Vom Adel

  • May 2020
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  • Words: 34,790
  • Pages: 253
VOM

ADEL.

BRUCHSTÜCK

EHRE UND S C H A N D E , RUHM UWD NACHRUHM

/»i»urri!\ >.»»*" PRÄSIDENTEN vov KGTZEBUE.

rmUfi dtinti

mm d

Grdtnkm J„nrr Almen M

LEIPZIG,

/

Erklärung des Titelkupfers.

D e r Adel unter dem Bilde eines alten Eichliaums.

Ein Haufe ungezogener Butan hat der

Göttinn der Frejheit ihren Hur entwandt, und ihn mit einer Schallen - Kajipe geschmückt. Ein anderer Haufe legt die Axt an den alten ehr­ würdigen Stamm.

Ihn deckt Btirhenia in den

Wolken mir ihrem Schilde, auf welchem der Russische Adler schwebt, unter seineu Flügeln die französischen Lilien.

E I N L E I T U N G .

Ein

kleines

Buch übergebe

ich

dem Leser, doch ist es vielleicht ein Wort zu seiner Zeit geredet. Kanu denn nur ein dickes Buch Aufsehn erregen und Nutzen stif­ ten? Die dicken Menschen und die dicken Bücher haben nicht immer viel Verstand.

Der magere Vol­

taire sagte auf drey Seiten mehr Gutes, als der dicke Melchior Götz in allen seinen polemischen Schrif­ ten.

Ich wünsche mir eine Gattung Leser die sonst wenig liest: Jüng­ linge, welche froher Lebensgenuss um ihre Zeit betrügt;

Gcschaffts-

manner, welchen ein Roman keine F.rhohlung gewahrt; Damen, wel­ che mehr zu kennen wünschen als die neusten Moden; juuge Krieger auf der Wache ; müssige Höflin­ ge im Vorzimmer.

Für Gelehrte

schrieb ich nicht, ich bin kein Ge­ lehrter. Dieses kleine Buch ist Resultat meiner Leetüre aus vielen grofsen Büchern.

Ich haue zusammenge­

stellt, was hier und dort zerstreut, am Wege oder in Winkeln

lag.

Ich habe ein Scherflein dazu gege-

ben, Gold? oder Silber? oder Ku­ pfer?

das entscheide der

Leser.

Dank habe ich verdient, wenn die­ se Blätter ein wenig Salz und Kraft enthalten; wenn sie treffen wo sie treffen sollen; wenn sie beweisen, dafs die Menschen nie und nirgends einander gleich waren; Dummkopf

und

dafs der

der Feigherzige

gebohrnc Sklaven, der Weise und Tapfere gebohrnc Edelleute sind; wenn sie den jungen ahnenstolzen Laffen erinnern: mir Tugend sey der wahre Adel; doch auch den Alles bespöttelnden Freyhcits- und Gleichheits - Prediger überzeugen : der alte Gescldechts-Adel sey kei­ ne blofse Schimäre.

Ist mein Ver-

dienst nur klein, ey nun, -mein gu­ ter Wille ist grofs, und stiften die­ ll

se ßlütte? Iii» » d wieder ein we­ nig Gutes, so bin ich belohnt. Wenn heute ein Mahler aufträ­ te, und die Menschen bittend warn­ te : "zerstört doch nicht die Schö­ n n e n Gemähide von Raphael, Cor"reggio und Michel Angclo! " man würde ihm in die Zähue lachen, und mit Kecht; denn nur ein Ra­ sender könnte an jenen Meister­ werken sich vergreifen.

Aber zu

den Zeiten der Bilderstürmerey, als man mit heiliger Wuth die Kirchen ihrer Zierden beraubte,

als man

die Götzen vernichten wollte, und die Kunst vernichtete ; damals war

des Mahlers Warnung ein Wort zu rechter Zeit gesprochen.

So ist es

auch mit diesen Skizzen und Frag­ menten über den Adel;

nur im

umgekehrten Veihidtnifs. Hatte ich noch vor hundert Jahren

meine

Zeitgenossen ermahnt, den Adel in Ehren zu halten, als Ahnen noch Verdienste gabeu, und oft das ein­ zige Verdienst waren; man würde mich mit Recht einen Thoren ge­ scholten haben.

Aber in unsern

fieberhaften Zeiten,

wo es Mode

wird am Daseyn Gottes zu zwei­ feln ; wo man Empörung zu Heldenthaten stempelt; wo man es für überflüssig halt, Gott und dem Kayser zu geben was ihnen gebührt;

wo man den Adel herabzuwürdigen glaubt, wenn man auf ihn schimpft; wo die Gleichheit aller Stände der Stecken - Esel ist auf welchem jun­ ge Dichter reiten; heutzutage, meyne ich, verdient Aufmunterung und Dank der Mann, der es versucht dem Volke zuzurufen: "ihr mögt "immerhin die Bilder wegnehmen, "dafs man sie nicht zu Götzen er"hebe, doch zerstört das Gute nicht "mit dem Bösen !

Der Baum hat

"dürre Aste, wollt ihr drum ihn "abhauen?

Tragt

er doch

auch

"grüne saftige Zweige." Ehe ich die Vcrtheidigung des Adels übernehme, mufs der Leser eine Reise um die Welt mit mir

machen.

Eilig wollen wir bey je­

dem Volke einkehren, seine Sitten belauschen, uns unter seine Edlen mischen, und ihre Rechte und Ge­ wohnheiten mit zwey "Worten in unser Tagebuch

eintragen.

Bey

den meisten verlohnt es nicht der Mühe lange zu verweilen,

doch

darf ich, meinem Zwecke treu, an Keinem vorübergehn.

Macht Euch

der erste Bogen Langeweile,

so

werft darum das Buch nicht gleich aus der Hand.

Windet Euch mit

mir durch den verwoxTcnen Pfad bis zu jenem Hügel; den wollen wir erklettern, und das Land um­ her überschauen.

Findet ihr dann

auch keine prächtige Lustschlösser,

Gärten und Cascadm; so sollt ihr doch, wenn mir die Musen ihre Hülfe nicht versagen, ein anmutliigcs Kornfeld, Wiesen und Bäume erblicken.

ERSTES

KAPITEL.

Skizze einer Geschichte des Adels unur allen Vülkerti des Erdbodens.

iclit die Farbe der Haut allein; nicht die platte oder gebogene Nase; nicht das lange gelbe Haar oder die krause schwarze Wolle, unterscheiden Menschen von Men­ schen.

In diesem Winkel der Erde wohnt

Ehrlichkeit,

nistet

Falschheit;

in diesem leuchtet Aufklärung,

in jenem

in jenem

kriecht Fütsternifi;

hier stempeln

Klima

und Lebensari ein Helden - Volk , und dort ein Volk entnervter Weichlinge; hier wächst eine Republik, und dort blüht eine Monar­ chie.

Aber überall wohin dein Auge blickt,

auf dem festen Lande und den Inseln des Weltmeers, unter der südlichen Zone and

am Nordpol, unter dem Scepter des Allein­ herrschers und im Wirrwarr der Volksregierimg, findest du ohne Verabredung, oline Zwang, dieselbe Verfassung, dieselbe Ein­ richtung; überall findest du Ad<-(.

Ist das

nur Wüikung des Zufalls, oder Gesetz der Natur? ja, sie wollte nicht, dafs in ihrem weiten Reiche irgend ein Ding dem andern gleichen sollte; physische oder lnoralischfi TJngleicliheiicu sollten alle geschaffene W e ­ sen trennen;

sie sprach: kein

sondern eine Stufenleiter

sil/grimd,

scheid« die Gras­

mücke vom Adler, und den Bauer vom Fürsten! Hinweg mit dem Vorhang hinter wel­ chem Ja]iilmilderte schlummern ! der grofse Erdball drehe sich langsam unter unsern Klicken, und jedes Volk oder Völligen, ge­ bildet oder ungebildet, halte stdl unter den Augen des Forschers,

Herrlicht-s YorrecliL

des menschlichen Verstandes, in jedem "Win kel der Erde, von und zu allen Nationen reden ZM dürfen, von allen gehört werden,

•je alle kennen, und von allen gekannt »eyn.

Einige wilde Die Eskimos

Völker.

und Grönltinder

sagend

"brav war der Vater, brav wird auch der "Solin seyn; und der Enkel wird Seehunde "fangen, "eben

oder Mcnschenschüdel ikolpiren, so

geschickt

als sein

Ahnherr,"

Drum ist das Recht, im Kriege und auf der Jagd Anführer zu s"yn, gewissermassen erblich unter ihnen. prangt

mit

einer

Mancher Grönländer Stammtafel

von

Ahnen, mit allen ihren Nebenästen,

zehn Scha­

de nur dafs in Grönland keine hohe Stifter blühen! Den Tu/iguscn

gilt Mutli und Tapfer­

keit für Adel, und sie glauben fest, dafs diese Eigenschaften vom Vater auf den Sohn forterben.

In Othaheite, und auf allen l u e

sein des Südmeers, ist der Unterschied der Stande gekannt und geehrt. ner der Sandrich-Iniein

Die Einwoh­ theUen sich in

Klassen.

Die Erste derselben bilden die

Erees, oder Chefs der Di^tricte. Die Abipouen

in Paraguay schufen ei­

nen kriegerischen Orden, welcher den per­ sönlichen Adel verleiht, und mit grofsen Feyerlichkeiten ertheilt wird.

Unter diesen

ist die sonderbarste, dafs eine alte Frau die Tugenden und Thateu des Einzuweihenden in einer Lobrede preist.

Gieng der Geist

des Cicero und Demosthenes über in die alten Weiber von Paraguay ? —

Der Ein-

geweyhte empfangt einen neuen Nahmen, der sich mit der Sylbe Je endigt. Sylbe gebührt nur dem Adel.

Diese

Also giebt

es mehrere Lancier, wo der Adel an Sylben klebi. —

Auch Weiber werden dann und

wann in diesen Orden aufgenommen, trotz der Verachtung, mit welcher sonst die Ame­ rikaner auf die bessere Hidfte der Men­ schenkinder herabsehn. Sklaven halten, kaufen und verkaufen, ist das 'Vorrecht des afrikanischen Das elende Negervolk

Adels.

in Issiny iat sei-

nem Adel ( d e n Brembü oder Capcheran) sklavisch unterworfen.

Gelang es Einem

durch Fleifs und Arbeit, sich insgeheim ei­ nen kleinen Schatz zu sammeln, so trägt er ihn zu des Königs Füssen.

Für eine Sum­

me von acht Thalorn in Goldstaub, erklart ihn dann der König in Gegenwart aller Brembis, für ihren Bruder, Für einen Edel­ mann. —

Der

Welt! —

Der schwarze Monarch wendet

woliliWIste

Adel

in

der

sich darauf an das Meer, giefst eine Flasche Branntewein hinein, und verbietet ihm, dem neuen Edelmann zu schaden, oder seine Canots umzuwerfen. — Di» Thorbeiteii der Menschen gleichen sich überall und in al­ len Jahrhunderten.

Der Doge von Vonedi»

gebraucht einen Ring, Xerxes Ketten, der König von Issiny eine Flasche tewein,

und Brann­

um das Meer seinem Herrscherwil­

len gehorsam zu bannen. —

Hat nun die

See ihren Tribut verschluckt, so kniet der neue Edelmann vor dem Könige

nieder,

der seine Hände zusammenfügt,

wieder

trennt, und mit den Korten hinein bläst: 'lebe in Frieden!" oder: "ich gebe dir "meinen Frieden! ' Dielen Spruch wiederhohlt die ganze Versamndung, und darauf wird gesclunaust, — Die Sitte nach einer Feyerlichkeit zu schmausen, ist so alt als die Welt, und daheim unter jeder Zone, i

Die Negern in Guinea ehren den Adel, wie ihre Brüder in Senegal.

Sie

kaufen

ihn, sie erringen Um durch Gunst oder krie­ gerische Thaten.

Der Neugeadelte wirft

sicli 7.w des Königs Füssen, best real Haupt und Rücken mit Staub, wird ermahnt, sei­ nen Stand durch keine nichtswürdige Hand­ lung zu entehren, und erhält eine Trom­ mel, sammt einigen kleinen elfenbeinernen Trompeten. —

Warum denn eben Trom­

meln und Trompeten? Gerade so mögt ihr fragen: warum denn eben Band und Slern? überall in der Welt werden grofse Dinge durch Kleinigkeiten bezeichnet.

Wohl dem

Fürsten, der Gut und Blut der Seinigen durch elfenbeinerne Trompetsn

erkauftn

2* _

Sklaven tragen den neuen Edel­

mann auf ihren Schultern im Dorfe herum, Trommeln und Trompeten erschallen; Wei­ her tanzen und singen; es wird geschmaust. Das Volk erhalt einen Ochsen, und so viel Palniweiu als es saufen mag. In Äthiopien sieht der Adel das gemeine Volk nicht über die Achsel an.

Im König­

reiche Sennaar sind die Edlen Sklaven, und Sklaverey ilir Stolz.

Erzeigt man dort ei­

nem Manne nicht dje gebührende Achtung, so fragt er gleich: »oll man nicht wisse, »dafs er ein Sklave sey?» In gewissen Ge­ genden erkauft man den Adel, und mit ihm das Recht zu handeln, durch einen Hund, eine Ziege und einen Ochsen; Geschenke welche die alten Edlen empfingen, und da­ für in ihre Brüderschaft aufnehmen. Ochsenkiipfe

Die

werden sodann als Zeichen

des Adels aufbewahrt. in Afrika adaliche

Es gieht also auch

Ocltsenhöpfe.

Das Rocht zur Krone und der Adel, werden in Loango,

wie im alten I.ycieu,

32

und aui' den mnldivischen Inseln, durch die Mutter fortgepflanzt.

In

den

Lyhischen

Wüsten verhüllen die Edlen den Kopf mit einem schwarzen Tuch bis an die Augen, und müssen also beym Essen, so oft sie einen Bissen in den Mund stecken, das Ge­ sicht auf- und geschwind wieder zudecken. Die Ursache, die sie von dieser sonderba­ ren Sitte angeben, ist noch sonderbarer: es sey nendich dem Menschen eben sowold eine Schande, die Speisen zu sich zu neh­ men, als von sich 7,u geben.

Im Grunde

lafst sieb nichts dagegen einwenden.

Nomadische D i e Beduinen,

Völker,

das zahlreichste Hirtenvolk

des Erdbodens, halten sieb für edler, als ihre Brüder, die Städtebewohner.

Sie has­

sen, wie die alten Teutschen, jeden Wohn­ platz welchen Mauern

umzingeln.

Ihre

Schecbs und Emirs, der Adel der Bediünen, leiten ihre Abkunft vom Stamme der Ä o -

raiuhicen,

und

didden keine

Mifsbüud-

nisso. Mahomets riffs,

Nachkommen

heilen

in der Türkey Emirs.

She-

Minder edel

als diese, werden selbst die mächtigsten Schechs geachtet.

Am geebrtesten ist Ma-

homets Geschlecht in Hedsjas, weil es dort am seltensten mit fremdem Blute sich misch­ te.

Ein solcher Enkel des Propheten darf

mit seinem grünen Turban in der Schlacht sich kühn ins feindliche Getümmel wagen, vorsätzlich wird kein Sclmerdt ihn treffen. Weder Schlofs noch Riegel verwahren sein Haus, denn selbst der Räuber gehl mit Ehr­ furcht vorüber.

Nicht T o d , nur Geuingnifs

bestraft seine Verbrechen.

Geringe Verge­

hen richtet kein Pascha oder Kadi, sondern das Oberliaupt seiner Familie. Nachwelt

den Stifter

So ehrt die

ihrer Volksreligiou!

Der Glaube kennt keine Miuelsirafse; er mordet oder er vergöttert. Die TurUmannen

kümmern sich wenig.v

um den Adel; die Kurden

aber schützen

ihn wie die Araber.

Ihre Agas vermählen

sich nur mit edlen Jungfrauen.

Töchter

sind daher ein grofser Rcichihum; eine edle schöne Tochter wird von dem Jüngling oft mit fünfzig Beuteln (
gleichen die

Bewohner

den Turhnwnnen

alle Hir­

tenvölker von tatarischer Abkunft, die ost­ wärts vom kaspischen Meere umherziehn. Unter den Kirgisen,

Kamhalpachcn,

Chi-

xvanern, gelten nur Reichthum, Macht und Verdienst; unter den Mingrelicrn, siern und Georgiern

gilt die Geburt,

CirrasDas

Volk der Drusen hat seine Edlen, und die Pflicht dieser Edlen ist, Herzen von Mar­ morstein zu besitzen ; denn Niebuhr erzählt: ein Drtisischer Edelmann werde ein Gegen­ stand der Verachtung, wenn man, bey wel­ cher Gelegenheit es auch sey, 'J'hränen in seinen Augen erblicke. Die Calmykeu haben ihre Fürsten und Herren, ihren hohen

und niederen

1'aidsehi und Chans,

auch

Ad
SchwanenJ'ur-

siert, nennt der Dnlailanu drn Ersteren; den Lezteren bilden die Snissama, oder Richter and Oberhaupter.

Ihr Adel und ihre Wür­

den sind nicht erblich.

Mehr oder minder

gesittete

Völker. A l s die Spanier die eanarischen Bylande a\ entdeckten, fanden sie daselbst den streng­ sten Unterschied der Stande.

Nur mit ei­

nem Werbe aus fürstlichem Geblüt durfte der Konig von Teneriffa

sich vermählen;

im Norhfali auch mit seiner Schwester. Kein Edelmann heyratheto unter seinem Stande. Doch nicht die Geburt allein schuf den Edelmann.

Der adelich gehohme

Jüngling

tnufste noch überdiefs vor Priester und Zeu­ gen beweisen können, dafs er auch adelich gmm

ba.be.

Dann schnitt der Priester ihm

das Haar kurz um den Nacken weg, und erklärte ihn für einen achten Edelmann und Krieger.

W o aber eine unedle That Seinen

Ruf befleckt«-, da ward das Haupt ilun kahl geschoren, und er horte auf ein Edelmann zu seyn, wed er kein etiler Mann

war. —

Welch' eine schöne Aluien-l'iobe!

wenn

der Jüngling hintreten und schwören kann: ich habe keine Unschuld verführt, keinen Freund im Zweykainpf ermordet; ich habe kein Weib betrogen in der Liebe, und kei­ nen Mann im Spiele; ich habe den Nah­ men meiner Vorfahren ererbt, und ihre Tu­ genden

erworben.

Der inejricanuclie

Adel war sehr zahl­

reich, und ibeilte sich in verschiedene Klas­ sen.

Die Lehnsverfassung herrschte.

Der

König ward gewählt; der Adel blieb sein Vormund.

Lange stemmte er sich mit aller

Macht gegen die Erblichkeit des Thrones; endlich doch vergebens.

Der lezle Kaiser

Montezuma war eüi Despot. —

Nur die

edlen Mexicaner kleideten sich in Sdber, Gold und feine Leinewaud; nur sie speisten aus vergoldeten und gemahltea nur sie durften Schuhe tragen.

Gefäfsen; Die

Nickt-

Etilen wickelten sich in grobes Zeug, afsen aus irdenen Schusseln, und gierigen barfids. Wichtiger alfl jene kleinlichen Auszeichnun­ gen, war d u Vorrecht, Lehne zu besitzen, den Konig zu wühlen, seine Leibwache

und

seinen Rath zu bilden. Der erste

natürliche Gölterdienst des

Menschen ist der Dienst der Sonne.

Seine

Helden oder seine WohhhÜter, nennt er dann in staunender Sonnenkinder.

Einfalt

GuUersöhnc,

So war es in Peru, in Flo­

rida, n M r den Natche: nern von Bogota.

und den Einwoh­

Die Edlen in Louisiana,

die sogenannten Natcliez, nennen alle übrige MithaQuipi,

zu deutsch Stinker.

besteht aus 58o Sonnen.

Ihr Adel

Der König tritt

jeden Morgen aus seiner Hütte, bietet der Sonne seine Pfeife zu rauchen an,

und

(chreibt ihr mit dem Finger den Weg vor. den sie den Tag über nehmen soll. In Japan hat der Adel sonderbare Vor­ rechte.

Nur er darf sich die Eingeweide

ausreissen, und die Ehre gebiete! ihm, diese

angenehme Execution selbst zu verrichten. Wo nicht, so Ii'Ii "

'hn iür Eaghaft, und

er stirbt eines hartem Todes durch Hen­ kers Hand,

Nicht Tür alle Schätze der Welt

würde ein Japanischer Edelmann eine Bür­ gerliche

heyrathen.

Der größte Mogul riinmt in seinen Staa­ ten der Geburt keinen Vorzug ein. Der Sohn ' eines Omrah ist oft gemeiner Soldat.

Nur

seine Leibwache bildet den Adel, sie ist in diey Kompagnien getheill: die des

goldenen,

die des tilOermm, und die des eisernen Streithilbent.

Man mufs darunter gedient haben,

itm Mi Würden im Staate zu gelangen. Die Stämme der Malmen

werden von

Häuptern regiert, welche den haken u4ilul bilden, und selbst einer Königin gehorchen; denn des Weibes Sanftimith Weib Ehrfurcht und Liebe zu paaren; der Held unterwirft sich gern dem Weihe, ungern dem Manne. Doch ist die Königin der Malayen einge­ schränkter,

als die Könige von Mexico

Ja allen südlich asiatischen Reichen hat Despotie da» Adel verschlungen.

Nur in-

China leben zwey Geschlechter, deren Adel die Kayser anerkennen, weil die Religion sie adelte; das Geschlecht des Lao

Kium,

Stifters der ältesten Volksreligion; Und die Nachkommen des Confucius.

Jenes Stam­

mes Zweige blühen noch heute in der Pro­ vinz. Kiam

ii, werden als Lehrer des Ge­

setzes verehrt, und haben den Hang der er­ sten Mandarine.

Man wallfahrtet EU ihnen,

man kauft von iiineu Weissagungen Amulete.

und

Ähnliche Vorrechte hat Confu-

cius auf seine Enkel vererbt.

Man nennt

sie Ching gin ti d u eil, die Enkel des gros­ sen Mannes.

Wenn Einer von ihnen nach

Kiofeou in der Provinz Catiton, dem Ge­ burtsort des Confucius, wallfahrtet, so hat er das Recht, mit Genrange durch die Stra­ fen von Peking zu ziehen.

In Kiofeou ist

immer Einer aus der Familie Statthalter. Hingegen nimmt sogar der Rang der kai­ serlichen Prinzen in China mit jeder Gene-

3o ration a b ; in der siebenten darf nur der idteste Sohn noch einen gelben Gürtel tra­ gen ; seine ßrüder aber gebären schon /.um Pöbel. —

Woher mag es kommen, dafs

Chiueser, Türken

und Perser die Stifter

ihrer Religion noch im späten Enkel ehren? indessen die Christen gleichgültig bleiben gegen die Nachkömmlinge ihrer Volksleh­ rer, und kaum wissen, wohin der Zufall sie zerstreut hat?

Ich weifs nur einen Grund

dafür: Luther

schwang kein Schwerdt und

CaUin

Lanze;

keine

ohne

Lanze

und

Schwerdt war unter den Europäern kein Adel. In Siam ist der Adel nicht erblich. Der König ertbeilt ihn nach Gutdünken.

Der

Neugeadelte vertauscht seinen Nahmen, und erhalt eine goldene oder silberne Büchse, um Betel daraus zu kauen.

Wenn die Ele-

jthaineti des Königs von Siam ihren Lehr­ meistern Ehre machen, das huifst, wenn sie in allerley Künsten wohlerfahren sind, so macht sie der König zu, Grafen,

Marquis

3i «. s. IT. Fürst,

Der vornehmste Elephant heilst

hat ein eigenes Gebäude, und wird

von Staabsofficieren bedient. darüber; dabey?

W i r lachen

aber was ist denn Lächerliches etwa daß» die Elephanten vorher

etwas lernen müssen.

Unter den Tunhiae- s

sern ist, wie Baron versichert, der Adel blos Belohnung litterarischer Verdienste. Die Hindus haben einen erblich kriege- 3 rischen,

und

einen

höheren

geistlichen

Adel in den Braminen, gleich den Priestern des alten Egyptens und den Leviten der Juden.

Unter den Hindus scheidet eine

tiefe Kluft einen Stamm von dem andern. Der Unglückliche aus der lezten, verworfe­ nen Caste, der durch Zufall einen Edlen berührt, wird von dem Edlen ungestraft er­ mordet.

Deshalb scbreyt er schon von

Ferne, um seine Gegenwart kund zu thun, und jeder Schrey dieses Elenden ist eine Klage vor dem Ricbterstuld der Menschheit. In dem Übrigen westlichen Asien, und im nordwestlichen Afrika herrschen Despo-

tcn.

in Aiysiinien

ist der Adel persönlich,

und erlischt mit der W ürde.

Hin Blick auf die

P'unvelt,

Griechen und Monier. Theseus, Fürst der Athenienser, war der Erste, welcher den Edelmann vom Bürger unterschied, und nur jenen zu Priestern oder

Magistratspersoiien

wählte. ' Das

nemliche tliat Solon der Gesetzgeber. theilte die Staatsbürger

Er

in drey Klassen,

nach Maasgabe ihrer Wohlhabenheit, und nur aus diesen besetzte er die öffentlichen Ämter.

Vermahlungen zwischen Bürgern

von Athen und fremden Dirnen, stempelte er zu Milshiinduissen. Obgleich die Griechen den Adel in der heutigen Bedeutung des Worts nicht kann­ ten, und nicht zuliessen; so hatten doch alle griechische Staaten Edle, die sich ihrer Almen rühmten, und sich E:/ymif, nannten.

ffohlgebohniP,

Freylich war d^r griechi-

sehe Adel nicht so bestimmt in seinen Vor­ zügen als der beutige; er hob denjenigen nicht mit fremder Kraft empor, dem eige­ nes Verdienst keine Schwingen lieh.

Aber

die Geburt aus angesehenen Geschlechtern, erleichterte auch ihm die Mittel empor zu. klimmen, und baluite den Pfad der Ehre einem Alcibiades. Den rümisihen

Adel

stiftete Romulus,

als er seine Unterthanen in zwey Klassen theilte; die Senatoren,

welche er

Täter

nannte, und den Rest des Volkes, die Ple­ bejer.

Nach und nach erlaubten sich die

Abkömmlinge der Senatoren, die

Palrider,

ausschliessende Ansprüche auf alle W ü r d e n des Staats, und hüteten sich, die Töchter der Plebejer zu Weibern /,u nehmen.

Die

menschliche Eitelkeit lächelte, als ihr das Meisterstück gelang, unterjochen. —

auch die Liebe zu

Bey Volksversammlungen

rief man jeden Patricier bey seinem Nah­ men, und nannte dabey den Stammvater seines Geschlechts.

Die Plebejer hingegen

wurden nur nach Corien, Centurien und Tribus aufgerufen.

Die Vertreibung der

Könige aus Rom, zog den Sturz der l'atricier nach sich,

Macht und Überlegenheit

hoben bald auch die Plebejer zu Senntoren, Consuln und Dictatoren empor.

Den Pa-

triciern blieb kein anderer Vorzug, als da* Bewustseyn, gebeugte Spröfslinge eines al­ ten edlen Stammes zu seyn; denn sie wa­ ren die Enkel der ersten zweyhnndert Se­ natoren, welche Itotnultis schuf, oder auch, wie andere wollen, der hundert Senatoren, welche Tarquiu der ältere jenen beyfügte. Daher nannte man die Plebejer auch dann noch, nls sie schon alle Würden des Staats mit den Patricieru theilten, novi hontines, neue Menschen.

Die Welt war was sie

ist, und wird es bleiben. Es gab noch eine andere Gattung von Geburtsadel: der ingenuns, ein freyer Manu von l'reyen Eltern gebohren,

mit

einem

Worte, das, was wir auch im Bürgerst:aide von guter Familie zu nennen pflegen.

Der

(Üllll)lil

ein Sproi'sling aus einem allen

Hanse.

Kriegerische Verdienste, so hoch

auch die kriegerischen Römer sie achteten, gaben nicht eigentlich den Adel. mische Ritter

Der rö­

war kein Edelmann, obgleich

man es Für eine Ehre hielt, ex equestri familia abzustammen.

Hingegen wurden die

zu den Magistraturen Berufenen zum Adel gerechnet; euch sogar die Kinder und En­ kel, deren Väter und Orol'sväter

hinterein­

ander eine jener Wörden bekleidet hatten. Daher die Redensart; der Adel pflanze sich fort auf die Nachkommen, patte et avo con-

Der römische Edelmann unterschied sich durch keinen Titel, durch kein -von.

Er

hatte das Recht goldene Hinge zu tragen, und seine von Wachs verfertigte Brustbil­ der an dem Orte seines Hauses aufzustel­ len, der am meisten in die Augen fiel.

Sie

wurden heilig aufbewahrt, und bey Leichen' begängmssen vorgetragen. Auch dann, wann der Jüngling auf öffentlichem Markte die 0 9

toga praetexta mit der toga virilis vertausch­ te, welches im i7ten Jahre geschab, stan­ den die Bilder seiner Vorfahre*

uni ihn

h e r , und man erzählte dun ihre Thaten. Heutzutage läfst jeder kleine Bürgermeister sich mahlen im SammUnaiitel mit HerineÜnscltnanzen. Unter den Kaisern gicng Alles drunter und di über.

Die Patricier waren ausge­

storben, oder vermischt mit den Plebejern; die hohen Staatsüinter, welche den Adel verheben, unterdrückt, oder nach Willkühr verschleudert; das Recht der Bilder und Denkmäler nach und nach vernichtet.

Die

Kaiser schufen neue adeliche Ämter: Comes, Praefectus, Consul, Proconsul, u. s. w. Nur allein die römischen Senatoren erhiel­ ten'sich das Vorrecht, wieder Senatoren zu zeugen; die Kinder der Illustres waren gebobrue Senatoren, und hatten Sitz und Stim­ me im Senat, sobald sie das gehörige Alter erreicht hatten.

Die Kinder der Ctarissimi

hingegen durften zwar auch den Sena tsver»

Sammlungen beYwohnen, Hatten tiber keine Stimme.

Doch wäre« auch diese, sogar die

Töchter, frey von allen Abgaben und Stra fen, welchen man die Plebejer unterwarf. Die Kinder der Decurionen, und die der al­ ten verdienten Soldaien, Veteran! genannt, waren auch von öffentlichen Lasten befreyt, weil ihre Väter sie schon mit ihrem Blute hlWnh hatten, wurden aber nicht zum Adel gerechnet. Lbrigens konnte nur ein Römischer ger den römischen Adel erringen.

Bür­

Fremd­

linge, wenn sie auch römische Unterthaneu, und in ihrem Vaterlaude Edelleute waren, nannte man nur «Joint nohiles, das heifst: Edelleute bey sich zu Hause, aber nicht hier bey uns.

Man kennt die grenzenlose

Eitelkeit der Romer, die sich Herren der Welt träumten.

Da aber der Forscher nach

Wahrheit kein Vaterland kennt, und über­ all au Hause ist; so sollen jezt die übrigen .Nationen des älteren und neueren die stolzen Römer ablösen.

Europa.

*

*

*

Europa ward in den ältesten Zeiten von •Slaven und Cclten bewohnt. des Procop

Eine Stelle

hat manchen Gelehrten verlei­

tet zu glauben , die Slaven hallen keinen Unterschied der Stande gekannt, und nicht einmal ein Wort für Freyheit oder Knecht­ schaft gehabt.

Doch streitet dagegen die

älteste hekannie Verfassung aller einzelnen slavischou Völker.

Zwar gab es einst in

Russland democraiische Städte und democratiscbe Völker, nehmlich die svlien und jaihsvhen

sapmogi-

Cosacken ; doch boyde

entstanden auf eine so besondere und ein­ zige Art, dafs von ihnen kein Scblufs auf die übrigen slaviscben Nationen gelten darf; denn alle hatten Könige, Fürsten und erb­ lichen Adel, wie die Titel Bojaren, woderi, Knesan,

/Jospodare/i

JVoje-

u. s. w. be­

weisen. Iiis in die Mitte des dreizehnten Jahr­ hunderts gab es in Polen Freye und Leibeigene.

nur Edle

oder

Damals erhielten

«ich die Bürger von Cracau, u n d einiger anderen Stiidte, die Vorrechte des Adels, welche sie aber bald wieder verfuhren, weil sie nicht in Person i n Felde zogen. gab zu allen Zeilen nur eine Tugend, indessen die ührigen damals herrschte die

Es

wch*am* scläumnwrn.

Tapferkeit.

Eben so war es unter den

Ungarn. u<

Erst sjMier hin, und lange nach Einführung der christlichen Religion, erhielten Prälaten und Barone- Vorzüge in Ansehung des Ran­ ges und des Homagii.

Selbst die Würden

der Magnalen, die grofsen fteichsämier, die Obergespanns eh alten u. s. w. waren nicht erblich, bis die Monarchen des osineiihischen Hauses zu Ende des sechszehnien Jahrhunderts erbliche Würden verliehen. Der König von Ungarn kann selbst Leib­ eigene adeln, indem er iluten ein Schlots oder ein Dorf schenkt, oder auch nur ein Diplom ertheilt

Doch werden die lezte-

reu durch die Benennung Annalisten

un­

terschieden, und müssen eine Taxe erlegen.

4o von welcher die Gruterbesitzer frey

sind.

Auch der Edelmann kann mit Erlaubnifs des Königs einen Leibeigenen an Kindes­ statt annehmen, und dadurch den Adel auf ihn überpflanzen.

