Schweizer Freundinnen und Freunde von
Neve Shalom
Oase des Friedens
Wahat al-Salam
Nachrichtenbrief EDITORIAL Jahren in „einer Wüste“, besonders seit dem Zusammenbruch des Osloer Friedensprozesses und dem Ausbruch der AksaIntifada. Die Verhältnisse werden symbolisiert durch den Bau Seit Jahren diskutieren Staatsder acht Meter hohen Sperrmänner über Friedensverhandmauer im Westjordanland. Diese lungen im nahen Osten, ist für einen grossen Teil der unterzeichnen Abkommen, ma- Bevölkerung ein riesiges Hinderchen Versprechungen und nis um miteinander den Weg organisieren Konferenzen zum Frieden zu gehen. Die Begleichzeitig werden von den völkerung will Frieden, sie will selben Personen Konflikte gefriedlich miteinander zusamschürt und es fliesst Blut. Das auf menleben. Das zeigen die beiden Seiten! Es werden Israelischen Frauen, welche seit unschuldige Zivilisten, Frauen Jahren an den Strassensperren und Kinder getötet, Hass und Wache stehen, die jungen MenVerzweiflung aufgebaut. Vor schen von beiden Seiten, die in Jahren bekamen Politiker aus Friedenscamps den Weg Israel und Palästina sogar den suchen, auch die Bischöfe aller Friedensnobelpreis, nur Frieden christlichen Richtungen die eine hat diese Region noch nicht friedliche Lösung für die Stadt erlebt. Viele Politiker aus Ost und Jerusalem suchen. Das sind West mischen im Nahen Osten Taten an Stelle von Worten. mit, sprechen von Frieden, doch Mit unserer Unterstützung für das die Frage bleibt offen, ob Versöh- Friedensdorf Neve Shalom nung oder Vergeltung im /Wahat al Salam können wir aus Vordergrund steht. Worte an der Schweiz die Menschen in Stelle von Taten. Israel und Palästina stärken, die Wie wohltuend muten die Aktiunter schwierigsten Umständen vitäten an, die in Neve Shalom / das Zusammenleben und die Wahat al-Salam seit Jahren für Verständigung in einer von Verständigung und Versöhnung Konflikten zerrissenen Region stattfinden. Es geschieht im leben. gemeinsamen Zusammenleben Die Menschen glauben den im Dorf, in den Schulen und bei Worten der Politiker nicht mehr, den Jugendtreffen wo sie wollen Taten sehen. Menschen aus allen Landesteilen zusammen kommen. Vieles Rosmarie Zapfl-Helbling wird getan, das nicht in der Präsidentin Weltpresse erscheint. Es sind kleine Schritte, welche Brückenbauer in verschiedenen Orten, und Kreisen in Israel und Palästina machen. Nur arbeiten diese Brückenbauer seit einigen
Nr. 32 November 2008
Aus dem Friedensdorf
Ich wünsche mir, dass der Nahe Osten vorwiegend mit positiven Schlagzeilen in der Weltpresse zu finden ist. Leider ist es nicht so weit. Allzu oft sind die Nachrichten von negativen, Sorge erregenden Berichten aus unserer Gegend geprägt. Vielleicht haben einige von Euch den Film von André Marty, dem Korrespondenten für den Nahen Osten des Schweizer Fernsehens, über Neve Shalom / Wahat al-Salam im SF1 gesehen. Dabei stellte André Marty folgende Frage: „Sie arbeiten seit so vielen Jahren für den Frieden, nach Ihren Aussagen sind Tausende von Juden und Arabern durch Ihre Friedensschule gegangen, und Frieden gibt es immer noch nicht? Wieso leben sie immer noch in einer Oase?“ Diese Art von Frage wird uns oft gestellt. Die Übersetzung von Neve (Hebräisch) und Waha (Arabisch) lautet Oase und Quelle. Ich denke, dass für uns die Übersetzung Quelle passt. Wir erhoben nie den Anspruch, die politische Lösung zu erbringen. Wir s i n d ein politisches Resultat; wir leben eine mögliche politische Lösung vor. Wir leisten mit unserer friedenspädagogischen Arbeit die Basisarbeit für einen Frieden, sobald sich die Politiker einmal trauen, den Frieden zu beschliessen. Wir bereiten den Boden vor und zeigen tagtäglich, dass ein zukünftiger Friedensvertrag mit den nötigen Kompromissen lebbar ist und
von den beiden Völkern angenommen werden kann. Darauf ist unsere alltägliche Arbeit in unserem Dorf und in unseren friedenspädagogischen Institutionen abgestimmt.
