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LEBEN
Niederösterreichische Nachrichten — Woche 36/2008
MADEIRA / Naturerlebnisse zu Land oder zu Wasser, Wellness und Erholung pur: Die „Blumeninsel“ im Atlantik ist schon lange mehr als „nur“ ein Pensionistenrefugium.
Mit der Natur auf Du & Du VON JUTTA HAHSLINGER
Von Wetterkapriolen daheim geplagt, bereitet uns Madeira einen wahren Bilderbuch-Empfang: Sonnenschein, eine wohlig warme Temperatur und ein sattes Grün, durchsetzt von unzähligen Farbtupfen der Blumen- und Pflanzenvielfalt. Meine Lunge als smoggeplagter Stadtmensch atmet befreit durch. Bereits nach wenigen Kilometern stockt einem Flachländer wie mir bei der oft erforderlichen Fahrakrobatik der Madeiresen ob der steil nach oben oder unten gehenden engen Gassen der Atem. Dazu kommt, dass die vielfältige Blütenpracht jeden Hobbygärtner vor Neid erblassen lässt, denn obwohl alles klein und steil nach oben geht, ist jeder noch so winzige freie Quadratzentimeter bepflanzt. Da wachsen Tomaten neben Bananenstauden, wuchern Hortensien und Agapanthus (die orientalische Liebesblume) so wild wie bei uns der Löwenzahn. Lilafarbene Blüten des Jakarandabaumes, unterbrochen vom sat-
ten Orange des afrikanischen Tulpenbaumes, säumen die Straßen der Inselmetropole Funchal. Das Leben in der Hafenstadt pulsiert. Während die Madeiresen ihren Alltagspflichten nachgehen und etwa im Mercado dos Lavradores (den Markthallen) einkaufen, tummeln sich staunend die Inselbesucher. Deren Blicke wandern weiter entlang der Häuser, die sich wie Fledermäuse an die Felsmauern krallen, hoch hinauf bis zum letzten wolkenbedeckten Inselzipfel.
Halsbrecherisch: eine Fahrt mit dem Korbschlitten Hoch geht es auch mit uns, per Gondel über die Dächer Funchals hinauf nach Monte, wo uns ein prachtvoller tropischer Garten, ein Palast und ein Museum erwarten. Dann heißt es Mut beweisen, denn vor den Stufen der Kirche warten die traditionell in Weiß gekleideten Lenker der Korbschlitten, mit denen es bergab nach Funchal geht. Dass man dazu Mut braucht, weiß man zum Glück
erst hinterher. Lachend, ja spielerisch lenken zwei Burschen das historische Kufengefährt in halsbrecherischem Tempo bergab, über jede Bodenwelle und bei Gegenverkehr. Nach der rasanten Rumpelfahrt feiern wir bei einem Gläschen Madeira in der Weinkellerei der „Madeira Wine Company“, dass alle Knochen heil geblieben sind. Später klingt der Abend mit lokalen Gaumenfreuden (etwa Papageienfisch oder schwarzem Degenfisch) bei herrlichem Ambiente und Meeresblick im Restaurant „do Forte“ in der Sao-Tiago-Festung in Funchal aus.
Im Jeep durch die Berge, im Boot zu den Delfinen Aber bereits am nächsten Tag heißt es wieder Alarm für die Knochen. Wer erzählte mir, dass Madeira ein Pensionistenrefugium ist? Weit gefehlt, wie eine Jeepsafari in die höchsten Regionen Madeiras beweist. Nach Verlassen der befestigten Straßen geht es wahrlich über Stock und Stein. Belohnt wird das Ge-
rüttel mit dem Anblick unberührter, überwältigender Natur. Etwas erschöpft, aber zufrieden, geht es zurück an die Küste, wo bereits der nächste Höhepunkt auf uns wartet: eine Fahrt entlang der Küste, aber nicht zu Land, sondern zu Wasser auf einem schlauchbootähnlichen Geschoss. Das wird ein Ritt auf den Wellen. Der Atlantik ist kein ruhiger Badeteich, sondern ein rauer Geselle mit liebenswerten Freunden – so verzücken uns nach geraumer Fahrt mehrere Delfine mit ihrem Spiel. Nass gespritzt, aber beglückt geht es wieder an Land. Relaxen im Hotel-Spa ist angesagt, denn die nächste körperliche Herausforderung, eine Wanderung entlang einer Levada, steht bevor. Levadas sind schmale Kanäle, die Wasser vom Norden in den Süden leiten. Es sei vorweg gesagt: Ob Hobbywanderer oder Profibergsteiger – eine Wanderung mit einem Führer ist wie Schuhwerk mit Profil empfohlen. Dann steht einem weiteren überwältigenden Naturerlebnis nichts mehr im Wege.