-------------------------------Armageddon und der apokalyptische "Holocaust" Peter B�rger 12.08.2006 Hinter der "pro-israelischen" Haltung evangelikaler Endzeitchristen in den USA verbirgt sich ein schlimmer Antijudaismus Nicht nur in den "neokonservativen" Denkfabriken der USA spricht man leichfertig, bisweilen begeistert vom dritten oder vierten Weltkrieg. Auch unter evangelikalen Endzeitchristen werden alle Vorboten eines neuen gro�en Krieges begr��t. Erwartet wird in allern�chster Zeit die letzte Schlacht, die dieser verdorbenen Welt ein Ende bereitet. Da ein "Israel in biblischen Grenzen" Schauplatz des Endzeitkampfes zwischen Gut und B�se sein wird, gibt man sich "pro-israelisch". Ob Israels Botschafter in den USA, Daniel Ayalon, bei seinen Begegnungen mit der ArmageddonLobby wirklich wei�, welche Aussichten die christlichen Fundamentalisten f�r jene Juden bereit halten, die am Ende aller Tage den "wahren Messias Jesus Christus" nicht anerkennen wollen? Die psychotischen Wahnvorstellungen von Endzeitchristen spielen seit Jahrzehnten eine bedeutsame Rolle im politischen Leben und in der Massenkultur der USA.[1] �ber B�cher, Filme und Computerspiele werden zentrale Inhalte der apokalyptischen Theologie weltweit in Millionenauflagen exportiert. Aktuell (1) k�nnen einige Prediger von evangelikalen Kirchen ihre Freude �ber den Libanonkrieg (2) nur m�hselig verbergen: "Was zur Zeit mit Israel und seinen Nachbarn passiert, wurde doch schon in der Bibel prophezeit." (Pastorin Margaret Stratton) In diesen Kreisen glaubt man: Der gro�e Widersacher, der "Anti-Christ" bzw. Satan, wird sich als Friedensstifter f�r den Nahen Osten verkleiden und will die Erf�llung der Prophezeiungen �ber die letzte Entscheidungsschlacht sabotieren. Ignoranz gegen�ber dem christlichen Fundamentalismus ist gef�hrlich Leider halten es in Europa nur wenige politisch Verantwortliche f�r notwendig, sich �ber die Vorstellungswelt der christlichen Apokalyptiker gr�ndlich zu informieren. Das ist angesichts des gro�en Einflusses von US-Endzeitpropheten grob fahrl�ssig. Seit der Zeit des Reaganismus warnen vor allem lateinamerikanische Befreiungstheologen vor den gef�hrlichen Ideen vieler evangelikaler Massenverf�hrer in den Vereinigten Staaten. Franz J. Hinkelammert schrieb �ber sie bereits 1989: --Je schlimmer, um so besser, das ist das fundamentalistische apokalyptische Denken. In unserer heutigen Welt ist der Fundamentalismus wohl die wichtigste Denkform, die der Zerst�rung einen positiven Sinn abgewinnen kann. Je schlimmer es wird, um so besser, denn jede Katastrophe ist ein Zeichen der Zeit, das die Wiederkunft Christi ank�ndigt. Der Fundamentalismus ist daher auch wohl die einzige, viele Menschen bewegende Ideologie, die dem Atomkrieg einen Sinn abgewinnt. Als Atom-Armageddon wird er als Hoffnungszeichen in die Sicht der Zukunft aufgenommen. Wo alles zerst�rt wird, da wird alles gut.-Die Breitenwirkung von "christlichen" Endzeitextremisten, die in den USA seit dem Erfolg der 1979 gegr�ndeten "Moral Majority" als politisches Sprachrohr fundamentalistischer Kreise fungieren, ist nicht zu untersch�tzen. Ihre Geschichtsprophetie zielt auf eine "letzte Schlacht um Gottes Reich" und ben�tigt zwingend die Weltverschw�rung, wahlweise durch Kommunisten, s�kulare Humanisten, Friedensaktivisten, "Perverse" (besonders Homosexuelle), liberale Christen, Katholiken, UNO, Europa oder aktuell in erster Linie durch den Islam. F�r die fundamentalistischen Christen[2]
