Nacktwandern Schweiz

  • December 2019
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SCHWEIZ Nacktwandern: FKK-Verbände stützen Verbot Von Antonio Cortesi, St. Gallen.

Hüllenlose Berggänger sollen in Innerrhoden künftig auf der Stelle mit 200 Franken gebüsst werden. FKK-Verbände befürworten ein rigoroses Vorgehen. Das Thema wird wohl in Lausanne enden.

Schluss mit «Füdliblutt»: Das harte Vorgehen gegen hüllenloses Wandern im Appenzell wird nun auch von FKK- Verbänden unterstützt. Bild: Keystone

Das Alpsteingebiet scheint für Wanderer ohne Hemd und Hose Artikel zum Thema

besonders attraktiv zu sein. «Letzten Sommer kam es zu einer

Nacktwandern verboten – 200 Franken

krassen Häufung», sagt der Innerrhoder Staatsanwalt Herbert

Busse

Brogli. «Wir erhielten viele Telefonate von besorgten Eltern.» Auch Fotos von hüllenlosen Alpinisten seien auf der Polizeiwache

abgegeben worden. Im September gelang es der Polizei schliesslich, einen Nacktwanderer in flagranti zu erwischen. Der 44jährige Ostschweizer wurde wegen «groben Unfugs» angezeigt. Die Nachricht über den Fall verbreitete sich in Windeseile weit übers Schweizerland hinaus. In einschlägigen Internetforen Deutschlands, wo das

Nacktwandern besonders viele Anhänger hat und der Alpstein als attraktives Gebiet propagiert wird, gilt Appenzell seither als Inbegriff der Prüderie. «Anständige Gäste nicht vor den kopf stossen» Das beeindruckt die Appenzeller aber nicht im Geringsten. «Wir müssen unsere Kinder vor dieser Unsitte schützen», sagt Melchior Looser, Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements. Zudem zählten die Touristen darauf, dass im Appenzellerland noch Ordnung herrsche: «Wir dürfen die anständigen Gäste nicht vor den Kopf stossen.» Noch vor der warmen Jahreszeit soll Innerrhoden deshalb ein griffigeres Gesetz gegen das Nacktwandern erhalten. Ein Vorentscheid dazu fällt am kommenden Montag. Dann berät das Kantonsparlament über eine Änderung des Übertretungsstrafgesetzes. Zentraler Revisionspunkt: Verstösse gegen die öffentliche Ordnung sollen nicht mehr bloss ein Antrags-, sondern ein Offizialdelikt sein. Nacktwanderer könnten somit auf der Stelle mit 200 Franken gebüsst werden. Und die Behörden würden sich ein langwieriges Verfahren ersparen – der letzten Herbst erwischte Ostschweizer ist bis heute nicht verurteilt. Looser hat keinen Zweifel, dass das Parlament der Vorlage zustimmen wird. Und dass im April auch die Landsgemeinde ihren Segen dazu gibt. «Ich habe jedenfalls noch von keinem gehört, der gegen diese Verschärfung opponieren würde.» Und bemerkenswert: Auch die Verbände für Freikörperkultur halten ein rigoroses Vorgehen für sinnvoll. Man distanziere sich klar von den Nacktwanderern, heisst es bei der Schweizer Naturisten Union, die 7000 Mitglieder zählt. «Neurotiker und Psychopathen» Kurt Fischer, Präsident des deutschen Verbands für Freikörperkultur, bezeichnet die Nacktwanderer gar als «Neurotiker und Psychopathen», die ausserdem ein verdrehtes Toleranzdenken hätten: «Die Freiheit des Einzelnen hört bekanntlich dort auf, wo die Freiheit der anderen tangiert wird.» Sein Verband nehme konsequent keine Nacktwanderer auf. Unter den 45'000 Mitgliedern gilt laut Fischer die strikte Regel: «FKK-Aktivitäten nur in eingezäumtem Gelände.» Fischer findet es deshalb richtig, dass Behörden das Nacktwandern rigoros ahnden, und macht den Appenzellern ein Kompliment. Ob das verschärfte Gesetz abschreckend wirken wird, ist jedoch offen. «Die Polizei wird auch künftig nicht in den Bergen patrouillieren», räumt Staatsanwalt Brogli ein. Rückfall in viktorianisches Zeitalter? Grundsätzliche juristische Bedenken hegt der Zürcher Statthalter Bruno Graf: «Ob die Appenzeller Bestimmung zulässig ist, müsste letztlich das Bundesgericht entscheiden.» Im Kanton Zürich ist das Nacktwandern kein Thema und auch nicht gesetzlich geregelt. In einem konkreten Fall könnte laut Graf am ehesten «sexuelle Belästigung» (StGB Artikel 198) geltend gemacht werden. Allerdings setze dies ein willentliches Vorgehen des Täters voraus. Graf hofft aber, dass «diese Rückkehr des viktorianischen

Zeitgeistes» nicht auch den Kanton Zürich erfassen wird. (Tages-Anzeiger)

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