04_-_spannungen_im_boden_06-12-18_unlocked.pdf

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Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach  Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt

Studienunterlagen Geotechnik

Seite IV-1

IV Spannungen im Boden 1

Einführung

Um die Spannungsverteilung im Boden infolge von Eigenlast, Wasser und Auflasten sowie die daraus resultierenden Verformungen zu beschreiben, ist es erforderlich, das Dreiphasensystem des Bodens mit Hilfe des Prinzips der wirksamen Spannungen zu erfassen. Zur Berechnung der Verformung des Bodens durch zusätzliche Auflasten, z.B. die Belastung durch ein Fundament, muss die Änderung des Spannungszustandes im Boden, die durch diese Zusatzbelastung hervorgerufen wird, gegenüber dem Ausgangszustand bestimmt werden.

2

Spannungsvektor und Spannungstensor

Ein von außen mit den Kräften Fi belasteter Körper wird geschnitten (Abb. IV-1). In dem Schnitt wirken über die Schnittfläche verteilte, innere Kräfte. Auf das Flächenelement A wirkt eine Schnittkraft F. F

Fi+2 Fi+1



t

 P

A

Fi Abb. IV-1

Geschnittener Körper

Die mittlere Spannung in dem Flächenelement ist gleich dem Quotienten F/A. Der Spannungsvektor t im Punkt P des betrachteten Schnittes ergibt sich aus folgender Grenzwertbetrachtung:

F dF  A  0 A dA

t  lim

(Gl. IV-1)

Der Spannungsvektor t lässt sich in eine normal zur Schnittfläche wirkende Komponente und eine tangential in der Schnittfläche wirkende Komponente zerlegen. Diese Komponenten werden Normalspannung  und Schubspannung  genannt. IV Spannungen im Boden

18.12.2006

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Studienunterlagen Geotechnik

Seite IV-2

Zur Beschreibung des Spannungszustandes in einem Punkt eines Körpers ist der Spannungsvektor nicht ausreichend, da die Spannungen von der Schnittrichtung abhängig sind. Zur Festlegung des Spannungszustandes in einem Punkt wird der Spannungstensor definiert. Gleiche Indizes kennzeichnen Normalspannungen, ungleiche Indizes Schubspannungen. z

x3

 zx zz zy xz

yz

xx xy yx

13

yy

23

11 12 21 y

x Abb. IV-2

 31 33 32

bzw.

22 x2

x1

Spannungen am Einheitselement

Unter Berücksichtigung der Spannungen in drei senkrecht aufeinander stehenden Schnittflächen lautet der Spannungstensor:

  xx      yx  zx 

 xy  yy zy

IV Spannungen im Boden

 xz    yz   zz 

bzw.

 11 12    21  22  31 32

13   23  33 

(Gl. IV-2)

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3

Seite IV-3

Hauptspannungen und Invarianten

Die Schnittrichtungen, in denen die Normalspannungen maximal sind, heißen Hauptrichtungen. Die zugehörigen Normalspannungen 1, 2 und 3 werden Hauptspannungen genannt und so nummeriert, dass 1 > 2 > 3 gilt. Die Schubspannungen sind in diesem Fall gleich Null. Der Spannungstensor im Hauptachsensystem ist dann:  1 0    0  2  0 0

0 0  3 

(Gl. IV-3)

Die maximalen Schubspannungen werden Hauptschubspannungen genannt. Sie wirken in den Schnittflächen, deren Normale jeweils senkrecht auf einer Hauptachse und zu den beiden anderen in einem Winkel von 45° steht.

1 

 2  3 2

3  1 2 1   2 3  2

(Gl. IV-4)

2 

Grafisch kann ein dreidimensionaler Spannungszustand mit drei MOHRschen Spannungskreisen dargestellt werden. Die Kreise beschreiben hier Schnitte, deren Normale jeweils senkrecht zu einer der drei Hauptachsen steht.

 max

2 3 1 3

Abb. IV-3

2

1



MOHRsche Spannungskreise

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-4

Die im Folgenden angegeben Größen werden Invarianten genannt. Die drei Invarianten beschreiben den Spannungszustand in einem Punkt und sind unabhängig von der Wahl des Koordinatensystems bzw. der Schnittrichtung: I1  ii  11   22  33

