Hipster. Eine Posttraditionale Gemeinschaft?

  • June 2020
  • PDF

This document was uploaded by user and they confirmed that they have the permission to share it. If you are author or own the copyright of this book, please report to us by using this DMCA report form. Report DMCA


Overview

Download & View Hipster. Eine Posttraditionale Gemeinschaft? as PDF for free.

More details

  • Words: 4,135
  • Pages: 17

 


Hipster Eine posttraditionale Gemeinschaft? 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 Universität der Künste Berlin Fakultät Gestaltung Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation Sommersemester 2009 Helge Peters Email [email protected]



Inhalt 
 1. Einleitung

S. 3

2. Posttraditionale Gemeinschaften und jugendliche Szenen 2.1 Posttraditionale Gemeinschaften

S. 4

2.2 Jugendliche Szenen

S. 5

2.3 Differenzierung

S. 6

3. Hip and cool: Zum Hipster als Identitätsentwurf 3.1 Entstehung: The Hipster and the Organization Man

S. 7

3.2 Popularisierung: Hip consumerism

S. 9

3.3 Gegenwart: Hipsters never admit to being Hipsters

S. 10

4. Hipster: Eine posttraditionale Gemeinschaft?

S. 12

5. Zusammenfassung und Ausblick

S. 15

6. Literaturverzeichnis

S. 16

2



1. Einleitung „The
 key
 to
 coolhunting
 is
 to
 look
 for
 cool
 people
 first
 and
 cool
 things
 later
 and
 not
 the
 other
 way
 round;
 cool
 things
 come
 and
 go
 but
 cool
 people,
 on
 the
 other
 hand,
 are
 a
 constant.“
 (Nancarrow
 &
 Nancarrow,
 2007,
S.
139)
 So
raten
es
die
Autoren
von
„Hunting
for
cool
tribes“
dem
Marketing,
dem
ein
 immenses
Interesse
am
Verständnis
von
Coolness
attestiert
wird.
Nur
wer
sind
 diese
coolen
Leute
und
wie
kann
man
sie
finden?
Und
wollen
sie
gefunden
 werden?
Beispiele
gescheiterter
Versuche
eine
als
cool
ausgemachte
Zielgruppe
 zu
adressieren
finden
sich
reichlich
(Moore,
2007).
Es
scheint
eine
geradezu
 konstituierende
Eigenschaft
der
Coolness
zu
sein,
sich
ihrer
Kommodifizierung
 zu
entziehen
und
immer
wieder
neu
dort
aufzutauchen,
wo
sie
nicht
erwartet
 wird.
Andererseits
scheint
es
im
Alltagsverständnis
urbaner
Jugendlicher
 durchaus
ein
mehr
oder
weniger
implizites
Wissen
darüber
zu
geben,
welche
 Gruppen
und
Personen
gerade
cool
sind:
die
Rede
von
den
Hipstern
macht
die
 Runde.
Auch
konsumkritische
Stimmen
haben
die
Hipster
schon
entdeckt.
So
 titelte
das
Adbusters
Magazine
über
die
„Hipster:
The
Dead
End
of
Western
 Civilization“
und
unterstellte
ihnen
nicht
weniger
als
die
Unterminierung
 subversiver
Jugendkulturen
im
Sinne
einer
allgemeinen
Kommerzialisierung
 (Haddow,
2008).
Bemerkenswert
ist,
dass
in
den
Beschreibungen
des
 Phänomens
zwar
von
einer
Gemeinschaft
oder
gar
Subkultur
der
Hipster
die
 Rede
ist,
eine
positive
Selbstidentifikation
als
Hipster
jedoch
nicht
aufzufinden
 ist.
Eine
pejorative
bzw.
ironische
Verwendung
des
Begriffs
herrscht
vor,
 dennoch
wird
eine
Gemeinschaft
unterstellt,
die
auf
den
ersten
Blick
Merkmale
 einer
posttraditionalen
Gemeinschaft
bzw.
einer
jugendlichen
Szene
aufweist.
 Daher
soll
diese
Arbeit
herausarbeiten,
inwiefern
es
sich
bei
den
Hipstern
um
 eine
posttraditionale
Gemeinschaft
handelt
und
falls
dies
der
Fall
ist,
ob
sie
im
 engeren
Sinne
als
jugendliche
Szene
identifiziert
und
abgegrenzt
werden
 können.
Dazu
sollen
zunächst
die
Begriffe
posttraditionale
Gemeinschaft
und
 jugendliche
Szene
entwickelt
werden,

anschließend
das
Phänomen
Hipster
von
 seiner
Enstehung
bis
heute
beleuchtet
und
zuletzt
diskutiert
werden,
ob
die
 entwickelten
Begriffe
das
Phänomen
Hipster
fassen
können.
 3



2. Posttraditionale Gemeinschaften und jugendliche Szenen 2.1 Posttraditionale Gemeinschaften Der
Begriff
der
posttraditionalen
Gemeinschaft
beschreibt
zeitgenössische
 Gesellungsformen,
die
unter
den
Bedingungen
spätmoderner
 Vergesellschaftung
Funktionen
der
Sinnsetzung
und
Sozialisation
erfüllen,
sich
 jedoch
von
traditionellen
Gesellungsformen
wie
Kirche,
Verein,
Partei
etc.
 dadurch
unterscheiden,
dass
sie
weniger
verbindlich
sind
und
stattdessen
auf
 der
„Verführung
hochgradig
individualitätsbedachter
Einzelner
zur
 (grundsätzlich
partiellen)
habituellen,
intellektuellen,
affektuellen
und
vor
 allem
ästhetischen
Gesinnungsgenossenschaft
basieren“
(Hitzler,
Bucher
&

 Niederbacher,
2005,
S.
18).
Individuen
entscheiden
sich
für
die
zeitweilige
 Zugehörigkeit
zu
einer
posttraditionalen
Gemeinschaft
kontingent
und
freiwillig
 aufgrund
der
Vermutung
einer
gemeinsamen
Interessenfokussierung,
wobei
sie
 die
Intensität
dieser
Zugehörigkeit
selbst
bestimmen
(Hitzler,
Honer
&
 Pfadenhauer,
2008,
S.
9f).

