PoWi-Klausur am 10.03.09 Thema: Demokratiemodelle und politische Willensbildungsprozesse 1. Demokratiemodelle a. Demokratie •
Gleichheit und Freiheit aller Bürger
•
Volk legitimiert und kontrolliert die Regierenden
•
Merkmale o
Volkssouveränität
o
o
Regelmäßige Wahlen
Rechtsstaatlichkeit
Gesetze gelten für alle
Grundrechte sind garantiert
Gewaltenteilung
Legislative, Exekutive und Judikative dürfen nicht bei einem Organ liegen
b. Identitäres Demokratiemodell (J. J. Rousseau, 1712–1787) •
Historische Bedingungen o
•
Vor der franz. Revolution (Absolutismus
Menschenbild: o
Alle Menschen sind gleich und frei
o
Es herrscht ein hohes Bildungsniveau
o
Volk entscheidet im Sinne des Gemeinwohls (es herrscht ein Gemeinwille)
•
o
Homogene Gesellschaft
o
Positives Menschenbild
Verhältnis zwischen Staat und Individuum o
Staat basiert auf dem Individuum, das nach dem Gemeinwillen entscheidet
•
Vertragsart o
•
Zweck des Vertrags o
•
Gesellschaftsvertrag
Volk soll Souveränität bewahren
(Volks-)Souveränität o
o
Alle Macht geht vom Volk aus
Es gibt kein Staatsoberhaupt
Volk beschließt die Gesetze
Volk entscheidet im Sinne des Gemeinwillens
© by Arne Lordt, 2009.
•
•
Repräsentation o
Ablehnung des Repräsentationsprinzips
o
Volksvertreter nur Bevollmächtigte, NICHT beschlussfähig
Gewaltenteilung o
Keine Gewaltenteilung, alle Macht beim Volk
o
Keine Gewaltenteilung notwendig, da Bürger ihre Souveränität behalten und im Gemeinwillen entscheiden
•
Probleme/ offene Fragen o
Unterdrückung
der
Einzelinteressen
durch
vorgegebenen
Gemeinwillen o
Wegbereiter totalitärer Ideologien Diktaturen
c. Konkurrenzdemokratisches Modell •
Entwickelt von John Locke/ James Madison
•
Aufgabe des Staates ist es Leben, Freiheit und Eigentum seiner Bürger zu schützen
•
Politische Beteiligung der Bürger in Parlamenten
•
Gewaltenteilung
•
Zusicherung von Grund- und Menschenrechten
•
Freiheit des Einzelnen soll durch Verstärkung der Gruppenpluralität gesichert werden
•
Richtigkeit einer politischen Entscheidung lässt sich erst im Nachhinein erkennen
•
Gewählte, weisungsunabhängige Repräsentanten sollen Gruppeninteressen filtern und ausgleichen
•
Willensbildungsprozess geht vom Volk aus, Repräsentanten der gewählten Parteien bilden die Regierung, die Beschlüsse fasst und diese an das Volk weitergibt
© by Arne Lordt, 2009.
d. Vergleich zwischen konkurrenzdemokratischem und identitärem Demokratiemodell Vergleichskriterien
Identitätstheorie der Demokratie
Konkurrenztheorie der Demokratie
Regierungsausübung
Durch das gesamte Volk
Durch gewählte Repräsentanten (Regierung)
Herrschaftsbestellung
Volksabstimmungen
Wahlen (Wahlkampf)
Entscheidungsfindung
Konsens (keine Kompromisse!; Gemeinwille)
Mehrheitsentscheidungen (häufig Kompromisse!)
Art des Mandats
Weisungsgebundene Beauftragte des Volkes
Unabhängige Abgeordnete (freies Mandat)
Interessen
unerwünscht
Erwünscht und nötig
Keine Interessenvielfalt vorhanden Gemeinwille
Konkurrenz der widerstreitenden Interessen
Objektiv vorhanden und erkennbar, Gemeinwohl
Resultate
ist vorgegeben
widerstreitenden Interessen (Kompromisse)
Erziehungsdiktaturen (Extremfall)
Parlamentarische Demokratie
Gemeinwohl
Anwendung der Theorien
im
Kräfteparallelogramm
der
Plebiszitäre Demokratien Probleme
Scheinbar einfach, aber undurchführbar, da zu
Passivität, Meinungen werden durch Kompromisse
viele
nicht richtig repräsentiert, nicht alle Interessen
Einzelinteressen,
Gemeinwille
vorgegeben werden Führerstaat
müsste
vertreten,
Zersplitterung
Interessensgruppen, Kompliziertheit
© by Arne Lordt, 2009.
