te n d e n z e n
Musikfernsehen, w i e g e h t e s w e i t e r ? Go Go Gadgeto K u l t u r d e r t e c h n i s c h e n S p i e l e r e i e n Ich dreh am Rad V o r s p r u n g d u r c h F a h r r a d Watt´s up? S t r o m a u s T a n z e n u n d d e r P R - E f f e k t Aufzugwissen E m o b a m a | E i s b i e r
b e o b a c h t e n
Berlin, September 2008
http://nodeland.org/
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Liebe node-Leserin, lieber node-Leser, willkommen zur Ausgabe 24! Dieses Mal soll es um das Musikbusiness, um Gadgets, um das Fahrrad und um Strom aus Tanzen gehen. Wir haben die c/o pop besucht und konnten nach all den Musikmessen der vergangenen Jahre, die meist Begräbnis-Atmosphäre versprühten, nicht nur Aufbruchsstimmung bemerken, sondern vielmehr eine Branche, die schon mitten in der Arbeit unter neuen Bedingungen ist. Was das Musikfernsehen hier zu tun hat, erläuterte neben vielen anderen Fachleuten auch ein alter Hase des Genres. Gadgets, also technische Spielereien, standen früher in nachlässig dekorierten Zimmern irgendwie seltsamer Klassenkameraden. Heute sind sie Partygespräch, must haves und das „Unboxing“ ist eines der auf YouTube
festzuhaltenden Ereignisse schlechthin. Das IndustrieInteresse wächst stetig, Gadget-Blogs neue Produkte zuzuspielen – denn die einstigen Nerds sind längst zu wichtigen Multiplikatoren geworden. Jede Menge Gadgets gibt es auch für eines der wichtigsten Fortbewegungsmittel in Zeiten, wo die Tanke zur MineralölBoutique geworden ist: das Fahrrad. Mountainbike is so Nineties, heute schwingt man sich bitteschön aufs Rennrad. Wir präsentieren einige Prachtexemplare sowie diverse Produkte drumherum. Vielleicht haben Sie vom Sustainable Dance Club und dem Club WATT in Rotterdam gelesen, der als erster Club der Welt einen nachhaltigen Tanzboden eingebaut hat – dieser erzeugt Strom. Nicht genug, um damit den Laden zu betreiben, aber eine zweite Powersource kommt noch
hinzu: der PR-Effekt. Seit dem Studio 54 hat wohl kein Club der Welt eine derartige Medienpräsenz genossen. Auch das sorgt für Power. Unser Aufzug fährt zuerst nach Amerika, wo sogar die Emo-Kids mit lustigen Buttons dem Web 2.0-Messias Barack Obama huldigen, und dann nach Dortmund, wo die Papis der Stadt neuerdings sogar an der Eisdiele auf den Pilsgeschmack kommen: gefrorenes MicrobrewingBier gibt es hier nämlich zu schlecken. Wir melden uns wieder mit der Sonderausgabe node 25 und wünschen einen schönen Frühherbst! die node-Redaktion
Redaktion Ji-Hun Kim Jan-Peter Wulf Layout Anne Peters
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Editorial
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Musikfernsehen wie geht es weiter? Ein Stimmungsbild von der c/o pop
Der Besuch von Musikmessen hatte in den letzten Jahren nicht selten das seltsame Flair eines EndzeitSzenarios: Tristesse und Aussichtslosigkeit trafen auf „Jetzt erst recht!“ oder „Wir feiern, weil es nichts zu feiern gibt“-Trotz. Downloads im Internet? Bedrohung. MySpace und YouTube? Bedrohung. Die Branche? Dem Untergang geweiht. Ex post mutet diese apokalyptische Selbstverortung reichlich übertrieben an – trotz der tatsächlichen Kollateralschäden wie geschlossenen Plattenvertrieben, rückläufigen CD-Verkäufen und stetig sinkendem Musik-Anteil im Musikfernsehen. Doch ganz offensichtlich hatte diese Phase auch etwas Kathartisches: Das Feld ist durchpflügt und bereit, neu bestellt zu werden. Mit teilweise neuen Werkzeugen.
