Sarah

  • November 2019
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  • Words: 2,210
  • Pages: 5
Jonathan hatte ihr mehrere Songs, die er auf seinen CD's gefunden und die er selbst sehr mochte, geschickt. Eigentlich sollte er fröhlich sein, jetzt wo Sarah nun endlich wieder da war. Dennoch fühlte er sich ein wenig traurig. So richtig wusste er das nicht zu beschreiben. Er fühlte sich fast so wie an jenem Tag, da sie abgefahren war. Vielleicht lag es auch nur am Wetter, vielleicht. Sarah hatte mit ganz anderen, realeren Problemen zu kämpfen. Der Kopf tat ihr noch immer sehr weh, nachdem der Doktor den Kiefer aufgeschnitten hatte. Es regnete und die Sterne versteckten sich hinter dicken Wolken. Dazu kamen die Schmerzen. Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man und vieles passiert im Kopf. Jetzt musste sie erst einmal die Zukunft neu ordnen. Was war mit dem Boot geschehen? Ja, Jonathan berichtete, dass er es mit aller Kraft vom Ufer abgestoßen und alles drauf gepackt hatte, was nur eben ging. Bis dahin schaute es gut aus. Doch gab es noch viel zu erzählen. Wie sonst sollte Sarah ihn, sollte sie seine Situation, sein Denken und Fühlen verstehen? Was, wenn sie sich gegenüber stehen und ihre Worte nicht ausreichen würden? Jetzt hörte sie seine Musik, „Einsteins Kind“, und sie träumte sich in einer anderen Welt. Sarah schwitzte und sie war von Müdigkeit gezeichnet. Sie fühlte sich einfach nur kraftlos. Eigentlich der Zeitpunkt, um ins Bett zu gehen. Morgen, Freitag wartete bereits das Büro auf sie. Zeit, um Gute Nacht zu sagen. Und langsam glitt Sarah in die Welt der Träume hinüber. Ich höre deine Musik.... .ich lese deine Zeilen..... ich verstehe wie du dich fühlst.....ich komme jetzt gerade zu Hause an...... Verzeih mir, das ich so lange weg war.......:'( Ich lese gerade deine vielen E-Mails. Du hast ganz schön gelitten.....Hey, ich bin ja wieder da! Dann muss ich dich ja beim nächsten Mal mitnehmen....:-) ;-) Und ich glaube, ich verstehe. Warum? Because you love me! Am nächsten Abend ging es Sarah bereits wieder etwas besser. Vielleicht lag es auch an den bunten Pillen, die sie eingeworfen hatte und die ihre starken Schmerzen unterdrückten. Während Sarah am Laptop wartete, dass sich Jonathan am anderen Ende melden würde, ging sie in Gedanken noch einmal die Reise durch und ordnete ihre Eindrücke. Gar nicht so leicht, wie sie feststellen musste. Bei so vielen Häfen, die sie in den zwei Wochen angelaufen hatten.

Ich muss gestehen, dass mich Lettland, Litauen und Estland nicht besonders vom Hocker gehauen haben. St. Petersburg war zwar geschichtlich interessant, aber ich konnte dem an Eindrücken nichts abgewinnen, ich habe immer nur gesehen wie die "schönen" Dinge entstanden sind. Seit St. Petersburg wurde es gar nicht mehr richtig dunkel. Keine Sterne mehr am Himmel und das war der Augenblick, von wo an ich sehr stark an dich dachte. Jeden Abend saß ich an Deck und wartete auf den Sonnenuntergang. Es war hoffnungslos. Irgendwann schlief ich dann ein. Ich bekam keinen Kontakt zu dir und das bedrückte mir irgendwie. Helsinki war relativ schön. Es ist eine relativ junge Stadt, aber schon der saubere Anblick, im Gegensatz zu St. Petersburg fiel ins Auge. In jedem Hafen, bei jeder Rundfahrt und bei jedem Seminar bekamen wir so viel erzählt. Wie die Städte entstanden, über die Geschichte im allgemeinen, über bekannte Musiker, die da geboren und gestorben sind oder dort lebten. Vieles war einfach nur trockener Stoff, doch für