--sind die Vereinten Nationen die bevorzugte Wirkungsst�tte des Antichristen, weil Offenbarung 17,12 lehrt, dass die K�nige der Erde "ihre Macht und Gewalt dem Tier �bertragen". Der Papst, Kriegsgegner auch er, gilt als "Hure Babylons", weil die nach Offenbarung 17,9 auf "sieben Bergen" thront, wie Rom auf sieben H�geln liegt. Dass die EU ihre Existenz den R�mischen Vertr�gen verdankt, macht ganz Europa zum Werkzeug des Teufels.-Jesus als Rambo und das neue auserw�hlte Volk Zu den evangelikalen Heilsstrategien auf dem Weg zum "Ende aller Tage" geh�ren uneingeschr�nkter Kapitalismus, Militarismus - einschlie�lich Atomwaffengebrauch und US-amerikanische Vormachtstellung bzw. Supernationalismus. Globaler Kulturdialog, Interreligi�se Begegnung, Welt�kumene, Weltkirchenrat und internationale Rechtsordnung gelten den christlichen Apokalyptikern als Teufelswerk. Ihren angeblich wortw�rtlichen Biblizismus verbinden sie mit Auslegungssystemen, die das Sozialethos und die Friedensweisung des christlichen Evangeliums willk�rlich au�er Kraft setzen. Die Bibel ger�t, wie Meinrad SchererEmunds treffend formuliert, unter der Hand dieser "Propheten von heute" zu einem "Munitionslager f�r Chauvinismus, Aufr�stung und Krieg". Das Erl�serbild wird dem Rambo-Komplex angeglichen: "Der Mann [Jesus, Anm.], der auf dieser Erde lebte, war ein Mann mit Muskeln. [...] Christus war ein Macho!" (Jerry Falwell) Nach Auskunft mancher Missionare war Jesus au�erdem explizit ein Kapitalist. Hinter einer instrumentellen Pro-Israel-Haltung verbergen viele Bibeltreue, dass f�r sie die USA l�ngst die Rolle des auserw�hlten Volkes �bernommen haben. Falwell und Reagan glaubten z.B.: "Keine andere Nation auf der ganzen Erde wurde so von Gott dem Allm�chtigen gesegnet wie das Volk der Vereinigten Staaten." Dass in diesem Zusammenhang ausgerechnet die biblische "Apokalypse" bzw. Offenbarung des Johannes oft angef�hrt wird, ist nat�rlich absurd. Diese Schrift ist ihrem Ursprung nach geradezu eine Kampfansage an jeden weltlichen Imperialismus. Sie reflektiert die Hassgef�hle kleinasiatischer Christen gegen die Weltmacht Rom, die sich als Herrscher der ganzen Erde aufspielt. Ganz und gar unchristlich ersehnt man im letzten Buch der christlichen Bibel die g�ttliche Rache am Unterdr�cker, dem r�mischen Imperium. Zumindest in der Ablehnung der zeitgen�ssischen Supermacht waren sich Juden und fr�he Christen einig. Der Kontext, in dem die Zukunftsfragen der menschlichen Zivilisation nun 2000 Jahre sp�ter von den rechten Christen in den USA betrachtet werden, ist die unausweichliche und willkommen gehei�ene Katastrophe. Dass Gott im Atomzeitalter das Monopol �ber das "Ende der Welt" verloren hat und nunmehr der Mensch die Instrumente f�r eine jederzeit m�gliche Totalvernichtung besitzt, gilt als gutes Zeichen. Immanuel Kant mochte - in v�lligem Einklang mit dem J�ngsten Gericht des Matth�us-Evangeliums (Verse 25,31-46) - die "letzten Dinge" nur als Ernstfall der Gegenwart betrachten: Ist der Mensch f�hig, im anderen Menschen und in der Menschheit seinesgleichen wieder zu erkennen?[3] Solche Selbstbescheidung liegt der Exzentrik des US-Fundamentalismus v�llig fern. Dieser verlangt vielmehr nach Art des Psychopathen in David Fincher's Film "Seven" (USA 1995) ohne Aufschub die Todesstrafe f�r so genannte Tods�nden - und zwar als global verrichtete Exekution. Exkurs: "Post-Millenaristen" und "Pr�-Millenaristen" Die Anh�nger der Visionen vom "tausendj�hrigen Reich" nennt man "Millenaristen", doch sie sind nach Meinrad Scherer-Emunds sehr genau zu unterscheiden. Der urspr�ngliche - religi�se oder s�kulare - "Millenarismus" der US-amerikanischen Gr�ndungsv�ter geht von einem Fortschritt der Zivilisation aus und bedenkt die Vereinigten Staaten im Licht g�ttlicher Vorsehung mit einer Sonderrolle f�r das Friedens-Millennium. Sie sind das verhei�ene Land, Friedensstifter und Freiheitsbringer f�r die ganze Welt. Kontext ist die Entdeckung der