c/o POP
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Plakat c/o POP
Dieter Gorny (links), Tobias Trosse (rechts)
Future´s bright Auf der diesjährigen c/o pop jedenfalls stand alles unter dem Vorzeichen der Medienkonvergenz und des kreativen Austauschs. So diskutierten Musiker mit Yousef Hammoudah von Hobnox über die Usability diverser digitaler Produktionsgeräte, die Hobnox den Künstlern flash-basiert direkt über den Browser zugänglich macht. Neue Tools und Gadgets, mit denen unbekannte InternetSternchen direkt auf die Audiospur singen können, wurden da vorgestellt oder Diskussionen geführt, wie denn ein GEMA-gelisteter Künstler nun trotzdem Werke nach Creative Commons-Lizenz zur Weiterbearbeitung durch andere zur Verfügung stellen kann. (Lustigerweise hörte der anwesende GEMA-Vertreter zum ersten Mal, dass das für Musiker, die Tracks im Werkstatt-Charakter
anbieten wollen, überhaupt ein Problem darstellt…) Silberstreife am Horizont allenorts – Keynote-Speaker Dom Hodge vom englischen Beratungsunternehmen für Industrie-Aktivitäten in der Musikwelt, Frukt, resümierte schon früh am Morgen: „It´s a good time for music. ��������� It´s not trouble time. It´s a different time now. Future is bright.” Und das Musik-TV? Es interessierte in diesem Zusammenhang natürlich besonders, ob auch die Zukunft für das Musikfernsehen so “bright” sein werde. Für das „Musik-Nischenfernsehen“ war die Antwort schnell gefunden: Stephan Faber von Bunch TV, dem Internet-Musikfernsehsender, gab sich im Panel „Musik und Fernsehen“ sehr zufrieden – längst ist Bunch nicht mehr nur im Internet, sondern auch über Hobnox
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Frukt
TV-Slots und live auf Festivals und Events erlebbar, sodass das Angebot des „Senders“ seine Zielgruppe an verschiedensten Orten und zu unterschiedlichen Zeitpunkten erreiche. „More music, more touchpoints“, hatte Dom Hodge dies zuvor auf den Punkt gebracht. Doch auch mit der Konzentration auf einen Touchpoint scheint ein Spartenprogramm gut fahren zu können: Vorgestellt wurde Just Music, ein Anbieter von vier Sparten-Musiksendern (Rock, Pop der letzten 30 Jahre, Dance und Chill Out), der ausschließlich über das Pay-TV zu empfangen ist und der 360-Grad-Präsenz insofern ein sehr schmales – und nach Aussage des Machers Heiko Scherer sehr effizientes – Gegenmodell liefert. Gerade, weil es bei aller Konvergenz so zielgerichtet agiere. Bissigkeit jedenfalls kam in den zahlreichen
Bunch TV Just Music
Diskussionsrunde Musik & Fernsehen: auf dem Weg zur Konvergenz Diskussionsrunden nicht auf – die Konvergenz der unterschiedlichen Angebote und Transportkanäle scheint sich auch in dieser Form einzustellen. „YouTube ist kein Konkurrent, eher ein Infomedium für uns, was sonst noch so läuft“, so Stephan Faber. Außerdem habe Bunch TV ja seinen eigenen Kanal dort installiert. „Die Nutzung der verschiedenen Angebote wird immer stärker nebeneinander stattfinden als alternierend oder gar selektiv.“, erklärte Jörg Heinrich, Geschäftsführer der Musikmanagement und -promotionfirma Public Image. „Deswegen ist es für uns wichtig, in allen Medienformen erreichbar zu sein – schließlich wird selbst TV auf dem Sofa mittlerweile mit Laptop auf dem Schoß und gleichzeitigem Absetzen einer SMS konsumiert.“ Wer sich jetzt ertappt fühlt, darf sich in bester Gesellschaft
fühlen – und jung: In den USA seien bereits 75 Prozent aller Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren online, während gleichzeitig der Fernsehen laufe, in Europa seien es 73 Prozent. Diese Zahlen nannte der amerikanische TV-Manager Mark Goldman kürzlich auf IFA in Berlin. Leitmedium ist das Web Medienkonvergenz – was bedeutet sie für MTV? Ganz konkret wurde diese Frage einem Mann gestellt, der das Musikfernsehen in Deutschland mitgeprägt hat: Dieter Gorny verwies auf die zentrale Rolle des Internets, um das sich (und in dem sich) alle medialen Angebote versammeln. „MTV Networks hat das Problem, in der analogen Welt nicht mehr genug Zuschauer zu erreichen. Gar nicht so sehr im Bezug auf die Quote, sondern vor
Public Image
Medienkonvergenz Monitoring Report c/o POP
