Ver.di Campus-zeitung Nr. 1 Im Wintersemester 2009/10

  • June 2020
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www.verdi-campus.de

ver di campus

Studierende in der Gewerkschaft

Bewegte Bilder Videoaktivismus in der gewerkschaftlichen Arbeit S. 3

Außerparlamentarischen Widerstand organisieren Der parlamentarischen Opposition nicht trauen! S. 4

Herausgegeben von der ver.di Campus-Gruppe Uni Duisburg-Essen

Nr. 1, WS 2009/10

rza w ch ser ! S n n re eg! U Euch e i i l tu ahls hört a e gr m W r dg i m W b zu He Gel ztes let

Elterlicher Unterhalt Fluch oder Segen?

S. 5

Twitter Wenn Gewerkschafter zwitschern S. 6

Wenn nichts mehr hilft:

© de-R

ossi.com

Kommentar Horst Schlämmer, Titanic und das Wahlrecht S. 7

REVOLUTION X

Chancenlosigkeit der Bachelorabsolventen in NRW

S. 2

Wenn nichts mehr hilft: Chancenlosigkeit der Bachelorabsolventen in NRW Dies ist der Titel eines Threads in der StudiVZ – Gruppe MASTER FÜR ALLE – PETITION!!! In der Gruppe geht es darum Studenten und StudiVZ-Nutzer zu animieren, sich an einer Petition zu beteiligen, die vom 14.06.2009 bis zum 7.08.2009 auf der Petitionsseite des Bundestags zum Mitzeichnen bereit stand. Der Text der Petition lautete: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass jeder Bachelorabsolvent einen Masterstudienplatz erhält, unabhängig von Note, Herkunft und sozialem Stand.“

Bachelor meist nicht

Revolution

Doch ist das wirklich so? Ist der Bachelor nicht jetzt auch schon wertlos?

Eine Umfrage hat ergeben, dass Personalchefs, wenn sie die Wahl haben, lieber Diplomer oder andere Absolventen einstellen. In BWL haben nur 8% der Pesonaler eine Chance für Bachelorabsolventen gesehen und das war die höchste Prozentzahl! In den Naturwissenschaften haben Bachelorabsolventen nur eine 1%ige Chance. Man muss einräumen, dass es auch viele Personalchefs gibt, die keine Präferenzen haben, aber wenn man diese zu je 1/3 auf die Abschlüsse verteilt, kommt man bei den Naturwissenschaften beispielsweise auch nur auf 11%.

berufsqualifizerend Die Begründung war: „Mit der jetzigen Regel, bei der es so organisiert ist, dass nicht alle einen Masterplatz erhalten, steigt der Konkurrenzkampf unter den Studenten. Es geht nur noch darum, gute Noten zu erzielen, um einen Masterstudienplatz zu erhalten. Die Möglichkeit, Interessen auch innerhalb des Studiums zu vertiefen, bleibt aus. Der Bachelor ist meist nicht berufsqualifizierend, sodass die übrig gebliebenen Studenten kaum etwas mit dem Abschluss erreichen können. Zunehmend wird die Qualität sinken durch das angestrebte Ziel, dass die Studenten möglichst schnell das Studium beendet haben müssen. Dies alles ist nicht tragbar, wenn ein Studium interessant sein und auf den Beruf vorbereiten soll!“ Bei Ablauf der Frist wurden 42740 Mitzeichner verzeichnet. Das sind zwar keine 50000, aber im Vergleich zu anderen Onlinepetitionen trotzdem sehr viele. Viele andere Petitionen schaffen noch nicht einmal die Tausendermarke. Es wird also deutlich, was auch der Bildungsstreik gezeigt hat: Die Studenten sind mit ihrer Ausbildung nicht zufrieden und die Politiker müssen handeln, um die akademische Bildung wieder attraktiv zu machen. Ein weiterer Thread heißt „Der Master für alle macht den Bachelor wertlos“.