Geschichtsphilosophie im 18. Jahrhundert. Die "Post-Millenaristen" des 18. und 19. Jahrhunderts erwarteten entsprechend die Wiederkunft Christi auf der Grundlage einer fortschreitenden Christianisierung und Besserung der Welt. Sie fanden in US-Pr�sidenten wie Woodrow Wilson oder auch J. F. Kennedy willige Sch�ler. Auch das 1989 von Francis Fukuyama mit Zufriedenheit proklamierte "Ende der Geschichte" steht - ganz im Gegensatz zu dem von Samuel P. Huntington 1993 beschworenen "Clash of Civilizations" - in einer postmillenaristischen Tradition. Diesen endzeitlichen Optimisten folgten jedoch die heute weitaus dominierenden Anh�nger des "Pr�-Millenarismus". Sie nehmen - vor dem ersehnten Gottesreich eine unweigerlich fortschreitende Verderbnis in der Gegenwart wahr. Es kommt zum "Knall" in der Welt, und eben dies werten sie als Zeichen des baldigen Endgerichts. F�r diese Ungeduldigen und Unduldsamen ist die Welt ein "untergehendes Schiff". Im eigentlichen Sinn kann man nicht einmal von einem kultur- oder zivilisationsbezogenem Pessimismus sprechen, denn der heilsgewisse Gl�ubige hat Gott f�r schlechte Weltnachrichten regelrecht zu danken. Die politische Brisanz dieses religi�sen Fatalismus liegt auf der Hand. Ronald Reagans erster Innenminister James Watt glaubte das J�ngste Gericht nahe und lehnte deshalb zum Beispiel jede Art des Umweltschutzes ab. �hnlich selbstgef�llig pflegen viele Politiker in den USA heute ihre Gleichg�ltigkeit gegen�ber den Prognosen zum Klimawandel. W�hrend die christliche Welt�kumene die reale M�glichkeit einer Selbstvernichtung der Menschheit als S�nde betrachtet, zu der es nicht kommen darf und soll, k�nnen fundamentalistische US-Apokalyptiker das nukleare Zerst�rungspotential oder andere globale Bedrohungen als Erf�llung einer Prophezeiung begr��en und ausdr�cklich von einer "moralischen Pflicht zum Einsatz von Atombomben" sprechen. An einem ernsthaften Spiel mit dem Feuer findet die Mehrheit aller Menschen wohl wenig Gefallen. Die fatalistische Apokalyptik des "Pr�-Millenarismus" hat sich jedoch in der Massenkultur l�ngst breit gemacht, in "spirituellen" Psychosen, Teufelsbeschw�rungen und kriegerisch inszenierten Weltunterg�ngen. Gezeigt wird im Katastrophenkino keineswegs, mit welchen Strategien und Modellen die Menschheit vorbeugend einem drohenden Untergang entkommen k�nnte. Gezeigt werden vielmehr Post-Apokalypsen. Die Katastrophe auf dem Globus gilt bereits als Faktum. Im Zeitreisemodus hei�t es z.B. im Film "Twelve Monkeys" (USA 1995) ausdr�cklich: "Alles ist schon passiert!" In der Tagline dazu wird verk�ndet: "Die Zukunft ist Geschichte." Milit�rische und technologische Potenzen f�r globales Unheil erfahren keine ernsthafte Kritik. Erst muss alles kaputt gehen und dann kann man im Kreis der Auserw�hlten vielleicht �ber einen Neuanfang nachsinnen. Die ordnende Mission inmitten der postnuklearen Wildnis wird in die H�nde neuer Pioniere gelegt. Unter solchen Voraussetzungen gelingt es Hollywood immer wieder, mit Blockbustern die Neugierde auf eine schreckliche Zukunft zu bedienen, ohne dass wir dar�ber erschrecken m�ssten, was wir den heute noch nicht Geborenen antun. Ronald Reagan als Theologe Die radikalen Apokalyptiker sind nicht repr�sentativ f�r das gesamte fundamentalistische Spektrum. Bei der Politisierung der vielf�ltigen fundamentalistischen Szene im Dienste der Republikaner bzw. der "Neokonservativen" spielen sie jedoch eine zentrale Rolle. Die meisten F�hrer der christlichen Rechten bekennen sich zu Endzeitspekulationen vom Armageddon-Typ. Die Vorgeschichte h�tte man schon vor zwei Jahrzehnten ernst nehmen sollen.
