De:bug: Matthew Barney Interview

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KU N ST

DE:BU G .75-10.2003–<32>

EINVERSTÖRENDER BLOCKBU STER/Cremastervon M atthew Barney TEXT

VEREN A DAU ERER |VEREN A@ D E-BU G .D E

BILD

M atthew Barney hatm itseinem aalglattsurrealen und pathologisch schönen "Crem aster"-Alptraum aus Film ,Fotografie und Installationen der Kunstw elt den verstörendsten Blockbuster aus Kafka und "Tw in Peaks" aufgefrachtet. Beim Film festin Locarno trafVerenaDauererden Allround-Künstler. M atthew Barney ist jem and,der in der Kunstw elt der 90erso ungefährden Statushatte/hatw ie-darfich das sagen?-JeffKoonsin den 80ern,derschon vorseinerersten Soloausstellung 1991 ungem ein gehyped w urde. Fürdie hatBarneysich dann nacktan Eiszapfen von der Decke derN ew YorkerG allerie von Barbara G ladstone rum gehangelt.Barney istderjüngste Künstler,derzur Zeitim kom pletten N ew YorkerG uggenheim M useum ausstellt.Ein M ann m iteinerAffinitätzu glitschigerVaseline und elfenbeinfarbenen,zartschim m erndem Bienenw achs,derin seinem aktuellen Crem aster-Film zum Beispieldaraus eine Dudelsack-Schaf-M utation m odelliert.N ochm al:Der"Crem aster”istderM uskel,derdie H oden kontrolliert.Diesem w idm ete sich Barney fast die letzten zehn Jahre m itdem Crem aster-Zyklus,seinem M onum enten-O uevre in Form von fünfchronologisch nichtdurchnum m erierten Arbeiten. Als Kunstw erk in derProduktion teuer,aberals Film e und im Verhältnis zu ihrerLänge Low Budget-Produktionen verstrahlen die Arbeiten w underschöne Bilder und fächern unverhoffte Levels an G lattheit auf.Der letzte Teil,"Crem aster3”m itProduktionskosten von 4 M illionen Dollar,w urde 2002 teilw eise im G uggenheim M useum gefilm t.Erthem atisiert,plattzusam m engezogen,den Bau desChryslerBuildings.BarneyerzähltG eschichten und benutztdazu Partikelvom Am erican W ay ofLife,M ythen und M ärchen.Am erikanische Straßenkreuzerverbinden sich m itm erkw ürdigen Gynäkologiestühlen m itFreim aurerinsignien m itM orm onensym boliken m it Freeclim bing in G ebäuden.Er benutzte den SchriftstellerN orm an M ailer,Ex-Bond G irlUrsula Andress und aktuellden BildhauerRichard Serra,um verschiedene Q uerverbindungen durch und über sie zu knüpfen. "Crem aster3”liefgerade aufdem Film festin Locarno. Ein Screening alsallabendliche Vorführung aufdem betulichen M arktplatzm itm ehrals6000 Stühlen,an dessen östlichem Ende eine riesige Leinw and die H äuserseiten verbindet,darüberderH im m el.Und dann dort dieser Film ,nicht gerade ein Publikum sfilm und dann noch dreiStunden ab nachtsum halb zw ölf.Schon eine M utprobe. W ie istM atthew Barney so,w enn m an ihm begegnen darf? Die Zusam m enstellung seiner Erscheinung ist äußerstabgestim m tund sollkeinen Raum fürUnsicherheiten lassen.Er kom m t ganz akkurat in Understatem entan,in seinerblauen W orkw ear.Alles m uss stim m en,dasSystem w ird davon gehalten,strukturiert,eingegrenzt.Ähnlich w ie er seinen Körper offensichtlich m it Extrem sportarten züchtigt/regelt w ie dem Freeclim bing.Ein kleinesEcklein Versnobtheitistdoch dabei,beiihm ,derin Yalestudierthat.Einer,dersich nicht