(Gl. IV-5)

I 2  12 (ijij  ii  jj ) 2 2  12  223  31  11 22  22 33  3311

11 12 I3  det ij    21 22 31 32

(Gl. IV-6)

13  23 33

 11   22  33  12  23  31  13  21  32  31  22  13  32   23  11  33   21  12 (Gl. IV-7)

Die Invarianten können auch durch die Hauptspannungen ausgedrückt werden: I1  1   2  3

(Gl. IV-8)

I 2  (12  2 3  31 )

(Gl. IV-9)

I3  1 2 3

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-10)

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Seite IV-5

Hydrostatischer Spannungszustand und Deviator

Sind die drei Normalspannungen gleich und außerdem Hauptspannungen (1 = 2 = 3 = 0), handelt es sich um einen hydrostatischen Spannungszustand. Der Spannungstensor ist dann: 0    0  0

0 0 0

0 0  0 

(Gl. IV-11)

Die Normalspannungen haben in diesem Fall für jeden Schnitt die gleiche Größe, die Schubspannungen sind grundsätzlich gleich Null (12 = 13 = 23 = 0). Ein Spannungstensor lässt sich in einen hydrostatischen Teilspannungszustand infolge einer mittleren Spannung m, den Kugeltensor, und einen Restzustand, den Deviator, zerlegen:

m 

 11   22   33

(Gl. IV-12)

3

0   11   m  11  12  13   m 0       21  22  23    0  m 0     21  31  32  33   0 0  m    31 0   s11 s12  m 0    0  m 0    s21 s22  0 0  m   s31 s32 Kugeltensor

IV Spannungen im Boden

 12  13   22   m  23   32  33   m  s13  s23  s33 

(Gl. IV-13)

Deviator

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Seite IV-6

1 

Deviator

2 = 3  1 = 2 Kugeltensor

3 Abb. IV-4

Kugeltensor und Deviator

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-7

Das Prinzip der wirksamen Spannungen

Das Prinzip der wirksamen Spannungen nach TERZAGHI (1883-1963) besagt, dass für die Festigkeit und die Formänderungen des Bodens nur die um den Porenwasserdruck (neutrale Spannung) verminderten totalen Spannungen von Bedeutung sind. Diese Spannungen werden wirksame oder effektive Spannungen genannt.     u

mit:

(Gl. IV-14)

′  u

effektive Spannung [kN/m²] totale Spannung [kN/m²] neutrale Spannung [kN/m²]

Der wassergesättigte Boden ist gemäß Mischungstheorie eine Materialmischung bestehend aus fester und flüssiger Mischungskonstituente. Der Spannung in einer derartigen Mischung ist gleich der Summe der Partialspannungen der Konstituenten. Die Partialspannung der flüssigen Konstituente ist nach TERZAGHI gleich dem Porenwasserdruck. y

x z GW h = u/gw gewellte Schnittfläche A punktförmige Kornkontakte

A¢ (horizontale Projektion der Schnittfläche A)

Ki

u K i+1

K i+2 K i+3 dA

F

Abb. IV-5

TERZAGHIsches Prinzip der wirksamen Spannungen

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-8

In einem Baugrund mit horizontal verlaufender Schichtung und horizontaler Oberfläche wird durch die Kornkontakte und den Porenraum eine gewellte Schnittfläche gelegt, die einer horizontalen Ebene möglichst nahe kommt (Abb. IV-5). Die in der Schnittfläche A übertragene senkrechte Kraft F setzt sich aus den Kräften Ki, die durch die punktförmigen Kornkontakte übertragen werden, und aus der Kraft U, die vom Porenwasser übertragen wird, zusammen: FKU

(Gl. IV-15)

n

K   Ki  Kz  K , K x  K y  0

(Gl. IV-16)

U   u dA  U z  u  A ', U x  0, U y  0

(Gl. IV-17)

i 1

A

 Fz  K z  U z  K  u  A', Fx  Fy  0

Die Summe aus dem mittleren Porenwasserdruck u in der gewellten Schnittfläche A und der auf die Projektion der gewellten Schnittfläche A′ bezogenen Kontaktkräfte K ist: 

K  u   ' u A'

(Gl. IV-18)

Die totale Spannung  resultiert aus dem Eigengewicht des Bodens und dem Gewicht des Wassers über dem betrachteten Horizont sowie aus äußeren Lasten. Die wirksame Spannung ′ herrscht im Korngerüst in dem betrachteten Horizont.

