Relativistische Invarianz in der Quantentheorie Sebastian Wagner 21. November 2007
1 1.1
Die Lorentz- und die Poincar´ e-Gruppe Die Lorentzgruppe L
Die Lorentgruppe enth¨ alt alle linearen Transformationen, die die Bilinearform 1 0 0 0 0 −1 0 0 xµ yµ = x0 y 0 − ~x · ~y = gµν xµ y µ mit gµν = 0 0 −1 0 0 0 0 −1 invariant lassen. Jede Lorentztransformation ist durch eine 4 × 4-Matrix mit reellen Eintr¨ agen und Determinante ±1 definiert. Im Folgenden wird die Untergruppe mit positivem Eintrag Λ00 ≥ 1 (Λµν ∈ L) (”orthochron”, d.h. keine Zeitumkehr) und Determinante 1 betrachtet und als L↑+ bezeichnet.
1.2
Die Poincar´ e-Gruppe P
Die Poincar´e-Gruppe ist die Gruppe der inhomogenen Lorentztransformationen, d.h. x0µ = Λµν xν + aµ
mit Λµν ∈ L, aµ reeller 4er − Vektor
Wiederum betrachten wir die Untergruppe P+↑ (d.h. Λµν ∈ L↑+ ).
2 2.1
¨ Spinor-Darstellung und Uberdeckungsgruppen Spinordarstellung von L↑+
” L↑+ ist lokal isomorph zu SL2 (C).” Pr¨aziser: ∀ A ∈ SL2 (C) ∃Λ(A) sodass Λ(A1 A2 ) = Λ(A1 )Λ(A2 ) Sogar : ⇐⇒
Λ(A1 ) = Λ(A2 ) genau dann, wenn A1 = ±A2
Λ ↔ ±A definiert 2-facher Darstellung von L↑+ : ”Spinordarstellung” 1
2.2
Abbildung SL2 (C) −→ L↑+
Jedem xµ ∈ R4 wird eine hermitesche Matrix x zugeordnet, derart dass ∼
x=
∼
x0 + x3 x1 − ix2 x1 + ix2 x0 − x3
=⇒ det(x) = (x0 )2 − ~x2 = xµ xµ ∼
Zur¨ uck zu xµ kommt man durch: xµ =
1 x) 2 Tr(σµ ∼
wobei σ0 die 2 × 2-
Einheitsmatrix ist und σi (i = 1, 2, 3) die Pauli-Spin-Matrizen sind. Haben dann die Transformationen die Form x0 = AxA† dann geh¨ort zu jeder ∼
∼
Transformation ein Λµν ∈ L↑+ derart, dass Λµν = 12 Tr(σµ Aσν A† ).
2.3
¨ SL2 (C) als allgemeine Uberdeckunsgruppe von L↑+
˜ heißt “allgemeine Uberdeckungsgruppe ¨ G von einer Gruppe G”, wenn ˜ einfach zusammenh¨ 1. G angend −→ ist der Fall bei SL2 (C) ˜ homomorph zu G −→ ist der Fall (siehe 2.1) 2. G ¨ =⇒ SL2 (C) ist allgemeine Uberdeckungsgruppe von L↑+
2.4
Die begrenzte Spinor-Gruppe P˜+↑ =: P0
P0 besteht aus allen Paaren: (a , A) mit A ∈ SL2 (C), a reeller 4er − Vektor in Form einer hermiteschen 2×2−Matrix ∼
∼
Die Transformation hat dann die Form: x0 = AxA† + a ∼
∼
∼
Verkn¨ upfung in P0 : (a1 , A1 )(a2 , A2 ) = (a1 + A1 a2 A†1 , A1 A2 ) ∼
∼
∼
∼
¨ P0 ist die allgemeine Uberdeckungsgruppe von P+↑ .
3
Existenz von Darstellungen von P+↑ ?