Nach einem komplexen, interessanten Prozess der Begegnung wurden drei gemeinsame palästinensisch-israelische Projektgruppen gebildet, die sich mit verschiedenen Aspekten der Menschenrechte auseiAls Beispiel erzähle ich Euch von einem unserer Projekte. Schon seit nandersetzen. Eine davon will ein gemeinsames Forum von einigen Jahren führen wir in der israelischen und palästinensiFriedensschule - mit Unterschen Anwälten zur Behandlung stützung von USAID - das Provon Verletzungen der Mengramm Change Agents for Peace durch. In diesem Rahmen schenrechte ins Leben rufen. So wurden diese jungen Advokaten arbeiten wir mit einflussreichen zu Change Agents, welche eine Berufsgruppen, wie Journalisten, neue persönliche Verantwortung Geschichtslehrern, Ärzten, Mental Health Workers, um diese übernehmen und gemeinsam auf ihrem Weg zu Change Agents danach handeln. (ausführlicher Bericht: zu begleiten. Dieses Jahr haben http://nswas.org/spip.php?Articl wir in Zusammenarbeit mit dem e829) Palästinensischen Hewar Centre for Peace and Development das Projekt Advocates for Change durchgeführt. Diese Idee entstand, als ein prominenter israelischer Menschenrechtsanwalt im Rahmen einer Nachverfolgungsstudie der Friedensschule interviewt wurde. Er berichtete, dass der Kurs für friedenspädagoUnsere Kinder von NSWAS gische Gruppenleiter, den er vor werden von klein auf dazu Jahren bei uns absolviert hatte, eine zentrale Rolle gespielt habe, erzogen, „Change Agents“ für den Frieden zu sein. So wurden um ihn für seine Arbeit als 12 Jugendleiter in unserem Menschenrechtsadvokat zu motivieren und zu bilden. Damals Jugendklub ausgebildet. hatte er plötzlich klar verstanden, (http://nswas.org/spip.php?Articl dass verschiedene Menschen e785) dieselbe Situation anders sehen und dass man nicht immer festlegen müsse, wer im Recht sei.
In Advocates for Change wurden 20 israelische und 20 palästinensische Rechtsanwälte zusammengebracht, mit dem Ziel diese für eine Art von Menschenrechtsvertretung auszubilden, welche die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt.
Einige von ihnen leiteten diesen Sommer ein Camp für palästinensische Kinder aus dem Flüchtlingslager von Tul Karem bei uns in NSWAS. Mai und Nadine, meine älteren Töchter, berichten Euch davon: „Die Kinder von Tul Karem hatten bei uns eine aussergewöhnliche Zeit. Wir ermöglichten ihnen, eine Woche ohne Angst zu leben. Ausserdem durften einige
ihrer Träume bei uns wahr werden.
Sie konnten zum Beispiel ans Meer fahren oder durften die Al-Aksa Moschee besuchen. Am Schluss der Woche sagten einige von ihnen, dies sei die schönste Woche ihres Lebens gewesen und sie wollten gar nicht mehr heim in ihren düsteren Flüchtlingslageralltag. Anfangs hatten sie Angst, als sie hörten, dass eine der Leiterinnen jüdisch ist. Einer von ihnen sagte sogar, er hasse sie und wolle nicht mit ihr reden. Am Schluss des Camps tat es ihm sehr leid, so über sie gesprochen zu haben, und er trennte sich von ihr unter Tränen.“
Danke, dass Ihr uns ermöglicht, unsere Friedensarbeit weiter durchzuführen.
NEU...NEU...NEU... In Zukunft erhalten Sie von uns noch zweimal jährlich Einzahlungsscheine (mit Nachrichtenbrief und Einladung zur Jahresversammlung) zugestellt. Selbstverständlich decken wir Sie auf Anfrage mit so vielen Einzahlungsscheinen ein, wie Sie sich das wünschen!
