Land zu einem reichen, mächtigen und kulturell hoch entwickelten Land aufzubauen. Um diese Aufgabe noch erfolgreicher bewältigen und um noch besser mit allen außerhalb unserer Partei stehenden Menschen zusammenarbeiten zu können, die hohe Ideale besitzen und zu Reformen entschlossen sind, müssen wir heute wie in der Zukunft Ausrichtungsbewegungen entfalten und ständig das, was bei uns fehlerhaft ist, ausmerzen." (Rede auf der Landeskonferenz der Kommunistischen Partei Chinas über Propagandaarbeit, 12. März 1957) "Jeder Kommunist muss diese Wahrheit begreifen: Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen." (Probleme des Krieges und der Strategie, 6. November 1938, Ausgewählte Werke Mao Zedongs, Bd. II) "Eine Revolution ist kein Gastmahl, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen oder Deckchensticken; sie kann nicht so fein, so gemächlich und zartfühlend, so maßvoll, gesittet, höflich, zurückhaltend und großherzig durchgeführt werden. Die Revolution ist ein Aufstand, ein Gewaltakt, durch den eine Klasse eine andere Klasse stürzt." (Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan, März 1927, Ausgewählte Werke Mao Zedongs, Bd. I) "Wer auf der Seite des revolutionären Volkes steht, der ist ein Revolutionär; wer auf der Seite des Imperialismus, des Feudalismus und des bürokratischen Kapitalismus steht, der ist ein Konterrevolutionär. Wer nur mit einem Lippenbekenntnis auf der Seite des revolutionären Volkes steht, jedoch nicht mit seinen Taten, der ist ein Revolutionär in Worten; wer nicht nur in Worten, sondern auch mit Taten auf der Seite des revolutionären Volkes steht, der ist ein vollwertiger Revolutionär." (Schlussansprache auf der 2. Tagung des 2. Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, Juni 1950) Deng Xiaoping, Aufbau des Sozialismus chinesischer Prägung, 30.Juni 1984 Seit der Niederschlagung der Vierer-Bande und seit der Einberufung der dritten Plenarsitzung des XI. Zentralkomitees der Partei haben wir korrekte ideologische, politische und organisatorische Richtlinien und eine Reihe politischer Prinzipien formuliert. Was sind diese ideologischen Richtlinien? Den Marxismus entwickeln und ihn an die chinesische

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Realität anpassen – mit anderen Worten, Wahrheit von Tatsachen ableiten, so wie es Mao Zedong gefordert hat und seine wichtigsten Ideen aufrechterhalten. Es ist unbedingt notwendig für uns, den Marxismus und Sozialismus weiterzuentwickeln. Für mehr als hundert Jahre nach dem Opiumkrieg war China der Aggression und Erniedrigung ausgeliefert. Nur weil die Chinesen sich zum Marxismus bekannt und den Weg zu einer neuen Demokratie zum Sozialismus gegangen sind, war ihre Revolution erfolgreich. […] Unter Marxismus verstehen wir einen Marxismus, der chinesischen Bedingungen angepasst ist und der spezifische chinesische Charakteristika hat. […] Kapitalismus kann höchstens 10% der chinesischen Bevölkerung bereichern; er kann niemals die restlichen 90% der Bevölkerung bereichern. Aber wenn wir dem Sozialismus treu bleiben und das Prinzip der gerechten Verteilung anwenden unter dem Motto „Jeder nach seine Fähigkeiten, jeder nach seiner Leistung“, dann wird es keine außergewöhnlichen Ungleichheiten geben. Als Konsequenz davon, wird es zu keiner Polarisierung kommen, weil sich unsere Produktivkräfte in den kommenden 20-30 Jahren entsprechend entwickeln werden. […] Wir haben 14 große und mittelgroße Küstenstädte geöffnet. Wir heißen ausländische Investitionen und neue Technologien Willkommen. Management ist ebenso eine Technik. Werden sie unseren Sozialismus untergraben? Dies ist unwahrscheinlich, da der Hauptsektor unserer Wirtschaft sozialistisch ist. Die Basis unserer sozialistischen Wirtschaft ist so groß, dass sie Billionen von Dollar absorbieren kann, ohne sie zu erschüttern. […] Natürlich werden einige Probleme mit den ausländischen Investitionen auftauchen. Aber ihre negativen Auswirkungen werden viel unbedeutender sein als die positiven, die wir für unsere Entwicklung brauchen. Es ist ein kleines Risiko vorhanden, aber nicht mehr. […] Generell sind wir davon überzeugt, dass der Kurs, den wir gewählt haben, nämlich den Sozialismus chinesischer Prägung aufzubauen, richtig ist. Zitiert nach: Selected works of Deng Xiaoping, Volume III (1882-1992), Foreign Language Press Beijing, 1994,S.72-73 (eigene Übersetzung). Rede vom Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, Herrn Jiang Zemin, auf der Versammlung zur Feier des 80. Gründungstags der KP Chinas am 1. Juli 2001 in der Großen Halle des Volkes.

