Buchmanuskript-glubschi

  • May 2020
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  • Words: 8,955
  • Pages: 37
Glubschis Gute-NachtGeschichten Elf Abenteuer des (be)zaubernden und heilenden Kobolds Ein Buch von Nikolaus Fecht

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Prolog Ganz versteckt im Zauberwald, wo sich kein Zauberwesen hin verirrt, da wohnte in einer Höhle der Kobold Glubschi: Tränen flossen aus den kleinen glubschigen Augen, denen der Kobold seinen Namen verdankt. Eigentlich hieß er nämlich Friedhelm Wilhelm Coboldus der 17te nach seinem längst verstorbenen Vater Friedhelm Wilhelm Coboldus dem 16ten, Ehemann der wunderschönen Elfe Antonia Disodora. Aber jede Elfe, jede Fee und jeder Zauberer kannte das knapp einen Meter große, froschgrüne Kerlchen nur unter dem Namen Glubschi. Von seinem Vater erbte er nicht nur die Gestalt, sondern auch die typische Eigenart der Kobolde, ständig Streiche auszuhecken. Von der Elfenmutter die Fähigkeit zum Zaubern. Wegen dieser außergewöhnlichen Eigenschaft durfte er den hoch angesehenen Beruf des Zauberarztes an der berühmten Zauberschule hinter den sieben Bergen lernen. Und der ganz gewöhnlichen, vom Vater geerbten Trotteligkeit verdankte er den Rausschmiss von der berühmten Zauberschule hinter den sieben Bergen. Was war geschehen? An den typischen Schabernack von Glubschi hatten sich in der berühmten Zauberschule hinter den sieben Bergen längst alle gewöhnt. Weil er aber ein sehr fähiger Schüler war, drückten die Zauberlehrer ständig ein Auge zu. Doch die Zerstreutheit des Koboldes stellte die Geduld seiner Lehrer und Mitschüler oft auf die Probe. So verwechselte er am laufenden Band Zaubersprüche. Mal zauberte Glubschi schleimigen Kakao statt lustiger Clowns oder nassen Beton statt bunter Kartons. Ob aus Versehen oder Schabernack, das weiß wohl niemand. So auch an seinem rabenschwarzen Unglückstag: Er hatte „Hokuslokus“ statt „Hokuspokus“ gesagt. Schwuppdiwupps! Der Stuhl von Professor Karl Knirzenich von Knarzenich verwandelte sich in eine große Klosettschüssel. Und darin blieb der fette Hintern des Lehrers auch prompt stecken. Auf die Schnelle fiel Glubschi nur ein Verkleinerungszauber ein: „Sini-rini-bini-plini, mache Magier mal mini!“ Der mächtige Zauberer 2

schrumpfte und plumpste in das Klo. „Jetzt reicht es, das ist keine Kleinigkeit!“ wisperte Knirzenich von Knarzenich, der dummerweise auch noch gleichzeitig Direktor der Zauberschule war. Und so kam, was kommen musste. Der Direx piepste: „Raus, raus, raus. Lass dich hier nie wieder blicken!“

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Zauberärzte sind pfiffig oder Manchmal reicht auch eine Klobürste „Buhuu - was soll ich nur machen? Was für eine Schande“, murmelte Glubschi. Nun hatte er drei Jahre Zauberei in der Schule hinter den sieben Bergen umsonst studiert. „Noch zwei Jahre bis zum Diplom“, stöhnte der Kobold. „So ein doofer Fehler – Hokuslokus statt Hokuspokus. Wie konnte ich das nur verwechseln.“ Dummerweise war es nämlich tatsächlich nur ein Versehen und kein Streich. Jetzt war es zu spät! Um sich aufzumuntern, zauberte der Rausgeschmissene auf die Schnelle sein Lieblingsgericht: „Alles Paletti, her mit den Spagetti. Schlapp, schlapp - mit Ketschup.“ Als der Teller mit den italienischen Nudeln auf dem Tisch dampfte, rief Glubschi: „Ene mene – sanepam – es regne Parmesan.“ Schwupps bildete sich über den Spagetti eine kleine goldgelbe Wolke, aus der sachte wie Schnee leise kleine Käseflocken rieselten. Diesen Käsewölkchen, einer seiner Zauberspezialitäten, verdankte er die Note exzellent im letzten Zauberkochkurs. Doch damit war es ja nun vorbei. Traurig mampfte er gerade seinen fünften gezauberten Teller Spagetti, als es plötzlich an der mächtigen Eichentür seiner Höhle klopfte. „Poch, poch.“ „Herein, wenn es kein Zauberlehrer ist“. Die Tür öffnete sich knarrend: Ein Einhorn stand im Eingang, scharrte ungeduldig mit dem Hufen im Waldmoos und schnaubte: „Komm schnell, Glubschi. Wir brauchen dich und deine Zauberkraft!“ „Aber ich bin doch gerade – wegen eines ganz dummen Missverständnisses – von der Schule geflogen. Ich darf ohne Magierdiplom doch nicht zau...“ „Das macht nichts. Es handelt sich um einen Notfall. Nur du kannst helfen. Draco Dracowitsch, der Sohn des Drachenkönigs, hat fürchterlichen Husten“. „Husten? Das ist doch kein Malheur. Das heilt doch jede Kräuterhexe.“ Marlene, eines der letzten Einhörner, klärte den Kobold auf. Der geheimnisvolle Husten hatte den Hals des Drachen so verstopft, dass er statt Flammen nur noch Dampfwölkchen ausstieß. „Innerhalb von 24 Tagen stirbt ein Drachen, wenn er kein Feuer 4

mehr speien kann. Und heute ist schon sein 20ter Tag ohne Feuer. Es ist also höchste Eisenbahn, wie die Menschen sagen.“ Glubschi schnappte sich seine Zaubertasche und schwang sich auf den Rücken des Einhorns, das sogleich durch den Zauberwald galoppierte. Marlene raste hoch zum Drachenfels, wo die Drachen seit Tausenden von Jahren lebten. In der größten Drachenhöhle fanden sie sogleich den kleinen Drachenjungen Draco. Sein von der Verstopfung geschwollener Bauch sah wie ein Heißluftballon aus. Hoffnungsvoll begrüßte der Drachenkönig Feuerkelch der Erste den jungen Kobold: „Du bist unsere letzte Hoffnung. Die Kräuterhexe Esmeralda und der Drachenarzt Dr. Mahlzahn sind leider mit ihrer Kunst schon am Ende.“ Glubschi holte das Standardwerk der Zauberkunst aus seiner Tasche und blätterte nach unter D. Doch dort fand er nur Zaubersprüche für defekte Diesellokomotiven, dämliche Dromedars und depressive Dinosaurier. Zaubern half wohl nichts. „Jetzt hilft nur noch Glubschi’s geniale Improvisationskunst! Habt ihr hier vielleicht eine Klobürste?“ Er beschrieb kurz das seltsame Werkzeug, das er schon einmal in der Menschenwelt gesehen hatte. Da erinnerten sich die Drachen an diesen Gegenstand der unbekannten Art, der seit Jahren völlig unbenutzt in einer Ecke der Drachenhöhle lag. Sicher ist sicher, dachte sich Glubschi und sprach: „Bürste, Bürste – hör den Hygiene-Zauber, sei unbenutzt und sauber.“ Dann murmelte er einen Vergrößerungszauber und fuhr mit der nun gigantischen Klobürste in den Drachenhals. „Auuuaah!“ Draco schrie vor Schmerzen auf. Schnell zauberte Glubschi noch einige Liter Sahne in den Hals, damit die Klobürste besser hinein glitt. Peng! Ein dickes Huhn flog aus dem Hals. Draco hatte das Federvieh so hastig bei lebendigem Leib verspeist, dass es im Schlund stecken blieb. Kurz darauf züngelten die ersten Flammen aus dem Drachen. Feuerkelch der I. und sein Hofstaat jubelten. Drei Tage und drei Nächte feierten die Drachen mit dem Einhorn und dem Kobold. Danach sprach der Drachenkönig: „Zur Belohnung erhältst du dieses kleine Fläschchen mit ganz 5

seltener Drachenmedizin, die bei Draco seltsamerweise nicht wirkte. Ich schenke sie dir, denn du bist seit 4000 Jahren der erste zaubernde Koboldarzt. Es gibt keine Gebrauchsanleitung. Sie meldet sich, wenn sie dir helfen will.“ „Sie meldet sich, wenn sie mir hilft,“ brabbelte der Kobold Stunden später in seiner Höhle beim Einschlafen vor sich hin. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie das geschehen konnte. Doch der erste Einsatz der Drachenmedizin kam schneller, als er es sich vorstellen konnte ...