 Dabei
kommt
eine
Gemeinschaftsauffassung
zum
Tragen,
die
auf
die
 individuelle
Reproduktion
von
Gemeinschaft
und
vor
allem
die
Entscheidung
 für
Teilhabe
an
einer
Gemeinschaft
unter
Abwägung
der
erheischten
Vorteile
 verweist.
Einflussreich
auf
die
Bildung
des
Begriffs
der
posttraditionalen
 Gemeinschaft
war
der
französische
Soziologe
Michel
Maffesoli,
der
mit
seinem
 Konzept
der
postmodernen
Stammeskulturen
ausdrücklich
die
emotionale
 Hingabe
und
kultische
Fokussierung
dieser
Art
von
Gemeinschaften
betonte,
die
 mit
dem
Versprechen
efferveszenter
Erlebnisse
zur
Mitgliedschaft
immer
 wieder
neu
verführen
müssen,
woraus
ihre
Unbeständigkeit
und
relative
 Kurzlebigkeit
resultiert
(Hitzler
et.
al.,
2005).
Dabei
wird
die
„temporale
 Begrenzung
[...]
durch
Intensivierung
kompensiert“
(Prisching,
2008,
S.
38).
 Mitglied
in
einer
posttraditionalen
Gemeinschaft
ist,
wer
sich
zu
den
für
eine
 spezifische
Gemeinschaft
„symptomatischen
Zeichen,
Symbolen
und
Ritualen“
 (Hitzler
et.
al.,
2008,
S.
13)
bekennt
und
sich
damit
für
eine
Mitgliedschaft
 entscheidet.
Posttraditionale
Gemeinschaften
finden
sich
nicht
völlig
beliebig
 zusammen,
sondern
verfügen
typischerweise
über
einen
spezifischen



4



„Vergemeinschaftungs‐Content“
(Prisching
2008,
S.
43),
der
sich
in
 unterschiedlichen
Intensitäten
abbilden
kann.

Zusammengefasst
lässt
sich
 sagen,
dass
posttraditionale
Gemeinschaften
zwar
strukturell
labile
Gefäße
 individueller
Neigungen
sind,
aber
für
ihre
Teilhabenden
eine
sozialintegrative
 Funktion
haben,
die
durchaus
vergleichbar
mit
derer
eingelebter
Milieus
ist
 (Hitzler
et.
al.,
2008,
S.
18).


2.2 Jugendliche Szenen Eine
altersspezifische
Ausprägung
posttraditionaler
Gemeinschaften
sind
 jugendliche
Szenen,
die
von
Hitzler,
Bucher
und
Niederbacher
(2005)
wie
folgt
 definiert
werden:

 „Thematisch
 fokussierte
 kulturelle
 Netzwerke
 von
 Personen,
 die
 bestimmte
 materiale
 und/oder
 mentale
 Formen
 der
 kollektiven

 Selbststilisierung
teilen
und
Gemeinsamkeiten
an
typischen
Orten
und
zu
 typischen
Zeiten
interaktiv
stabilisieren
und
weiterentwickeln“
(Hitzler,
 Bucher
&
Niederbacher,
2005,
S.
20)
 Der
Szenebegriff
wird
von
den
Autoren
weiter
ausdifferenziert:
Szenegänger
 teilen
das
zentrale
Thema
der
jeweiligen
Szene
und
konstituieren
sie
 kommunikativ
in
Interaktionen.
Sie
verorten
sich
sozial
innerhalb
von
Szenen
 und
eignen
sich
für
die
Szeneteilhabe
adäquate
kulturelle
Kompetenzen
an.
 Dabei
ist
vor
allem
die
Stilisierung
wichtig,
das
nach
szenespezifischen
 ästhetischen
Kriterien
selektierte
Verwenden
von
Zeichenarrangements
mit
der
 Absicht,
einen
kulturell
kompetenten
und
zugleich
originellen
Eindruck
zu
 machen.
In
der
Beherrschung
der
Stilisierung,
deren
Kriterien
diffus
und
 implizit
bleiben,
drückt
sich
die
wahrgenommene
Authentizität
der
 Szeneidentifikation
aus.
Der
typische
Szenegänger
verfügt
über
ein
langfristig
 erworbenes
Wissen
und
Können,
identifiziert
sich
mit
der
Szenekultur,
handelt
 wertrational
und
stilisierend
und
pflegt
einen
Lebensstil,
in
dem
das
 Szeneengagement
dominiert.
In
Abrenzung
dazu
gruppiert
sich
um
die
 Szenegänger
herum
ein
Publikum,
das
sich
für
das
Szenegeschehen
interessiert,


5



wobei
ein
Wechsel
vom
Publikumsteilnehmer
zum
Szenegänger
durch
 intensivierte
Teilhabe
am
Szenegeschehen
erfolgen
kann.
 Szenen
sind
durch
ihren
Teilzeitcharakter
bedingt
labile
Gebilde.
Sie
brauchen
 typische
Treffpunkte,
interne
Medien
und
mehr
oder
weniger
aufwendig
und
 professionell
organisierte
Events,
die
das
Wir‐Gefühl
aktualisieren
bzw.
erst
 herstellen
und
intensivieren.
Diese
Events
und
Medien
werden
von
 Organisationseliten
produziert,
um
die
sich
die
Szene
als
ein
Netzwerk
von
 Gruppen
bildet.
Die
Organisationseliten
müssen
sich
dabei
auf
einen
 dynamischen
Wechsel
prinzipiell
instabiler
Trends
und
Moden
innerhalb
der
 Szene
einstellen.
Eine
trennscharfe
Abgrenzung
zwischen
einzelnen
Szenen
ist
 oftmals
nicht
möglich:
Ihre
Ränder
bleiben
diffus
und
mehrere
Szenen
können
 ineinander
verwoben
sein.
Dennoch
unterscheiden
Hitzler,
Bucher
und
 Niederbacher
in
drei
verschiedene
Szene‐Typen:
Die
Selbstverwirklichungs‐ Szenen,
deren
Fokus
auf
der
Herausbildung
persönlichen
Könnens
liegt,
die
 Aufklärungs‐Szenen,
die
von
einem
Willen
zur

Veränderung
der
Welt
geprägt
 sind
und
die
hedonistischen
Szenen,
die
vor
allem
auf
den

Konsum
 vergnüglicher
Erlebnisangebote
zielen.