Genossen und Freunde! Wir haben uns heute hier feierlich versammelt, um mit allen Nationalitäten des ganzen Landes zusammen den 80. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas zu feiern und mit allen Menschen der Welt, die den Frieden lieben und nach Fortschritt streben, zusammen in die glänzende Zukunft der Entwicklung Chinas und der Welt zu blicken. Vor 80 Jahren, als die KP Chinas gegründet wurde, hatte sie nur etwa 50 Mitglieder und stand einem leidgeprüften alten China gegenüber. Aber heute, 80 Jahre später, ist unsere Partei eine große Partei, die mehr als 50 Jahre lang an der Macht gewesen ist und mehr als 64 Millionen Mitglieder zählt, und was das chinesische Volk sieht, ist ein blühendes sozialistisches Vaterland. Diese gewaltige Veränderung ist ein historisches Wunder in der Entwicklung der chinesischen Nation. Wenn wir auf den Verlauf des Kampfes der Partei und des Volkes im letzten Jahrhundert zurückblicken, sind wir außerordentlich stolz. Wenn wir vorausblicken auf den großartigen Feldzug der Partei und des Volkes im neuen Jahrhundert, sind wir von Zuversicht und Kraft für unseren Sieg erfüllt. […] Wir haben die Aufgabe der neudemokratischen Revolution erfüllt und die nationale Unabhängigkeit und die Befreiung des Volkes verwirklicht. Wir haben durch den 53

Nordfeldzug (1926-27), den Agrarrevolutionären Krieg (1927-37), den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression (1937-45) und den Befreiungskrieg (1945-49) die japanischen militaristischen Aggressoren geschlagen, die reaktionäre Herrschaft der Kuomintang gestürzt und die Volksrepublik China gegründet. Die Chinesen haben sich erhoben, und die Entwicklung der chinesischen Nation ist dadurch in eine neue Ära eingetreten. […] Wir haben kontinuierlich die sozialistische Kultur entwickelt, und das kulturelle Leben des ganzen Volkes wird immer reicher. Wir haben an der leitenden Rolle des Marxismus festgehalten, das Volk im Sinne des Patriotismus, des Kollektivismus und des Sozialismus erzogen und große Bemühungen unternommen, um die sozialistische Kultur und Ethik zu entwickeln. […] Wir bewahren Mao Zedong, Zhou Enlai14, Liu Shaoqi15, Zhu De16, Deng Xiaoping […] und anderen verstorbenen proletarischen Revolutionären der älteren Generation, die große Beiträge zu Chinas Revolution, Aufbau und Reform und zur Gründung, Konsolidierung und Entwicklung der KP Chinas geleistet haben, ein herzliches Andenken. Wir bewahren den revolutionären Märtyrern, die heldenhaft ihr Leben für die Gründung, die Verteidigung und den Aufbau des Neuen China hingegeben haben, ein herzliches Andenken. Wir bewahren allen Pionieren, die seit Beginn der Neueren Zeit für die Unabhängigkeit und Befreiung der chinesischen Nation gekämpft haben, ein herzliches Andenken. Ihre Verdienste, die sie sich um das Vaterland erworben haben, sind in die Annalen der Geschichte eingegangen. […] Die grundlegende Aufgabe des Sozialismus ist es, die Produktivkräfte zu entwickeln, die umfassende Landesstärke des sozialistischen Landes zu erhöhen und den Lebensstandard des Volkes zu verbessern, um so die Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus fortwährend zu verkörpern. In den verschiedenen historischen Phasen der sozialistischen Gesellschaft ist es notwendig, den Erfordernissen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend durch rechtzeitige Reformen die Selbstvervollständigung und -entwicklung des sozialistischen Systems kontinuierlich voranzutreiben. Nur so kann es ermöglicht werden, dass das sozialistische System voller Vitalität ist. Alle Genossen der Partei müssen von der grundlegenden Anschauung über und dem Bewusstsein für die sozialistische Reform und Entwicklung ausgehen. […] Zitiert nach: Quelle: http://www.fmprc.gov.cn/ce/ceat/det/xwdt/t104763.htm - veröffentlich über die Botschaft der Volksrepublik China in Österreich Hu Jintao, Präsident der Volksrepublik China, Bericht auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (15.Oktober 2007) „Genossen! Im Auftrag des XVI. Zentralkomitees erstatte ich Ihnen jetzt diesen Bericht. 14