nicht mit jedem Bachelor jeden Master studieren. In der Regel ist es so, dass für einen Master eine bestimmte Anzahl von Credits in einem bestimmten Bereich erlangt werden müssen. Verlangt zum Beispiel die Uni Köln, dass man 30 Credits im Bereich Statistik haben muss, aber der Bachelor in Duisburg sieht nur 20 vor, dann kann man sich in Köln schon mal nicht bewerben. Es gibt also generell nicht so viele Master, die man machen kann, die wirklich auf das Bachelorstudium aufbauen. Dabei wurden die Bachelorstudiengänge zur Vereinheitlichung und Internationalisierung eingeführt. Doch wenn sie noch nicht mal im gleichen Bundesland vereinheitlicht sind, wie lange wird es dann noch dauern bis dies international verwirklicht ist? Zusammenfassend ist also zu sagen, dass Bachelor nicht eingestellt werden, aber viele auch keine Chance auf ein weiterförderndes Studium haben. Es besteht kein Anreiz mehr überhaupt studieren zu gehen und dafür auch noch 500 Euro pro Semester zu investieren.

Kaum Bachelor im öffentlichen Dienst Absolventen auf dem Abstellgleis? Foto: uni-due.de

Es ist also mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass ein Bachelor kein qualifizierter akademischer Abschluss ist. Natürlich bleibt noch die Möglichkeit, einen Master zu machen. Doch ist das wirklich so einfach? Natürlich nicht, denn es gibt nicht für alle Bachelorabsolventen einen Masterstudienplatz. Zumindest nicht in Nordrhein-Westfalen. Bayern oder Baden-Württemberg haben beispielsweise viele verfügbare Masterstudienplätze, aber einige Studiengänge noch nicht auf den Bachelor umgestellt. Wie bei so vielem des Bologna-Prozesses, hapert es mal wieder an der Umsetzung. Doch auch wenn genug Masterstudienplätze vorhanden wären, bedeutet das nicht, dass alle Bachelor einen bekommen würden. Bei vielen Studiengängen muss ein bestimmter Numerus Clausus erreicht werden oder Motivationsschreiben und Lebensläufe eingereicht werden. Außerdem kann man auch 2

Besonders deutlich wird dies am Beispiel des öffentlichen Dienstes. Viele Bachelor können nicht eingestellt werden, da sie nicht im Tarifvertrag eingruppiert werden können. Dort gibt es den Bachelor schon seit acht Jahren, doch erst jetzt werden über neue Tarife verhandelt – und das auch nur auf Länderebene. Doch es ist immerhin ein Anfang und bis Weihnachten soll es zu einer Einigung zwischen ver.di und der Tarifgemeinschaft der Länder kommen. Doch dies ist wahrscheinlich das, was man als Tropfen auf dem heißen Stein bezeichnet, denn es ist unumstritten, dass viele Arbeitgeber mit den neuen Studiengängen nichts anfangen können und eine angemessene Vergütung der Absolventen gar nicht bestimmen können. Teilweise wird der Bachelor wie ein Diplom eingestuft, in anderen Bereichen wiederum als Abschluss einer FH. Auch hier wurde das Ziel der Vereinheitlichung folglich weit verfehlt. (Judith Zoike)

Traditionelle Formen gewerkschaftlicher Mitgliedergewinnung und -Aktivierung lassen sich aus heutiger Sicht durchweg als „analog“ bezeichnen. Die genutzten Medien beschränken sich gemeinhin auf Flyer und Informationsbroschüren. Obwohl vielfach bewährt, stellen diese „alten Medien“ in Zeiten globaler Vernetzung oftmals einen regelrechten Anachronismus dar. Dieser wird vor allem dann besonders deutlich, wenn es um die Gewinnung und Aktivierung einer jüngeren Zielgruppe geht.