 
 2.3 Differenzierung Hitzler,
Bucher
und
Niederbacher
gehen
davon
aus,
dass
„Szenen
ihre
Kohäsion
 aus
ästhetisch‐stilistischen
Gemeinsamkeiten
im
Hinblick
auf
einen
 gemeinsamen
Fokus
beziehen“
(Hitzler,
Bucher
&
Niederbacher,
2005,
S.
31).
 Um
von
einer
Szene
als
wahrgenommener
Realität
für
ihre
Szenemitglieder
 überhaupt
sprechen
zu
können,
müssen
diese
Gemeinsamkeiten
kommunikativ
 und
interaktiv
in
Szene
gesetzt
werden.
Die
Autoren
untersuchen
dafür
Inhalte
 von
Kommunikation
und
Interaktion
wie
thematischen
Fokus,
Einstellungen,
 Motive,
Lebensstil,
Treffpunkte
und
Events,
Kleidung,
Musik
und
Medien.
Um
 eine
jugendliche
Szene
im
Sinne
der
Autoren
identifizieren

zu
können,
müssen
 bestimmte
personale
Eigenschaften
des
Szenegängers
identifizierbar
sein:
ein
 langfristig
erworbenes
Wissen
oder
Können,
eine
Identifikation
mit
der
Szene,
 ein
wertrational‐stilisierender
Handlungsmodus
und
ein
Lebensstil,
in
dem
das


6



Szeneengagement
dominiert.
Darüber
hinaus
muss
die
Lebenswelt
des
 Szenegängers
durch
szenetypische
Treffpunkte,
Events
und
interne
Medien
 strukturiert
sein
(Ebd.,
S.
220).

 Der
Begriff
der
posttraditionalen
Gemeinschaft
ist
weiter
gefasst.
Darunter
 können
so
unterschiedliche
Phänomene
wie
jugendliche
Szenen
und
 „erwachsene“
Markengemeinschaften
wie
die
Apple‐
oder
Harley‐Davidson‐ Community,
aber
auch
situative
Event‐Gemeinschaften
wie
das
Public
Viewing
 bei
Fußballweltmeisterschaften
oder
katholische
Weltjugendtage
gefasst
 werden
(Hitzler,
Honer
&
Pfadenhauer,
2008,
S.
20ff).
Im
Vordergrund
steht
 hier
die
mehr
oder
weniger
flüchtige
Vergemeinschaftung
durch
eine
geteilte
 ästhetische
Erfahrung
mit
potentiell
efferveszenter
Qualität.
Die
 posttraditionale
Gemeinschaft
kann
damit
als
Ober‐
und
die
jugendliche
Szene
 als
Unterbegriff
angesehen
werden.
 


3. Hip and cool: Zum Hipster als Identitätsentwurf 3.1 Entstehung: The Hipster and the Organization Man Der
Ursprung
des
Begriffs
hip
bzw.
Hipster
ist
umstritten
(Tolstad,
2006,
S.
3f),
 wird
jedoch
mit
der
afroamerikanischen
Kultur
der
1950er
Jahre
in
 Zusammenhang
gebracht.
Popularisiert
wurde
er
von
weißen
Intellektuellen
 wie
Norman
Mailer
und
Jack
Kerouac,
die
in
der
Nachkriegszeit
den
als
 konsumfokussiert
und
konform
empfundenen
Lebensstil
der
weißen
 Mehrheitsgesellschaft
mit
einer
als
authentisch
imaginierten
Lebensweise
der
 urbanen
Afroamerikaner
kontrastierten
(Ross,
1989,
S.68f).
Um
New
Yorker
 Jazzclubs
gruppierten
sich
sogenannte
Hipster
und
Beatniks,
Weiße,
die
in
der
 afroamerikanischen
Musik
eine
Folie
für
die
Aktualisierung
der
zentralen
 Narrative
der
Bohème
fanden,
die
sich
bereits
im
frühen
neunzehnten
 Jahrhundert
herausbildeten:
Rebellion,
Zurückweisung
ökonomischer
 Sicherheit
der
Mittelschichten,
ein
Leben
in
Risiko,
Armut
und
konstanter
 Transgression
gesellschaftlicher
Normen;
nicht
zuletzt
Exzess,
extreme
 Erfahrungen
aller
Art
und
ein
kreativer
Entwurf
des
Selbst
(Wilson,
1999,
S.
13).


7



Eingebettet
war
dieses
kulturelle
Phänomen
in
einen
breit
rezipierten
Diskurs
 um
Entfremdungsempfinden
und
Konformität
in
einer
konsum‐
und
 arbeitsorientierten
Massenkultur,
deren
Protagonisten
im
von
William
H.
 Whyte
beschriebenen
„Organization
Man“
‐
dem
Angestellten
einer
großen
 Organisation,
der
graue
Flanellanzüge
trägt
und
täglich
von
Suburbia
zur
Arbeit
 pendelt
‐
ihre
prototypische
Entsprechung
fanden
(Frank,
1997,
S.
10f).
 Antithetisch
dazu
wurde
der
Hipster
konstruiert:
Ein
amerikanischer
 Existentialist,
der
sich
von
der
Arbeitsethik
abgewandt
hat
und
für
den
 unmittelbaren
Genuss
lebt,
seiner
Abscheu
gegen
die
Konformität
mit
Jazz,
Sex,
 Drogen
und
schwarzem
Slang
Ausdruck
verleiht
und
dem
gesellschaftlichen
 Anspruch
an
Anständigkeit
mit
seinem
Verlangen
nach
einem
„orgasm
more
 apocalyptic
than
the
one
that
preceded
it“
(Norman
Mailer,
zitiert

nach
Frank,
 1997,
S.
12)
begegnet.