Der Sohn eines Edel­

mannes und einer leibeigenen Dirne ist ein Edelmann; der Sohn eines Leibeigenen und einer edlen Jungfrau bleibt ein Sklave. Die Vorrechte des ungarischen gleichen denen des polnischen.

Adels

Seine Gü­

ter sind frey von allen Abgaben. nur unter des Königs Gewalt.

Er steht Auch die­

sem darf er sich mit Recht widersetzen, wenn die Grundgesetze seines Vaterlandes angetastet werden.

Nur Raub, ftothzue.hr.

und Mordbrenn erey, wenn er dabey ertappt wird, können ihn, ohne gerichtliche Unter­ suchung, zum Gefangenen machen. »u,

Fast eben so verhalt es sich mit dem sklavonischen Adel.

Doch verleiht nur der

Besitz adelicher Güter ihm die schaft.

Reiclisstand-

Der verarmte sklavonische Edel­

mann darf ein Handwerk

treiben,

oder

Bauergüter bearbeiten, ohne seinem Adel Abbruch, zu ihun. Leider ist es. nicht überall so, aber es tollte überall so seyn.

I'leifs und Arbeit­

samkeit adeln jeden Stand; der Müssiggänger, der Bettler, kann kein Edelmann seyn. D e r Adel in der Moldau fhtr

und W!aUti- c.

theilt sich in drey Klassen, nach den*

höheren oder geringeren Ämtern,

die von

ihm selbst, oder von seinen Vorfahren be­ kleidet, und nach Lehnsgiitern,

welche er­

erbt, oder im Kriege erworben worden. Das kleine Land gen Pöghtxa

in Dalma-

den, welches dem Nahmen nach unter veTietianischer Hoheit steht, ist von unzugäng­ lichen Gebirgen eingeschlossen, zahlt nicht mehr als t.'iooo Einwohner, und unter die­ sen drey

fiangordnungen.

Die erste besteht

aus zwanzig edlen ungarischen Geschlech­ tern, die sich wahrend der unglücklichen Türkenkriego in die dalmatischen buchteten.

Alpen

Aus ihnen wählt die zweyte

Klasse, welche aus edlen bosnischen Fami-

T

lien besieht, den Großgraf.

Die drille

Klasse, oder die nicht edlen, aber freyen Männer wühlen aus der aweyten die klei­ nen Grafen oder Dorfricliter. Die Russen unterschieden sich von dem Adel der übrigen slavischen Völker; sie kannten alten und neuen, hohen und niedern Adel.

Keine Nation hat ihre Fami­

lien nach richten sorgfältiger aufbewahrt, als die russische; jedes vornehme Geschlecht besizt seine Stammtafeln, und die sogenann­ ten Jlosräd-Bücher sind HülfsquelUn der russischen Geschichte.

Man zog deu alten

Adel, die Rodoslownie

Lind/,

dem neuen

vor; Zaare und Großfürsten bestätigten die Stammtafeln des Ersteren, und so entstan­ den die Rodoslownie bücher;

Knigi,

Geschleihls-

die seltensten sind aus den Zeiten

des Zaar Iwan W'asilewitsch.

Man dieilte

den Adel in K.:esen und Dworjänin,-

doch

der leztere Nähme war ehemals der Titel einer Ilofsbedienuiig, nach ihn mit Edelmann,

bis man nach und verwechselte. Den

Rang der Edlen bestimmte die gröfsere oder kleinere Anzahl verdienstvoller Männer, von welchen sie abstammten. Alles in der Welt artet aus.

Der edle

Stolz, auf Verdienst der Vorfahren gegrün­ det, ward endlich thörigter Alinenstolz. Der verdienstlose Jüngling von altem Adel, wei­ gerte sich den Befehlen aber

ahnenlosen

Greises

eines würdigen, zu

gehorchen.

Zaar Feodor Alexewitsch fand daher für gut, die Rosräd - ßiicher,

das Spielwerk des

Hochmuths der Grofsen, im Jahr iGfla nach Hofe bringen zu lassen, und der iate Ja­ nuar war der Tag, an welchem sie säinmtlich durch das Feuer vertilgt wurden.

So

jätete ein sorgfidtiger Gärtner das Unkraut, und die Pflanze des Verdienstes

konnte

wieder gedeyhen. Peter

der Große

band endlich jeden

Rang nur an die W ü r d e , welche der Un terthan im Staate bekleidete.

Er schuf un­

ter seinen Dienern acht Klassen oder Rang­ stufen, welche alle die Vorzüge des ältesten

Ade).?, sogar den Nachkommen, mitlheilten. W e r vor seiner Erbebung auf eine dieser Stufen, Kinder erzeugt hatte, durfte wenig­ stens für einen seiner Söhne um den Adel nachsuchen.

Peter der Grofse ward auch

Schöpfer des persönlichen Adels im Civilstände.

Wenn Grofsvater, Vater und Sohn

Ämter verwaltet hatten, welche ihnen den Rang eines Staahsof/iciers ertheilten; oder wenn auch nur Vater und Sohn solche Äm­ ter zwanzig Jahre lang mit Ruhm bekleide­ ten ; so durften sie Anspruch machen auf den erblichen Adel.

So Öffnete seine Hand

den Tempel der Ehre auch dem wo bisher nur Minder wesen war,

Zufall

Vnrdienst;

Pförtner ge­

und das Vorunheil

Lorbeer­

zweige ausgestreut hatte. Unsere grofse Kaiserinn — deren Näh­ me für meine schwache Feder zu erhaben ist, und deren Lob aus dem Munde eines glücklichen

Unterthans wie

Schmeichetey

klingen würde — hat dem Adel alle seine Vorrechte bestätigt, und gröbere verliehen.

Sie h.it den russwehen Staat in eine Monar­ chie verwandelt, den Adel dem Throne nä­ her gehoben, und die Herzen durch Gnade gefesselt.

Sie ist durch Sanftmuth, was sie

durcli Gewalt seyn konnte.

Ihr Herz ist

immer offen, wohlzuthun, und ihre Hand hat verlernt zu strafen.

Geben ist ihre

Freude, Unterthaneu Glück ihr Reichlhum. Liebe und Ruhm sind im Streite, welche von

beyden

ihren Triumphwagen ziehen

soll; aber Liebe ist stärker als Ruhm, der

Segen

glücklicher

Menschen

und steigt

schneller zum Himmel empor, als das fttrflt geschrey ihrer Krieger. — Siehe d a ! ich wollte nicht loben, und mein Herz hat mich hingerissen.

Die Wahr­

heit macht sich Luft, Nationen Dank läfst sich nicht einkerkern.

Millionen sprechen

durch meine Stimme! ich bin selbst grofs, indem ich Katharinens Gröfse verkündige. Ohne Unheil und Hecht darf jezt kein Edelmann seiner W ü r d e , seiner Ehre, sei­ nes Lebens und Vermögens beraubt wer-

den; nur Meyneid, Verratn, Mord, Raub, Fälschung u. s, w. liehen den Verlust des Adels nach steh.

D e r Edelmann ist frey

von Leihesstrafen, er wird von seines Glei­ chen gerichtet; er bildet in jeder Provinz eine Ritterschaft, welche Versaniinhmgshäiiser,

Archive,

Siegel, Kassen, Secretaire,

Adelsbiicher halten, Vorstellungen und Be­ schwerden überreichen darf.

Die edle Dir­

ne verliert ihren Adel durch kein Mifsbündnifs, theilt solchen aber nicht ihren Kindern mit.

D e r Adel darf mit seinen Produkten

im Grofsen handeln ; Fabriken und Florken anlegen; die etwa auf seinen Gütern- sich findenden Metallminen seihst benutzen. Iii ist frey von personlichen Abgaben; auf sei­ nen Gütern frey von Einr|iiartiorung. W e r ein Adelsdiplom von der Kaiscrinn, oder einem andern Monarchen aufweisen kann, dessen Nähme gehört in den ersten Thr.il der Geschlechtsbücher.

Der zweyte ist für

den Kriegsadel. Dieser entspringt-aus der Staabsoflicierswürde,

welche

der Eiuzu-

gehreihende, oder dessen Vorfahren beklei­ deten. sen Adel

D e r drille

ist für den Acht

Klas­

Diesen erwirbt man durch eine

Bedienung, welche zu den ersten acht Rang stufen gezählt wird. fremden

Der vierte ist für die

Gesehtechter,

niedergelassen.

Grafen, Freyherrn. den alten Adel,

die sich in Russkind

Der fünfte

für die Fürsten,

Der sechste endlich füi

dessen Ursprung in Dun­

kelheit begraben hegt. Die abwischen Völker

wußten

nichts

von Grafen und Baronen; so sind auch in Bussland erst seit den

Zeiten

Peter des

Grofsen diese Titel üblich geworden. — Alan hielt es für kein Mifsbümlnifs,

wenn

ein russischer Zaar sich mit der Tochter eines gemeinen Edelmanns vermählte. Auch gab es nicht fürstliche den fürstlichen

Familien, welche

gleich geschäht wurden, zum

Beyspiel die Sche reineto ws, die

Romanows,

u. s. w. Unter dem Zaar Alexe! Michailowitsch \ galt ein Gesetz, nach welchem ein Tatar*

oder Jude, der sich taufen lieht, die Rechte eines eingehohrnen Edelmanns erhielr. mer bestach die Religion die

Im­

ZeitliclikeiC,

damit sie ihr Recruten für die

Ewigkeit

liefere. Slawen und Gilten,

diese verschiedene

Menschengattnngen, trennen sieh auffallend auch in Uiren Begriffen vom Adel.

Die

Slaven kannten nur zwey Stünde; den Ed­ len oder Frcyen,

und den Sklaven.

Die

Celten hatten Edle,

Freye,

und Sklaven.

Adel war sich unter­

Jener

Freygclassene

einander gleich, oder doch nicht wesentlich verschieden, wie dieser.

und in Klassen abgesondert, Jener

bekümmerte »ich wenig

um die Reinigkeit des Adels, denn die Sla­ ven adelten Personen, die nach den Be­ griffen

der Celten

gar

waren, z. B. Leibeigene.

nicht

adelslaltig

Nur die Geburt

gab unter den Celten den Adel, nur di>i Geburt pflanzte ihn fort; nicht so unter den Slaven,

Auch behaupteten diese ihren

Adel bey uiancherley Handthierung, welche

jene

als erniedrigend verwarfen.

Endiii Ii

waren auch die Fürsien der Slaven einge­ schränkter oder uneingeschränkter, ihr Adel gebundener oder ungebundener, als unier den übrigen nicht slavischon Europäern, In Norden durfte einst jeder Freygebohrn-3 die Waffen tragen, bis Nicolaus iin Jahr n 5 a dieses Recht in den Städten auf weni­ ge Personen einschränkte, welche oder Jf'affendiener

Tföpnnr

lüefsen, und dem Adel

seinen Ursprung gaben.

Als im Jahr itjüS

Copenhagen in Gefahr stand,

erobert zu

werden, mufsren alle Einwohner sich be­ waffnen, uuil man bestimmte zum Lohn je­ der ausgezeichneten Heldenthat den

Adel.

Die Organisation des Adels unter den crimmisehen nuesen,

vor

Tatarn,

vor Ankunft der Ge­

ihrer Abhängigkeit von der

Pforte, und vor Eroberung der Crimm durch die Russen, beweist, dafs jenes Volk mit den geistreichsten Europäern gleiches Ur­ sprungs sey. Sohn.

Dem Chan folgte sein ältester

Die Macht des Chans war durch D

5o den hohen Adel beschrankt.

Diesen bilde­

ten fünf alte Geschlechter; an der Spitze eures Jeden stand ein Bey.

Diese

fünf

Bevs, und ein Sechster, welcher den niedern Adel repräsentirte, machten den des Chans, ohne

nichts Wiclüiges unternehmen durfte. vornehmste Geschlecht war das der rin,

halft

dessen Einwilligung er Da» Sc/iy-

dessen Bey im Bange unmittelbar auf

den Chan folgte, denselben Hofstaat hielt, den ganzen tatarischen Adel reprüsenlirte, und dessen Häupter zusammen berief, wenn der Chan Eingriffe tu seine Hechte wagte. Nach diesem folgten die Geschlechter ManSur, Scilsihtid,

Argtiin,

und Barum.

Sie

stammten wahrscheinlich ab von den ersten Geführten des Dschinghis Chan.

Den Hin­

dern Adel verlieh die Gunst des Fürsten. Man heilst,

nannte

ihn

Mirza - Kapikuli,

Fürsten - Sklaven.

das

Vermahlungen

zwischen ihm und dem alten Adel waren MilsbüudnLsse ;

denn

Fürsten - Gunst

ist

stark wie die Liebe, aber Vorurthcil und

Macht der Zeit sind stark wie der Tod. — Mar ein sehr amier tatarischer Edelmann konnte sich cntsehliefsen, einen Hofdienst anzunehmen.

Die meisicn lebten aui dem

Lande vom Ertrag ihrer Güter. In llochsehatttand den

und auf den

waren die Cnirds oder

Hebri-i

Edle

Eigen-

j

ihuinsherren der Clans, Anführer im Kriege, llicbter und Beschützer im Frieden, Stanimhenen und Älteste, ihr Wille Gesetz, Erge­ benheit gegen sie die gröfste Tugend, Un­ treue an ihnen das schwerste Verbrechen. Man schwur bey ihrer Rechicn;

die ge­

wöhnliche Losung war: »Gott sey mit un»serm H e r r n ! »

oder: «Stets möge unser

»Herr obsiegen!»

Sie kehrten mit ihrem

Gefolge ein wo sie wollten, und waren über­ all willkommen.

Sie labten von ihren Liin-

dereyen, empfingen einen Theil der Straf­ gelder, bey dem Tode eines jeden Meyers emPlerd, und zuweilen l'reywillige Beytrüge, aus Liebe bewilligt, und mit Liebe emplang e n ; denn die Cairds waren wahrhaß D

a

Edle,

?ie betrachteten ihre Lehnsleute nicht als Vnterthanen,

nicht aU Leibeigene, sondern

als Brüder, Verwandte und Kriegskamera­ den, nur stiefmütterlich vom Glücke behan­ delt.

Sie übten Freigebigkeit, Gastfreund­

schaft

und

Vaterliebe

an

einem

Jeden.

Stark wie Eisen war diefs schöne Band, bis steigendes Bedürfmfs, vor

wenig

Luxus und Pracht,

Menschenaltem

es

auflösten.

Nie fand man auf der bewohnten Erde et­ was Ähnliches, nie vielleicht wird man es wieder Huden.

Herren über ihrer L'nter-

thanen Güter und Leben, mifsbrauchten die Cairds nie ihre Gewalt.

Sie wurden nicht

gefürchtet, denn Liebe kennt keine Furcht. Die Vasallen bauten das Feld ihres Herrn, und hüteten seine Heerden;

doch waren

sie mehr seine KÜKler und Brüder, führten seinen Nahmen, afsen mit ihm aus einer Schüssel, und tranken mit ihm aus einem Becher.

Seine Freude war die ihrige, sei­

nen Kummer

theilten

sie. ' O

verweile,

Freund der Menschheit, bey diesem schii-

nen Genuthtdel das Herz goniefsr, und die Augen werden feucht.

Sende mit mir den

frommen Wunsch zum Himmel: sollen und können die Bewohner des Erdbodens ein­ ander nicht gleich seyn ; o so gieb d u , der du uns alle schufst, uns Herren wie die cnledonischen Cairds,

oder

Untcrthanen

wie ihre Clans in Bochtchottland den

und auf

Hebriden.

Die

Teutschen.

D i e erste Bekanntschaft mit den Tcutschcii verdanken wir den Griechen-und Römern. Der teutselte Adel Das Wort Adel

ist so alt als die Kation. kommt

nicht

schwedischen Worte Odel,

(ein

her

vom

Erbgut)

sondern wahrscheinlich von Edel und Atta, aJ welches leztere Wort die Natur selbst auf die Zunge des Kindes legte, als es zum Erstenmale Vater von Adal

lallen wollte; oder auch

oder Athal,

welches in »1er Spra- Sei

che der Angelsachsen,

Longobarden und

Franken vortrefflich, trie.

ausgezeichnet

Z. B.: jtdalmuat,

Edelmnth,

bedeuAdal-

s.uli,, Edelknabe, Edeldiener. Noch waren die Teutschen, was einst alle Völker waren, Hillen, Jager und Räuber, Viebheerden ihr Rciehthuin, Ackerbau verachtet,

nur von

Knechten

Fürsten und Heerführer

betrieben;

wählte man

für

einzelne Unternehmungen ; die Reichen und Vornehmen wohnten wie die Annen in höl­ zernen Hütten, afalll Habermufs und geron­ nene Älilch wie die Annen, und ihre Söhne wuchsen unter dem Vieh auf.

Doch kann­

ten sie auch damals schon den Adel, der wahrscheinlich aus den Nachkommen der ersten Stifter und Gesetzgeber jedes Volkes entsprang.

Aus ihm wühlte mau Könige,

Richter und Priester; aus ihm nahm mau edle Jungfrauen als G eis sein; aus ihm ge­ sellte man Jünglinge den Häuptern des Vol­ kes zu, oder sandte sie aus auf Abentheuer, um Ruhm zu gewinnen, wenn ihre eigene Nation in Frieden lebte.

Der Adel richtete

und schlichtete öffentliche Angelegenheiten Ton geringer Bedeutung.

Wichtigere legre

er dem Volke vor, und dann hatte er das Recht, öffentlich zu reden.

Dieses Be-hl

ist der Schlüssel zu den Herzen der Men- . sehen. Das salische Gesetz erwähnt zwar nicht

s

o des Adels unier den Franken, doch die in der fränkischen Geschichte

oft

erwähnte

leudes, optimales, und was den Titel \ir inlustcr hekam, gehörte gewifs zum Adel. Aus den Formeln des Markulf erhellt, daß es kein persönlicher, sondern wahrer Gescldechtsadel war. Domino inlustri, et prae cunetis magnificentissimo, ac nobilitate pi osapiac decorato. L. 2. form. 5g. Der Edelmann durfte ein Gefolge

von

andern edlen oder freyen Kriegern um sich sammeln.

Er gab ihnen Streitrosse, Waf­

fen, Nahrung und Kleidung.

Stolz und

Würde, Ehrfurcht der Nation, Bewunderung der Fremden, beruhten auf einem zahlrci-

D

eben und tapfern Gefolge.

Von fremden

Fürsten und Völkern empfing ein solcher Edelmann Gesandtschaften und kostbare Ge-* schenke.

Seme eigene Nation führlo ihm

fleywillig Vieh und Flüchte zu, gab ihm mehr Ackerfeld, und einen grösseren Antheil an der gewonnenen Deute. Strom (liefst,

W o ein

da eilt ein jedes Büchlein

ihm zu. Bald lernten die Teutschen den Acker­ bau von den Hörnern, und bald entstanden unbewegliche Erbgüter, denn jeder Freje oder Edle, erhielt und behielt als sein Ei­ genthum, was ihm sonst nur jährlich wiesen worden war.

ange­

So entsprang das häss­

liche Geschöpf Leibeigenschaft,

und der

Übergang in den Stand der Edlen wurde schwerer.

Denn unbewegliche Güter lies-

ii sich nicht so leicht erwerben, als be­ wegliche.

Frey und vielleicht auch

Edel

blieben jedoch immer, die reich genug wa­ ren, Sklaven für sich arbeiten z u lassen, in­ dessen sie auf einem Streitrofs, gewappnet

und gerüstet, Mutige Fehden

ausfocliten.

So trennte sich nach und nach der Adel

holte

von dein niedern; aus jenem wählte

man die Herrscher der Nation.

Ein solches

Geschlecht war z. B. einige Jahrhunderte später das Geschlecht der Agilolßngen

in -

Bayern, welches alle Vorrechte des Adels vierfach genofs.

W e r einen aus dieser Fa­

milie ermordete, mufste ein vierfaches Wehr­ geld erlegen. Als die Teutschen anfiengen

römische

Provinzen zu erobern, da wuchs die könig­ liche Macht, da sank des Adels Anselm. Zwar konnten die ersten fränkischen Kö­ nige nicht eigenwillig neue

Grundgeselze

schaffen, nicht neue Auflagen heben, nicht l'reyheit, Gut und Leben rauben; aber doch eigenwillig Krieg und Frieden schhessen; Gesetze geben; Edle richten; über Freye nach Wohlgefallen Richter und Ilauptleute setzen; Herzöge über ganze Länder bestel­ let l; Güter verleihen ; Freye und sogar Leib­ eigene, zu Grafen und Bischöfen machen;

unter ihr Hofgesinde aufnehmen, und selbst dadurch

adeln.

Zuwachs an Einkünften,

grofse Dornst*

nen, verbunden mit allen jenen Vorrechten, machten den König immer mächtiger und den Adel immer abhängiger.

Mit der Erb­

lichkeit der königlichen Würde verschwand endlich

der Unterschied zwischen hohem

und niederm Adel.

Unter den Carolingerti

durfte kein reicher Edelmann mehr ein Ge­ folge von Freyen und Edlen

unterhalten.

Doch erhielt der alte Adel sich das Vor­ recht, nicht von Bedienten des Kaisers, son­ dern vom Kaiser selbst gelichtet zu werden. So sucht der Abgebrannte sich einen Win­ kel im Schutt seines Hauses, ruht

unter

den Trümmern, und träumt von ehemaliger Herrlichkeit. Der Werth des Edlen stieg jezt nur mit seiner Würde im Staate.

Der dienstlose

Edelmann und der Freye wurden mit dem­ selben W'ehrgelde bezahlt.

Glimpflicher als

die Franken behandelte Carl der Grofse die

5g Sachsen.

Sie wurden nur von gebohmenM.

Sachsen ans den edelsten Geschlechtern be­ herrscht.

Unter ihnen

gnlt das Gesetz t

»Keiner soll über seinen Sund heyrathen. »Ein Nichtedler ist des Todes, der mit e i -

A J

Ei

»uor edlen Frau oder Jungfrau »mählt.»

sich ver-

C u t , dafs Lanze und Schwerdt,

Krieg und Mord, unserer heutigen Empfind­ samkeit den Weg zu den Herzen jener ei­ sernen Männer versperrten. Gesetze beugen, sprechen.

heifst

Liebe

unter

der Natur

Hohn

Unter Weibern sollte gar kein

Unterschied der Stände Statt

finden;

Wie

kömmt es denn, dai's gerade die Weiber am öftersten dem Ahnenstolz als einem Götzen huldigen? Schönheit ist der älteste Adel in der Natur! sechzehn Ahnen vertilgen kein Sommerspröfsgen. Hatte gleich der Adel unter den fränki­ schen Königen von seiner Würde verlohren; so wurde doch noch immer der Kopf des Edlen zwey bis dreymal höher geschäzt, als der lies Freyen;

denn dieser

bearbeitete

Go stin Eibgut selbst, und jener liefe es bear­ beiten.

Sonderbare Verirrung des mensch­

lichen Geistes! du lebst vom Selweh.se dei­ ner Brüder, folglich bist du mehr wert Ii als jene; sie wachen, du schläfst; sie arbeiten, du spielst; sie hungern, du schwelgst; folg­ lich bist du besser als sie. mann inufste indessen

Der faule Edel­

doch

auch

etwas

thun, wenn er nicht in seinem Fette erstikken wollte, er gieng auf die Jagd, und so wurde diese ein Vorrecht des Adels.

Aber

nie erniedrigte er sich so rief, das Land selbst zu bauen, und so einzig als schön ist daher das Beyspiel in Müllers SchweizerGeschichte.

Ein Sohn AJbrechts von Ost­

reich bewunderte einen Alten am l'lluge, seinen schönen Sohn, seine raschen Pferde; und das Erstaunen des Prinzen wuchs, als er am folgenden Tage eben diesen Alten als Freyherni von Hegenau mit vielen Knech­ ten nach Hole reiten sah. Ein Degen au der Seite, ein Falke auf der Hand, bezeichnete damals den AdeL

Selbst En der Kirche sal's der Vogel auf sei­ nes Herrn laust oder Schulter.

Der Schatz­

meister der Cathedrnle zu Nevers hatte das Recht, gestiefelt und Respornt, g,-degi;et und gejälkt

im hohen Chor zu singen.

Der

Mann mufs eine drollige Figur gemacht ha­ ben. —

In den ältesten Zeiten trugen die P<

Edlen längere Haare und Barte.

Nach und

nach maal'sten nur Könige und Prinzen sich dieses Vorrecht an, bis Ludwig der Siehente si im dreyzehnten Jahrhundert aus frommen Eifer sicli Haar und P.art bescheeren liefs. Seine minder fromme

Gemahlin

Leonore

fand ihn so ungestaltet, dafs sie sich von Stund' an von ihm trennte, und durch ihre Vermählung mit Heinrich von der Normandie den Saamen der Zwietracht zwischen Engländern und Franzosen ausstreute, wel­ cher drey Millionen Menschen das Leben gekostet hat — Bey den Taxoyern unterschei- tt, dei si, I, die königliche Wurde durch Hmre^ in Gestalt einer Krone geschnitten, und durch lange Dauinnägel, welche nur der König

g) tragen darf.

Die Prinzen vom Geblüts dür­

fen wobt lange Nägel an den Fingern tra­ gen, aber nicht am Daumen. —

Im vier­

zehnten Jahrhundert wunden lange Schuhe dos Kennzeichen hoher Geburt.

Worauf

fällt nicht die menschliche Thorheir, wenn es darauf ankommt sich geltend zu machen! und was auf der Welt ist so gering und schlecht, das nicht die Eitelkeit einmal zum Ehrenzeichen stempelte!

So wird der Kno­

chen am Arm des Bewohners der Pelew-In­ seln zum Ritterorden, und die Excremente des Dalai Lama sind Heiligthümer.

Drum

lachet nicht, ich bitte euch! wenn ein ge­ bratener Guckuck den sterbenden Bewohner des Berges Bala, oder eine pissende Kuh den Indianer zum Heiligen macht. tont comme ebez nous.

C'est

Könige und Für­

sten trugen Schuhe die drittehalb Fufs lang, waren, Barone und Dynasten nur von zwey Fufs,

gemeine

Fufs.

Daher entstand die Redensart: »auf

Edelleute von

»einem grolsen Fufse leben.»

anderthalb

Die Macht der fränkischen Könige er­ losch in den Bürgerkriegen zwischen Lud­ wig dem Frommen

und seinen Üöhneiu

Der miterdrückte Adel hob sein Haupt em­ por.

Die streitenden Fürsten verschenkten

Alles was sie hatten, tun ihre Anhänger zu besolden.

So verarmten die lezten Caro-

linger an Macht und Heichlhum; nur drey Städte bliebe« Jmen in Frankreich übrig. Bisher gab es nur Lehenstriiger der Kro­ ne, jezt Übertrugen auch grofse Vasallen Lehne an kleinere.

Die Würden der Her­

zöge und Crafen wurden unter Carl dem Kahlen erblich; in Teutschland etwas spä­ ter.

Koch Heinrich der Dritte sezte in der

Mitie des eiliien Jahrhunderts Herzöge ab, und Otto der Grofse machte Herrmann ßiling ziun Herzog in Sachsen, der mehr Tu­ genden als Leibeigene bewfs, deim seine ganze Habe bestand in sieben Hufen Lan­ des.

Die Kriegslehne wurden erst im Jahr

10J7 durch ein Gesetz Conrad des Zweylen erblich.

Doch

elie

noch Alles diefs

geschah,

überschwemmten im Qten und loten Jahr­ hundert, Saracenon, Nonnänner,

Wenden

und Ungarn alle Provinzen des ehemaligen fränkischen Reichs, verheerten Städte und Klöster, ermordeten Weiher und Kinder, und was das Schwenk nicht frafs, ward in die Sklavcrey geschleppt. in Frankreich

Plözlich wuchs

und Teutcldand aus

jeder

Bergspitze ein festes Scldols hervor; anfangs nur erhaut den Barbaren zu trotzen, bald «MO* den wehrlosen Nachbarn

(ürchterli

eher als Norma'nner und Saracenen.

Raub

und Plünderung auf den Laudstrafsen ward nun Sitte, die Bande der Gesellschaft lösten sich, die Menschen giengen auf Beule aus, wie die Ranbtlüere ihrer Widder, es ent­ stand Hobbes Krieg Aller wider Alle.

In

Italien mufste man sogar den Hof-beamteu und Reichsständen, wenn sie au zogeu den 3

Reichstag zu besuchen, gebieten: sie soll­ t e n , was sie nöthig hätten, fein für einen billigen Prelis kaufen, wie es vormals Sitte

b'5 gewesen.

Heutzutage raubt kein Hofbcam-

ter mehr. — Ein Erzbischof von Cölln, der Vrr, Ohio

eine neue liurg erbaute, und einen Burg­ vogt hineiuseztc, ward von diesem gefragt, wovon er leben söffe?

da zeigte ihm der

Bischof die vier Landstrafsen, ihru den Rücken.

und kehrte

Die Urspergische Chro­

nik sagt: das Land sey unter dem .Nahmen der Ritter voller Räuber gewesen.

Vermö­

ge der sogenannten Treuga D<'i ward fcstgesezt, dafs man wenigstens einige Tage in der Woche Ruhe haben solle. Der Schwa­ che ward Vasall des Stärkeren; der I.audmann crgrilf freywillig die Leibeigenschaft, um nur nicht ganz von seinem väterlichen Erbe verjagt zu werden.

So gerieth fast

alles unbewegliche Eigee.thum in die Gewalt des Adels.

Fünf Sechstheile aller europäi­

schen Nationen waren Sklaven, deren Gü­ ter, Leben und Ehre allein von der Gnade
Der Adel machte die

Heere von vielen Tausenden be­

standen aus Umter Edellcuten.

E

Ihre A n z a h l e .

,

war damals mindestens dreymnl gröfser als jezt.

Der Sachsen - und Schwabenspiegel

theilt den teutschen Adel in sieben Fleerschdde.

Der Erste gebührt den Kaisern

und Königen; der Zweyte den geistlichen Fürsten; der Dritte den Layen - Fürsten; der Vierte den Freyherren; der Fünfte den Mittelfreyen, das heilst: dein lnndsässigen Adel, fürstlichen Vasallen; der Sechste den Dienstleuten, Adelschülken.

Dem Sieben­

ten ist das sachsische Landrecht sehr ab­ hold, denn es sezt darin: Pfaff-n, Frauen, Bauern, Kaufleute und alle die unehrlich gebohren sind, und sagt von ihnen: «sie »sollen Lehnrecht darben, denn ihnen fehlt »die Adclheit;»

so lautet das alte teutsche

Wort. Als Herzöge und Grafen erblich wurden, da bildeten sie den holten

Adel.

wurden gleich geachtet die alten

Ihnen Edlen,

die schon zu der Carolinger Zeiten unter der unmittelbaren Gerichtsbarkeit des Kö­ nigs standen,

und durch das Faustrecht

selbst so mächtig geworden waren, dafs jeneumsonst versuchten, diese zu unterjochen; denn auch die Dynasten

waren Laudesher-

ren und zählten Edle unter ihre Vasallen. Noch heute ist der semperfreye Reichsadel keinem Fürsten unterworfen;

er ist ein

Reichsstand und geniefst alle Rechte eines solchen.

Noch heule giebt es Familien un-

ter demselben, welche Städte und Dörfer, mit hohen und niedern Gerichtsbarkeiten, Parochialrechten u. s. w. besitzen.

Ich nen-

ne z. B. die Nahmen Riedesel,

Ingelheim,

Sickingen, u. a. m.

Dalberg,

Hofdienste.

Schulenburg,

Doch war die Grenzlinie zwi-

schen hohem gezogen;

Görz,

Arme wehrlose Edelleute nahmen

und niederm Adel noch lacht

Vermahlungen zwischen beyden

keine Mifsbündnisse.

Gräfinnen

ten genuine Edelleute,

heyralhe-

und die Wittwe si.Fo«.

Ludwigs des Dicken vermählte sich mit einem

edlen

Montmorency.

Fürstenkinder

aber, mit Frauen vom gemeinen Adel er- Maw, zeugt, waren nicht successionsfähig; ausser £ 8

da

wo die Gewalt jeden Gebuitsllecken

tilgte, denn die Gewalt ist der InbegrüT al­ ler Rechte. Minder mächt ige zahlten oft Mitglieder des hohen Adels Lehnsmänner.

unter ihre Burg- und

Fürsten wurden

und Äbten dienstpflichtig,

Bischöfen

und •verbanden

sich sogar gegen Städte, oder gemeine Edelleute, auf einen bestimmten Tag zum lager

zu reiten,

Ein-

wenn sie ihre Schulde»

nicht bezahlen würde».

Das that

sogar

Kaiser Carl der Vierte gegen die Bürger zu Speyer; denn Schulder! nicht bezahlen, damals unadelich.

war

Wir lächeln der from­

men Einfalt unserer Ahnherren.

Die Zei­

ten andern sich, und mit ihnen die Sitten. Von schimpflichen Strafen war der holte Adel eben so wenig fr-ey als der niedere. Man glaubte damals noch,

die schlechte

Handlung schände mein als die Strafe selbst. Kaiser Friedrich der Erste verurtheilte ei­ nen Pfalzgrafen am Rhein zum gen,

und

einen Erzbischof

Hundetra­ von Mayuz

schürte vor eben dieser Besdiimpfung nur sein hohes Alter. Alle Edle hiessen damals nobiles viri. Keine Rangordnung Klassen.

theilte den Adel

in

Ein Herzog von Lüneburg, ein

Landgraf von Cassel, nannten sich schlecht­ weg Edler Herr zu Lüneburg, ~ii Cassel.