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Die Drachenmedizin oder Es glibbert und glitzert Noch Monate später erinnerte sich Glubschi an jedes Wort, das ihm „Feuerkelch der Erste“ damals mit auf den Weg gab: „Die Medizin wird sich melden...“ Der kleine, selbst ernannte Zauberdoktor fand das immer noch verrückt. Eines Tages riefen ihn die Elfen zu sich, weil sich Viola den Flügel gebrochen hatte. Glubschi war verzweifelt: Alle Zaubersprüche und Kräutermixturen versagten. Plötzlich riefen die Elfen: „Glubschi, deine Tasche brennt!“ Als der Kobold aber zu seinem Doktorköfferchen eilte, sah er ein kleines, grünglitzerndes Feuerwerk. Die Drachenmedizin glitzerte und glibberte in gruseligem Grün. Glubschi erinnerte sich wieder an die Prophezeiung: „Sie meldet sich, wenn sie dir helfen will.“ Nun war guter Magierrat teuer: Wie benutzt man grün glitzernde und glibbernde Drachenmedizin? Schmiert man das Drachenzeug auf die Wunde, rührt man es in einen Saft...? Plötzlich hörte er in seinem Kopf die Stimme des Drachenkönigs: „Nimm zwei Tropfen Drachenmedizin in die Hand und puste kräftig hinein!“ Glubschi folgte der Verordnung der zauberhaften Art, träufelte zwei Tröpfchen Drachenmedizin in die Hand und blies sanft hinein. Von seiner Hand breitete sich ein zarter, golden glitzernder Wirbelwind aus. Er wirbelte mit schaurig schönem Klang um Viola und ihren geknickten Elfenflügel. Die verblüffte Elfe schwenkte ganz vorsichtig den gebrochenen Flügel: Er ließ sich ohne Schmerzen problemlos bewegen. Da erhob sie sich in die Luft und probierte ihren frisch geheilten Flügel aus. Viola landete, verbeugte sich vor ihren klatschenden Freunden und drückte Glubschi ein ganz zartes Elfenküsschen auf die Koboldbacke. „Ein Elfenküsschen reicht ja wohl hier als Belohnung nicht aus, meine liebe Viola“, ertönte plötzlich eine Stimme von oben. Es war die Elfenkönigin „Regina die Liebliche“, welche die magische Flügelheilung von einem hohen Baum unbemerkt beobachtet hatte. „Regina die Liebliche“ war sehr ärgerlich: „Ein Kuss für eine derart grandiose Magierleistung. Da hört es ja 7

wohl auf! Rückt mal sofort raus mit dem Besten, was wir als Belohnung zu bieten haben. Her mit dem Ei!“ Verschreckt und verstört verneigten sich die Elfen. Viola aber flog und holte ein ovales Ding, das wie ein großes Überraschungs-Ei aussah. Sie legte es Glubschi vor die Füße und hauchte ein schüchternes „Danke!“ „Das ist ein Zauber-Ei für medizinische Zauberei“, erklärte Regina die Liebliche dem verblüfften Kobold. „Es wird dir dann helfen, wenn selbst die Drachenmedizin nicht mehr weiter weiß.“

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Zauberei mit dem Zauber-Ei oder Die Heilung des sichtbaren Gespensts Monatelang schleppte Glubschi das geheimnisvolle Zauber-Ei in seinem Arztköfferchen mit sich herum, ohne dass etwas geschah. Eines Tages passierte jedoch etwas sehr Seltsames: Aus der Zauberbuche rechts neben seiner Höhle ertönte eine Stimme: „Guten Tag, hallo, ist da ... jemand. Ich weiß nicht so recht. Bin ich da ... ähem ... im Zauberwald. Hört mich jemand...?“ „Wer spricht denn da?“ „Dr. Alfons A. Animalos, Direktor des weltbekannten und berühmten Zoos von Burgstadt in Deutschland.“ Zoo? Burgstadt? Deutschland? Dr. Animalos? Das klang ja nach Menschenwelt. Gespannt lauschte der kleine froschgrüne Kobold auf die Stimme. „Mir riet ein Freund, die ganz geheime Telefonnummer 777 anzurufen. Dann erklingt meine Stimme in einer Pflanze ganz in der Nähe desjenigen, den ich sprechen will...“ Bei mir ist das ja wohl dann die Zauberbuche, dachte Glubschi. Doch wer hatte Dr. Animalos die ganz geheime Notfallnummer für den Zauberwald verraten? Und was ist eigentlich ein Telefon? Eine Frage beantwortete der Zoodirektor sofort: „Unsere neueste Attraktion, das Zoogespenst, ist krank. Es ist seit kurzem komplett sichtbar! Und das Gespenst Sir Henry sagte mir, nur ein Zauberarzt könne ihm da noch helfen.“ „Warum ist Sichtbarsein so furchtbar? Tut es weh?“ „Nein, aber normalerweise wabert ein Gespenst immer zwischen durchsichtig und halbsichtbar.“ Dr. Animalos hatte Recht: Ein Gespenst erscheint am liebsten in der Dämmerstunde in einem wabbeligen milchigweißem Licht – so richtig schön schaurig. Wenn es dagegen sichtbar ist, wirkt es wie ein verkleideter Mensch. Wie einer, der sich im Karneval ein Bettlaken umhängt und huhu ruft. So ein komischer Geist erschrickt niemanden. Im Gegenteil: Die Zoobesucher lachten sogar über Sir Henry, das sichtbare, englische Gespenst. Ein krankes milchigweißes Gespenst in einem Zoo? Das klang sehr spannend. Doch eine Frage gab es noch: „Wie komme ich in die Menschenwelt?“ Kurz darauf ertönte eine 9

geisterhaft krächzende Stimme: „Hello, ich bin Sir Henry. Du kommst genauso in die Menschenwelt wie wir Ghosts: Schließe deine Augen, dreh dich drei Mal nach rechts, zwei Mal nach links. Dabei fluchst du drei Mal: „Okli, okli, dokli. Verstanden?“ „Yes, I have understood“, erwiderte stolz Glubschi auf sein Englisch, das er auf der Zauberschule vor seinem Rausschmiss gelernt hatte. Schnell holte er seinen Doktorkoffer. Dann drei Mal nach rechts, zwei Mal nach links gedreht, drei Mal „okli, okli, dokli“ – und schon ging die Reise los. Ein bunt schillernder Wirbelsturm erschien, hob ihn hoch in die Luft und drehte ihn mehrmals. Als dem Kobold schon ganz schwindelig war, setzte ihn der magische Wind sanft auf einer Wiese ab. „Da bist du ja schon“, krächzte mit geisterhafter Stimme ein anderthalb Meter hohes, in ein weißes Laken gehülltes Etwas. Sir Henry sah tatsächlich wie ein mit Bettlaken verkleideter Mensch aus. Kein Wunder, das keiner sich fürchtete. Neben ihm stand Zoodirektor Dr. Animalos, ein würdevoller kleiner dicker Mann mit weißem Weihnachtsmannbart: „Du bist also der Kobold. Kannst du unserem Gespenst helfen, hast du schon einmal eines geheilt?“ „Nein, aber ich habe schon viel Erfahrung mit Zauberwesen aller Art“. „Was hast du denn in deinem wundervollen Koffer?“ fragte Sir Henry. Glubschi öffnete den Koffer und zählte auf: „Standardwerk für Zauberärzte, 26 geheime Kräuter für alle Wehwehchen, Drachenmedizin ...“ „No, no, no. Hast du denn kein Geisterbuch-Spezial von Achtzehnhundert-Schnee? Da steht alles drin.“ „Nein, das wertvolle Stück besitze ich leider nicht. Ich habe aber noch Zauberalraune, Schwefelsuppenextra, Krötenschleim, Hexenspucke und, ach ja, das Zauber-Ei...“ „Ein magisches Überraschungs-Ei, tatsächlich? Das könnte helfen ... los, setze es ein.“ „Aber wie, ich weiß nicht, wie es funktioniert?“ „Nimm es raus!“ befahl ungeduldig das Gespenst. Ratlos nahm Glubschi das unscheinbare, weiße Zauber-Ei aus dem Koffer. „Setze es auf die Wiese!“ Der Tipp des Geistes war gut. Nachdem Glubschi das Ei sehr vorsichtig im Gras abgelegt hatte, erklang eine Stimme: „Du Glubschi, führe den Geist 25-mal 10

um den Zoo. Und du, Sir Henry, sprichst dabei 25-mal die alte geheime Zauberformel: „Obli, obli, dopli.“ Glubschi flüsterte dem Gespenst ganz leise zu: „Ich glaube, das Ding veralbert uns.“ Doch das Ei hörte alles: „Oh du kleiner dummer Kobold! Ein Zauber-Ei veralbert niemals irgendjemanden! Jetzt lauf los! Der Zauber wirkt nur, wenn ihr sofort losrennt!“ Sir Henry packte Glubschi bei der Hand und rannte los. Dabei krächzte er mit geisterhafter Stimme: „Obli, obli, dopli.“ 25 Runden und 25 „obli, obli, dopli“ später passierte es: Das lächerlich sichtbare Gespenst wandelte sich in eine schaurig schöne, wabbelige weiße Gestalt. Sichtlich benommen von 25 Zoorunden und 25 Zaubersprüchen, keuchte das 180 Jahre alte Gespenst: „Thank you very much. Zur Belohnung schenke ich dir zwei Kilogramm magischen EarlGrey-Tea.“ „Wozu eignet sich dieser Öhrl Kreeh?“ „Well, damit kannst du heißes Wasser – ohne jeden Zauberspruch – in wenigen Minuten in wundervollen aromatischen Tee verwandeln. Gut gegen Magenverstimmung am Abend oder Kopfschmerzen am Morgen.“