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allem, was die Glaubwürdigkeit angeht. Das Leitmedium für Jugendkultur ist nicht mehr das TV, sondern eben das Internet.“ Das heißt natürlich: Angesagt ist, was auf YouTube steil geht – den hartnäckigen Videofreak, der stundenlang vor dem Musik-TV sitzt, um auf den angesagten Clip zu warten, den gibt es nicht mehr. Dies zeige auch der neue Medienkonvergenz Monitoring Report der Universität Leipzig – 79 Prozent der 3.755 befragten Jugendlichen nutzen das Web zur Information über Musik, das TV lediglich 49 Prozent. Online wird dabei der ehemals zentrale Inhalt des Musikfernsehens aufgerufen: Das Anschauen von Musikvideos nimmt mit 66 Prozent den ersten Platz ein. Auch interessant: Online fernsehen – das machen nur 4 Prozent. Wobei man kleinlich fragen könnte, was denn nun genau online fernsehen sein
Informationsquelle für Musik: Internet vor TV
Videoanschauen im Web dominiert
soll – ist hochgeladene Videoclips anschauen fernsehen oder etwa doch nicht? Wie transportiere ich Musik? Egal! Die kleinliche Frage ist schnell als irrelevant entlarvt. Für Gorny ist die Sache klar: „Womit transportiere ich Musik? Egal! So, wie der Kunde sie haben will.“ TV ist ein Teil dessen, daneben aber genauso mobile Angebote, Internet, Radio und alle denkbaren Mischformen. Das TV sei als Musik-Transportmedium allein nicht mehr bindend. Auch auf die Fehler, die das Musikfernsehen in diesem Zusammenhang gemacht habe, ging er dabei ein: Erstens der Schritt in die GfK mit der daraus resultierenden Vergleichbarkeit und Gleichstellung mit anderen TVSendern. Zweitens die Klingeltöne, eine Art Heroin-Effekt
c/o POP
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für MTV, und drittens – immer noch – die Diskussion über ein Medium, namentlich TV, das allein nicht mehr taugt. Gegenrezept? „Das MTV der Zukunft muss eine Mischung sein aus MySpace, YouTube, MTV und VIVA und vielen weiteren Dingen. Communitybildung, eine Mischung aus aktiv und passiv. Die Industrie wird langfristig nur Modelle unterstützen, die Reichweiten bringen. Denn Content – den brauchen alle. Deswegen schließen die englischen Service Provider ja alle Deals mit den Plattenfirmen ab.“ Kreative Kraft ist da Stichwort Content: Die Inhalte, so Gornys Fazit, die seien ja – im Gegensatz zum „Light Entertainment“ des gegenwärtigen Programms – machbar: „Die kreative Kraft und die fähigen Leute sind ja da für dieses Zukunftsmodell.
Es sind im Grunde genauso verrückte Zeiten wie damals, als wir mit einem Kabelkanal und einem teuren analogen Satelliten-Transponder VIVA gestartet haben. Und technisch gesehen, ist es heute sogar noch einfacher.“ Na dann…
Go go Gadgeto
Wie die Kultur der technischen Spielereien immer mehr unseren Alltag bestimmt.
Gadgets sind prinzipiell technische Spielsachen, die sich nicht nur durch alleinstellende Merkmale, sondern auch häufig durch ihr Design auszeichnen. Im Laufe der letzten Jahre ist hierin eine riesige Kultur entstanden, die sowohl Nerds und Lötfetischisten begeistert, als auch für Konsumenten und Großfabrikanten enorm an Bedeutung gewonnen hat. Über Produkte zwischen Nutzen, Konvergenz und Absurditäten. Ein Versuch, dieses Phänomen zu durchschauen. Das Prinzip Gadget Ein Gadget konkret zu definieren, fällt bisweilen ein bisschen schwierig aus, weil Konsumelektronik, bekanntlich nicht erst seit fünf Jahren existiert. Aber die Diversifizierung der Produzenten von Elektronik hat diese Entwicklung zweifelsohne beschleunigt. Dass, was
Folderix Flash Drive
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USB Stick Bottle Opener
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iPhone James Bond in früheren Filmen die Welt und unzählige Frauen retten ließ wird immer erwerbbarer: kleines Wundertechnikzeug mit irren Funktionen also. Was aber nicht übersehen werden darf ist, dass Gadgets immer wichtiger für den Kommunikationsalltag werden. Stichwort iPhone: Das, was Schlangen vor den Läden, Panik und Hysterie ausbrechen lässt, ist zum einen das beste Beispiel für ein Massengadget: Es ist Fetisch, es kann viel (eigentlich viel mehr, als von irgendwem benötigt) und es ist von der Handhabung auf Konsumenten ausgelegt. Keine Kommandozeilen, sondern die Masse an einfachen Tasks möglichst putzig verpackt macht das Steve Jobs-Fon aus. Da hat die Fortschreitung der nicht enden wollenden Konvergenz genauso ihren Beitrag dazu geleistet wie die Verrückung der Wahrnehmung von Technik. Der iPod beispielsweise ist das, was früher neue Platten von Rockbands waren. Heute, wo Musik und Filme ubiquitär vorhanden sind, kann eine Erwartungshaltung und eine Euphorie dieser Art eher durch Technikprodukte produziert