Edler

Herr

Die Grafen von der Lippe

schreiben sich noch heutzutage Edle ren von der Lippe.

Her­

Oft findet man in den

Urkunden des Mittelalters, die Nahmen re­ gierender He*rren hinter den Nahmen ge­ meiner Edelleute, Ritter hinter Knappen. Ein Blick auf die heutige Welt.

Die Rechte

des Adels schrumpften zusammen, und seine Titel wuchsen.

Wir sind Grafen ohne Land

und Freyherren in der Dienstbarkeit; aber Gott bewahre!

dafs wir unsern Nahmen

hinter den eines ehrlichen Bürgers setzen sollten. Baro bedeutete in den ältesten Zeiten sc einen Mann, Herrn.

unter den Carolincem einen

Die Normanner brachten das Wort

nadi Frankreich, von da es nach England, Italien und Teutschland

ühergieng,

Bar

heilst so viel als purus, idoneus; daher die Itcdensarten: l/aares Geld, mannbar.

Merk­

würdig ist, dals dieses Wort auch unter den Grimmischen Tatarn eine Klasse von Edclleuten bezeichnet.

Freyherr

ist weit

jünger als Baro, und nicht gleichbedeutend mit

Dynast. Als im zehnten Jahrhundert auch die

Lehne für Hof- und andere Dienste erblich wurden, da theilte sich der niedere Adel in den J'reyen und dienstpflichtigen

Adel. Der

leztere nehudich diente am Hofe eines Für­ sten als Marschall,

Kämmerer,

Truchsess,

n. s. w. und trug dafür Fürstengüter zu Le­ hen.

Auch fromme Fürsten sogar wurden

Dienstleute der Klöster und Stifter, Knech­ te der Knechte Gottes, welche sich zu Her­ ren aller Herren des Erdbodens aufwarfen. '- Die Grafen von Hapshurg und Kirchberg, waren vormals Dicnstmünuer des Ahls von St. Gallen.

Diese

Di.-ristinnnmchnfe

des

niedern

Adels war, beym Licht besehn, eine An von Leibeigenschaft.

Er durfte sich nur

mit Frauen oder Jungfrauen vermählen, die seinem Herrn gleichfalls dienst|itlichtig wa­ ren.

Wollte er seine Töchter an Grafen

verheyrathen, so mufsteii sie vorher von ihrem Herrn, oder gar vom Kaiser, freygesnrochen werden.

Wer ein Kn'egslehii

he-

safs, konnte sich in jedem Augenblicke frey machen, indem e r e s zurückgab; cinDiensth-hn alier konnte man nicht so eigenwillig zurückgeben. dienstpflichtige edel als freye

So wurden nach und nach Geschlechter gehalten.

für

weniger

Da aber goldene

Fesseln jede Sklaverey erträglich machen, so bewarb der Adel sich dennoch mit Eifer um eibliche Ilolamter, denn die damit ver­ knüpften Vonheile waren grofs. ar,

jene Einschränkungen

Audi liti

ausgenommen,

nichts dadurch an seiner Ehre.

Er ward

nach wie vor bey Turnieren und zur Rittenvürde zugelassen; er war des Fürsten

gehöhnter Rath, half Bischöfe wählen, ward oft als Schiedsrichter zwischen streuenden Fürsten erkohren, und »chlofs sogar Bünd­ nisse mit dem Landesherrn. von Münster

nahinen

Den Bischof

einst seine eigene

Dienstin Ünn er gefangen.

In einer Urkunde

des fünfzehnten Jahrhunderts geloben zwey Leibeigene eines Herrn von Ilheden, unter dem Siegel ihres Herrn,

den Bischof von

Halberstadt, die Herzöge von Braunschweig und die Grafen von Wernigerode nicht r- befehden.

zu

Den Herzögen von Pommern er-

theilteder Kaiser im Jahr ÖJ7 die Erlaubnifs, Erbämter zu schaffen, mit der ungewöhnli­ chen Bedingung: dafs diese Hofdienste den Adel nicht schwächen,

sondern

erhöhen

sollten. '

Doch

ein groTser Thcil

des

niedern

Adels schämte sich der Hofdiensie, ver­ pflichtete sich ine einem Fürsten, und nahm den Titel sempeifrey freye

an.

Solche semper-

Geschlechter waren es, welche sich

in Preussen, Pommern, und hier bey uns

in fjefland nieder«essen.

Adeliche Redner,

and Freiheiten waren und sind zum Theil folgende: Kein Edelmann durfte vor einem Unterrichter erscheinen.

Er war frey von

bürgerlichen Lasten und Abgaben, Frolmtliensten, Steuern und Schätzungen.

Heut­

zutage mufs er Prinzen - Reisegelder, Fräuleinsteuer, Schlofsbau, Römermonate» Brand­ schatzung, Zoll und Accise, Eiurjuariirung u. s. W- tragen.

Er durfte sich in der Klei­

dung auszeichnen durch Gold, Perlen, Schar­ lach, Sammt und Hermelinfutter.

Er bette

überall den Rang vor dem Nichtadelichen. • Er konnte, und kann noch, dem leztern verbieten, ein dem seinigen ähnliches Wap­ pen zu führen. Biirgereide.

Er war und ist frey vom

Ihm gebührt die Jurisdiction

auf seinen Gütern. Sein Ehrenwort galt als Beweis und Notariatsbekraftiginig.

Wohl

ihm! wenn er dieses schöne Recht nie mifshrauchte.

Er durfte sich im Zweykampf

herumbalgen, denn in den salischeu, fränki­ schen, sächsischen und schwäbischen Rech-

teil war es ihm ausch ü< [dich erlaubt.

Er

durfte bey Verbrechen von keinem Büttel angerührt, noch in uuterirrdischc Gefäng­ nisse gesperrt, noch auf che Folter gespannt, noch auf die Galeeren geschmiedet, noch mit einer schimpflichen Todesstrafe belegt werden.

Kaiser Joseph der Zweyte kehrte

sich wenig an diese Vorrechte.

Ein Böse­

wicht hört auf ein Edelmann zu seyn. So dachte er, und liefs den adelichen Bösewicht geissehi und SclüTfe ziehn. hatte Recht.

Mich dünkt, er

Schlosser meyiit, man sehe

heutzutage nur noch einige Ruinen von der Schiedsmauer, welche ehemals

den Adel

vom Bürgerstande trennte, nehmlich in Rit­ terorden, Stiftern, Siaatsämtern, bey den Armeen, und im Hofcivkel.

Wenn das Rui­

nen sind, so niufs man gestehen, dafs sie denen von Fahnyra gleichen. Lebensart und Sitten bildeten bald die Edlen zu einer Menschenklasse, die sich nicht blos durch Rang und Reichthum, son­ dern auch durch körperliche Schönheit und

Starke, wie durch Geistesgröfse auszeichne­ te.

Die schweren Helme und Panzer; die

Lanzen, Schlachtschwerdter und Streitäxte, deren behende

Führung den Enkeln ein

Wunder scheint; die ununterbrochenen Lei­ bes - und Waffen Übungen; der Genufs ein­ facher, aber reichlicher Nahrung; die Woh­ nung auf luftigen und gesunden Itergschlössern; Krieg, Jagd und Ritterspiel; und mehr als Alles das: Bcwufstseyn gigkeit,

der

erzeugten eine schöne

Unabhän­ kraftvolle

Menschengatlung an Leib und Seele. Schon im zwölften Jahre zog der Mar­ schall von Boucicaut in den Krieg. ungeheurer Flammlander

schlug

Ein

ihm die

Streitaxt aus der Hand, mit den Worten: va teter, va enfant! (Geh Kind, und sauge an der Mutter Brust.)

Der bellende Knabe

stiefs ihm den Dolch zwischen die Rippen, und antwortete : les enfans de ton pays se jouent-ils ä tel jeu ? (Spielen die Kinder in deinem Lande auch solche Spiele?) Sei­ ne ritterlichen Thaten erwarben ihm schon

im 2iften Jahre die Marschalls würde} und von seiner übermenschlichen Starke erzählt man Wunderdinge. In der Regel wurde aber der junge Edel­ mann erst im ailten Jahre mündig,

der

Nii'hteille schon im i/|teti, weil zum Feld­ han kein höheres Alter erforderlich schien; denn der mütterlichen Erde den Unterhalt abgewinnen, heifst mit einem Freunde freund­ lich handeln und wandeln, al«T der Ehre mufs man ihre Lorbeerzweige abtrotzen. Gegen das Ende des eilften Jahrhunderts stieg ein Meteor am Horizonte herauf, und leuchtete über ganz Europa. den entsprang.

Der

Ritteror­

Man nennt Gottfried von

Preuilly als dessen Erfinder.

Mit ihm wan­

delte Hand in Hand ein schönes verschwistertes Paar, eine bisher nie gekannte Rit­ tertugend und Ritterehre.

Die Crenzmauer

zwischen hohem und niederm Adel sank in Trümmern,

selbst

der Iskhledle

konnte

durch Tapferkeit die Ritterwürde erringen. Fürstensöhne wurden Pagen und Knappen

berühmter Ritter,

Bediente ihrer Herren.

Selbst Kaisers ohne, die noch nicht zu Rit­ tern geschlagen worden, hiessen nur Jun­ ker, die Ritler alieiu waren Herren,

und

ihre Weiber Frauen, doniinne, Dames, Mesdanies, alle übrigen nannte man Demoiselles.

Von dem Ritter erwartete man zwie­

fache Starke.

Bey der Belagerung von Dün-

l e - R o i im Jahr 1411 inufste ein Ritter acht Faschinen tragen, und ein Knappe nur vier. Schwerer war die Rüstung des Ritters als die des Knappen.

Jener focht nicht gegen

diesen, wohl aber konnte er mit Königen im Turniere kämpfen, und sogar Könige zu Rittern schlagen, wie Bayard mit Franz dem Ersten rhat; ja es gab einst einen Kaiser, Otto den Ersten, der die Ehre seiner einzi­ gen Tochter durch den Zweykampf eines Ritters bewähren liefs.

Nur Ritter trugen

goldene Zierrathen und Kostbarkeiten, wa­ ren frey von allen Zöllen, genossen Vorzü­ ge vor Gericht, wurden zu Gesandtschaften gebraucht, und durften, ohne Rücksicht auf

ihre Geburt, Anspruch machen auf Verbin­ dungen mit dan ersten Häusern.

Turnier-

Könige, Herolde und Waffen - ParaCIauf erinnerten den jungen Flitter, der zuni Er­ stenmal ün Turnicr erschien, an die Thü­ len seiner Ahnherren.

»Gedenke wessen

»Sohn du bist!« riefen sie ihm zu: »und »schlage nicht aus der Art.»

Der edle

Jüngb'ng nahm weder Wappen, noch Feld­ losung, noch Wahlspruch an; trug eine Decke über seinem Schild, damit sein Ge­ schlechtswappen nicht sichtbar werde, bis Schwerdt oder Lanze die Decke zerhauen oder zerrissen haben würde.

Oft liefs er

auch den Schild ganz, weifs; Tapferkeit und Tugend mahlten ihm ein Sinnbild darauf. Die Turniergesetze lauteten fromm und ein­ fällig also: Wer

ketzerischen Glauben h a t .

Verachtet Kaiserlich Maniiai. Wer

Frauen jchiindt, schwächt eine Meid,

Wer

Siegel fiilscht und schwört Meine:

Wer »einen Herren lifst ta Koth,

:

Wer seiner Bctigenowin Riebt den Todt. Wer bestichlt Kirchen, Wmwen undWaysen, Wer uiiabgesagl tliut kriegen und reisen. Wer neu Zoll, Meut und Bescliwerd aufriebt. Wer olino Elie sizt, oder Elie bricht. Wer Fürkfluf. Wuclier, Wechsel ireibt. Wer nicht in edlen Stummen bleibt Jlii Heyrathen, oder »ein Geschlecht Niehl von vier Stammen edel brächt. Das irynd die xwülf Turnier - Stück Die der Kaiser ordnet mit Glück. Icli wette, dafs naeli diesen Gesetzen wenig Edle im heiligen römischen Reiche turnierfähig sind. Ein Ritter mufste übfirdiefs Messe hören;

den

andächtig

christlichen

Glauben,

Wittwen und Waysen beschützen; in kei­ nem ungerechten Kriege dienen; übermässigen Sold begehren;

keinen

jeden

Un­

schuldigen durch Zwcykampf befreyen; dem Kaiser gehorchen; das Teutsche Reich bey Ehren erhalten, und überhaupt vor Gort und Menschen ein untadeliches Leben füh­ ren.

Schöne Pflichten! wie gern verzeiht

tili man dem, der sie zu erfüllen vermogte, ein wenig Rauhheit der Sitten. So wie die schwere Rüstrittg und die Lauts den Ritter vom Knappen unterschie­ den, so d?r Degen den Edlen vom Nichtedlen.

Sogar auf Reisen durfte der leztere

sich nur mit einem langen Messer bewaff­ nen, und als Friedrich der Erste reisenden Kaufleuicn erlaubte, einen Degen bey sich zu führen, durften sie ihn doch nicht an ihre Hüften, sondern nur an den Sattel­ knopf hangen.

Den Pferden, meynte man,

könne man eher einen solchen Vorzug ge­ statten. Digression. Warum ist das Schwerdt eine adeliche Waffe? warum der Stock, eine verächtliche Wehr?

Metall wird im Schoofse der Erde

erzeugt, und Holz wächst über die Erdu hervor; warum ist jenes edler als dieses ? Das salische Gesetz, die Gesetze der Frisen und Longobarden, belegen denjenigen, wel­ cher SiQcksehlüge ausdieilte, mit einer weit

m kleineren Strafe, als denjenigen,

welcher

eine noch so geringe blutige Wunde ver •ezte. zwey,

Es gab Geldbufsen für einen, für drey Stockschläge.

gilt es gleich, ob man Einen Streiche empfangen hat.

für

Heutzutage odert

hundert

Karl der Grofse

verordnete den Zwey kämpf

mit Stocken,

dessen sich in der folge nur Knechte be­ dienten. Die Ehre gebahr nach und nach ein Un­ ding und lieh ihm einen Nahmen, für wel­ chen der Ternsche noch heute kein Wort hat: Point d homieur.

Dieser Punct,

die Beobachtung alles dessen, Menschen den Begriff von Ehre haben,

ist

dem

oder tr

woran die

mathematischen

geknüpft Funde

gleich, der weder Holte, Dicke noch Lange hat, sondern blos in der Einbildung besteht, aber doch dazu dient, Himmel und Erde auszumessen.

Das Point d'honneur ist eine

Schimäre, diese Schimäre hält aber den im Zaum, der sonst keine Gesetze kennt, und für den auch der Zaum der Religion ein F

blofser Zwirnsfaden ist,

Der Ankläger trat

vor Gericht, fiter Beklagte sprach: jener habe gelogen, Daher man

der Richter

gebot Zwey kämpf.

die Sitte sich zu schlagen, Lägen

gestraft

wurde.

so oft

Wer

sein

Wort gab, auf dem Kampfplätze zu erschei­ nen) konnte es nicht zurückziehen; die Heiligkeit

des Ehrenworts.

daher

Die Ed­

len schlugen sich mit Schwerdtern, die Nicht­ edlen mit Stöcken; daher die welche

den Stock

Verachtung

traf; denn wer ei HÖH

Stockschlag empfangen hatte, war wie ein Nichtedler behandelt worden.

Bey den Rö­

mern schändeten Stockschläge nicht, und jener edle Grieche sprach: schlage

mich,

aber höre l Nur die Nichtedlen kämpften mit eatblöfstem Gesicht.

Schläge in das Gesicht

konnten daher nur Nichtedle treffen, so wurde, eine Ohrfeige

und

Schande.

Es ist interessant nachzuspüren, wie die Meynungen der Menschen oft im dürren

fiplde Wurzel gefaffil, und. zu stanmügen Bäumen herangewachsen sind. Fortsetzung

des abgebrochenen

Kapitels.

Durch die Kreuzzüge wurden viele edle Geschlechter ganz ausgerottet, viele ertchöpft und viele zu Grunde gerichtet.

Eine wohl-

iliiitige Folge davon war, dafs die Leibeigen­ schaft erträglicher wurde, denn die Edlen blieben nicht mehr mächtig genug, ihre Lnterthaneu zu drücken.

So ist jedes Übel

in der Welt mit Gutem

gepaart; so wird

oft Thorbeit die Mutter von Menschritgliick; so tbeilt ein Blitz die schwüle drückende Luft, und die Pflanzen wachsen. Die Stünde übernahmen die Schulden 1 dar Fürsten, die Unterthanen der Stünde ' mufsten Steuern zaldeu, ued wurden dage­ gen von den Fürsten geschüzt. Das Grund­ stück war ein Eigeutbiun dessen, der es be­ arbeitete.

Allgemeine Leibeigenschaft dau­

erte in Teutschland kaum ein einziges Jahr­ hundert, in andern Ländern etwas länger.

"DJ« Knechtschaft," so spricht Meinen seinem historiseften

Magazin,

in

"war immer

"unter den edelsten Völkern der Erde nur "ein

vorübergehender

Unnatürlicher

Zu-

"stand, eine h a r t dauernde Krankheit." Mit der Wiedergeburt des Standes der Frejcn

sank die Macht der Edlen,

mehr mit der

Vervielfältigung

Wachithum der Stiidte.

und

noch dein

Schon zu Anfang

des dreyzehnten Jahrhunderts zogen viele edle Geschlechter in reiche und mächtige Stvi'dte.

Dort genossen sie Schutz und nah­

men Theil an einträglichen Würden Lehnen.

D e r Kahme Bürger

Fürsten ein Ehrennahme.

und

ward seihst

Freylich zwangen

über/uütlüge Städte auch manchen armen Edelmann, sich wider seineu Willen unter ihren Schutz zu begeben, und schon im Jahr ia5t klagten Fürsten und Herren auf dein Ueichsmge zn Worms, vor Heinrich dem Siebenten, Städte an.

laut den

Lbermuth der

Doch Klagen schaden nur dem

Schwachen, den Gewaltigen mufs mau durch

Gepult bekämpfen.

Der Adel schickte sich

in die Zeit, verband sich näher mit den Bürgern, führte sie an im Kriege und rich­ tete sie im Frieden.

Kaiser Heinrich der

Vogler sezte den neunten Mann aus der Landritterschaft in die Städte, um sie gegen die Einfalle der Hunnen zu schützen. Bis gegen das Ende des

fünfzehnten

Jahrhunderts ward der städtische Adel Landadel

gleich geachtet.

dem

Damals aber

beschlofs der Landadel zu Heilbroun, kei­ nen städtischen Edelmann

bey Turnieren'

zuzulassen, wenn er nicht vorher dem Bür­ gerrecht entsagt habe.

Von dieser Zeit an

sanken die Patricier, und erlangten nie wie­ der gleiches Ansehn mit den edlen Güter­ besitzern.

"Woher dieser Hafs? diese Un­

gerechtigkeit? Der Keim der Zwietracht lag in Ungleichheit der Sitten und getheiltem Interesse.

Der Stadtadr.l beschüzte Handel

und Wandel, der Landadel zerstörte ihn. Jener trieb seltener ritterliche Übungen, lief» sich oft zu Gewerben herab, die man bisher

m für unedel hielt, und vermählte sich mit reichen bürgerlichen Dirnen.

Auf einem

Turnier zu Onolzbach 1485 sezte der Adel fest: ein Edler solle nicht von dem Tur­ nier zurückgewiesen werden, weil er eines Bürgers Tochter geheyrathet, doch müsse ihm diese, zum Aufkommen n

mes, wenigstens 4 ° o Gulden zugebracht haben.

seines Stam­ Heyrathsgut

Jedes Jahrhundert wiefs

dem Reichthum einen Platz im Tempel der Ehre an.

Üb er durch die grofse Pforte

eingieng, oder durch eine iSebenthür schlüpf­ t e , das gilt gleich; genug er war darinn, er ist darinn, und wird darinn bleiben so lange die Welt steht. Dal < Ii- • fionori'S, Censtis anliiiiins; pauper nbifjiic \ncet. Ovid. Lib. i. Fast. Auch die Härte, mit welcher die Städte einen adelichen Räuber zu strafen pflegten, der in ihre Gewalt gerieth, erbitterte den Adel immer mehr und mehr. knirschen

Mit Zähne­

sali er den eisernen Käfigt, in

welchem die Quedlinburger einen benach­ barten Grafen eingesperrt liieiten.

Der Adel

verband sich gegen die Städte, welche sei­ n e Schlösser niederrissen und ihn zu vertil­ gen suchten, wenn sie konnten. stand der berühmte Löwenbund, der alten Minne,

u. s. w.

So ent­ der Bund

Jene Bündnisse

zu den Zeiten des Faustrechts, deren Ge­ genstand iheils Schutz gegen Gewalt, theils Handhabung von Hecht und Billigkeit war, bahnten der Unmittelbarkeit des Adels den. Weg.

So entsprang der Bund der W'ette-

rnuischen Reichsstädte im Jahr i553 ; so der Bund der Städte am Rhein; so die grofse Einigung Jahr 1404.

des fränkischen Adels im

W e r vorher die einzelne Ruthe

knicken konnte, versuchte nun umsonst das Reisigbündel zu zerbrechen.

Sehet da den

Ursprung der U ei chsr itterschaft sajnmt ihren Cantons! Bald lieng man auch an,

Bürgerliche,

nicht blos um kriegerische» Thaten, sondern um jeder öffentlichen 'Fugend willen, in

N den Adelsland zu erheben.

Schon Heinrich

der Sechste soll im Jahr njj8 hey einem Turnier zn Nürnberg, acht und dreyfeig Fa­ milien auf einmal geadelt liaben.

Andere

glauben, die ältesten Beispiele solcher Standeserhöluingen nur erst unter der Regierung Karls des Vierten zu finden. Adebsbriefe ka­ men im

i4ten Jahrhundert auf.

Kaiser

Wenccslaus der Thor, adelte Kramer und allerley Gesindel.

Auch seinein Nachfolger

Sigismund war Alles um Geld feil.

Unter

dem Kaiser Ferdinand adelte man sogar ei­ nen Schornsteinfeger in Breslau.

Seit einem

halben Jahrhundert verstellt man auch die Kunst, die Gebeine in der Gruft zu adeln. Als im i^ten und i5ten Jahrhundert die römischen Hechte in Teutschland Wurzel schlugen, und rechtskundige Miinner den F'ürsten unentbehrlich wurden, da öffnete sich dem Verdienst eine neue

Laufbahn.

Um eine Richterstelle ruhmwilrdig zu ver­ walten, ward jezt mehr erfordert, als Erfah­ rung, Biedersinn und gesunder Mensehen-

verstand.

Die Doctoren der Rechte erlang- T. s

ten den Adel, wurden sogar in SlÜ'tern auf­ genommen, und oft den Rittern vorgezogen. Kaiser Sigismund pflegte / u sagen: er kön­ ne in einem Tage hundert Ritter schlagen, aber in seinem ganzen Leben nicht einen Doctor machen. Kr/egsmärtner.

Sie nannten sich gelehrte Daher die artige gereimte

Redensart: arte et marte, htteris et armis. Sie beriefen sich ferner auf verschiedene Gesetzstelien, welche ich dem Leser schen­ ke ;

auf verschiedene

Verordnungen

der

Kaiser Constäntin, Ilonorius und Theodosius; und endlich auf eine gewisse Glosse über ein gewisses Gesetz, welche sagt: "die "Wissenschaften führen den Adel mit sich." Ob nun gleich diese Glosse da etwas so vernünftiges sagt, als eine Glosse sonst sel­ ten zu sagen pflegt; so sind doch heutzu­ tage die Doctoren der Rechte nur Bürgerli­ che, trotz aller vermoderten Kaiser, Gesetze und Glossen.

Was endlich die ilhormacht des Landeslierni auf immer gründete; was den Adel und die Stüdto in gleichem Grade nieder­ drückte; war der Eatia[friede, oder die Ab­ schaffung des Faustrecht5, die des Feuergewehrs scMou« bi : i -

Einführung

und die Errichtung sie-

Heere.

Das

ganze

nahm einen andern Gang.

Kriegswesen

Die italienischen

Condottieri, die teutschen und französisehen grofsen Banden, wurden meist von Abeniheurcrn aus allen Stünden angeführt. Infanterie

begann

wichtiger

zu

Die

werden,

durch den Gebrauch, welchen man von den Schweizern machte.

Der Adel war nur al­

lein zur schweren Reitcrey geübt, wobey mit minder Gefahr mehr Ehre zu erwerben war.

Die Erfindung d"S Schiefspulvers ver­

ursachte, dafs diese Reitcrey nur eine Ne­ benrolle zu spielen bekam.

Diese Revolu­

tion zerstörte den ganzen Plan der adeli­ chen Erziehung.

Sie machte auch den Tur-

nieren ein Ende, und so konnte der einzel ne

Ritter

sich

ausser dem Kriege dem

Volke nicht mehr darstellen und Ehrfurcht abzwingen.

Helme und I'an;er

schü/nm

nicht mehr. W allen üb im gen, und mit il körporbchc Vorzüge verschwanden.

n Auf­

klärung, Thätigkeit und Wohlluthcnheit der ftiehlcdlen

wuchsen.

Der Edelmann ward

Unterthan so gut -ds der Bürger und Bauer. Die Erziehung seiner Söhne und Enkel wur­ de vernachlässigt, ihr Körper weichlicher, ihr Geist schwächer.

Der Glaube an Fort­

pflanzung erblicher Tugenden erlosch. Man stiftete politische Bündnisse, man heyrathete ohne Liebe, man zeugte Kinder ohne Liebe. Mit jedem Jahrhundert ward die Stammta­ fel gröfser, und der Seelenadel kleiner. Doch die Keime haben nur geschlum­ mert.

Unterdrückung

weckt

Verdienste.

Vormals gerechte Vorwürfe entkräftet der heutige Adel durch Streben nach höherer Vollkommenheit.

Der Ahnenstolz klettert

nicht mehr auf dürren Felsen umher;

die

Tugend hat ihm die Hand gereicht, und ihn in die fruchtbaren Gefdde des Verdienstes

geleitet.

Ich könnte große Kähmen nen­

nen, aber die Bescheidenheit gebietet mir Schweigen, und unverdächtiger

Ruhm ist

nur für die Todten.

Der französische

Adel.

U n t e r den Galliern, spricht Cäsar, giebt es nur zwey Klassen von Menschen, die den und die Eulen; DIOIRR- ven.

Drui­

alle übrige sind Skla-

Mit den römischen Wallen kam auch

DT«.ab*der römische Adi;l nach Gallien, und nistete DMI»»

üb<-r Jm sich ein, bis die Franken ihn verjagten. KUCO

So

mischten sich die gallischen Ritter mit den

Adel, hat

Morles- Hörnern, die Römer mit den Franken, und dt-

6

die Franken mit beyden.

Die Abkömmlin­

ge dieser drey Nationen bilden den heuti­ gen französischen

Adel.

Seine Geschichte

gleicht der des Teutschen. Wort reden von

seinen

Ich will ein

vormaligen,

und

heutigen Rechten und Befugnissen. i«no,u». q

.au.

Frank, frey,

edel,

mals gleiclibedeutende

adelich, Worte.

waren vorChevalier

bannerct

(Panierherm)

nannte man den

Edlen, der reich genug war, fünfzig besol­ dete Kriegsknechte um seine Fahne zu sam­ meln.

Die Bachehers dienten unter der

Fahne eines andern Ritters, weil sie zu arm waren, um selbst das Panier aufzustecken. Die Schildknappen hiessen Ecuyers. Der Edle diente nur zuRofs, drum durfte auch nur er allein Sporen tragen.

Die Rit­

ter hatten deren von Gold, die Knappen von Silber.

Daher das Sprichwort: vilain

ne sait ce rpie valent eperons, (der ge­ meine Mann versteht die Sporen nicht zu schätzen.) Der

adeliche

doppelte Portionen.

Kriegsgefangene

bekam

Afs und trank er mehr

als der bürgerliche ? ich weifs es nicht. An den Unadehchen ergieng das Aufgebot sich zu stellen, nur Tages zuvor; an den Edel­ mann vierzehn Tage früher.

Kam es dem

lezteren saurer an, Weib und Kind zu ver­ lassen? ich weifs es nicht.

Nur der Edle besafs Lehne, nur er durfte auf der Jagd faullenzeu.

Die Edelfrau, die

einen Sohn gebahr, hörte von diesem Au­ genblicke au auf, Besitzerin ihrer Guter zu seyn; sie wurde nur Verwalterin derselben im Nahmen des Sohnes; sie durfte nicht veräussern, noch verpfänden, noch verschen­ ken.

Nur einen kleinen Theil, weniger als

ein Fünftel, konnte sie vermachen.

Der

Edelmann hingegen, beerbt oder unbeerbt, blieb Herr eines Drittels seiner Güter. Das war auch eine von den Ungerechtigkeiten, deren wir so manche an den Weibern begelui, ohne einen Grund dafür zu haben. Der junge Edle, der ein Weib nahm, oder zum Bitter geschlagen wurde, erhielt sogleich ein Drittel der Güter seines Vaters und seiner Mutter.

Ansprüche au sein Erb-

tbeil wurden erst in einem Jahre nem

Tage

gültig.

Der

und ei­

Minderjährige

konnte gar nicht getii htlich belangt werden. Der Edle schlug sich nur zu Pferde, auch gegen den Nichtedlctt, wenn der lea

;

tere Angreifer war.

Hatte aber der Edle

den Nichtedlen gelodert, Zweykampf zu Fuß.

so begann der

Ist es ehrenvoller, sicli

zu Fufs oder zu Pferde den Hals zu bre­ chen ? ich weifs es nicht. Wenn der Herr, wegen Verbrechen sei­ nes Vasallen, dessen bewegliche Güter ein­ zog, so hatte der Vasall, weiui er ein Edel­ mann war, das Recht zurückzubehalten sein bestes Pferd, den Streithengst seines Knap­ pen, zwey Sättel, ein Lastpferd, sein bestes W'amms, Bette, Gürtel, Bing, Brust-und Buscjiscldeyer seines Weibes, und eines ihrer Kleider.

Die Edelfrau, welche ohne Zu­

stimmung des Lehnsherrn ihre Tochter ver­ mählte, verlohr ihre bewegliche Güter; doch liefs man auch ihr ein Alltagskleid,

Ge­

schmeide, Bette, Wagen, Pferde, und einen Paradegaul, wenn sie einen hatte. So lange der Edle selbst zu Felde zog, war er*frey von Kriegssteuer,

Auch nach­

her gab er sein Vermögen nur nach Will-

kühr an, und man glaubte ihm, wie det Geistlichkeit, auf sein blofses Wort. Die Vornehmsten unter dem Adel Iiielien einen Maal's - und Münxherrn. Einige mach­ ten sogar Anspruch auf das Hecht, Fische •und andern Mundvorrath für die Stadt Pa­ ris, -wenn sie über ihren Grund und Boden gingen, anzuhalten und verzollen zu lassen. Nur der Edle durfte Sdbcrzeug über die Grenze von Frankreich bringen, doch blos zu eigenem Gebrauch. Strenger hülste der Edle, wenn von Geld­ strafen die Rede w T .

Verbrechen koste­

ten ihm Ehre und Ilepons cn Cour. Nichtedle litt Leibesstrafen.

Der

In der Provinz

Daüpliine durfte man im Mause eines Edlen seine Haabe nicht mit Arrest belegen.

Auf

der Universität Angers zahlten die Nichtedlen eine jahrliche Abgabe von zwanzig Sous; der Edle gab nach Willkühr, so viel oder so wenig er Lust hatte.

In dem Flek-

ken Carcassone steuerte er gar nichts zu den Abgaben dieses Fleckens.

Nur

um

todeswürdiger Verbrechen willen tonnte er in Champagne mit der Tortur belegt werden. Bey Verthedling von Präbeuden, Benefi­ zen und dergleichen, hat der Edle das Vor­ recht, die Zeit seines Studirens abzukür­ zen.

Lernt er schneller? oder braucht er

weniger zu leinen, als der Nichteüle? ich Weift es nicht.

Sonderbar bleibt es immer,

dal's der Edelmann mit gutem Fug und Recht doppelle Portionen speist, und mir halb so viel lernt, als der Nichtedle.

Ein

Gesetz Ludwigs des Zwölften, und verschie­ dene andere Verordnungen, überheben ihn vieler Mühe und Arbeit,

Auch cvlauU das

Lateransche Coueihum den Edelleuten und Gelelirten, mehrere Würden in derselben Kirche, mit Dispensation des Papstes zu be­ sitzen. Der Adel ist Steuer frey und entbunden von allen Zwangsgerechligkeiten und Frohndiensten.

Er trägt allein den Degen und

ziert sein Wappen mit Helm oder Krone. Er ist Vormund seiner Kinder; sein Erbe,

selbst das bürgerliche, wird nach adebcheu Rechten getliedt.

l~iit<|uaitirung tragt er

nur im höchsten Nothiiill.

Die edle Jung­

frau, welche sich mit einem Nichtedlen ver­ mählt, tritt nach dessen Tode wieder in ihre adeiicheii Rechte. Der adeliche Verbrecher wird nicht gegcisselt.

Seine Todesstrafe ist Enthauptung.

Nur Hochverrat!!, Raub, Meyneid und Zeu­ genbestechung machen ihn des Adels ver­ lustig.