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-9

Spannungen infolge Eigengewicht

Der Baugrund wird oft als horizontal geschichteter, weit ausgedehnter Körper idealisiert. Die Spannungen infolge des Eigengewichts hängen somit nur von der senkrechten Koordinate z ab. In dem in Abb. IV-6 dargestellten Fall besteht der ganze Erdkörper aus einer homogenen Schicht, der Grundwasserspiegel liegt an der horizontalen Geländeoberfläche des Erdkörpers. Es handelt sich um einen wassergesättigten Boden mit Sr = 1. Die freigeschnittene Säule mit der Grundfläche a² besteht aus einer Materialmischung aus fester und flüssiger Mischungskonstituente. GOF

GW

Mischung

feste Phase

gr

(1-n)gs

=

z

flüssige Phase

+

n gw

r

Wichte des wassergesättigten Bodens [kN/m³]

(1-n)w

s

Kornwichte [kN/m³]

w

Wichte des Wassers [kN/m³]

n

Porenanteil [-]

(1-n)w



sz Abb. IV-6

s¢z

u

Senkrechte Normalspannungen infolge Eigengewicht

Die Partialwichte der festen Phase beträgt (1 - n) · s und die der flüssigen Phase (Wasser) n · w. Für die Wichte der Materialmischung gilt:  r  (1  n)   s  n   w mit:

r n s w

(Gl. IV-19)

Wichte des wassergesättigten Bodens [kN/m³] Porenanteil [-] Kornwichte [kN/m³] Wichte des Wassers [kN/m³]

Die totale Spannung ergibt sich aus der Forderung nach Gleichgewicht aller senkrecht am freigeschnittenen Körper angreifenden Kräfte. Sie ist die auf die Flächeneinheit a² bezogene Eigenlast der Materialmischung: z  a 2   r  z  a 2  0 z   r  z

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-20)

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z r

mit:

Seite IV-10

Totale Spannung [kN/m²] Wichte des wassergesättigten Bodens [kN/m³]

Nach TERZAGHI ergibt sich die wirksame Spannung aus der totalen Spannung abzüglich des Porenwasserdrucks zu:  'z   r  z  u  (1  n)   s  z  n   w  z   w  z  (1  n)   s  z  (1  n)   w  z  (1  n)  (  s   w )  z  ( r   w )  z   ' z mit:

′z r u n s w ′

(Gl. IV-21)

Wirksame Spannung [kN/m²] Wichte des wassergesättigten Bodens [kN/m³] Porenwasserdruck [kN/m²] Porenanteil [-] Kornwichte [kN/m³] Wichte des Wassers [kN/m³] Wichte unter Auftrieb [kN/m³]

Der Porenwasserdruck setzt sich aus der Eigenlast des Wassers und dem Abtrieb der Körner zusammen: u  n   w  z  (1  n)   w  z  w  z mit:

u n w

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-22)

Porenwasserdruck [kN/m²] Porenanteil [-] Wichte des Wassers [kN/m³]

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7

Seite IV-11

Kapillarität

Kapillarität nennt man die Gesamtheit der Effekte, die aus dem Zusammenspiel der Grenzflächenspannungen nichtmischbarer Fluide und mindestens einer festen Phase entstehen. Die Grenzfläche zwischen flüssiger und gasförmiger Phase stellt eine Membran dar, die in der Lage ist, eine Oberflächenspannung TS zu übertragen. Diese Oberflächenspannung TS ist eine Materialeigenschaft der Flüssigkeit und kann als die Zugfestigkeit des Materials des membranartigen Flüssigkeitsspiegels aufgefasst werden. d