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Auch Tigern tut mal der Bauch weh oder Hilfe für den einsamen Sägezahn An einem wunderschönen Sommertag meldete sich wieder einmal die Zauberbuche vor der Höhle von Glubschi, dem zaubernden Kobold. Erst knarrte ein Ast, dann ein zweiter. Im Zauberwald entspricht das Knarren dem Klingeln eines Handys. Und der Baum funktioniert – wie ihr ja bereits wisst – als Telefon. An einem schönen, sonnigen Morgen knarrten also zwei Äste. „Hier Glubschi, wer will denn was von mir?“, fragte verschlafen der junge froschgrüne Kobold. Da tönte aus der Buche eine vertraute Stimme: „Glubschi, Glubschi, komm‘ schnell. Der Tiger hat große Bauchschmerzen!“ Es handelte sich - ihr ahnt es schon - um Dr. Alfons A. Animalos, Direktor des weltbekannten und berühmten Zoos von Burgstadt. Schnell zauberte sich der Kobold in den Zoo in der Menschenwelt. Drei Mal nach rechts gedreht, zwei Mal nach links, drei Mal „okli, okli, dokli“ gesagt - und schon ging die Reise los. Brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr-zong: Der magische Wirbelwind setzte ihn mit einem heftigen Schwung direkt vor dem Käfig des alten Tigers Sägezahn ab. Der brummte mit tiefer Stimme: „Ich habe Bauchweh, furchtbare Bauchweh!“ Ratlos stand der Zoodirektor mit dem Tierarzt Dr. Melchior Pillemann vor dem Käfig. Dr. Pillemann erklärte seinem jungen Kollegen: „Ich habe alles ausprobiert – von Magentropfen bis hin zur Spezialmedizin. Nichts half!“ Glubschi schaute in sein Standardwerk für Zauberärzte: Mist, Tiger mit Bauchschmerzen kamen darin nicht vor. Dann sah er nach der Drachenmedizin, die ihm der Drachenkönig geschenkt hatte. Hurra! Sie blinkte rot-grün-gelb. Doch die Farben verwirrten den Kobold: Noch niemals hatte die Drachenmedizin mehrfarbig geblinkt. Was das wohl zu bedeuten hatte? Glubschi konzentrierte sich. Denn eigentlich müsste jetzt in seinem Kopf die Stimme des Drachenkönigs ertönen. Glubschi murmelte vor sich hin: „Jetzt müsste mir eigentlich Feuerkelch der Erste einen Tipp geben. Komisch – nichts passiert. Mist! Ich bin ja in der Menschenwelt. 12

Hier kann mich die Stimme des Drachenkönigs nicht erreichen.“ Sein Blick fiel auf eine Echse, die irgendwie wie ein kleiner Drache aussah. Praktischerweise sprechen Kobolde ja bekanntlich jede Tiersprache. Also fragte er sie in Echsisch: „Kennst du dich vielleicht mit Drachenmedizin aus?“ Die Echse nickte und krächzte: „Ich bin die uralte Echse Eulalia Dracowitsch und stamme von den Drachen ab. Ich kenne die Geheimnisse der Drachenmedizin. Rot-grün-gelb hat irgendetwas damit zu tun, dass gar keine Medizin erforderlich ist.“ „Aber der Tiger Säbelzahn hat doch tatsächlich Bauchweh!“ „Tut mir Leid, mehr weiß ich auch nicht“, sprach Eulalia und verschwand. Ziemlich ratlos tappte der Kobold zurück zum Käfig, wo ihn fragend der Zoodirektor ansah: „Hast du etwa mit der Echse gesprochen? Was hat sie ...“ „Ich habe eine Idee“, rief plötzlich Glubschi. „Ich probiere jetzt den Wahrheitszauber aus.“ Eine sehr pfiffige Idee. Mit dem Wahrheitszauber findet ein Magier nämlich heraus, was wirklich hinter einer Sache steckt. Und schon ging es los. Glubschi baute sich vor dem Käfig auf, hob die Arme in die Höhe und sprach beschwörend: „Eene, meene – Magenschleim und Krötenfummel: Was steckt hinter deinem Bauchgegrummel?“ Nun konnte sich der Tiger nicht mehr verstellen. Säbelzahn brummte ganz leise: „Ich habe gar kein Bauchweh. Ich fühle mich so einsam, seit meine liebe Frau gestorben ist.“ Weil der Zoodirektor und sein Tierarzt natürlich kein Tigeranisch verstehen, übersetzte der Kobold das Gespräch. Da hellte sich die Miene von Dr. Animalos auf: „Dem Tiger kann geholfen werden. In einem Tierpark in der Nachbarstadt lebt mutterseelenallein ein kleiner Tiger, dessen Mutter vor kurzem starb. Der kleine Tiger Leo darf bestimmt zu uns umziehen.“ Und so geschah es: Glücklich kümmerte sich seitdem der alte Tiger um den kleinen Leo, den er wie einen eigenen Sohn behandelte. Und über Bauchweh klagte Säbelzahn nie wieder.

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Eine Einladung der seltsamen Art oder Ein Wiedersehen mit Knirzenich von Knarzenich Es schepperte in Glubschi‘s Briefkasten. Ein Brief! Noch nie hatte der Kobold einen Brief erhalten. Schnell eilte er zu dem ausgehöhlten Baumstamm, der ihm als Briefkasten diente. Er nahm den Brief heraus und riss ihn auf: Eine Einladung zum altehrwürdigen, weltberühmten Wettbewerb der Zauberer auf der Burg Elfenstein im fernen Zaubererland Tusmanien! „Wieso darf ich – der rausgeschmissene Zauberschüler ohne Zaubererdiplom – zum Wettbewerb? Ist das ein übler Scherz einer meiner Feinde?“, grübelte Glubschi. Weil er aber neugierig wie 16 blutjunge Kobolde war, packte er seine sieben Sachen und reiste hin. Neugierige Gesichter begrüßten ihn, als er endlich – nach einer endlosen, anstrengenden Reise – auf der Burg eintraf. Alle warteten bereits gespannt auf ihn. Dem kleinen Kobold eilte der Ruf des frechen, pfiffigen Zauberers voraus, dessen Abenteuer stets für Gesprächsstoff in der ansonsten meist langweiligen Welt der Zauberer sorgte. Viele Zauberer mochten den Außenseiter überhaupt nicht, doch manche waren heimliche Glubschi-Fans. Sie hatten ihn eingeladen und hofften nun darauf, dass ein von der Zauberschule geflogener Schüler Schwung in eine langweilige Zauberer-Schar brachte, denen seit Jahren nichts Besonderes mehr einfiel. Da war einer, der mit Drachenmedizin, Zauber-Ei und gesundem Koboldverstand heilte, schon ein Held. Schön und gut, nun stand Glubschi vor der Burg, die sein Leben total verändern sollte. An der gigantischen Holztür, durch die sogar der Drachenkönig Feuerkelch der Erste ohne Einziehen seines riesigen schuppigen Kopfes gepasst hätte, hing ein Schild mit der Aufschrift „Magier Superstar – Wettbewerbstart um Mitternacht“. Er klopfte zaghaft. Ein riesiger, einäugiger Zauberer öffnete langsam die unheimlich knarrende Tür. Glubschi reichte ihm seine Einladungskarte. Der Riese musterte ihn und die Einladungskarte aufmerksam mit einem Auge. Dann seufzte er: „Ach, da ist er ja. Unsere 14