In peinlichen lallen hat der Adel

seine eigene Gerichtsbarkeit, und kann ver­ langen, von der Grand-Chambre gerichtet zu werden. Da das Gesetz der Ehre, welches die Natur dem

wahrhaft Edlen in das Hera

schrieb, kräftiger winkt, als alle Zwangs­ und Strafgesetze; so kann der französische Edelmann seilten adelichen Schuldner vor das Tribunal du Point d hon neu r laden, wel­ ches bey dem Doyen der Marschälle von Frankreich gehalten wird.

Auch in Teutsch­

land kannte man vormals ein sogenanntes

Ehrengeri.ht

oder Ehrentafel;

es war ge­

bräuchlich in Preussen, Schlesien, Lausitz, Böhmen, Ostreich, Wolfenhüttel, u. s. W. unil wurde gehalten in Ehrensachen, oder in Fallen, wo man den adelichen Stand ei­ ner Person bezweifelte.

Der beleidigte Theil

niufste das Gericht vom Laudesherrn erbit­ ten.

Zwölf Edelleute aus zwölf verschiede­

nen Geschlechtern, deren keines des Be klagten oder Klägers Wappen führte, also mit keinem von ihnen verwandt war, safsen zu Gericht, und wäldten unter sich einen Ehren marschall.

Schön war der Gedanke,

die Waage der Gerechtigkeit der Göttin der Ehre in die Hand zu geben.

Jene richtet

mit verbundenen Augen nach dem

Cvttmt,

diese mit wachsamen Blicken nach dem lei­ sen inneren Gefühl.

Olt heilst die Gerech­

tigkeit gut, was die Ehre verwirft; und die­ se reiist oft den Lorheerzweig von der Stirn, wenn jeno die Palrae des Friedens reicht. Alan wird mir hier eine kleine Abschwei­ fung vcrzeilien.

Catharina die Grofse schuf

lOU

für ein ganzes Volk,

was Frankreich und

Teutschland nur der gebildeten Menschen­ klasse ungemessen glaubten. dem Gewissen.tgeri,ht;

I

c n

r e

d e von

einem der schönsten

Zweige in Cathannens Lorbeei kröne.

Jede

Provinz wählt den Edelsten ihrer Männer zum Gewissensrichter.

Jhin sind Bey sitzer

zugegeben. Allgemeine Menschenliebe, Ach­ tung Für seine Brüder, Erleichterung der Menschheit

sind

seine

schönen

Gesetze.

Jeder Unterthan kann in jeder Sache, zu jeder Zeit sich an ihn wenden; kann seine erste Klage an ihn geh »gen lassen, oder auch eine bereits vor andern Gerichten an­ hängig gemachte Sache, plözlich abbrechen and vor seinen Richterstuhl ziehen. Vor sein Forum gehört Alles und Nichts; der Gewissenhafte

denn mü­

stellt sich, der Gewissen­

lose darf ihn vorübergehn wie sein eigenes Gewissen.

Aber die öffentliche Meynung

brandmarkt denjenigen,

der sich weigert,

dem Gewissensrichter Rede zu stehn, und mir sind nur wenige dergleichen Falle be-

könnt.

Wer sich seinem Ausspruch unter­

wirft,

der kann nur an Gott appeliiren.

Seihst jeder andere Richter, vom höchsten Tribunal bis zur niedrigsten Instanz herab, kann in Sachen, wo das Sunimum jus ihm vielleicht Summa injuria scheint, die Ent­ scheidung verschieben, und mit Bewilligung hej'der Partheyen die geschlossenen Acten an das Gcn-issensgerieht

senden, um von

der Einigkeit zu heischen, was vielleicht das strenge Recht versagte. Wer weder Hoch­ verrath, noch Mord, noch Raub begieng, und doch drey Tage gefangen safs, ohne verhört zu seyn; den befreyt das Gevwssensgericlit auf der Stelle, und sein men­ schenfreundlicher

Befehl

werden, ohne eine Stunde

mufs vollzogen zu sJiumen. *)

*> Der VriF.Mcr, Weher selb.u die Ehre bat, Ptüident •in« jti>j>cl!iitionsiiur*nz tu seya, (Ulf am Erfahrung veuicheto, dafs das Gew/itocmgericht mehr all einmal, *ar Zufri.denbeit teyder Parthejen, Streitsache., go«AtlcWt tfatt, wo bey einem Unheil nach sirengem Recht ihm cki Heu eblotei haben «anie. 6

HeyJ Catharinen,

Menschen/reunttmn

l

ich vermag ihr keinen schöneren Titel zu geben.

Sie würkte durch diesen erhabenes

Gedanken auF die Bildung aller ihre* Bür­ ger,

"Wenn die Zeil einst Alles was ich

schrieb zu Staub zermalmt hat, o so ver­ wahre d u , Muse der Geschichte!

dieses

einzige Blatt, auf welchem Cathurinens Näh­ me steht!

Nenne dann mit dem ihrigen

Bach den Nahmen des Edlen, den sein Va­ terland zum Gewissensrichter wühlte: nenne den Nahmen Kurse/,

und umwinde ihn mit

einer Bürgerkrone. Nach dieser Abschweifung, welche jeder Leser von Gefühl mir gewifs verzeihen wird, kehre ich zurück zu der Geschichte des französischen

Adels.

Er theilt sich, wie

der teutsche, in hohen und niederen, in al­ ten und neuen.

Fürsten, Grafen, Marquis,

Barons und Ritter bilden seine verschiede­ nen Klassen. Adel

Nur der wird zum

alten

gerechnet, der seinen Adel seit dem

Jahr i55o erweisen kann.

Die Erklärung

vom fiten Febrti.tr 16G1 behandelt alle übri­ ge als Bürgerliche, die nicht einmal steuerfrey sind.

Ein behelmtes Wappen beweifst

heutzutage nichts mehr.

Jeder Narr MEt

statt der Schellenkappe einen offenen Hehn auf sein Wappen.

Der alte Adel wird No­

blesse de nom et d'armes ( Nahmen - und Waffen-Adel) genannt, von der nlten Sitte, die A/i/irnc/i

der Edlen im Heere laut aus­

zurufen, und nach blutigen Schlachten ihre fVaffen

als Siegeszeichen

auf/.uthürmen.

Der ßailly und Seueschall in Orleans, MouKns und Blois, darf nur aus dem iind Waffen

- Adel

Nahmen-

gewählt werden.

sogenannte Turnier - Adel

Der

ist nicht mehr

im Gebrauch seit i55o, als das lezte Tur­ nier König Heinrich dem Zweyten das Le­ ben kostete. Vor Zeiten gab es vier Wege den Adel zu erlangen; durch die Wallen; durrh Lr-hmguter; durch hohe Würden und durch ein Diplom.

Ämter:

Der Soldat ist heutzu­

tage nicht mehr Edelmann;- nur gewisse

Grade, ujlii inii Dienstjahre adeln ihn.

So

ei theilte auch dio Kaiserin - Könjginn von Ungarn im Jahr 1757 jedem Ülficier den Adel, der dreyfsig Jahre lang in ihrem Heere untadelliaft gedient hatte.

An den Besitz

von Lehiisgütern und Würden ist der Adel ebenfalls nicht mehr unbedingt

geknüpft.

Doch wenn Vater und Sohn adeliche Äm­ ter verwaltet haben, so ist der Enkel ein gebohrner Edelmann. Der Adel geht verlohren durch Actes de derogeance; (ungeziemende Handlungen) dergleichen sind: mechanische Künste; Be­ nutzung fremder PacLtgürer j Handel und Wandel; erniedrigende Handthietuugen und Ämter, von Schergen, Büttel u. s. w.

Der

Handel zur See, und im Grol'sen, thut dem Adel keinen Abbruch.

Der Edelmann in

Bretagne, welcher Handlung treiben will, erklärt förmlich, dafs er seinen Adel auf eine Zeitlang schlafen

lassen wolle.

Ha­

ben Vater und Großvater ihren Adel aut diese Weise schlafen lassen, so kann der

Enkel ihn ohne Umstände wieder erneuern. Geschieht das aber nicht, so bedarf der Ur­ enkel ein neues Diplom. Vormals ward der Adel durch den Hilterschlag ortheilt.

Seit

den Zeiten Franz des Ersien geschah es seltener.

Doch findet man noch Beyspielc

unter Ludwig dem Vierzehnten in den Jah­ ren

i6G?. und

1G76.

Hur der König kann in seinem Reiche adeln.

Vormals mifsbra lichten dieses Recht

Herzöge und Grafen, Bischöfe und Erzbischöfe, ja sogar Statthalter der Provinzen. Franz der Erste verlieh das Vorrecht zu adeln der Universiiiit Toulouse. Die Geistlichkeit geniefst adeliche Vor­ rechte, wird aber darum nicht zum Adel gezäldt. Die ehrwürdigen Herreu der Diöcesen von Autun und Langres machen zwar würcklicJi Anspruch darauf; denn was ist in der Welt, worauf ein Geistlicher nicht irgend einmal Anspruch gemacht hätte? Das Schöpfenamt (Echevin) ist gleich den Decurionen der alten Römer, an man-

dien Orten mit dem Adel verbanden. Kail der Fünfte adelte im Jahr i3yt alle Bürger von Ptris.

Heinrich der Zweyfe schränkte

diese Freigebigkeit im Jahr 1.I77 auf den Prevöt der Kaufleute, und die vier Schöpfen ein. Gloekenailet

ist der des Maire und ver­

schiedener Municipalbeamten.

Man nennt

ihn so, weil die Versammlungen z.ur Wahl solcher Beamten, durch Glocken angekün­ digt werden. Verschiedepe Amter und Warden adeln ihren Besitzer sammt allen seinen Nachkom­ men.

Dergleichen sind: der Siegelbewah­

rer, der Staatssecretür, der Staatsrath, der Requetenmeister, die Parlamentsräthe von Paris, Dauphin«';, Besanron, Dombcs n. s. w. Es gilt gleichviel, ob der Adel durch kriegerische Thaten, oder bürgerhche Tugen­ den errungen worden. man beydes.

Ehemals verband

Das salischc Gesetz verordnet

ausdrücklich: »der Ritter solle sein Schild »nicht ablegen, indem er Recht spreche.» Woher der unbillige Vorzug, den in man-

chen Ländern, der Soldat vor dem Ricluer geniefst? Er wagt sein Leben! höre ich alle MartissÖhne rufen.

Auch der Richter thut

dasselbe, nur nicht auf eine so glänzende Weise.

Jenen tödtet ein Seh werdt streich

auf der Stelle, und diesen foltert ein lang­ samer Tod, der bey der nächtlichen Lampe ihn beschleicht, wenn er für Bürgerglück, wacht und arheitet.

Mudi und Tapferkeit

Bedarf man nur im Kriege, Gerechtigkeit aber in Krieg und Frieden; im Frieden, um dem Kriege vorzubeugen; im Kriege, um den Frieden zurück zu führen.

Hohe bür­

gerliche Amter *gauen daher nicht blos den Adel, sondern auch die Ritterwürde, und Froissart spricht von Rittern

des Recfits.

Der Adel, der sich blos von der Mutter herschreibt, wird Kunkeladel war vormahls häufiger.

genannt.

Er

Unter Ludwig dem

Heiligen konnte der Sohn einer adelichen Mutter und eines unadelichen Vaters Lehne besitzen.

Charles de Montaigu, Crandmaitre

de France unter Karl dem Sechsten, war

nur Edelmann durch «eine Mutter.

Karl

der Siebente adelte Jean d'Eguise, Bischof von Troyes, seinen Vater, seine Mutter, alle ihre Nachkommen, und erth eilte auch den vreiblichcn das Recht, den Adel fortzupflan­ zen.

Wenn es wahr ist, dafs der Fürst den

nützlichen Bürger auch deshalb adelt, damit er in seiner lezien Stunde mit dem frohen Gedanken aus der Welt scheide, dafs er allen seinen Kindern sauer errungene Vor­ züge lünterlaTst; so finde ich es billig, dafs der Adel in seiner ganzen Kraft auch auf die Töchter forterbe, denn ein guter Vater liebt seine Töchter eben so sein als seine Sohne. In Champagne genossen alle Weiber das Vorrecht, den Adel ihrer Nachkommenschaft railzutheilen.

Man erzahlt, im Jahr 841 sey

der gröfste TheU des Adels jener Provinz in einer Schlacht getödtet worden.

Um

nun diesen Verlust zu ersetzen, habe man den Weibern gestattet, sich mit Bürgerlichen zu vermählen, und diese durch das Ge-

log schenk ihrer Hand zu adeln.

Andere su­

chen den Ursprung dieser Gewohnheit in noch - entfernteren Zeiten, als vielleicht die freyen

Weiber von Champagne Sklaven, eh-

lichten, ohne dafs die Freyheit ihrer Kin­ der dadurch gefährdet wurde.

Aber das

Gewohnheitsrecht von Meaux sagt ausdrück­ lich : la verge nnnoblit, le venire nffranchit. Doch gleichviel wie diefs Recht entsprun­ gen sey,

genug es galt;

nicht allein in

Champagne, sondern auch in Meaux, Sens, Artois und St. Michel.

Der wahre Ade!

wollte jedoch den Kunkeladel nen.

nie anerken­

Es entstand im Jahr täoQ unter Lud­

wig dem Dreizehnten ein Procefs darüber; bevde Thcilc schrieben sich müde, alle ihre Schreibereyen wurden bey Seite gelegt, und die Sache blieb unentschieden.

Jedoch er­

kannte ein Arret noch im Jahr iy85 den Söhnen einer Edelfrau in Champagne und ei­ nes imadebchen Vaters, adeliche Rechte zu. Das bekannteste Bey spiel eines solchen Adels von mütterlicher Seite, ist die Nach-

komraenschaft

des IfÜdgeus

von Orleans,

Jeanue d'Are, welche Karl der Siebente aus Erkemitlichkcit für ihre wichtigen Dienste, Staunt allen ihren Verwandten adelte, und ihr den Nahmen du Lys gab.

Auch die

Töchter pflanzten den Adel auf ihre bür­ gerlichen Gatten fort, bis Heinrich II, Hein­ rich IV und Ludwig XIII dieses Vonecht auf die männliche Linie einschränkten. Ähn­ liche Hechte genossen, nach dem Zcugnils des Justus Lipsius, die Töchter sieben edler Familien in Löwen. Es giebt noch eine sonderbare Gattung von Adel in Frankreich, der Glasadel.

Eine

alte Sage nehiulieh behauptet, nur Edelleute dürften Glas blasen,

Gewifs ist es, dafs in

den meisten Glasfabriken Edelleute diese Arbeit verrichten, und kernen Hin gerlichen neben sich leiden.

ludessen

giebt

das

noch keinen Deweis für den Adel, obgleich la Fioque selbst es zu glauben scheint.

Im

Gegeiuheil baten unter Philipp dem Schö­ nen und seinen Nachfolgern

verschiedene

Edelleute tun Dispensation, Glasfabrilten an­ zulegen.

Wozu das, wenn es dem Adel

nicht Abbruch [hüte? oder wenn es ihn gar verliehe?

Kaiser Theodosius befreyte die

Clasfabrikaiiten von vielen öffentlichen La­ sten; aber er tliat es nur, um diese nützli­ che Kunst aufzumuntern. Nachdem die Kreuzziige einen grofsen Theo des Adels weggerafft halten, fand Philipp der Kühne für gut, viele bürgerli­ che Familien in den Adelsland zu erljeben, und dadurch das ßeyspiel seines Vorgän­ gers Philipp des

Schönen

nachzuahmen,

welcher zuerst im Jahr tayo Ravul l'orfevre (das hiefs : den Silbcrbewahrer, Silbcrkimimerer seines Hauses) durch ein Diplom adelte. D'Hozier in der Histoire d'Amanze, führt zwar schon ein solche-; Diplom vom Jahr 1008 an, aber die Ächiheit desselben ist sehr verdächtig.

Andere wollen, den

ersten Adelsbiief habe Philipp der Erste im Jahre logf» ertheilt, an Eudes, den Mähe, genannt Chalo S. Mais.

Nach und nach bediente mau sich die­ ses Mittels als einer Finanzoperation.

Kar)

IX machte zu verschiedenen Zeiten zwey und vierzig Edelleute für Geld.

Heinrich

III schuf tausend auf einmal, und Ludwig XIV achthundert, zweyhundert, und hun­ dert zu gleicher Zeit.

Man hatte einen

Vorrath von Adelsbriefen für te Verdienste,

ausgezeichne­

in welchen nicht einmal der

Nähme ausgefüllt war; gleich einer Geld­ anweisung : »dieser Adel wird dem über»bringer dieses ausgezahlt.»

Reiche und

woldhabende Leute wurden gezwungen, adeln zu lassen.

sich

Richard Graind'orge, ein

berühnuer Ochsenhändler aus dem Lande Auge in der Normandie, mufste im Jahr i ,^77 wider seinen Willen einen Adelsbrief mit jo,ooo Livres bezahlen.

So rauhte der

Fürst sich selbst das schone Recht, durch Ehre zu belohnen; denn was ein Ochsen­ händler kaufen kann, keine Ehre.

und kaufest muß,

ist

Heinrich der IV. widerrief im

Jahr söoH allen Adel, der für Geld eriheilt

«i5 worden.

Er widerrief aber auch diesen Wi­

derruf 1606.

Ludwig XIII und XIV erkann­

t e n den bezahlten Adel für ungültig.

Das

hiefs mit dürren Worten: unsere Vorfahren haben mit falscher W aare gehandelt.

Ein

Kaufmann, welchen der Kauler auf solchem Betrug ertappt, mufs wenigstens das Geld zurückgeben; nicht also die gekrönten Kauf­ leute.

Sie vergessen, dals der Nachfolger,

wenn man Vertrauen zu ihm haben soll, halten mufs was der Vorfahr versprach; sie vergessen, dafs, obgleich es rühmlich ist, keinen erkauften Adel zu dulden, man doch ein wolderworbenes Recht nicht eigenwillig vernichten kann. Der Fürst hat nun einmal diese Münze für Gold gestempelt; soll sie nicht mehr gelten, so wechsle er sie ein; und ist seine Schatzkammer nicht reich genug dazu, so lasse er sie noch langer aus einer Hand in die andere laufen.

Ein ächter Ken­

ner wird ach doch nicht damit besudeln. Um der Vorrechte des Adels vollkom­ men tlieühaftig zu werden, mufs das Diplom H

in der Chamorc des Comptes und in der Cour des aide» registrirt worden seyiu Man gelit bey der Almenprobe selten über acht Ahnen; nur die Teutschen und Niederländer wollen mit sechszelm belogen seyn. Hier steht mit wenig Finselstrh hen ein Bild des

vormaligen französischen Adels.

Wie der Knaben Mutlrwille diefs schöne Gebäude in uusern Tagen zertrümmert hat, das weifs Jedermann.

Aber auch seine flui-

neu sind noch ehrwürdig. schönen Pflicht,

Eingedenk ihier

der Treue gegen ihren

Monarchen, kehren die Edlen von Frank­ reich mit blutenden Herzen dem väterlichen Heerd den Rücken, und fliehen ein Land, wo die Frey hei t sich in Bürgerblut berauscht. Der Reicbllium, den sie mit sich nahmen, war die Ehre.

Vergessen mögen sie ihre

Ahnen, vergessen die Verdienste ihrer Vor­ fahren; sie bedürfen deren nicht länger, sie sind geadelt dun h sieh seihst.

Bruchstücke aus der Geschichte •

übrigen europäischen

Da

Ursprung,

Fortpflanzung

des

Adels, und Sitten

des Adels, unter den übt igen eurojWuschen Nationen sich gleichen; so werde ich den Leser nicht durch Wiederholungen ermü­ den, sondern nur abweichende Thatsachen ausheben. In Spanien arm. ge.

ist der Adel zalilmich und v

Mancher Ritter geht hinter dem Pflu­ Aber er steckt ein paar Hahnenfedern

auf den Hut, hat Mantel und Degen neben sich liegen, und läfst den Plhig sofort ste­ hen, schwingt llugs den Mantel über die Schulter, fafst den Degen unter den Arm, streicht den Stutzbart, und thut als ob er wie ein Cavalier auf dem Felde spaziere, wenn ein Reisender vorhergeht.

Mau un­

terschied vormals daselbst Panieradel Kesseladel.

weil er seine Vasallen unter dem versammelte.

und

Der Erstere ward so genannt, Panier

Der leztere, die ricos hom-

: bres (reiche Männer) ersezten, wie es von jeluW Sitte war, durch Geld.

Tugend

und

Tapferkeit

Sie fütterten diejenigen, wel­

che mit ihnen in den Krieg zogen, aus grofsen Kesseln, daher die Benennung Kesseladel.

In Castdien, Leon, Arragonien,

Portugal!, Navarra, und andern spanischen Staaten, tragen viele grofse Häuser

Paniere

oder Kessel in ihren Wappen, als Zeichen eines alten glänzenden

Ursprungs.

Der

hohe spanische Adel theilt sich heutzutage in Grafen, Markgrafen, Herzöge und Gran­ des.

Sie werden Titulados genannt.

Der

niedere Adel besteht aus Cavalleros und G„i[- Hidalgos. V

In Spanien, wo sonst eben nicht

G

Vatfc.' ' ^ Gutes geschieht, hat man vor Kurzem •MUH. einen Versuch gemacht, die Zigeuner, und andere umherstreifende Müssiggänger zu gu­ ten Bürgern umzuschalten.

Eine Familie,

die drey Menschenalter hindurch einen nütz­ lichen Nahrungszweig betrieben, darf An­ spruch auf Belohnung, Elire, und sogar auf den Adel inachen.

I

ii

*

7

*

Iii der Republik Genua

trtheih

man

auch den Adel par aggregation, das heilst: man nimmt Familien in den Adel auf, sie werden

demselben

gleichsam

eingeimpft.

Diese Gewohnheit begann im Jahr 1^28. Man zahlte In Genua nur acht und zwan­ zig alte Häuser; aber vier hundert zwey uud dreyfsig, welche diesen zugesellt wor­ den. Auch in Floren: that man dasselbe nach Vernichtung der Republik.

Die Aufgenom­

menen wechselten Kähmen und Wappen. In Neapel herrscht seit dem Jahr i3oo die­ se Sitte, gleichwie in Mantna Italien.

und ganz

Das Haus Gonzaga hat mehrere

Familien sich eingeimpft.

Lucan

dasselbe vom Adel von Ragusa.

erzaldt

Er nennt

als Beyspiele die Grafen von lilageay und Cathasa.

*

*•

DJC Doctoren der Rechte werden auch in Italien dem Adel gleich geschürt.

In

uS Moyland mufs sogar ein solcher schon Edel­ mann seyn, um Anspruch auf den DoctorImt machen zu dürfen.

So erzählt Paul de

Morigia. In Florenz unterscheidet man den Sei­ denadel und den Wolleuadcl.

Der Erste

ist angesehener als der Lezte. Verinutlilich entsprang diese Benennung von den ver­ schiedenen Kleidertrachten ; 0*00X1 die Kla­ ge : das Kleid

macht

den. Mann,

ist sehr

alt. In Biscaya,

Chiary in Piemont,

und an

einigen Orten des venetianischeu Freystaais, giebt es Lacaladel;

das heifsl : solcher, der

auf dem Orte haftet, wo man gebohren wur­ de. Als ob nicht jede Handbreit Erde gleich edel wäre.

Man kann in Tempeln sündi­

gen, und in Häusern der Freude edle Thaten tbun. In den Gebirgen von Piemont und in der Grafschaft Nizza siehet man die Uber-

reste grober adehcher Familien, die gegen­ wärtig blofse Bauern sind, aber sich viel auf ihr vornehmes Haus, und wohlodelgebohrnes Blut einbilden.

Ein Reisender, der bey

einem solchen adelichen Bauer übernachtete, hurte einen Vater seinen Sohn fragen: »Rit» t e r ! hast du die Schweine gefüttert?». * Die Schweizer

* schätzen nur denjenigen

Adel, welcher schon vor Veränderung ihrer Regiei iingsforra exislirte.

Oder eigentlicher

zu reden: die Alpemepublicaner schätzen den Adel gar nicht.

Auch die Italiener nur acht Almen.

und Spanier fodern

In dem (irden du Crois-

sant, welchen Benö, König von Sicilien und Herzog von Anjou, im Jahr 1448

stiftete,

wird die Aluieuprobe gleichfalls nur auf acht festgesezl. Il Der portugiesische lich.

* Adel

ist nicht erb­

Der König verleyht die Titel Graf,

Marrjuis, Herzog, auf eben die Art wie in England der lUtterstond ertheüt wird. Auch dort werden diese Klassen, wie in Spanien, Tittdados genannt.

Oft ist der Vater beti­

telt, und der Solin nicht; oft umgekehrt. Die Edlen von Portngall sind stolz, und die Weiber, En. i« Emanuel

wie gewöhnlich,

am stolzesien.

de

portugiesischer

Farca^

ein

Schriftsteller, sagt: der Adel dünkt sicli Gott gleich; die Frauen lassen sich von ihren Miidgen nur kniend bedienen, und eben so müssen auch andere gemeine Leute zu ih­ nen reden.

Es bleibt ein moralisches Pro­

blem, warum die Weiber immer stolzer sind rds die Manner.

Wenn wir Herren Marcus

Herz glauben, so sondert sich der Nerven­ saft in ihren Köpfen schneller ab, und sie sind leichter zum Schwindel

geneigt.

Män­

nerstolz ist unerträglich und verdient einen Blick der Verachtung; Weiberstolz ist liicherÜch, und verdient die Ruthe.

Der •venetianische

Adel ist gröfstentheiU <

arm, oft so arm, dafs er im fünften Stock­ werk, zur Mietae wolint, seine Lebensmittel selbst ein!..:: .: und zubereilet.

Er lebt al­

lein vom Verkauf seiner Wabistimme, die der Ärmste gleich dem Reichsten im Senate giebt, und die sein kostbarster, Vorrecht ist. Mit dieser Aimuth paaren sich Ilochmuth und Insolenz.

Er schäzt sich Fürsten gleich,

und blickt herab auf die ältesten Famihru des festen Landes.

Er darf nie körperlich

angetastet werden.

Er speyt zum Zeichen*

seiner Hoheit im Schauspiel dem Volke aus den Logen auf die Köpfe. — Zuwcdeii öftnet der Senat das goldene

Buch,

wie e r j

solches noch im Jahr 1775 gethan.

Dieses

Buch heilst vermuthlich so, weil es Gold einbringt; denn man schreibt die Nahmen der neuen Edlen hinein, und das ist eine Finanzoperation. war der Preifs

Im le/ten Türkenkriege 10,000 Zechinen.

liefs mancher reiche Kaufmann

Damals sich zum

•aa Nobile umschaffen.

Das leztemal aber vcr

langte man blos Mitglieder aus dem des festen Landes. vier Almen: Einkünfte;

Adel

Die Bedingungen waren:

10,000 veneiianische Ducaten und ein beständiger Aufenthalt

in der Stadt Venedig. schreckte viele ab. Ehra •verkaufen

Der lezlere Punct Wehe dem Staat, der

mufs, um seinen Schatz zu

füllen! Rein Hiilfsmiltcl wird leichter er­ schöpft als die Ehre.

Der forentinisehe

Ad.-l war zu den Zei­

ten der ersten Medicis reich, denn er han­ delte; j'ezt ist er arm, denn er schämt sich des Gewerbes, welches der grofse Gosmus trieb.

Der Handel in Livorno würde ihm

grofse Vortheile darbieten; aber er associirt sich lieber mit Krämern in Florenz, uud ist so herablassend, den Wein selbst in I'allästen Flaschenweisc zu verkaufen. wenig Aufwand,

Er macht

und dennoch steht seine

Ausgabe in keinem Verhältnife mit seiner Einnahme.

1*3

*

V"

Der neapolitanische

Adel

besizt itinf

Versamwliingsliallcn, und theilt sicli daher in fünf Höfa oder Seggi.

Jede Halle fiihri

ihre eigene Devise und Panier, zu jeder zählt sich eine gewisse Anzahl Geschlechter.

adelicher

Diese wählen ihren Kyndi-

cus, welcher sie zusanunenherufl, über ihren Statuten wacht, die Befehle des Staatsraths empfängt, sie in den Hufen registriren lafst und Gegenvorstellungen macht, welche ge­ wöhnlich nichts fruchten. gilt nur Ein

Gesetz,

Denn in Neapel

des Königs

Wille.

Luxus und Mangel paaren sich unter dem neapolitanischen Adel.

Man läfst vier Läu­

fer vor sich hertreten, sich von vierzig Be­ dienten aufwarten, man hält fünfzig Pferde auf dem Stalle, und der

Haushofmeister

weifs oft nicht was er seinem Herrn zu Mit­ tag vorsetzen soll.

Von Zeit zu Zeit wer­

den sogenannte Ricevimenti gegeben, wo drey bis vierhundert Personen zusammen­ kommen, und sich an Biscuit satt essen. —

Nur im Mittelstände findet man dort, wie überall, ächte Tugend, wahres Glück.

* Der Katholische

Allel hat grofse Vorzü­

ge vor dem Protestantischen.

Dieser schämt

sich seiner geistlichen Würden; aus jenem werden Churfürsten

und Fürsten gewählt.

Die Kirchenverbesserung

hat also dein teut-

sehen Adel grolsen Schaden zugefügt,

und

überhaupt die Menschen nicht um ein Ffaar gebessert, weil sie nuu und nimmermehr zu bessern sind.

An Gottes Schöpfung mei­

stern, ist eine undankbare Mühe.

Vollkom­

menheit Legt vielleicht im Keim des Men­ schen; wohl uiii, wenn sie hieniedeu Frucht anscztl

aber reife Fruchte

sind nicht für

diese W e l t

In England und Sklaven.

gab es vormals Edle, Freye Thons

nannte man die Er-

steren; Cocrles die Zweyten, deren manche Ackerbau trieben; und Villains

die Lezle­

ren . deren Stand am zahlreichsten

war.

is 5 Wilhelm der Eroberer führte das Lehnrecht ein, und schuf zwo Gattungen von Baronen, deren erste Klasse unmittelbar unter dem König Stand, die zweyte aber ihre Güter von den grofsen Baronen zu Lehn trug. Im Gefolge der Lehnsverfassung erschienen wie gewöhnlich tausend Md'sbrüiiche.

Die Ba­

rone wurden den Fürsten furchtbar;

das

Volk bestand aus Bettlern und Sklaven; die Städte wurden von dem beherrscht, in des­ sen Gebiete sie lagen; Verachtung drückte den Handel, Künste und

Wissenschaften

schlummerten, die Edlen schmausten, krieg­ ten und zogen "auf die Jagd.

Die grofse«

Barone hatten einen Hof, Hofämter,

Mar­

schälle, Kaminerherren, drückten hier das Volk, rieben sich dort an den Fürsten, und wurden von bcyden gehafst.

Die Ndrmün-

ner brachten in England die Zunahmen auf, und zu Richards des Ersten Zeiten kamen die Wappen in Gebrauch.

Geadelt ward

auch der freye Landmann, der fünf Hufen Landes erworben hatte, eine Kapelle, eine

Halle, eine Küche und eine Glocke besals. Jezt theilt sich der hohe englische Adel üi fünf Klassen: Baron,

f'iscount,

Eail, (Graf) Marauis,

Duke, (Herzog). Sie

führen alle den Titel Lord,

(Vicomte)

und der älte­

ste Sohn hat Sitz und Stimme im Oberhäu­ te.

Der niedere Adel heifst Gentry,

Glied desselben ein Gentleman;

ein

doch wird

heutzutage jeder rechtliche Mann Gentle­ man genannt.

Die Stufen des lüedern Adels

sind Baronet,

K night,

(Ritter)

Der Titel der Ersteren ist erblich. schafft der König.

Esnuire. Ritter

Esquire darf sich ein

Jeder nennen, der 5oo Pfund Sterling jähr­ licher

Einkünfte

aus seinen

Landgütern

zieht. * Noch Adel

leben

*

*

unter den*

ukrainischen

einige alte Geschlechter, von den Zei­

ten her, ehe das Land unter polnische Herr­ schaft gerieth.

Ihrer sind wenige.

Der

polnische und russische Adel hat sich un­ ter sie gemischt. —

Der Hettmanii der

iz

7

Cosacfceii mufste Soldat und von guter Ge­ burt seyn.

Ohne Einwilligung des hohen

Adels, der neun Starscliinen- durfte er nichts unternehmen. Verbrecher dieser Starsclünen konnte nur der Zaar bestrafen. Der dänische Adel

hatte ehemals grofse

Vorrechte, welche nach Einführung der souvenünen Regierung erloschen sind.

Der

neue Adel wurde dem alten gleich gesezt; Ämter, Würden und Titel, durch eine Rang­ tabelle von neun Klassen bestimmt, vcrlcyhen des Adels Vorrechte.

Seit 1C71 schuf

mau in Dannemark Gralen und Freyherreu. * Der

*

schwedische

Reichsstand.

Adel

ist

der erste

Grafen und Freyherren, wel­

che man in Schweden seit i^Gi kennt, geniessen keine Adel.

Vorzüge vor dem übrigen

Der König ertlieilt den Adel nur

sparsam,

weil

ausgezeichnetes

Verdienst

überall nur sparsam gefunden wird.

Im

Jahr 1755 enthielt die Reichsmatrikel 06

gräfliche, 2^7 freyhoniiche, ig5/, Ritter-und adeliche Geschlechter, wovon aher viele er­ loschen, oder im Reiche nicht mehr ansäs­ sig sind.

So habe ich denn ans der Geschiebte aller Länder und Nationen erwiesen,

dafs

überall, in jedem Winkel der bewohnten Erde,

der Mensch

den

Stände kennt und ehrt.