TS

d a

a

TS

u = - gw hk

-

gw( p/4) d2hk

hk

zw

+ u = g w zw

Abb. IV-7

Kapillare Steighöhe

Die mittlere Höhe des Spiegels im engen Kapillarrohr heißt kapillare Steighöhe hk. Sie ist abhängig vom oberflächenspezifischen Benetzungswinkel und vom Rohrdurchmesser. Sie ergibt sich aus der Gleichgewichtsbetrachtung der an der angehobenen Wassersäule angreifenden Kräfte. Die senkrechte Komponente der resultierenden Kraft der Membranspannung am Rand ist gleich der Eigenlast der angehobenen Wassersäule.  2 d h k  (d)TS cos  4 4T h k  S cos  d w w

mit:

w d hk TS a

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-23)

Wichte des Wassers [kN/m³] Rohrdurchmesser [m] kapillare Steighöhe [m] Oberflächenspannung [kN/m] Benetzungswinkel [°]

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Seite IV-12

In der Höhe des ursprünglichen, nicht kapillar gehobenen Spiegels ist der Wasserdruck u = 0. Folglich ist der Wasserdruck unmittelbar unter dem in der Höhe hk gehobenen Spiegels: u(h k )   w  h k mit:

w hk

(Gl. IV-24)

Wichte des Wassers [kN/m³] kapillare Steighöhe [m]

In einem Kapillarrohr mit ungleichförmigem Längsschnitt (Jaminrohr) stellt sich die passive kapillare Steighöhe hkp ein, wenn das Rohr gefüllt ist und der Wasserspiegel im Behälter abgesenkt wird. Ist das Kapillarrohr zunächst leer, stellt sich die aktive kapillare Steighöhe hka ein. d1 d2

hkp hka

Abb. IV-8

Aktive und passive kapillare Steighöhe

Im Boden wird ein ähnliches Verhalten des Wassers wie im Jaminrohr beobachtet.

IV Spannungen im Boden

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8

Seite IV-13

Spannungsverteilung im Baugrund infolge Auflast

Zur Berechnung von Baugrundverformungen infolge einer zusätzlichen Auflast ist es erforderlich, die Änderung des Spannungszustandes im Boden zu bestimmen. Im Folgenden werden, ausgehend von der Lösung für eine Einzellast, Vorgehensweisen zur Bestimmung der Spannungsverteilung infolge von begrenzten Flächenlasten dargestellt.

8.1

Vertikale Einzelkraft

Der Spannungsberechnung im Bodenkontinuum liegt die Annahme eines unendlichen Halbraums zugrunde. Unter einem Halbraum wird der Raum verstanden, der durch die Teilung des dreidimensionalen Raumes durch eine waagerechte Ebene entsteht. Die untere Hälfte ist mit dem Bodenmaterial gefüllt. Die Lösung nach BOUSSINESQ beruht auf der Annahme eines linear-elastischen Materials. Das HOOKEsche Gesetz gilt ohne Einschränkungen. Dementsprechend ist eine Superposition von Spannungsanteilen aus mehreren einwirkenden Lasten möglich. Es wird angenommen, dass der Halbraum homogen und isotrop ist. Der Elastizitätsmodul E und die Poissonzahl  sind an jeder Stelle gleichgroß und nicht richtungsabhängig. Das Material kann Druck- und Zugspannungen aufnehmen. Das Eigengewicht des Bodens bleibt unberücksichtigt. Der Boden ist vor dem Aufbringen der Belastung spannungslos. Die Spannungsermittlung von BOUSSINESQ für die Belastung des Halbraums durch eine vertikale Einzellast wird in Abb. IV-9 veranschaulicht. Die Lage des Punktes Q wird durch die Polarkoordinaten R bzw. z und  bestimmt.

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-14

P r

P



O

z

R



z

t

r

 zr  rz

z r t

Q

r

rz

z Abb. IV-9

Last Radius (waagerechter Abstand von der Lastachse) Winkel zwischen Radiusvektor OQ und Lastachse lotrechter Abstand von der Oberfläche des Halbraumes lotrechte Normalspannung waagrechte radiale Normalspannung waagrechte tangentiale Normalspannung Schubspannung in Richtung von r und z

Spannungen im Punkt Q im elastisch-isotropen Halbraum infolge der Einzellast P

Am Bodenelement (Abb. IV-9) werden die Gleichgewichtsbedingungen in radialer und axialer Richtung aufgestellt. In der Meridianebene werden aufgrund der Axialsymmetrie keine Schubspannungen übertragen. dr

r

z zr dz

r rz  zr+ zr dz z

z

z+

rz+

rz dr r  r+ r dr r

z dz z

t (r+dr)d

d r

r

rd

r+ dr

r dr r

r

t Abb. IV-10 Gleichgewichtsbedingungen am Bodenelement

Aus den Gleichgewichtsbedingungen ergibt sich für die Schubspannungen: IV Spannungen im Boden