Spiontaschenrechner Spiondrachen mit Digicam werden. Und der technische Fortschritt hat auch dazu Ländern bereits, wie auf der c/o pop anklang (s. unser beigetragen, dass die (Ausnahmen bestätigen die Regel) Nachbericht zur Messe). bislang technologisch eher als unaffin geltenden Frauen ebenfalls dadurch affiziert werden. Die Ära Apple Apple hat es vorgemacht. Seit der Rückkehr von AppleWeiße Ware Begründer Steve Jobs in seine eigene Firma in den Bei der größten Elektronikmesse der Welt, der IFA, 90er Jahren, bekam die Unterhaltungselektronik ein wurden dieses Jahr nicht umsonst zum ersten Mal neues Gesicht. Schuld daran ist auch das auf Simplizität Haushaltsgeräte, die so genannte Weiße Ware, ausgestellt. bedachte Produktdesign von Jonathan Ive, der in der Nicht nur, weil Kühlschränke heute mehr können als die Tradition des früheren Braun-Designers Dieter Rams Hochleistungscomputer von vor 15 Jahren, sondern als der Vater des iPod-Designs gelten kann. Aber es ist auch, weil der Featurewahn und die Usability auch die nicht nur der iPod selbst. Auch die Vermarktungsstragie Zielgruppen merklich erweitert hat: Frauen spielen mehr von Musik als Inhalt im iTunes Music Store führte dazu, Videospiele, iPhones sind für alle interessant, Konsum dass die Wahrnehmung von Musik, und mittlerweile hat sich von kulturindustriellen Produkten in den Bereich bekanntermaßen auch von Film und Fernsehserien, nicht der Consumer Electronics verschoben. Das Geld, das die mehr an ein Produkt gebunden ist. Das Produkt ist der Musikmajors vermissen, fließt in die Kassen der Kamera- Player und nicht die CD-Sammlung. , MP3-Player- und Handyproduzenten. Nicht umsonst Jeder, der sich mit Musik auseinandersetzt, kommt verbinden sich Labels und Service Provider in anderen heutzutage an einem mobilen Abspielgerät nicht vorbei. Im Weiße Ware
Sneaker mit Hotspotsucher
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Jonathan Ive Dieter Rams iTunes Music Store
USB Tastaturstaubsauger
USB Whack It
Mobilfunkmarkt sieht die Tendenz nicht anders aus, jedes Handy explodiert förmlich vor den integrierten Features. Ob es ein gesamtes Büro in Form eines Blackberrys oder Entertainmenthandys mit Navigationsfunktion. Jeder hat ein Gadget, jeder möchte ein handliches Supergerät und allein die Verknüpfungsmöglichkeiten durch Interfaces wie USB und Bluetooth lässt fast alles mit fast allem kommunizieren. Die Medien Gadgets haben ihre eigenen Medien. Diese sind in der Regel zeitgemäß Blogs. Hier ist eine Blogszene entstanden, die im journalistischen Sektor eine immer größere Bedeutung einnimmt und im Gegensatz zu vielen anderen Blogs wie über Mode oder Musik auch wirtschaftlich funktionieren. Die bekanntesten aus den USA sind Engadget und Gizmodo, die auch mittlerweile in deutschen Versionen vorhanden sind und durch eine hohe Anzahl weiterer Blogs, wie
Engadget Akihibara, Über Review, Technabob und anderen ergänzt werden. Hierbei ist der Zeitfaktor enorm wichtig. Die zahlreichen Informationsquellen definieren sich häufig dadurch, wann bzw. wer als erster Bilder eines neuen Produkts hat oder wo die neuesten Neuigkeiten über den neuen iPod oder die neue Digitalkamera zu finden ist. Da ist es keine Seltenheit, dass ein und dieselbe News im Laufe einer halben Woche durch 50 Blogs wandert. Es wird hier deutlich, dass gerade der Bereich der Gadgets prädestiniert für das Medium Blog ist. In diesem Kontext bedarf es nämlich keiner langen redaktionellen Auseinandersetzung mit einem Thema oder einer großen Masse an Informationen für einen Post. Die kleinen Häppchen an News bringen die Kernidee relativ schnell an den Leser und es ist daher auch kein Problem 40 oder 50 News am Tag zu lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Auch entstehen eigene Medienformate für den Technikbereich im Netz. Das profane Auspacken
Gizmodo eines Geräts, das so genannte Unboxing, wird auf einfachen Kameras (häufig reicht die Videofunktion des Handys) aufgenommen. Wer hat den EeePC als erstes bekommen? Und wie sieht es aus, wenn dieser aus der Packung geschält wird. Klingt unnötig? Wirkt allerdings eine enorme Anziehung auf all jene aus, die genauer wissen wollen, wie das Objekt der Begierde in „echt“ aussieht. Diese Unboxing-Tradition geht indes so weit, dass selbst große Produzenten wie z.B. Samsung selbst virale Videos produzieren, die ganz in der Ästhetik der Unboxing-Videos sind, in diesem konkreten Fall jedoch mit überraschendem Ausgang. Die Produkte Wenn Produkte im Netz präsentiert werden, so handelt es sich auch um eine veränderte Ökonomie