Unterschied

der

W e r drang ihm

diese Uberzeugung auf? wer war sein Lehr­ meister, Wenn es die Natur nicht war? Ein allgemeines

hört auf ein

f'rtr-

urlheil zu seyn, und wenn die ganze.

r>oruriheil

IVelt

Unrecht

hat, so hat i'ermutklich

gan­

ze IVelt

Recht.

die

— Jezt wilLich versuchen

zu entwickeln, wie diese Begriffe entstehen konnten

wie sie nach

den

Gesetzen der Natur entstehen sollten,

und mufsten;

und

wie sie mit der Vernunft sich paaren.

tag ZWEYTES

KAPITEL.

Vorzüge und Gebrechen der Seile pflanzen lieh t'\>rt wie die des Körpers.

F o r t « creantur fort ihn» et bonit, Est in juveiicii, eil in eijuis iinriun Virlus, nec imberÜIcm leroces Progei te Iii Ii t n'[liilae ttilumbatn.

S t a r k e werden nur von Starken gebehren, Adler brüten keine Tauben aus. pflanzt seine Trägheit fort,

Der Esel

und der Fuchs

seine List; der Löwe seine Stärke, und der Mensch seinen Adel.

Der

philosophis< he W

Arzt Weikard erzäidt, es habe nicht allein ganze 1.1111 d i e n mit vier und sechs Fingern, oder Horngewächsen, sondern auch ganze Familien von Selbstmördern oder Dumm­ köpfen gegeben.

' W e n n , ' " sprach S u p i o

vom Metellns, "wenn

seine Mutter noch I

.

"

i3o "die fünfte Frucht gebühren sollte, so ist "es Sicherheit ein Esel." Können Eigenheiten des Körpers, wie Finger und Hörner; können Erscheinungen der Seele, wie Selbstmord und Dummheit, in ganzen Geschlechtern .sich fortpflanzen; warum nicht auch Seelengröfse?

Seelen­

adel? Der Mensch hält sich berechtigt, von dummen Eltern einen dummen

Sohn zu er­

warten; warum nicht auch von edlen El­ tern einen edlen Solln? Was ist die Seele? o wer weifs das? — Trenne die Eisenerde von ihrem Phlogiston, und der Magnet zieht das Eisen nicht mehr an.

Trenne die Bestandtheile des Kürners,

und der Mensch denkt nicht mehr.

Ein

aufgetriebener Darm löscht der Seele gött­ liches Licht aus.

Aber die Seele sey im­

merhin ein Geist oder die feinste Materie; so wird und mufs doch jeder Zweifler zu­ geben, dafs jenes denkende W e s e n , wel­ ches moralische Handlungen bestimmt, durch

die vollkommnere oder unvollkommnero ("Or­ ganisation des Körpers, bald eingeschränkt, nnd bidd mit frcyerer Wirksamkeit ausge­ rüstet wird.

Wem

aber

verdanken wir

Stiirke oder Schwache, Schönheit oder Häfslichkeit

des Körpers? — misern Ellern.

Warum sollte es denn gleichgültig seyn, ob ein Edler oder Unedler mir seine Organi­ sation mitthedte?

Der Sohn erbt von sei

nern Vater die Hypochondrie, eine

Krank­

heit der Seele; warum denn nicht auch den Edelniulh, eine Gesundheit

der

Seele?

Wenn die Tugend, mit Plutarch zu re­ den, nur eine lange Gewohnheit ist; warum sollte ein ganzes Geschlecht sich nicht eben so leicht an Ausübung der Tugend gewöh­ nen können, als ein einzelner Mann? Der junge Edle wird gebohren; die Grundsatze der Ehre in seiner Familie lebten schon vor Ulm, alles was ihn umringt, schärft ihre Ge­ setze ilmi ein, und er wird unwillkiihilich ein Mann von Ehre, so wie in jenen Lan­ dern, wo man nichts als schöne Formen um I 3

lieh sieht, lauter schönt; Menschen heran­ wachsen. Wenn Homer in der Odyssee, und Euripides in den Herakliden Wähnen: nur we­ nige Söhne würden den Vätern

äluilich;

wenn Demosthenes es gar für ein Gesetz des Schicksals hält, dafs immer die besten Menschen die schlechtesten Kinder UnterHessen; so höre ich nur den Dichter und den Redner sprechen; ich halte mich an die Erfahrung,

und rufe mit Lessing aus:

wer übertreibt, sagt nichts! Wozu überhaupt mit fremden Waffen kämpfen ? wir sind gebohren um selbst zu denken. Aristoteles — ich zittere, da ich es wa­ ge, seinem Anselm zu widersprechen, und schliefse mich furchtsam an den Plutarch, der ihm sein Recht an den über den Adel

Fragmenten

streitig macht — Aristoteles

spricht freylich wahr, wenn er sagt: die Tu­ gend der Menschen n.it welchen wir leben, sey mehr werth, als die Tugend ihrer ge­ storbenen Voreltern.

Aber wenn nun die

Tugend der Zeitgenossen nur in der Tugend ihrer Vorfahren keimen konnte, wie die Ce der im Saamenkorn der Ceder — und hier stelle ich einen Greifs als meinen Gewährs­ mann auf,

vor dem seihst Aristoteles die

Kniee beugen mufs, die Erfahrung

— war­

um sollen wir, wenn wir im Schatten des jungen Baumes sitzen, den Mann nicht eh­ ren, der die erste Ceder pflanzte, wenn gleich sie schon längst verdorrt wäre? — Aristoteles hat das seihst gefühlt, als er bald darauf den Begriff des "Wortes ren erklärte.

tVohlgeuoh-

"Hatte, spricht er, der Erste

"eines Geschlechts vorzüglichen Werth, so "wird er mehrere hervorbringen, welche ihm "gleich sind; denn wie der Ursprung, so "auch gewöhnlich das daher Entsprungene." Gerade das ist auch meine Behauptung, und so höre ich wieder auf xa zittern, denn ich habe die Ehre mit dem Aristoteles eiuerley Meymmg

z u

s e

y . n

Doch mit Stolz und Freude berufe ich mich auch noch auf den Lieblings - und

Modephilosophen unser* Jahrhunderts| auf Kant,

wenn er von den verschiedenen Men-

BchenMCen spricht.

Was blos zu den Va­

rietäten gehört, und also nicht an sieh seihst erblich ist, kann doch durch Ehen, die im­ mer in denselben Familien bleiben, dasjeni­ ge mit der Zeit hervorbringen, was ich den Famiheiuchlag

nenne, wo sich etwas Cha-

racteristisches endlich so tief in die Zeugungskraft einwurzelt, dafs es einer Spielart nahe kömmt, und sich wie diese perpetuirt. Mau will dieses an dem alten Adel von Ve­ nedig, vornehmlich den Damen desselben bemerkt haben.

Zum wenigsten sind in

Otaheite die adehcheu Frauen insgesammt gröfseren Wuchses als die gemeinen.

Auf

die Möglichkeit, durch sorgfältige Aussonde­ rung der

ausartenden Geburten von den

einschlagenden, endheh einen

dauerhaften

Familienschlag zu errichten,

beruhte die

Meynung des Herrn von Maujiertuis:

einen

von Natur edlen Schlag Menschen in irgend einer Provinz zu ziehen, worinn Verstand,

Tüchtigkeit

und Rechtschaffenheit

erblich

waren. Wenn die Natur

überhaupt edle und

unedle Menschenracen

schuf; warum nicht

auch edle und unedle Familien?

Anierica-

ner und Neger, die Völker des südlichen und östlichen Asiens, erkennen den höheren Adel der Europäer; sie bringen ihm ihre Weiber und Töchter, sie wünschen Zweige dieses edlen Stammes auf den ihrigen ge­ pfropft zu sehn,

und halten sich geehrt

durch das, was sie in der W u t h der Eifer­ sucht unter ihrem eigenen Volke mit dein Tode bestrafen.

Die Europäer sind erha- Um

bcii über die Creolen, die Mulatten über die Mestizen, die ursprünglichen Indianer über die Zambis, die Freynegeru und alte Negersklaven über ihre africanischen Brü­ der.

Was von der Gattung

auch von Einzelnen. Völker,

gilt, das gilt

Die Natur schuf edle

die Natur schuf edle

Geschlechter.

Man mische Grönländer unter Europäer, so verliert sich der Volksadd;

man vermähle

i5G Götz von

Berlichingen

mit

der

Itüdgerodts, so verliert sich der a.iel.

Tochter

Geschleckt*

Als im dreizehnten Jahrhundert der

Adel so zahlreich war, dafs der teutsche Boden ihn nicht ernähren konnte,

da wan­

derten viele Edle aus in fremde Dienste, seihst bis nach Cnnstautinopel zum griechi­ schen Kaiser. bildeten

Viele giengen nach Ungarn,

des Königs

Leibwache,

wurden

Fürsten gleich geachtet, auch Principe* ge­ nannt.

Otto von Freysingen behauptet! die

bis dahin hiilsliche ungarische Nation, sey durch Vermischung mit den teutschen Ed­ len selbst veredelt worden.

Hätte man ih­

nen Grönländer geschickt, es wäre nicht ge­ schehen.

"Blut und Stamm sind

"etlet oder erlaucht." ten Dänen.

gemein,

So sprachen die al­

Die Frucht Wird dem Stamme

entsprechen,

der Sohn dem edlen

Vater

gleichen.

Seelenadel druckt sich der Ge­

stalt auf,

sichtbar in Söhnen und Enkeln.

In Hirtentracht

nahte Regner der holden

V i nihil.iL aber kaum erblickte die Jungfrau

die erhabene Gestalt, das feurige Auge, als sie ausrief: "du bist nicht was du scheinst! "dein Auge voiriith den König"ohn." Saxo Grammaticus erzählt der Beyspiele mehrere, zum Thea lach erhöhe, wo Geschlechtsadel blos aus der Gestalt erkannt wurde, selbst dann wenn er in Lumpen gehüllt erschien. Es ist mit uns gerade wie mit edlen 1 Hunden odor Pferden. arabischer Pferde

Die Stammtafeln

reichen oft bis in das

drey zehnte Jahrhundert hinauf.

Nur in Ge­

genwart obrigkeitlicher Personen werden die edelsten Stuten l>elegt, und die Mutter wirft in Gegenwart von Zeugen.

Solche adeliche

Pferdegeschlechter zeichnen sich nicht blos durch Schönheit, sondern auch durch Sanft­ mut!], Geselligkeit, Verstand und Duldsam­ keit aus.

Fast eben so ist es mit den Pfer­

den in Paraguay.

Es gilt Überhaupt gleich­

viel, ob der Forscher nach Wahrheit seine Beobachtungen an Menschen oder an Thieren

anstellt;

selben.

die Resultate

bleiben

die­

Freylich ist auch die Erziehung des jun­ gen Edlen von der des JN icluedlen sehr ver­ schieden, und würkl auf Geist und Körper; wer leugnet das?

Aencas Sylvins schildert

die jungen leutschen Edlen Eolgendergestaltl sie lernen elier reiten als reden. Kalte und Uitze sind ihre Gefälnten, Arbeit ihr Freund. Die Wallen tragen sin so leicht, als audere Menschen Anne und Heine tragen.

Die

Kretenser machten wenig Unterschied zwi­ schen Knechten und Freyen, doch waren die erstercu aus ihren Gymnasien ausgeadJuiii schlossen; und die Tugendschule, welche Xenophon den Persern andichtet, scheint blos für ihren Adel bestimmt gewesen zu seyn.

Doch wäre der ein blinder Nachbe­

ter des Helvctius, der behaupten wollte, die Erziehung könne einen Ileiostrat zum So<. rat es umschatten.

An den Körjter wird

das Uiibegrrilliche, das wir Seele nennen, lest gebunden.

Kränkelt jener, so kränkelt

diese; und ist jeuer gesund und stark, so hat die Tugend freyen Spielraum in dieser.

Immer ist ein Bösewicht krank, wenn wir es gleich nicht aussei lieh gewahr werden; immer liegt der Saame aller Laster in einer fehlerltaften Organisation des Körpers. sen gaben Vater und Mutter.

Die­

Wie viel

oder wie wenig Vater oder Multer dazu herleyhen, beruht auf unbekannteit Gesetzen der Natur.

Sind aber beyde edel,

gewifslich auch der Sohn edel

so wird geholtren

seyn, und der Erziehung hegt es alsdann ob, ihn edel

nmzubildeti.

i4o

DRITTES KAPITEL. Fon der Ehrfurcht

vor altem Adel.

M i t einer Mischung von Erstaunen und Ehrfurcht stehen wir vor den Ruinen eines alten Fe Isen schloss e s , weil sie dem Strom der Zeit Jahrhunderte

lang widerstanden.

Mit eben diesem Gefühl betrachten wir ei­ nen alten Eichbaum; wie mancher müde Pdger lagerte sich seit Jahrhunderten in seinem Schatten!

Der Stamm ist vielleicht

zur Hälfte abgestorben, aber er treibt noch immer neue Zweige.

Und sollten wir um

der dürren Reiser willen, die hin und wie­ der zwischen den grünen Asten sich unnülz brüsten, den ganzen Baum verachten? — Ein solcher Eichbaum ist der edle Menschenstamm, der im grauen Nebel der Vor­ zeit aufschofs, jedem Sturm und Ungewitter widerstand, vielleicht von manchem Blitz getroffen,

doch nie zerschmettert wurde.

•4' Wer mag ein heimliches,

unbegreifliches

Gefühl der Ehrfurcht ihm versagen? Neuer Adel ist das W e r k des Fürsten, aller Adel nur das W e r k der Zeit.

Jener gebiert öf­

ter Talente, dieser Öfter Seelengröfse. Schlosser mevnt, es sey doch sonderbar, dafs die heutige Welt die Vorwelt vieler Jahrhunderte fragen müsse, wen sie ehren und achten soll? dafs der Stempel den die Vorwelt aufdrückte, durch zwanzig Genera­ tionen seinen Charakter nicht allein nicht verlieren, sondern ihn immer noch tiefer eindrücken sollte; die neue Welt aber so­ gar das Recht solche Stempel aufzudrücken, verlohren habe.

Ich verkenne

sonst so feinen Beobachter.

hier den

In allen Din­

gen gilt der Stempel der Vorwelt mehr als der der heutigen.

Religionen werden ehr­

würdig durch Alterthum.

Die Schriftsteller

der Römer und Griechen behaupten

den

Bang über die unsrigen oft nur deshalb, weil sie zweytausend Jahre alter sind.

Das

Recht der Vorwelt, den Stempel der Ehre

51,11 n

aufzudrücken, wird nach Jahrhunderte» das Unsrige seyn.

"Worüber beklagen wir uns?

Auch versagt kein achter Edelmann dein durch tung.

Verdienst

Neugeadelren seine Ach­

Warum sollten die Pyramiden von

Memphis die Meisterwerke der neueren Bau­ kunst herabwürdigen? warum das bemooste Felsstück dem florentinischen Marmor Holto sprechen, weil er erst neuerlich gehauen worden?

W i e schön ist jener Adel, sagt

Plutarch, der durch Tugend entsprungen, von den Vorfahren

auf uns herabgeleitet

wird, und dir Andenken in uns erneuert. Plutarch war der Lieblingsschriftsteller des Homme de la nature et de la verite'.

Der

Philosoph Chrysippus führt einen alten DenkSpruch au: Wer rühmt seines Vaters sich als unwürdige Sübne ? den er folgendergestalt verdreht: Wer rühmt seines Vaters sich sonst als würdige Süline ? Dionysodor von Trözene tadelt ihn darüber.

Mich dünkt, beydea ist wahr.

Der Thor

hüllt sich in das Verdienst seiner Voreltern; aber auch dem Weisen, d e m , wie Pind.ir singt,

seiner Väter hoher Geist

angeerbt

wurde, macht es Freude, bey den Denkmä­ lern seiner Ahnherren zu verweden.

Stok

ist edel; aber es giebt Hochmüthige ohne Stolz und Stolze ohne Hochmuth. Das Andenken der Tapferkeit, die um 2 die Scheiteln unserer Ahnen immer grüne Lorbeern wand, ist eine stete Erinnerung, wir sollen nichts thun, das ihrer umverth sey; wir sollen glauben so grofs seyn zu können als sie.

Die Tugenden der Vorvä­

ter nachzuahmen, und ihre schönen Tags? wieder herzubringen, mufs man sich seines Herkommens um der Pflichten willen erin­ nern, die es auflegt; man mufs sich seiner Ahnen erinnern, weil sie Beyspiele für uns sind ; man mufs jene Thaten in Bildern auf­ führen ; sie durch jeden Reiz der Beredsam­ keit und Dichtkunst erhöhen; nie glauben, ihr Ruhm, sey ein Erbtheil das wir ruhig

geniefsen könne»; nie dein albernen Wahn Kaum geben, alles müsse vor einem grofsen Nahmen weiclien.

Alsdann leben die Väter

unter ihren Enkeln wieder auf, dann win­ ken uns die Schatten der Erschlagenen auf das Scldachtleld lüu, dann beseelen sich die öden Trümmer und

die alten Trophäen.

Durch diese angenehme Schwämterey lodert statt der Eitelkeit kleiner Seelen, die Sehn­ sucht nach grofsen Tliaten in allen Herzen empor, ein neuer Eifer für den Staat, und die wahre Liebe der vaterländischen Tugend. Die Kinder der Hunnen gerieiheu in eine Art von Raserey, wenn man ihnen die gros­ sen Tliaten ihrer Vorfahren erzählte, und ihre Väter weinten, dafs sie nicht mehr hof­ fen durften ihren Kindern gleich zu seyn. Iiier ein Wort über den nuäiliCeii neinloh.

Ah-

Grofse Männer haben seiner ge­

spottet, und kleine Männer, deren Gewissen nicht frey davon ist, mögen diesen Spoll hier wieder lesen. menbaum,

Frey lieh soll der Pflau­

der doch nur huzlichte gelbe

Pfläumgen trägt, sich nicht brüsten, weil er aus einem Apticoscnkern entsprungen ist, der einst aus Epirua gebracht wurde. Das ist eine wassersüchtige Ehre, die blos vom Stolz der Geburt aufschwillt. Das Wort Ehre

wird auf jedem Grabe gemifs-

handelt, ist ein lügendes Siegeszeichen je­ der Graft, und eben so oft stumm, wo Ver­ gessenheit das Gras würklich ehreuwertlier Gebeine ist. Die sich mit Bildern und Stammtafeln brüsten, sind freylich bekannte

Menschen,

aber drinn nicht immer edle Menschen. Würklich ist der Adel etwas

grofses,

wenn er sich auf eigene Verdienste, oder auch auf ausnehmende Verdienste der Vor­ eltern gründet.

Aber läppisch ist der dar­

auf sich beziehende Stolz, wenn man ent­ weder schlechterdings auf seine Titel und Wappen, oder so sehr auf die Verdienste seiner Voreltern stolz ist, dafs man es für überflüssig halt selbst Verdienste zu erwer­ ben.

Eine adeliche Geburt wirkt in gna'diK

146 gen Herren von kleinem Verstand nichts als ITinjl—lh

Für Edelleute, welche die Ehre

haben von Helden abzustammen,

und das

Unglück ihnen in ulleni onähnllch zu seyn, schickt sich eine edle Selbbtschäizung eben so wenig, als der Stolz auf das vOJnehme in seinen Adeni wallende Blut für einen Junker, der kein ganzes Paar Hosen hat. Je iic cnj.. «oufi'rii c|u na fat üont la mol N'a rien poiir i'apptyir (ju'une vaine BoUwM, So paro in sol cm nie "t du incrilii .1

El me 1 iij.ii' 1111 lionuL'ur, r[ui 110 rimt ; as du Ini. So süigt Boileau.

Und wie manchen Dich­

ter, Redner und Weltweiten konnte ich noch plündern, wenn mir daran läge, meine ReIesenheit anstauneu zu lassen. Teutschen

Doch einen

mufs ich noch anführen, und

zwar einen teutschen

Edlen.

Mir I1.1t n w h nie die gwwnloie Ehrsucht Den kk'iui'ii Si.il/. auf Almen eingeprägt.

So dichtet der Freyherr von Gemmingeii. Lud welcher brave Edelmann dachte n i c h t wie er! wenn er es gleich nicht so schon

zu sagen weil*.

Die ganze Welt ist nur

Eine grofse Familie.

Der Bauer ist ver­

wandt mit den Hapsburgern, und der Bett­ ler mit den Weifen.

Ein vor Ratten und Hfcl*««

Mausen bewahrter Stammbaum ist kein Verdienst; spricht ein teutscher Graf, und ich liebe ihn drum.

Ein schaandiaftes Lachein

glänzt auf der Wange des wahrhaft Edlen, wenn er die sonderbare Etymologie des Wor­ tes Ahnen

in einer Glosse des Sachsenspie­

gels liest;

"Das Wort Ahnen,"

heilst es

dort, "ist aus dem Latein gezogen, von dem "Wörtlein anus, welches heUset, der Hin"dere an dem Menschen." Die Könige von Sparta hielten Köche und Trompeter, welche ihre Amter auf ihre Kinder vererbten, diese mogten das Kochen und Trompeten verstehen oder nicht. lächerlich ist Ahnenadel gend,

ohne

So

Ahnentu~

Nur mit dem Unterschiede: dafs un­

würdig ererbter Adel lausend Unglückliche machen kann; da es hingegen eben nicht viel zu sagen hatte, wenn auch dem König K n

Ä n i

viui Sparta beym Trompeten

rinmal

die

Ohren weh thaten, oder seine schwarze Sup­ pe angebrannt war.

Auch tauscht der Ruhm

der Vorfahren nur allzuoft.

Das rohe Al-

terthum hatte einen andern Maafsstab der Gröfse; oft gebrach es auch den Geschicht­ schreibern an eigenem Seelenadel, um frem­ de Thaten nach Verdienst würdigen zu kön­ Der Held Alexander

ist heutzutage

nur ein gekrönter Räuber.

nen.

Mancher wurde

vor seineu Ahnen laufen, wenn er plözlich in ihrer Mitte stünde.

Werft einen Bück

auf dio rohen Menschen des

vierzehnten

und fünfzehnten Jahrhunderts, wie sie nur von Turnieren und Fehden träumen; wie sie in Gottes Nahmen

ausziehn, arme Han­

delsleute auf der Strafse niederzuwerfen und zu berauben; wie sie in dieser Stunde mor­ den, und in der andern sich besaufcn; wie sie an einem elenden Volkslicde sich er­ götzen, und über die faden Schwanke eines Hofnarren lachen; wie sie ihre Rache an den Meistbietenden verhandeln,

und dieser

dann auf seinem ßergschlofs lauert, den un­ befangenen Reisenden niederwirft, oder eine Ritterzehrung von ihm heischt; wie der Defehdungen kein Ende ist, und sogar Küchen­ jungen ihren gnädigen Herren die Fehde an­ kündigen.

Freylich wuchs auch W'eitzen

unter jenem Unkraut,

und

Heldeuthateu

keimten zwischen Raub und Mord. Segen

beschützter Witt wen

und

Der

Waysen

drang öfter zum Himmel empor, als das Hülfsgeschrey geplünderter Wehrloser. Höre mich, edler Jüngling meines Vol­ kes ! Ehre deine Vorfahren durch Thaten! Vergifs deines Ranges wenn die Menschheit spricht! Gedenke deiner Ahnen wenn die Ehre ruft! Sey nicht stolz auf die Geister der Helden! sey ihr Stolz wenn sie auf dich herabblicken 1 Herrsche sanft über den, den nur Gehorchen

beglückt! sey der Bru­

der dessen, den Gleichheit glücklicher macht! Liebe den Redlichen im Kittel! Ehre den Weisen in der Hütte! Sey selbst redlich und weise, damit sie dich wieder lieben und

ehren.

Dein Herz sey reich wie deine Ge­

hurt!

dein Herz sey ede! wie dein Ge­

schlecht! Dann tritt kühn vor deinen Stamm­ baum und sprich: " H i e r lebten grofse und "gute Menschen! ich hin auch Einer."

VIERTES

KAPITEL.

Von alten Geschlechtern.

U n g e r n raube ich manchem Thoren eine glückliche Täuschung.

Ich gedenke dabey

einer vortrefflichen, eben so edlen als adeliehen

Frau. die mir einst fein und wahr

schrieb: "eine Täuschung

die mich be-

"glückt, ist mir lieber, als eine Wahrheit "die mich elend macht." Es giebt Geschlechter, welche die alten Porzier, Fabier, Centidier, zu ihren Ahn­ herren machen, oder ihre Stammtafeln bis zu den Zeiten Karls des Giofsen hinauf füh­ ren, das heilst, sie ergötzen sich an Fabeln. Fast jedes teutsche Fürstenhaus denkt mau zu ehren, indem man ihm die Karolinger oder Wittekinde

zu

Ahnherren

auf lügt.

Den Kaiser Uudoinh beschenkte man mit einer Stammtafel aus der Auicüchen Perleonischen

Familie; Anhalt

und

sollte aus

• dem Ursinisrhen. Hohenlohe

Geschlechte a Iis lammen;

aus dem Flaminischen;

Hohen*

zollern aus dem Coltimnesisehen.

Welche

Thor hei ten ! Unser Erdhall wälzt im mora­ lischen wie im physischen Verstände sich ewig im Kreise, und es ist kein ßube so gering, dafs er nicht sicher hoffen

dürfe,

nach einigen tausend Jahren der Stammvar-ter eines Fürsten zu seyn.

In den mehr-

sten Stammbäumen ist der Erste des Ver­ zeichnisses immer ein grolser Staatsmann oder Officier vom ersten Range.

Der ehr­

liche Handwerker der ihn zeugte, und die ganze Reihe seiner frugalen Vorfahren, die Wurzeln dieses edlen Stammes, sind abge­ hauen, und ihr dürft euch ja nicht einbil­ den, dafs der edle Stifter dieser Familie auch einen Vater gehabt. Wäre die W e l t auch nur noch ein Jüng­ ling von sechs tausend Jahren, so hätte sie doch wenigstens schon zweyhundert Gene­ rationen aufzuweisen. hunderten

Von diesen

Zwey-

kennt auch das älteste Haus in

Europa — ich gebe, viel zu — nicht mehr als Fünf

und zwanzig.

Aber die übrigen

hundert und hinl' und siebenzig haben doch auch existirt?

wer waren sie?

Edle oder

Unedle? — Dio Ahnen, welche hinter der-. Scheidewand des eilften und zwölften Jahr­ hunderts verborgen sind, erblickt nur die Eitelkeit durch ihre Brille.

Und wer steht

dafür, dals auch die übrigen, deren Nahmen uns bekannt wurden, mehr als den blofsen Nahmen zu Fortpflanzung ihres Geschlechts hergebehen haben? Als im Jahr 1719 zu Dresden ein Turnier gehalten werden und ein Jeder seine Ahnen beschwören sollte, erklärte der bekannte drollige General von Kiau: er könne das nur in Ansehung semer Mutter tbun. Nein die Zeiten sind nicht mehr, wo auf einem FamiÜcngemUldde die Jungfrau Maria zu dem vor ihr knienden Ritter spricht: "Stehen sie auf, Herr Vetter, und bedecken "sie sich."

Die Zeiten sind nicht mehr,

wo man den Brief mit Ehrfurcht anstaunte,

durch welchen Pontius Pilatus einem Käm­ merer Dalberg

zu Worms, die Kreuzigung

. Christi notifizirt.

Es gehört nicht zum W e ­

sen des Adels, dafs er wisse, wo die ersten Windeln getrocknet wurden. Piedlichkeit, junge

Immer alle.

immer neue Thaten,

Tugend,

immer

erheben das jüngste Ge­

schlecht zum ältesten in Europa. Schön ginn« der Stempel, ivcli-.hen die Geburt Aus greisen Ahnen auf den Fnkel drückt; Doch schuiier plann er in dem Würdigen. F.uripidtt

Ilekuha.

FÜNFTES

KAPITEL.

Der ächte Adel.

Fromm, weise, klug und mild, Gehöret in das .V! Iss. IiilU.

S o singt der alte Reim, und Cicero nennt den Adel eine anerkannte

Tugend,

weil

der erste Adel aus der Vermählung der Hochachtung mit der Tugend entsprang. Wer waren die ersten

Edlen?

Nenne

sie Muse in sanften und starken Tönen! es waren die Wohlthäter der Menschheit! Die Nahmen Hercules, Amphion und Orpheus leben noch, und selbst die Fabeln, die man ihnen nacherzählt, sind Beweise ihrer gros­ sen Thaten.

Theseus, Draco und Solon

bildeten die Athenienser, Lycurg und Mi­ no« die Kretenser, Philolaus die Thebaner, Apollo die Arcadier, Zoroaster die Bactrianer,

Plato die Magnesier,

Romulus und

Numa die Römer, Peter und Cadiarina die

Russen.

Mögen immerhin Hunnen und ta­

tarische Horden die Welt verheeren, Alexandrinische

Bibhotheken

verbiannt

werden,

und Erdheben Länder verschütten; ihr Näh­ me wird nie vertilgt, und drre Denkmäler werden nie zerstört. 0

wie schön ist e s , der Zeitgenossen

Glück schallen! o wie schön und grofs, mich der Nachwelt Glück bereiten! Sie ist nicht undankbar, sie vergilt mit Lieb' und Ruhm die kleinste Wohlthat deren Einllufs fühl­ bar blieb.

In dem Dorfe Tschikinann, im

Werchotoxischen Gebirge, leben die Nach­ kommen eines gewissen Babtnow, der im Jahr 1705 eine neue bequeme Landstrafse baute, und dadurch das allgemeine Wohl beförderte.

Ihn beschenkte Zaar Michael

Federowitsch mit einem Gnadenbriefe; ilin ehren noch heute seine Enkel, und seine Enkel sind in ihm geehrt.

So leicht ist es,

die Nachwelt zu bestechen, wenn die Münze eine Wohlthat ist; wenn man, statt Kirchen und Klöster, Landstrafsen baut.

Darum wird auch der Weise und T a p ­ fere für edel geaclnet, wenn er gleich kein Edelmann ist.

Adel der Gesinnungen ver-

leyht frey lieh keinen Stammbaum.

Auf je­

dem Pfade der Tugend kann man edel seyn, doch Glück, Verdienst, Zufall und Gunst müssen sich der Tugend zugesellen, um adelich zu werden. Schon vor drey tausend Jahren hat Ho­ mer in seiner Iliade den wahren Adel be­ zeichnet. Warum, mein Freund — so spricht dort Sarpedon zum Clauens: warum verehrt man uns in Lycien als Götter: warum sind wir Herren der fruchtbarsten Ländereyen ? warum überhäuft man uns mit Ehrenbezeu­ gungen bey öffentlichen Feyerllcbkeiten? — Wir sollen den Gefahren trotzen; wir sol­ len die Ersten seyn auf dein Schlachtfelde; damit unsere Krieger von uns sagen mögen: Solche Fürsten sind es werth, die Lycier zu beherrschen. Damals war Tapferkeit noch die einzige geltende Münze, wofür man Ruhm und Ehre

eintauschen k o n n t e ; denn in der Jugend eines Staates blühen die Waffen, im männ­ lichen Alter die Wissenschaften, im tireisenalter Künste und Handel.

Su ward mit dem

Wachsthum

jede

der Kultur,

bürgerliche

gemeinnützige 'fügend nach ihrem wahren Werth gewürdigt. Adel',

Tugend

ist der einzige

rief H o r n ) *) nur Tugend

sprach Apulejus; **) fiemde nicht

unser Eigenthum!

ah

das Blut

Tugend

der Könige

sind

sang Ovid; ***)

nur der Edle ist adelich gebühren! Euripides; «***)

adelt!

Tliaten

schrieb

adelt

herrlicher

der

Franken!

dichtete Marcellus. ****•)

*". <• noa ojici. null geneiii nullcuiu, i«J iiigrnii, morn, rittuii|ue nululiUverunt.

*'•') Nobilit OH, nen cjui onjonliui long., jtm ipnipore ***») THUMS doen nun unguin« oiii,

Kon |ilui ficiam i« <|uim tibi riulica nai« Si s.i et igiiKiii iiuliciu et pairr. Mirc.Ii> P.ll.o;-

i5y Ja! Tugend bedarf keines Ranges. Edles Bewustseyn ist ihr Schild, eine schöne Tliat ihr Helm.

Wer Tragt nach Almen WO Frank­

lin erscheint? Rousseau

wer fragt nach Titeln wo

auftritt?

wer fragt nach einem

Pergament wo alle Herzen reden? Leibnitz, Wolff und Uallcr wurden zu Freyherren erhoben, doch spricht man immer noch: Leibnitz, Wolff und Haller, und erwähnt ihrer Freyhcrrüchkeit nur selten. Menschen, welchen

Es giebt

Titel Ehre leyhen; es

giebt andere, welche

Titeln

Ehre leyhen.

Ludwig XIV adelte Moliere, Moliere lachte darüber.

Sein Adel ist vergessen, seine

Lustfpiele leben noch.

Lucas Cranach, Ru­

bens, van Dyk, wer kennt nicht ihre Nah­ men? ihr Adel hängt in den Bildersälen, wer fragt nach ihren Diplomen? Jeavmin war einer der besten Minister Heinrichs des Vierten, obgleich die Spanier nicht begrei­ fen konnten, wie man einen Menschen ohne Adel zum Gesandten an ihrem Hole machen könne.

D e qui etes-vous Iiis? fragte ihn

i6o der König.

Sire ! de nies Terms, antwortete

der Biedermann.

Alberoiü trug als Knabe

grüne Waare zu Markte, und verwirrte als Kardinal ganz Europa.

Die Erreilerinn Pe­

ter des Groden war ein liefländisches Bauenniidgen, und sein Freund verkaufte einst Pasteten.