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rz  zr  

Seite IV-15

(Gl. IV-25)

In axialer Richtung z gilt:    rz r d dz   rz  rz dr  (r  dr) d dz  r        z r d dr    z  z dz  r d dr  0 z      z r r0 z r

(Gl. IV-26)

In radialer Richtung r gilt:

    r r d dz   r  r dr  (r  dr) d dz  zr r d dr  r    d   dr dz  0   zr  zr dz  r d dr  2 t sin 2 z   mit: sin



(Gl. IV-27)

d d  2 2

 r  r  r  r   t  0 r z

Die Bedingungen für die geometrische Verträglichkeit der Formänderungen des Bodenelements werden gemäß Abb. IV-11 aufgestellt.

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-16

r

dr

z

r( )

g

dz

g



r

2

 z

z( )

1

dz

d d r

dr

d r( )

rd



rd

Abb. IV-11 Deformation des Bodenelements

Die radialen, axialen und tangentialen Dehnungen sowie die Winkelverzerrung ergeben sich zu: r 

 r

z 

 z

(r d   d)  r d  t   r d r  rz    1   2 

(Gl. IV-28)

   r z

Das HOOKEsche Gesetz verknüpft die Verzerrungen mit den Spannungen: r  t 

1   r      t  z   E 

(Gl. IV-29)

1    t      z   r   E 

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-17

1   z      r   t   E    rz    G

z 

 G

mit:

Querkontraktionszahl od. POISSONsche Zahl [-] Schubmodul [kN/m²]

Für die Volumendehnung gilt:  v     r   t   z

(Gl. IV-30)

Der Zusammenhang zwischen Schubmodul und Elastizitätsmodul ist gegeben durch: G

E 2(1  )

(Gl. IV-31)

Die Spannungen lassen sich nun durch die Verzerrungen ausdrücken:   v  r  2 G  r  1 2       v  t  2 G  t  1 2    

(Gl. IV-32)

  v   z  2G    z  1 2    

  G Aus den Spannungs-Verzerrungsgleichungen ergeben sich unter Berücksichtigung der Verträglichkeitsbedingungen die Spannungs-Verformungs-Gleichungen:    v  r  2 G    r 1  2     (Gl. IV-33)

  v  t  2 G    r 1 2   

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Seite IV-18

   v   z  2 G   z 1  2           G    z r  Durch das Einsetzen der Spannungs-Verformungs-Gleichungen in die Gleichgewichtsbedingungen ergeben sich mit dem dreidimensionalen LAPLACEschen Operator Δ für rotationssymmetrische Probleme in Zylinderkoordinaten folgende Gleichungen:  

 1  v 0 1  2 z

(Gl. IV-34)

 

 1   v  2 0 1  2 r r

(Gl. IV-35)

Diese Gleichungen stellen die von den Verschiebungen  und  innerhalb des Halbraums zu erfüllenden Bedingungen dar. Die sich aus den Spannungs-Verzerrungsgleichungen ergebenden Spannungen müssen die folgenden Randbedingungen erfüllen: 

In der Grenzfläche des mit einer Einzellast belasteten Halbraumes (z = 0) können mit Ausnahme des Lastangriffspunktes der Last P weder Schubspannungen rz noch lotrechte Normalspannungen z auftreten. Der Lastangriffspunkt ist ein singulärer Punkt. Wegen der Definition der Einzellast muss dort z =  sein.



In jedem horizontalen Schnitt (z = const) muss zur Einhaltung des Gleichgewichtes die äußere Last P übertragen werden. Für R =  müssen alle Spannungen und Verschiebungen verschwinden.