Zhou Enlai: 1934/35 einer der Führer des Langen Marsches; danach Hauptunterhändler Mao Zedongs mit der Guomindang-Regierung; 1949–76 Ministerpräsident und 1949–58 zugleich Außenminister der VR China. 15 Liu Shaoqui: 1956 wurde er stellvertretender Vorsitzender der KPCh und 1959 Vorsitzender der Volksrepublik China (Staatsoberhaupt). Liu Shaoqi galt als designierter Nachfolger Mao Zedongs, zu dem er jedoch wegen seiner pragmatischeren Politik bald in scharfen Gegensatz geriet. Während der Kulturrevolution wurde er 1966 weitgehend entmachtet und 1968 aller Ämter enthoben sowie aus der Partei ausgeschlossen; er starb in der Haft. 16 Zhou De: 1934–76 Mitglied des Politbüros der KP, 1954–59 Vizepräsident der VR China; 1975/76 als Vorsitzender des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses (seit 1959) faktisches Staatsoberhaupt.

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Der XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas ist ein sehr wichtiger Parteitag, der in der entscheidenden Phase der Reform und Entwicklung Chinas stattfindet. Das Hauptthema dieses Parteitags lautet: Das große Banner des Sozialismus chinesischer Prägung hochhalten, sich von der Deng-Xiaoping-Theorie und den wichtigen Ideen des ‚Dreifachen Vertretens“ (die KP Chinas vertritt die Erfordernisse der Entwicklung fortschrittlicher Produktivkräfte, die Richtung des Vorwärtsschreitens fortschrittlicher Kultur und die grundlegenden Interessen der überwiegenden Mehrheit des chinesischen Volkes) leiten lassen, das wissenschaftliche Entwicklungskonzept tief gehend durchführen und in die Tat umsetzen, das Denken weiter befreien, an der Reform und Öffnung festhalten, die wissenschaftliche Entwicklung vorantreiben, die Harmonie der Gesellschaft fördern und um den Sieg beim umfassenden Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand kämpfen. Das große Banner des Sozialismus chinesischer Prägung ist das Banner der Entwicklung und des Fortschrittes im gegenwärtigen China und zugleich das Banner des Zusammenschlusses und des Kampfes der ganzen Partei und aller Nationalitäten des ganzen Landes. Das Denken zu befreien, stellt eine großartige Waffe dar, die dazu dient, den Sozialismus chinesischer Prägung zu entwickeln; die Reform und Öffnung sind die starke Triebkraft für die Entwicklung des Sozialismus chinesischer Prägung, die wissenschaftliche Entwicklung und Harmonie der Gesellschaft sind die grundlegenden Forderungen der Entwicklung des Sozialismus chinesischer Prägung und der umfassende Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand ist das Kampfziel der Partei und des Staates bis zum Jahre 2020; darin liegen die grundlegenden Interessen aller Nationalitäten des ganzen Landes. Die heutige Welt erlebt eine weitgehende und tief greifende Veränderung und das heutige China erlebt gerade eine weitgehende und tief greifende Umwälzung. Es gibt Chancen und Herausforderungen, die in der Vergangenheit nicht aufgetreten sind, und die Chancen sind größer als die Herausforderungen. Die ganze Partei muss unbeirrt das große Banner des Sozialismus chinesischer Prägung hochhalten, das Volk führen, vom neuen historischen Ausgangspunkt