in
viele
e. Pluralismusmodell •
Weiterentwicklung des konkurrenzdemokratischen Modells
•
Pluralismus bezeichnet das gleichberechtigte Wirken von Parteien und Interessengruppen Auch Verbände besitzen politische Macht
•
Ergebnis des Willensbildungsprozesses ist häufig ein Kompromiss
•
Pluralismus erfordert einen Grundkonsens über bestimmte Werte und Regeln
•
Neopluralismus (Ernst Fraenkel) weist dem Staat eine besondere Rolle im Wettstreit der Interessen zu, er soll die Benachteiligung schwacher Interessen ausgleichen
f.
Demokratiemodell des Grundgesetzes •
Baut auf dem Modell einer pluralistischen Konkurrenzdemokratie auf
•
Repräsentative Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem
•
Zwei-Kammer-Parlament
(Bundestag
und
Bundesrat)
für
wichtigste
politische Entscheidungen •
Lehre aus den Fehlern der Weimarer Republik o
Entmachtung des Präsidenten
Nur noch repräsentative Aufgaben
Keine Direktwahl durch das Volk
o
Position des Kanzlers gestärkt
o
Konstruktives Misstrauensvotum
•
Erwähnung der Rolle der Parteien (Art. 21) im Grundgesetz
•
Kern der Verfassung (Grundrechte, Verfassungsgrundsätze) wird durch Ewigkeitsklausel geschützt kann NICHT verändert werden
•
Prinzip der Rechtsstaatlichkeit o
Rechtssicherheit
o
Rechtsgleichheit
o
Gesetze müssen veröffentlicht werden und einsehbar sein
Alle Gesetze gelten für alle Bürger gleich
Rechtsschutz
Unabhängige Gerichte schützen Bürger vor Willkür des Staates
o
Bindung des Gesetzgebung an das Grundgesetz
Recht und Gesetze sind an die Verfassung gebunden
Gesetze dürfen nicht im Widerspruch zur Verfassung stehen
Gesetzgebung unterliegt dem Prinzip der Gewaltenteilung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
o
Rechtsweggarantie
o
Jeder Bürger hat das Recht ein Gericht anzurufen
Unabhängigkeit der Richter
© by Arne Lordt, 2009.
Richter sind unabhängig und nur dem geltenden Recht unterworfen
o
Probleme des Rechtsstaats
Rechtsgleichheit gewährt keine soziale Gleichheit
Verrechtlichung des gesellschaftlichen Lebens
Komplexe Vorhaben werden häufig lange durch langwierige komplizierte Verfahren blockiert
•
Sozialstaat o
Deutschland ist ein Sozialstaat
Staat ist verpflichtet Lebensbedingungen zu schaffen, die den Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit entsprechen
Jeder
Mensch,
der
in
Not
gerät
hat
Anspruch
auf
Sozialleistungen
Umfang
und
Art
der
Sozialleistungen
sind
nicht
im
Grundgesetz festgelegt, sondern Gegenstand der politischen Diskussion
Daseinsvorsorge
Pflichtversicherung
Fürsorgeanspruch Bedürftigkeit (ALG II, etc.)
Berücksichtigung
sozialer
Belange
in
der
Politik
(Steuerpolitik, etc.) •
Rechte der sozialen Teilhabe (Gewerkschaften, etc.)
Bundesstaat o
Vereinigung
mehrerer
Gliedstaaten,
deren
Schwerpunkt
der
Kompetenzen beim Zentralstaat lieben (Föderalismus) o
Gliedstaaten dürfen nicht aus dem Bund austreten
o
Bundesländer
besitzen
in
bestimmten
Bereichen
Gesetzgebungskompetenz o
Bundesländer sind durch den Bundesrat an Gesetzen beteiligt, die ihre Belange betreffen
© by Arne Lordt, 2009.