Ein Tag Im Leben Von Elisabeth L.

  • November 2019
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  • Words: 997
  • Pages: 3
Stefanie Fuchs

Ein ganz normaler Tag im Leben von Elisabeth L. Es ist Montag, 8:30 Uhr am Bahnhof von Salzburg. Elisabeth, Studentin der Paris-Lodron Universität, kommt gerade mit dem Zug aus dem verlängerten Wochenende von zu Hause in Niederösterreich. Zwei junge Männer warten schon ungeduldig am Bahnhof auf sie. Wie jeden Montagmorgen sind die Jungs gekommen um Lisi abzuholen. Sie freut sich als sie die beiden sieht. Schnell wird die Rampe herbeigeholt damit Lisi aussteigen kann. Lisi sitzt nämlich im Rollstuhl. Die Zivildiener vom Roten Kreuz bringen Lisi wie jede Woche vom Bahnhof ins Studentenheim „Kolpinghaus“. Lisi wohnt dort in einem behindertengerechten Einzelzimmer. Seit ihrer Geburt leidet die 21-jährige an einer körperlichen Behinderung und sitzt im Rollstuhl. Die Niederösterreicherin studiert im 2. Semester Kommunikationswissenschaften an der Universität Salzburg. Seit Herbst wohnt Lisi wie viele andere Studierende in ihrem Alter, erstmals alleine in einer Stadt, weit weg von zu Hause. Lisi fährt fast jedes Wochenende nach Hause, aber nicht weil sie Heimweh hat, nein ganz einfach weil am Wochenende die Therapiestunde mit ihrer Physiotherapeutin stattfindet. „Ich habe mich recht schnell hier in Salzburg eingelebt und fühle mich sehr wohl “ berichtet Lisi mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht bei unserem Treffen. Ich lerne Lisi nun näher kennen, zuvor kannte ich sie nur aus den Vorlesungen. Das Mädchen im Rollstuhl, das immer ganz vorne in der ersten Reihe links sitzt und ab und zu mal zurück schaut. Wir sitzen in der Aula der Geisteswissenschaftlichen Fakultät. In einer Stunde beginnt Lisi’s nächste Vorlesung „Einführung in die Mediensysteme“. Lisi ist heute schon etwas müde, weil sie sehr früh aufstehen musste, um 5 Uhr morgens, und hat schon eine 3-stündige Zugfahrt hinter sich. Sie entschuldigt sich, dass sie zu spät dran ist, denn heute hatten die Jungs vom Roten Kreuz etwas Verspätung, was sonst eigentlich nicht passiert. „Ich plane immer eine ganze Woche im voraus, wann ich einen Transport an die Uni benötige“, erklärt mir Lisi. Wie sie selbst berichtet erfordert ihre Selbstständigkeit ein hohes Maß an Organisationstalent und Vorausplanung. „Natürlich bin ich auf die Hilfe und Unterstützung anderer angewiesen, aber ich plane meinen Tagesablauf selbst.“ So ist die ganze Woche bereits vorprogrammiert. Schwieriger wird es, so erzählt mir Lisi wenn sich kurzfristig Änderungen ergeben oder ich spontan noch etwas zu erledigen habe. Nicht immer steht dann ein Krankenwagen für den Transport zur Verfügung. Bisher gab es aber noch nie größere Probleme.“ Mobiler Hilfsdienst Salzburg Bevor die nächste Vorlesung beginnt, stößt Lisi’s Assistentin zu uns. Sie ist Sozialbetreuerin beim Mobilen Hilfsdienst Salzburg und trifft Lisi immer an der Uni circa eine halbe Stunde vor Beginn der Lehrveranstaltungen. So bleibt Zeit für eine kurze Besprechung darüber was Lisi noch braucht, beispielsweise Fotokopien oder sonstige Unterlagen. „An den Mittwochen haben wir immer längere Assistenz“ räumt Lisi ein, was so viel bedeutet, dass an diesen Tagen eine Sozialbetreuerin den ganzen Nachmittag für sie Zeit hat. So können Besorgungen erledigt werden, oder Lisi kann für Arbeiten in die Bibliothek gehen. Mit dem Rollstuhl komme ich nicht durch die Regale, deshalb