Rückblick auf 25 Jahre Vorstandsarbeit Schon 1983 mit Evi und Eyas...
Das erste Dokument in meinem Dossier „Neve Shalom / Wahat al-Salam“ (NS/WAS) ist ein Brief vom 21. April 1983, unterzeichnet von Peter Dreyfus und seinem Cousin Roger Dreyfus. „Anlässlich unseres Besuches im Dezember 1982 in Neve Shalom wurden wir von unseren Gastgebern gebeten, die Sympathisanten ihrer Arbeit in der Schweiz in einer gemeinsamen Vereinigung zusammen zu fassen“. Über das Projekt selbst erfuhr ich in einem noch etwas unbeholfen übersetzten Flugblatt, seine jüdischen und arabischen Bewohner seien davon überzeugt, „dass ihre Unterschiede nicht Grund zu Konflikten, sondern im Gegenteil Quelle der Bereicherung sind“. Das schien mir innovativ und unterstützenswert, und so schrieb ich ein paar potenzielle Sympathisanten in Bern an. Ich fand Unterstützung unter anderem bei Marcel Marcus, dem damaligen Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Bern. Ich gehöre dieser kleinen Gemeinde seit jeher an, obschon ich kein praktizierender Jude bin. Ich fühle mich aber der jüdischen Schicksalsgemeinschaft verbunden und habe die Entwicklung des Staates Israel – parallel zu meinem eigenen Leben – stets mit Sorge mitverfolgt. Der Sechstagekrieg von 1967, als Israel um sein Überleben kämpfte, gehört zu meinen emotionalsten Erinnerungen. Die nachfolgenden Jahre bestärkten mich dann immer mehr in meiner Überzeugung, dass Israel langfristig
nur bestehen kann, wenn es sich mit seinen Nachbarn aussöhnt. Eine „Oase des Friedens“, wie sie in Neve Shalom (der arabische Teil des Doppelnamens kam erst später dazu) am Entstehen war, konnte den Weg weisen.
Am 5. Juni 1983 nahm ich also an einem ersten Treffen in Neuenburg und am 21. August 1983 an der Gründungsversammlung der „Schweizer Freunde“ in Bern teil. Die 23 Anwesenden aus Basel, Lausanne, Neuenburg und Bern wurden ... von Evi Guggenheim und Eyas Shbeta aus erster Hand über das Friedensdorf informiert. Daran hat sich in den seither vergangenen 25 Jahren nichts geändert. Sonst allerdings schon. Evi und Eyas haben fünf Jahre später geheiratet, das damals noch sehr rudimentäre Dorf hat sich zu einem schmucken Ort mit moderner Infrastruktur gemausert. Die ersten dort geborenen Kinder sind ihrerseits als vollwertige Mitglieder aufgenommen worden, und mehrere Zehntausend Menschen haben Seminare der Friedensschule besucht. Einiges verändert hat sich auch bei den Schweizer Freundinnen und Freunden von Neve Schalom / Wahat al-Salam, wie sich der Verein heute politisch korrekt nennt. In den ersten zehn Jahren war er so etwas wie ein erweitertes Familienunternehmen von Peter Dreyfus, seiner Frau, seiner Tochter und seiner Schwester, welche in sehr persönlicher Art die Verdankungen übernahm. Spesen gab es keine.
Vorstandssitzungen auch kaum; einmal im Jahr kam die „erweiterte Familie“ zur Jahresversammlung zusammen – häufig im Haus der Familie Dreyfus im malerischen Biel-Benken. Mit der Zeit wurde der Aufwand dann doch zu gross. 1994 wurde mit Urs Reinshagen erstmals ein eigentlicher Präsident gewählt, während sich Peter Dreyfus auf die Funktion des Kassiers konzentrierte. Eine Art „Quantensprung“ folgte allerdings erst 2001, als Evi Guggenheim Shbeta mit ihrer Familie für drei Jahre in die Schweiz kam und mit viel Fleiss und Charisma dafür sorgte, dass sich zahlreiche neue Sympathisantinnen und Sympathisanten dem Verein anschlossen.