 Hip
und
cool
können
als
Synonyme
angesehen
werden
(Leland,
2004,
S.
11)
und
 so
verwundert
es
nicht,
dass
vor
diesem
zeithistorischen
Hintergrund
das
bis
 heute
wirkmächtige
Konzept
der
Coolness
ausdifferenziert
wurde.
Als
Strategie,
 sich
gegen
die
Reizüberflutung
anonymisierter
Großstädte
zu
schützen
und
 gleichzeitig
expressive
Individualität
zu
inszenieren,
wurde
sie
bereits
zur
 Jahrhundertwende
in
Grundzügen
von
Georg
Simmel
beschrieben,
freilich
ohne
 dies
explizit
Coolness
zu
nennen
(Düllo,
2005,
S.
55ff).
Das
„keep
cool“,
mit
dem
 der
afroamerikanische
Aktivist
Marcus
Garvey
während
der
Haft
seine
 Anhänger
beruhigte,
erweiterte
sich
zu
einer
strategischen
Praxis
rassistisch
 Marginalisierter,
deren
Lakonie,
Stil
und
Distanzgebaren
von
den
Hipstern
 bereitwillig
als
Distinktionsmittel
aufgegriffen
wurden
(Ebd.,
S.
61).
Cool
sein
 hieß,
wissend
zu
sein,
nonchalant
und
selbstbewusst:
„unfazed
by
the
bullshit
of
 life“
(Tolstad,
2006,
S.
4).
Als
Gleichzeitigkeit
von
Indifferenz
und
Interesse
 sollte
sich
die
Coolness
von
einer
Strategie
der
marginalisierten
Afroamerikaner
 um
auf
dem
Feld
der
sie
ausschließenden
weißen
Mehrheitsgesellschaft
 navigieren
zu
können,
zum
attraktiven
Verhaltensmodell
der
individualisierten
 Moderne
entwickeln
–
bis
zum
heutigen
Tage
(Düllo,
2005,
S.
60).
Dabei
ist
cool
 keine
unveränderliche
Qualität
feststehender
Dinge.
Das
Distinktionsmittel
 Coolness
bildet
kulturelles
Kapital
im
Bourdieuschen
Sinne
und
ist
als
solches
 Gegenstand
ständiger
Neuverhandlungen
(Nancarrow
&
Nancarrow,
2007,
S.
 8



131f).

Je
mehr
Menschen
an
diesem
Distinktionsmittel
teilhaben,
desto
weniger
 distinktiv
wirkt
es,
so
dass
sich
die
konkreten
Zeichen
und
Praktiken,
in
denen
 sich
Coolness
manifestiert,
ständig
verschieben
müssen,
um
erneut
Knappheit
 zu
gewährleisten
(Tolstad,
2006,
S.
128f).

 Die
Dynamik
dieser
Verschiebung
wird
dabei
deutlich
durch
die

Vermarktung
 von
Coolness
beeinflusst,
deren
Entstehung
im
folgenden
Kapitel
skizziert
wird.
 
 3.2 Popularisierung: Hip consumerism Während
sich
Anfang
der
sechziger
Jahre
die
Hipster
und
Beatniks
zu
Hippies
 und
anderen
Subkulturen
ausdifferenzierten,
begann
auch
die
Konsumkultur

 cool
zu
werden.
Nicht
nur
wollte
ein
wachsender
Jugendmarkt
bedient
werden,
 auch
ließen
sich
mit
den
Bildern
imaginierter
Rebellion
Waren
an
die
 Mehrheitsgesellschaft
verkaufen,
die
durch
Life
und
Reader´s
Digest
vom
neuen
 Geist
der
Zeit
erfahren
hatte
(Frank,
1997,
S.
14).
Nicht
zuletzt
spiegelte
das
 Bemühen
der
Werbung,
einen
coolen
Ton
zu
treffen,
auch
einen
Wandel
in
der
 Unternehmenskultur
der
Werbeagenturen
selbst
wieder,
die
sich
nach
dem
 statistisch‐wissenschaftlichen
nun
vermehrt
einen
kreativ‐künstlerischen
 Anspruch
setzten:
„One
day
in
1967
Madison
Avenue
Man
shed
his
gray
flannel
 suit
and
leaped
headlong
into
youth
culture“
(Ebd.,
S.
106).

 Beispielhaft
nutzte
die
Herrenmodebranche
die
Gegenkultur
mit
ihrer
 Verachtung
gegenüber
Konformität
und
Massenkonsum
als
Vehikel
ihres
 eigenen
Wandels:
 „In
 1967,
 the
 menswear
 industry
 discovered
 the
 perfect
 symbol
 with
 which
 to
 unite
 its
 fantasies
 of
 youth
 and
 rebellion:
 the
 counterculture.
 Advertisers
 began
 to
 make
 heavy
 use
 of
 hip
 imagery
 to
 buttress
 the
 revolutionary
claims
they
had
been
making
and
to
convince
retailers
of
 their
products´
rebel
authenticity“
(Ebd.,
S.
215)

 Dem
beschleunigten
Lebenszyklus
der
Modeprodukte
aufgrund
der
 Inszenierung
von
modischer
und
cooler
Kleidung
als
Ausdruck
individueller
 Persönlichkeit
wurde
eine
erhöhte
Profitträchtigkeit
bescheinigt
‐
was
insofern
 9



ironisch
ist,
da
die
von
den
Hipstern
rezipierten
Kritiker
des
Massenkonsums
 dessen
eingeplante
Obsoleszenz
ursprünglich
besonders
ablehnten
(Ebd.,
S.
 197).