Bewegte Bilder

Videoaktivismus in der gewerkschaftlichen Arbeit

Ein Clip sagt mehr als 1000 Flyer Im Gegensatz zu „analogen“ Medien bietet der Einsatz digitaler audiovisueller Medien zwei entscheidende Vorteile: Emotionalisierung und alternative Berichterstattung. Ein geschriebener und illustrierter Text vermag es zweifelsohne, Ereignisse zu dokumentieren. Doch er vermag es nicht, das „Human Interest“ in einem derart hohen Maß zu befriedigen, wie es audiovisuelle Medien tagtäglich tun. Das Kino macht es vor: Wir weinen, wenn Bambis Mutter stirbt, wir lachen über Al Bundy. Richtig eingesetzt ist eine geschickte Bild- und Tonkomposition ein idealer Carrier der Komponente Emotion.

Für die Mitgliedergewinnung und -Aktivierung im Rahmen gewerkschaftlicher Arbeit ist dies von größtem Nutzen. Ebenso von größtem Nutzen ist die Möglichkeit einer alternativen Berichterstattung. Dank fortschreitender Technisierung und hochverfügbarer breitbandiger Internetanschlüsse ist es auch mit kleinem Budget jedermann möglich, selbst erstellte multimediale Inhalte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die beliebteste Plattform dafür ist weltbekannt und kostenlos: YouTube.

Bildungsangebote nutzen Ver.di und DGB veranstalten regelmäßig Seminare zum Thema Videoaktivismus. Im Rahmen von Wochenendworkshops werden den Teilnehmern die Grundlagen von Dreh und Videoschnitt in Theorie und Praxis vermittelt. Interesse? Ver.di Campus informiert gerne. (Cornelius Brandt) Bildungsstreik 2009 - ver.di Campus bewarb die Demonstrationen in Essen und Düsseldorf via YouTube: youtube.com/user/VerdiCampus Foto: Cornelius Brandt

Jogging für den Kopf:

Für studierbare Studiengänge!

3

ver.di Campus-Sudoku

Außerparlamentarischen Widerstand organisieren Der parlamentarischen Opposition nicht trauen Am 27.09.2009 führte eine historisch niedrige Wahlbeteiligung zu einer rechten Mehrheit im Bundestag. Millionen WählerInnen rechneten mit der sozialen Kahlschlagspolitik der SPD der letzten Jahre ab. Nun wird eine CDU – FDP – Koalition diese Politik intensiviert fortsetzen. Die für marode Banken und Unternehmen verpulverten Milliarden sollen nun bei der lohnabhängigen Bevölkerung wieder eingetrieben werden. Die Krise kommt jetzt!

Straßenmehrheit statt Parlamentsmehrheit „Nicht auf’s Parlament vertrauen – auf Widerstand von unten bauen“ lautet eine Parole der außerparlamentarischen Opposition. Dieser Spruch gewinnt im Angesicht der Erfahrungen mit den politisch etablierten Parteien zunehmend an Bedeutung. Die FDP propagiert den Kahlschlag offen. Die Union ist nur während der Wahl christlich. Die SPD hat auch nach der Wahlniederlage noch nichts kapiert und die Grünen wahren unter Rot-Grün Mitgestalterinnen der Agenda 2010. Auch die Linke ist keine Alternative. Wenn auch viele die Linke als zu radikal wahrgenommen haben, bleibt unter dem Strich jedoch nicht mehr als die Erkenntnis, das die Linke nur existiert um die SPD zu „korrigieren“. Dies ist angesichts der bedrückenden Lage von Millionen Arbeitslosen, Lohnabhängigen und Studierten keine Lösung.