Pr�sident Ronald Reagan begl�ckte sein evangelikales Publikum 1983 in einer ber�hmt gewordenen Rede damit, die Sowjetunion als "Evil Empire" (Reich des B�sen) zu identifizieren. Unter der �berschrift "Der Einfluss der Propheten" berichtete die Frankfurter Rundschau am 31.10.1983 �berdies: --US-Pr�sident Ronald Reagan h�lt es nach Darstellung eines Washingtoner Lobbyisten f�r durchaus m�glich, dass sich die Welt gem�� der Offenbarung Johannis dem J�ngsten Gericht und der Entscheidungsschlacht von Armageddon zwischen Gut und B�se n�hert. Thomas Dine, Gesch�ftsf�hrer eines f�r gute Beziehungen zwischen den USA und Israel werbenden Komitees, sagte am Wochenende, dass der Pr�sident ihm am 18. Oktober erz�hlt habe, dass er, Reagan, am Abend zuvor mit den Eltern eines in Beirut ums Leben gekommenen US-Marineinfanteristen gesprochen hat. Der Pr�sident habe das Gespr�ch mit den Worten fortgesetzt: "Wie Sie wissen, gehe ich immer wieder auf Eure alten Propheten im Alten Testament und auf die Anzeichen zur�ck, die Armageddon ank�ndigen. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich frage, ob wir die Generation sind, die erlebt, wie das auf uns zukommt. Ich wei� nicht, ob Sie in letzter Zeit eine dieser Prophezeiungen wahrgenommen haben. Aber glauben Sie mir, sie beschreiben ganz gewiss die Zeit, die wir jetzt erleben.-Heute sind mehr als die H�lfte der US-Amerikaner in einem w�rtlichen (!) Sinn davon �berzeugt, dass die Johannes-Offenbarung sich erf�llen wird. Seit mehr als zwei Jahrzehnten verbreiten die "elektronischen TV-Kirchen" oder B�cher wie Hal Lindsey's Bestseller "Late Great Planet Earth" (1970) das endzeitliche Gedankengut der ma�geblichen Fanatiker. Etwa ein Viertel der US-Bev�lkerung kauft apokalyptische B�cher dieser Art und mehr als jeder dritte denkt laut einer TimeUmfrage regelm��ig �ber das Ende der Welt nach. S�kulare und seit geraumer Zeit auch explizit "christliche" Kampfspiele am Computer greifen die Entscheidungsschlacht zwischen Licht und Finsternis auf. �u�erst massenwirksam ist das bislang 14 B�nde umfassende Romanwerk Left Behind (3) (deutsch: "Finale") �ber die letzten Jahre der Menschheit, das bereits eine Auflage von 40 Millionen (!) erreicht hat. Mittlerweile wird es auch in Form von Computerspielen umgesetzt: Materieller und spiritueller Krieg gegen den Antichrist (4). Geiko M�llerFahrenholz stellt dieses literarische Politikum so vor (Publik-Forum, 27.6.2003): --Die Endzeit beginnt mit der >Entr�ckungnach obenRomansEndl�sung How would you explain what is happening here within a religious framework? It is self-defense [by Israel], which is cause for just war. Israel is the spear against what you would call the Islam-o-fascism that is threatening all of the free loving people of the western world. There is no question that Hizbullah is the proxy for the Iranians. Is there a message from God that is being played out here? Do you put it in those terms? The Jews are God's chosen people. Israel is a special nation that has a special place in God's heart. He will defend this nation. So Evangelical Christians stand with Israel. That is one of the reasons I am here. ... Do you worry that we could be on the verge of some of the apocalyptic visions that are portrayed in the scriptures? There was a prophet Ezekiel in the time of the Bible who wrote that in the last days there would be an invasion of Israel by a coalition that would include Iran, Russia, Turkey and the Sudan and Libya. God himself is going to defeat that great army that had come against his people. That is a prophecy of one of the Jewish prophets that has yet to be fulfilled. It said that it would be in the later days when Israel has been brought from the nations of the earth and are living in peace