ausgehen, die wichtige Periode voller strategischer Chancen anpacken und gut ausnutzen, nach der Wahrheit und Sachlichkeit suchen, mit aller Entschlossenheit vorwärts streben, eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand weiter umfassend aufbauen, die sozialistische Modernisierung beschleunigt vorantreiben und die erhabene Mission, mir der uns die Zeit betraut hat, erfüllen. Die fünf Jahre seit dem XVI. Parteitag sind Jahre, die ungewöhnlich waren. Angesichts des komplizierten und wechselhaften internationalen Umfelds und der schwierigen und komplizierten Aufgaben der Reform und Entwicklung hat die Partei alle Nationalitäten des ganzen Landes führend das große Banner der Deng-Xiaoping-Theorie und der wichtigen Ideen des Dreifachen Vertretens hochgehalten, verschiedenartige Schwierigkeiten und Risiken bewältigt, eine neue Situation für die Sache des Sozialismus chinesischer Prägung geschaffen und neue Bereiche für die Sinisierung des Marxismus erschlossen. […] Uns steht das 30.jährige Jubiläum der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik bevor. Im Jahr 1978 berief unsere Partei die 3.Plenartagung des XI. Zentralkomitees der KP Chinas ein, die von großer historischer Bedeutung sind und eine neue historische Epoche der Reform und Öffnung einleiteten. […] Die Reform und die Öffnung sind eine neue großartige Revolution, die das chinesische Volk unter der Führung der Partei und unter den Bedingungen der neuen Zeit durchführt. Ihr Ziel ist es, die gesellschaftlichen Produktivkräfte zu befreien und zu entwickeln, die Modernisierung des Landes zu verwirklichen, die chinesische Bevölkerung zum Wohlstand zu bringen und die große chinesische Nation zum Wiederaufleben zu bringen; die Selbstvervollkommnung und Entwicklung des sozialistischen Systems unseres Landes voranzutreiben, dem Sozialismus neue Lebenskraft und Vitalität zu geben, den Sozialismus chinesischer Prägung aufzubauen und zu entwickeln; den Aufbau der Partei bei ihrer Führung des heutigen China zur Entwicklung und zum Fortschritt zu verstärken und zu verbessern, die Fortschrittlichkeit der Partei aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, um zu garantieren, dass die Partei immer an der vordersten Front der Zeit steht.“ […]

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Zitiert nach: Dokumente des XVII. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas, Verlag für fremdsprachige Literatur, Beijing 2007, S.1ff. Statut der Kommunistischen Partei Chinas (Abgeänderte Fassung)

(Teilweise abgeändert auf dem XVII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas und angenommen am 21. Oktober 2007) Allgemeines Programm Die Kommunistische Partei Chinas ist die Vorhut der chinesischen Arbeiterklasse und zugleich die Vorhut des chinesischen Volkes und der chinesischen Nation; sie ist der führende Kern der Sache des Sozialismus chinesischer Prägung und vertritt die Erfordernisse der Entwicklung fortschrittlicher Produktivkräfte Chinas, die Richtung des Vorwärtsschreitens fortschrittlicher Kultur Chinas und die grundlegenden Interessen der überwiegenden Mehrheit des chinesischen Volkes. Das höchste Ideal und das endgültige Ziel der Partei sind die Verwirklichung des Kommunismus. Die Kommunistische Partei Chinas betrachtet den Marxismus-Leninismus, die Mao-ZedongIdeen, die Deng-Xiaoping-Theorie und die wichtigen Ideen des "Dreifachen Vertretens" als die Richtschnur ihres Handelns. Der Marxismus-Leninismus deckte das Gesetz der Entwicklung der Geschichte der menschlichen Gesellschaft auf. Seine Grundsätze sind richtig und von starker Lebenskraft. Das höchste Ideal