Engadget Gizmodo Akihibara Über Review Technabob
Unboxing USB Nagel
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EeePC
Samsung
USB Chinese BBQ
USB Mixtapepack
der Dinge. Wie beim Long Tail schon verdeutlicht wurde, können Nischenprodukte aller Art weitaus einfacher zum Verbraucher kommen, als in klassischen Elektromarktketten. Der Bereich der USB-Gadgets zeigt dies recht deutlich. Alles Mögliche kann über die eigentliche PC-Schnittstelle angetrieben werden. Häufig ohne viel Alltagssinn, jedoch mit hohem Unterhaltungswert, der vor allem auch auf Blogs einfach kommuniziert werden kann. Kleinstproduktionen können so international vertrieben werden. Die Aufmerksamkeit der Blogger ist Regelfall den Herstellern gewiss. Ob es sich bewegende Tiere, Motorblöcke, Ventilatoren, USB-Speicher jeglicher Art oder Haushaltsgeräte sind, man kann davon ausgehen, dass es sich nicht um Großproduktionen handelt. Viele Produkte, die vor einem Monat noch erwerbbar waren, sind im Monat darauf schon wieder verschwunden. Ideen können schnell an Produktionsfirmen in China kommuniziert
werden, das Netz macht es möglich. So geben sich Vielfalt und Abstruses die Hand. Marketingbudgets gibt es hier so gut wie gar nicht und der Nachrichtenhunger auf neue Übergadgets schafft die Aufmerksamkeit und die Werbung so gut wie von alleine. Allgemeines Interesse wächst Auch wenn der Bereich der Gadgetmedien noch von vielen als nerdig betrachtet wird, gewinnt diese Form der Presse immer mehr an Bedeutung. Das liegt nicht nur an der zunehmenden Bedeutung der Gadgets selbst (Tagesschau und heute journal berichteten ebenfalls ausgiebig über das iPhone), sondern auch in der Art und Weise, wie die Informationen verbreitet werden. Ebenso haben die Hersteller von Consumer Electronics ein reges Interesse daran gewonnen, gut auf jenen Medien platziert zu werden. Was natürlich zu Synergien führt, die
Long Tail Keyboard-Waffeleisen
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nachhaltige Folgen auf den Bereich der Konsumtechnik haben werden. Auch sind die genannten Gadgetblogs inhaltlich noch unabhängig, was eine neutrale Berichterstattung zu bewerkstelligen vermag, aber auch das Gefüge wird sich in nächster Zeit verrücken. Dennoch: Immer die aktuellen Neuigkeiten zu kennen, disqualifiziert den Wissenden nicht mehr als Voll-Nerd auf der Party. Die Allgemeinheit interessiert sich mehr als je zuvor für handliche, spannende Technologien – und will diese auch verstehen, ohne dafür ein E-Technik-Studium absolviert haben zu müssen.
Ich dreh am Rad Vorsprung durch Fahrrad
Der stilbewusste Hipster von heute fährt Fahrrad, aber nicht irgendeins. Mountain Bikes sind total 90er, praktische Terrainbikes sind nur für Komfortheinis, die North FaceJacken dem Tweed vorziehen. Alte Rennräder sind das Ding des Jahres, schön im Stile eines Jacques Anquetil oder Eddy Merckx den Weinbergsweg hochradeln und wer es richtig stilmasochistisch mag, fährt indes ein Fixed-Gear Bike. Das aus den Hallenradrennen bekannte Prinzip, wo ein Gang fest fixiert ist, also ohne Leerlauf, und die Pedale also immer schön mit den Rädern mitlaufen. Ist in der Stadt unpraktisch, wenn nicht gar gefährlich. Dennoch, der steigenden Beliebtheit tut dies keinen Abbruch. Das Fahrrad ist aber auch, abseits jeglicher urbaner Stilfragen, das zeitgemäße Fortbewegungsmittel schlechthin. Gut fürs Klima, gut für die Gesundheit, und
Gold Bike von Aurumania
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Heklucht: Fahrradständer mit Pumpe
Outlier Pants
gar die fahrradfeindliche Stadt Berlin münzt immer mehr Straßen in Fahrradstraßen um. Das nennen wir mal fortschrittlich. Und in den Niederlanden – wo auch sonst – wurden sogar schon Fahrradständer mit integrierten Luftpumpen installiert: Die Hekluchts, mittlerweile auch nach England und Österreich importiert. Nochmal zurück zur Stilfrage: In windschnittigen Liebestötern zur Arbeit radeln und dann auf dem Klo schnell in den business dress rein – das ist nicht wirklich cool. In metallbeklammerten Anzughosen auch nicht. Und weil enge Hosen ohnehin dernier cri sind, gibt es von Outlier die passenden Buchsen für auf dem Weg zum und im Büro: Tailored Performance for cycling in the city. Cheap Monday meets Radlerhose, street couture in atmungsaktivem, wasserabweisendem Material.