Für die unbekannten Verschiebungen  (r,z) und  (r,z) infolge der Einzellast P erhält BOUSSINESQ unter Einhaltung der Randbedingungen die nachstehenden Beziehungen: 

 P 1 z2   (1  )   2  (1  )   3  2E R R  

(Gl. IV-36)



 P r rz  (1  )   (1  2)   3 2E (z  R)R R  

(Gl. IV-37)

IV Spannungen im Boden

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Seite IV-19

R  r 2  z2 Die vier unbekannten Spannungen können aus den Spannungs-Verzerrungs-Gleichungen berechnet werden:  r 2z R  3 3  (1  2)  zR  R

r 

P 2R 2

t 

P z  R (1  2 )    2 2R z  R R 

z 

P z3  3  2R 2 R3

rz 

P rz 2  3  2R 2 R3

(Gl. IV-38)

Mit dem Winkel  des Radiusvektors R gegen die Lastachse können die Gleichungen für die Verschiebungen und Spannungen wie folgt geschrieben werden: 

P 1  (1  )  cos 2   2(1  )  2E R

(Gl. IV-39)



P 1 sin    (1  )  sin  cos   (1  2)  2E R 1  cos  

(Gl. IV-40)

r 

P 2R 2

t 

  P 1  (1  2)   cos   2 2R 1  cos  

  1 2 3 sin  cos   (1  2)  1  cos    

z 

3P  cos3  2R 2

rz 

3P  sin   cos 2  2R 2

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-41)

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Seite IV-20

r R z cos   R

mit: sin  

R 2  r 2  z2 Abb. IV-12 zeigt den Verlauf der vertikalen Spannungen z infolge einer vertikalen Einzellast P an der Geländeoberfläche in verschiedenen Horizontalschnitten. Über die Tiefe ändert sich lediglich der Verlauf der Spannungen im jeweils betrachteten Horizontalschnitt, das Flächenintegral über die Spannungen in der horizontalen Ebene bleibt jedoch wegen des Gleichgewichtes der Vertikalkräfte unverändert.

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Seite IV-21

Lastachse

z = 2.0 m z = 1.5 m z = 1.0 m z = 0.5 m

P

Tiefe z [m] 0 -0.5 -1 -1.5 -2

-2

-1

0

1

2

Abstand r [m] von der Lastachse

Abb. IV-12 Verlauf der vertikalen Normalspannungen z in verschiedenen Horizontalschnitten

Die von BOUSSINESQ aufgestellten Formeln sind für die Berechnung von Spannungen und Verformungen nicht direkt anwendbar, da die gesuchten Größen an der Lastangriffsstelle wegen der singulären Krafteinleitung unbestimmte Werte annehmen. Die Tatsache, dass ein Lastkörper den Boden nicht punktförmig, sondern flächenförmig belastet, wird durch Integration berücksichtigt. Diese Form der Superposition ist zulässig, da der Halbraum nach der Theorie von BOUSSINESQ als linear-elastisch angenommen wird.

8.2

Kreisförmige Lastflächen

Ein mit der Spannung 0 belastetes Flächenelement dF ruft in der Tiefe z unter dem Mittelpunkt einer kreisförmigen Lastfläche mit dem Radius a die Spannung dz hervor: dz (z, r  0) 

IV Spannungen im Boden

30  cos3 dF 2R 2

(Gl. IV-42)

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Seite IV-22

d

dr

a



dF



r

0

r(r) a

r



dr

R



z

z

Abb. IV-13 Vertikalspannungen unter dem Mittelpunkt einer kreisförmigen Flächenlast

Durch Integration über die Kreisfläche ergibt sich für die Gesamtspannung z: 2 a

 z (z, r  0) 

30 3 r z   2 2 5 dr d 2 0 0 (r  z ) 2

  1    0 1  3  1  ( a ) 2  2  z    

(Gl. IV-43)

Für die Halbraumoberfläche erhält man durch Grenzwertbildung:

 z (z  r  0)  lim z (z, r  0) z 0

 0

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-44)

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Seite IV-23

Die Berechnung der Spannungen und Verschiebungen für beliebige Punkte, die außerhalb der Plattenmitte liegen (r  0), ist grundsätzlich auf dieselbe Weise möglich. Diagramme für die Spannungsermittlung unter einigen ausgewählten Punkten innerhalb und außerhalb kreisförmiger Lastflächen in der Tiefe z sind von LORENZ und NEUMEUER aufgestellt worden (Abb. IV-14). Die Lage des kennzeichnenden Punktes ermittelte GRASSHOFF im Abstand 0,845r vom Kreismittelpunkt (siehe Kapitel „Setzungen“). Die Einflusswerte ir können dem Diagramm in Abb. IV-15 entnommen werden. z  i r  0