des Kommunismus, das die chinesischen Kommunisten anstreben, kann nur auf der Grundlage der vollen Entwicklung und des hochgradigen Gedeihens der sozialistischen Gesellschaft realisiert werden. Die Entwicklung und Vervollkommnung des sozialistischen Systems stellen einen langen historischen Prozess dar. Die sozialistische Sache Chinas wird bestimmt den endgültigen Sieg erringen, solange man an den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus festhält und den Weg, den das chinesische Volk freiwillig gewählt hat und der den chinesischen Verhältnissen entspricht, geht. Die chinesischen Kommunisten mit Genossen Mao Zedong als ihrem Hauptrepräsentanten haben die allgemeinen Grundsätze des Marxismus-Leninismus mit der konkreten Praxis der chinesischen Revolution verbunden und auf diese Weise die Mao-Zedong-Ideen geschaffen. Die Mao-Zedong-Ideen sind der Marxismus-Leninismus, wie er in China angewandt und entwickelt wurde; sie verkörpern die theoretischen Grundsätze der Revolution und des Aufbaus in China, die sich in der Praxis allesamt als richtig erwiesen haben, und sind eine Sammlung der Erfahrungen der Revolution und des Aufbaus in China und die Kristallisation der kollektiven Weisheit der Kommunistischen Partei Chinas. Unter Anleitung der Mao-Zedong-Ideen hat die Kommunistische Partei Chinas die Volksmassen aller Nationalitäten des ganzen Landes durch den langjährigen revolutionären Kampf gegen Imperialismus, Feudalismus und bürokratischen Kapitalismus zum Sieg in der neudemokratischen Revolution und zur Gründung der Volksrepublik China, eines Staates der demokratischen Diktatur des Volkes, geführt; und sie hat sie nach der Gründung der Volksrepublik bei der reibungslosen Durchführung der sozialistischen Umgestaltung, der Vollendung des Übergangs von der Neuen Demokratie zum Sozialismus, der Etablierung des grundlegenden sozialistischen Systems und bei der Entwicklung der sozialistischen Wirtschaft, Politik und Kultur geführt.

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Zitiert nach: http://german.china.org.cn/china/archive/cpc17/200809/10/content_16427102.htm "Chinesische Propaganda schürt nur den Hass" Offener Brief chinesischer Bürger und intellektueller nach dem Ausbruch der Aufstände in Tibet im März 2008 Eine Gruppe kritischer chinesischer Autoren und Intellektueller hat die Regierung in Peking zum „direkten Dialog" mit dem Dalai Lama aufgefordert. In einem offenen Brief forderten die 29 Unterzeichner die Regierung zu einem Stopp der „gewalttätigen Unterdrückung" auf und stellten zwölf Lösungsvorschläge vor. 1. Derzeit führt die einseitige Propaganda durch die offiziellen chinesischen Medien nur dazu, dass zu Hass zwischen den Nationalitäten aufgestachelt wird. Das ist extrem schädlich für das langfristige Ziel, den Schutz der nationalen Einheit. Wir rufen dazu auf, diese Propaganda einzustellen. 2. Wir unterstützen den Aufruf des Dalai Lama zum Frieden. Wir hoffen, dass mit ethnischen Konflikten nach den Prinzipien der besten Absichten friedlich und gewaltlos umgegangen wird. Wir verurteilen jegliche Gewaltausübung gegen unschuldige Menschen. Wir fordern Chinas Regierung eindringlich auf, jede gewaltsame Repression zu stoppen. Wir rufen die tibetischen Menschen auf, keine Gewalt auszuüben. 3. Chinas Regierung erklärt, dass sie „ausreichende Beweise“ besitzt, um ihren Vorwurf zu belegen, dass es sich um einen „von der Dalai-Clique organisierten, vorbereiteten und detailliert geplanten Vorfall“ handelt. Wir hoffen, dass die Regierung diese Beweise vorlegt. Wir schlagen vor, dass die Regierung die UN-Menschenrechtskommission für eine unabhängige Untersuchung dieser Beweise, wie es zu dem Zwischenfall kam und wie viele Opfer es gab, einlädt. Damit könnte sie Misstrauen bei der internationalen Gemeinschaft gegenüber ihrer Version ändern. 