Ausnahmegenehmigung. Zu meiner Zeit....“ Höchst widerwillig gab der riesige Fiesling den Weg in den Saal frei, der bereits rappeldick gefüllt war mit Zauberwesen: Plötzlich richteten sich alle Augen gespannt auf den Kobold, dem plötzlich gar nicht mehr so wohl war in seiner froschgrünen Haut. Der Zauberwettbewerb lief ab nach dem seit Jahrtausenden bewährten K.O.-Prinzip, das später auch die Menschen bei Sportwettbewerben übernahmen: Gekämpft wird in Zweiergruppen, in denen der Verlierer sofort ausscheidet. Insgesamt traten sieben diplomierte Zauberer und Glubschi gegeneinander an. Alle Teilnehmer lockte der erste Preis: ein überdachter fliegender Teppich der legendären magischen Teppichweberei aus Okzidanien. Aus der Ferne erschien einem der tolle Preis, der im Innern der Burg „parkte“, wie ein Auto ohne Räder, das auf einem Teppich stand. Er hatte daher schnell seinen Spitznamen weg: Teppichauto. Die erste Runde gewann Glubschi schnell und problemlos: Es galt nämlich, sich total unsichtbar zu machen. Sein Konkurrent, ein nervöser hagerer Magier, verwandelte sich nur in eine neblig-trübe Gestalt, die an ein Wäschelaken auf einer Leine im Nebel erinnerte. „Wie es wohl Sir Henry, dem Gespenst geht“, dachte Glubschi noch. Dann hob er die Arme und zauberte: „Hicks, flecks, wecks – ich bin unsichtbar und perplex“. Der Kobold verschwand ratziflatz: Er war so unsichtbar, dass er sich noch nicht einmal selbst fühlte. In der zweiten Runde trat er im beliebten GroßKlein-Wettbewerb an gegen die Hexe Tusnelda die Dritte, eine erfahrene Altmeisterin in allen magischen Angelegenheiten. Die Hexe verwandelte sich erst in einen Elefant und dann in eine Maus. Glubschi wählte als größtes Tier ... eine Maus! Alle stöhnten auf. War er verrückt, hatte er falsch gezaubert? Und dann verschwand er auch noch. Plötzlich erschien aber aus dem Nichts eine riesige magische Lupe, die Glubschi wieder sichtbar machte. Der Kobold hatte die Gestalt einer Amöbe angenommen, eines der kleinsten Lebewesen der Welt. Es herrschte atemlose Stille, bei der jedermann den Fall eines Zahnstochers als ungeheuren Lärm empfunden hätte. Dann brach plötzlich ein 15

donnernder Applaus aus, der die Gemäuer der altehrwürdigen Burg erschütterte. Die Jury erklärte Glubschi zum Sieger: Der Kobold befand sich plötzlich in der Endrunde! Völlig berauscht vom Sieg wankte der kleine froschgrüne Held in den kleinen Saal, in dem schon sein Gegner um dem Titel „Magier des Jahres“ auf ihn wartete. Glubschi kam, sah und ... erschrak: Sein Gegner war ein uralter, hässlicher Zauberer in einem verschimmelten Umhang und mit spitzem Zaubererhut. Mit anderen Worten: Sein Gegner war kein anderer als sein alter Erzfeind, Professor Karl Knirzenich von Knarzenich, der Direktor der Zauberschule, dem er den Rausschmiss verdankte. „Da kommt ja schon unser weltberühmter Kollege, der mit seiner Magierkunst sogar die Menschheit erretten will“, spottete dieser angesichts seines ehemaligen Schülers. Glubschi war zwar unwohl in seiner froschgrünen Haut, trotzdem erwiderte er: „Lieber ein Retter der Menschheit als ein Ekel mit Diplom!“ Der magische Professor grinste nur mit einem bösartig giftgrünen Lächeln. Dann ging es los: Abwechselnd sollte jeder den anderen verzaubern. Der andere musste sich dann wieder in seine ursprüngliche Gestalt zurückverwandeln. Gnädig ließ der Professor seinem Ex-Schüler den Vortritt. Pfiffig verzauberte der Kobold seinen ehemaligen Lehrer in Glubschi. Ja, richtig: Er verwandelte den gefürchteten Schuldirektor in sich selbst. Der war total verwirrt. Statt eines Zauberspruchs hörte die erstaunte Jury: „Nein, nein, ich will kein Glubschi sein.“ Einige Jurymitglieder flüsterten ihm zu: „Sie sollen sich verwandeln, nicht fluchen!“ Als aber etliche Zuschauer grinsten, manche sogar hinter vorgehaltener Hand vorsichtig lachten, merkte von Knarzenich, dass er sich zum Gespött der magischen Runde machte. Schnell sagte er: „Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstießchen heiß.“ Doch das war der falsche Zauberspruch. Endlich sagte er den richtigen Satz: „Ach, was bin ich ein armer Tor, im Staatsdienst und nur Direktor“. Zack! Schon hatte er fast wieder seine ursprüngliche Gestalt. Fast, denn er trug immer noch Glubschi’s Koboldmütze. „Das wirst du mir büßen, Freundchen!“, brüllte der Professor und legte los. „Eene meene, 16

grauer magischer Sturm. Aus Glubschi werde ein elendiger Wurm!“ Schon krümmte sich der Kobold am Boden als kleiner Wurm, den der böse Schuldirektor prompt zertreten wollte. Doch da erstarrte von Knarzenich schon zur Eissäule, die sich nicht mehr bewegen konnte. Die Rettung in letzter Sekunde verdankte Glubschi einem sehr raschen Abwehrzauber. Rasch sagte er noch: „Eene meene weck, der Zauberspruch hat keinen Zweck.“ Schon war er wieder ein kleiner, aber riesig zufriedener Kobold. Ein Drache aus der Jury erlöste den eingefrorenen Schuldirektor mit einem kurzem, aber gezieltem Feuerstoß aus seinem Eisblock. Weil der Zauberer versucht hatte, Glubschi zu töten, zeigte die Jury ihm die magische rote Karte. Sie verbot ihm für 1000 Jahre, bei allen magischen Wettbewerben mitzumachen. Glubschi dagegen, der Sieger des Wettbewerbs „Magier des Jahres“ wurde von der begeisterten Menge hinausgetragen in den Burghof, in dem sein Preis stand: das fliegende Teppichauto.

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Der erste Urlaub oder Magische Heilung auf Magielorca Eigentlich wollte Glubschi in Urlaub fliegen. Eigentlich, denn da gab es noch ein Problem – das fliegende Teppichauto. Wie bedient man nämlich dieses Ding? Plötzlich fiel Glubschi’s Blick auf ein kleines Buch, das auf dem Boden lag. Er klappte es auf. Die ersten Zeilen waren nicht gerade ermutigend: „Das Teppichauto verhält sich, wenn es sein Besitzer falsch behandelt, wie ein störrischer Esel. Ansonsten ist die Bedienung – für einen Zauberer – piepseinfach. Man starte es mit einem magischen Simsala-Hüh, man bremse es mit einem magischen Hokus-Pokus-Brrrrrrrr. Lenken muss es der Besitzer nicht. Er flüsterte einfach nach Zaubererart nach dem Simsala-Hüh das Ziel. Das heißt dann etwa: „Simsala-Hüh, fliege mich zur Draco-Burg – ohne Müh.“ „Das ist ja einfach“, murmelte Glubschi und packte seine sieben Sachen. „Simsala-Hüh – nach Magielorca flott und ohne Müh!“ Und schon ging es los nach Magielorca, seit Jahrtausenden die ganz geheime Urlaubsinsel für erholungsbedürftige Feen, gestresste Zauberer und magische Gestalten aller Art. Flugs erhob sich sein magisches Gefährt in die Lüfte. Fasziniert blickte der Kobold herunter: Sein Zauberwald schrumpfte zu einem grünen Fleck. Und kurz darauf sah er in der Ferne ein blauglitzernd wogendes Etwas. „Ist das nicht das magische Mittelmeer?“, flüsterte Glubschi. Richtig geraten. Kurz darauf kreiste der fliegende Teppich schon über der lieblichen Insel Magielorca, die in der Mitte einen Vulkan besaß. Statt Feuer und Qualm stieß er rosa Wölkchen aus, aus denen es Gummibärchen und andere Süßigkeiten regnete. Das konnte nur der sagenumwobene „Vulkan der nicht endenden Glückseligkeiten und Schweinereien“ sein, der seit Jahrtausenden auf Magielorca magische Urlauber überraschte: Mal mit Süßigkeiten oder anderen Schleckereien, mal mit fiesen Dingen wie klebrigen Schneeflocken oder stinkigen Regentropfen. Prompt rief Glubschi: „HokusPokus-brrrrrrrrr, lande fix und ohne Müh.“ Das „ohne Müh“ musste der Teppich überhört haben, denn haste-nicht-gesehen stürzte er in einem 18

rasanten Sturzflug auf die Insel zu. Der kleine Kobold klammerte sich ängstlich an seinem Sitz fest und machte die Augen zu. Plötzlich machte es „rumpeldipumpel“. Vorsichtig machte er die Augen auf: Er war direkt vor einem großen weißen Schloss mit einem wunderschönen weißen Sandstrand und einem großen Park gelandet. Und weil es eine magische Insel war, schwebte ein Augenzwinkern nach seiner Landung bereits eine Elfenschar heran. Die Schönste der elf Elfen wisperte: „Willkommen Glubschi, glorreicher Sieger des Zauberwettbewerbs, Bezwinger des ekligen Knirzenich von Knarzenich, Heiler unserer Elfenschwester, Retter des Drachenprinzen ..... Du bist herzlich eingeladen, kostenlos bei uns in unserem bescheidenen Palästchen zu wohnen. Das schönste, größte und sonnigste Zimmer steht schon bereit. Unsere Köche harren schon deiner edlen Essenswünsche.“ Völlig benommen zwickte sich der Kobold. Doch er träumte nicht. Er befand sich tatsächlich auf Magielorca, der magischen Insel der unbegrenzten Möglichkeiten. Und so führten ihn elf bezaubernde Elfen in ein riesiges Schlosszimmer. Nachdem Glubschi sich an Schloss, Park und Zimmer satt gesehen hatte, düste er sofort hinunter zum Strand. Glubschi war noch nie am Meer gewesen: Völlig übermütig tollte er über den herrlich warmen Sand, kühlte seine Füße im magischen Mittelmeer und schwamm schließlich sogar im kühlen Nass. Anschließend baute er eine kleine Sandburg, in die er winzige Drachen, Elfen und Ritter zauberte. Ermattet von der Sonne, schlief er schließlich ein. Kurz darauf weckte ihn Gestöhne. „Au, au, aua“. Da lag doch ein anderer Urlauber an dem einsamen Schlossstrand, der unter entsetzlichen Schmerzen litt. Er schaute hin und erschrak. Es war ... sein alter Erzfeind Knirzenich von Knarzenich, den er vor wenigen Tagen beim Zaubererwettbewerb besiegt hatte. Noch genau erinnerte er sich an den fiesen Mordversuch seines ehemaligen Schulleiters, dem er den Rausschmiss von der Schule verdankte. Knirzenich von Knarzenich wollte den kurz zuvor in einen Wurm verwandelten Glubschi tot treten. Nur ein beherzter und schneller Zauberspruch 19