 Diese
Aneignung
zunächst
oppositioneller
Zeichen
und
Praktiken
durch
die
 Konsumkultur,
die
allerdings
im
Europa
des
neunzehnten
Jahrhunderts
in
der
 Wechselwirkung
zwischen
bourgeoiser
Kultur
und
Bohème‐Kultur
schon
ihre
 Vorläufer
hatte
(Wilson,
1999),
sollte
sich
bis
zum
heutigen
Tage
bei
der
 Entstehung
neuer
Subkulturen
und

ihrer
Vermarktung
wiederholen
(Moore,
 2007).
Die
Ablehnung
von
Konformität
und
die
Betonung
des
individuellen
 Ausdrucks,
die
von
den
Hipstern
noch
in
Opposition
zum
Massenkonsum
 entworfen
wurde,
veränderte
nicht
nur
die
Modebranche,
sondern
affizierte
 weite
Teile
der
Konsumkultur,
die
sich
auf
eine
Weise
neu
erfand,
die
noch
 heute
aktuell
ist:

 „Not
only
does
hip
consumerism
recognize
the
alienation,
boredom
and
 disgust
engendered
by
the
demands
of
modern
consumer
society,
but
it
 makes
 of
 those
 sentiments
 powerful
 imperatives
 of
 brand
 loyalty
 and
 accelerated
consumption“
(Frank,
1997,
S.
231)
 Diese
Vermarktung
der
Coolness
sollte
für
das

Selbstverständnis
der
Hipster
 unserer
Zeit
prägend
sein.
 
 3.3 Gegenwart: Hipsters never admit to being Hipsters Im
Jahr
2001
wurde
„The
Hipster
Handbook“
von
Robert
Lanham
(2002)
für
 den
Margaret‐Mead‐Award
nominiert,
mit
dem
die
Society
for
Applied
 Anthropology
junge
Wissenschaftler
auszeichnet,
die
anthropologische
 Forschung
einem
breiten
Publikum
bekannt
machen
(Ebd.,
S.
2).
Weit
davon
 entfernt
ein
akademischer
Text
zu
sein,
typologisiert
das
Buch
leichtfüßig
und
 ironisch
die
Hipster
der
Jahrtausendwende
in
all
ihren
Erscheinungsformen,
mit
 einem
räumlichen
Fokus
auf
den
Lebensmittelpunkt
des
Autors,
den
hippen
und
 jungen
New
Yorker
Stadtteil
Williamsburg.
Lanham
kartographiert
das
Feld
 zeitgenössischer
Coolness

zwischen
allerlei
Stilpräferenzen
für
Frisuren,


10



Barttrachten,
Zigaretten‐
und
Biermarken,
Kleidungsstilen,
Filme,
Bands,
 Künstler
und
Dichter,
sowie
dem
typischen
Sprachgebrauch,
Verhaltensweisen
 und
der
Lebensführung
der
Hipster
Nordamerikas.
Bemerkenswert
ist,
dass
 sich
allein
bei
den
angeführten
Literaturvorlieben
mit
William
S.
Burroughs
und
 Allen
Ginsberg
Bezüge
auf
die
historischen
Hipster
der
Beat‐Ära
finden
lassen
 (Lanham,
2001,
S.
128).
So
unterscheiden
sich
die
Hipster
von
heute
denn
auch
 in
(wenigstens)
drei
zentralen
Punkten
von
ihren
historischen
Vorläufern:
Ihre
 stilistischen
Optionen
haben
sich
zu
einer
Palette
von
Zitaten
aus
diversen
 Epochen
und
Subkulturen
erweitert,
die
in
ihrer
Unterschiedlichkeit
nur
davon
 zusammengehalten
werden,
dass
sie
cool
sind.
Was
wiederum
cool
ist,
wird
in
 einem
dynamischen
Prozess
der
Selbst‐
und
Fremdbeobachtung
ständig
neu
 ausgehandelt
(Leland,
2004,
S.
8).
Zuletzt
hängt
damit
zusammen,
dass
die
 Identitätszuschreibung
Hipster
von
den
Protagonisten
der
Coolness
nicht
 angenommen
werden
darf,
um
im
Feld
der
Coolness
zu
bestehen,
gleichwohl
 gemeinschaftsstiftende
Merkmale
offensichtlich
vorhanden
sind,
die
eine
solche
 Identitätszuschreibung
nahelegen
würden:
„Hipsters
never
admit
to
being
 Hipsters.
They
are
to
cool
to
broach
the
subject.“
(Ebd.,
S.
13).
Als
Gemeinschaft
 der
Individualisten,
die
eifersüchtig
über
den
Zugang
zum
kulturellen
Kapital
 Coolness
–
also
der
Kompetenz
zur
lakonischen
Differenzinszenierung
–
wachen
 muss,
legen
die
Hipster
großen
Wert
darauf,
eben
keine
Gemeinschaft
zu
sein,
 da
dies
implizieren

würde,
sie
suchten
die
Coolness
in
der
Gemeinschaft,
 anstatt
sie
individuell
ganz

selbstverständlich
zu
besitzen:
„It
is
cool
to
be
on
 the
inside,
but
it
is
not
considered
cool
to
want
to
be
on
the
inside
or
to
care
 about
whether
you
are
on
the
inside
or
not“
(Tolstad,
2006,
S.
60).
Folgerichtig
 lassen
sich
heute
zwei
Bedeutungen
des
Begriffs
Hipster
festhalten,
die
von
der
 Sprechposition
bestimmt
werden:
einerseits
als
Beschreibung
der
Gemeinschaft
 der
Coolen
durch
die
Uncoolen,
andererseits
als
abwertende
Beschreibung
der
 Uncoolen,
die
danach
streben
cool
zu
sein,
durch
die
Coolen
(Ebd.,
S.
83).
Denn
 Coolness
resultiert
nicht
allein
aus
der
souveränen
Anwendung
der
richtigen
 Praktiken
und
Symbole,
es
muss
auch
der
Anschein
geweckt
werden,
diese
 Anwendung
entspreche
einer
gleichsam
authentischen
inneren
Verfasstheit
des
 Handelnden
(Ebd.,
S.
42).