Papst Adrian VI war eines nie-

-i'. derla'ndischon Fischers Sohn ; Iphicrar.es der Sohn eines Schusters; Marius, der sieben­ mal Consnl wurde, der Sohn eines Hand•« werkers. sul.

Salvidim, einst Hirte, ward Con-

Numeriiis Quintius, einst Mauleseltrei-

ber, ward zu Clodius Zeiten Tribun des Volkes. scher

Basilius, ein Bettler, ward griechi­ Kaiser,

menschlich.

und regierte gerecht

und

Der Kanzler l'Hopital wurde

mitten in den Felsen von Auvergne in ei­ nem Doifgen gebohren, das eben so unbe­ kannt ist, als seine Familie.

Papst Hadrian

IV, dem Kaiser Friedrich der Rothbart die Füfse küfste, den Steigbügel lüelt, und sein Pferd am Zaum neun römische Schritt weit führte, war der Sohn eines englischen Bet-

telmönchs, und lauge Zeit selbst Bettl<
Der schwedische

Erzbischof Birger war der Sohn eines Koh­ lenbrenners in Nordhalland ; Verdienst und Rechtsehaffenheit

hoben dm empor.

Ich

könnte Bogen anfüllen mit den Nahmen de­ rer, welche durch Kopf und Herz in den Tempel des Ruhmes drangen.

"Schweigt!"

sprach die Königinn Christina von Schwe­ den, als man darüber murrte, dafs sie drn Salvius, der von niedriger Geburt war, zum Reichsrath von Schweden

erhoben hatte:

"schweigt! eben das macht ihm Ehre." Diese grofse Frau bestätigte dem Adel s seine Rechte, und bediente sich in der FJrkunde des Ausdrucks: dafs zu den höch­ sten Kriegsbedienungeu kein das" heilst,.kein Sclilochlgcbohnicr solle.

Varbyiding, gelangen

Als der neue Adel und angesehene

Bürger sich dadurch gekriinkt glaubten, er­ klärte sie in einer besondern Verordnung diesen Ausdruck so: Ein Varbyrding ist nur der Miissiggünger und Lasterhafte.

Tugend

und Vaterlandshebe geben Ansprüche auf jede Ehrenstelle, man sey ein gebohmer Edelmann, Bürger oder Bauer. Was spornt mehr zu grofscn Thaten? was schon errungen ist? oder was noch zu erringen übrig blieb?

Der Erste der den

Adel erwarb, war er nicht ein Bürgerlicher? und der Enkel an seiner Stelle, hätte er ihn erworben?

Glück und Verdienst müssen

Hand in Hand gehen, das Glück Öffnet die Schranken, das Verdienst giebt Muth hinein zu treten.

Alle, welche in entflohenen Jahr­

hunderten dire Geschlechter adelten; alle, welche in kommenden Jahrhunderten ihre Geschlechter adeln werden, sind Beweise, dafs das Schicksal nur Wenigen Glück und Verdienst zu Gefährten leyht. Kaiser Leo pflegte zu sagen: die Tha­ ten, nicht die Geburt, machen' den Feld-

lierrn; so wie das Gold nicht den Spiefs macht, sondern die Schürfe der Spitze, wäre sie auch nur von Eisen.

Ein solches Wort

ist immer Lobes werth; es ist herrlich in dem Munde eines Kaisers I Ihm gleichen die Gesinnungen Friedrichs des gekrönten Weltweisen.

Alle Geschöpfe, sprach er, welche

auf dem Erdball wimmeln, sind Kinder ei­ nes Vaters, aus einem Blute entsprossen. — Voulei - vom en effet paroilre au ü>jsns t i ' e m , Montrez-vous plus humains, plus Aonx, plus verlueux. Le jiinl. '....|.,.. J e Sanssouci.

Es giebt ewige Wahrheiten, wahr in jedem Jahrtausend, wahr unter jeder Zone, in je­ dem Rang und Alter.

Die Natur sagt sie

den Weisen aller Nationen in die Feder, ohne Verabredung, ohne Forschen, ohne Mühe.

Eine solche ist der goldene Spruch:

"nur eine Sonne leuchtet! und nur eine "Ehre!

sie begrüfst die Tugend

''Mutter."

L a

als ihre

SECHSTES

KAPITEL.

Von. dts Adels Pflichten.

O es ist schwer 1 mit Montesquieu aus, ei­ nen grofsen Nahmen behaupten.

Die Tu­

genden gewöhnlicher Menschen sind nicht das Ziel, nach welchem man ringen, son­ dern nur der Punct, von welchem man aus­ gehen mufs. Verbrechen

eines Edlen sind

Flecken

auf Goldstoff; man wird sie dort leichter gewahr, als auf grober Wolle.

Eine Warze

im Gesicht verunstaltet mehr als eine War­ ze auf der Hand.

Der Bürgerliche

darf

Verdienste haben; der Edelmann mufs Ver­ dienste haben.

Den Bürgelliehen überstrah­

len keine Ahnen, er darf unbekannt und ungepriesen leben und sterben.

Zeichnet

er sich dennoch aus, so machen ihm die Edlen der Nation Platz unter sich, und sei­ ne niedrige Herkunft gilt für ein Verdienst

mehr, denn sie war eiiio Schwierigkeit mehr. Das Vaterland erwartete nichts von Ihm; desto besser, wenn er das Vaterland durcli Thaten überrascht. Der Ruhm der Vorfahren hingegen ist der Maasstab, mit welchem man den lidlen niil'st.

Erreicht er ihn, so hat er nur seine

I'Hiebt gethati; erreicht er ihn nicht, so nennt ihn Friedrich der Grofse d'un trouc fjuicux ime branclie jiourrie.

Dergleichen faule Zweige giebt es freyUch viele.

Daher die ewigen

vorwürfe,

welche man dein Adel Über seine Unwis­ senheit inacht.

Sonderbar ist es, sagt Lord

Rivers, dafs fast alle tcutsc/ie besonders die guten,

Schriftsteller,

Bürgerliche sind; da­

hingegen über die Hallte der besten franzö­ sischen und englischen Schriftsteller

zum

\dei gehören. Es läuft

noch mancher rohe adeliche

Knabe herum, der die Pest für eine grofse Plage lädt, weil dann nicht einmal ein Edel­ mann seines Lebens sicher ist; der nichts

versieht als einen Gaul tu reiten, oder ei­ nem riecruten den Rock auszuklopfen'; der den reichen Mann in der Bihcl Herr

von

titulirt, und den armen Lazarus schlechtweg Monsieur Lazarus.

Aber wenn es darauf

ankömmt, einen Bürger von Verdienst zu beiiohnlacheln, o da ist er Meister! Diese Brut mufs man in einer scharfen Lauge von Satyre ersticken; diese Mißgeburten mufs man unbarmherzig geissein; der bürgerliche Witz muls ihnen Nasenstüber geben,

so

lange bis sie begreifen, dafs der Edelmann von Gott und Rechtswegen besser seyn mufs als der Bürgerliche, und dafs er dann im­ mer nur noch seine Pflicht gethan hat. Besizt der Bürgerliche Muth,

so sey der Edel­

mann tapfer; besizt der Bürgerliche Kennt­ nisse, so sey der Edelmann gelehrt.

Immer

stehe er eine Stufe höher durch l~
für einen Christwachtmeister haltet; damit ihr die gothische Baukunst nicht in Gotha sucht; damit ihr cremor tartari und crimmische Tatarn nicht für Eins haltet; damit ihr den Buchhändler nicht anfahrt, der euch, da ihr doch General seyd, nur eine S/iecialOharte bringt; damit ihr euch nicht wun­ dert, dafs man vor Troja kein Pulver und kei ie Kanonen brauchte; damit ihr nicht aufiahrt, wenn ihr auf der Wache steht, weil das Aerpiinocüum passirt sey, ohne sich im Thore anzugehen; — und was der Lä­ cherl ichkeiieu mehr sind, welche man dem Adel nacherzählt.

Hieher gehört das merk­

würdige Billet Friedrichs des Grofsen an ei­ nen teutschen Grafen, der seines Sohnes gräfliche

Ansprüche dem König keck und

albern vortrug.

Die Anecdote ist zu be­

kannt, als dafs ich mir erlauben sollte, sie zu wiederholen. In Spanien soll es einmal einen Kanzler gegeben haben, welcher verordnete, dafs kein JustizcoUegium sich unterstehen solle,

einen Edelmann der Unwissenheit halber abzuweisen.

Spanien ist das Land des Aber­

glaubens; es hat der HeiUgenbilder nicht genug, drum macht es seine Edlen noch zu Götzen.

Doch es geschieht nichts OMUM

unter der Sonne, und zu allen Zeiten haben Unwürdige sich keck und unverschämt dem

bescheidenen

Verdienst

vorgedrängt.

Schon Salomo klagt: "Es ist ein Unglück ' das ich sah unter der Sonnen, nehiuhch "Unverstand, der unter den Gewaltigen ge"mein ist, dafs ein Narr sizt in großer W ür' de, und die so reich au Verstand sind un"ten an sitzen. ien,

Ich sähe Knechte auf Ros­

und Fürsten zu Fufs gehen, als ob

"sie Knechte wären." Vormals hielt der beste Edelmann es für eine Ehre, wenn er sich Doctor und

Ritter

schreiben konnte, heutzutage halt er dieses Pradicat dem Adel für verklein erheb.

Es

gieng damit, wie mit allen Ehrenzeichen, welche man verschwendet, achtet.

sie werden ver­

Als Pfalzgrafen anfiongen Bullen-

dcictoron zu scharfen, und diese B*hulisten worden;

da wollte kein fürstlicher

mehr Doctor hcifsen.

Rath

Das kleine v. ver­

drängte das grobe D. In den iiitesten

und mittleren Zeiten StWiu

wurde die Erlernung der Singkunst, oder irgend eines Instruments, den Edelmann be­ schimpft haben.

Auch die Damen gaben

sich nicht damit ab, und entsagten folglich einem ihrer lieblichsten Reize.

Eine süsse

Stimme, eine schöne Hand auf dem Kla­ vier — wie manches Her?, ist schon da­ durch gefesselt worden! Doch hatte auch der unwissende Adel im lüten Jahr hunderte reines Gefüld für die Dichtkunst behalten. Schön und naiv ist der Nachruhm

eines

Herrn von Westerburg in der Limburgischen Chronick: " W a s er sang, das sangen die "Leute alle gern." Belohnungen btteriirischer Verdienste wa- Schinne, ren freylich vormals nicht so lockend, als die der kriegerischen. aus,

Keüi Herold rief sie

kein staunendes Volk beklatschte sie

an den Schranken, und der Dank der Da­ men war selbst Für die gelehrtesten Männer so selten, dafs man den Kids, welchen die Königin Margareta von Schottland dem Chnrtier gab, Kr ein halbes Wunder hielt. Die Zeiten haben sich geändert, wenn gleich Mars die Musen scheel ansieht. drückender Vorwurf,

Noch ein

welchen man dem

Adel macht, ist der; er schäme sich seiner bürgerlichen Freunde; er reiche ihnen in vertrauten Zirkein frey von allem Ahnen­ stolz die Hand; in glänzenden Kreisen aber ziehe er sich zurück.

Das ist nicht fein!

wäre es auch nur Mangel an Muth, gegen den Strom der Vorurtheile zu schwimmen. Wer das Herz hatte Freund zu u-u/ifen,

einen

bürgerlichen

der mufs auch das Herz

haben ihn zu bekennen ; oder er hat über­ all kein Herz.

Oft aber auch macht das

Bewtustseyn des geringeren Standes den Bür­ gerlichen mifstrauisch ; oft nimmt er stand

für S/r/h.

lVohl-

Man vergibst überhaupt

nur gar zu leicht, dafs der Stolz unter die

Erbsünden gehört, mit welchen die Natur uns beschenkte, um bisweilen über uns zu lachen; dafs der Stolz an der Wiege des Bauern sich brüstet, wie an der Wiege des Fürs ten sohnes.

Der Edelmann sieht auf

den Bürger herab, der Bürger auf den Hand­ werker, der Handwerker auf den Knecht, der Knecht auf den Stalljungen, der Stalljunge auf den Esel welchen er reitet. Adelstolz ist thöricht, Bauernstolz dumm, Bür­ gerstolz hämisch. Stolz auf ererbten tltum

Reieh-

ist noch weif lächerlicher nls Stolz

auf ererbten Adel.

Ich wundere mich gar

nicht, dafs der Mensch sieh Täuschungen iiherläfst, die ihm schmeicheln ; ich würde mich wundem, wenn er es nicht thate.

Er

glaubt, und wird ewig glauben, was sein In­ teresse heischt.

Folgt er zuweilen der Spur

der Wahrheit, sucht er Weisheit; so bildet er sich gewifs ein, Wahrheit und Weisheit werden sein Interesse befördern.

Keine Al­

bernheit ist so grofs, dafs sie nicht Vertbeidiger fände, wenn Eigennutz und Eigenliebe

sich ins Spiel mischen.

Wer wagt es den

Mirmidonen zu widersprechen, wenn sie ih­ ren Ursprung von Ameisen herleiten? wer dem K.öuig von Madure, wenn er einen Esel zu seinem Stammvater macht? O dafs mein Ohr auch jene leider oft gerechte Klage nicht mehr vernähme: ade­ liche Abkunft ersticke gemeiniglich r teils und Nacheiferung; der Edehnanu sey dem Gipfel näher, er habe weniger Stufen zu er­ klimmen, drum werde er träge, und mevne es müsse so seyn, er bedürfe kein Ver­ dienst; edle Geburt sey wie ein ererbter Schatz, von dessen Interessen er zehren kön­ ne.

Ach! die Geburt gleicht nur dem jun­

gen edlen Telemach, das Verdienst mufs ihr Mentor seyn.

Dann steht sie uubeneidet

auf der höheren Sprosse, man gewöhnt sich an ihren Anblick ; daher trift Mißgunst nur den neuen,

nie den alten Ade!.

Aus die­

sem, ihr Fürsten ! wählet eure Rätlie, denn ihnen gehorcht das Volk gern,.es betrachtet sie, wie euch, als Menschen zum Herrschen

gtBohren.

Aber stofirt sie zurück unter den

Pöbel, wenn sie nicht zu herrschen

lernten,

wenn sie ihre Geburt nur als ein Rennpferd betrachten, das sie schneller zum Ziele bringt, als den Fufsgäugcr. T u ei grantl, tu es piiiilant, ce n'esl pas a;sei, fall quo je l'cttjme. La Ttruycre.

SIEBENTES

KAPITEL.

tt-'ie erringt und betreut man den Adel

D e r erste Edelmann, eines Statu nies war nicht immer ein ehrlicher Mann.

Er halte

vielleicht mehr Genie, aber weniger Un­ schuld und Reinigkeit der Sitten, als seine Nachkommen.

Es giebt kleine krumme

Fufssteige auf der Bahn der Ehre, die man oft betritt, wenn es eben unbemerkt gesche­ hen kann.

Nicht alle können von sich

prahlen wie Cicero: "ich habe meinen Adel "errungen! ich habe meinen Nachkommen "durch Tugend vorgeleuchtel!" Cicero war gewaltig eitel. In den ältesten Zeiten verlieh nur Tap­ ferkeit den Adel.

Nicht wer seinem Bru­

der beystand, sondern wer seinen Bruder tapfer todtschlug, der war ein Edelmann. Die Völker entwuchsen der Kindheit, Weis­ heit und Erfahrung galten ihren Preifs, das

Hecht des Stärkeres wich den Gesetzen; diese zu handhaben wählte man Männer aus edlen Geschlechtern, und liefs sie, statt des Schwerdtes, lange Röcke tragen, gleich den römischen Rathsherren.

So verirrte sich

nach und nach der tVdel aus dem SchlachtFelde in die Gerichtssäle.

Vormals adelte

man nur einen Zweig der Tugend, jezt adelte man die Tugend selbst, in welcher Gestalt sie auch ersclüen.

So ward auch jener

Wahn nach und nach vertilgt: nur des Krie­ gers Herz sey empfänglich für Ehre, weil er in jedem Augenblicke sein Leben wage. Man fand, dafs Matrosen und Bergleute das­ selbe tbun.

Euler studiert sich blind, rrjtrf

das ist schlimmer als Tod. W e r im langen unangefochtenen Besitz . des Adels sich beiludet; wer unter seinen Vorfahren Prälaten uud Bischöfe, Helden und Staatsmänner zählt; wessen Nahmen und Wappen in Kirchen, Chronicken, Ar­ chiven, diplomatischen Sammlungen, alten Kauf - und Schenkungsbriefen,

auf Denk-

und Grabmälern aufbewahrt worden; wes­ sen Vorfahren sich mit alten Geschlechtern verschwägerten,

oder

Lehnsgüter besafsen;

Herrschaften

und

der darf sich keck,

rühmen, er sey ein alter Edelmann. Adelsbriefe sind nur Beweis der Gnade des Monarchen und geben keine Ahnen. Zwar ist die Kaiserliche Kanzeley so höf­ lich, oft auch die Voreltern im Grabe für Edelleute 7.11 erklären ; allein die Rechte des alten stifts - und turniermafsigen Adels kann weder Kaiser noch König, keine Kanzeley und keine Erfindung in der Welt verleyheh. Trott aller Pönalverordnungen wird kein neuer Edelmann in Orden, Stiften, Burg­ mannschaften, Ganerbschaften,

Landstuben

u. s. w. aufgenommen. Das Wörtlein «Öls beweist nicht immer den Adel; denn die Leute schrieben sich ehemals von ihrem Geburtsort: JSiclas von Grumbach, Hans von Flörsheim u. s. w. Ihre Kinder thaten dasselbe, und so waren sie auf einmal Herren

-von.

Man iliut übel, die alten Wappen zu verändern; man wähnt, ein grofses zusammengeseztes Schild, mit sechs und acht Fel­ dern, und einem Mittelsclüld, werde dem Dinge ein besseres Anselm gehen. sich.

Man irrt.

Die ersten Wappen waren alle sclir

einfach ; und gewöhnlich darf man heutzu­ tage behaupten: je mehr Felder im Wap­ pen, je weniger Ahnen.

Die Menschen wis­

sen oft selbst nicht, was ihre zwey und drey Helme mit titruiermäfsigen Aufsätzen bedeu­ ten.

Es gellt ihnen wie jenem Holländer,

der das Wappen des Prinzen von Oranien über seine Thür mahlen hefs, aus keiner andern Ursache, als: weil es schön Verjährung

stünde.

gilt überall, warum nicht

auch wenn vom Adel die Rede ist? Wenn eine Familie seit hundert Jahren für edel gehalten wurde ; wenn sie ihr Prädicat und Wappen schon damals führte; wenn Für­ sten und ganze Collegien ihr das Ehrenwort i'on heylegten; so ist der Adel erwiesen, und man kann nicht weiter quaestioncm

M

Status fonniren.

Jeder Sprölsliog dieses

Stammes ist, wie Siegfried von Lindenberg spricht,

ein Edelmann

so gut als

der

Kaiser. Durch Adoption wird der Adel nicht mitgetheilt.

Doch wenn ein Fürst ein ade-

üches Kind adoptirt, so wird dieses Kind ein Prinz.

Denn der Edelmann kann wohl

Fürst, der Fürst aber nie ein gebohrner Erlelmann werden, wenn er es nicht vorher schon war.

Vermahlungen zwischen Für­

sten, und edlen Jungfrauen aus alten ritterbürtigen Geschlechtern, sind keine Mifsheyrathen.

War doch der Fürst selbst vormals

nur ein Edelmann, der das Amt

eines Her­

zogs oder Grafen verwaltete, und dessen Ti­ tel spiit erst erblich wurde. Ein biederer Fürst wird aber auch nie vergessen, dafs er der erste Edelmann im Lande ist.

Gustav Adolph schlug in der

Hitze dem Christen Seaton ins Gesicht. Als dieser seinen Abschied federte*, Gustav zu sich rufen:

liefs ihn

ich habe Sie belei-

"digt, sprach e r ; hier sind zwey Degen, " und hier ein Paar Pistolen. Wählen Sie! Der gerührte Seaton warf sich dem Helden zu Fussen, Gustav umarmte ihn, und er­ zählte öffentlich

am Hole,

wie er seine

Übereilung wieder gut gemacht.

Ludwig

XIV hatte seine Nichte, die Mademoiselle Montpensier, dem Herrn von Lauziin, einem simpeln Edelmann, zur Ehe versprochen, nahm aber sein Wort zurück, als der spa­ nische Hof sich dagegen sezte.

Lauzun

sagte dem König ins Gesicht: ein ehrlicher Mann müsse Wort halten, wenn er auch ein König wäre. Ludwig ward zornig, gieng zum Fenster, und warf den Stock, den er in der Hand hatte, auf die Strafse, mit den W o r t e n : "Zum Fenster hinaus mit dir! ich "könnte sonst so unglückbch seyn einen "Edelmann zu schlagen."'

Das that Lud­

wig, jener stolze Monarch, der dem zittern­ den Europa Gesetze vorschrieb, und das Project einer Universalmonarchie in seinem Kopfe herumwalzte. M fl

Die natürlichen Kinder eines Fürsien führe» den Stand der Mutter.

Sie sind

Grafen oder Freyherren, wenn diese Gräßh oder Freyin war.

Auch das mit einer bür­

gerlichen Dirne erzeugte Kind der Liehe darf der Fürst für einen Edelmann erklä­ ren, und ihm ein Wappen eriheücu.

Die

Philosopliie enthält hiehey sich aller Glos­ sen.

Es ist nun einmal so Sitte, und die

Götter dieser Erde kümmern sich selten um den Bey fall der 1 Jimmelsgötlinn Digrcssion

h.

Weisheit.

über die AliJ'sbiiridnisse der

Mifshünduisse der Fürsten in ihrem ei­ genen Lande, werden des Lbermuthes Quelle unter den neuen Schwägern.

Auch mag

der Mitbürger nicht gern seines gleichen über sich sehen; leichter wird ihm jedes Opfer für einen Fremden, den er nicht als Knabe kannte, mit dem er nicht heranwuchs, gewöhnt, jedes Beclit, jeden Vbreug mit ihm zu (heilen.

Von jeher behaupteten die Landstände das Recht, sich Mifsbuntbussen ilirer Für­ sten zu widersetzen; von jeher versagten sie den Kindern solcher Ehen ihren Gehor­ sam, ihre Treue,

Heinrich der Erlauchte,

Markgraf zu Meilsen und Landgraf zu Thü­ ringen, warf sich nach dem Tode seiner zweyten Gemahlin in die Anne einer Fräu­ lein von Maltitz, die seine Gattin wurde, und ihm den Kummer tragen half, welchen sein Sohn Al brecht ihm verursachte.

Sie

gebahr ihm einen Sohn, Friedrich.

Vater­

hebe begünstigte diesen Jüngling.

Kaiser

Rudolph erhob ilm und seine Mutter in den Stand der Semperfreyen, Markgraf Heimich wollte ihn erben -lassen wie seine Brüder; und doch mufste er sich mit dem Besitz der Stadt Dresden begnügen, dem Fürsteutitel entsagen, und seinen Bruder für seinen gnä­ digen Herrn erkennen. sich nur Witlwc

Die Mutter schrieb

des Markgrafen

Heinrich,'

Eben so gieng es nachher Albrecht dem Un­ artigen, dessen Gemaldin eine Fräulein von

.SV.

EUcnberg war.

AN Buhlerin verdrängte sie

eine unglückliche Fürstenlochter aus dem Huhenstauli.schen Hause, welche der 'Fyranney ihres Gemahls durch die Flucht entgieng

Aber nie konnte der boshafte Apitz,

die Frucht jener mit Fluch beladenen Ehe, seine Brüder Friedrich und Diezmann ver­ drängen, obgleich die ungerechte Vorliehe des Vaters ihn stüzte. — Auch Herzog Wil­ helm hielt die Einwilligung seiner

Land-

stände für nothwendig, und suchte sie, als er sich mit Katharinen von Brandenstein vermählen wollte.

Churfürst Friedrich der

Siegreiche von der Pfalz tliat das nehmliche, als er ein ansehnliches Slück Landes dem Sohn der schonen Sängerin Klara Dettin von Augsburg verheb, welcher der Stü­ ter des fürstlichen und griiHiclien Hauses von Löweustein-Wertheim wurde. — Georg Aribert, ans dem Hause Anhalt, vermählte sich mit Elisabeth von Krosigk.

Aber ob­

gleich die Stände sie als seine rechtmäfsige Gemahlin anerkannten,

versagten sie ihr

doch den Fürstentitel, und ihr Sohn wer nur Grat' von ßahringen. Die eiste und einzige Mifsheyrath, wel­ che wir in der Geschichte des Ost reichischen Kaiserstammes finden, ist die Vermahlung /.wischen Ferdinand und Philippinc Weiser. Sie war die schönste Dirne in Augsburg, das Schooskind der Natur, ihre Seele ein Hauch der Gottheit.

Er war ein stattlicher

Jüngling, rasch und heftig, treu und beharr­ lich.

Sie liebte ihn, doch mehr noch ihre

Tugend; er hebte sie, und ehrte ihre Tu­ gend.

Die Liebe führte beyde heimlich /um

Altar, die Liebe knüpfte ein unauflösliches Band, nur der Tod machte einst den Ver­ such es zu trennen.

Kaiser Ferdinand und

sein stolzer Bruder verstiefsen das gute Paar. Acht Jahre nachher warf sich Plülippiue in verstellter Tracht

zu des Kaisers Füssen,

der hohe Seelenadel, welchen die Natur auf ihre schöne Gestalt geprägt hatte, besiegte den zürnenden Greils.

Er genofs den schön­

sten Augenblick seines Lebens, er verzieh

Doch waren ihre Kinder nie Erzherzoge von Ostreich, sondern nur Markgrafen von Bur­ gau. Aber keine Politik, kein Interesse vermogte das Hera des braven Mannes von dem ller/.en des edlen Weibes zu trennen, kein Opfer schien der Liebe zu grofs ! Phi­ lippinens Denkmal in der Franziskanerkir­ che zu Inspruk, und die Schaumünze mit ihrem Engelbilde, clivae Philippinac gewid­ met, sind auch Denkmäler der beharrlichen Liebe ihres Gatten. Gern wollte ich euch nun

auch den

grausamen Mord der armen Agnes Eernauerin erzählen; aber die süsse Empfindung, welche Plüh'ppinens Sclücksal in mir weck­ te, stimmt lücht mit jener scliauerbchen. Fortsetzung

des siebenten

wie der Adel

errungen

Kapitels: wird.

Nun sind leider schon Jahrhunderte ver­ flossen, seit man auch den Adel für baares Geld laufen

kann.

Die Ehre steht gefes­

selt am Zählbret, auf welches der Käufer

seine Ducaten wirft, und wird weinend aus­ geliefert als eine Leibeigene. Et genus et forma in rc^iiia, pecunia donat W e r Geld hat: Clarus erit, foiiis, Justus, sapiens etiam et rex Et (juiclijuid voiel.

Die Homer machten bisweilen für Geld einen Menschen zum Gott.

Ich mufs im­

mer lachen, wenn man die Römer, und Al­ les was sie thaten und nicht thaten, bis in den Himmel erhebt.

Es gab weise Leute

unter ihnen wie unter uns.

Es gab' Narren

unter ihnen wie unter uns. Freylich sollte die Ehre nicht wie eine Schaumünze unter das Volk geworfen wer­ den, dafs ein jeder Bürger gleiches Recht habe darnach zu greifen.

Aber wenn nun

ial der Fürst, durch den Stempel seiner Gunst, dem Kupfer den Werth des Goldes gab; so ist es Pflicht des treuen Unterihans, mit Asmus auszurufen: "es kann Einer noch "adelich

seyn, und nicht mehr edel.

Denn

"bis der Landesherr den Stempel wieder

"tilgt, mufs Jedermann, aus Achtung für "den Landesherm, den Edelmann für einen "edlen Mann ehren; er mag es seyn oder "nicht." Das schone Geschlecht erlangt und ver­ liert den Allel nur durch Heyrathen. Kaiser Ferdinand gab zwar dem Geschlechte der JVoijftn.

zur Todtenwart

das sonderbare

Vorrecht, seinen Adel auch durch die Toch­ ter fortzupflanzen, doch war diefs eine sel­ tene Ausnahme von der Regel.

Denn das

Weib ist nur eine JSulJ, deren Werth von der Zahl abhängt, welche man ihr vorsezt. Diese Zahl ist der Mann.

Aber die Kuli

brüstet sich, wie Nullen gewöhnlich zu tliun pflegen.

Immer ist der Character des Wei­

bes Übertreibung

im Guten wie im Bösen,

im Grofsen wie im Kleinen, im Reich dar Eorfl und im Reich der Mode; bald hinge­ bend ihre lezte Gunst, bald tugendhaft bis auf die Fingerspitze; bald vertraulich mit ihrem Kammerdiener, und bald holmspre­ chend dem bürgerlichen Gelehrten.

Der

Weise zuckt die Achseln; der Cholericus erzeigt ihnen die Ehre sich über sie zu är­ gern, und der Sanguineus findet sie hochadelicb lächerlich. An einem gewissen fürst­ lichen Hofe verliessen die Hofdamen ihre Plätze in der Schloßkirche, weil eines neugeadelten

sehr

würdigen

Geheimenraths

Tochter sich daselbst einfand. Hui!

ruft

Plautus: homunculi

quanti

eslis! das heifst auf teutsch: (denn ich spre­ che ja mit Damen:) Ach ihr armen

Mensch-

Man verzeilit dem Pfau das Ausbreiten seines Schweifes, weil er keinen andern Vor­ zug hat; aber ihr, von der Natur mit tau­ send Zauberreizen ausgerüstet; dir, geschaf­ fen

durch Sanftmudi

und Bescheidenheit

Männerherzen zu fesseln; ihr entweyht jede schone weibliche Tugend durch lächerlichen Ahnenstolz.

Es war einmal ein närrischer

Gärtner, der zog schöne Bosen.

Eines Ta­

ges baten ihn die Hosen, er mögte ihnen doch schöne Kleider von Gold und Seide

nahen lassen.

Der Gärtner that es. flenn

«er kann den Bitten einer Rose widerste­ hen?

Da lachten die grol'sen Baume rings

umher, und alle Grasblumen lachten mit. Die Rosen staken bis Über die Köpfe in Gold und Seide, und die Luft umher war nicht mehr von ihrem süssen

Duft

ge­

schwängert. Diese weibliche Einfalt ist e s , welche unsern

Dichter Goekingk

veranlagte

zu

singen: Sie ist an Geist und Herzen ohne Tadel, Verbindlich gegen Jedermann, Und — was man last nitlu glauben kann — Bey allem dem von aUem teutschen Adel. Es thut mir weh, meine Waffen gegen ein Geschlecht kehren zu müssen, dem ich die schönsten Augenblicke meines Lebens ver­ danke, und dem ich oft schon als Dichter das Opfer meines Herzens brachte.

Aber

wenn der Philosoph Hand in Hand mit dem Geschichtschrciber auftritt, Dichter schweigen.

so

mufs der

A C H T E S

K A P I T E L .

Ob ein Fürst nur in seinem eigenen Lande adeln dürfe?

D i e Meynungnn sind getheilt; denn es ha­ ben sicii Gelehrte mit dieser Frage befafst, und Gelehrte sind nie einig.

Man lese,

wenn man will, Tiraqucau und Jean R;:ynuce, welche Recht zu haben scheinen. Als Kaiser Sigismund im Jahr i 4 i 5 wah­ rend der Kraukheil Karls des Sechsten nach Paris kam, ward er im Parlament durch Faction des Hauses Bourgogne empfangen. Man klagte vor ihm eine Sache,

betreffend

das Amt des Seneschalls von Beaucaire, wel­ ches jederzeit von Edelleuten war verwaltet worden.

Einer der Mitbewerber, ein Ritter,

pochte auf seinen Adel.

Sein Nebenbuhler.

GuUIaume Signet, war nur ein Bürgerlicher. Sigismund wollte ihn begünstigen, und auf der Stelle zum Ritter sehlagen.

Schon liefs

lOÜ

er ein Schwerdt und goldene Sporen herbeybringen, als der Kanzler, der zu seinen Füssen saht, die Bemerkung machte, es ste­ he nicht in seiner Macht, in Frankreich ei­ nen Edelmann zu schaffen.

" G u t ! " sprach

Sigismund zu Guillaume Signet: 'folge mir "bis zu der Brücke von Beäuvoisin."

Und

dort schlug er ihn zum Ritter, ÜberHüfsige Weidä'uftigkett!

Ein Fürst

kann liberal! adeln ; denn Vvenn der Adel dem Verdienst ertheilt wird, so ist er eine ge­ rechte Gnade, tigkeit.

oder eine gnädige

Gerech­

Ein Fürst kann und soll aber über­

all gerecht und gnadig seyn.

In Teutsch­

land adelt nur der Kaiser, oder seine Vicarien.

Das Recht der ReicJisfürsten wird be­

stritten.

N E U N T E S

K A P I T E L .

Darf ein Edelmann Handlung treiben.

E i n e Menge Gesetze erklären sich gegen diese Frage.

Eine Menge Schriftsteller sind

gleicher Meynung.

Knipschild

unter an­

dern declamirt gewaltig gegen den Stand der Kaufleute.

Er mufs wohl oft von .Til­

den oder Christen betrogen worden seyn, und nennt nun

alle Kaulleute

Betruger.

Schon zu der Thebaner Zeiten, spricht er, ward nur der fähig gehalten, ein öffentli­ ches Ehrenamt zu verwalten, der zehn Jah­ re lang keine Kaufmannschaft

getrieben.

