Milarepa

  • November 2019
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  • Words: 346
  • Pages: 1
Es lebte einmal vor langer, langer Zeit in einem fernen Land ein grosser tibetischer Dichter namens Milarepa, der jahrzehntelang studierte und meditierte. Er zog über das Land und lehrte die Dorfbewohner, denen er begegnete, sich in Barmherzigkeit und Mitgefühl zu üben. Er musste viele Beschwerlichkeiten, Schwierigkeiten und grosses Leid erdulden - all dies verwandelte er in seinen Pfad des Erwachens. Endlich war die Zeit gekommen, da er zu der kleinen Hütte zurückkehrte, die er sein Heim nannte. Während all der Jahre seiner Reise hatte er die Erinnerung an sie im Herzen getragen. Als er jedoch in die Hütte eintrat, war sie mit Feinden aller Art angefüllt. Mit schrecklichen, furchterregenden, ungeheuerlichen Dämonen, vor denen jedermann schleunigst Reissaus genommen hätte. Aber Milarepa war nicht jedermann. Er atmete dreimal langsam ein und wandte sich den Dämonen zu, völlig gegenwärtig und bewusst. Er blickte jeden von ihnen tief in die Augen, verneigte sich respektvoll und sprach: "Ihr seid jetzt hier in meiner Hütte. Ich erweise euch Ehrerbietung und bin offen für das, was ihr mich zu lehren habt." Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, waren alle Feinde bis auf fünf an der Zahl verschwunden. Diese, die übriggeblieben waren, waren schauerliche, wüste, riesengrosse Ungeheuer. Milarepa verneigte sich auf neue und begann, ihnen ein Lied vorzusingen. Eine süsse Melodie, in welcher Liebe schwang für die mannigfachen Weisen, in denen die Ungeheuer Leid erfahren hatten, und Wissbegier in bezug auf das, was ihnen ermangelte und wie er ihnen helfen konnte. Als die letzten Töne seinen Lippen entwichen, lösten die Dämonen sich in Luft auf. Nun blieb nur noch eines der garstigen Geschöpfe übrig; seine Reisszähne troffen von Unheil, aus den Nasenlöchern loderten Flammen, und sein aufgerissenes Maul liess einen in einen dunklen, übelriechenden schwarzen Schlund schauen. Milarepa trat näher an diesen riesigen Dämon heran, atmete tief in den Bauch und sagte mit ruhigem Mitgefühl: "Ich muss lernen, dein Leiden zu verstehen und zu wissen, was du zu deiner Heilung brauchst." Darauf legte er seinen Kopf in das Maul dieses Feindes. In diesem Augenblick verschwand der Dämon, und Milarepa war endlich zu Hause angekommen.

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