11



Eine
Paradoxie
der
Gemeinschaftsbildung
spannt
sich
auf:
Hipster
begreifen
 sich
als
Individuen
in
Opposition
zu
einer
Mainstream‐Kultur,
auf
deren
Feld
sie
 mithilfe
der
Coolness
navigieren.
Die
geteilte
Erfahrung
einer,
letztlich
auf
 eigener
Entscheidung
beruhenden,
Marginalisierung
bildet
die
Grundlage
ihrer
 Vergemeinschaftung

‐
und
dafür,
Coolness
als
kulturelles
Kapital
verhandeln
zu
 können,
das
allerdings
nur
im
Verhältnis
zu
einem
ausgeschlossenen
Anderen,
 der
dieses
Kapital
zwar
anerkennt,
aber
nicht
kennt,
bestehen
kann
(Bourdieu,
 1987,
S.
503ff).
Da
dieses
Kapital
allerdings,
wie
in
Kap.
3.2
ausgeführt

wurde,
 von
relevanten
Teilen
der
Mainstream‐Kultur
aktiv
nachgefragt
und
der
Zugang
 zu
den
Symbolen
und
Praktiken
der
Marginalisierten
einigermaßen

erfolgreich
 vermarktet
wird,
muss
eine
Differenz
zu
dieser
Nachfrage
konstruiert
werden.
 Daraus
resultiert
ein
dynamischer
Wandel
der
coolen
Praktiken
und
Symbole
 und
vor
allem
die
aktive
Abwehr
weniger
der
Mainstream‐Kultur,
zu
der
sich
 sowieso
in
Opposition
begriffen
wird,
als
vielmehr
der
Aspiranten
der
Coolness,
 die
sich
offen
auf
eine
Gemeinschaft
der
Hipster
beziehen:
 Gemeinschaftsbildung
durch
Negation
der
Gemeinschaft
ist
die
Folge
(Tolstad,
 2006,
S.
58).


 


4. Hipster: Eine posttraditionale Gemeinschaft? Wie
in
Kap.
3.3
gezeigt
wurde
ist
es
wenig
zielführend,
eine
Beschreibung
der
 Stilpräferenzen
modischer,
musikalischer
oder
ähnlicher
Natur
der
Hipster
zu
 unternehmen
–
sie
befinden
sich
in
einem
stetigen
Fluss.
So
beschreibt
Ingrid
M.
 Tolstad
in
ihrer
anthropologischen
Feldforschung
inmitten
der
Hipster
 Williamsburgs
den
Wandel
des
dominierenden
Motivs
eines
Post‐Punk
Revival
 zum
New‐Folk
Revival,
eine
Rekontextualisierung
der
Zeichen
weist
neuen
 Motiven
Coolness
zu,
während
die
alten
im
Mainstream
aufgehen;
die
 Interaktionsmuster
bleiben
jedoch
dieselben
(Tolstad,
2006,
S.
99ff).
Aussagen
 zu
quantifizierenden
Strukturdaten,
Szenedifferenzierungen
und
–
 überschneidungen
sowie
Geschlechterrollen
würden
eine
empirische
 Untersuchung
voraussetzen,
die
den
Rahmen
einer
Hausarbeit
übersteigt.
 Dennoch
lassen
sich
in
den
Untersuchungen
von
Eriksson
und
Gretarsdottir


12



(2006)
sowie
der
bereits
genannten
Feldforschung
von
Tolstad
Hinweise
auf
 szenenkonstituierende
Merkmale
finden,
die
eine
Beantwortung
der
Frage
 unterstützen,
ob
es
sich
bei
Hipstern
um
eine
jugendliche
Szene
handelt.

 Der
thematische
Fokus
der
Hipster
ist
der
kreative
Entwurf
und
die
als
 authentisch
deklarierte
Anwendung
cooler
Praktiken
und
Symbole,
was
ein
 langfristig
erworbenes
Wissen
und
Können
voraussetzt.
Die
Betonung
 individueller
Kreativität
gegenüber
Konformität
findet
in
einem
wertrational‐ stilisierenden
Handlungsmodus
ihre
Entsprechung.
Massenhaft
produzierte
und
 vermarktete
Konsumgüter
werden
abgelehnt,
was
mit
einer
hohen
Sensibilität
 gegenüber
Marktingmaßnahmen
und
als
vorgefertigt
empfundenen
Trends
 korrespondiert
(Eriksson
&
Gretarsdottir,
2006,
S.
9ff).
Ihr
Lebensstil
kreist
um
 die
Ablehnung
eines
als
konform
empfundenen
Lebensvollzugs,
aus
dem
die
 Arbeit
in
‐
zumindest
dem
Selbstverständnis
nach
–
nicht
vorrangig
 kommerziell
orientierten
Kultur‐
und
Kunstprojekten
oft
als
Ausweg
 empfunden
wird
(Tolstad,
2006,
S.
55ff,
59ff,
68ff).
Typische
Treffpunkte
sind
 bestimmte
Plattenläden,
Bars
und
Cafés,
die
als
cool
angesehen
werden
(Ebd.,
S.
 43ff).
Großen
Raum
nimmt
der
Besuch
von
Szeneevents
wie
Konzerten
und
 Parties
ein,
für
die
über
szeneinterne
Medien
wie
Mailinglisten
und
Blogs
 geworben
wird.
Dabei
haben
exklusive
Parties
einen
hohen
Stellenwert,
die
via
 Mundpropaganda
kommuniziert
werden
und
von
denen
entsprechend
nur
der
 Szenekern
Kenntnis
hat
(Tolstad,
2006,
S.
59f).
Besonderen
Wert
legen
die
 Hipster
auf
einen
distinktiv
individuellen
Kleidungsstil,
dessen
Requisiten
in
 Second
Hand
Shops
bzw.
Läden
erworben
werden,
die
mit
limitierten
Auflagen
 noch
weitgehend
unbekannter
Designer
aufwarten
können.
Oft
wird
sich
dann
 durch
Umnähen
und
kleinere
Veränderungen
die
Kleidung
individuell
 angeeignet
(Eriksson
&
Gretarsdottir,
2006,
S.
29ff).
Insofern
sind
durchaus
 Merkmale
vorhanden,
die
eine
Szene
als
„interaktives
Netzwerk
samt
einer
 eigensinnigen
Kultur“
(Hitzler
et.al.,
2005,
S.
222)
konstituieren
–
bis
auf
die
 Selbstidentifikation,
die
sich
aus
der
Betonung
von
Individualität
heraus
als
eine
 paradoxe
Vergemeinschaftung
auf
der
Grundlage
einer
kollektiven
Negation
 von
Gemeinschaft
abbildet.
Entsprechend
plädiere
ich
dafür,
Hipster
nicht
als
 eine
jugendliche
Szene
ähnlich
den
von
Hitzler
et.
al.
untersuchten
Skatern,
 Kletterern,
Antifas
etc.