Wir haben bereits geh¨ ort, dass f¨ ur Invarianzen Darstellungen von Symmetriegruppen notwendig sind. Also wird f¨ ur die relativistische Invarianz eine Darstellung der Poincar´e-Gruppe (hier P+↑ ) ben¨otigt. D.h. es muss gelten: U (a1 , Λ1 )U (a2 , Λ2 ) = U (a1 + Λ1 a2 , Λ1 Λ2 ) Es gibt ein Theorem von Wigner und Bargmann: Es ist m¨ oglich ein U (a, A) aus jeder Strahldarstellung U(a, Λ) ↑ von P+ auszuw¨ ahlen, sodass gilt: U (0, 1) = 1
U (a1 , A1 )U (a2 , A2 ) = U (a1 + A1 a2 A†1 , A1 A2 ) ∼
∼
2
∼
∼
Es tauchen nur die Elemente von P0 auf. W¨ urden wir dies allgemein f¨ ur die Elemente von P+↑ fordern, so kann auch -1 als Phasenfaktor auftreten. D.h. das Theorem macht nur eine Aussage u ¨ber die Existenz einer Darstellung von P0 , nicht aber von P+↑ . ¨ ¨ Dies soll uns nicht st¨ oren, aber auf die Wichtigkeit des Ubergangs zur Uberdeckungsgruppe aufmerksam machen. Wir kommen also zum Resultat: Die Zust¨ ande Ψ ∈ H transformieren sich in relativistisch invari¨ anter Weise durch eine Darstellung der Uberdeckungsgruppe P0 ↑ der Gruppe P+ .
4
Darstellungen von P0
Es ist ausreichend irreduzible Darstellungen von P0 zu betrachten, da jede Darstellung sich als direkte Summe (oder direktes Integral) u ¨ber irreduzible Darstellungen zusammensetzen l¨asst. Es ist zudem notwendig zu fordern, dass die betrachteten Zust¨ande eine postive Energie haben. W¨ aren negative Energien zugelassen, so ließe sich zeigen, dass beliebig kleine Energie auftreten k¨onnen. Damit w¨are das System instabil, und das ist nicht was man m¨ochte. Es gibt 10 unabh¨ angige infinitesimale Erzeugend, die zum Beispiel die folgende Form (analog zur Quantenmechanik I) haben k¨onnen. Definiert sind sie jedoch nur u ¨ber ihre Kommutatoren, sodass auch andere Erzeugende m¨ oglich sind. Translation: P µ = i ∂x∂ µ vgl. Impulsoperator im Ortsraum Rotationen: Mµν = −iMνµ = xµ P ν − xν P µ vgl. Drehimpulsoperator Wigner entdeckte in dem Zusammenhang: Es ist m¨oglich die irreduziblen Darstellungen von P0 zu klassifizieren, nach Werten des “invarianten 4erImpulses” = ˆ Quadrat der Ruhemasse m: P 2 = m2 > 0: Transformation von Ensembles mit Ruhemasse gr¨oßer als null. P 2 = m2 = 0, P 6≡ 0: Transformationen von Ensembles ohne Ruhemasse (z.B. Photonen). ¨ P 2 = m2 < 0: Solche Teilchen w¨ urden notwendigerweise mit Uberlichtgeschwindigkeite fliegen. Diese sogenannten “Tachyonen” konnten bisher noch nicht nachgewiesen werden, ihre Existenz ist jedoch von Seiten der Mathematik nicht ausgeschlossen. Darstellungen mit dieser Eigenschaft k¨ onnen genutzt werden, um die Transformation interagierender Felder zu beschreiben. 3
P ≡ 0: Transformation des invarianten Vakuums. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der Spin. F¨ ur Teilchen mit Ruhemasse stellt dies kein Problem dar. Man transformiert sie in ihr Ruhesystem und bestimmt den Spin. Bei Teilchen ohne Ruhemasse ist dies nicht m¨oglich, da die spezielle Relativit¨atstheorie ja gerade aussagt, dass es kein Ruhesystem f¨ ur Teilchen dieser Art gibt. Es erweist sich daher als n¨ utzlich die sogenannte “Helizit¨ at” einzuf¨ uhren, d.h. die Projektion des Spins auf die Impulsrichtung. Es zeigt sich, dass die Helizit¨at bei Raumspiegelung ihr Vorzeichen ¨ andert. Mit dieser Erkenntnis ist es m¨oglich eine Verbindung zwischen Photon und elektromagnetischer Welle zu erstellen. Das Photon hat Helizit¨ at ±1. Dies spiegelt wieder, dass elektromagnetische Wellen in zwei transversalen Polarisationsrichtungen auftreten. Es zeigt sich weiterhin, dass f¨ ur ganzzahligen Spin man mit einer Darstellung von P0 auch eine Darstellung von P+↑ gefunden hat. Bei Ensembles halbzahligem Spin hat man jedoch weiterhin nur eine Darstellung von P0 .
Literatur [1] Bogolubov, N.N; Logunov, A.A.; Todorov, I.T. Introduction to Axiomatic Quantum Field Theory 1975 [2] Berger, C. Elementarteilchenphysik 2006 [3] Scheck, F. Theoretische Physik 4: Quantisierte Felder 2001 [4] Gasiorowicz, S. Elementarteilchenphysik 1975
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