Cy-Fi-Bluetooth-Sports-Speaker
Gadgets für den Drahtesel Für den städtischen 2.0-Radler ist in der Zwischenzeit das Rad der Zeit nicht stehen geblieben. Wir stellen einige der unverzichtbarsten Gadgets der letzten Zeit vor: Der Cy-FiSpeaker ermöglicht das Hören von Musik ohne Ohrstöpsel auf dem Rad und funktioniert natürlich über Bluetooth. Abgesehen vom windschnittigen Design, hat es jedoch etwas von dem Charme früherer Lenker-Radios, die die sonntäglichen Radtouren durch die Lüneburger Heide aufmunterten. Da scheint das iBike fast sinnvoller. Im Stile moderner Autolenker, lässt sich der iPod hervorragend ansteuern und anbringen. Da ein iPhone auch darin Platz findet, ist das GPS-gesteuerte Radeln natürlich so einfach wie nie, fehlten jetzt nur noch die Boxen zum Musik hören. Wir empfehlen das Tandem mit iBike vorne und Cy-Fi
Cy-Fi-Bluetooth-Sports-Speaker hinten, wenn die MP3-Player nur alle Bluetooth könnten. Ebenfalls für den mobilen Multimedia-Player ist der OhmCharge. Hierbei handelt es sich um ein Konzept, wo Energie, die z.B. beim Radeln entsteht, gespeichert wird, um dann als Lade-Device für Handy und Co. zu dienen. Der Dynamo fürs 21. Jahrhundert. Mit Strom lassen sich natürlich auch Fahrräder antreiben. Nun sahen Elektroräder in der Vergangenheit immer ein bisschen aus wie aufgeblasene Kröten und dass dies auch anders geht beweist das Powabyke X6. Hier ist die komplette Antriebstechnik im Rahmen verbaut, sehen tut man davon nichts und die Trinkflasche in der Mitte ist gar keine Flasche, sondern ein Akku, der für den Elektronachschub sorgt. Gar nicht übel und ziemlich slick, wie man findet. Der Puma Glow Rider muss zwar noch ausschließlich mit
Hekluchts Outlier iBike Console
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Puma Glow Rider
Fixed-Gear-Bike den Beinen angetrieben werden. Der speichert jedoch das Tageslicht und leuchtet im Dunkeln, so dass auch ohne Extralampen für Sicherheit gesorgt wird. Wirkt aber auch wie eine schriftliche Einladung zum Diebstahl bei Nacht. Genau diese ist auch das Gold Bike von Aurumania. Wie der Firmenname verlautbart, handelt es sich um ein Rennrad der goldigsten Sorte. Nur bestes Gold, Svarowski und Leder wurden verarbeitet und kostet daher auch nur schlappe 80 000 Euro. Aber wer will es den Scheichsöhnen aus Dubai verübeln, auch was vom Fixed Gear-RennradTrend aus New York und Berlin abzubekommen. Keiner, eben, denn Radfahren ist momentan noch immer die demokratischste Art, sich fortzubewegen und wird es auch hoffentlich bleiben.
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Watt´s up?