(Gl. IV-45)

3,0 r 2,5 r 2,0 r 1,5 r 1,0 r

0 0,25 r 0,5 r 0,75 r 0,845 r 1,0 r

z

Kurve Nr. 10

9

8

7

6 54

3

2

1

Abb. IV-14 Ausgewählte Punkte innerhalb und außerhalb einer kreisförmigen Lastfläche

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ir =

sz s0

Seite IV-24

Maßstab für die Kurven 1 bis 6

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 0,0 z r 6 5 4 3 2 1 1,0

2,0

3,0

10 9 8

4,0

7

5,0 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14 0,16 0,18 0,20

ir =

sz s0

Maßstab für die Kurven 7 bis 10

Abb. IV-15 Einflusswerte ir zur Ermittlung der vertikalen Normalspannungen ´z unter ausgewählten Punkten innerhalb und außerhalb kreisförmiger Lastflächen

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8.3

Seite IV-25

Rechteckige Lastflächen

STEINBRENNER erhält die Spannung z in der Tiefe z unter dem Eckpunkt A einer rechteckigen Lastfläche mit den Seiten a und b für a > b durch Integration der Gleichungen von BOUSSINESQ für die Spannungen infolge einer Einzellast. E

B

F

C

d



dr

a

r

D

A b

R 2  r 2  z2

Abb. IV-16 Rechteckige Lastfläche

b 0  a(a 2  b 2 )  2az(R  z)  bz a(R 2  z 2 )   z   arctan   2  2 2  2 2  (Gl. IV-46) 2 2 2   z (a  b )(R  z)  z(R  z)  b  z (a  z )R 

z kann unter Verwendung eines Einflusswertes i berechnet werden. Der Einflusswert i kann in Abhängigkeit von der Fundamentgeometrie und der betrachteten Tiefenlage z ab Belastungsniveau aus Abb. IV-18 abgelesen werden.

0

b N a Abb. IV-17 Lage des Eckpunktes einer rechteckigen Lastfläche

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sz s0

i=

z b

Seite IV-26

0,00 0,0

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25 z b

a/b=1

2,0

1,5 2

4,0

3

0,5

6,0

5

8,0 10

10,0

1,0

12,0 14,0

20

16,0

1,5

¥

18,0

a/b=1 2,0

20,0

22,0

1,5

24,0

2 3

26,0

2,5

5

28,0 30,0

3,0

10, 20, ¥

32,0 34,0

3,5 36,0

38,0

40,0 0,00 i=

sz s0

0,05

0,10

0,15

0,20

4,0 0,25

Abb. IV-18 Einflusswerte i zur Ermittlung der vertikalen Normalspannungen ´z unter dem Eckpunkt einer rechteckigen Flächenlast 0

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Seite IV-27

Für die Berechnung von Vertikalspannungen an beliebigen Punkten innerhalb einer rechteckigen Flächenlast wird diese Fläche in vier Rechtecke unterteilt, so dass der entsprechende Punkt Eckpunkt dieser vier Rechtecke ist. Die gesuchte Spannung ergibt sich dann aus der Addition der für die vier Rechtecke berechneten Spannungsanteile:  z (N)  z I  z II  z III  z IV  0  i I  0  i II  0  i III  0  i IV

(Gl. IV-47)

 0 (i  i  i  i ) I

II

III

IV

s0 N

z

Ds’z

mit: a > b

a1

a2

b1

I

a4

II

b2

IV

III

b3

b4

a3

N

Abb. IV-19 Ermittlung der vertikalen Normalspannung ´z unter dem Punkt N innerhalb einer rechteckigen Lastfläche

Die Berechnung der Vertikalspannung in einem Punkt außerhalb der rechteckigen Flächenlast erfolgt analog:  'z (N ')

IV Spannungen im Boden

 0 (i (ABN 'D)  i (FBN 'E)  i (GHN 'D)  i (JHN 'E) )

(Gl. IV-48)