meine Ausbildung als Reiseverkehrskauffrau irgend wie wichtig. Zahlen sind doch eh nur "Zeit und Raum", ich habe sie mir nicht gemerkt, aber irgendwo aufgeschrieben! Die Einfahrt zu den Aaland Inseln war sehr interessant. Vorbei an den kleinen Inseln sind wir in den Hafen, beeugten die kleine Stadt und es war wie in einem fremden Land, he he. Die Leute waren irgendwie anders in ihrem Denken, so schien es mir. Irgendwie freier. Malmö hat mir nicht gefallen. Da werde ich mich nie wieder hin verlaufen! Stockholm dagegen fand ich sehenswert. Göteborg ist ganz nett , eine Stadt die Flair hat. Wenn ich mir nochmal etwas aussuchen darf, würde ich gern meinen Urlaub in Visby verbringen. So und jetzt warte ich einfach auf dich, bis du das alles gelesen hast...:-) Es ist jetzt fast 8 Uhr. Um halb 10 muss ich nochmal weg. Was machst du wohl gerade??????

Ein wenig Unruhe, Neugier und die Ungewissheit, wann Jonathan sich heute melden würde beschlichen Sarah. Sie war irgendwie verändert, unverkennbar. Das lies sich nicht leugnen. Etwas an ihr, in ihr hatte sich verändert. Nicht plötzlich, eher schleichend, allmählich und sie konnte das Gefühl, dass sie unbewusst für Jonathan empfand nicht einfach ignorieren. Dafür war es bereits zu stark. Nein, sie versuchte sich auch nicht dagegen zur Wehr zu setzen. Denn es tat ihr gut. Es war lange, sehr lange her, dass Sarah derartig gedacht und gefühlt hatte. Etwas war passiert, mit ihr passiert. Und der Grund dafür war Jonathan. Was hatte er getan? Was??? Sie hatten beide lediglich miteinander geredet, oder besser gesagt, hatten sich Text hin und her geschickt. Hatten dabei über Gott und die Welt geplaudert, philosophiert, wissenschaftliche Thesen besprochen, Musik getauscht, über sich und ihr Leben gesprochen. Nicht mehr und nicht weniger. Keiner von beiden hatte einen Gedanken daran verloren, dass so etwas wie ein Gefühl zwischen ihnen entstehen könnte. Warum auch. Vielleicht war es gerade das gewesen. Sarah saß vor ihrem Laptop und dachte: was ist mit mir los? Ich fühle mich verändert und habe keine Erklärung dafür. Jetzt ist es bereits nach 8 Uhr und ich werde die Wäsche aufhängen. Dazu muss ich meinen Platz am Laptop verlassen. Also nicht weg laufen, falls du gerade reinkommst! He, he du wirst wohl viel Arbeit haben, und ich mach' mir bloß unnütz Gedanken. Wenn du nachher noch nicht da bist fahre ich mal zum Strand. Du musst wissen, ich bin süchtig nach Wasser. Gleichzeitig scheue ich es aber. Paradox nicht? Ich werde mich in den warmen Sand setzen und sinnieren. Dann werden zumindest meine Gedanken bei dir sein. Aber wenn ich von meiner "Verabredung" wieder da bin und du dich immer noch nicht gemeldet hast fange ich an mir Sorgen zu machen, unberechtigterweise, hoffe ich. Kurz nach halb neun meldete sich Jonathan, endlich. Und Sarah fiel regelrecht ein Stein vom Herzen. Hab' deine Mails und SMS gelesen. Habe immer noch viel Aua, der Kiefer ist entzündet, also schmeiß mir jetzt rosa Pillen ein und dann ist die Welt wunderschöööhhhhnnnnnn. Du hast mir ja wieder viele schöne Songs geschickt, danke dir dafür. Die Musik läuft nebenbei, sie ist wunderschön. Du musst wissen, dass ich Klaviermusik liebe. Damit hast du voll meine Seele getroffen. Woher wusstest du das? Nein, natürlich konntest du das nicht wissen, doch es ist verwunderlich, wie ähnlich wir uns sind, welche Gemeinsamkeiten wir haben. Genau die gleiche Musik habe ich auf CD. Die höre ich abends im Bett.