um Publikum sgriffigkeit bem üht und eher sogleich schüchtern entschw indet,sobald ernichtm ehrin Um gebungen eingebunden ist.N urfürzw eiSekunden gab es einen anderen Blick.Ernähertsich m itderPresseagentin,sieht einen von w eitem und hat diesen Ausdruck im G esichtvon Erschrecken,so die Ecke unheilvolles W iedererkennen.Keine Übertreibung:Als w äre m an aus einem seiner Alpträum e entstiegen.Später w ird ersagen,dassertut,w asertut,um die Däm onen loszu w erden.Dasw argerade so ein M om ent,um sich davon ein Bild zu m achen.Beiden Interview ern davor und danach w ird eroffensichtlich flüssiger,sichererre-

M .BARN EY /M .J.O 'BRIEN

DiesenArbeitsprozesshabeichnieausm einem System verbannt.Und da die Erzählung von Num m er3 im Chrysler Buildingstattfindet,schien dieO rnam entsprachedesGuggenheim wieeinverfügbarerVerwandterdesChryslerBuilding.Dam itwurde ein AspektderArbeitorganisiert,was derauch brauchte.DerAspekteinerziem lich binären Geschichte zwischen dem Lehrling und dem Architekten.Einem sehrunbarm herzigen biszu dem Punkt,wo dieStory im Fundam entdesBürohausesbeginntundsich ihren W eg hoch zur Nadelarbeitet.Am H öhepunktder Geschichte schien es,dasssiein diesem Fallin fünfKonfliktebenen zerbrechen m uss.

M B:Ja,esgehtverschoben darum ,einefreieArtderArbeit zu finden.AusderDistanz scheinteswahrscheinlich ziem lich starrundwieetwas,dasm itKontrollezu tun hat.Aber eigentlich istesvölligaußerKontrolle.

DEBU G :Dein Arbeitsverfahren? M B:Die Bestandteile haben sich nichtgegenüberden m ehr plastischen Arbeiten vor dem Crem aster Zyklus verändert.Aberdie Anordnung.Andersgesagt,Projekte vordem Crem asterbegannen m iteinem O bjekt,aus dem sich die G eschichte entw ickelte.Im Falldes Crem asterZyklusführte die Erzählung und dasO bjektentw ickelte sich daraus.Aberderen Beziehung zum O bjekt hat sich nicht verändert.Aufeiner praktischen Ebene DEBU G :W ie die Ebenen in einem G am e? M B:Diese zweiStrukturen waren voneinanderabhängig. beginnen beide Fälle m itdem Zeichnen. Durch dasZerbrechen desEndeswird erm öglicht,dassder Anfang derGeschichteeherwieein Gangsterfilm funktio- DEBU G :Arbeitestdu assoziativ? niert.Die Artvon Story,m itgutund böse.Die Szene im M B:Beiden Projekten kam esdurch dasReisen,dasZu-eiGuggenheim funktioniertwahrscheinlich ähnlich wie die nem -O rt-Gehen und darin Aufgehen.EsderForm desCre-

Am erikanischeStraßenkreuzerverbinden sich m itm erkw ürdigen Gynäkologiestühlen m itFreim aurerinsignien m itM orm onensym boliken m itFreeclim bing in Gebäuden.Und dasistabsolutaufden Punkt.Im Ernst. den.Ersetztsich also hin.Das M ikro fälltihm runter, w obeiihm eben ein unsicheres G rinsen entw ischt.Bei fast jeder Frage beginnt er erst m it dem Antw orten, stockt dann,als ob sich seine G edankenkette verhakt hat.Erüberlegt,gucktaufden Boden,aufm eine Füße, aufdasG rünzeug neben ihm ,und siehtaus,alshätte er den Faden verloren undsichin seinem Kopfverlaufen.In seinem G esichtgibtes keine Regung,nichts.Als ob er dahinterrum tapert,nach G edanken suchtund nurN ebelfindet.W iebeieinerArtVerdrängungstaktik.Sobald eraberseine konstruierte W eltausbreitet,w erden die W orteplastisch.Dann klingtesw ährend erredet,alsob Analogien zw ischen nebeneinanderstehenden Türm en hergestellt w erden,schnelle und im m er m ehr Verbindungen,und die sind m ilchig w eiß verschw om m en und sehen ausw ie seine länglichen Skulpturen.