4. Wir meinen, dass eine Sprache der Kulturrevolution, die KP-Führer in Tibet verwendeten, indem sie den Dalai als „Schakal in Buddhistenrobe und Bestie in Menschengestalt“ bezeichneten, weder hilft, die Lage zu entspannen, noch dem Ansehen der chinesischen Regierung förderlich ist. Wir meinen, dass eine chinesische Regierung, die sich in die internationale Gesellschaft integriert, auch einen Stil pflegen soll, der den Normen einer modernen Zivilisation entspricht. 5. Uns ist aufgefallen, dass am selben Tag, dem 14.März, an dem es zu Gewaltausbrüchen in Lhasa kam, die Führer der tibetischen autonomen Region erklärten, „ausreichende Beweise dafür zu haben, dass es sich um einen von der Dalai-Clique organisierten, vorbereiteten und detailliert geplanten Vorfall“ handelt. Das bedeutet: Sie wussten vorab, dass es zum Gewaltausbruch kommt. Aber sie ergriffen keine wirksamen Maßnahmen, um die Entwicklung und die Eskalation zu stoppen. Eine ernste Untersuchung ist notwendig, ob hier eine Verletzung ihrer Pflichten vorliegt. 6. Wenn es sich am Ende herausstellt, dass dieser Vorfall nicht organisiert, vorbereitet und detailliert geplant war, sondern sich zur „Volksrevolte“ aufgeheizt hatte, dann sollten die zur Verantwortung gezogen werden, die dafür verantwortlich sind. Ebenso sollten sich alle verantworten, die falsche Informationen weitergaben, um die Zentralbehörden und die Bevölkerung in die Irre zu führen. Darüber muss in ernster Weise nachgedacht und daraus Lehren gezogen werden, damit sich so etwas in Zukunft nicht wiederholt. 7. Wir fordern in aller Schärfe, dass jetzt nicht jeder Tibeter seine „weiße Weste“ bei den Ereignissen nachweisen muss und dass nicht im Nachhinein abgerechnet wird. Die Verfahren gegen Verhaftete müssen nach der Prozessordnung öffentlich, gerecht und

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transparent sein, sodass alle Parteien daran nichts aussetzen können. 8. Wir drängen die chinesische Regierung, angesehenen internationalen und nationalen Medien zu erlauben, unabhängige journalistische Recherchen in den tibetischen Regionen anzustellen. Nach unserer Meinung sorgt die derzeitige Nachrichtensperre für kein Vertrauen beim Volk oder bei der internationalen Gesellschaft. Sie schadet der Glaubwürdigkeit der chinesischen Regierung. Wenn die Regierung weiß, was wirklich passiert ist, braucht sie auch keine Angst vor sie überraschenden Herausforderungen zu haben. 9. Wir appellieren an Chinas Bevölkerung und alle Auslandschinesen, sich zu beherrschen, tolerant zu sein und mit Selbstreflexion in sich zu gehen. Mit extremem Nationalismus zu reagieren wird nur noch stärkere Abneigung bei der internationalen Gesellschaft hervorrufen und dem Ansehen Chinas schaden. 10. In den Achtzigerjahren beschränkten sich die Unruhen auf Lhasa. Dieses Mal haben sie sich auf andere Regionen ausgeweitet. Die Verschlimmerung der Lage deutet auf schwerwiegende Versäumnisse der politischen Arbeit gegenüber Tibet. Die zuständigen Behörden müssen darüber nachdenken und von Grund auf ihre gescheiterte Nationalitätenpolitik ändern. 11. Um künftig ähnliche Vorfälle zu vermeiden, muss die Regierung sich an die in der Verfassung verankerten Rechte der freien Religionsausübung und Redefreiheit halten. Sie muss den Tibetern ermöglichen, ihre Klagen und Hoffnungen vollständig ausdrücken zu können. Sie muss den Bürgern aller Nationalitäten erlauben, in freier Weise auf die Nationalitätenpolitik der Regierung mit Kritik und Vorschlägen zu reagieren. 