Gesundes Misstrauen pflegen Bei den zu erwartenden sozialen Protesten werden VertreterInnen von SPD, Grüne und die Linke sich verstärkt in den Vordergrund spielen und versuchen die Bewegung für Ihre Zwecke aufs Parlament zu orientieren. Wir müssen dem widerstehen und den selbst ernannten

VertreterInnen unserer Interessen eine Absage erteilen. Kein Vertrauen den Agenda 2010, Kriegs- und Privatisierungsparteien. Ihr Ziel sind die Futtertröge der parlamentarischen Demokratie. Vom Wahlergebnis hängen gut bezahlte Posten im Parteiapparat ab. Die außerparlamentarische Opposition ist für sie Mittel zum Zweck. Hinter der Regierung steht das Kapital. Aber auch die unterlegenen parlamentarischen Parteien wollen eine Zusammenarbeit mit dem Kapital. Sie verstehen sich als VerhandlungspartnerInnen zwischen Kapital und Arbeit. Diese Politik wurde ins besondere in den DGB-Gewerkschaften etabliert und führte zur völligen Lähmung der Gewerkschaftsbewegung.

Mit den Füßen abstimmen

Abgepinnt “Wir müssen damit rechnen, dass soziale Auseinandersetzungen sich zuspitzen. Die entscheidenden politischen Themen haben im Wahlkampf von CDU, SPD und FDP doch kaum eine Rolle gespielt: Wer bezahlt die Zeche - die Verursacher oder die Opfer der Krise? Wie bringen wir den sozialen und ökonomischen Umbau voran? Wie bekommen wir die entfesselten Finanzmärkte in den Griff? Stattdessen: Viel Merkel statt CDU, wenig Steinmeier und vor allem Steuersenkungsgerede. Nun haben wir die Bescherung: Das Programm der FDP lautet: Steuern runter, den Sozialstaat aushöhlen, mehr Industrieförderung, weniger Arbeitnehmerrechte, weniger Umweltschutz und vor allem: kein wirksames Rezept gegen Lohndumping. In der Wirtschaftskrise wird dieses Programm die Probleme nicht lösen können, sondern eher verschärfen. Die Verteilungskämpfe drohen sich zuzuspitzen. Es ist Zeit, aufzustehen!” Frank Bsirske, ver.di-Vorsitzender zur SonnTAZ-Frage: “Rüttelt SchwarzGelb die sozialen Bewegungen auf?” TAZ vom 2./3./4. Oktober 2009, S. 18

Die französische soziale Bewegung hat es uns vorgemacht. Die Mehrheiten müssen auf der Straße zusammen kommen. Radikalem sozialem Kahlschlag muss mit Massenaktionen begegnet werden. Es gilt über Streiks, Demonstrationen und weiteren Aktionsformen sich zu verweigern und ein politisches Zeichen zu setzen. Auch wenn es bei der derzeitigen politischen Landschaft schwierig erscheint führt an diesem Weg nichts vorbei. Eine starke außerparlamentarisch agierende Organisation der sozialen und Gewerkschaftsbewegung ist dringend notwendig. (Jens Brode)

4

Foto: presse.verdi.de

Elterlicher Unterhalt Neben regelmäßigen Diskussionen um Bafög, Studienkredite und Nebenjobs, die zur Sicherung des monatlichen Einkommens dienen, wird nur selten der elterliche Ausbildungsunterhalt angesprochen. Dieser gilt gemeinhin als die angenehmste Art seinen Lebensunterhalt während des Studiums zu bestreiten, denn man muss ihn später weder zurückerstatten, noch ist man gezwungen nach einigen Semestern den Eltern den erfolgreichen Abschluss des Grundstudiums zu belegen. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass der elterliche Unterhalt nicht unbedingt ein Segen ist, für den er meistens gehalten wird.

Anspruch auf

640 € pro Monat In Deutschland hat ein volljähriger, unverheirateter, nicht mehr bei den Eltern lebender Studierende Anspruch auf 640 € monatlich. Dieser Unterhalt geht aus der Düsseldorfer Tabelle hervor, die eine Leitlinie für den Kindesunterhalt darstellt. Im Prinzip sind alle Eltern ihren Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet und müssen Sorge tragen, dass sie ihrem Kind mit der Ausbildung die Möglichkeit geben, sich langfristig finanziell selbst zu versorgen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Unterhaltsempfänger seine Ausbildung möglichst zügig zu Ende zu bringen, um die Eltern finanziell so wenig wie möglich zu belasten. Falls die Eltern nicht über ausreichende Mittel verfügen ihrem Kind eine Ausbildung zu ermöglichen, springt der Staat ein und sichert durch Bafög Zahlungen den Unterhalt des Studierenden.

