ROM 4-Tage aus der Bodenperspektive 25.5.2007 – 28.5.2007 von Manfred W. Petz Vorwort Anlass der Reise war der Tod meiner Frau Hanny vor genau drei Wochen, Abstand zu gewinnen und den Selbstfindungsprozeß durch das real existierende Alleinsein unter fremden Menschen anzustoßen. Tatsächlich ist man allein unter Millionen von Menschen. Niemand spricht dich an – wenn du selbst nichts machst, wirst du auch in einer Millionenstadt, wie Rom, alleine sein. Aber das ist mir recht und hat den Vorteil, dass man alles um einen herum genießen kann und völlig in sich ruhend andere Menschen beobachten kann. Man ist nicht abgelenkt, aufgeregt oder gestresst, sondern ganz ruhig – Herr der Lage, da man für niemand anderes, als für sich selber Verantwortung trägt. Erinnerungen an frühere Geschäftsreisen in deutschen Städten werden wach, wo man oft – vor allem abends – alleine war, was meistens sehr gut war, um wieder Kraft zu tanken für das Alltagsgetümmel. Vielleicht gelingt das auch in den nächsten vier Tagen mit der besonderen Energie von Rom, um die Akkus wieder aufzuladen. __________________________________________________________________ Seite 1
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Freitag, 25. Mai 2007 Es fängt schon am Stuttgarter Flughafen an: Abflug 6:00 Uhr. Da steht man um 3:30 Uhr auf und hat alles im Handepäck verstaut, dann geht nix verloren. Bin um 4:50 Uhr am Flughafen mit einem eTicket (natürlich alles vorgestern im Internet gebucht). Mich trifft der Schlag: 1000 Menschen stehen vor dem Counter – es gibt wohl heute nur einen. Macht ja nichts – ich habe ja ein eTicket, da kann ich ja am Automat einchecken und ich habe ja nur Handgepäck. Von wegen: geht nicht! Also anstellen. Alleine kann man sich prächtig vordrängen und so reihe ich mich im ersten Drittel der Schlange ein. Neben mir steht einer, der schon völlig am Ende ist. Ich spreche ihn an, wo er denn hinmöchte: auch nach Zürich, gleicher Flieger wie ich und dann weiter nicht nach Rom, sondern Amsterdam. Völlig daneben – der fliegt erst mal in die andere Richtung und dann wieder zurück! Typisch Billigflug, wie bei mir, außer, dass ich wenigstens in die richtige Richtung fliege und Zürich liegt ja auf dem nächsten Weg nach Rom. Der Typ ist auch ganz genervt, weil sein eTicket auch nicht ging und er jetzt in die Schlange stehen muss, obwohl auch er kein Gepäck hat und nur das Bordticket braucht – noch 45 Minuten bis zum Abflug. __________________________________________________________________ Seite 3
Mich lässt das völlig kalt und der Typ neben mir beruhigt sich dadurch wieder. Kurz und gut – wir sitzen auf den letzten Drücker dann im richtigen Flieger. Ich rechne nach dem Start aus, dass es mit dem Anschlußflug nicht funktionieren kann, da wir beim Abflug bereits soviel Verspätung haben, wie das Umsteigen in Zürich dauern darf – egal – null Aufregung – man wird schon sehen. Wieder Glück. Der Anschlußflieger nach Rom wartet und ich komme weiter. Der Typ nach Amsterdam hat allerdings Pech – da hat es wohl mit dem Anschlußflieger nicht geklappt. Er wird vom Bodenpersonal abgeführt und der Stresspegel war wieder auf dem Niveau, als ich ihn in Stuttgart zum ersten Mal sah. Da konnte ich dann auch nichts mehr machen. In Rom klappt es – zunächst. Rein in den Zug zum „Roma Terminal“ und nach etwas suchen finde ich auch das Hotel. Das ist ein großes Wohnhaus in der Via Cavour, einer belebten Einkaufstrasse, direkt hinter dem Kolosseum. Nur ein Metallschild weist darauf hin, dass sich in dem Wohnhaus ein Hotel versteckt hat: „Hotel Ferraro“. Ich klingle, die Tür geht auf und ich gehe über eine Marmortreppe in die 2. Etage, wo es tatsächlich einen Hoteleingang und eine Rezeption gibt. Zunächst nimmt mich das Zimmermädchen in Empfang, aber nach etwa 10 Minuten und einigen Telefonaten, hat sie eine ältere Dame aktiviert, die dann auch Bescheid weiß, meine Reservierung kennt __________________________________________________________________ Seite 4
und irgendeinen Zettel ausfüllt, den ich dann unterschreiben muss. Dann erklärt sie mir, dass das Zimmer noch nicht fertig ist und ich in ca. 3 Stunden wieder kommen kann. Ich lasse das Gepäck dort und nehme nur das Notwendigste mit: PDA, Geldbeutel + Stadtplan. Wenigstens habe ich mal ein Zimmer – dachte ich! Raus in das Getümmel – Verkehrschaos pur. Zum Forum Romana, Corso Vittorio Emmanuele, Nationaldenkmal zum Pantheon nach einer Stunde Fußmarsch: Hunger. Auf dem Platz vor dem Pantheon ist alles voller Touristen. Es ist kurz vor zwölf und ich setze mich in das erste Lokal, natürlich draussen es ist schließlich ein Bombenwetter. Vor dem Lokal stehen die Kellner und werben die Leute an; „....komme rein, hier bestes Essen, Pizza, Pasta, Pesce alles vom Feinsten, wir sind die Größten...“. Ich weiß dann auch warum die das machen: 1 Bier, 1 Pizza macht 21,- €; so gut kann keine Pizza sein – ist sie aber; also abgehakt. An den Nebentischen beobachte ich einige Touris, die mit den Preisen das kalte Grausen erleben. Die Italos erheben nämlich neben den horrenten Preisen für Bier, Pizza und Pasta auch noch locker mal 2-3 € für das Versauen der Tischdecke und die Abnutzung der Gläser. Der neben mir mit seiner Holden fängt nach Erhalt der Rechnung ein Murmeln und Diskutieren unter vorgehaltener Hand an, weil er für einen Salat, eine Flasche Pellegrino und eine Pizza