sondern
als
„andere
soziale
Formation“
(Ebd.,
S.
219)
zu
 13



bezeichnen,
da
bei
den
von
Hitzler
et.al.
beschriebenen
Szenegängern
eine
 positive
Identifikation
mit
ihrer
jeweiligen
Szene
zentral
für
ihr
 Selbstverständnis
ist.
Elemente
der
Hipster
‐
vor
allem
die
Orientierung
an
 einem
distinguierten
und
exklusiven
Konsumverhalten,
dessen
 Konstruktionsprinzipien
sich
für
Außenstehende
verbergen
‐
lassen
sich
zwar
 in
den
von
Hitzler
und
Pfadenhauer
(2006)
beschriebenen
Urbanen
Stylern
 wiederfinden,
einem
Konsumenten‐Typus,
der
bestrebt
ist
Trends
bereits
vor
 der
breiten
Masse
zu
antizipieren,
wobei
hier
aber
das
Augenmerk
mehr
auf
der
 Neuheit,
Limitierung
und
Hochpreisigkeit
der
konsumierten
Lifestyle‐Produkte
 liegt.

 Der
„Vergemeinschaftungs‐Content“
der
Hipster
ist
Coolness,
seine
konkreten
 Überformungen
ändern
sich
jedoch
so
schnell
wie
ihre
Vermarktung
einsetzt.
 Coolness
erweist
sich
dabei
als
paradoxe
Inszenierung,
braucht
sie
doch
als
 dezidiert
eigenmotivierte
Aufführung
dennoch
eine
Bühne
um
als
solche
 approbiert
werden
zu
können.
Diese
Bühne
bildet
einerseits
die
Gemeinschaft
 der
Coolen
bzw.
eben
der
Hipster,
denen
die
Kompetenz
zur
Unterscheidung
 zwischen
cooler
und
uncooler
Aufführung
unterstellt
wird,
und
andererseits
 eine
Mainstream‐Kultur,
zu
der
Differenz
konstruiert
wird
(Tolstad,
2006,
S.
 75f).
In
Anlehnung
an
Prisching
kann
also
festgehalten
werden,
dass
beim
 Vergemeinschaftungserlebnis
der
Hipster
„nicht
die
Gemeinschaft,
sondern
der
 Widerschein
der
Gemeinschaft
im
Individuum
das
Wichtige“
(Prisching,
2008,
S.
 38)
ist.
In
der
Konzeption
von
Coolness,
die
einerseits
aktiv
und
im
Hinblick
auf
 ein
Publikum
gestaltet
und
andererseits
als
wesenshaft
verankert
aufgeführt
 wird,
spiegelt
sich
die
Konzeption
des
postmodernen
Individuums,
das
sich
 selbst
als
Einzelstück
gestalten
und
andererseits
seinen
vorgefundenen
„wahren
 Wesenskern
zum
Vorschein
bringen“
(Ebd.,
S
46)
muss.
Wie
gezeigt
wurde,
 existiert
bei
den
Hipstern
trotz
der
expliziten
Zurückweisung

einer
 Gemeinschaft,
die
auf
den
skizzierten
Verhandlungsbedingungen
von
Coolness
 basiert,
eine
feststellbare
habituelle,
affektuelle
und
ästhetische
 Gesinnungsgenossenschaft,
die
sich
in
sich
dynamisch
verändernden
 symptomatischen
Zeichen,
Symbolen
und
Ritualen
ausdrückt
und
auf
Events
 sinnlich
erfahrbar
wird.
Insofern
kann
durchaus
von
den
Hipstern
als
einer
 posttraditionalen
Gemeinschaft
gesprochen
werden,
zu
deren
Idiosynkrasien
es
 14



gehört,
sich
gerade
nicht
als
Gemeinschaft
zu
bezeichnen,
sondern
sich
nur
als
 solche
zu
erfahren.

 


5. Zusammenfassung und Ausblick Es
konnte
gezeigt
werden,
dass
Hipster
zwar
keine
jugendliche
Szene
im
 engeren
Sinne
sind,
jedoch
als
posttraditionale
Gemeinschaft
im
weiteren
Sinne
 bezeichnet
werden
können.
Es
bleibt
künftigen
Arbeiten
vorbehalten,
die