suche ich mir die Bücher im ALEPH und meine Assistentin holt für mich das gewünschte Buch. Die Mittagspausen verbringt Lisi meist in der Mensa. Die Zeit reicht nicht ins Heim zurückzufahren und wieder auf die Uni zu kommen, so bleibt sie meist durchgehend an der Uni und trifft sich dort mit ihren Kommilitonen. Abends kann Lisi im Heim essen, sie braucht also auch nicht selbst zu kochen. Rollstuhl kein Problem? Was für mich alles problematisch im Rollstuhl erscheint, scheint für Lisi überhaupt kein Problem zu sein wenn ich sie anspreche wie sie ihren Alltag meistert. An der Gewi am Rudolfskai hat sie überhaupt keine Probleme überall hinzukommen. Es gibt breite Rampen, einen Aufzug und breite Hintereingänge zu den Hörsälen. „Unterstützung erhalte ich besonders auch von Frau Steger, Behindertenbeauftragte der Universität Salzburg. Bereits ein Jahr bevor ich mit dem Studium angefangen habe, hat sie mich in allen Fragen beraten und mich über die Studienmöglichkeiten mit Behinderung informiert. Auch jetzt bin ich in ständigem Kontakt mit ihr und sie unterstützt mich in allen Bereichen.“ Studieren mit Behinderung an der Uni Salzburg So wie Lisi geht es auch anderen Studierenden mit Behinderung an der Uni Salzburg. Informationen, Beratung und individuelle Unterstützung erhalten Betroffene bei der Behindertenbeauftragten Christine Steger. Sie betreut Studierende mit Behinderung und hilft Ihnen sich an der Uni zurecht zu finden. Für gehbehinderte Studierende gibt es eigens ausgewiesene Behindertenparkplätze an den Fakultäten und für sehbehinderte Studis können Lernunterlagen für Blinde angefordert werden. Das Rote Kreuz und der Mobile Hilfsdienst bieten ebenfall individuellen Service für behinderte Studierende. Eine Behinderung schließt also ein Studium nicht aus. Große Hilfe Internet! Das Internet bietet körperlich behinderten Menschen, wie auch Lisi, ganz neue Möglichkeiten diese sozialen Unterschiede zu verringern. Lisi ist sehr froh dass Lehrveranstaltungen Blackboard unterstützt werden: „Ich habe Schwierigkeiten schnell zu schreiben, so kann ich nur schwer bei Vorlesungen mitschreiben. Da ist es wirklich toll, dass ich mir sämtliche Unterlagen aus dem Netz downloaden kann.“ Aber auch in ihrer Freizeit erleichtert das Internet Lisi die Bewältigung des alltäglichen Lebens: „Ich kann mir meine Zugtickets immer selbst von zu Hause aus besorgen, das klappt wunderbar und auch die wöchentlichen Transporte organisieren.“ Lisi fühlt sich an der Universität Salzburg voll integriert und eigentlich gar nicht benachteiligt anderen Studierenden gegenüber. Schon in den ersten Vorlesungen hat sie wie jeder andere Neuanfänger Freundschaften geschlossen und neue Leute kennen gelernt. „Zwar war ich noch nie auf einem Studentenfest und bin auch noch nicht recht fort gegangen hier in Salzburg, aber was nicht ist kann schon noch werden“, lächelt sie. Für ihre Zukunft wünscht sich Lisi, dass alles weiterhin so gut mit dem Studium klappt wie bisher und sie das Bakkalaureat in der angegebenen Studiendauer von 6 Semestern erfolgreich abschließen kann. Im Sommer macht Lisi ein Praktikum bei

einem der größten Medienunternehmen Österreichs, worauf sie sich jetzt schon riesig freut. Ich habe Lisi kennen gelernt als ein Mädchen, das trotz ihrer Behinderung fest im Leben steht und genau weiß was sie sich von ihrer Zukunft erwartet.

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