Übrigens, ich liebe irische Musik. Es ist ein Traum von mir, irgend wann mal nach Irland zu fahren. Es war unfassbar für Sarah, woher Jonathan so viel über sie zu wissen schien, was ja eigentlich gar nicht der Fall war, der Fall sein konnte. Es sei denn, er besaß übernatürlich Kräfte oder irgend jemand hatte ihm all dies über sie eingeflüstert. Ja, wahrscheinlich musste es so sein. Sie besaßen einfach die gleiche Wellenlänge. War es wirklich nur ein Zufall? Oder wer hatte dabei seine Hände im Spiel? Das beängstigte Sarah ein bisschen. Angst? Nein, das war etwas übertrieben. Aber es gibt mir eine Gänsehaut. Welche Musik ich mag das konntest du eigentlich nicht wissen. Da hättest du jemanden fragen müssen, der mich kennt. Aber es kennt mich ja keiner wirklich, nicht mal mein Lebensgefährte! Außer dir gibt es niemanden, dem ich je so viel über mich erzählte und der sich wirklich dafür interessierte. Kannst du das verstehen Jonathan? Nein, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Irgendwann wirst du wissen, wovon ich spreche. Sicher, Jonathan hätte irgend eine andere von seinen über 200 CD's aussuchen können. Aber es war nun einmal die irische Musik, die er selbst gern hörte. Es war besser, sie kannten die ANTWORT auf diese Frage nicht. Vielleicht würde das sonst alles zwischen ihnen zerstören. Bis ich dich kennen lernte befand sich keine Musik auf meinem Rechner. Ist das nicht seltsam Jonathan? Die Frage, die er ihr dann stellte, kam überraschend. Doch sie überraschte Sarah nicht wirklich. Sie spürte bereits, dass sie sich näher kamen und sie wehrte sich nicht dagegen, wollte sich nicht mehr wehren. Was wäre, wenn ich dich nicht wieder weg lassen würde? Ihre Antwort war ebenso einfach und verständlich: Na ja, wenn ich gehen will, dann werde ich gehen. Aber ich möchte gerne bleiben, wenn ich darf. Du darfst! Natürlich darfst du bleiben Sarah. Es war genau der Moment, wo Sarah und Jonathan wussten, was sie für einander empfanden. Seltsam, wo sie sich doch bisher nicht begegnet waren, sich nie gegenübergestanden, die Stimme des anderen vernommen, in die Augen geschaut, geschweige denn berührt hatten. Was hier geschah war für beide unverständlich und dennoch so real. Eine Stunde konnte lange sein, unheimlich lang. Doch Sarah musste zu ihrem Ex, Absprachen treffen, was die Kinder betraf. Bin wieder daaaaaaaaaaa! Hast du mich vermisst? Was für eine Frage! Natürlich! Jonathan war die Zeit unendlich lang vorgekommen. Jede Minute ihrer Abwesenheit. Zwei Wochen hatte er gewartet und nun diese eine Stunde dazu. Ich höre deine Musik, sie ist wirklich schön. Clannad "Magical Ring". Interessant, welche Art oder besser gesagt welche Farbe sie vermittelt. Jonathan meinte, das liege am Bild des Menschen, und ein anderer "Typ" hätte sicher etwas anderes ausgewählt. Am liebsten wäre Sarah einfach mit dem Sound hinweg geschwommen, sie konnte sich prima dabei entspannen. Nur nicht zu weit, so Jonathans Antwort. Er wollte sie nicht schon wieder verlieren, irgendwo auf Odyssee.