50,- € berappen muss und dann erwartet der Kellner noch ein Trinkgeld. Vielleicht sollte der das nächste Mal seinen Kurztrip nicht nach Rom machen sondern nach Warschau – so ist das eben. Jetzt gehe ich zum Petersdom – der kostet nämlich nix. Ich gehe ein Stück am Tiber entlang und treffe 2 Deutsche, die sich wundern, dass am Ufer keiner entlanggeht, weil da ein Weg entlangführt und man diesen immer von oben auf der Promenade sieht. Wir laufen schließlich auch oben und nicht unten. Ich empfehle den Beiden doch mal runterzugehen, sich aber dabei die Nase zuzuhalten, weils da nämlich ziemlich stinkt. Das fanden sie auch nicht so toll und gehen dann doch auf der Promenade weiter. Ich denke der Tiber könnte mal eine Sturmflut ertragen, damit es das ganze Uferbrackwasser mal durchspült. Am Petersdom angekommen wühle ich mich durch die Menschenmassen ins Domesinnere. Da sieht man wie die Italiener mit ihren Heiligtümern umgehen: Im Petersdom herrscht grellendes Blitzlichtgewitter und die Handy´s sind voll im Einsatz – das juckt da niemand. Ich schaue mir das Ganze an und nehme auch eine kurze Auszeit in der Seitenkappelle, wo man Beten kann – das tut gut. Dann wieder raus ins Gewühle. Um die Pizza zu verdauen leiste ich mir für 4,- € den Aufstieg auf den Petersdom mit 551 Stufen – Hochleistung. Der Aufzug kostet übrigens 7,- €; auch ein merkwürdiges
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Preis-/Leistungsverhältnis – italienisch eben. Ich hechle mit 3 Jungs da hoch – das macht Spaß und wird mit einem gigantischen Ausblick über Rom belohnt. Zwischendurch sieht man auf einem Zwischenstopp innen in den Petersdom von oben rein und sieht dann die Touris und Japaner von oben blitzen und telefonieren. Zum Glück habe ich das gleich heute am Freitag gemacht, da an Pfingsten die Lage vermutlich eskaliert. Nachdem ich mir im Kiosk jawohl es gibt oben auf dem Petersdom einen Kiosk – ein Mineralwasser genehmigt habe geht es die 551 Stufen wieder runter – ein Kinderspiel mit leichtem Drehwurm. Es hat übrigens locker 35° und volle Sonne – so muss das sein. Jetzt geht´s zum Piazza Navona, der mit den 3 Brunnen und den Künstlern. Der mittlere Brunnen ist schon mal komplett zugehängt, extra für die Japaner hat man aber 2 Sichtscheiben eingebaut, damit die da durchfotografieren können, um zuhause den Brunnen mit Gerüst zeigen zu können – sowas sieht man ja nicht alle Tage. Das Nationaldenkmal, die „Schreibmaschine“ am Piazza Veneto ist übrigens auch zugehängt. Zum Glück brauche ich von den Sachen keine Bilder mehr, da wir
die vor fünf Jahren – mit Hanny – alle haben. Ich setze mich auf der Piazza Navona in ein Café und genieße des bunte Treiben aussen rum. Neben mir sitzen zwei Schotten, Vater & Sohn, die sich um 17:00 Uhr schon mal die volle Dröhnung geben. Der Alte muss der ehemalige schottische Box-Meister im Mittelgewicht sein und der Junior sieht aus wie Kevin Costner (vielleicht ist der das auch tatsächlich?). Auf jeden Fall qualmt der Alte eine Zigarre und trinkt dazu in 45 Minuten zwei Liter Bier. Man kriegt in dem Café volle Masskrüge, wie auf dem Oktoberfest. Deshalb sitzt der wohl auch hier. Kevin Costner trinkt in der gleichen Zeit vier Whyski-Cola. Als die Zigarre von Bubi Scholz ausgeht, steckt er sich mit der Glut der ausgehenden Zigarre gleich einen neue an. Sowas hab ich auch noch nicht gesehen- ein Zigarrenkettenraucher. Jetzt gucken beide in die Speisekarte und die Gläser sind leer. Die wollen wohl etwas essen. Denkste, Bubi Scholz bestellt sich noch ne halbe Bier und Kevin Costner ordert einen Coktail – deshalb der Blick in die Speisekarte. Die müssen stinkreich sein (zur Info: in dem Lokal kostet ein 0,3 L Bierchen 7,- €!) und unterhalten sich über ihre Schlösser in Schottland und warum der kleine Kevin keinen Bock hat zu arbeiten und endlich mal heiraten soll; je mehr der Alte Bier intus hat, desto wichtiger hat er es mit der Familienplanung. Kevin rutscht immer nervöser auf seinem Stuhl herum. Das halte ich nicht länger aus. Bevor ich mich anbiete eines