Rechtliche Schritte Wenn sich die Eltern allerdings weigern Unterhalt zu bezahlen, obwohl sie selbst nicht bedürftig sind, kann der Streit sogar vor Gericht landen. Der Studierende ist gezwungen rechtliche Schritte gegen seine Eltern einzuleiten, was von den meisten abgelehnt wird. Der erste Schritt besteht dann zumeist darin einen Rechtsanwalt zu konsultieren, der die Eltern zuerst anschreibt und versucht eine außer-

Fluch oder Segen? gerichtliche Lösung in die Wege zu leiten. Tritt keine Besserung der Situation ein, bleibt nur der Gang zum Gericht. Ein Gerichtsverfahren kann jedoch viele Monate dauern und wird zu einer psychischen Belastungsprobe für die Betroffenen. Manchmal kann auch das Bafög-Amt helfen, denn dieses bietet Vorausleistungen für den noch ausstehenden elterlichen Unterhalt an. Aber auch in diesem Fall kommt es zu einem Gerichtsverfahren, da das Bafög-Amt den Unterhalt von den Eltern zurückfordert und diese im Zweifel verklagt. Sollte es also zu einem Rechtsstreit zwischen den Eltern und ihrem Kind kommen, kann der „Gang zum Gericht“ unter Umständen recht weit ausfallen, denn die Verhandlung findet am Wohnort des Beklagten statt. Wenn die Anwesenheit des Klägers gewünscht ist, muss dieser den Weg auf sich nehmen, um an der Verhandlung teil zu nehmen. Aber das ist nicht die einzige Problematik, die ein Unterhaltsverfahren mit sich bringt. Denn im Gegensatz zu den Bafög-Gesetzen ist das deutsche Unterhaltsrecht erstaunlich lückenhaft. So ist die Düsseldorfer Tabelle lediglich eine Art Empfehlung, aber nicht gesetzlich bindend und somit liegt die endgültige Entscheidung über die Höhe des Unterhalts beim zuständigen Richter. Außerdem dürfen Eltern Einkünfte ihrer Kinder aus Nebenjobs vom Unterhalt abziehen. (!) Selbst beim Bafög gibt es einen Freibetrag von 4 800 € pro Jahr, den ein Student ohne Abzüge zusätzlich zum Bafög verdienen darf. Des weiteren erhalten Bafög Empfänger eine GEZ Befreiung, welche Unterhaltsempfängern nicht zusteht. Allerdings gilt bei der Dauer der Unterhaltszahlungen derselbe Maßstab wie beim Bafög, nämlich die Regelstudienzeit. Gerade in Zeiten wachsender finanzieller Anforderungen an die Studierenden durch Auslandsaufenthalte, unentgeltliche Praktika oder teure Exkursionen erscheint es fatal, wenn das mühsam verdiente zusätzliche Einkommen einfach vom Unterhalt abgezogen werden darf. Aber selbst absolut unentbehrliche Ausgaben im Studienalltag, wie Fachbücher, die Wohnungsmiete in einer Studentenstadt oder teure Studienmaterialien, verkommen bei der knappen monatlichen Kalkulation zu einem Luxus5