„The foggy dew“ war einer der nächsten Titel und Sarah konnte einfach nicht genug bekommen, was Jonathan gut verstand. Es wird mir langsam ein wenig unheimlich. Wenn das so weiter geht will ich dich gar nie nich treffen. Nachher zerstören wir bei einem Treffen alles, was wir hier aufbauen. Und damit mochte Sarah nicht so ganz unrecht haben. Alles, was Jonathan kannte, war irgendwann verpufft, hatte sich im scheinbaren Nebel aufgelöst, weil die Realität den Erwartungen nie hatte standhalten können. Weil er immer zu viel gewollt, weil das Bild, das man sich in seinen Gedanken erträumte nie hätte Wirklichkeit werden können? Warum mussten die Menschen immer mehr erwarten, als sie selbst in der Lage zu geben waren? Warum konnten sie nicht mit dem zufrieden sein, was sie hatten? Es gab keine Vollkommenheit, keine absolute Wahrheit oder Erkenntnis. Immer drängte es sie weiter, immer zogen sie weiter, auf der Suche nach dem, was sie noch nicht besaßen, was sie nicht kannten. Ein unerklärlicher Antrieb. Sarah und auch Jonathan, beide hatten die zurückliegenden Jahre geschlafen, hatten sich nicht wirklich um den Lauf der Welt gekümmert. Erst als sie sich jetzt begegneten, erwachten sie aus einer sie lähmenden Lethargie. Boah, ich komm' mir richtig besoffen vor. Lallll allllso ich bin krangk. Ich habe, glaube ich, Zahnweh. Oder so. Oh, Menno, kann ich dir nix gutes tun ? Es war, als würde Jonathan im gleichen Raum mit Sarah sein. Die Entfernung existierte plötzlich nicht mehr. Und die Buchstaben, die sie im Sekundentakt in die Tastaturen ihrer Computer hämmerten glichen einem Dialog. Wenn sie auf den Bildschirm schauten und die Zeilen lasen war es so, also würden sie einander anschauen. So gingen die Worte in ihre Gedanken über, entstanden Bilder, die sie in diesen Stunden gemeinsam miteinander lebten. Er fühlte, was sie fühlte. Und so spürte Jonathan auch den Schmerz, den Sarah empfand. Zahn zieh'n, lach..... ne, ne mir geht es sehr gut, oder gehe ich gut ? Gehen? Ziehen? Lassen? hö hö, Ich will mehr.. mehr von den Pillen. Mehr rosa Pilledrops! Sarah war aufgedreht, oder wollte sie nur alles aus sich heraus lassen, was sie so lange Zeit verstecken und verdrängen musste? Die Frage blieb unbeantwortet. Eine andere nicht: Du bist gedopt, was? Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhh! Das war eindeutig. Da musste Jonathan ebenfalls lachen, oh, wie lustig Sarah sein konnte. Dafür liebte er sie. Liebte? Ja, er hatte das Wort gedacht, ausgesprochen. Dann schrieb Sara einen Satz, den er nicht sofort verstehen konnte, oder besser wollte: Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben wirklich etwas von mir gezeigt, jemanden an mich heran gelassen, ihm meine Seele, mein Innerstes offenbart. Du bist der erste, der einzige, der so viel von mir weiß. Warum ich dies tue? Ich weiß es selbst nicht. Es ist, weil wir uns so vertraut sind. Wir, zwei Fremde? Dem letzten Satz stelle ich ein Fragezeichen hinten an. Denn ich glaube nicht, dass wir uns wirklich fremd sind. Da ist etwas, was uns verbindet, das wir nur nicht erkennen können. Noch nicht. Zwar besitze ich einen riesigen Bekanntenkreis, doch für die bin ich die taffe Sam und nicht Sarah, die empfindsame und verletzliche Frau. Und auch für Jonathan stand Eines fest: dass wir uns so gut verstehen, das muss an einer Art Seelenverwandtschaft liegen.

Werde mal langsam meine Koje aufsuchen. Torkel jetzt in Richtung Schlafzimmer ...wo immer das auch sein mag. Dann schlaf mal schön und träum süß, die Sterne halten Wacht! Na und ich auch... :-* Lass dich mal drücken. Ja, tschauii. Schlaf schön. Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa! Viele süße träume. Ganz viele, ich freu mich auf morgen, auf dich. :-* *KISSED*

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