 Attraktivität
des
offenen
und
dynamischen
Identitäts‐
und
 Gemeinschaftsentwurfs
Hipster
gegenüber
anderen
Szenen,
Subkulturen
und
 Gemeinschaften
vor
dem
Hintergrund
einer
postmodernen
 Identitätskonzeption
herauszuarbeiten,
die
Kontingenz
und
Multioptionalität
 bewältigen
muss.
Ertragreich
wäre
sicherlich
auch
eine
kritische
Betrachtung
 der
Authentizitätskonstruktion
innerhalb
der
Inszenierung
von
Coolness
 mithilfe
der
Beschreibung
von
Mode
als
Beobachtung
zweiter
Ordnung,
wie
sie
 Elena
Esposito
(2004)
versucht.
Schließlich
und
zuletzt
gründet
sich
auch
die
 Vergemeinschaftung
der
Hipster,
wiewohl
sie
sich
ganz
individualistisch
im
 Gegensatz
zu
einer
als
konformistisch
empfundenen
Konsumkultur
entwirft,
 zuvörderst
auf
Konsumentscheidungen,
was
kaum
im
Widerspruch
zum
 herrschenden
Paradigma
der
Spätmoderne
steht:
 Der
Individualismus
ist
in
der
Verbrauchergesellschaft
das,
was
die
Ware
 in
 der
 Industriegesellschaft
 war:
 ein
 Fetisch
 –
 ein
 ganz
 und
 gar
 menschliches
 Produkt,
 dem
 man
 übermenschliche
 Autorität
 zuspricht,
 indem
 man
 seine
 allzumenschlichen
 Ursprünge
 und
 die
 menschlichen
 Aktivitäten,
durch
die
es
hervorgebracht
wurde
(denn
wie
sollte
es
sonst
 entstehen?)
 vergessen
 macht
 oder
 sie
 für
 irrelevant
 erklärt.
 [...]
 Die
 Individualität
des
Verbrauchers
entsteht
aus
den
Entscheidungen,
die
er
 beim
Einkaufen
trifft“
(Bauman,
2007,
S.
134)
 Wie
distinktiv
diese
Entscheidungen
letztlich
tatsächlich
wirken,
hängt
davon
 ab,
mit
welchem
Geschick
den
Bestrebungen
des
Marketings
zu
den
Symbolen
 und
Praktiken
der
Coolness
aufzuschließen,
entgangen
werden
kann.



15



6. Literaturverzeichnis Bauman,
Z.
(2007).
Leben
in
der
flüchtigen
Moderne.
Frankfurt
am
Main:
 Suhrkamp.
 Bourdieu,
P.
(1982).
Die
feinen
Unterschiede.
Kritik
der
gesellschaftlichen
 Urteilskraft.
Frankfurt
am
Main:
Suhrkamp.
 Düllo,
T.
(2005).
Coolness:
Beharrlichkeit
und
Umcodierung
einer
erfolgreichen
 Mentalitätsstrategie.
In
F.
Liebl
&
T.
Düllo
(Hrsg.),
Cultural
Hacking.
Kunst
des
 Strategischen
Handelns
(S.
47‐72).
Wien:
Springer.
 Eriksson,
M
&
Gretarsdottir,
E.
(2006).
Something
you
can´t
get
anywhere
else!
A
 Study
of
Hipsters´
consumption.
Stockholm
University:
School
of
Business.
 Esposito,
E.
(2004).
Die
Verbindlichkeit
des
Vorübergehenden:
Paradoxien
der
 Mode.
Frankfurt
am
Main:
Suhrkamp.
 Frank,
T.
(1997).
The
Conquest
of
cool:
business
culture,
counterculture,
and
the
 rise
of
hip
consumerism.
Chicago:
The
University
of
Chicago
Press.
 Haddow,
D.
(2008).
Hipster:
The
Dead
End
of
Western
Civilization.
Adbusters
 Magazine,
79.
Heruntergeladen
am
13.9.2009,
von
 https://www.adbusters.org/magazine/79/hipster.html.
 Hitzler,
R.
(2008).
Zur
Einleitung:
„Ärgerliche
Gesellungsgebilde?“.
In
Hitzler,
R.,
 Honer,
A.
&
Pfadenhauer,
M.
(Hrsg.),
Posttraditionale
Gemeinschaften.
 Theoretische
und
ethnographische
Erkundungen
(S.
9‐31).
Wiesbaden:
VS
 Verlag
für
Sozialwissenschaften.

 Hitzler,
R.
&
Pfadenhauer,
M.
(2006).
Raver
und
Styler.
Über
urbane
 Inszenierungen.
In
M.
Faßler
&
C.
Terkowsky
(Hrsg.),
Urban
Fictions.
Die
Zukunft
 des
Städtischen
(S.
119‐132).
München:
Wilhelm
Fink
Verlag.
 Hitzler,
R.,
Bucher,
T.
&
Niederbacher,
A.
(2005).
Leben
in
Szenen.
Formen
 jugendlicher
Vergemeinschaftung
heute.
Wiesbaden:
VS
Verlag
für
 Sozialwissenschaften.
 Lanham,
R.
(2002).
The
Hipster
Handbook.
New
York:
Anchor
Books.
 16



Leland,
J.
(2004).
Hip:
the
history.
New
York:
HarperCollins.
 Moore,
A.
(2007).
Unmarketable.
Brandalism,
Copyfighting,
Mocketing
and
the
 Erosion
of
Integrity.
New
York:
The
New
Press.

 Nancarrow,
C.
&
Nancarrow,
P.
(2007).
Hunting
for
cool
tribes.
In
Cova,
B.,
 Kozinets,
R.
&
Shankar,
A.
(Hrsg.),
Consumer
Tribes
(S.
129
–
142).
Oxford:
 Elsevier.
 Prisching,
M.
(2008).
Paradoxien
der
Vergemeinschaftung.
In
Hitzler,
R.,
Honer,
 A.
&
Pfadenhauer,
M.
(Hrsg.),
Posttraditionale
Gemeinschaften.
Theoretische
 und
ethnographische
Erkundungen
(S.
35‐53).
Wiesbaden:
VS
Verlag
für
 Sozialwissenschaften.

 Ross,
A.
(1989).
No
Respect.
Intellectuals
and
Popular
Culture.
New
York:
 Routledge.
 Tolstad,
I.
(2006).
„Hey
hipster!
You
are
a
hipster!“
An
examination
into
the
 negotiation
of
cool
identities.
University
of
Oslo:
Institute
of
Social
Anthropology.
 Wilson,
E.
(1999).
The
bohemianization
of
mass
culture.
International
Journal
of
 Cultural
Studies,
2(1),
11‐23.
 


17

Related Documents