rettete Glubschi das Leben. Und dieser Fiesling, dieses magische Ekel machte auch hier Urlaub. Am liebsten hätte er den stöhnenden Lehrer seinem Schicksal überlassen. Wer Glubschi kennt, der weiß, dass er jedem hilft –selbst einem Erzfeind. Daher ging er zu von Knarzenich. Diesem war die Begegnung mit seinem ehemaligen Schüler sichtlich peinlich: „Glubschi, bitte verzeihe und helfe mir: Ich habe so fürchterliche Schmerzen. Meine Haut brennt wie 1000 Drachenfeuer!“ Kein Zweifel, der Lehrer hatte einen Sonnenbrand, weil er sich ohne Sonnencreme zu lange gebräunt hatte. Selbst bei Magiern gehörte knackigbraune Haut nämlich längst zum guten Ton. Doch die Eitelkeit hatte aber ihren Preis, wie die verbrannte Haut des altgedienten Magiers bewies. Glubschi blätterte in seinem Standardwerk der magischen Medizin, doch er fand nichts. Auch die Drachenmedizin funkelte nicht und sein Zauber-Ei schwieg. Doch warum muss es auch immer Zauberei sein? Der Kobold wühlte in seiner Doktortasche und fand schließlich eine Salbe aus seinem Doktorkoffer, die ihm ein befreundeter Menschenarzt für eine gelungene Zauberheilung geschenkt hatte. Dummerweise war es aber eine Creme für trockene Baby-Popos. Von Knirzenich stöhnte: „Bitte, Glubschi hilf. Es brennt wie Feuer!“ Was nun? Da fiel ihm ein Trick ein, den ihm der Menschenarzt verraten hatte. „Du musst bei der Behandlung immer sagen, dass das eine besondere Medizin ist, die schon immer geholfen hat. Dann hilft auch menschliche Arznei so gut wie eure magischen Formeln.“ Der Kobold glaubte zwar nicht, dass Menschen etwas von heilender Magie verstehen. Beim Einsalben seines Lehrers sprach er trotzdem: „Das ist die beste und teuerste Medizin, die ich in der Menschenwelt erhalten konnte. Und Placebo wirkt prima, das sieht man sofort. Der Schmerz ist sofort weg, die Haut sieht bald wieder aus wie ein glatter Kinderpopo.“ Und siehe da: Der Schmerz ließ nach, die Rötung ging sichtbar zurück. Streng verordnete Glubschi seinem Lehrer: „Sie gehen jetzt sofort in den Schatten und meiden die nächsten Tage die Sonne. Die Elfen werden darauf achten, dass Sie sich an meine ärztlichen Anweisungen halten.“ 20

Zwei Tage später erschien Knirzenich von Knarzenich mit einem riesigen Sonnenschirm wieder am Strand. Sichtlich verlegen sprach er Glubschi an: „Das ist mir alles ja so peinlich. Du warst so gut zu mir, obwohl ich dich so fies behandelt habe. Aber ich mache alles wieder gut: Ich widerrufe den Rausschmiss. Du kannst nach deinem Urlaub sofort wieder an der Zauberschule anfangen und dein Diplom machen.“

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Neubeginn an der Schule oder Ottilie Quax war an allem schuld Direkt nach dem Urlaub war es so weit. Glubschi machte sich von seiner kleinen Wohnhöhle im Zauberwald aus auf den Weg zur Zauberschule. Dort drückten sich alle neuen und viele ehemaligen Mitschüler an den Fensterscheiben die Nasen platt: Alle waren gespannt auf den berühmten Kobold mit den glubschigen Augen, der ohne Diplom aber mit viel Fantasie schon viele Zauberwesen und Menschen gerettet hatte. Glubschi kam wegen seiner Erfahrungen als Zauberarzt in Superprima XXL, also in eine Klasse mit älteren, erfahrenen Zauberschülern. Darunter befanden sich auch zwei uralte Freunde von früher: Der Zauberzwerg Herbi, ein frecher Winzling mit grünem spitzen Hut, und Platscherl, der lustige kleine Igel. Damals hatte er mit diesen beiden Freunden viele Streiche ausgeheckt. Anfangs hielt sich Glubschi zurück, denn er wollte ja nicht erneut von der Schule fliegen. Doch diesen guten Vorsatz vergaß er schnell im Chemielabor: Die Schüler lernten dort, wie ein Magier aus allerlei geheimnisvollen Zutaten Zaubermedizin herstellt. Auf jedem Platz gab es zwei Hähne: Aus einem sprudelte das magische Wasser, das sie zum Anrühren ihrer Medizin brauchten. Aus dem anderen Hahn strömte ein Gas, das in einem kleinen Brenner eine Flamme erzeugte. Mit diesem kleinen Feuerchen erhitzten die Zauberschüler Gefäße aus Ton oder Glas, in denen im magischen Wasser allerlei geheimnisvolle Zutaten schwammen. Das klingt wahnsinnig spannend. Doch ganz selten durften sie mit Gas und Wasser hantieren. Meistens hörten sie stundenlang nur die einschläfernde Stimme von Professor Ottilie Quax, der Chemielehrerin, die ihnen langweilige Rezepte und Formeln diktierte. Als Glubschi wieder einmal gähnend zwischen Platscherl und Herbi saß und dabei auf die beiden Hähne starrte, kam ihm plötzlich die Idee. Leise flüsterte er sie seinen Freunden ins Ohr. Freudig nickten beide. Die alte und etwas zerstreute Professorin schrieb gerade eine komplizierte Zauberformel 22

an die Tafel. Da starteten die drei den Streich, der in die Geschichte der berühmtesten Streiche der altehrwürdigen Zauberschule eingehen sollte. In jeder Laborstunde verbanden sie mit einem Plastikschlauch den Wasser- mit dem Gashahn. Dann öffneten sie den Wasserhahn und pumpten magisches Wasser in die Gasleitungen der Schule. Das ging wochenlang so bis zu dem einen Tag, an den sich die drei noch jahrelang erinnern sollten. Eines Tages fand endlich mal wieder eine Experimentierstunde statt: Professorin Quax schloss einen Gasbrenner an den Gashahn an. Doch als sie den Brenner aufdrehte, blubberte es plötzlich. Die Chemielehrerin sah sehr belämmert drein, als sie so da stand und versuchte, mit einem Streichholz eine kleine Wasserfontäne anzuzünden. Kurze Zeit herrschte totale Stille. Dann brach tosendes Gelächter aus. Die Chemielehrerin blickte erst auf die lachenden Gesichter, dann auf Streichholz und Wasserfontäne. Sie begriff. Mit wütender Stimme rief sie: „Wer war es? Heraus mit der Wahrheit!“ Als sich niemand meldete, meinte Frau Quax: „Ich glaube, da kommen nur die furchtbaren drei in Frage.“ Dabei blickte sie mit böser Miene zu Glubschi, Herbi und Platscherl, die ganz tief in ihre Stühle sanken. Zu allem Überfluss drohte Quax jetzt auch noch mit einem Wahrheitszauber für die ganze Klasse. Nun schaute die ganze Klasse drohend zu den Drei auf der letzten Bank. Denn der Wahrheitszauber hätte jeden Schabernack aufgedeckt. Da wäre bei diesen Experten für groben magischen Unfug manches an das Tageslicht gekommen. Glubschi räusperte sich: "Ähhhem. Das waren wir. Wir haben .... das Wasser in die ..... Gasleitung gepumpt. Tut uns Leid, Frau Professorin!" Immer noch wütend, wetterte die Chemielehrerin los: „Es tut euch Leid – hmmh? Damit ist es nicht getan. Ich verbanne euch eine Woche zur Strafe auf die Insel des Anti-Zaubers!“. Erschrocken schrieen Glubschi, Herbi und Platscherl auf: „Nein, nein, bitte nein. Alles – nur nicht die Insel des Anti-Zaubers!“ Doch die Lehrerin ließ sich nicht erweichen. Sie schwang ihren Zauberstab: "Quick, queck, quack – ihr Einfaltspinsel. Hinfort mit euch auf die Anti-Zauber-Insel!! 23