gut, das für viele nicht finanzierbar ist. Da aus einem Unterhaltsstreit meist kein freundschaftliches Verhältnis erwächst, können Betroffene auf die freiwillige finanzielle Unterstützung ihrer Eltern bei besonderen studienbedingten Ausgaben nicht mehr zählen. Das bedeutet, dass Studierende im schlimmsten Fall in eine Gesetzeslücke fallen, die ihnen den Zugang zu staatlichen finanziellen Hilfen verwehrt, obwohl der monatliche Unterhalt nicht ausreicht die anfallenden Kosten zu decken. Manch ein Studierender könnte auf die Idee kommen seinen Eltern den Nebenjob zu verschweigen, was allerdings zum Verlust des Unterhaltsanspruches führen kann. Ein Grund für die wenig eindeutige Rechtslage könnte in der Annahme liegen, dass Eltern ihre Kinder ohnehin über die Maßen unterstützen, um ihnen eine erfolgreiche berufliche Zukunft zu ermöglichen. Dies trifft sicherlich auch auf die Mehrheit der Eltern zu. Allerdings sollten durch eine klarere Rechtssprechung auch diejenigen geschützt werden, deren Eltern nicht zu dieser Mehrheit gehören. An dieser Stelle kann trotz der Unterhaltspflicht der Eltern nicht mehr von einer Chancengleichheit unter den Studierenden gesprochen werden. Denn es ist vor allem die Teilnahme an meist kostenpflichtigen Zusatzangeboten (Auslandsaufenthalt, Praktika), die dem Studierenden bessere Jobaussichten einräumen. Leider lassen sich solche Extras von 640 € monatlich nicht annähernd realisieren. Deshalb wäre die gesetzliche Einführung eines Freibetrags, der zum Unterhalt dazuverdient werden darf, ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichbehandlung der Studierenden. Denn reiche Eltern allein sorgen nicht zwangsläufig für den reibungslosen Ablauf des Studiums. (Alina Biesenbaum)

Twitter Wenn Gewerkschafter zwitschern Das Wahlkampfteam von Barack Obama nutzte es massiv im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008 und bei den Protesten gegen den Wahlbetrug im Iran war es ein wichtiges Kommunikationsmittel der Opposition. Auch die US-Gewerkschaft Service Employees International Union (SEIU) nutzt es und informiert so mehrere tausend Leser/innen. Hierzulande machen über 30.000 Benutzer/innen davon Gebrauch. Die Rede ist von Twitter.

Twitter ist ein äußerst effizientes und ökonomisches Medium zur Vernetzung von gewerkschaftlichen Aktiven auf nationaler und internationaler Ebene. Ergänzend zu oftmals unregelmäßig besuchten Websites und wenig beachteten Email-Verteilern ist Twitter ein ideales Werkzeug, KollegInnen aktiv über neue Inhalte zu informieren und im Rahmen von Kampagnen und Streiks zu mobilisieren.

Folgen und gefolgt werden Twitter ist ein so genannter “Mikro Blogging-Dienst”, ein meist öffentlich einsehbares und einfach zu handhabendes Online-Tagebuch. Registrierten Absendern ist es möglich, an die Abonnenten Textnachrichten mit maximal 140 Zeichen,

dgb-jugend.de/studium

Von Gewerkschaftern wird Twitter mancherorts bereits erfolgreich eingesetzt, wie etwa von uns. Seit Mai 2009 weisen wir per Tweets auf Veranstaltungen und Aktionen hin, auf Updates unserer Homepage, sowie auf neue Videos auf unserem YouTube-Kanal. Insbesondere letzterem wurde durch die Hinweise via Twitter eine hohe Aufmerksamkeit zuteil. So wurde ein Mobilisierungsvideo zur DGB-Großdemonstration am 16. Mai 2009 in Berlin wenige Tage zuvor bei YouTube hochgeladen und unmittelbar danach per Twitter beworben. Durch so genannte Retweets (die Weiterleitung eines Tweets durch Abonnenten, anzeigt durch das Kürzel „RT") kam es innerhalb weniger Stunden zu mehreren hundert Zugriffen auf das Video. Ohne Twitter wären solch hohe Zugriffszahlen nie erreicht worden.

Ausblick

Dies kann von fast überall aus geschehen und das in Echtzeit. Mit einem Notebook, oder der entsprechenden Software auf einem Mobiltelefon installiert, ist die Verbreitung von Inhalten an jedem Ort und zu jeder Zeit möglich. Und nicht zu vergessen: Die Nutzung von Twitter ist kostenfrei.