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der Schlösschen zu übernehmen haue ich hier lieber ab. Ich laufe zum Hotel, um das mit dem Zimmer karzumachen. Da ich noch keinen Schlüssel habe, muss ich wieder klingeln. Diesmal macht keiner mehr auf. Nach 10 Minuten öffnet sich die Tür und eine Italienerin kommt raus und ich witsche rein. Oben in der zweiten Etage, stehe ich wieder vor verschlossener Tür. Klingeln und klopfen nützt nichts – keiner öffnet – was nun? Ich hab doch die Telefonnummer, also rufe ich da an – keiner hebt ab! Nach etwa 15 Minuten warten kommen plötzlich 2 junge Pärchen aus der Hoteltür raus: Engländer. Ich erzähle denen meine Story und zum Glück: die wissen etwas! Ich solle mich in derselben Straße bei der Hausnummer 186 melden. Sie wissen auch noch wo das ist und nehmen mich mit – soll einer noch sagen es gibt keine freundlichen Menschen mehr. Sie zeigen mir den Eingang. Es ist irgendeine Allerweltsagentur und ich gehe rein. Siehe da: da steht mein Handegepäck und die Tante von der Rezeption heute morgen steht hinter dem Tresen. Sie erzählt mir in wildem Englisch-Kauderwelsch, dass ich in ein anderes Hotel müsse, da irgendwas mit dem Zimmer nicht geklappt hätte: ....“no water, the Buchung was doppelt, der Onkel ist auch noch gekommen, das Bett ist in Reparatur, und überhaupt, Mamma Mia, Mamma Mia – was für ein schwieriger Tag......“. Immerhin habe ich das nicht vorhandene Zimmer schon über Kreditkarte per Internet bezahlt und ich mache das der Tante mit drohender Gebärde auch klar, weil sie so was andeutet, dass ich in dem
anderen Hotel halt bezahlen müsste. Da ich mindesten 5 Köpfe größer, sie allerdings um soviel breiter war, sind wir uns dann einig, dass ich nix mehr zahle und sie mich jetzt halt ein ein anderes Hotel bringen soll – wie die das untereindander verrechnen ist mir egal. Ich schnappe meinen Koffer und die Tante watschelt voraus, einige Häuserblocks weiter und liefert mich in einem anderen Wohnhaus mit integriertem Hoteleingang ab: „Hotel Perugia“. Da nimmt mich ein Opa in Empfang und nach einer kurzen Diskussion mit der Tante (da gings wohl um die Bezahlung – und dass er natürlich nicht den vollen Preis bekommt, usw. - vermutlich sackt die Tante auch noch etwas von dem Geld ein) händigt er mir einen Zimmerschlüssel aus. Geschafft – ich habe ein Zimmer mitten in Rom mit super ruhiger Hinterhoflage. Auspacken, duschen, umziehen und wieder raus ins Getümmel. Ich gehe durch die abendlichen Gassen wieder zum Pantheon, weil da vermutlich im meisten Betrieb ist. Jetzt sitze ich in einem Lokal wieder draussen und beobachte das bunte Treiben auf dem Platz. Ich gönne mir ein paar Nudeln für 9,- € und schreibe mal den ersten Tag nieder. Es wird dann 23:00 Uhr bis ich mich wieder auf den Heimweg zum Hotel mache und nach ca. 20 km laufen und 20 Stunden ohne Schlaf im Bett versinke.
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Samstag, 26. Mai 2007 Ich glaube das mit dem Hotel war wieder mal Glück – oder die Engel haben eingegriffen. Ich habe sehr gut geschlafen und es ist hier leise, wie auf der schwäbischen Alb. Alles sehr einfach aber sauber. Das duschen macht Spaß, da die Toilette mitten in der Dusche steht und man quasi auf der Toilette duschen kann – sowas hat man auch selten – man flutet quasi das gesamte Bad. Das Frühstück ist einfach aber es reicht: Croissant, italienische Brötchen (das sind die kleinen Dinger, wie Tennisbälle und federn beim reinbeissen), Kaffee, Wasser, Butter und Mamelade. Heute ist Samstag – was tun? Ich werfe mich in Touri-Klamotten: Shorts, Sandalen und rotes T-Shirt mir weißer Aufschrift „Football – World Championship“ - das paßt, es kann losgehen. Halt! Da habe ich eine Blase am kleinen Zeh entdeckt, die ich erst mal mit Pflaster einbinde – muss man natürlich dabeihaben. Ich gehe die paar Schritte zum Kolosseum 10:00 Uhr mogens und es sind schon fast alle da. Vor dem Kolosseum herrscht buntes Treiben. Reisegruppen jede Menge aus der ganzen Welt – wenn Cäsar das geahnt hätte? Dazwischen lauter Geldeintreiber in Römerkostümen, die sich in allen möglichen Positionen mit den Touris ablichten lassen. Das beste Bild war mit zwei Mädchen, bewaffnet __________________________________________________________________ Seite 11
mit Schwertern, kniend vor dem Römer, vermeintlich sein bestes Teil abschneidend. Ich beobachte einen von den Römern, der sich aufführt, als ob ihm ganz Rom gehört – arme Seele. Ich denke, das muss schon ein armer Kerl sein, wenn er sowas machen muss – aber vielleicht besser wie Hartz IV. Ist es auch: der Typ kassiert (vor allem von Japanern) für 2 Bilder 10,- €. Das macht er zwar nicht immer, er bekommt auch mal bloß 1-2,- €, ich zähle aber in 30 Min. ca. 50,- €. Wenn der das 8 Stunden am Tag macht und das wird der tun, so wie er drauf ist, kommt er bei einer 5-Tage-Woche auf 16.000,- € im Monat! Ist das evtl. derselbe, den ich gestern abend in einem Ferrari gesehen habe? Die Schlange vor dem Kolosseum ist etwa 800 m lang und ich bin froh, dass ich da nicht reinmuss. Ich umrunde das Kolosseum und beobachte das Treiben aus der Distanz. Manche sind schon morgens mit den Nerven völlig am Ende. Ein älterer Herr hat in einer Reisegruppe schon einen hochroten Kopf, schätzungsweise Blutdruck 120:250 – ob der das übersteht? Ich hab auf jeden Fall Rescue-Notfall-Tropfen dabei und kann notfalls helfen. Aber plötzlich ist der Mann im Gewühle verschwunden. Ich gehe zum Forum Romanum und in einer Seitenstraße ____________________________________________ .