in their land. Are we on the verge of this apocalyptic vision? Could be. Pat Robertson, der fundamentalistische Fernsehprediger, in einem 9.8.2006 w�hrend seines Besuchs in Israel
Interview (5) am
Warum evangelikale "Christen f�r Israel sind" In diesem Kontext kann man jetzt verstehen, dass einige Theologen der apokalyptischen Szene den "Anti-Christen" unter Berufung auf das biblische DanielBuch (Vers 9,27) namentlich auch als Friedensstifter im Nahen Osten erwarten. Die Eskalation ist im Sinne des beschriebenen Fahrplans ja erw�nscht und darf nicht aufgehalten werden. Ausdr�cklich gilt es nach James Robison als Irrlehre, vor der Wiederkunft Christi Lehren vom Frieden zu verbreiten. Die Menschen in Israel k�nnen aus solchen Ideen wohl kaum Zuversicht sch�pfen. Doch vordergr�ndig h�ren sich die Ideen der vermeintlichen Freunde aus dem Christentum eben ganz "pro-israelisch" an. Pastor Fritz May nennt auf einer evangelikalen Website Wort des Kreuzes (6) "25 Gr�nde, warum wir als Christen f�r Israel sind", darunter w�rtlich die folgenden: Weil das Land Israel, einschlie�lich der "Westbank" (Samaria und Jud�a), der Schauplatz der Welt- und Heilsgeschichte Gottes war, ist und sein wird. Weil bei der Wiederkunft Jesu Christi Israel als Ganzes zum lebendigen Glauben an Jesus Christus als seinen Messias kommen wird (R�mer 11,25.26 u.a.). Weil Israel eine gro�e Zukunft hat: im messianischen Reich Jesu Christi die geistliche und geistige F�hrung in der Welt zu �bernehmen (Sacharja 8,20-23; Jessaja 2,2.3 u.a.). Weil wir den Zionismus (=R�ckkehr der Juden und die Errichtung eines j�dischen Staates in Israel) bejahen, da er gottgewollt ist (Hesekiel 11,17 u.v.a.). Wir treten deshalb ein f�r Israels Existenz innerhalb gesicherter und biblisch verhei�ener Grenzen. Weil ganz Jerusalem Israels ewige Hauptstadt sein und bleiben mu� und nie wieder geteilt werden darf, da nach Psalm 122,3.4 "Jerusalem als EINE Stadt gebaut ist, wohin die St�mme des Herrn hinaufziehen, den Namen des Herrn anzubeten". Der "Islam als Werkzeug des Teufels" In der Theologie von Endzeitchristen gilt der Islam hingegen als "Werkzeug des Teufels", das man mit Schm�hungen �berziehen darf und mit allen Mittel bek�mpfen muss. Bereits 1999 hat die Islamwissenschaftlerin und Kurdologin Tanja Duncker dazu auch erschreckende deutschsprachige Zeugnisse (7) aus evangelikalen Pamphleten gesichtet. Eine Verbundenheit der drei auf Abraham zur�ckgehenden Religionen gibt es diesen zufolge nicht. Die vielen muslimischen Migranten in L�ndern der "abendl�ndischen Kultur" sind Teil einer b�sen Strategie. Das "d�monische System des Islams" gilt nach dem "Holocaust" als der zweite gro�e Versuch, Jerusalem den Juden zu entrei�en und dadurch das hei� ersehnte endzeitliche Schauspiel im Heiligen Land zu vereiteln. Friedensgespr�che mit den Pal�stinensern oder andere Grenzen Israels als die "biblischen" werden abgelehnt. �ber Jerusalem kann nie und nimmer verhandelt