12. Wir meinen, dass wir den nationalen Hass eliminieren, die nationale Harmonie und Aussöhnung erreichen müssen und nicht die Spaltung zwischen den Nationalitäten erweitern dürfen. Wenn ein Land die Aufspaltung seines Territoriums verhindern will, muss es zuallererst die Spaltung unter seinen Ethnien verhindern. Wir rufen daher unsere Staatsführer auf, in den direkten Dialog mit dem Dalai Lama einzutreten. Wir hoffen darauf, dass Han-Chinesen und Tibeter ihre Missverständnisse untereinander überwinden können, sich austauschen und ihre Einheit verwirklichen. Alle müssen sich anstrengen, von den Behörden der Regierung über Bürgerorganisationen bis zu den religiösen Persönlichkeiten. 22. März 2008 Die Unterzeichner (Auswahl): Wang Lixiong (Autor in Peking), Liu Xiaobo (Autor, PEN-China, in Peking), Zhang Zuhua (Rechtswissenschaftler in Peking), Sha Yexin (Schriftsteller in Shanghai), Ding Zilin (em.Professorin in Peking), Jiang Peikun (em.Professor in Peking), Sun Wenguang (Professor in Shandong), Yu Jie (Autor, PEN-China, in Peking), Pu Zhiqiang (Anwalt in Peking), Teng Biao (Anwalt in Peking), Liao Yiwu (Schriftsteller in Sichuan), Wang Debang (Autor in Peking), Zhao Dagong (Autor in Shenzhen), Jiang Danwen (Schriftsteller in Shanghai), Liu Yi (Maler in Gansu), Xu Hui (Schriftsteller in Peking). Zitiert nach: Die Welt, 24.März 2008 http://www.welt.de/politik/article1832572/Chinesische_Propaganda_schuert_nur_den_Hass.h tml Verfassung der Volksrepublik China (1982) mit Nachträgen in den Jahren 1993, 1999, 2004 : Präambel “China ist ein Land mit einer der längsten Geschichten in der Welt. […] Nach 1840 wurde das feudale China in eine Halbkolonie und eine halbfeudale Gesellschaft umgewandelt. […] Die

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Revolution von 1911 geführt von Dr. Sun Yat-sen, schaffte die feudale Monarchie ab und begründete die Republik China. Aber die historische Mission des chinesischen Volkes, den Imperialismus und Feudalismus zu stürzen, blieb unerfüllt. Nach unzähligen Kämpfen, bewaffnet und auf andere Weise, nach einem längeren Hin und Her, unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas und des Vorsitzenden Mao Zedong, hat das chinesische Volk aller ethnischer Gruppen 1949 endgültig den Imperialismus, Feudalismus und bürokratischen Kapitalismus zu Fall gebracht, einen großen Sieg in der neuen demokratischen Revolution erzielt und die Volksrepublik China gegründet. Seitdem hat das chinesische Volk die Kontrolle im Staat übernommen und ist Herr im eigenen Land geworden. Nach der Gründung der Volksrepublik hat China langsam den Übergang von der neuen Demokratie zum Sozialismus erreicht. […] Das chinesische Volk und die chinesische Volksbefreiungsarmee haben Imperialismus und auswärtige Aggressionen, Sabotage und bewaffnete Provokationen besiegt und dadurch Chinas Unabhängigkeit und Sicherheit und seine nationale Verteidigung gestärkt. […] Beide Siege in der neuen demokratischen Revolution und die Erfolge in der sozialistischen Revolution sind vom ganzen chinesischen Volk und aller ihrer ethnischen Gruppen erreicht worden unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas und den führenden Ideen des Marxismus-Leninismus und der Mao Zedong Gedanken, die Wahrheit hochhaltend, Irrtümer korrigierend und viele Schwierigkeiten überwindend. […] Die ausgebeuteten Klassen als Klasse sind in unserem Land abgeschafft worden. […] Artikel 1. Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes geführt von der Arbeiterklasse auf Grundlage der Allianz von Arbeitern und Bauern. Das sozialistische System ist das grundsätzliche System der Volksrepublik China. Störungen des sozialistischen Systems von Organisationen oder einzelnen Individuen ist untersagt. Artikel 5. Der Staat erhält die Einheit und Würde des sozialistischen Systems aufrecht. Keine Gesetze oder administrative oder lokale Regelungen oder Anordnungen dürfen der Verfassung widersprechen. […] Artikel 24. […] Der Staat fördert die zivilen Tugenden der Liebe für das Heimatland, die Menschen, die Arbeit, die Wissenschaft und den Sozialismus. Er fördert die Erziehung zwischen den Menschen für den Patriotismus und Kollektivismus, den Internationalismus und Kommunismus und im historisch-dialektischen Materialismus, um kapitalistische, feudale oder andere dekadente Ideen zu bekämpfen. Nachträge zu der Verfassung der Volksrepublik China (29.März 1993) 3. […] Unser Land befindet sich im ersten Stadium des Sozialismus. […] Nachträge zu der Verfassung der Volksrepublik China (15.März 1999) 12. […] Unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas und unter der Führung des Marxismus-Leninismus, der Mao Zedong Gedanken und der Theorie Deng Xiaopings wird das ganze chinesische Volk und all ihre ethnischen Gruppen an der demokratischen Diktatur des Volkes und dem sozialistischen Weg festhalten, Reformen und die Öffnung nach außen weiter durchführen, die sozialistischen Institutionen weiter verbessern, eine sozialistische Marktökonomie entwickeln, die sozialistische Demokratie unterstützen, das sozialistische Rechtssystem verbessern und ebenso hart und unerschütterlich die Industrie des Landes modernisieren, Landwirtschaft, nationale Verteidigung und Wissenschaft und Technologie fördern und langsam China in einen starken und wohlhabenden Staat, kulturell fortgeschritten, in Richtung einer demokratischen sozialistischen Nation aufbauen.

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14. […] In der ersten Phase des Sozialismus erhält der Staat das ökonomische System mit der Dominanz des öffentlichen Eigentums und der gleichzeitigen Entwicklung einer Wirtschaft mit verschiedenen Eigentumsverhältnissen aufrecht […] Nachträge zu der Verfassung der Volksrepublik China (14.März 2004) 18. […] Die wichtigste Aufgabe der Nation ist die Konzentration aller Anstrengungen der sozialistischen Modernisierung auf dem Weg eines Sozialismus chinesischer Prägung. Unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas und des Marxismus-Leninismus, der Mao Zedong Gedanken, der Deng Xiaoping Theorie und den wichtigen Gedanken der ‚Drei Repräsentanten“ wird das chinesische Volk und all seine ethnischen Gruppen den Weg der demokratischen Diktatur des Volkes und dem sozialistischen Weg weitergehen, und Reformen und die Öffnung zur Welt aufrechterhalten, laufend sie sozialistischen Institutionen verbessern, eine sozialistische Marktwirtschaft entwickeln, eine sozialistische Demokratie unterstützen, das sozialistische Rechtssystem verbessern, hart und unerbittlich daran arbeiten, die Industrie des Landes, die Landwirtschaft, die nationale Verteidigung und Wissenschaft und Technologie langsam zu modernisieren, und eine koordinierte Entwicklung der materiellen, politischen und geistigen Zivilisation zu fördern, um China in ein starkes und wohlhabendes Land, kulturell fortgeschritten, in Richtung einer demokratischen sozialistischen Nation aufzubauen. 24. […] Der Staat respektiert und sichert Menschenrechte. Zitiert nach: Constitution Of The Peolple’s Republic Of China, Foreign Langage Press, Beijing 2004 (eigene Übersetzung)

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