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Seite IV-28

A

b

B

F

a

Flächenlast J

G

D

H

E

mit: a > b



Abb. IV-20 Ermittlung der Vertikalspannung unter dem Punkt N´ ausserhalb einer rechteckigen Lastfläche

In Abb. IV-21 ist die Lage des kennzeichnenden Punktes einer rechteckigen Lastfläche nach GRASSHOFF/KANY dargestellt:

0

0,74 a/2

C

0,74 b/2

b

a Abb. IV-21 Lage des kennzeichnenden Punktes einer rechteckigen Lastfläche

Die Berechnung der vertikalen Normalspannung unter dem kennzeichnenden Punkt kann mit Hilfe der Einflusswerte ic nach Abb. IV-22 erfolgen.

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ic =

z b

0,0 0,0

Seite IV-29

sz s0 0,1

1,0

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0 0,0 0,1

a / b =1 1,5 2,0 2 3,0 3 5 10 4,0 ¥ 5,0

0,3

6,0

0,6

7,0

0,7

8,0

0,8

1

0,2

0,4

0,5

9,0

a/b=1 1,5

10,0

2

0,9 1,0

3

11,0

1,1

5

12,0

10

13,0

1,2

¥

1,3

14,0

1,4

15,0

1,5

16,0

1,6

17,0

1,7

18,0

1,8

19,0

1,9

20,0 0,0

ic =

0,1

sz s0

0,2

z b

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

2,0 1,0

Abb. IV-22 Einflusswerte ic zur Ermittlung der vertikalen Normalspannungen ´z unter dem kennzeichnenden Punkt einer rechteckigen Flächenlast 0

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8.4

Seite IV-30

Horizontale Einzellast

CERUTTI erhält unter Verwendung kartesischer Koordinaten eine Lösung zur Bestimmung der Spannungen infolge einer horizontalen Einzellast T:

T



x

R



y

z xy z

y yz

xz

x

Abb. IV-23 Spannungen infolge einer waagrechten Einzellast auf der Oberfläche des Halbraums

z 

3T x z 2  2R 2 R 3

(Gl. IV-49)

T  x3 x R2 x 2 (z  3R)   x   1  2  1  3  3  2R 2  R 3 R (z  R) 2 (z  R)3  

(Gl. IV-50)

 x y2 x R2 y 2 (z  3R)   3 1 2 1           3 R  (z  R)3 (z  R)3    R

(Gl. IV-51)

y 

T 2R 2

 yz 

T xyz 3 3 2 2R R

T x2 z  xz  3 3 2R 2 R  xz 

T  x2 y y R  x 2 (z  3R)   3 1 2       1   2R 2  R 3 (z  R) 2  (z  R)R 3  

IV Spannungen im Boden

(Gl. IV-52)

(Gl. IV-53)

(Gl. IV-54)

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Seite IV-31

Literatur:

[1]

Boussinesq, J. (1885) Application des Potentiels à l’Etude de l’Equilibre et du Mouvement des Solides Elastiques, Gauthier-Villard, Paris

[2]

Caquot, A., Kérisel, J. (1967) Grundlagen der Geotechnik

[3]

EVB (1993) Empfehlungen „Verformungen des Baugrunds bei baulichen Anlagen“, Arbeitskreis Berechnungsverfahren der Deutschen Gesellschaft für Erd- und Grundbau e.V. · Ernst & Sohn, Berlin

[4]

Kany, M. (1974) Berechnung von Flächengründungen , Teil 1 und 2, 2. Aufl., Berlin

[5]

Kollbrunner, C.F. (1946) Fundation und Konsolidation, Band 1, Zürich

[6]

Lorenz, H., Neumeuer, H. (1953) Spannungsberechnung infolge Kreislasten unter beliebigen Punkten innerhalb und ausserhalb der Kreisfläche, Bautechnik 30

[7]

Steinbrenner, W. (1934) Tafeln zur Setzungsberechnung, Die Strasse, Heft 1

[8]

Szabó, I. (1964). Höhere technische Mechanik, 4. Auflage, Berlin

[9]

Széchy, K. (1963) Der Grundbau, Untersuchung und Festigkeitslehre des Baugrundes, 1. Band, 2. Auflage, Wien

[10]

Terzaghi, K., Jelinek, R. (1954) Theoretische Bodenmechanik, München

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