In der Kürze liegt die Würze: Twitter ist einfacher als Email, prägnanter als ein Flyer und wird von seinen Nutzern weltweit wegen seines komprimierten Informationsgehaltes geschätzt. Twitter ist gleichzeitig als Medium zur Information, Kommunikation und Mobilisierung geeignet, da es den Abonnenten direkt, in Echtzeit und ohne Umwege erreicht. Besonders interessant ist die Verknüpfung von Twitter mit weiteren Web 2.0-Plattformen, wie etwa Facebook, StudiVZ, oder den diversen BloggingDiensten, z.B. Blogger. (Cornelius Brandt)

Die ungekürzte Fassung dieses Artikels wurde am 18. August 2009 im ver.di Mitgliedernetz veröffentlicht

das heißt SMS-Länge zu verschicken. Twitters Funktionsprinzip beruht auf dem (gegenseitigen) Abonnement der Beiträge anderer Nutzer. Die Abonnenten, so genannte „Follower" (engl. to follow = folgen) können auf Updates antworten und somit mit anderen Benutzern kommunizieren. Das Posten eines Beitrages auf Twitter wird „Update" oder auch „Tweet" genannt (engl. to tweet = zwitschern) und kann entweder auf der Twitter-Homepage, mittels eigenständiger Software, per Browser-Funktion (Plugin) oder über internetfähige Mobiltelefone erfolgen. Einen Überblick über die verschiedenen Programme, um Twitterbeiträge zu schreiben, liefert u.a. das Heise Software-Verzeichnis, durchsuchbar unter: heise.de/software/

Twitter in der Praxis

Die ver.di Campus- Tweets könnt Ihr problemlos auf unserer Homepage verfolgen: www.verdi-campus.de Einfach mal vorbeischauen! 6

Kommentar

Der ehemalige Chefredakteur der Titanic und Gründer der „Partei“, Martin Sonneborn, machte auf den leeren Diskurs zwischen Politik und Wählern satirisch aufmerksam und castete unter vielen jungen Frauen eine Kanzlerkandidatin. 23 Jahre jung und wunderschön trat die Münchnerin Samira El Ouassil mit dem Slogan: “Frau ja, aber schöner” vor die Kameras. Die Rollenverteilung im Team war klar: „In der Regel redet Martin, und ich sehe aus“, so El Ouassil über die auf Personen zugespitzte Wahlkampfstrategie.

Sonneborn, El Ouassil. Foto: Handelsblatt

Angesichts der realen Inhaltsleere in diesem Wahlkampf ist das Bedürfnis nach Satire groß. Auch Hape Kerkeling und seine Figur Horst Schlämmer halfen uns den alltäglichen Frust mit Humor zu ertragen. Wir werden wohl nie erfahren, wie viele der Ungültigwähler bei dieser Wahl Samira oder Horst gewählt haben. Oder die Simpsons, die auf Pro 7 im Stil der Wahlslogans beworben wurden („Wählt die Simpsons“).

Horst Schlämmer, Titanic und das Wahlrecht

Die repräsentative Demokratie, in der man mit der Abgabe seiner Stimme auch sein Mitspracherecht abgibt, ist nicht zu Unrecht kritisiert. Uns bleiben ja nach einer Stimmabgabe kaum Einflussmöglichkeiten auf politische Prozesse, mal abgesehen von sozialen Unruhen. Dennoch halte ich es – gerade in Zeiten, in denen Mitbestimmung weiter abnimmt – für fatal, das Stimmrecht aufzugeben. Besser Stimmrecht als keines. Denn das Wählen hat definitiv Einfluss auf die Politik. Die Parteien unterscheiden sich (wenn sie auch auch in vielen Dingen ähnliche Positionen vertreten) in manchen, für uns unmittelbar spürbaren Details nämlich sehr wohl. Und wie Ihr aus den „Geh wählen“-Spots wisst, hat auch das Nichtwählen Effekte für oder gegen Parteien. Während um die Stimmen der einen gebuhlt wird, werden andere ausgeschlossen. In Deutschland wird weiterhin kaum diskutiert, dass gar nicht alle BürgerInnen wählen dürfen. Damit meine ich keine Kinder (obwohl das auch ein interessantes Thema ist), sondern alle, die nicht im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind.