Szenen aus den vorangegangenen Stücken.Die waren in m ancherH insichtvom H um oroderderGewaltabhängig, um den Druckfreizusetzen,dersich im Stückbisdahin aufgebauthatte.W ährend derPlanung von Num m er3wollte ich,dassdasm ehrm alsm itSzenen geschieht,dam italle fünfFilm edarin repräsentiertwürden -wiedurch eineArt Chor.DaspassiertbeiderVernichtungsszenein derLobby, in derallefünfAutosdiefünfSym boleund Farben derjeweiligen Film e tragen.Und in derSzene m itden Pferden aufderRennbahn -und dann in derGuggenheim Szene.

m aster Projekts erlauben,lokale M ythen,Sym bolism en und Figuren dieserO rtezu absorbieren.Ich würdeesnicht freie Assoziation nennen.Aber es isteine leichtintuitive Annäherung,an einem O rtsooffen wiem öglich zu bleiben undzu sehen,welchevon den Dingen nach vornekom m en, welchesich an dem beteiligen können,wasbereitsin m einem Projektvorhanden ist. W asm ich interessiertistderInhaltund die Rezeption als verzögerte Reaktion darauf.W enn diese Arbeiten sich auf diese Regeleinlassen,auch gefühlsm äßig,und eine Zeit späterindenKöpfenankom m en.Esgehtum dieem otionaDEBU G :G ibtes eine ArtKontrollsystem ,das alle fünf le Erfahrung und die in den Eingeweiden.Und wie derInFilm e zusam m enhält? halt sich langsam er durch eine visuelle Sprache anstatt M B:Ja,aber ich denke,dass es letzten Endes unm öglich durch einen expliziten TextodereineNarration erschließt. funktioniert.EsgibtdaeineReiheanBefehlen,dieangelegt werden,soweitwiedieGeschichtegeschrieben wurde.Die DEBU G :Sollesprovozieren? Befehlesind wiePrüfungen,diewirdurchführen.Dassind M B:BeidenschwierigerenSzenengehteseherum denVerdie wesentlichen Szenen.Die Dinge ändern sich aufjeden such,die Däm onen auszutreiben.Es geht darum ,einen Fall,und die Regeln m üssen gebrochen werden,um eins Kreativitätszyklus fortzusetzen und die H em m stoffe ausdieserDingebeenden zu können.DerUm fang desganzen zuschalten. ist es,warum ich im m er wieder zu dieser Arbeitsweise zurückkehre.Zu einem Ausm aß,dasso vielgrößeristals ich,unddaseineGruppevonLeutenträgt.EinUm fang,der verlangt,dassm an sich ihm m anchm alunterordnet. www.crem aster.net

DEBU G :W arum das G uggenheim M useum als Setting fürden Crem aster3? M B:Teilsm itdem W issen im H interkopf,dassdie Retrospektivebald nach derFertigstellung von Num m er3kom m en würde.Ich wolltezurückzurbegonnenen Arbeitsweisevordem Crem asterZyklus:ZurAbsicht,etwasaneinund dem selben O rt aufzunehm en und abzuspielen.Die Absicht,eine SpurausO bjekten m itdem Video Playback zu kom binieren und dam iteine Geschichte zu erzählen,die DEBU G :H eißtdasm ehrFreiheit,im Sinne von Freiheit nichtm itallein einem von beiden erzähltwerden könnte. innerhalb derRegeln?

IN FO

www.guggenheim .org/exhibitions/past_exhibitions/barney

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