Die Insel des Anti-Zaubers oder Wenn der Zauberstab versagt Zzzzzzzong! Ein grüner Blitz schlug zwischen den drei Missetätern ein, die von einem grünlichglibbernden Nebel umhüllt wurden. Als der Nebel wich, saßen die drei nicht mehr auf ihrer Hinterbank, sondern auf einem umgekippten Baumstamm. „Oh Gott“, wisperte Zwerg Herbi. „Die Insel des Anti-Zaubers!“ Für Zauberer ist dies ein ganz übler Ort, denn auf dieser Insel können die magischen Wesen aus dem Zauberwald nicht zaubern. Also nichts mit „Alles Paletti, her mit den Spagetti!“ Hier musste sich jeder wie ein normaler Sterblicher sein Essen und Trinken beschaffen. Daher werden magische Straftäter oder schlimme Schüler oft mit einem Aufenthalt auf dieser Insel bestraft. Also machten sich Glubschi und seine Freunde auf den Weg: Auf der Suche nach Essbarem fanden sie zunächst eine Höhle zum Schlafen. Verhungern mussten sie auch nicht, denn sie fanden viele Beeren, Birnen und Äpfel. Nach drei Tagen Obst bekamen sie aber fürchterliche Bauchweh. Herbi und Glubschi ärgerten vor allem die Blähungen von Platscherl, denn IgelPüpse stinken ja bekanntlich fürchterlich – so wie einige Säcke mit uraltem Käse. „Du bist doch schon Koboldarzt, kannst du uns nicht heilen?“, fragten seine Freunde. Aber Zauberkraft kam ja nicht in Frage. Auch in seinem Doktorkoffer wurde Glubschi nicht fündig: Weit und breit keine Medizin gegen Bauchweh. Aber plötzlich sprach das Zauber-Ei: „Sucht einen Zauberbaum, der euch weiterhilft. Tragt mich über die Insel!“ Fragend sahen sich die drei ungehorsamen Schüler an. Trotzdem machten sie sich auf den Weg. Sie liefen auf der Insel hin und her von Baum zu Baum, doch das Zauber-Ei blieb stumm. Völlig ermattet setzten sie sich unter eine große, knorrige Eiche. Plötzlich begann das Zauber-Ei in Glubschi zu Funkeln: Sie hatten den Zauberbaum gefunden. Wie kriegen wir den Baum dazu, für uns zu zaubern?“ fragte Glubschi seine Freunde. Da piepste Platscherl: „Das ist doch kein Problem. Ich bin ein Tier und alle Tiere können mit 24

Pflanzen sprechen.“ Und so geschah es: Platscherl sprach in einer seltsam wispernden Sprache mit dem Baum, der mal sanft mit seinen Ästen zuckte und mal mit den Blättern wackelte. Weil kein Leser diese seltsame Sprache versteht, hat uns Platscherl das Gespräch übersetzt. Igel: „Hilfst du uns? Wir sind hier auf der Insel gefangen und haben Bauchweh. Kannst du uns etwas Ordentliches zum Essen zaubern?“ Baum: „Nö. Ich mag nicht.“ Igel: „Wir können dir aber auch etwas Gutes tun.“ Baum: „Was könnt ihr hier schon machen – ohne Zauberei?“ Igel: „du siehst schlecht aus!“ Baum: „Das stimmt. Mich juckt es fürchterlich an meinen Wurzeln. Aber da kann mir niemand helfen.“ Igel: „Hilfst du uns, wenn wir dir helfen. Zufälligerweise ist einer von uns Zauberarzt.“ Baum: „Aber ihr befindet euch hier doch auf der Insel des Anti...“ Igel: „...Mein Freund Glubschi hier kann auch ohne Magie heilen!“ Baum: „Gut, lassen wir es darauf ankommen. Wenn er das Jucken beseitigt, helfe ich euch.“ Platscherl übersetzte die Bitte und Glubschi grübelte. Die Drachenmedizin funkelte nicht, das Zauberbuch half hier auch nicht weiter und das Zauber-Ei schwieg wieder. Da kam ihm die Idee. „Mit einer Drahtbürste könnten wir den juckenden Pilz von der Baumwurzel abkratzen und so die Juckerei beenden.“ „Aber wir haben doch keine Drahtbürste,“ meinte Herbi. „Doch, dort!“, erwiderte der Kobold und blickte zu Platscherl. „Nein, nein, nein!“ Doch es war schon zu spät. Glubschi schnappte sich den Igel und bürstete die Baumwurzel ab. Dem Baum gefiel die Bürstenmassage sehr gut. Er kicherte und kicherte, in dem er mit allen Ästen und Zweigen wippte. Außer Platscherl mussten alle lachen, denn wenn Bäume kichern, bleibt kein Auge trocken. So erklang eine ganze lange Weile auf der Insel: Kratz, kratz. Hihi, hoho. Kratz, kratz. Hihihi, hohoho. Als die Behandlung beendet war, sprach der Baum, den mittlerweile seltsamerweise auch 25

Herbi und Glubschi verstanden: „Danke, meine Freunde. Danke. Was kann ich jetzt für euch tun.“ Aus einem Munde erklang da: „Spagetti!“ Glubschi verriet ihm den Zauberspruch und „alles paletti – her mit den Spagetti“ erschienen kurz darauf vor ihnen drei dampfende Teller. Von diesem Tag an erlitten sie nie mehr Hunger, Durst oder Kälte auf der Insel, denn der Baum sorgte bestens für sie. Und so kam es, dass Professorin Quax nach einer Woche eine sehr vergnügte sehr gut genährte Schar von "Inselgästen" vorfand, die beim Abholen nur sagten: "Schade – schon zuende! Das war ein schöner Abenteuerurlaub!"

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Absolut ätzend oder Das zahnkranke Krokodil Der Strauch piepste. Glubschi drehte sich um. Der zaubernde Koboldarzt saß vor der Zauberschule im Zauberwald und genoss die Unterrichtspause. Ein piepsender Strauch kann eigentlich nur eines bedeuten: ein Hilferuf eines Kranken! Und da sprach auch schon die Pflanze: „Hallo Glubschi, hallo Glubschi, Hilfe! Ich habe fürchterlich-furchterbare Zahnschmerzen.“ „Wer bist du denn, wo bist du?“ „Ich bin das Krokodil Schnappzu und wohne am Nil. Wenn du reinkommst, gleich links.“ „Woher weißt du meinen Namen, woher weißt du, wie man mich erreicht?“, fragte der Kobold sichtlich erstaunt. „Ach, hier gibt es einen Vogel. Der ist aus einem Zoo in Deutschland abgehauen – der erzählte mir von deinen Wunderkräften“. Ach ja, der Zoo. Dort hatte er ja schon das Gespenst Sir Henry geheilt, das an Sichtbarkeit litt. „Au, au, auuuua – meine Zähne!“ Laute Schmerzschreie unterbrachen seine Erinnerungen. Schnell rief Glubschi seine besten Freunde, den Zwerg Herbi und den Igel Platscherl, und düste mit ihnen zu seinem fliegenden Teppichauto. „Bringe uns bitte zum Krokodil Schnappzu“, sprach Glubschi. Schon ging es los. Bald sahen sie Afrika und den Fluss Nil vor sich liegen. Kurz darauf landeten sie direkt neben einem riesigen, grünen Krokodil. Schnappzu lag träge im Wasser, nur seine kugelrunden Augen schauten heraus. „Au, au, au, auuuaaaa!“ brabbelte es zur Begrüßung. „Mach‘ mal dein großes Maul auf und lass es auf!“ ermahnte der Kobold seinen ersten afrikanischen Patienten. Kein Wunder, dass dem Krokodil die Zähne wehtaten. Sie sahen aus wie ein Schweizer Käse, denn sie waren völlig durchlöchert. „Warum hast du eigentlich so schlechte Zähne, knabberst du etwa Eisenstangen?“, fragte Glubschi. „Nein, ich esse nur Fisch und ab und zu eine Tomate.“ „Und was trinkst du?“ Schnappzu verdrehte die Augen genussvoll: „Hmmmh, ganz viel leckere AfrikaBrause.“ Glubschi schnappte sich eine der vielen 27