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daran hoch. Da hält vor mir plötzlich ein silberner Mercedes SLK mit einem Brautpaar drin. Die Braut steigt aus und mit freundlichem Lächeln stellt sie sich vor mir auf und ich darf sie fotografieren. Ein sehr hübsches junges Mädchen, der Bräutigam 20 Jahre älter, einen Kopf kleiner mit dunkler Sonnenbrille und einem Auftreten, wie man es aus bestimmten Kreisen in Sizilien kennt. Der macht das auch nicht zum ersten Mal – wielange das wohl gutgeht? Mittlerweile ist es 12:00 Uhr und die Menschenmasse vor dem Kolosseum hat sich verdoppelt – und wohl auch das Einkommen des „Foto-Römers“. Mir reicht es. Zeit für eine Pizza. Ich gehe die paar Schritte Richtung Via Cavour und bleibe erst mal in näherer Umgebung vom Kolosseum. Das Verkerhschaos um die Mittagszeit und sonst auch, ist wirklich sehenwert: aufgezeichneter Fußgängerüberweg, keiner hält zunächst an, wenn sich ein Passant auf die Straße wagt, aber die Fahrzeuge verringern das Tempo und
man kann zwischen den schleichenden und teilweise stehenden Fahrzeugen durchkommen. Gar kein Problem, jeder paßt auf jeden auf und keiner hat Vorfahrt. Dann gibt es da Ampeln – wie bei uns mit rot, gelb, grün. Nur mit dem Unterschied, dass die Farbe, welche die Ampel gerade anzeigt relativ bedeutungslos ist und nur der Orientierung dient und man weiss, dass man sich an einer Kreuzung befindet: Rot bedeutet – Achtung Fahrt oder Gangart verlangsamen, da verstärkter Querverkehr und nur langsam die Kreuzung überqueren. Grün bedeutet, dasselbe wie rot, nur dass hier der Querverkehr langsamer ist, das sind die mit der roten Ampel. Gelb bedeutet, gar nix. Und – komischerweise funktioniert das System bei dem gewaltigen Verkerhsaufkommen einwandfrei, vielleicht auch deshalb, weil überall Polizei ist und im Fließverkehr mit eingeschaltetem Blaulich mitfährt. Die fahren grundsätzlich immer mit eingeschaltetem Blaulicht – warum auch immer. Nun komme ich zu einem Unfall, da hat ein PKW einen Rollerfahrer umgeschmissen, ohne Verletzte. Da hat die Polizei aber eine 40minütige Show abgezogen, die filmreif war und ein totales Verkehrschaos mit wildem Gehupe auslöste. Der Roller lag
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dabei die ganze Zeit mitten auf der Straße und alle mussten außen rum fahren, statt dass man den Roller mal kurz auf die Seite schafft – aber das gehörte wohl zur Inszenierung der Polizei-Show. Das mit dem Roller konnte ich deshalb so gut beobachten, weil es gerade auf der Via Cavour passierte und daneben gleich eine Pizzeria ist, von der ich das Geschehen einsehen konnte. Ich sitze an einem Tisch auf dem Gehweg direkt an der Straße, mitten im Verkehr – das macht Laune. Trotzdem hat man in Rom keinen Gestank, keinen Smog und es ist zwar alles alt, aber irendwie sauber – kein Vergleich z.B. mit der Kloake in Neapel. Ich vermute, dass die Römer nachts um 3:00 Uhr ausschwärmen und die ganze Stadt schrubben, damit morgens alles sauber ist. Als ich die Pizza – die schmecken hier wirklich besser wie bei uns – vertilgt habe, in ich plötzlich hundemüde und beschließe, mich dem südländischen Gebrauch anzuschließen und im Hotel eine Siesta zu halten. Nach der Ruhepause stürze ich mich um 19:00 Uhr in das Abendgetümmel. Ich marschiere zur „Fontana di Trevi“. Da ist Hochbetrieb, incl. einer Möwe, die auf dem Monument in aller Seelenruhe eine Taube vertilgt. Ein dunkler Geldeintreiber hat ein neues interessantes Businessmodell entwickelt: er verkauft den
Touris rote Rosen, die man dann in den Fontana schmeißt (soll wohl Glück bringen) und der Geldeintreiber fischt die Rosen anschließend wieder heraus, um sie erneut zu verkaufen, das nennt man wohl Sales-Catch-Recycle-Modell. Ich gehe weiter zum Piazza Navona. Nur um mal die Entfernungen zu nennen, das sind gleich mal 40 Minuten Gehzeit quer durch die Stadt. Die Blase hat sich mittlerweile festgetreten und das Laufen geht problemlos. Man kann natürlich zu den einzelnen Punkten auch mit der Metro oder dem Bus fahren – langweilig, oder mit dem Taxi, wenn man ein bischen Adrenalin ausschütten möchte. Der Piazza Navona ist abends einfach der Knüller. Da siehst du alles: Arme, Reiche, Dumme, Gescheite, Künstler aller Richtungen und Frauen aller Art. Überhaupt möbelt sich das heimische Publikum für den Piazza richtig auf. Da sieht man sofort, wer Touri ist, wie z.B. der deutsche: graue Shorts, kariertes kurzes Hemd, graue Baseballkappe, weiße Beine, graue Socken und darüber Sandaletten. Manchmal auch dazwischen: Bayern in Krachledernen – das hat was auf dem Piazza! Dazwischen die Verkäufer, bzw. Geldeintreiber, mit völlig unnützem Zeug: klappernde Magnetsteine (die klappern auf allen römischen Plätzen – sozusaen die römische Nationalhymne...klack, klack, klack, klack, klack.......), leuchtende Kreisel, die man in die Luft schießen kann und das Schärfste, kleine Megaphone, mit denen man herumbrüllen kann, wie Mussolini zu seinen besten Zeiten. Ein italienischer Mitfünfziger, Anführer einer kleineren
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Gruppe, vermutlich der Familienclan, kauft sich so ein Ding und brüllt den ganzen Abend über den Platz: „Enrico!“ Echt super und das juckt hier keinen – vor allem nicht Enrico, da der auch nach zwei Stunden rufen nicht auftaucht. Als ich den Platz zweimal umrundet habe, beschließe ich mal die Seitengassen zu inspizieren. Nach nur 100m werde ich fündig: „Take it Easy“. Für 16,- € ein großes Bier, Canneloni Spinaci und einen großen Salat und das ganze schmeckt super – das macht Freude, „take it easy“ eben. Dann fällt mir ein, dass gerade der VFB Stuttgart gegen den FC Nürnberg das DFB-Pokalendspiel mit der ersten Halbzeit beendet haben muss. SMS mit Nadine. Rückmeldung 1:1. Ich muss raus aus „Take it Easy“ und rein in den nächsten Pub, wo ein großer Fernseher mit Fussball läuft. Leider das falsche Spiel, aber auch 1:1 Inter Mailand gegen irgendwas. Ich frage den Barkeeper ob er er auf Deutschland umschalten kann – der schaut, wie wenn er Spinnen gefressen hätte, deutet aber nach links oben, wo ein kleiner Monitor, ebenfalls mit Fußball läuft und ich glaube es nicht: Stuttgart – Nürnberg ohne Ton. Da bleibe ich bis zum bitteren Ende. Nach Verlängerung verliert Stuttgart 2:3, was soll´s ich bin in Rom und ziehe wieder auf den Piazza Navona.