Strom aus Tanzen und der PR-Effekt
Das Thema ging mit einem Vorlauf von über einem Jahr durch die Journaillen: In Rotterdam eröffnete Anfang September der erste nachhaltige Club der Welt, der Club WATT. Das Konzept: Beim Tanzen entsteht Energie, die aufgefangen und in Strom umgewandelt wird. So großartig die Idee ist, so schwierig die Umsetzung – denn die Stromausbeutung ist noch nicht hinreichend. Aber es gibt eine zusätzliche Quelle: den PR-Effekt. Und der sorgt einstweilen für Power. Bio-Food und Öko-Limos, nachhaltige Fair TradeKlamotten, Hybrid-Motoren, Solarzellen auf der Bushaltestelle und im Pulli, windgetriebene Handyladegeräte und Designerlampen aus Plastikflaschen – mit Ideen für den LOHAS-Lifestyle wird man derzeit ja grün und noch mal grün geschlagen. Aber was soll das Thema schon groß in einer Disco ausrichten, wo im Monat Club WATT Club Watt
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Feiern im Watt: So soll Strom produziert werden viel mehr Energie verbraucht wird als ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr durchbringt – und wo sich erst einmal niemand darum schert, dass für seinen Spaß CO2 in die Luft geht und ein paar Extra-Atomkerne gespalten werden müssen? Mehr Feiern, mehr Strom Darüber hat sich ein Team der niederländischen Agentur Enviu und dem Architekturbüro Döll in Rotterdam den Kopf zerbrochen und eine schlicht geniale Idee zu Tage gefördert: Beim Tanzen Energie entstehen lassen. Gemeinsam mit der Technischen Universität Delft wurde der Sustainable Dance Floor entwickelt: Ein Tanzboden, der aus den Bewegungen der Tänzer Strom erzeugt. Je mehr und heftiger getanzt wird, umso mehr Watt werden produziert: Der Boden kann bis zu zwei Zentimeter nachgeben, der Druck wird über einen Generator aufgefangen und speist eine Batterie, die den Strom liefert. Die Idee klingt zu schön, um wahr zu sein – die LOHAS-
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PR-Effekt nur für den Ersten Weltweit soll es Interessenten für die Idee geben – doch als erster zugeschlagen hat der Club WATT in Rotterdam, in einem einst legendären, zuletzt heruntergekommenen Rockschuppen namens Nighttown aus der Taufe LOHAS-Blogs
Sustainable Dance Floor
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Blogs waren die ersten, die das Thema aufnahmen – jetzt findet sogar die Bild-Zeitung Interesse daran. Es stürzten sich einfach alle Medien auf das Thema, so etwas hat man bei einer Club-Eröffnung noch nie erlebt. Aus gutem Grund: Hier scheint green lifestyle mal so richtig schick und hedonistisch umgesetzt. Mehr Feiern – mehr Strom. Sogar das Kondenswasser – sprich: der Schweiß – der Tanzenden soll zukünftig abgefangen werden und die sanitären Anlagen bespülen. Auch an der Bar wird auf Nachhaltigkeit gesetzt: „Zero Waste“ ist das Motto, die Gäste sollen die wieder verwertbaren Becher aus Hartplastik mehrfach verwenden – damit das beim Tanzen nicht nervt, können sie sich sogar Umschnallgurte anlegen.
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Bild-Zeitung
gehoben und seit Anfang September im Betrieb. Rund sechs Millionen Euro wurden in den Laden gesteckt, der drei Areas hat und insgesamt 2.100 Leuten Platz bietet. Die Betreiber sind drei örtliche Gastro-Platzhirsche mit einem halben Dutzend Restaurants und diversen ClubVeranstaltungen im Portfolio – ganz offensichtlich also mit hinreichend venture capital ausgestattet. Sie haben gut daran getan, als erste zugegriffen zu haben. Warum sonst sollte sich ein australisches Magazin für einen Rotterdamer Club interessieren oder die Wochenendausgabe der Neuen Osnabrücker Zeitung? Aber: Werden sie es auch noch beim zweiten, dritten Club tun, der sich einen Strom erzeugenden Boden verlegen lässt? Vielleicht noch beim ersten Club dieser Art in ihrem Land, danach – wohl kaum. Wer als erster einen nachhaltigen Club hat, der streicht den gesamten PR-Effekt ein. Nicht ohne Grund beeilten sich die Lizenzgeber des Sustainable Dance Club um Richtigstellung, als der Londoner Club4Climate, auch Surya genannt, sich im Juli als erster ökologischer Club der Welt der Öffentlichkeit Club4Climate
YouTube-Videos