herumliegenden Flaschen und las das Etikett mit den Zutaten. „Soso, viel Zucker und viel Zitronensäure ist da drin, das haut ja den stärksten Zahn um!“ Glubschi wusste Bescheid, denn Professorin Quax hatte ihnen im Chemieunterricht gerade beigebracht, dass Säure und Zucker Löcher in Zähne ätzen. „Die Zahnschmerzen kommen von den Löchern und diesem Teufelszeug, dieser Afrika-Brause. Jetzt stopfe ich erst mal die Löcher mit einem zahnärztlichen Superzauber. Hokus pokus Dental-Zauber wirke bei Schnappzu. Löcher weg - mach‘ das Maul wieder zu!“ „Hurra“, rief das Krokodil. „Die Schmerzen sind weg! Lass‘ uns das Ganze bei einer Runde Afrika-Brause feiern!“ „Nein, nein, mein Freund, so geht das nicht! Ich komme doch nicht alle naselang, um deine Brause-Löcher zu stopfen. Jetzt bringen wir dir erst einmal Mundhygiene bei!“ Das Krokodil klappte das Maul zu und blickte die drei Helfer aus dem Zauberwald irritiert an. „Erstens badest du deine Zähne ab sofort nicht mehr in AfrikaBrause. Zweitens werden ab sofort die Zähne nach dem Essen und Trinken geputzt.“ „Pähne zutzen?“ fragte da Schnappzu. „Nein, Zähne putzen! Ich erkläre gleich, wie das geht. Warte einen Moment.“ Glubschi flüsterte mit Platscherl und Herbi, die kurz darauf mit dem Teppichauto davon flogen. Derweil erklärte der Kobold Schnappzu, wie man mit einer Bürste und Zahnpasta die Zähne sauber hält. „Dann darfst du auch mal Afrika-Brause trinken, aber du musst danach die Zähne sehr gut putzen“, erläuterte gerade Glubschi, als der Teppich mit den beiden Freunden landete. Die beiden hatten im nächstgelegenen Urwaldsupermarkt eine Original-Krokodil-Zahnbürste und giftgrüne Spezial-Krokodil-Zahnpasta gekauft. Glubschi nahm beides und brachte dem Krokodil das Zähneputzen mit dem weltbesten Putze-Reim für kleine Menschenkinder bei: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben – wo ist denn meine Zahnbürste geblieben? Acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechszehn, siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig – wenn du nicht putzt, werden deine Zähne ranzig. 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30 – war ich beim Putzen wieder fleißig!“ Und diesen Vers sollte das Krokodil fortan drei Mal pro Zahnputzaktion aufsagen. 28

Das Krokodil Schnappzu freute sich so über diesen lustigen Putze-Reim, das es sich seitdem morgens, mittags, abends und nach jeder Mahlzeit fleißig die Zähne putzt. Noch beim Rückflug hörten die drei Freunde auf ihrem fliegenden Teppichauto aus der Ferne eine dumpfe Krokodilstimme: „28, 29, 30 - ach was bin ich wieder fleißig!“

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Der bösartige Drache oder Feuerangriff auf Glubschi Schulfrei - herrlich! Glubschi verbrachte die schulfreie Zeit immer in seiner Höhle im Zauberwald. Doch mit der Ruhe war es schnell vorbei, denn plötzlich meldete sich die Zauberbuche. Die Pflanzen nutzen die Bewohner des Zauberwaldes, wie ihr ja wisst, als eine Art Telefon zur Menschenwelt. Diesmal erklang eine altbekannte, tiefe Stimme in der Zauberbuche. “Hallo, Glubschi. Hier spricht Feuerkelch der Erste. Kennst du mich noch?" Wie konnte Glubschi den Drachenkönig vergessen? Sein Sohn Draco war sein erster Patient. Als Dank erhielt er von Feuerkelch dem Ersten die Drachenmedizin, die ihm seitdem gute Dienste leistete. Daher ging er auch sofort zur Zauberbuche. “Was gibt es, Majestät?” “Das mit der Majestät lässt du mal sein. Ich brauche deine Hilfe.” “Ist jemand krank, ich komme sofort mit meinem fliegenden Teppichauto?” “Nein, krank ist bei uns niemand. Wir haben aber einen Drachen, der sich total daneben benimmt. Er ist eine Schande für alle Drachen. Gwendolin überfällt Menschen und grillt sie mit seinem Drachenfeuer. Und jetzt haben die Menschen ihn gefangen und in einen Zoo eingesperrt." “Aber wo ist denn das Problem?”, grübelte Glubschi. “Er hat doch das Einsperren verdient!” “Das stimmt. Aber nun denken alle Zoobesucher, wir Drachen wären alle böse und gemein. Aber das stimmt gar nicht, wie du selbst weißt. In Wirklichkeit beschützen wir die Menschen vor Alpträumen und bösen Zauberwesen!” Da war mal wieder guter Magierrat teuer: Offensichtlich war Gwendolin von allen guten Geistern verlassen. Irgendein mächtiger Zauber hatte den einst gutmütigen Drachen in eine bösartige Bestie verwandelt. “Wir sind mit unserer Kunst am Ende", gab Feuerkelch der Erste zu. “Selbst die weisesten der weisen Zauberer mussten bereits passen. Du bist unsere letzte Chance!" Glubschi wandte den alten Zaubertrick an, den ihm das Gespenst Sir Henry gelehrt hatte. Drei Mal 30

nach rechts gedreht, zwei Mal nach links, drei Mal “okli, okli, dokli" gesagt - und schon ging die Reise los. Brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr-zong: Der magische Wirbelwind setzte ihn mit einem heftigen Schwung direkt vor dem Käfig des wilden Drachen ab. Doch der wirkte gar nicht so wild. War es nur ein Irrtum? Doch plötzlich klopfte Glubschi jemand auf die Schulter. Eine alt vertraute Stimme rief: “Schnell Glubschi, geh' in Deckung!" Es war Zoodirektor Dr. Alfons A. Animalos. Glubschi hechtete zur Seite und konnte so gerade noch einem Feuerstoß ausweichen. “Aber wieso? Woher wussten Sie?”, stammelte der völlig verängstigte Kobold. “Gwendolin hat immer so ein verräterisches Glitzern in den Augen, wenn er böse wird. Nachher tut es ihm immer wieder mächtig Leid”, erklärte Dr. Animalos. Und richtig: Nun weinte Gwendolin wie ein Schosshund: “Buuhuu, das habe ich nicht gewollt. Beinahe hätte ich - Buuhuu - dich wie ein Brathähnchen geröstet.” “Ist ja schon gut”, tröstete Glubschi den verstörten Drachen. Im Zauberbuch fand er keinen Spruch gegen wildgewordene Drachen, auch das Zauberei schwieg. Eigentlich ist das ja ein Fall für die Drachenmedizin. Glubschi schüttete ein paar Tropfen aus dem Fläschchen auf die Hand und pustete. Kein Glitzern. Kein Feuerwerk. Nichts. Die Drachenmedizin versagte. “Buuhuu - auch die Drachenmedizin will mich nicht heilen!" heulte Gwendolin. “Jetzt muss ich hier für immer bleiben!" Traurig blickte Glubschi auf den heulenden Drachen und in seinen Koffer. Da fiel sein Blick auf Zauber-BILD, die Wochenzeitung aus dem Zauberwald. In ganz dicken Buchstaben stand dort “Vulkan erloschen, Riesen ratlos!” Ja richtig, die Riesen konnten sich nicht mehr Essen kochen, weil ihr Herd - der Vulkan - erloschen war. Das war die Idee. “Was hältst du von einem Job im Zauberwald - als Vulkanheizer?” “Klingt gut, was soll ich dort machen?" Schnell erklärte ihm Glubschi, was er vor hatte. Gwendolin nickte. Seitdem wohnt der kleine Drache im Vulkan und sorgt mit seinem feurigem Atem dafür, dass die Riesen kochen konnten. Beim täglichen Heizen des Riesenherdes verlor er seine Bosheit. Gwendolin bedankte sich auf Drachenart: “Jetzt bin ich nicht mehr böse und grille Menschen. Zum Dank schenke ich dir diesen Drachenring. Wenn du 31

mal in Not bist, dann drehe diesen Ring drei Mal. Ich eile dir dann sofort zur Hilfe.”

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Das Fischsterben oder Eine Hand voll Golddukaten für ein U-Boot „Hilfe, Hilfe – hier sterben alle Fische!“ Glubschi wälzte sich ruhelos in seinem Bett. Dann wachte er langsam auf. Was für ein Alptraum! „Hilfe! Glubschi – im Fluss sterben alle Fische.“ Da kam doch eine Stimme aus der Zauberbuche neben seiner Höhle. Es war also gar kein Traum. „Hallo, wer spricht denn da?“ „Ich bin Max, ein Freund von Dr. Animalos vom Zoo in Burgstadt.“ Jetzt wurde dem Kobold alles klar. Der Zoodirektor hatte dem Jungen also verraten, wie Menschenwesen über die Zauberbuche mit dem zaubernden Koboldarzt reden können. Doch der Kobold war deswegen nicht sauer: „Hallo Max, wo bist du? Ich komme sofort.“ Gesagt, getan: Glubschi holte rasch seine beiden Freunde und startete dann sein fliegendes Teppichauto zu dem Platz am Fluss, den ihm Max zuvor genannt hatte. Kurz darauf sahen sie schon von oben die Stelle, an der aufgeregt ein Schuljunge mit feuerroten Haaren auf und ab lief. Als sie gelandet waren, lief Max sofort auf sie zu: „Junge, Junge – das ist ja mal ein Flugzeug!“ Als die drei ausstiegen, musste er sich erst einmal die Augen reiben. Das war ja wie im Märchen: Da stiegen doch am helllichten Tag aus einem seltsamen Gefährt ein winziger Igel, ein lustiger Zwerg und ein froschgrüner Kobold mit giftgrünen Haaren aus, auf den er schließlich zuging: „Du musst Glubschi sein, ich bin Max.“ Der Kobold stellte kurz seine Freunde vor, dann zerrte Max sie auch schon zum Fluss: „Da! Seht! Lauter tote Fische! Hab’ ich heute entdeckt.“ Tatsächlich, im Wasser lagen mit ihren weißen Bäuchen nach oben Hunderte von toten Fischen. „Aber warum mussten sie sterben?“ fragten sich Glubschi, Herbi und Platscherl. „Blubb, blubb!“ Plötzlich stiegen aus dem Wasser blaue Blasen auf, die auf dem Fluss kleine, stinkende Pfützen bildeten. Die Zauberschüler beschnüffelten die Pfützen. „Iiiih – pfui Teufel! Das ist ja Gift“, sagte sachkundig Herbi, der Klassenbeste im Fach Chemie. Doch woher kam das Gift, das offensichtlich die Fische im Fluss tötete? Es half nichts, sie mussten an den Grund des Flusses. Max Rat 33