Ich setze mich in die erste Reihe und da die Italiener fast alle qualmen (da würde mich mal der Krebsratenvergleich interessieren), stecke ich mir eine Zigarre an und freue mich an den herausgeputzen Italienerinnen.
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Pfingstsonntag, 27. Mai 2007 Heute ist Pfingstsonntag – das erkenne ich bereits beim aufwachen daran, dass es mit der Hinterhofidylle vorbei ist und von oben in den Lichthof schallende Musik von den Straßen reindröhnt, begleitet von großem Gejohle und Geklatsche. So ist das also in Rom, wenn der heilige Geist ausgesendet wird. Also frühstücken und nachsehen, was heute anliegt. Als ich die Via Imperial vor dem Haus betrete, stelle ich fest, dass die komplett gesperrt ist, einfach so, dann können die Menschenmassen besser laufen. Von der Musik sehe ich nichts mehr, die sind wohl weitergezogen. Die Anzahl der Leute hat sich gegenüber gestern tatsächlich verdoppelt,
das ist unglaublich aber wahr. Es ist aber kein Gedränge auf den Straßen, einfach viel los – wie auf dem Oktoberfest. Ich habe erfahren, dass der Papst um 12:00 Uhr auf dem Petersplatz eine Ansprache hält. Welch ein Zufall. Also hin, das erlebst du nie wieder. Da haben sie ja auch vorgestern, als ich da war, eine Bühne aufgebaut. Als ich mich nach 40minütigem Fußmarsch dem Petersdom nähere, sehe ich nur noch hundertausende von Menschen – die drehen mit dem Papst hier echt fast durch. Ich bin besonders schlau und schleiche antizyklisch um die Masse auf dem Peterplatz herum, direkt bis vor den Eingang zum Dom, was eigentlich verboten ist. Den Carabinieri überwinde ich leicht, indem ich im erkläre, ich müsse da oben meine Mama herausholen. Jetzt stehe ich ganz vorne direkt hinter der Bühne, also wenn der Papst von da spricht, etwa 10m weg von ihm. Das wird was. Immerhin ist es ja der deutsche Papst, unser „Ratzi“ eben und da darf man sich als Landsmann schon mal vordrängeln. Nach und nach fällt mir allerdings auf, dass die Bühne nicht gechmückt ist. Kein Papst spricht auf einer ungeschmückten Bühne, auch „Ratzi“ nicht. Und jetzt sehe ich links, weit
oben im Vatikankomplex neben dem Petersdom ein geöffnetes Fenster aus dem ein roter Teppich raushängt.
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Da starren alle drauf, als um Punkt 12:00 Uhr der Papst anfängt zu sprechen. Der spricht quasi aus seinem Wohnzimmerfenster raus – wie bequem. Ich sehe auf jeden Fall keinen Papst, sondern höre nur seine Stimme in italienisch aus übersteuernden Lautsprechern. Das Volk tobt und klatscht. Einmal verstehe ich den Papst plötzlich in deutsch: „Ich finde es sehr schön, dass ihr alle so zahlreich da seid.“ Tobender Applaus und nach 15 Minuten ist die Show vorbei. Ob da einer was kapiert hat, um was es eigentlich ging? Nach Ausschüttung des Heiligen Geistes an Pfingsten hat mir das nicht ausgesehen. Mit dröhnender Blasmusikbegleitung a la Oktoberfest, verläßt die Menge
den Petersplatz und strömt in die Innenstadt. Das muss man einfach mal gesehen haben – wenn man auch nicht weiß wozu! Ich beschließe den nächsten Rummelplatz anzusteuern: die spanische Treppe. In Begleitung von 15 Senegal-Negern, bewaffnet mir Handtaschen-Fälschungen, SonnenbrillenReplikaten, Uhren-Nachahmungen und Schmuck-Atrappen mache ich mich auf den Weg. Die Schwarzen sind wirklich an allen strategischen Plätzen zugange, außer auf dem Piazza Navona, da haben sie wohl Platzverbot. Einer scheint besonders clever und hofft auf Regen: er hat lauter Regenschirme dabei, bei zwar etwas bewölktem Himmel, aber weit und breit kein Regen sichtbar. Der wird heute leer ausgehen. Bei der spanischen Treppe angekommen, gibt es wenig Neues da auch hier fleissig die römische Nationalhymne gespielt wird: ...klack, klack, klack, klack, klack..... Deshalb gehe ich weiter zum Piazza de Popolo, der immer genannt wird und direkt vor dem weltberühmten Park der Villa Borghese liegt.