Man machte es dem Tarijuiuius Priscus zum 1 Vorwurf, dafs- sein Vater ein Kaufmann ge­ wesen.

Plate, Aristoteles und Apollonius

hielten die Kaufmaiuischaft für eine Fein­ dinn der Tugend.

Lycmg untersagte sie

seinen Bürgern, und Cicero schmähte sie. Der heilige Chrysostomus spricht sogar den

Kaufleuten die ewige Seligkeit ab. Er sagt: ein Kaufmann, kann sehen oder nie Gott gefallen, drum soll kein Christ ein Kauf­ mann seyn, bey Strafe der Ausschliessung aus der christlichen Kirche.

Matthias Cor-

vinus, der König der Ungarn, spottete der venetianischen Edelleute, weil sie Handlung trieben. Doch alles was vor alten Zeiten von Weisen und Thoren, von Gesetzgebern und Gelehrten dagegen vorgebracht worden, hat heutzutage seine Kraft verlohren.

Vormals

nannte man jeden Krämer einen Kaufmann. ..im.Die Lydier waren die Ersten, welche den Handel ins Grofse trieben, öffentliche Her­ bergen errichteten, Münzen prägten. thaginenser,

goldene und silberne

Phönicier, Sidonier, Car-

Perser

und Egvpter werden

mächtig durch den Handel. verblühten. sen.

Sie blühten und

Andere sprossen auf und wuch­

Neue Welten wurden entdeckt; Flo­

renz, Venedig, Genua, Sevilla, Lissabon und Antwerpen blühten auf.

Selbst der Adel

rüstete Schiffe aus.

Neapel, Palenno, Mar­

seille, London und. die Hanseestiidte folgten diesem Beyspiel.

Man lernte die Annehni-

Lchkeiten des Lebens kennen; neue Bedürf­ nisse erwachten; der Überflufs

schüttete

sein Füllhorn aus, immer sind Künste tmd Wissenschaften in seinem Gefolge.

Die Rit­

ter rauften sich nicht mehr; die Turniere wurden vergessen; mit ihnen Rüxners Tur­ nierbuch und die meisten Gesetze, welche dem Adel die Handlung verboten. ser adelte viele Kaufleute.

Der Kai­

Die Fugger und

Schmettau wurden Grafen, die Medicis Für­ ssten. t

Die Doria und Pallawiciui schämten

sich nich.t des Handels. si seinen vernünftigen

Nemeiz erzählt in

Gedanken,

die würk

ich meistens ziemlich vernünftig sind; er abe auf seiner Reise nach Italien einen Wechsel an den Principe Pallavicini genaht, und auf dessen Comptoir würklich ausge­ zahlt erhalten.

Als Lord Oxford England

beherrschte, war sein Bruder Factor zu Aleppo.

Der Sohn des Staatsministen Wal-

pole war Banquier.

Ein Sohn des Lord

Bure gieng als Handelsschreiber nach Ost­ indien.

Eine kleine Insel, die nur Bley,

Zinn, Steinkohlen und grobe Wolle erzeugt, ward durch Handlung Königinn der Meere. Von Holland sagt man mit Hecht:

deine

Kaufleute sind Fürsten! und wenn Baron Theodor, der sonderbare König von Corsica, in seinem Manifest, über die Flandlungtreibenden

Genuesischen

Edlen spottet ;

so

spotten wir dagegen über ihn in unsern komischen Opern.

Auch Cicero hält, so

sein: er in seinem Buche von den Pflichten gegen die Kriimerey Handlung

im Großen

declamirt, doch die aller Ehren werth.

In seiner Rede gegen den Verres, nennt er den Lucius Pretius einen vortrefflichen mischen

Hitler,

rö­

(splendidissimum eciuitem

romanum,) ob er gleich seiner eigenen Aus­ sage zufolge in Palermo Handlung trieb. Nun waren aber damals die römischen Rit­ ter gar angesehene Leute.

Thaies, Solon

und Hippocrates handelten; Plato verkaufte

Oel auf seiner Reise nach Egypten, und der Vater des Demosthenes war ein Eisenhänd­ ler.

Selbst Cato kaufte Sklaven, liefs sie

unterrichten, und verkaufte sie theurer wie­ der.

W o ist der unweise Fürst, der nicht

den Handel schüzt? ihn beschäme ein Ge­ setz des Königs Athelstan aus der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts, welches verordnete: dafs ein Kaufmann, der für ei­ gene Rechnung zwey Reisen in entfernte Länder gethan, den Rang eines Than

oder

Edelmannes haben solle. Es findet sich in der Geschichte Esthlauds. eine Sonderbarkeit, die ich nicht über­ gehen darf, weil sie mit allen damals her­ gebrachten Rittersitten streitet.

Bey der

Huldigung des Heermeisters Herrmann von Brüggeney, ward auf dem Markte zu Reval ein Turnier gehalten, wobey ein

Kaufge-

sctle einen Edelmann vom Pferde rannte. Die Bürger lachten, Schwerdt.

Des

der Adel griff zum

Bürgermeisters Vegesack

Beredsamkeit steUte die Ruhe wieder her,

..j6

und der Heermeister selbst entschied zum Nachtheil des Adels.

W ie knm es, dafs zu

einer Zeit wo der Adel das Wallen tragen als ein abschliessendes Recht begehrte; wo den .Söhnen der Geistlichen und Beuern das Wehrgehäng um ihre Hüften scharf unter­ sagt war; wo die Kaufleute auf Reisen das Schwerdt nur an den Sattelknopf hangen durften; man in Reva! sogar mit ihnen fur­ nierte? in Reval, dessen Edle und Ritter aus den ältesten semperfreyen teutschen Ge­ schlechtern abstammten? Mischte vielleicht die Freude des festlichen Tages alle .Stände untereinander? oder zeichneten schon da­ mals, wie heute, die Edlen Esthlands sich aus durch brüderliche Eintracht mit dem braven Bürger? — Und im Grunde sind wir ja Alle Kauf­ leute, wir handeln Alle, vom Gnil'sten bis zum Kleinsten.

Die Fürsten handeln mit

Soldaten, verkaufen sie bisweilen nach Ame­ rica.

Der Landadel verkauft Getraide und

Vieh.

Ich darf nicht sagen, womit die Geist-

lichkeit handelt

Die Gelehrten sind Pa­

pierhändler, sie lassen sich jeden DintenJleck bezahlen.

Die Dichter handeln mit

Zuschriften und Schmeicheleien.

Der Sol­

dat handelt mit Leib und Leben; Haut um Geld, Leben für Ehre.

Der Rechtsgelehrtc

handelt mit Gesetzen, der Arzt verkauft Ge­ sundheit.

Der Politiker handelt mit Lügen,

und der Verliebte mit Schwüren.

Die gan­

ze Welt ist ein grofser Jahrmarkt, wo Jeder seine Waare anpreifsr.

Der Stand schändet

nie den Menschen, wold aber oft der Mensch seinen Stand. Ehr" und Schande sind an keinen Stand

1'

Gebunden. Time Recht, JU hast du Elire. Die gesunde Vernunft hat also nichts dage­ gen einzuwenden, dafs der Edelmann auch ein Kaufmann seyn könne; denn ein grofser Kaufmann sezt eben so viele grofse und in an rückfällige Eigenschaften voraus, als der fürst, der Feldherr, der Gelehrte.

Doch

eingewurzelte

noch

Vorurtheile

kämpfen

immer mit stärkern Waffen gegen die Aus-

Sprüche der gesunden Vernunft;

und da

diese verträglicher ist, als jene sind, so Iäfst sie dein alten Schlendrian seinen Lauf und schweigt.

Es giebt freylich noch manchen

Winkel in Teutschland, wo der Ahnenstolz hohnlachelnd auf Fleüs und Arbeitsamkeit herabblinzelt.

W e r mag es dann dem rei­

chen Handelsmann verargen, wenn er mit seinen Schätzen in ferne Lander zieht, wo man nicht fragt:

Quis I • CT.-. hic est ? quo patre natits ? Ho rat. Satyr.

Z E H N T E S

K A P I T E L .

Wie dar Adel verto/iren geht.

S c h o n aus den oben angeführten Turnier-T. geselzen kann man sehen, welche Verbre­ chen den Verlust d e s Adels nach sich zie­ hen.

Freylich war jene gute alte Zeit oft

strenger als die iinsrige.

Mit der

Ketzerey,

z. B., hat es heutzutage nicht viel mehr zu sagen.

Doch hört der Renegat auf e i n Edel­

mann zu seyn, und dem Gotteslästerer ge­ bietet das sächsische Recht die Zunge aus dein Halse zu reissen. hrecher

Dem

Majestätsver-

werden Helm und Schild zerbro­

chen, seine Güter confiscirt, sein Kahme "ür ehrlos erklärt, sein Gedächtnifs verflucht, sein Haus geschleift, Schandsäuleu errichtet.

und an dessen Stelle Auch die unschul­

digen Kinder büfsen des Vaters Verbrechen, sie sind ehrlos, und sogar der Gebrauch der Saeramente ist ihnen untersagt.

So verord-

flOO

riet (üe goldene Bulle:

Aus

besonderer

' Kaiserlicher Sanfirnuth schenken wir den "(unschuldigen) Söhnen das Lehen; aber "sie sollen von aller Erbschaft ausgeschlos­ sen, immer bedürftig und arm seyn; Schon"de der Väter soll sie begleiten ; keine W ü r "de, keine Sacramente mögen sie jemals er­ langen, und wer auch nur für sie bittet, "soll ohno Gnade ehrlos und infam seyn." Haben das Menschen geschrieben? war das Kaiserliche Sanjimuth?

Ist es nicht genug,

und vielleicht billig, dafs die Kinder, auf welchen ohne eigenes Verdienst der Eltern Ehre ruht, auch der Eltern Schande Wer in die Acht

und l'ogelfiey

tragen? erklärt

wird, der ist des Adels verlustig.

Doch

mufs es rechtmäfsig, nicht aus Rachsucht, nicht aus politischen Gründen

geschehen

seyn, wie vormals in der Gnmipachischen Sache zu Gotha, und bey der, Hinrichtung des Herrn von Patkul. Der Mörder mögte glauben,

verliert den Adel.

Man

die Turnierartikcl hätten

etwas überflüssiges verordnet, als sie spra­ chen : Keiner soll seine Bettgenossinn tödten.

Aber es gab doch einmal einen Frey- r

herrn von Sichelsheim, der seine Gattinn umbrachte, und — kaum ist es glaublich! — dazu den Augenblick wählte, in welchem sie ein Kind zur Welt gebahr.

Er wurde

deshalb von den T u n nervogten aller Ehren und

Wurden

entsezt.

Die

Würde

der

Menschheit hatte er schon längst verlohren. Der Räuber falsch

spielen

verliert den Adel. ist eine Jicye

Kunst,

Aber und

verliert man deshalb den Adel in uusern Zeiten nicht. Kein Edelmann soll sich als Spion

ge­

brauchen lassen, er sey denn durch irgend einen Titel dazu privilegirt worden, Mifslwyiathen

schwächen

den

Adel.

Schon unter den alten germanischen und nordischen Völkern war es Grundsatz: edle Jünglinge sollen bey Vermählungen

mehr

auf den gleich edlen Stamm der Braut, als auf die Schönheit sehen, mit welcher die

s

Natur sie ausgestattet.

Selbst tapfere Män­

ner niedriger Abkunft durften

nicht nach

den Herzen erlauchter Jungfrauen sireben. Der glückliche Räuber,

und folglich

der

Held Ebbe, mufste noch an seinein Ver­ mählung* tage um die gothische Königstoch­ ter kämpfen, weil sein Blut unwürdig war sich mit dein ihrigen zu mischen; und der fabelhafte

Starcalher strafte einen fremden

Coldschmidi, der eine königliche Jungfrau verführt hatte. Krämeney

und gemeine

tilgen den Adel. Edelmann

folgende

Gewerbe

ver­

Ausdrücklich sind dem Handihierungen

und

Nahrungszweige untersagt; Slorcher, Quack­ salber, Zahnbrecher, Marktschreyer, Klopf­ fechter, Gomödiant, SeUtänzer, Gaukler, Ta­ schenspieler,

Apotheker,

Barbirer, Bader,

Koch, Mezger, Becker, Müller, Schlösser, Glaser, Zöllner, Schreiber, Schneider, Schu­ ster, Zimmermann, Maurer, Dachdecker, Weifsbinder, Wirth, Bierschenk, Gärtner, Fischer, Spielmann, Pfeifer n. s. w.

Durch Verfährung

kann man wold den

Adel erlangen, aber nicht einbüfsen.

Ist

gleich ein Geschlecht verarmt und in Nie­ drigkeit versunken, so konnten doch dio Eltern der Kinder Rechte nicht vergeben. W e r beweisen kann, dafs sein Urgrofsvater ein Edelmann gewesen, der ist es noch, und ist weiter keine Rehabibtation des Fürsten nS.hij. Durch folgende Dinge verhört man in unsern aufgeklarten Zeiten den Adel nicht: wenn man Schulden macht, und nicht be­ zahlt ; wenn man unschuldige Mädgen ver­ führt und sitzen läfst; wenn man uneheli­ che Kinder in die Welt sezt, und sich nicht weiter um sie bekümmert; wenn man den Freund im Zweykampf ermordet; wenn man faullenzt und dumm ist.

2C-4 E I L F T E S

K A P I T E L .

Von der

Tuehucht.

Ich kann der Versuchung nicht widerste­ hen, diese drollige Materie hier einzuschal­ ten, da sie dem Adel leider! ziemlich nahe verwandt ist. Unsere

Voreltern

hielsen

Ehrerfest,

Ehrsam, Achtbar,

Gest/eng,

Edel, Mannhaft,

Fest und Fümehm

schlechtweg Grofsarhtbar,

Fromm.

Wer

genannt wurde, der war

ein angesehener Mann.

Ein holprigter, aber

sehr vernünftiger alter Reim singt: D a m a n n n s E J / e h i e r s , G e s t r i g und War Gut und

B&rtmjktt,

Blut und Muth bey uns

am

Allerbot. Nun aber, da es heifs! hochwoldgcMtnie

Gnaden,

Weifs man nicht in der Welt der Narrheit melir

Die Worte Gnädig und Euer Gnaden

sind

lächerlich; denn nur ein unmittelbarer Reichs-

stand, welcher die hohe und niedere Ge­ richtsbarkeit hat, kann Gnade

austheilen.

Doch wollte ich Keinem rathen, einer ade liehen Dame die Gnade zu versagen, sie ver­ sagt ihm gewifs dagegen die ihrige. Es war eine gute alte Zeit, da man die Könige edel, und die Fürsten ehrbar nann­ te.

Ein Herzog von Braunschweig schrieb

im Jalir 1Ü70: "Hier helft Over gewesen te "ehrbare Vörste Bischop Altert von Halber-

" Stadt." Werner und Otto, Edle in Egelen, rede­ ten den Herzog von Braunschweig also an ; "Werner und Otto, die Edelen von Hamers "Ioo und to Egelen, beden dem achtbaren "Vörsten, useme Herzogen Otten von Brun­ swick usc berde und willige Denste." Der Tapst schrieb an alle grofse Herren nur: nobili prineipi, dem edlen Fürsten. Königssöhne hiefs man Junker herren;

oder Edel-

ihre Gemahlinnen Frauen, und ihre

Töchter Jungfrauen, oder Fräulein.

ao6 In Frankreich nannte man vor Zeiten die Konige E.rccl/enz. nur dem Kaiser.

Die Majestät

gebührte

Die Konige von F.ngland

hicfsen Ew. Gnaden.

Noch im spanischen

Successionskriege gab man in Wien der Köiüginn von England, Anna, nur den Titel Königliche

Würde,

zutage heilst eines Fürsten Ew. Gnaden. Hochgräßiche

jeder

dignitas regia.

Heut­

Fähnrich im Dienste

über eine Spanne Landes, Unsere Grafen nennt man Excellenz,

und seit kttr/em

gar Erlaucht.

Unsere Monarchen sind un­

überwindlichst

und allergnädigst;

den wir sie allmächtig Beschützer

nennen.

b.dd wer­ Mancher

des Glaubens vertrieb den nehm-

lichen Glauben aus dem Lande, mancher Mehrer

des Reichs

verminderte es.

Dem

Könige von Jerusalem gehörte nicht ein Dachziegel daselbst. Des Menschen Demuth ist eben so über­ trieben als des Menschen Stolz.

"Ich habe

"die allerhöchste Gnade gehabt, aljerunter'thänigst aufzuwarten."

"Die aUerhÖrhsten

2C-7 "Herrschaften

haben

allergnädigst

','der Oper bey zuwohnen." wenn ihr einst

Wehe

Rechenschaft

geruht euch!

geben sollt,

von jedem unnützen W o r t e , das ihr auf Erden spracht. — Vor ungefähr achtzig Jah­ ren schrieb man am Schlufs zugethaner

Diener;

horsamste Diener,

der Briefe:

darauf wurden wir ge­ und nun haben wir schon

die Ehre es zu. seyn.

Der Duc d'Epernon

schrieb kurz vor seinein Tode an Richelieu, und sehlofs mit Votre t r e s - h u m b l e et tres obeissant serviteur.

Als der Brief schon fort

war, besann er sich, dafs der Kardinal nur tres affectionne an ihn geschrieben.

Ge­

schwind schickte er eine Staffelte nach, än­ derte den Brief und starb ruhig. — Ein ehr­ licher Priester schrieb an Pius den Vierten-. "An Tius, den Knecht der Knechte Got­ tes,"

u n d ward dafür ins Gefäiignifs ge­

worfen. Die sonderbarsten Titel schuf man im Mittelalter.

Da gab es

rer, Ohe/Spießer

u. s. w.

OherßaschenhexvahIm Fürstentum»

Zelle waren die Herren von Sporke pötker.

Erb-

Als die DicliLkunst sank, da kam

die Narrheit empor und ward ein Nahrungs-zweig, daher gab es sogar Titulär - Hof­ narren. Es gab eine Zeit, wo der Königstitel sehr gemein war.

Man kannte einen König der

Gerichtsschreiber (Basoche); einen König der Lüderlicfien,

der die Aufsicht über das

Hofgesinde führte; einen König der Barbie­ rer u. s. w. • Die Zigeunerobristen sind Kö­ nige und Herzöge. Titel und W o r t e haben die Menschen Ölter entzweyt, und mehr Blut gekostet, als Länder und Kronen.

Iwan Wasilewitsch

und Sigismund August Führten langwierige Kriege um den Czaartitel. Doch die Titelsucht ist nicht blos eine europäische Narrheit, sie ist ein geiles Un­ kraut

unter

jedem Himmelsstriche;

und

wenn die Römerinn Paula sich vom heili­ gen Hieronymus bereden läfst, den unsinni­ gen Titel Gottes Schwiegermutter

anzuneh-

aog

inen; so nennt sich dagegen der Sultan von ArcStnMenany Calio Herr der Luft und der Wot- °*" k e n , Herr der nach Gefallen morden und umbringen kann, ohne dafs er dadurch ein Verbrechen begeht; der seine Abgaben in lauterem Golde Scheffelweise einnimmt; des­ sen Beteldose von Golde mit Diamanten besezt ist.

Der König von Bali heilst

und seine Prinzen sind Engel.

Gott

Alle Könige

von Asien sind Geschwisterkind mit Sonne, Mond und Sternen.

Ein mongolischer Chan MUUM

führt den Nahmen Altin

Zaar,

der goldene .

' König. Die

vier

vornehmsten

mexicanischen B«Wri-

Staatsriitlie hatten gewaltige Titel. Der Er­ ste hiefs: Fürst der Todvollen Zweyte Miinnerzcrspalter; •vergieße/-; Hauses. heifsen schiesser,

Lanze;

der

der Dritte

Blut-

der Vierte Herr

des

ßi/siern

Die Grofsen au des Moguls Hofe liejhenzerschmctierer,

Strahlen-

Donnerschleuderer.

Das Haupt

der Erees auf den Sandvich - Inseln, heifst Eree Mar»,

das ist: ein Mann in dessen o.«*.

Gegenwart sieh alle übrige schlafe* legen müssen.

Der Kochkessel sieht bey den Ja-

nit scharen in eben so grofser Achtung, als bey uns die Fahne.

Daher heilst der Haupt­

mann Suppcngeber,

und der Major

Küchen-

ob rister. Der König von Marocco ertheilt zuwei­ len den Titel Kat'd Raso, das heilst: Gou­ verneur

über seinen eigenen Kopf.

Würde

soll dort wenig

bedeuten.

Diese Das

nimmt mich W u n d e r ; denn es giebt weni­ ge Menschen in der Welt, die Gouverneure über ihre eigenen Köpfe sind; Der König von Siam ist der König der Könige, der die Wasser wachsen und fliesseu läfst, der Gott ähnliche Monarch, die Mittagssonne, der Vollmond, der Nordstern, die immer sich fortwälzende Kugel, womit man die Abgründe des Meeres messen kann; der Gewaltige, dessen Flügel die ganze Welt überschatten; der göttliche Beherrscher des weifsen, rollten und rundgeschwänzten Elephanten; König einer zaldlosen Menge Pferde

mit goldenen Hufeisen und kostbaren Ge­ schirren; Herr aller Kaiser, Könige undFür(ten in d'T Welt, vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang; König so mächtig als Gott! u. s. w. Lichte die Anker, Sebastian Drand ! dein Narrenschiff ist voll geladen.

Z W Ö L F T E S

K A P I T E L .

Der LanJedelmaun.

H i n w e g TOD jenen Auswüchsen des mensch­ lichen Geistes, zu den freundlichen Sceuen der reinen unverdorbenen Natur.

"Selig

"der jooo Livres Einkünfte hat, und mich "nicht kennt!" sprach Heinrich der Vierte. Als Gyges, der mächtige Lydische Mo­ narch, das Orakel befrug, wer der glück­ lichste der Menschen sey? erhielt er' zur Antwort: Aglaus.

Wer ist dieser Aglaus? —

man frug lange hin und her. Aglaus war ein Landmann, der ein paar Hufen baute, und in seinem Garigen im Genufs der scho­ nen Natur schwelgte. O fortunatoi nimium iui si bona norint

Agrici'l.ü, 'i'

• ipia, procut iliscordibus arniii,

Fundit honiu faulem viuum juslissima tellus.

Virgil. . Georg. Schöne Bestimmung des Menschen! er­ ster Stand in der Welt! ohne welchen Kro-

nen nur Thealerprunk seyn würden.

Feld­

herren und Minister kann der Fürst eher entbehren, als dich, Ileifsiger Landmann! Dichter und Künstler sind des Staates Zier­ de, aber du bist seine Stütze.

Schranzen

uiiil Hobgesindel verachten dich, wie die Tulpe die Kartoffel verachtet.

Sie lachen

deiner, wie ein Tanzmeister über einen Ge­ lehrten lacht. stehende

Sie bedauren dich, wie der

Kammerherr

in der

fürstlichen

Loge den sitzenden Bürger im Parterre be­ dauert.

Sie bemitleiden dich, wie der Jun­

ker mit Zuckerbrod in der Hand, den Bauer­ knaben bemitleidet, der die Backen voll Butterhrod stopft.

Hünen sie nicht, statt

des Gehirns, Puder im Kopfe; könnten sie auch Lorgnetten für die Augen des Geistes kaufen; sie würden warlich nicht hohnlä­ cheln, wenn das Kleid des Landedelmanns nicht nach dem neusten Schnitt und sein französischer Accent nicht parisisch ist. Zucke die Achseln, nützlicher Landmann! lache der schimmernden Thoren, und hülle

dich in dos Gewand genügsamer Ruhe.

Ein

dankbarer Bück in dem Auge eines Bauers, den deine Vatersorge beglückte, ist mehr werth, als der goldene Schlüssel an der Hüfte des Höflings. D u allein bist das Schooskind der güti­ gen Notar,

Einen Theil ihrer Kinder stofst

sie hinaus in die Welt, nur ihre Lieblinge behält sie zu Hause; für sie schmückt sie sich im Fr üb Ii ngsgr wandt, für sie reifen die vollen Ähren, für sie werden des Herbstes Früchte aufgetischt.

Schalmeyenklang und

Bachgemurmel tönen lieblicher als die Pau­ ke beym Gastmuhl und die Trommel in der Schlacht.

Der Frühling stickt Feyerkleider;

ein Baum mit Blühten

überschueyt,

ist

freundlicher zu schauen als ein gepuderter Kopf.

W e r vermifst Mara und Todi, wo

tausend Nachtigallenkehleu flöten? wer ver­ mifst Ball und Opernglanz, wo die Morgensonrie in ihrer Herrlichkeit mit jedem neuen Tage ein neues prächtiges Schauspiel er­ leuchtet?

Der Morgen graut, die Vögel erwachen, Perlen glänzen im Grase.

Der erste Son­

nenstrahl bat dem Landinaiin den vom Auge gestohlen.

Sfblfj

thür, ilm umschvurren die Schwalben, ihn iimzttitschern die Sperlinge,

die Tauben

gurren, und die Hühner gackern.

Das Mor­

genroth scluninkt sein Gesicht, die frische Morgenluit stärkt seine Brust.

Er schaut

um sich, siehe da zieht die Heerde hinab auf die Weide, die Kühe blöken der fri­ schen Nahrung entgegen, und die Lämmer umgaukeln ihre Mütter.

Dort aus der Ler­

ne tont ein Morgenlied, mit frohem Herzen gesungen, indem der Bauer die mütterliche Erde furcht.

Sorgsam und wachsam uni-

schreitet der Landmann seine Felder, mit Blicken messend, ob auch die Furche tief genug gezogen, ob hier der Dünger nicht gespart, und dort der Saame nicht verschleu­ dert wurde.

1

Er öffnet seine Haus­

Sanfte Freude, wenn das Bog-

gengras um einen Zoll breit wuchs; wenn Kegen und Sonnenschein zu rechter Zeit

2l6

wechselten; wenn kein Sturm da» Korn in der Blühte traf.

Sanfte Freude, wenn die

Ähren immer gelber, und seine Hoffnungen immer rosiger werden. Zwischen der lieben Gattinn und gesun­ den Kindern, erwarten ihn am Mittage das Brodt, das er selbst buk, der Trank, den er selbst braute, die Milch seiner Kühe und die Wurzeln

aus seinem Garten.

Zwey

Gäste sitzen tiiglich mit an seinem Tische: Gesundheit

und froher Sinn.

de gesellen sich zu ihm, Schlaf.

Zwey Freun­ Hoffnung

und

Zwey Schwestern verlassen ihn nie,

Zufriedenheit

und Ruhe.

Einen

Feind

kennt er nicht, den Mangel.

Einen Feind

achtet er nicht, den Neid.

Zwey Schma-

rutzern verschliefst er seine Thür, der Pracht und Schieelgerey. nie, die

Ein Henker foltert ihn

Ehrsucht.

Nie steigt er wie ein Meteor am Hori­ zonte herauf; aber er wandelt wie der Stern der Liebe, seinen Gang einen Tag wie den andern.

Er thut heute, und wird morgen

[htm, was er gestern that; und so Weiht er frey von der fürchterlichsten Seelenkrank­ heit, der Langenwaile,

denn Einförmigkeit

der Lebensart ist das wirksamste Mittel da­ gegen.

Auch füllen tausend kleine Freuden

seine leeren Stunden: ein junger Obstbaum, der zum Erstenmale Früchte trägt; ein Fül­ len, das keck und munter im Hofe herum­ springt; ein Bienenschwarm, der glücklich eingefangen worden; eine Melone, die in seinem Treibhause reifte; ein grofser Fisch, der unvermuthet an

die Angel gebissen;

jede Kleinigkeit, die nach "Wunsch gerietb. Alles, Alles macht ihm frohe Augenblicke. Dann sizt er, und sieht mit "Wohlgefallen, wie die fleifsige Hausmutter in ihrer W i r t ­ schaft kramt ; wie sie Flachs austheilt an die Spinnerinnen, wie Rad und Weife sich munter drehn, wie Kohl und Erbsen für den Winter bereitet, und die Früchte zu Mufs eingekocht werden.

Dann kommen

Tage, an welchen die ländliche Freude auf jedem Gesichte glänzt;

dann kommt das

Erndlefest, der Dudelsack tanzt voran, ihm folgt die ganze Gemeinde,

Die Alten la­

gern sich mit kurzen Pfeilen im Munde, um die volle Biertonne, und schwatzen mit Mi­ nen voll Weisheit von Dingen, die sie nicht verstehen.

Die Jungen

drehen sich im

Kreise, die Herrschaft mischt sich unter sie, der Erhhcrr tanzt mit der Milchmagd und der Bauer mit dem Fräulein.

Juchhey! die

Menschen sind froh! die schönste Decora­ tion auf der Huhne der Natur sind frohe Menschengesichter. Wie?

Undankbarer!

du könntest die

Freuden der Jagd vergessen? die so oft dei­ nem Körper frische Kraft gaben, und dei­ ner Seele wohltluitigc Zerstreuung gewähr­ ten.

Da steht der muntere Jäger an einem

schönen Frühlingsabende im jungen kaum grünenden Busche; die Sonne sank hinab, sanfte Dämmerung verbreitet sich umher, der Käfer summt, die Weindrossel singt, die Beccassine meckert; er steht und lauscht und lauert, da hört er die Waldschnepfe

gurren, sie zieht der Liebe nach, weil im Frühling die Natur eine Buhlerinn ist; sie achtet nicht den hiuersamen Jäger, findet oft den Tod auf dem Pfade der Wollust, entschlüpft ol'ier, lievm Aufblitzen des Pul­ vers sich werfend, der schuldlosen Mordlust dos Ungeübten. —

Doch schon färbt sich

die Saut, die gefiederten Bewohner des Wal­ des haben gebrütet, der Landmann wirft die Flinte über die Schulter, ihm folgt seine treue Diane, in kleinen Kreisen spürt sie vor ihm her, die Nase hoch in der Luft. Jezt wittert sie plüzlich das Wild im tiefen Grase, jezt steht sie inauerfest, der Wedel bewegt sich schnell, der Kopf, das feurige Auge zielen gierig auf den Zufluchtsort, den nur die Witterung verrieth; jezt naht sie auf den Zuruf des Jägers langsam mit lau­ ernder Vorsicht.

Der Hahn ist gespannt,

die Kette fliegt auf, das Gewehr wird an die Backe geworfen, ein Schufs — dort liegt die Beute.

Diane fal'st sie leise und bringt

sie dem rüstigen W'aidmann. — Doch schon

weht der Herbstwind über die Stoppeln, und nur die Mittagssonne theilt die Morgciinebel; da werden die heulenden Hunde losgekoppelt,

zerstreuen sich im "Walde,

hierhin und dorthin und überall hin.

Jezt

findet Einer die Spur des Hasen, er ruft laut sei.e ßrüder, sie eilen herzu, sie fol­ gen der Spur, alle ihre Stimmen durchschal­ len den Busch wie Glockengetöne; sie ja­ gen den Hasen im Kreise, und indem er zurückkehren wdl in das verlassene Lager, ereilt ihn das tödtbche Bley.

Oder er wagt,

auf die Schnelligkeit seiner Liiufe trotzend, sich heraus auf das Blachfeld; der flüchtige Windhund entflieht wie ein Pfeil dem Strikke, und rahmt den kreischenden Feind. todil

ertönt es im Felde, All todtl

All

ertrtnt

es im W a l d e ; der Piqueur wirft das Wild über den Gaul, der rinnende Schweifs färbt des Gaules Hüften, das Jagdhorn ertönt, die Jäger ziehen förder.

Und wenn sie am

Abend um den wohlbesezten Tisch steh la­ gern, ha! wie ist. durch Bewegung und Irl-

sehe Luft jede Speise gewürzt, jeder Trunk schmackhaft geworden.

Sie taumeln suis

ermüdet in die offenen Arme des Schlafs. Kein, es ist doch nirgends besser als auf dem Lande, wo keine grofse Leidenseha.it mich foltert; wo kein Interesse sich an dem andern reibt, und schuldlose Freuden ver­ gällt; wo kein Nachbar mir in die Schüssel kuckt, kein Feinzüngler meine Speisen beschniffelt, kein Klehuneiäter meinen schlich­ ten Rock bespöttelt; wo nur die Zeitungen mir sagen was in der Welt vorgebt, und Krieg und Empörung nur das Geschwätz meiner müssigen Abendstunden sind;

wo

Gesundheit und Ruhe am liebsten wohnen; wo keine Klatscherey mir die Stunden ver­ bittert, und der Neid es nicht der Mühe werth achtet mich aufzusuchen. D u hoher häfslicher Ort! von Wald und Morästen umgeben, wo ich in den Armen eines guten Weibes, an der Seite vortreffli­ cher Menschen, die schönsten Tage meines Lebens zubrachte! dich hat die Natur nicht

in der besten Laune geschaffen, dich schmückt keine romantische Aussicht; aber Freund­ schaft und Liebe wanden mir täglich neue Kränze, und die Musen waren mir hold. In einer unwillkürlichen Thräne glänzt dem Schöpfer mein Dank für Altos was ich dort empfunden und genossen.

Dort war es, wo

ich zum Erstenmale fühlte, was Vater Gleim so wahr vom Glück des Landmanns singt; O du bin telig, o du Weiier I In deiner ungestillten Ruh J Viel seliger als alle Kaiser Und alle Könige bist ilii 1

MrS DREY2EHNTES

K A P I T E L .

Der Edelmann als Kafling.

Hof

kreis und Paradechargen

würden den s<

Bürger nur verderben, und bewürken was in Rom die Mittheilung der Staatsämter bey den Plebejern nach sich zog. würden

sich wechselseitig

Beyde Stande verschlechtern.