präsentierte – der Besitzer des Londoner Ladens, ein etwas ominöser Dr. Earth, wurde mit dem Sustainable Dance Club in Zusammenhang gebracht, obwohl hier bislang kein von den SDC-Machern lizensierter Boden eingebaut wurde. Und auch Club WATT-Betreiber Aryan Tielemann weiß den PR-Effekt zu schätzen: „Unser Dancefloor ist ein echter USP, eine ganz neue Art der Annäherung an das Thema Clubbing!“ Zahlreiche YouTube-Videos rund um den Sustainable Dance Club mögen als Beleg reichen. Teuerster Dancefloor der Welt Diesen PR-Effekt haben sich die Macher einiges kosten lassen: Die nachhaltige Fläche des Tanzbodens im Hauptraum hat stramme 160.000 Euro gekostet – bei gerade einmal 36 Quadratmetern wahrscheinlich der teuerste Dancefloor der Welt. Um allein durch das Tanzen die Investition wieder reinzuspielen, müsste das WATT mit seinem durchaus ambitionierten Programm aus
Konzerten, Dance-Partys und Lesungen schon 365 Tage im Jahr reine Gabber-Partys veranstalten – das wäre in der Heimatstadt des Stampftanzes ja kein Problem… Bei gerade einmal 30% Energieerzeugung, die der Boden leisten kann – der Rest muss nämlich, wie im Vorfeld nicht gerade offensiv kommuniziert wurde, dann doch aus der Steckdose bezogen werden – wird schnell klar: Trotz der guten Idee ist es noch ein weiter Weg, bis auch ein kleiner Dienstagfrüh-Feierladen sich seinen Strom selbst erzeugen kann. Das Ganze kann wohl nur im Sinne einer wirklichen Nachhaltigkeit flächendeckend umgesetzt werden, wenn öffentliche Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden. Die Stadt Rotterdam beteiligte sich finanziell an dem ClubProjekt. „Wir konnten die Kommune überzeugen, dass es nicht nur ein rein hedonistisches Unterfangen ist, sondern der Stadt auch eine Menge Publicity bringt“, so Tielemann – auch hier wird mit PR-Effekt gepunktet. Expo Real
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Clubcommission
Multiplikation ist fraglich Ob es einen SDC auch bald bei uns geben wird? Auf der Fachmesse für Gewerbeimmobilien, der Expo Real in München, wird das Konzept dem deutschen Publikum vorgestellt werden. Die Berliner Clubcommission soll einer an sie herangetragenen Anfrage zur Umsetzung des SDC in der Stadt allerdings erst einmal eine Absage erteilt haben. Und auch Aryan Tielemann gibt sich auf die Nachfrage, ob er das Konzept denn weiterempfehlen kann, sehr vorsichtig: „Eher nicht. Es ist eine Menge Arbeit, es kostet eine Menge Geld – wer sich einen solchen Club zulegen will, der muss in allem, aber wirklich allem nachhaltig agieren. Vor allem betriebswirtschaftlich. Das muss über einen langen Zeitraum laufen können.“ Ob das Wagnis bei den Fluktuationen eingegangen werden sollte, die in der Discobranche herrschen? Schön wäre es ja schon, wenn man zukünftig überall durch sein Weiterfeiern zumindest der Umwelt etwas Gutes tun könnte…
Elsässer Flammkuchen Limonade mit Schinkengeschmack Losego Bergmann Eis
Bergmann Bier
Emobama, yes you can? Wow. Richtig fesch sieht er aus, der Emo-Barack mit Strähne im Gesicht und Ohrtunnel. Ganz offensichtlich hat der amerikanische Web 2.0-Messias auch die My Bloody Valentines und My Chemical Romances des Landes hinter sich, die mit diesem Aufkleber ihr Geleit markieren. Ob ihm das wohl schmeckt und er seinen ohnehin schon emofähigen bodyshape entsprechend verfeinert? Vorsicht, Barack: Bei den aktuellen Heißblütigkeiten, die der Begriff Emo in Mexiko und Russland evoziert – in Mexiko werden Emokids als schwul und verweichlicht diffamiert und von Punks und Heavys verprügelt, Moskau wiederum will Emo-Fanseiten aus dem Web verbannen und schwarz gekleidete Kids von den Schulhöfen – wäre eine außenpolitische Krise nicht auszuschließen. Sicherheitshalber gibt es auch für andere popkulturelle
Strömungen den passenden Button: Zum Beispiel Moog for Obama und DJ for Obama. http://www.democraticstuff.com/Emo-for-Obama-PhotoButton-p/bt23690.htm Microbrewing-Eisbier in Dortmund Joghurt-Duschgel und Rooibos-Shampoo gibt es schon. Frischkäsebrotaufstrich in der Sorte Elsässer Flammkuchen auch, in Amerika Limonade mit Schinkengeschmack und jetzt in Dortmund ein Eis in der Geschmacksrichtung Bier. Zu kaufen bei Losego, zweifellos der besten Eisdiele der Stadt, beliebt für sein Haferflocken- und Kastanieneis. Basis für den Pilsflavour ist das vor einem Jahr wieder aufgelegte Bergmann-Bier von 1796, das ganz im Stile des Microbrewings in kleinen Suden gebraut und in einem eigenen Kiosk und einigen Läden verkauft wird. Das
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Bergmann Eis schmeckt extrem hopfigherb, hat einen leicht süßen Abgang und hallt lange mit charmant bitteren Noten nach. Ergo: Eher was für den Papa, nix für Kids. www.bergmann-bier.de
www.bergmann-bier.de Joghurt Rooibos
Microbrewings