Ausser, dass sich hier die Ferraris häufen, warum auch immer, ist der Platz wohl irgendwie überflüssig. Riesengroß, fast menschenleer und nur zwei Restaurants am Platz, das kann man schnell abhaken. Trotzdem habe ich Hunger und setze mich in eines der beiden Lokale „Rosati“. Nerven haben die Italiener: der Tisch wackelt, steht zusätzlich auf einem Sockel, der zur Markise gehört und jedesmal, wenn der Kellner am Tisch vorbei, über den Sockel läuft, hebt sich der Tisch schlagartig um 5cm. Auch das juckt hier keinen und ich ignoriere es einfach dadurch, dass ich den Teller und das Glas festhalte, wenn der Kellner über den Sockel läuft und der Tisch hochschnellt. Neben mir ein französisches Ehepaar im frühen Rentenalter. Ich führe mich mal auf wie ein Engländer, das waren ja Kriegsverbündete und keine Gegner der Franzosen, wie wir Deutschen. Die Frau hat irgendwie Ähnlichkeit mit der englischen Königin, obwohl sie eindeutig eine Französin ist. Der Mann mit Halbglatze hat seine besten Jahre auch hinter sich und macht einen sehr gelangweilten Eindruck. Um ihn ein wenig auf Trab zu
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bringen, lächle ich erst mal seine Madame an und die grüßt freundlich lächelnd zurück. Monsieur fragt sofort bei ihr nach, woher sie mich kennt. Sie murmelt etwas zurück, was ich leider mangels Französischkenntnisse nicht verstehe. Allerdings beruhigt Monsieur die Antwort keinesweg und er schielt dauernd mit kritischem Blick zu mir herüber. Er sitzt quasi neben mir und Queen Mom halbschräg gegenüber von mir – also voll im Blickfeld. Als Madames Essen kommt wünsche ich höflich „bon appetit“ und sie lächelt ein freundliches „Merci“ zurück. Der Monsieur wird dagegen von mir ignoriert, als er sein Essen bekommt. Das Lächeln zwischen Queen Mom und mit geht während des Essens munter weiter und der Blutdruck von Monsieur steigt zusehends an und der Ton Richtung seiner Madame wird etwas schärfer. Jetzt ist bei Monsieur wenigstens was los und die Langeweile ist gewichen. Mit einem breit grinsenden „I wish you a nice day and good time in Rome – au revoir“ zu Queen Mom verabschiede ich mich und verschwinde schnell, bevor mir Monsieur noch an den Kragen geht. Ich gehe über den Platz, den gerade zwei Ferraris umrunden, hoch in den Park der Villa Borghese und ruhe mich da unter einem läuserieselnden Riesenbaum erst mal aus. Und wenn man meint ein derartiger, weltberühmter Park mit riesigen Platanen und wirklich tollem alten Baumbestand ist ein ruhiges Plätzchen mit viel Ruhe zum relaxen – der kennt die Italiener nicht. __________________________________________________________________ Seite 23
Am Eingang des Parkes ist ein Platz mit Bühne, Popcornbude, Karussell und irgendeinem Mountainbikewettkampf, alle im grünen Trikot. Die müssen heute am Pfingstsonntag glaub ich in Rom von bestimmten Gebäuden Fotos machen und diese dann hier abliefern und der Schnellste hat dann gewonnen. Da tummeln sich hier und in ganz Rom bestimmt 200 Mountainbiker – wie wenn sonst nichts los wäre. Für den Event haben sie eine Tribüne aufgebaut, die lautstark Rockmusik durch den Park dröhnen lässt. Am anderen Ende des Grünes spielt eine Blaskapelle und in der Parkmitte eine Dame am Klavier. Und um das Ganze noch etwas aufzulockern, kann man Velos mieten, in die man zu Viert reinsitzen kann, um dann mit großem __________________________________________________________________ Seite 24
Johlen und Quietschen den Park zu durchqueren. Wenn das nicht reicht, leiht man entweder Rollerskates oder Mountain-Bikes, um durch den Park zu brettern. Also eine Oase der Erhohlung. Trotzdem verweile ich im Park fast zwei Stunden, einfach weil es interessant ist, wie man auf einer Parkbank in der schönen Anlage mit drei verschiedenen Musikrichtungen gleichzeitig und vorbeirauschenden Velos in aller Ruhe ein Buch lesen kann. Es ist mittlerweile 18:00 Uhr und ich bin sicherlich schon wieder 15 km gelaufen da brauchst du sonst keinen Sport mehr treiben. Da ich ja nicht nach Rom gekommen bin um Bauwerke zu besichtigen, wobei man die sowieso immer sieht, überlege ich was ich jetzt noch machen kann. Da fällt mir mein Lieblingsplatz ein: Piazza Navona. Also auf dahin und mal nachsehen ob Kevin Costner mit seinem Daddy wieder da ist. Ich marschiere den kürzesten Weg quer durch die Innenstadt. Das faszinierende an Rom ist, dass man in jeder noch so dunklen Gasse immer Leute um sich hat, die normal aussehen. Wir haben das einmal in Neapel gemacht und die Hauptstrasse verlassen. Da sind sofort Junkies, Typen mit durchbohrten Nasen und völlig verwahrloste Gestalten auf dich zumarschiert und haben einen drohend angesehen. Damals sind wir ganz schnell aus den Seitenstrassen getürmt. Das gibt es in Rom nicht. Hier sieht man ausser den nervtötenden Geldeintreibern die normalen Bettler, aber in einer relativ geringen Zahl, wenn
man mal die Größe von Rom betrachtet – soviel haben wir in Göppingen mittlerweile auch. Auf dem Piazza Navona angekommen, freue ich mich wieder an dem lockeren Betrieb und den vielen fröhlichen ausgelassenen Menschen. Hier auf diesem Platz lässt man alle Sorgen zuhause und geniesst einfach – das ist in Rom die eigentliche Oase der Erhohlung – vielleicht zieht es mich deshalb imme wieder hierher. Ich setze mich zwei Stunden in ein Strassenlokal und relaxe bei Rotwein, Zigarre und Penne al Salmone, bis ich mich entschließe, den Tag nach einem wiederum 45 minütigen Fussmarasch durch die Stadt in meinem Hotelzimmer ausklingen zu lassen.