werden. Man will ganz sicher wissen: "JESUS kommt nicht in pal�stinensisches, sondern in j�disches Hoheitsgebiet zur�ck." Christus als gro�er Reinemacher und Zerst�rer In theologischer Hinsicht muss die Apokalyptik der Fundamentalisten besonders auch als Regression zu einem primitiven Dualismus bewertet werden. Die Sehn-Sucht nach Reinheit pervertiert in ein gef�hrliches Hygiene-Programm, mit dem - so referiert Petra Bahr - alles "Unreine" ausgemerzt werden soll. Die Menschheit wird klar geschieden in Erl�ste und Unerl�ste, Wiedergeborene und Verdammte, Auserw�hlte und Verworfene. Dem entspricht eine "Verschw�rungstheorie von kosmischen Ausma�en" (Scherer-Edmunds), der zufolge Gott und Satan, das absolut Gute und das absolut B�se, miteinander Krieg f�hren. Projizierte religi�se Bildaussagen, die man schon in den Alten Kirche allegorisch auslegte und die heute tiefenpsychologisch zu beleuchten w�ren, werden "w�rtlich" als Fahrplan der �u�eren Geschichte verstanden. Erwartet wird in diesem Zusammenhang die Ankunft Christi als die eines Kriegsf�rsten, der auf der Erde unter den Verderbten ein nie da gewesenes Massenblutbad anrichten wird! In diesem Zusammenhang f�hrt Scherer-Emunds unglaubliche Zitate �ber die tiefe Unzufriedenheit der Fundamentalisten mit dem ersten Kommen Christi an: --Bei seinem ersten Kommen auf dieser Erde wurde Jesus Christus in einem Stall geboren, relativ unbemerkt von der Welt [...] in einer Zeit relativen Friedens [...] Das zweite Kommen Christi wird keine ruhige Krippenszene sein. Es wird das dramatischste und ersch�tterndste Ereignis in der gesamten Geschichte des Universums sein. [...] Alle b�sen Heerscharen werden vernichtet [...] St�dte werden buchst�blich zusammenfallen, Inseln versinken und Berge verschwinden. [...] Und so werden die Herrscher und Armeen, die sich der Wiederkehr Christi widersetzen, in einem Massenblutbad vernichtet.-- John F. und John E. Walvoord --Er kam als Lamm Gottes [...] Wenn Jesus das zweite Mal wiederkommt, wird er als L�we kommen [...] Sein Kommen wird von einem gewaltsamen Gericht begleitet sein.-Hal Lindsey Die Anschl�ge von New York und Washington am 11.9.2001 wurden von Fundamentalisten nicht nur als Strafe Gottes f�r Sittenverfall bewertet, sondern vor allem auch als Anzeichen daf�r, dass diese Ereignisse nicht mehr fern liegen. Unter den wiedergeborenen Christen stimmten laut einer Umfrage des Endzeitpropheten Hal Lindsay �ber 70 Prozent dem Satz zu: "Ich glaube daran, dass wir derzeit die Anf�nge jenes Krieges sehen, der zum Antichristen und zu Armageddon f�hrt." Vorausgegangen war die apokalyptisch-dualistische Vergeltungs-Propaganda zwischen "Gut und B�se" oder "Licht und Finsternis" in den Reden von Pr�sident George W. Bush Junior. Am 14. September 2001 verk�ndete dieser in der National Cathedral in Washington die Mission der Vereinigten Staaten: --Aber unsere Verantwortung vor der Geschichte ist bereits klar: auf diese Anschl�ge reagieren und die Welt vom �bel zu befreien.-Als bekennender "Wiedergeborener" deckte der Pr�sident schlie�lich gar eine "Axis of Evil" (Achse des B�sen) aus Iran-Irak-Nordkorea auf, die zuf�llig auch mit "neokonservativen" Strategiedokumenten korrelierte. Die gezielt ausgew�hlten Reizw�rter fanden in den USA Beifall, weil das ihnen zugrunde liegende Weltbild f�r viele Zuh�rer fraglos richtig und "wahr" ist. Ein "apokalyptischer Holocaust", oder: Was die Endzeitchristen der USA verschweigen
