Ebook 090427

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  • Words: 966
  • Pages: 2
Montag, 27.04.2009

27.04.2009, 10:25 Uhr 

Chefberater

Roland Berger: Zwischen allen Stühlen von Carsten Herz

Roland Berger, Grandseigneur der deutschen Beraterszene, soll der Bundesregierung bei der Rettung des Autobauers Opel helfen. Engagiert aufgrund seiner guten Kontakte zu Politik und Wirtschaft sind es nun gerade diese Beziehungen, die Kritiker auf den Plan rufen: Wie unabhängig ist der im Verwaltungsrat von Fiat sitzende Berger wirklich? FRANKFURT. Die Nachricht war ein Hoffnungszeichen. Roland Berger werde "seine nationalen und internationalen Kontakte sowie seine Erfahrung aus jahrelanger Tätigkeit als Unternehmensberater einbringen", um die komplizierten Fragen im Verhältnis zwischen Opel und dem Mutterkonzern General Motors zu lösen und um die Suche nach internationalen Investoren für eine europäische Gesellschaft voranzutreiben, hatte das Bundeswirtschaftsministerium noch Mitte März erklärt. Dabei werde der 71Jährige "eng mit den auf Regierungsebene eingesetzten Beauftragten zusammenarbeiten". Doch nur fünf Wochen später bringen ausgerechnet diese Kontakte den Opel-Koordinator plötzlich unter Druck. Denn der Chefberater der Republik ist angesichts seines engen Drahts zum italienischen Autobauer Fiat - er sitzt dort im Verwaltungsrat - in die Schusslinie geraten.

Vor allem die IG-Metall macht offen Front gegen den Altmeister der deutschen Beraterszene: Angesichts seiner Tätigkeit als Verwaltungsrat von Fiat sieht sich Roland Berger massiver Kritik ausgesetzt. Quelle: dpa

Die IG Metall, die gegen einen Einstieg der Italiener bei Opel kämpft, macht nun offen Front gegen den Altmeister der deutschen Beraterszene. Der Interessenkonflikt bekomme "ungeheuerliche Züge", denn Berger sitze im Aufsichtsrat von Fiat, klagt OpelAufsichtsrat und Frankfurter Bezirksleiter der IG Metall, Armin Schild, gegenüber dem Handelsblatt. "Das ist kein Ruhmesblatt für die deutsche Wirtschaftspolitik." Direkt kritisiert der Gewerkschafter auch das Wirtschaftsministerium wegen der Einsetzung von Roland Berger als Berater, der die Suche nach Investoren unterstützen soll. Doch davon will Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nichts mehr wissen. Berger sei nie von der Bundesregierung beauftragt gewesen, sondern handele im Auftrag von General Motors, die zusätzlich auch die von Berger gegründete Unternehmensberatung eingeschaltet hätten. Zudem sei Berger für seine Aufgabe bei Opel von Fiat freigestellt worden.

Die Frage, ob Berger mit seiner Funktion einem Interessenkonflikt unterliegt, berührt die Regierung nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums nicht. Berger sei ein Ansprechpartner bei der Suche nach Investoren für den Rüsselsheimer Autobauer, hatte das Ministerium bereits frühzeitig klargestellt. Im Auftrag von General Motors informiere sich der Berater bloß bei der Regierung. Insofern sei Berger nicht Vertrags-, sondern lediglich Kooperationspartner der Bundesregierung. Sprecher von Opel und GM Europa wollten sich zu dem heiklen Thema nicht äußern. Am Opel-Stammsitz in Rüsselsheim erzählen Manager allerdings eine andere Geschichte. Berger sei vom Ministerium ausgesucht worden und daraufhin von GM mit dem Auftrag versehen worden, heißt es dort hinter vorgehaltener Hand. Nun sprechen einige Führungskräfte in kleinem Zirkel plötzlich vom "trojanischen Pferd" und klagen, es sei ein "interessantes Spiel", was da getrieben werde. Berger, der sich zur Verschwiegenheit verpflichtet sieht, lie ß über seine Firma in München zu einer möglichen Interessenkollision nur ausrichten, dass er das Thema nicht kommentieren werde. Doch angesichts der Übernahmepläne des italienischen Autobauers wittern Belegschaft und Management nun Berger als heimlichen Strippenzieher hinter der ungeliebten italienischen Rettung. Plötzlich steht eine große Frage im Raum: Wie unabhängig ist der Chefberater wirklich? Und auf wessen Seite steht er? Kollegen stellen sich dabei hinter Berger. "Es ist durchaus üblich, für mehrere Mandanten aus einer Branche tätig zu sein", führte jüngst noch der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater, Christoph Weyrather, aus. Das lasse sich gar nicht vermeiden, bei den Großen der Branche sowieso nicht. Doch Berger dürfte klar gewesen sein, dass er sich mit der Aufgabe bei Opel auf einen Schleudersitz gesetzt hat. Opel, das ist ein Himmelfahrtskommando. Die Risiken sind mindestens so groß wie der Ruhm, der im Fall einer Rettung winkt, das musste dem 71-Jährigen bereits von Anfang an klar gewesen sein. Dass er dennoch seinen guten Namen dafür hergibt, zeigt, wie sehr es ihn noch immer reizt, ins Risiko zu gehen. 2003 hatte sich Roland Berger mit dem Wechsel in den Aufsichtsrat seiner gleichnamigen Unternehmensberatung aus dem operativen Geschäft zwar weitgehend zurückgezogen. Doch bis heute ist der Gründer der gute Geist von Roland Berger, sein Name ist die Marke. "Weiß alles, kennt jeden", lauten Schlagzeilen über ihn. Bis heute berät der gebürtige Bayer zahlreiche Politiker, geht in Berlin ein und aus und kennt auch zu Guttenberg noch aus Zeiten, als dieser als CSU-Generalsekretär in München die Strippen zog. Er hat als Politikhelfer für die Bundeskanzler Kohl, Schröder und Merkel einen gut Teil deutscher Nachkriegsgeschichte mitgeschrieben. Der Weltbürger aus Bayern, dessen Unternehmensberatung zwei Drittel ihrer Umsätze außerhalb Deutschlands macht, ist immer wieder in politische Entscheidungsprozesse mit einbezogen worden. Schon 1990 beauftragte ihn der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und der letzte Ministerpr äsident der DDR, Lothar de Maizière, die Folgen einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion abzuschätzen. Berger warnte damals vor den hohen Kosten, doch niemand in der Politik wollte dies hören. Nun steckt Berger offensichtlich wieder in einer solchen Position: zwischen allen Stühlen. Roland Berger 1937: Er wird am 22. November als Sohn bayerischer Eltern in Berlin geboren. 1962 Er schließt sein Betriebswirtschaftsstudium als Jahrgangsbester ab. Einstieg ins Beratungsgeschäft bei einem Joint Venture der Boston Consulting Group (BCG). 1967: Berger gründet seine Unternehmensberatung in München. Ab den 90er-Jahren verstärkte Kontakte zur Politik. 2003: Er wechselt auf den Aufsichtsratsvorsitz. 2008: Er gründet eine Stiftung zur Förderung der Menschenrechte. 2009: seit März unterstützt er die Bundesregierung bei der Rettung des Autobauers Opel.

Link zum Artikel: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/koepfe/roland-berger-zwischen-allen-stuehlen;2254693

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