Aber Du darfst es nicht! Mit jeder Ansprache an die BürgerInnen wirst Du negiert, Du bist nicht gemeint, Du zählst nicht. Während die einen also nicht wählen wollen, dürfen es die anderen gar nicht. Also liebe Nichtwähler: wenn Ihr das nächste Mal dürft, aber nicht wollt, klingelt doch mal bei Euren Nachbarn, oder fragt Eure Freunde oder Familienangehörige, die nicht dürfen, was oder wen sie denn wählen würden. Und was sie eigentlich zum Wahlrecht, zur Demokratie, zur Politik und zu den Parteien in Deutschland sagen? Und dann mal überlegen, wie wir ein Wahlrecht für alle (und alles, was sonst noch wünschenswert ist) durchsetzten. Eins ist auf jeden Fall klar: um wirklich was zu verändern, reicht das Wählengehen allein nicht aus. (Caroline Heß)

Stell’ Dir mal vor, Du müsstest diese schreckliche Zeit der HackfressenWahl-Propaganda durchmachen, wo Du an jeder Ampel, nach jeder Fernsehsendung und in jeder Zeitung aufgefordert wirst, sie oder ihn zu wählen, oder zumindest überhaupt wählen zu gehen:

Bild:

Doch im Humor steckt immer auch etwas reale Kritik. Nicht wenige haben sich dazu entschieden, gar nicht zu wählen, um mit ihrer stummen Stimme ein politisches Zeichen zu setzten. Sandra Maischberger hatte einen Nichtwähler auf ihrer Talkshow-Couch. Sonst treiben sich diese ja meist im Internet umher: Protest-Nichtwähler. Es sind nicht etwa resignierte oder Politikverdrossene, sondern politische und teilweise engagierte Menschen, die glauben, durch das Nichtwählen unsere Gesellschaft verändern zu können.

Pro7

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Selbstdarstellung

Wir sind eine aktive Gruppe, unsere Themen politisch. Wir entwerfen Kampagnen, planen Aktionen, geben Seminare, veranstalten Reisen, Parties, etc.

Unsere Homepage bietet Dir viele weitere Infos über uns, Gewerkschaften, Jobs, Praktika und Studium. Dort kannst Du auch unsere News via Twitter abonnieren und Dir unsere YouTube-Videos ansehen: w w w.ve rd i - c a m p u s . d e Wir würden uns freuen, wenn Du mal bei uns vorbeischaust. Die Termine für unsere Treffen kannst Du dem Kalender unserer Homepage entnehmen. e Bis bald! ampus-Grupp Deine ver.di C

Die ver.di Campus-Zeitung ist ein Gemeinschaftsprojekt der ver.di Campus-Gruppe, Studierenden, sowie den ver.di-Vertrauens-leuten der Beschäftigten der Universität Duisburg-Essen.

Die ver.di Campus-Gruppe ist ein freier Zusammenschluss von gewerkschaftlich aktiven Studierenden. Wir suchen immer interessierte Studis, die unsere Gruppe aktiv unterstützen wollen. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, bei uns vorbeizuschauen und sich mit einzubringen.

ver di campus

Studierende in der Gewerkschaft

V.i.S.d.P.: Stefan Kaufmann, ver.di Bezirk Duisburg-Niederrhein, Fachbereich 5, Kasinostr. 23-27, 47051 Duisburg.

Rauchen gegen Rechts

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Stipendien der Hans Böckler-Stiftung: www.boeckler.de

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