Das gebetsm�hlenartige Credo der Evangelikalen besteht aus einem Vers des Johannes-Evangeliums (3,18): --Wer an ihn [Jesus Christus] glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.-Bereits Kleinkinder lernen als "Wiedergeborene" in evangelikalen Gemeinden der USA, dass der Heiland f�r ihre S�ndigkeit am Kreuz verblutet ist und dass jeder, der dies nicht annimmt und mit seiner nicht Zunge bekennt, dem Verderben preisgegeben wird. Noch vor wenigen Tagen wollte am Rande einer HiroshimaGedenkveranstaltung ein evangelikaler Stra�enmissionar mich nicht als Mitchristen anerkennen. Ich hatte auf seine Frage, was den Himmel �ffnet, geantwortet: "Sehnsucht nach G�te." Die richtige und einzig m�gliche Antwort w�re seiner Ansicht nach das Wortbekenntnis "Jesus Christus ist mein Erl�ser" gewesen. Der Unterschied zur gro�kirchlichen Theologie, wie sie an evangelischen und katholischen Universit�tsfakult�ten betrieben wird, liegt zun�chst im Umgang mit der Bibel. Eine wissenschaftliche, historisch-kritische oder symbolische Herangehensweise wird von Evangelikalen abgelehnt. J�dische Lesarten gelten auch bei der Lekt�re der hebr�ischen Bibel ("Altes Testament") als �berholt. Im Gegensatz dazu vertraten w�hrend meines Studiums alle katholischen und evangelischen Professoren die folgende Auffassung: Wer als christlicher Theologe den Juden Jesus von Nazareth wirklich verstehen will, muss bei der j�dischen Theologie in die Schule gehen. Nach offizieller Kirchenlehre d�rfte heute z.B. kein Katholik behaupten, nur zum Christentum �bergetretene Juden h�tten einen g�ltigen Heilsweg und w�rden von Gott gerettet. Genau das ist bei den "pro-israelischen" Evangelikalen ganz anders. Viele ihrer Vorg�nger waren den Juden in keiner Weise wohl gesonnen, womit sie allerdings innerhalb der Christenheit kaum isoliert waren. Noch 1981 hat Baily Smith als Vorsitzender der Southern Baptist Convention erkl�rt: "Gott erh�rt nicht die Gebete eines Juden."[4] Im Rahmen der fundamentalistischen Geschichtstheologie ist der historische "Holocaust" - als "Plan des Teufels" - nur Teil eines gro�en, irgendwie notwendig ablaufenden R�derwerks. Die "Notzeit f�r Jakob" war im Prophetenbuch des Jeremias (Vers 30,7) ja schon angek�ndigt. Zum Massenmord an sechs Millionen Juden w�hrend des deutschen Faschismus gibt es entsprechend viele zynische Kommentare von Millenaristen. Die Nazis sind z.B. nach einer Predigerauskunft einfach Werkzeuge Gottes gewesen: "Indem er das erhaltene Volk in das erhaltene Land zur�cktreibt, hilft Hitler, der selbst nicht an die Bibel glaubt und das Wort Gottes verh�hnt, die herausragendste biblische Prophezeiung zu erf�llen."[5] Im Gegensatz zur gro�kirchlichen Welt�kumene kennt die pr�millenaristische Theologie keinen bleibenden eigenst�ndigen "Wert" des Judentums. Eine "St�rkung des Staates Israel" ist ihr nur vor�bergehend als Erf�llung des apokalyptischen Fahrplans von Bedeutung. Am Ende aller Tage werden nach ihrem System nur jene Juden, die sich zu Jesus Christus bekehren und dann selbst andere evangelisieren, gerettet werden. Die Zahl dieser Auserw�hlten, die "Israels Versagen [...] wieder gutmachen", wird mitunter mit 144.000 beziffert. Der Rest kommt um bzw. wird der ewigen Verdammnis anheim gegeben. Direktor H. L. Willmington vom evangelikalen "Liberty Home Bible Institute" hat auf der Basis eines Bibelverses einmal berechnet, dass im Rahmen des g�ttlichen "Heils"-Planes "in der zweiten H�lfte der [endzeitlichen] gro�en Drangsal zwei Drittel aller Juden, ann�hernd sechzehn Millionen, umgebracht werden."[6] Je nach Geschmack erwartet man zu diesem Zweck einen gro�en apokalyptischen Feuerofen oder ein blutiges Gemetzel.