kam nicht so gut an: „Verzaubert euch doch einfach in Fische!“ „Damit wir auch durch das Gift sterben, das ist eine doofe Idee“, entgegnete Glubschi. „Du hast Recht: Ach wenn wir jetzt das Mini-UBoot aus dem Krimskramsladen meines Onkels Hugo hätten“, seufzte der Schuljunge. „Leiht er es uns denn!“ „Nein, der will sicherlich viel Geld dafür haben!“ „Was ist denn Geld?“ Max erklärte es den drei erstaunten Zauberschülern, die kein Geld kannten, weil sie sich fast alle Dinge zaubern konnten. „Ach ist das so etwas Ähnliches wie dies hier?“ fragte Glubschi und hielt Max eine Hand voll Goldmünzen unter die Nase. Der riss die Augen weit auf: „Du hast ja uralte Golddukaten. Die kannst du bestimmt gegen das U-Boot eintauschen!“ Glubschi war erstaunt, denn die angeblich so wertvollen Goldmünzen wuchsen im Zauberwald doch an jedem Münzbaum. Jetzt war aber keine Zeit für Erstaunen: Weil kein Mensch Geschäfte mit einem Igel, einem Zwerg oder Kobold macht, verwandelten sich die Zauberschüler in drei schick angezogene, ältere Herren mit Bart, denen Onkel Hugo sofort problemlos das Märchen von den Münzhändlern glaubte. Er tauschte mit sichtlicher Freude das U-Boot gegen die Golddukaten und rief ihnen noch hinterher: „Beehren Sie mich bald wieder meine Herren.“ Die Münzhändler verwandelten sich jedoch schnell wieder in einen Igel, einen Zwerg und einen Kobold, um sich kurz drauf zusammen mit Max in das U-Boot zu zwängen. „Hoffentlich müssen wir in dieser engen Sardinenbüchse nicht ewig auf der Lauer liegen“, meinte Max eine Stunde später unter Wasser. Im selben Moment machte es schon laut „bumm, bumm“. Zwei dicke Fässer waren auf das U-Boot gefallen, aus denen die blaue giftige Flüssigkeit heraus blubberte. Verschwommen sahen sie durch die Glaskuppel, dass zwei Männer weitere Fässer in den Fluss warfen. „Das sind Umweltgangster. Sie schmeißen die Giftfässer ins Wasser, um so die teure Gebühr für den Müllplatz zu sparen“, erklärte aufgeregt Max. „Ich rufe mal die Wasserschutzpolizei über mein Handy an.“ Doch das tragbare Telefon des Jungen arbeitete nicht unter Wasser. Auftauchen zum Telefonieren kam 34

jedoch nicht in Frage: Das hätte die Verbrecher verjagt. Was tun? Glubschi holte das Zauber-Ei aus seinem Doktorköfferchen, das jedoch komisches Zeug sprach: „Ein kleiner Fisch hat keine Chance. Nur vor großen Tieren haben böse Buben Angst.“ Die vier Kinder grübelten hin und her, da hatte Zwerg Herbi eine großartige Idee: „Vielleicht meinte das Ei, das nur ein besonders großes Tier die Gangster verjagt.“ „Prima Idee“ flüsterte Igel Platscherl und verwandelte einen gerade vorbei schwimmenden kleinen Fisch in einen gigantischen Wal, der sich sofort ein Fass schnappte und mit vollem Mund schimpfte: „Ihr Vergifter von Stadt, Land, Fluss – mit dieser Sauerei ist jetzt Schluss. Haut ab, sonst mache ich ‚schnapp‘.“ Entsetzt starrten die Verbrecher auf den sprechenden Wal. „Das, das – das gibt es doch gar nicht.“ „Nichts wie weg!“ Als die beiden Gangster mit dem Schiff flohen, verfolgte das U-Boot sie heimlich – im Schatten des Wals. Plötzlich befanden sie sich im Hafen von Burgstadt mit seinen unzähligen Gebäuden: Das Schiff war verschwunden. Was nun? Da hatte Igel Platscherl einen Einfall: „Das ist ein Fall für den Wal!“ Glubschi verstand und zauberte. Schon brüllte der Zauber-Wal: „Heraus mit euch aus eurem Haus, sonst hol ich – der Wal – euch raus.“ Nichts geschah. Nochmals ließ Glubschi den Wal brüllen. Da knarrte schließlich vorsichtig eine Tür, aus der verschüchtert zwei Banditen heraus sahen. Im selben Moment schoss schon ein Polizeiboot um die Ecke. Schnell ließ Glubschi den Wal auf Fischgröße schrumpfen und das U-Boot tauchen. Aus sicherer Entfernung lauschten die vier dem Gespräch zwischen Polizei und den beiden Verbrechern. „Haben wir euch endlich auf frischer Tat erwischt, ihr Umweltsünder. Das ganze Schiff voll mit Giftfässern – was habt ihr dazu zu sagen?“ Die Verbrecher konnten jedoch nur stottern: „Ein Wal – mit Fass im Maul. Wollte uns fressen!“ Lauthals lachten die beiden Polizisten: „Erst den Fluss vergiften, dann uns noch veräppeln. Jetzt aber ab in das Gefängnis.“ „Ab nach Hause“, rief Glubschi seinen drei Freunden zu, die zusammen vom U-Boot aus die Verhaftung der Gangster beobachtet hatten. Wieder beim Fluss und dem fliegenden TeppichAuto angelangt, lautete die Frage: „Wohin mit 35

dem U-Boot?“ Das U-Boot passte nicht auf das fliegende Teppich-Auto, aber auch nicht in das Kinderzimmer von Max. Der Junge mit den Sommersprossen und den roten Haaren brachte sie schließlich auf die Lösung: „Schade, als Modellboot sähe es sehr schön in meinem Regal aus.“ „Wenn es weiter nichts ist“, wisperte Platscherl und zauberte. „Eene, meene, blinu, mache U-Boot mini!“ Schon schrumpfte das UBoot auf die Größe eines Modellbootes. Und dieses Mini-U-Boot verwirrte am Abend Onkel Hugo, der sein Patenkind Max besuchte: „Seltsam, seltsam. Dein neues Modellschiff sieht ganz genauso aus wie ein U-Boot, das ich heute für eine Hand voll Golddukaten an drei seltsame Männer verkauft habe. Seltsam, seltsam.“

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Epilog Ganz versteckt im Zauberwald, da wo sich kein Zauberwesen hin verirrt, da wohnte in einer Höhle der Kobold Glubschi. Daseinen Meter große, froschgrüne Kerlchen reckte und streckte sich. „Uaaah, das war ja ein seltsamer Traum. Traum? Buuhuu. Dann habe ich ja alles nur geträumt. Keine Schule, keine Freunde, kein Teppichauto, kein Zauberei. Immer noch verbannt in dieser doofen doofen Höhle. Buuhuu!“ „Hallo Glubschi, wo steckst du?“ wisperte es plötzlich aus dem nahen Gebüsch. Glubschi drehte sich um. Da standen seine zwei besten Freunde, der Igel Platscherl und Zwerg Herbi. „Was wollt ihr - müsst ihr nicht längst in der Schule sein?“ „Ihr? Wir!“ meinte da Herbi. „Wieso wir. Achso. Dann habe ich ja nicht geträumt? Teppichauto, Insel des Antizaubers, Schnappzu alles wahr. Hurra, Hurra!“ Glubschi sprang auf, griff seine Freunde an Händen und Pfoten und tanzte mit ihnen im Kreis. Herbi blickte ernst auf Platscherl. „Wir haben heute Prüfung bei Knirzenich von Knarzenich – und du tanzt und bist fröhlich! Bist du krank?“ Glubschi aber schwieg und grinste. Heute konnte ihm nichts mehr die Laune verderben. Und ganz tief im Zauberwald, da wo sich nun immer öfter ein Zauberwesen hin verirrt, flossen in einer Höhle Freudentränen aus kleinen glubschigen Augen, denen der Kobold seinen Namen verdankt.

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