Hofzwang, Hofsprache, Hofsilten, müssen ei­ nem weniger zahlreichen Kreise eigen blei­ ben; denn sie sind die Auflagen, womit der Adel seinen Glanz und die Ehre seiner Pa­ radedienste bezahlt.

Der nehmliche Zwang,

die nehmliche Sprache, die nebmhehen Sit­ ten, würden jedem Bürger drückend und unerträglich seyn.

Der Hoftnann maskirt

mit Höflichkeit den ihm angebohrnen Stolz, und man verzeiht ihm das Geschenk des Zufalls.

Der Stolz des Bürgers würde nur

Dünkel auf eigenes Verdienst veirathen, und

keine Maske würde ihn decken.

HoCzwang,

Sprache und Sitten, würden, in das ge­ meine Leben eingeführt, Gesellschaft

ekelhaft

die menschbehe

machen.

"Wahrheit,

Freundschaft, Vertraulichkeit, und alle schö­ ne gesellige Tugenden, sind aus dem Hof­ kreis verbannt; aber dieser Kreis erstreckt sich selten über den zehnten Theil der Re­ sidenz.

Bey Hofe herrschen Langeweile in

der Gesellschaft, Lüge im Umgang, Schmeicheley in der Freundschaft;

die Etikette

zeichnet Kleid, Gesicht, Stellung, und jede Bewegung des Körpers vor;

Geschmack,

Gesinnungen, Grundsätze, Meynungen, Urtheile, Tugend und Religion, formen sich nach dem Muster eines Einzigen; das Le­ ben der Alten ist Repräsentation, und die Erziehungskunst der Jungen mimischer und dramaturgischer Untervicht. Was schadet das Alles, so lange jenes Gemähide nicht auch die Sitten der Bürger darstellt? Aber dann, wenn man auch in je­ dem Bürgerhause eine Kopie davon fände,

wie tief würden dann die Nationen herab­ sinken ! Lnternälvme es der Adel, den BürgerStand vom Gefühl der Ehre, vom Besitz der Tugend und Weisheit auszuschliefsen, dann mögten Philosophen

und Dichter

immer

über den Unterschied der Stande schreyen und klagen.

Aber der Adel ist weit ent­

fernt solche Ansprüche zu machen, und wo hin und wieder ein Einzelner es llmt, da wird er selbst von Knaben verlacht. Nicht das Vorurtlieil, die Weisheit der ältesten Zeilen hat gewollt,

dafs es den

Herrschern nicht frey stehen solle, sich Ge­ sellschaft und Umgang nach ihrer Willkühl zu wählen.

Die Egypticr, die Meder, die

Perser, die Macedonier, die griechischen Kaiser, alle neuere Nationen haben gewisse Familien ausersehen, den Privalcirkel des Fürsten zu bilden, in welchem die Geschich­ te jedes Tages, der Geschichte des ganzen Jahres gleich sehen sollte.

Ich habe Schlossers Meynung, nur etwas abgekürzt, hier vorgetragen. meinige.

linge, aber winzrg klein rji .L Neider. g

Sie ist die

Klein sind die Seelen stolzer Höf­ die Seelen ihrer

Wie der Adler auf die Raupe im

Seidengespinnst, so sieht auf diese Blöden dsr Weise herab.

V I E R Z E H N T E S

K A P I T E L .

Der Edelmann ah Domherr,

Domkapitular,

teulicher Orderiiriiter u. t. n:







Ich gestehe gern,

dafs mir der Nutzen jener Stiftungen sehr einleuchtend seyn würde, wenn ich selbst eine fette Pfründe besafse.

Loben kann ich

nicht, tadeln will ich nicht, auf beyden Ach­ seln tragen mag ich nicht.

Meine Gedan­

ken sind zollfrey, mein Scherz unschuldig, und meine Salyre ohne Stachel.

Wen Un­

glück oder Aimuth unfähig machen, des Adels Würde zu behaupten, der sohle, wie in Bretagne, seinen Adel eine Zeitlang schlaP

a

fen

lassen, und bürgerliche llandthierung

treiben. Ganz anders verhält es sich mir den adeiichen Fräulein - Stiftern.

Sie sind eine

schickliche Zuflucht armer IVIädgen, welchen die Natur nicht Reize genug verlieh, einem Jüngling ihres Standes Liebe einzullöisen, und die doch nicht unter ihrem Stande lie­ ben

düifen.

F Ü N F Z E H N T E S

K A P I T E L .

Der Adel im Staate.

W o h l dem Lande, ivo ein Thea" der Bür­ ger nur der Ehre huldigt, Schande mehr (lieht als den Tod, und sieh vorzüglich ge­ bühren glaubt, am Glücke seines Vaterlan­ des zu arbeiten.

Mufs man nothweiidig ei­

nen Sporn zuviel haben, so ist doch immer noch der Sporn der Ehre der beste. Der Adel ist das erste Glied der greisen Di«, de Kette, deren Bing die Hand des Monarchen hält.

Eine Monarchie ohne Adel wäre ein

Mensch ohne Hände. nen

nicht

Kopf und Füfse kön­

zusammenkommen,

Hände reichen an beyde.

aber

die

Wo kein Adel

ist, da ist kein Monarch; die Türkey hat einen Despoten. Der Adel mildert den Glanz der Königswiirile durch den seinigen; er gewöhnt das Volk an Sternenlicht, auf dafs ihm das Son-

J v

.

u i

nenlicht minder die Augen blende.

Der

Adel steht um den Thron und verherrlicht den Thron.

Ist er allzu sahireich, so ver­

sinkt er in Armuth, und es entsteht ein Mite verhalt nifs zwischen Ehre und Wohl­ stand.

Auch leidet des Fürsten Ansehn,

und die Gerechtigkeit ist in Gefahr.

Drum

ist es gut für beyde, dafs die Macht des Adels nicht ihre Grenzen übersteige.

Ein

Zaum dem Pöbel, eine Brustwehr dem Mo­ narchen, ein Fürsprecher dem Volke, das ist des Adels edle Bestimmung.

Nehmt ihm

seine Vorrechte, und ihr habt einen Volks­ staat, oder ihr huldigt einem Despoten. Die Ehre ist die Triebfeder der Monar­ chien, aber ich sehe nicht durch Montes­ quieu» Brille in der Ehre nur das Vorurtheil jedes Standes, und Person.

jeder einzelnen

Die Ehre kann nicht den

Platz

der Tugend einnehmen, denn sie ist selbst die Tugend. Die Ehre ist das Gesetz des Adels, sie gebietet ilun Treua mid Gehorsam gegen

seinen Fürsten. Kriegsdienst ziemt dem Adel vor Allem, weil grofse rasche Tliaten im Felde gebohren werden, und oft das Glück, oft auch das Unglück ihn in den Tempel des Ruhmes führen.

Man weifs, wie un­

gern Friedrich der Zweyte, nachdem der siebenjährige Krieg den Adel verschlungen hatte, die Officicrsstellen mit Bürgerlichen besezte.

Der englische Adel begrub sich

mit Karl dem Ersten unter den Trümmern seines Thrones. das Wort Freyheit

Als Philipp der Zweyte in die Ohren der Fran­

zosen tönen Üel's, war es der Adel, der sei­ ne Krone echüzte; der Adel, der es für eh­ renvoll hielt einem König zu gehorchen, aber für schändlich die Volksmacht zu theilen.

Welche Opfer in unsern Tagen der

französische Allel dein Monarchen bringt, steht mit seinem edlen Blute geschrieben am Altar der üöltinn Ehr». — Als vormals das Haus Ostreich den ungarischen Adel zu unterdrücken strebte, ahndete es nicht, was dieser Adel ihm einst seyn würde. Es suchte

GoM wo keines war; es fand Manner! Man t heilte seine Staaten, seine Macht sank in Trümmern; siehe da verzieh der edle Un­ gar seinem Beleidiger, stand auf und focht für ihn, und starb für Um! — Es ist P/licht der Gesetze in einer Mo­ narchie, den Adel zu schützen, ihn erblich zu machen.

Er darf seine Vorrechte nicht

thcilen mit dem Volke.

Eine Solche Thei-

lung würde dem Adel seine Starke

nehmen,

und dem Volke keine Stärke gehen.

Er

soll auch nicht seyn die Scheidewand zwi­ schen

Fürsteumacht

und

Voltsschwäche,

sondern das Band zwischen bey den.

Fürst

und Volk hassen zuweilen den Adel, jener den Sianä

und dieses die Personen,

den Stand ausmachen.

welche

Der Fürst mag den

Stand nicht dulden, der sein Ansehn ein­ schränkt, und das Volk vergifst, was Baco, Machiavell und Montesquieu ihm laut und scharfsinnig vorgepredigt haben: dafs der Adel die Crenze bewache, zwischen Monarclüe und Dcspolie.

Schlosser meynt, die Geburt müsse nur Ansprüche geben, da, wo vom Glanz der Höfe die Rede ist, und da sey die Erhal­ tung des Adels allerdings wichtig; nicht aber bey Staats - und Kriegsdiensten.

Er belegt

diefs mit Stellen ans dem Scipione Annnirato, den er dem Machiavell an die Seite sezt, und dessen ganze Declamation gegen den Adel in einem dicken und derben witzi­ gen Einfall besteht.

Er sagt nehnilich: der

Adel werde an den Höfen unterhalten, so wie man Zwerge und Hofnarren, Löwen und Tyger füttere.

Ein alter Edelmann sey ein

seltenes Thier, und deshalb müsse ihn ein prachtliebender Fürst an seinem Hofe dul­ den.

So dachte wohl Kaiser Anglist nicht,

als er den Flovtalus ermunterte sich zu verheyrathen, damit sein edler Stamm nicht aussterben mögte.

Nein, er dachte gewifs

nicht: der Stamm des Hortalus ist ein Stamm von seltenen Thieren, den man füttern muls; aber er sah in ihm den edlen Enkel des Redners Hortensius.

Selbst Tiberius und

Nero unterstüzten den armen Adel, und ga­ ben niclit zu, dafs ein edler Nähme durch Armuth erlösche.

Beweise dessen sind die

Nahmen Valerius Messala, Aurelius Cotta, und Haterius Antoninus. Scipione Ammirato,

der

Nebenbuhler

JWachiavells, bemerkt femer: je geringer und niedriger ein Volk sey, desto ruhiger und sorgloser könne der Fürst es beherrschen; und beweist diesen sonderbaren Satz mil einem noch sonderbarerm Beyspiele, nehmlich mit der Politik der türkischen Kaiser, die in den Ländern, welche sie eroberten, immer den Adel vertilgten.

Nun weifs Je­

dermann, wenn er auch nur die Hamburgi­ schen Zeitungen liest, wie ruhig und sorg­ los der türkische Kaiser herrscht; wie heute der Hunger und morgen eine Feuersbrunst ihn auf seinem Throne zittern lassen; wie heute der Pöbel das Serail stürmt, und mor­ gen die Janitscharen ihn erdrosseln. Bald darauf hängt unser Scipio den Man­ tel auf die andere Achsel, nennt die Fürsten

•SS Götter, und den Adel Engel und Erzengel; vergleicht die Bürger mit Kirschen und Obst­ bäumen, und den Adel mit Oedern u n d P a l ­ men, und zieht daraus endlich den Sclduls: ein Fürst müsse den alten Adel unterstützen, weil mit dem Untergang desselben, auch ein Theil seines eigenen Glanzes verlobten ge­ he, — Seines Glanzes nur ? nein, auch sei­ ner Stärke!

setze ich hinzu.

Der Fürst ist

der Vater der Familie, die Edlen sind seine Kinder, die er immer um sich hat, deren Interesse das Seinige ist, deren Augen für ihn wachen, wenn er von Sorgen müde zu­ weilen entscldummert.

Der Despot ist ein

Hagestolz, der nur Knechte, aber keine Kin­ der hat. Dafs das Königreich Polen trotz seines zahlreichen Adels ohnmächtig war, beweist hier nichts für das GegentheÜ.

Die Ursa­

chen jener Ohnmacht lagen in Dingen, de­ ren Erörterung bieher nicht gehört, und mich zu tief in das Labyrinth der politischen Ver­ hältnisse von Europa verwickeln würde.

In Aristocraticii ist ein ewiges Haschen miil Jagen, Drängen und Treiben.

Es wird

dem Adel leicht das Volk zu unterdrücken, aber schwer sein eigenes Gleichgewicht zu zerstören.

List, Gewalt und Rauke heben

Familien über Familien empor. herrscht,

Die Eine

die Andere sucht zu herrschen.

Nur zwey Wünsche beleben die Brust des aristocratischen Edlen: den Mächtigem zu stürzen, oder mit ihm zu steigen.

Gern

thut er das leztere ; lieber noch tritt er ihm auf den Nacken, ein einst wieder getreten zu werden.

Der Staat bleibt seinem Fami-

lieiünteresse untergeordnet.

Er sinnt am

Tage, er brütet bey Nacht über dem Em­ porkommen seines Geschlechts; er verhan­ delt seine Töchter aus Politik und knüpft durch sie grofse Häuser an das SeinigeJ er bestimmt seinen Söhnen Ämter in der "Wie­ ge, und seine Vettern sind in alle Departe­ ments venheilt; er halst nie allein, die gan­ ze Familie mufs mit hassen, und die klei­ nen Kinder müssen den Hals aus der Brust

der Amme saugen; er betrügt das Volk um seine- Liebe durch höfliche FreundUchkeii •ruf der Strebe; um seine Ehrfurcht durch Frömmigkeit in der Kirche; und um seine Achtung durch Geldaustheilen unter die Ar­ men au gewissen Tagen des Jahres; er be­ rauscht zuweilen die Sinne des Volks durch Gastmahle und Schauspiele.

Sein ganzes

Lehen ist das Kämpfen eines Schifies gegen Wind und Wellen, und das Scluff gelangt nie in den Hafen, wenn es keinen Medicis zum Steuermann hat. Das Volk ist zuweilen glücklich, weil die Grofsen nicht Zeit haben, an das Volk zu denken: das arme Scbaaf

entschlüpft,

indessen die Wolfe um seinen Besitz käm­ pfen.

Soll ein solcher Staat glücklich seyn,

so mufs der Adel, wie zu Bern, grofse Tu­ genden besitzen.

Aber grofse

Tugenden

schmücken nicht alle Jahrhunderte, leuchten nur kurze Zeit;

und

denn sie sind

stark gespannte Federn, welche bald er­ schlaffen.

Arinutii und Reichthum des Adels sind in Aristocratien gleich verderblich.

Man

zwinge den Adel seine Schulden zu bezah­ len, so wird er tucht arm werden.

Man

schalle weise Gesetze, auf dals er nicht zu reich werde.

Doch keine Confiscationen!

keine Leges agrariae'. keine Vernichtung der Schulden 1 Alles das wird die Quelle unend­ licher Lbel-

Es herrsche nicht, wie zu Ve­

nedig, das Recht der Erstgeburt.

Immer

Tl Willi Hg. um immer Gleichheit zu bewürken.

Man dulde

keine

Fideicommissen,

kein Nidierrechr, kein Majorat, keine Adop­ tion.

Weg mit allen Mitteln, die nur er­

funden wurden, den Adel in der Monarchie zu unterstützen, und deren Frucht in der Aristocratie Tyranney seyn würde! Die Familien müssen über Einigkeit un­ ter sich wachen.

Rasch und gerecht ent­

scheide der Richter Streitigkeiten zwischen Edelmann und Edelmann, und verhüte, dafs nicht aus dem Zwist der Einzelnen Fami­ lienzwist entspringe.

25j) Kein Gesetz begünstige die kl ein Ii die Eitelkeit, als sey dieses Geschlecht älter und edler als jenes. heiten

üb er lasse

Solche winzige Albern­

man

einzelnen Thoren.

Wünscht mit alle dem euch Glück, wenn euer Staat so gut als böse, zwischen Schlaf und Wachen, zwischen Tod und Leben vegetirt; denn die unnatürlichste Regierungsform auf Erden ist die Aristocratische; so wie hingegen die Natur den ersten Vater im Kn ise seiner Finiilie zum Monarchen krönte. Die Democratie bedarf keines Adels, sie hat nur Bürger.

Sie lohnt nicht mit Wap­

pen, sondern mit ßürgerkronen. stofst den Ehrgeiz landsliebe,

Sie ver-

und sucht nur

Vater­

Jener schickt sich in die Zeit

und leyht von dieser eine Larve.

In Repu­

bliken und in despotischen Staaten sind die Menschen einander Alle gleich.

In Republi­

ken, weil Alle Alles sind; in despotischen Staaten, weil Alle nichts sind.

34 o S E C H S Z E H N T E S

K A P I T E L .

Trimme einiger Weltweiten. Mißgeburten einiger WUzlinge.

i'bio. Plato

Beschluß.

in seiner Republik bediente sich ei­

ner Fiction, den Adel dem Volke ehrwür­ dig zu machen.

Die Natur, sprach er, schuf

die Menschen aus Gold, Silber, Erz und Eisen.

Nur die goldenen

gehöhten zu herrschen. dener eisernen

Menschen sind Da aber ein gol­

Mensch auch wohl der Vater eines Menschen werden kann; so sollen

die Kinder gleich nach ihrer Gehurt alle untereinander geworfen, und erst bey Entwickelung ihres Gharactcis die besseren von den schlechteren geschieden werden. Mich dünkt, er habe durch diese Lüge nichts gewonnen. guten

Wenn Menschen einen

Menschen wählen,

so wissen sie

sich oft eben so wenig Rechenschaft davon zu geben, als wenn sie einen guten Men-

sehen zeugen.

Waldreiche sind von jeher

um nichis^esser regiert worden, als Reiche wo das Erbrecht galt. Wteland

v

leyht in seinem goldenen Stritt-

gel dem Adel von Scheschian das Recht; wenn ein edles Geschlecht erlosch, aus der zweyten oder dritten Volksklasse den Wür­ digsten zu wählen, um die Lücke auszufül­ len.

Der König konnte nicht adeln, wold

aber einen erloschenen Stamm aus dem ho heu Adel, durch einen noch blühenden aus dem rüedern ersetzen. , Schwer war

der

Übergang aus einer Volksklasse in die an­ dere', am schwersten aus der lezten. mischung aller Klassen

durch

Ver­

Heyrathen

ward nicht geduldet. Ob es gut sey, dem Könige das Recht zu nehmen, den Stand der Ehre zu schaf­ fen? oh der wählende Adel mehr oder min­ der der Gefahr unterworfen sey, in den Ver­ diensten des Gewählten

sich zu irren? Die­

se Fragen beleuchtet er nicht.

Mich dünkt,

seine Dichtung zur Wirklichkeit erhoben.

Q

werde nichts bessern,

vielleicht manches

verschlimmern. Hobbes taxirt in seinem Leviathan den "Werth des Menschen wie ein Pferd, das man auf dem Markte kauft.

Er meynt,

man müsse die Macht und Betriebsamkeit eines Jeden zu Gehl anschlagen.

So viel

alsdann ein Jeder zuzahlen mogte, um die Macht des Andern zu besitzen, so viel ist der andere mehr werth.

Das nenne ich

drollige Dinge mit der emsthaftesten Mine vorbringen.

Freylieb heruht der Werth des

Menschen nur auf der Meynung Anderer; aber eben diese wird geleitet durch ewige Grundgesetze der Natur. Eine solche Handlitng kann unter solchen

Umstünden

ein solches Urtheil bewürken.

nur

Die morali­

sche Welt gehorcht den Gesetzen der Nothwendigkeit wie die physische ; wir glauben was wir glauben müssen: aberllobbes Träumerey ward uns — Dank sey es dem Him­ mel ! — nicht als Glaubensartikel vorge­ schrieben.

Denn belse der Werth des Meu-

sehen, seine Liebe und Freundschaft, seine Ehre und Tugend, sich zu Gelde anschla­ gen; so wäre die Welt nicht eine taube Nufs werth. Dalberg wünscht den moralischen Werth T. durch Zahlen auszudrücken, so wie er eine geometri.sehe Progression für

die Leiden­

schaften annimmt, und endlich die Zeit für den Maasstab moralischen

W e r dies

hält,

ich erlaube mir nicht, dem scharfsinnigen Denker weiter zu folgen; aber ich konnte mir das Vergnügen nicht versagen,

den

Nahmen eines Weisen anzuführen, der aus einem der edelsten teutschen Geschlechter entsprossen ist. JVielatid

spricht im teutschen Merkur w

Über den Adel als schöner Geist, und Weltmann.

Philosoph

Als schöner Geist belä­

chelt er die Albernheit, dafs die bürgerli­ chen Erdensöhne ungebohren

seyn sollen;

bezweifelt die strenge Keuschheit aller un­ serer Mütter, Grofsmütter und Eliermütter; erinnert, dafs ein Edelmann in nichts besser

4JU gehöhten sey, als Meister Knieriemen; dafs er seiner Mutter nicht aus dem Ohre krie­ che wie Gargantua,

auch weder Confect

noch Creme u la lieur d'Orange in seine Windeln mache wie Prinz Biribinker u. s. w. Als Philosoph greift er das sogenannte Vorurtheil der Geburt mit Waffen a n , welche ihm Geschichte und W eltweisheit liehen; zwar findet man da nicht viel neu gesagtes, aber viel schön gesagtes, und in der Kunst zu überzeugen, ist, wie man weite, der erste Dichter unsers Vaterlandes

Meister;

als

Weltmann endlich, und als Menschenken­ ner räumt er ein, es gebe kein einziges Vorurtheü, das sich nicht auf einen Schein von Erfahrung

und Wahrheit stutze, und

mit mehr oder weniger feinen laden in die innigsten Gefüllte der Menschheit verwebt sey.

"Manche derselben, fährt er fori, sind

"der Moralität beförderlich, und daher, m "so fern sie sich am Ende in schöne Em­ pfindungen und Gesinnungen auflösen las"sen, berechtig!, von der Vernunft selbst in

"ihren Schutz genommen zu werden."

Er

gesteht, dafs ein edler Stolz auf berühmte Ahnen, und ein höheres Interesse für den würdigen Erben eines

grofsen

Nahniens,

Gefühle sind, welche tief in der menschli­ chen Natur wurzelten, und bleiben werden, so lange Menschen Menschen sind.

"Desto

"schlimmer," sezt er hinzu, "desto sei Jim"mer für die Nation, aus deren Herzen eine "übermüthige und dieses Nahmens unvrnr"dige Philosophie so schöne Gefühle, so "wohhhätige Vorurtheile (wenn man sie ja "durch diesen Nahmen degradiren will) mit "der Wurzel ausreuten konnte.'" Die Mutter des politischen Fanatismus, die französische Freyheit, bat auch einem heftig declamirenden, und folglich nichts sagenden Werke gegen den Adel das Daseyn gegeben-

Herr Dulaure schrieb einep«l*t

Histoire de 3a noblesse, worinn er Hallers berühmte Zeile: Kein Übel auf der Welt das nicht ein Pfaffe that!

Lügen straft, denn ihm zufolgft ist kein Übel auf der Welt, das nicht ein Edelmann that. Mit ein wenig Witz und ein wenig Declamation kann man ja wohl beweisen, dafs die drey Könige aus dem Morgcnlande an Mifswachs

und Hagelwetter

Schuld sind.

Die RÜubereyen des Adels im Mittelalter liefern dem erhizten Democraten manches Gift für seine Feder; er begeifert die edel­ sten Geschlechter, besudelt die berühmte­ sten Nahmen, und stöfst er hin und wieder auf einen biedern Edelmann, dessen Tha­ ten er nicht wegzuleugnen vermag, so schleu­ dert er ihn aus dem W e g e : fori du Ausnahme

von

der Regel!

mit

dir!

Besonders

läfst er den Beweis sich angelegen seyn, dafs die adelichen Höflinge

die Könige zu

nllem Unfug verleitet, und Urheber jedes Unheils gewesen.

Als ob es nicht überall

dergleichen Höfhtigc gäbe, man wähle sie aus dem Adel oder nus dem Pöbel.

Die

Hofluft ist ansteckend, und vor anstecken­ den Krankheiten ist der Edelmann eben so

wenig sicher, als d e r Sklave, d e n irgend ein Sultan /um Verier erhob. , Es ist überhaupt lächerlich, und beweist, dafs die Herren keine gute Sache vertheidigen, wenn sie gleich büter werden, über­ treiben, mit grellen Farben mahlen, Beschul­ digungen

bey

den Haaren

her bey ziehen,

schimpfen, ekelhafte Gleichnisse ausspeyen u. s. w.

So ist zum Beyspiel der Verfasser

der grönländischen

Prozesse ein ungeschlif­

fener elender Witzhng.

Er vergleicht den

nlten Adel mit altem Käse, die Ahnen mit Maden.

Er mcynl, die Nachkommen strahl­

ten das Bild der Vorfahren wieder, wie die Mistpfütze das Bild der Sonne.

Der Ver­

fasser des zwey und vierzig jährigen

Ajj'en

sprudelt noch ekelhafter. Ein anderer Klopf­ fechter im deutschen Museum erlaubt sich folgenden Ausfall:

" d e r Schornsteinfeger,

"der Holzhacker, der Nachtwächter,

der

"Bettler sogar braucht Genie; aber was in "aller Welt braucht der Edelmann, wenn " e r einmal aus einer Mutter von gutem

'Geschlechte gokrochen ist?

Ist es wohl

"der Mühe Werth, dergleichen ungesittetes "Gewüsche zu widerlegen?

Doch schon genug! vielleicht schon zu viel! ich lege die Feder nieder, und nehme Abschied von diesem Werke mit der fro­ hen Überzeugung; ich habe mein Talent nicht der Schiueicheley geliehen; ich habe über Mifsbrüuche und Unarten gesprochen wie ein Bürge/;

über Ehre und iichten Ah­

nenstolz wie ein Edelmann;

ich habe die

Tugend in jedem Stande in ihre adelichen Hechte eiugesezt, das Laster überall aus dem Kreise der Edlen verwiesen.

Mag ich

immerhin nur manches Alte neu gekleidet, manches Wichtige unkundig übergangen, in manchen Sätzen mich geirrt haben; mein Herz irrt sieh nicht, wenn es mir das Zeugnifs ertheilt:

dein Wunsch war

dein Zweck Belehrung;

Besserung,

du schriebst im

Solde der Ehre und Tugend; du lüeltest

dem übermiiihigen Adel einen Spiegel vor; und dem Volke, das berauscht durch den glühenden Becher der Aßerfreyhcit,

nur

Glück und Heil in schimärischer Gleichheit aller Stände zu finden wähnte, versuchtest du die Binde von den Augen zu reissen. Der Schrillst oller, der seine beste Kraft und Zeit verwendet, eine gemeinnützige Wahr­ heit auszubreiten, hat d;is Pathengcschenk der Natur edel benuzt.

Der Mann, der

muthig und voll guten Willens herbeyeilt, wenn er sieht, dafs Trunkene und Basende ein altes ehrwürdiges Gebäude umzustürzen drohen, hat Dank verdient, wenn er auch nur den Fall eines einzigen Steines ver­ hütete.

Noch ein JYort für

Gelehrte.

S e i t acht Jahren sammle und arbeite ich an einem Werke Uder Ehre Ruhm

und Nachruhm

Jahrhunderte.

und

Schande,

aller f'ölkcr

aller

Alles was ich lese, lese ich

mit Beziehung auf diese Idee.

Der Gedan­

ke, ein solches W e r k zu schreiben, ist ein Verdienst; aber die Ausführung übersteigt vielleicht meine Kralle.

Dieses Buch ist

ein Bruchstück jenes giöfseren Werkes. Ich erwarte Aufmunterung für das Ganze, wenn ich sie verdiene;

ich erwarte aber auch

strengen, doch bescheidenen Tadel.

Man

nehme dabey billige Bücksicht auf meine Lage.

Ich wohne an einem Orte, wo keine

öffentliche Bibliothek mich unterstüzt, wo überhaupt wenige Menschen Bücher besilzen, wo ich alle meine Hülfsquellen kaufen mufs. Ich kann Niemand um Rath fragen, von

.Niemand Belehrung hoffen, und ein weitläuftjger Briefwechsel nach Teutschland ist mit tausend Schwierigkeiten verknüpft. ter diesen

Un­

Umstänlen habe ich geleistet,

was ich zu leisten vermogte.

Die meisten

der in diesem Buche benuzten Schriften be­ sitze ich seihst; von manchen habe ich auf Treu und Glauben anderer geborgt.

Ich

bin kein Liebhaber von Citationen und Allegaten, sie verunstalten das Buch und hin­ dern am Lesen; sie schrecken durch ihr gelehrtes Ansehn den Weltmann ab. Ich habe datier nur auf dem Rande den Nahmen meines Gewährsmannes angezeigt. Oft habe ich auch das unterlassen müssen, weil ich oft blos aus dem Gedachtnisse me­ tierschrieb.

Der Gelehrte wird sich immer

leicht finden; dem Ungelehrten liegt nichts an einem trockenen Nahmenregister.

Mein

W e r k ist unvollkommen, davon kann Nie­ mand inniger überzeugt seyn als ich selbst. Ich werde fortfahren zu lesen und zu ler­ nen ; ich werde jeden gründlichen Tadel

mit Freuden benutzen;

und wenn dieses

kleine Bueh die Ehre einer zweyten Auflage erleben sollte, so wird man finden, dafs ich W o r t geholten.

Berlin.

[

N

JiiiJolimij.

N

II A

.

L

.

T .

.

Sein 7

Erstes Kapitel. Ski.se ein« Geldlich» d « . Ad eil. Eskimo, und Grönländer. ^ TunguMn. Die fflwiliillMI JLT Südsee • In »ein. Negern von IsiioJ. Negern
Die Lj'bijcben WtjMtV

.

.

,j 17 ibid. ibid

-

ibid. 30





-



-

• -

ibid. ibid.

-

Die Beduinen. * ' i • HAMHK KncbkomineD. Die Turkrn.nnen und Karden. • Die Kirgisen. Karakilpsefcen, Chirciner. Mingrelier. Ciruiiier, Georgier. . Die Deuten. Die Clmyken. • Die (.jiuristljcii EyUnde. • Die MexiuiHT. ' • • Peru, Florida, und dl* Nsicbei. • Japan. . . . . Reich des großen Moguls. " Die Mekjen. China. -. Siam und Tunkin. Die Hindus. Abj»inien. Die Griechen. " • Di» Römer. - ^ H t «* " .

ji ibid. 5 ibid. a

i( ibidibid. ibid. S a

itud. ig ibid. a

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5» 3> 5» ibid. If

Sliren und Celira. Dia Polen. -

Die U05.ro.



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-

$ [ 38 ibid. a

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. 5 9

MJ«...n„-n.

_

Ii • Moldau und V, eil • i . Pogl.LU. . . ]>.• Hu«en. Ur-prurg Ar* Aehb im Noidnn. Di« (ritom-^l.™ Ter.tn. , 1I..I •• I • I und die Hebriden , Dia I.)•.'•• ttiprung dei> Wou-e . Äliciiet Adel lei i l)f.vn Retble. • .

. .

4, Ibid. tft .

,

49* iL.d :.i

. . .

ib.-l S4 ü

Steifen und MM der K.,n: l. M«bt und du Ad«. 6

hent der Edlen «7 Äußerliche Keon.eachen Jrt Adel«. . 60 I).« Lehr» Vierden eibücb. . . • fctrifall* der SMWMM U. t. w. EulUrbung der fe­ tten S i.lui.vr . . . iL-, R.ubereyeo - . ifaüL I .. : . . ,. MI U e * bi Heerldulde. « Bob« und niederer Adel, . ,b,d. riuiLiiuren. 6g Frejei und .1" Adel. 70 DM VI... BtaM und L. .,..•„ . : S Uelsen rUduog. 74 Ursprung def Rillellchail 76 Turniere. • t* gf über dai Poinl I 80 I >itni|inMhift durch die Kreuiuge (Müden, • SJ EutMi-fcung der .Siedle, . 84 Der Ijod- und .SudltdeL . 8T Die Uucrorw der Rechte 89 I . und I dei I c. 1 - • ur. . Der iVan.üitctie Adel -jdb 9" Denen • • • Rechte. • . Und TnbooaJ du PoUl d uonn-ur. • . 98 7

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BIN „, „.he Adel. »aap „litaniarh* Adel kitb. rfiarjM AdaL •ngii irfae AdaL ukia IN^tli« AdaL d.O. •eh* AdeL ich" ed.tcbe Adal. n

Zweytes Kapitel. VattCgi und Gabre.ben' dai Seele pQajjit •aia J j .In K . I • Drittes Kapitel. Von -I. I Ehrfurcht tat altam AdaL »bat den *cb;e.. Atowafcjfc 00

Viertes Kapitel. Von altaa GetcMecbien. Der icfaie AdeL

Fünftes Kapitel. '

Sechstes Kapitel. Von dei Adel« Pflichten.

Siebentes Kapitel. id bewein man i , AJ.lT r die Milsbün,lmjie Jer Fun el

Neuntes Kapitel Darf .in Edelmann Handlung weiten?

Zehntes Kapitel. Wie der Adel verlohren geht?

Eilites Kapitel. Von der TiieUocbt.

Zwölftes Kapitel. Der Landedelmann.

Dreyzehntes Kapitel. Der Edelmann als Hüning.

Vierzehntes Kapitel. Der Edelmann als Domherr, Domkapiiniar, !e Ordenarittar u. i. «,

Fünfzehntes Kapitel. Oer Adel im Staate.

Sechszehntes Kapitel. Mißgeburten einiger Witibnge. BjuMnft -

Verne) leruns


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