Der "pro-israelischen" Wandlung der christlichen Rechten ist also mitnichten eine "pro-judaische" Wandlung gefolgt. Eine gr��ere Kluft zwischen Judentum und Christentum als bei den endzeitlichen US-Evangelikalen gibt es trotz aller gegenteiligen Beteuerungen sonst wohl nirgendwo in der heutigen Christenheit. Doch auch alle, die au�erhalb dieser religi�sen Beziehungen stehen, sollten sich Sorge machen �ber den Hei�hunger auf Endzeit in den USA. 4 LITERATURANGABEN [1] Vgl. ausf�hrlich: Peter B�rger: Kino der Angst - Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood. Stuttgart 2005, S. 153-166 und S. 355-388. (In dieser Arbeit befinden sich auch Belege f�r alle Zitate, deren Quellen nachfolgend nicht eigens angegeben werden.) / Meinrad Scherer-Emunds: Die letzte Schlacht um Gottes Reich. Politische Heilsstrategien amerikanischer Fundamentalisten. M�nster 1989. / ebenso die Beitr�ge von Petra Bahr, Christoph Auffarth und anderen in: Fr�lich/Middel/Visarius (Hg.): Nach dem Ende - Aufl�sung und Unterg�nge im Kino an der Jahrtausendwende. Marburg 2001. [2] Hans Hoyng/ Gerhard Sp�rl: Krieg aus N�chstenliebe. Mit dem Sturm auf Bagdad will US-Pr�sident George W. Bush einen g�ttlichen Auftrag erf�llen. In: Der Spiegel Nr. 8/2003, S. 98. [3] Vgl. dazu die Ausf�hrungen von Petra Bahr (Quellenangabe in der 1. Anmerkung), die ausdr�cklich auf Kants diesseitige "Gegenthesen" zur apokalyptischen Rede hinweist (kategorischer Imperativ, Theorie von der Gerechtigkeit, Traktat vom ewigen Frieden). - Das einzige endzeitliche Gerichtskriterium in Matth�us 25,35f. lautet: "Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gef�ngnis, und ihr seid zu mir gekommen." Nach diesem Entwurf zeigt sich ein zeitenloser Ma�stab f�r Menschen nicht in spektakul�ren und katastrophalen Geschichtsereignissen, sondern in einer verifizierbaren Menschlichkeit, die selbstredend alle Lebensbez�ge betrifft und f�r Kant ausdr�cklich nur in einem universellen Kontext als glaubw�rdig galt. [4] Hans Hoyng/ Gerhard Sp�rl: Krieg aus N�chstenliebe. Mit dem Sturm auf Bagdad will US-Pr�sident George W. Bush einen g�ttlichen Auftrag erf�llen. In: Der Spiegel Nr. 8/2003, S. 98. [5] Zitiert nach: Scherer-Emunds: Die letzte Schlacht um Gottes Reich 1989, S. 49 [6] Scherer-Emunds: Die letzte Schlacht um Gottes Reich 1989, S. 51 LINKS (1) http://www.miami.com/mld/miamiherald/living/15221578.htm (2) http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID5782498_REF1,00.html (3) http://www.leftbehind.com/
(4) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22792/1.html (5) http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1154525834303&pagename=JPost%2FJPArticl e%2FPrinter (6) http://www.wort-des-kreuzes.de/Glaeubige/christenisrael.htm (7) http://www.infosekta.ch/is5/themen/evkal_duncker1999.html Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23322/1.html Copyright � Heise Zeitschriften Verlag