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Pfingstmontag, 28. Mai 2007 Heute muss ich wieder abreisen. Ich packe also morgens meine Sachen und checke im Hotel aus, mit der Spannung, ab das mit der Bezahlung und dem Hickhack mit dem Hotel Ferraro reibungslos von statten geht und ich mein Gepäck noch bis zum nachmittag im Hotel deponieren kann, damit ich es nicht den ganzen Tag herumschleppen muss. Mein Flieger geht nämlich abends um 19:50 Uhr, so dass ich noch fast den ganzen Tag vor mir habe. Wie befürchtet erklärt mir die Dame an der Reception, dass ich im anderen Hotel bezahlen muss. Ich erkläre, dass ich über hotel.de bereits über Kreditkarte eingebucht habe und die Sache für mich erledigt ist.“No,No,No...you must pay at Hotel Ferraro..“ das hat meine Lieblingstante aus diesem merkwürdigen
Hotel hinterlassen. Also gut – ich kann mein Gepäck hierlassen und werde per Telefon bei Tante Ferraro avisiert. Ich marschiere die Via Cavour hoch und finde Tante Ferraro bereits auf der Straße stehend vor ihrer Agenturhöhle. Die hat jetzt wohl etwas Panik, dass ich einfach durchbrenne. Sie sagt ich müsse bezahlen, das hat mit hotel.de nichts zu tun und ausserdem geht die Kreditkartenmaschine nicht als bitte cash – eine waschechte Gaunerin! Da ich ja beschlossen habe, dass mich hier nichts erregt, bleibe ich erst mal ganz ruhig und erkläre Tante Ferraro, dass jetzt erst mal gar nichts passiert und ich mit hotel.de telefonieren werde, was ich auch postum tue. Ich erkläre der freundlichen hotel.deHotline-Dame den Vorfall und empfehle vor den Augen von Tante Ferraro, dass sie dieses Hotel aus ihrer Liste streichen können. Aber die versteht ja eh kein deutsch – oder doch, den weit aufgerissenen Augen zu entnehmen. Wir werden hier keine Freunde mehr. Hotel.de sagt, dass sie nichts abbuchen werden, höchsten das Hotel Perugia (was ich aber nicht glaube, weil die da alle so nett sind) aber ich soll das ruhig jetzt mal, so wie es Tante Ferraro will, erledigen und ihnen dann über den Vorgang ein eMail senden und sie kümmern sich darum, dass auf jeden Fall keine Doppelbuchung erfolgt. Also soweit klar ich verlasse die Agenturhöhle mit einem kurzen Seitenblick auf Tante Ferraro, dass ich jetzt erst mal Bargeld sammeln muss und mich deshalb solange mal als Römer vor dem Kolosseum aufstellen werde und wenn ich das Geld zusammenhabe
wiederkomme. Tante Ferraro dürfte jetzt erst mal weiter erhöhten Blutdruck haben. Ich schlendere erst mal die Via Cavour entlang, besorge dann das Bargeld und komme nach einer Stunde wieder zu Tante Ferarro zurück. Die hat schon eine Quittung ausgestellt und nimmt mit zittrigen Händen etwas beruhigter, weil ich wieder aufgetaucht bin, das Geld entgegen. Ich verschwinde mit breiten Grinsen und der Bemerkung; „Have a nice day , I never see you and your hotel again.“ Damit hoffe ich, ist die Römer Hotelnummer erledigt. Übrigens habe ich der Dame an der Reception des Hotels Perugia gesagt, dass ich das nächste Mal gleich zu ihnen komme und direkt buchen werde. Das war auch ernstlich gemeint und ich kann das Hotel als einfache und saubere Unterkunft mit einer vernünftigen Reception, die von 7:00 – 1:00 Uhr immer besetzt ist, wirklich empfehlen.
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Jetzt stelle ich eigentlich erst fest, dass hier in Rom am Pfingstmontag wohl kein Feiertag ist und Hochbetrieb herrscht. Die Touris sind wesentlich weniger als gestern, da waren doch wohl viele italienische Sonntagsausflügler darunter. Ich beschliesse jetzt mal die Einkaufsstrassen abzuklappern und begebe mich in Richtung Geschäftsstrassen rund um die spanische Treppe und der Fontana die Trevi. Da fällt mir ein, dass es bei den Italienern etwas günstigeres gibt als Bier (zur Erinnerung 0,3 l kosten 7,- €!), nämlich Klamotten, Krawatten und Schuhe. Eigentlich wären Krawatten angesagt und da fällt
mir Marcel ein. Ich rufe ihn an und wir finden Bedarf an einer blauen und einer gelben und für mich zwei rote. Also gehe ich auf Krawattenpirsch. Nach mehreren Läden, die ich inspiziere, finde ich direkt neben der Fontana die Trevi einen Laden mit hervorragenden 100% Seidenkrawatten in diesen kräftigen italienischen Farben – das kriegst du in Deutschland nicht. Also rein und ich nehme 5 Krawatten, alle zusammen für 40,- €, da schlägt das Schwabenherz höher. Jetzt rufe ich Nadine an, ob sie auch irgendwas braucht – zunächst etwas Ratlosigkeit aber dann nach kurzer Bedenkzeit kommt die SMS mit einem Bedarf an einer Handtasche. Ich habe da keine Ahnung was die hier kosten, mir fällt aber ein, dass meine Senegal-Freunde haufenweise Handtaschen hatten und die sahen auch gar nicht schlecht aus und trugen den Nobelmarkennamen „Prada“, ob gefälscht, geklaut oder echt – keine Ahnung. Dummerweise fängt es jetzt plötzlich an wie aus Kübeln zu schütten da ein Gewitter aufkommt – alle verschwinden in irgendwelchen Häusereingängen und Restaurants, es ist 12:30 Uhr. Da ich sinnigerweise meinen Schirm im Gepäck gelassen habe, verschwinde ich ebenfalls im nächstbesten Restaurant, auch wegen des aufkommenden Hungers. Da bin ich aber in einem noblen Schuppen gelandet: Ristorante „Quirino“ in der Via delle Murotte, 84. Die Chefin, Signora Elisabetha Ferlito, nach den Urkunden mehrfach ausgezeichnet, nimmt mich in Empfang und weist mir einen trockenen Platz im innern des Lokales zu: nobel, nobel: viele Spiegel, Deckengemälde mit Stuck usw. Signora verschanzt
sich anschließend hinter einem eigens für sie hergestellten Riesenpult mit laut schellendem Telefon und Gesamtüberblick über das Lokal und die Umsätze. Ich bestelle mir Salat, Canneloni Spinaci (um vergleichen zu können und die Dinger schmecken überall hervorragend) und das 7,-€-Bier, weil den Wein kannst du hier nur flaschenweise ab 25,- € in dich reinschütten. Es schmeckt wirklich klasse und ist sein Geld auch wert, schon alleine wegen des Publikums, da hier viele Einheimische auftauchen, die nicht nur Schutz vor dem Regen suchen. Neben mich setzt sich ein Padre im Mittelalter mit einem etwa gleichaltrigen Sponsor. Es sieht fast so aus, wie wenn man sich hier in Rom seinen eigenen Seelsorger tageweise mieten könnten. Und die beiden schlagen dann auch gleich richtig zu: Vorspeise gehäxelter Hase, Hauptspeise Rebhuhn gebraten mit Gemüsebeilagen, eine Flasche Pellegrino und eine Flasche Weißwein, danach Dolce und Kaffee. Der Padre langt beim Weißwein kräftig zu, dann kann er vermutlich nachher die Beichte besser abnehmen. Ich dachte immer da gibt's sowas wie ein Zölibat; aber das hat wohl mit dem saufen nichts zu tun- die Mönche kübeln ja im Kloster Andechs auch den ganzen Tag. Auf jeden Fall wird der nichts bezahlen und ich schätze die Zeche der beiden auf mind. 150,- € und das am hellen Mittag. Das Lokal ist mittlerweile rammelvoll und am anderen Nebentisch konferiert ein Italiener lautstark abwechslungsweise mit dem Handy und Signora Ferlito hinter ihrem Altar.