Auch der Vorstand wurde nun stärker einbezogen – insbesondere auch als es galt, den Goodwill über die Distanz zu retten. Mit Rosmarie Zapfl konnte eine weitherum bekannte und geschätzte Persönlichkeit als Präsidentin gewonnen werden, und für die Geschäftsleitung wurde eine Teilzeitstelle geschaffen. Diese Struktur hat sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten recht gut eingespielt. Dies ist auch notwendig. Denn die täglichen Nachrichten aus dem Nahen Osten zeigen leider, dass NS/WAS noch immer eine kleine Oase ist – der Funke des Friedens ist nicht übergesprungen. Was bleibt, ist aber ein anderer Funke – der Funke der Hoffnung, dass die Oase auf die sie umgebende Wüste befruchtend wirken möge. Peter Abelin
IMPRESSUM
Kurznachrichten
http://nswas.org/spip.php?article 833
NSWAS hat erstmals eine Frau als Sekretärin: Am 27. März 08 wurde Dorit Shippin als erste Frau zur Sekretärin von NSWAS gewählt. http://nswas.org/spip.php?Article 823
Dies infolge einer Umstrukturierung der Organisation des Dorfes in dem die pädagogischen Institutionen von den Dorfinstitutionen mehr Unabhängigkeit bekommen. Eyas Shbeta der vormalige Sekretär wurde zum Generaldirektor des Dorfes ernannt. Boaz Kitain wurde weiterhin zum vorsitzenden der Association für die pädagogischen Institutionen gewählt. http://nswas.org/spip.php?article 754 Bewegende Abschlussfeier für die Sechstklässler der NSWAS Primarschule http://nswas.org/spip.php?Article 831
Neue ambulante Klinik für Ne’ilin: Im Februar konnte in Ne’ilin in der Westbank durch die Vermittlung von NSWAS und seinem HAP Projekt (Humanitarian Aid for Palestinians) eine neue ambulante Klinik mit japanischer Hilfe eingerichtet werden.Ne’ilin ist in letzter Zeit durch die wöchentlichen Demonstrationen gegen die Mauer und den Trennungszaun bekannt geworden. http://nswas.org/spip.php?article 769
shop: 25 Kinder aus dem Flüchtlingslager von Tul Karem in der Westbank konnten im Juni nach Überwindung der bürokratischen Schwierigkeiten zu einem gemeinsamen Workshop mit den Kindern der Schule von NSWAS kommen. Für beide Seiten war dies ein ganz besonderes Erlebnis.
Geschäftsstelle: c/o Ada Winter Geissenstrasse 6 CH - 8712 Stäfa E-Mail:
[email protected] Internet: www.nswas.org
Vorstand: Rosmarie Zapfl-Helbling, Dübendorf (Präsidentin) Peter Dreyfus, Biel-Benken BL (Vizepräsident) Brigitta Rotach, Zürich Margaretha Gutknecht, Rueyres-les-Prés FR
Mediationskurs: Im Rahmen der DoumiahSakina wurde erstmals ein Mediationskurs für eine multikulturelle Gesellschaft durchgeführt.
Monique Eckmann, Carouge GE Marie-Josette Gern, Neuchâtel
http://nswas.org/spip.php?Article 824
Danke für Ihre Spenden! Es
wird immer üblicher, anlässlich von GeburtstagsErhöhte Anmeldungsquoten in festen oder im Andenken der NSWAS Primarschule an eine Person zu spenden! Wir freuen uns Die Zahl der Kinder wird dieses Jahr um ein Drittel steigen, woüber jeden Beitrag und Sie bei das Gleichgewicht zwischen erleichtern uns die Arbeit jüdischen und arabischen enorm, wenn wir die vollKindern erhalten bleibt. ständige Adresse erhalten. http://nswas.org/spip.php?arti Dann können wir die becle832 schenkte Person korrekt Ein gemeinsamer Kunst-Workbenachrichtigen!
Schweizer Freundinnen und Freunde von Neve Shalom / Wahat al-Salam
Spendenkonti Bank: Bank Coop, 4002 Basel PC 40-8888-1 Begünstigter: Neve Shalom, 4051 Basel IBAN: CH 10 0844 0298 3852 9000 0
Postcheck-Konto Schweizer FreundInnen von Neve Shalom/Wahat al-Salam, Basel Postcheck-Konto: 87-99504-1
[email protected]