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Irgendwann muss ich jetzt gehen, weil man keine zwei Stunden an dem Essen rummachen kann, weil die das immer sehr schnell nach max. 10 Min. servieren, damit man wieder verschwindet und der Nächste platznehmen kann. Die Toiletten sind übrigens auch noch erwähnenswert. Da gibt es egal wie groß das Lokal ist immer nur eine Kloschüssel für Männchen und eine für Weibchen – immerhin in getrennten Zimmern, meistens halb in oder neben der Küche. Da gehst du manchmal voll durch den Kochbetrieb durch. Wenn man dann, aus der meist sauberen Toilette wieder herauskommt treffen sich Männchen und Weibchen vor dem Klo zum gemeinsamen Händewaschen – da ist nichts angesagt mit der Freundin mal gemeinsam die Nase pudern. Ich zahle und gehe wieder ins Freie. Es kübelt immer noch wie aus Eimern – was nun? Da fällt mit ein, dass heute der Tag des Schirmherrn von letztens sein muss, der ist heute der Tagessieger, weil der Regen so überraschend kam und die Schirme der Strassendealer reissenden Absatz finden. Mir bleibt auch nichts anderes übrig – aber kein Problem: 10 Schritte quer über die Strasse und ich erstehe bei einem dunkelheutigen freundlichen Kerl für 5,- € einen
Minischirm, der sogar funktioniert und für das Geld gar nicht schlecht ist – das kann man immer brauchen und ist heute schon mein zweites Schnäppchen in Rom. Jetzt fehlt noch das Dritte, nämlich die Prado-Handtasche. Wo soll ich die bei dem Sauwetter herkriegen und ich hab noch 1 ½ Stunden, dann muss ich Richtung Flughafen. Ich marschiere schirmgeschützt in Richtung Pantheon. Da kann man unterstehen und auch sehen, wie es durch das riesige Deckenloch direkt in das Pantheon reinregnet – das hat auch mal was.
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Vor dem Pantheon steht, wie Alladin aus der Wunderlampe mein bester Freund: Mister Senegal mit einem blauen Plastiksack und ich rate mal was er darin versteckt hat: PRADA-HANDTASCHEN, gefälscht, geklaut oder echt. Ich lasse mir ein paar zeigen und schalte Nadine in einer Telefonkonferenz in die Verhandlungen ein. Sie sagt noch, dass letztens Eine wegen sowas 1.000,- € Strafe zahlen musste – es ist also Vorsicht geboten. Nach einigem Hin und
Her wähle ich eine Tasche aus, die mit dem üblichen Verhandlungsszenario, dann 40,- € macht. Mr. Senegal und ich verschwinden mal kurz aus dem Pantheon und in einer Seitenstrasse ist der Deal perfekt: die Handtasche verschwindet eingepackt in einer Plastiktüte in meinem Rucksack, der dritte Deal heute ist gelungen – jetzt kann ich langsam Rom Ade sagen. Es hat auch wieder aufgehört zu regnen und die Sonne blitzt schon wieder durch. Ich gehe die bereits bekannten 45 Minuten zum Hotel, hole meinen Koffer und marschiere Richtung Bahnhof. Bis zum Flughafen keine besonderen Vorkommnisse, ausser, dass heute auch wieder die 1000 Leute vor den Counters stehen, da ich aber Swiss-European habe und dies hier wohl ein Exote ist, geht das einchecken ruck zuck und jetzt sitze ich im Terminal und schreibe die letzten Zeilen. Es waren auf jeden Fall vier erlebnisreiche Tage alleine in Rom – und das fühlt sich gut an, arrivederci.
Nachwort Da es sich bei dem Rom-Trip nicht um eine Kultur- und Bildungsreise handelte liegt die Betrachtungsweise auf den Menschen, den Eindrücken ohne vorher was zu planen und den Ereignissen, die sich einfach so ergeben. Die vielen Menschen-Besucher der Stadt, die ich gesehen habe und Rom als historisches Erlebnis, mit all den jahrtausendalten Monumenten und Geschichten erleben, nehmen sicherlich viele Eindrücke mit, die dann zuhause bilderreich reproduziert werden können. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die meisten hier sind, um halt hier gewesen zu sein, aber das Ticken des Herzens der Stadt Rom haben sie nicht vernommen. Es ist eine ganz besondere Stadt mit einer eigenen Aura, die man nur spürt, wann man in sie hineinhört und nicht nur in einer visuellen und bildungsträchtigen Weise in sich aufnimmt. Ich habe vier Tage das Herz von Rom schlagen hören und die positive Energie aufgesogen.
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